Kräuterduft und Zimt von Lily_Toyama (Mein Beitrag zum Adventskalender 2014 des Next Generation – Zirkels) ================================================================================ Kapitel 1: Kräuterduft ---------------------- „Und bitte denkt daran, immer vorsichtig und wachsam zu sein. Mit der Venemosa Tentacula ist nicht zu spaßen, einmal nicht hingeschaut und schon ist das halbe Ohr ab.“ Neville Longbottom schritt die Reihen langsam auf und ab. „Habe ich euch schon die Geschichte von Terry Boot erzählt?“ Faylinn kannte diese Geschichte und noch viele andere des unvorsichtigen Terry Boot, sie hatte sie schon gekannt, bevor sie nach Hogwarts gekommen war. Und sie hätte sie auch gut anstelle ihres Vaters erzählen können. „Wie oft hast du diese Geschichte schon gehört?“, wollte in diesem Moment Kelly Harrington von ihr wissen und grinste Faylinn an. Die ganze Klasse kannte diese Geschichte schon, doch wenn man Professor Longbottom reden ließ, ging nicht nur die Stunde schneller rum, man musste auch weniger tun und es gab weniger Hausaufgaben. „Also“, Patrick Grace, der an dem Vierertisch Kelly gegenübersaß, beugte sich leicht vor, „ich habe die Geschichte schon sicher fünfmal gehört, da kann Fay…“ „Paddie.“ Hayden Harper, die einzige aus Gryffindor an dem Tisch, hob die Augenbrauen hinter der großen Brille. „Wir arbeiten erst seit zwei Wochen an der Pflanze, also kannst du diese Geschichte sicher noch nicht so oft gehört haben.“ Faylinn war ihr dankbar, dass sie Patrick unterbrochen hatte, sie wusste, dass ihr Vater als Schwätzer galt – und es höchstwahrscheinlich auch war – trotzdem wurde sie nicht gerne darauf angesprochen. „Du bist so ein Klugscheißer, Hayden.“ Wenn sie es den beiden – Kelly und Patrick - sagen würden, würde sie sofort damit aufhören, sie waren ihre Freunde und meinten es nicht böse. Aber Faylinn wollte nicht als übersensibel gelten und außerdem wusste sie, dass ihr Vater trotz allem zu den beliebtesten Professoren zählte. Es hätte sie wirklich viel schlimmer treffen können, beispielsweise als Tochter von Professor Clearwater, die Verwandlungslehrerin konnten die wenigstens Schüler leiden. „Und du ein Schwätzer.“ Sie zwickte Patrick leicht in die Schulter und sah dann die beiden Mädchen ihr gegenüber augenrollend an. „Dein Daddy ist toll.“ Faylinn lächelte, sie bewunderte Haydens Selbstverständlichkeit mit Menschen umzugehen. Hayden traf immer den richtigen Ton, sodass man sich in ihrer Gegenwart wohl fühlte. Ihr Kompliment war ehrlich und tat Faylinn gut. „Danke.“ „Du beschützt mich doch, oder?“ lenkte in diesem Moment eine Stimme ihre Aufmerksamkeit eine Tischgruppe weiter. Rachel McLeod, eigentlich ganz hübsch und zurzeit die Freundin von James Potter, hatte sich genau in den Arm von jenem vergraben und sah ihn mit übertrieben großen Augen an. „Natürlich, Rachel.“ James lächelte. „Aber es würde besser gehen, wenn ich zwei Arme dafür frei hätte.“ „Oh, natürlich Schatz.“ Rachel löste sich lächelnd von James, nur um sich dann wieder vorzubeugen und ihn auf die Wange zu küssen. „Du bist doch mein Held.“ Manchmal fragte sich Faylinn, ob Rachel wirklich so dumm war, wie sie tat oder ob es nur eine Masche war, denn wenn sie es richtig mitbekommen hatte, waren Rachels Schulnoten ganz passabel. Und ob James wirklich auf dieses dümmliche Getue stand oder er Rachel einfach nur hübsch fand. Nicht dass Faylinn große Chancen bei James Potter gehabt hätte, aber die Vorstellung sich dümmer zu machen als sie war, nur um den Hauch einer Chance zu machen, machte sie traurig. „Als er letztes Schuljahr mit der Shacklebolt zusammen war, haben ich schon an seinem Geschmack gezweifelt.“ Kelly hatte sich über den Tisch gebeugt und die Stimme gesenkt, sodass nur die anderen drei sie verstehen konnten. „Aber McLeod?“ „Valentina war ihm wenigstens ebenbürtig, die hat Charakter,“ verteidigte Hayden Valentina Shacklebolt und schlug nach ihrer Pflanze, die versuchte sie zu beißen. „Von dem kann man zwar halten, was man will, aber Rachel hat diese Ich-bin-ein-kleines-dummes-Mädchen-Masche so verinnerlicht, dass sie sie immer durchzieht, auch bei uns im Schlafsaal, das ist so nervig.“ Kelly tätschelte Faylinns Hand. „Er bräuchte mal ein Mädchen mit Herz und Verstand.“ Natürlich war der romantisch veranlagten Kelly Faylinns – langjährige - Schwärmerei für James nicht entgangen. Faylinn zuckte leicht mit den Schultern. „Was man will und was man braucht, sind zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe.“ Kelly lächelte aufmunternd. „Die Weisheit solltest du dir auf ein Kissen sticken lassen.“ „Ich weiß von Paul, dass das mit den beiden nicht mehr lange gehen wird.“ Hayden war die einzige, die Pauline Wood Paul nannte und wohl auch die einzige, die das tun konnte, ohne mit weitreichenden Konsequenzen von Pauline rechnen zu müssen. „Pauline und Valentina hassen sich und da schien es James auch egal zu sein, was seine beste Freundin denkt. Warum sollte das jetzt anders sein?“ Patrick hatte etwas Angst vor Pauline, weil sie die einzige war, die wusste, dass er noch gerne in seinem Häschenpyjama schlief und sich nicht mit ihm einen Schlafsaal teilte. Wie sie das rausgefunden hatte, war ihm ein Rätsel, nicht mal Hayden wusste es. „Weil auch seine anderen besten Freunde genervt davon sind.“ Die anderen folgten Haydens Blick an den Nachbartisch, wo Alex Blunt sich mit seiner Pflanze rumärgerte – und das Paar absichtlich oder unabsichtlich ignorierte – und Zack Miller den beiden demonstrativ den Rücken zuwandte, um mit einem Mitschüler einen Tisch weiter zu reden. „Alex sagt, er träumt schon von ihrem Lachen. Alptraummäßig. Der Arme tut mir echt leid.“ „Ja, der Arme, klagt er dir sein schreckliches Leid.“ Patrick klang eifersüchtig. Er und Hayden waren beste Freunde, doch Faylinn war sich nicht sicher, ob da von seiner Seite nicht noch mehr war, während sich Hayden ganz offensichtlich für Alex interessierte. Hayden ignorierte Patrick. „Es besteht also gute Hoffnung, dass sie Weihnachten nicht überstehen.“ Sie schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch dann schwieg sie. Faylinn spürte die Anwesenheit ihres Vaters, noch bevor er den Mund aufmachen konnte. „Wenn die Damen und der Herr so freundlichen wären, wieder meinen Unterricht zu folgen, wäre das wirklich großartig, finden Sie nicht auch?“ „Ja.“ Faylinn hielt den Kopf gesenkt und hoffte inständig, dass er ihr nicht über die Haare fahren würde, wie er es zuhause tat, nachdem er sie gerügt hatte – ihr Vater schimpfte selten. „Natürlich, Professor“, nuschelte Patrick, der – der Fluch der Rothaarigen – knallrot angelaufen war. Kelly mit der deutlich dunklen Haut sah man es zwar nicht auf diese Weise an, doch auch sie war verlegen. Professor Longbottom sollte sie nicht für eine Tratschtante halten – nicht das sie es nicht gewesen wäre. Nur Hayden schaffte es lächelnd in das Gesicht ihres Professors zu schauen. „Da haben Sie natürlich vollkommen Recht, die Venemosa Tentacula sollte unsere ganze Aufmerksamkeit bekommen, aber ich habe den anderen gerade erzählt, wie wichtig Substanzen der Handelsklasse C sind, auch wenn sie sehr giftig sind. Meine Tante Katie – Sie erinnern sich sicher an meine Tante Katie, sie war einen Jahrgang über Ihnen – hat nach ihrer Verfluchung in ihrem siebten Jahr viele Tränke solcher Art gebraucht.“ Dabei schaute sie Professor Longbottom mit einem Blick vollkommener Aufmerksamkeit an. „Natürlich erinnere ich mich an Katie Bell.“ „Wood“, verbesserte Hayden immer noch lächelnd. „Ja, natürlich und Sie haben Recht: Venemosa Tentacula ist eine wichtige Pflanze, die gehegt und gepflegt werden muss.“ Damit drehte er sich um und schritt wieder durch die Reihen. „Wir benötigen sie beispielsweise für den Abschwell- oder den Wolfsbanntrank.“ Als die Gefahr nicht mehr bestand, von ihm gehört zu werden, brach Kelly in leises Gelächter aus. „Hayden, du bist der Hammer.“ „Er hat euch nicht einmal Punkte abgezogen“, bemerkte Alex vom Nebentisch und grinste breit. „Niemand kann so mit Worten umgehen wie du, Hayden.“ Man sah Hayden an, dass sie sich über das Kompliment freute. „Es ist leicht mit jemandem, der so begeistert von seinem Fach ist“, sagte sie vor allem zu Faylinn gewandt und musste dann ihre Pflanze erneut schlagen. „Aber jetzt sollten wir uns wirklich um die Pflanzen kümmern.“ „Ja, Fay, du solltest der Schwätzerin besser helfen, sonst frisst die Pflanze sie auf.“ James zwinkerte Faylinn zu. „Dann sie hat keine Ohren, sonst würde Hayden sie zu Tode quatschen.“ „Hahaha, Potter, kehr du erst mal vor deiner eigenen Haustür!“ Hayden streckte ihm die Zunge raus, wandte sich dann aber an Faylinn. „Fay?“ Die lächelte, leicht glücklich beseelt. „Klar.“ Schließlich hatte sie doch den grünen Daumen ihres Vaters geerbt. 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