The Karanest Tales von Pego (Geschichten rund um Ansedom) ================================================================================ Kapitel 6: Pirates of the Karanest Bay -------------------------------------- Oder die Antwort auf die Frage, warum Karanest KEINE Seemacht ist und das Pego immer noch nicht in den Kerkern von Karanest schmachtet ***************************************************************************** Karanest liegt strategisch günstig auf einer Klippe hoch über dem sich wütend gegen die Felsen werfendem Meer. Ein schmaler, kaum zu entdeckender Pfad führt hinunter in eine verborgene Bucht, in einen natürlichen, geschützten Hafen. Die beste Voraussetzung für ein Piratennest, doch warum ist Karanest nicht die Seemacht Nr. 1? Der Schrecken der 7 Weltmeere? Warum schlägt sich Vivlest als Raubritter durch's Leben, wo doch das Meer so bequem direkt vor seiner Haustüre liegt? Nun, man kann nicht sagen, er hätte es nicht versucht. Vivlest von Karanest lag im Sterben. Zumindest kam es ihm so vor. Oder noch besser gesagt, er wünschte es sich. Denn nichts würde ihn erlösen können von diesen Qualen als die Barmherzigkeit von Gevatter Tod. Selbst wenn er in Gestalt seines Todfeindes, Fandres von Yhm erscheinen würde, Vivlest würde ihn freudig empfangen. Müde strich er sich über die schweissnasse Stirn und bemühte sich, das merkwürdige Gefühl in seiner Körpermitte zu ignorieren. Ihm war schwindelig und es kam ihm vor, als ob Boden und Wände sich bewegen würden. Etwas mußte mit dem Essen nicht in Ordnung gewesen sein, oder, womit ein Mann in seiner Position durchaus zu rechnen hatte, jemand hatte versucht, ihn zu vergiften. Und dabei hatte er es sich so schön vorgestellt, als Vengeful Vivlest hätte er die Meere erobert und nichts und niemand hätte sich ihm in den Weg stellen können, außer ... Aus der Ferne hörte er sie grölen, sie kamen, ihn zu holen. "15 Mann auf des toten Mann's Kiste, hohohoho und ne Buddel voll Rum" schallte es von draußen zu ihm herein. Rum! Wenn er nur daran dachte, drehte sich ihm schon wieder der Magen um. Vivlest beugte sich über den Rand der Koje und beäugte misstrauisch den Eimer, der davor stand. Sollte er? Es knarrte an der Tür. Gebannt beobachtete Vivlest, wie sie langsam aufschwang. Welch grauenhafter Anblick würde sich ihm gleich bieten? "Ahoi Capt'n," schmetterte Salty Safira ihm entgegen. Die Piratenbraut balancierte ein Tablett durch den Raum und placierte es neben dem Bett. Neidisch beobachtete Vivlest, wie Safi geschickt die Bewegungen des Schiffes ausglich und schaute dann nach, was sie ihm mitgebrachte hatte. Ein Blick genügte und Vivlest ließ sich angewidert in die Kissen zurückfallen. Er lag im Sterben und sie brachte ihm Kamillentee und Schiffszwieback. Entnervt schloss er die Augen. Safi, auch bekannt als Salty Safira - The Hair of the Dog (aber bis jetzt hat noch keiner DIE Anrede überlebt) ließ sich auf der Bettkante nieder. Aber nicht vorsichtig, wie es sich am Sterbebett eines mächtigen Fürsten geziemte. Nein, sie ließ sich schwungvoll draufplumsen. Nun geht Safi mit Vivlest schon immer ziemlich lax um. Und dies und ihr fröhliches "geht's dir wieder besser?" in dem nicht ein Hauch von Mitgefühl mitschwang zeigt uns, dass Vivlest gar nicht soooo todkrank war, wie er es uns (und vielleicht auch sich selbst) weismachen mochte. Vivlest warf Safi einen haßerfüllten Blick zu. Warum war sie auch so gut drauf? Und warum stand ihr diese Piratenkluft so vorzüglich? Vivlest Blick wanderte weiter zu seiner Seemannskiste, auf dem ein gar prächtiger Piratenkäpt'nhut lag. Auch er hatte eine prachtvollen Piraten abgegeben, da konnte dieser Jack Sparrow einpacken, aber bestimmt! "Wir sind schon wieder auf dem Heimweg," plapperte Salty Safi derweil weiter. "Five Fathom Frey hat das Kommando übernommen und die Mannschaft spurt, Capt'n," Safi zwinkerte ihm vergnügt zu, erhob sich dann und verließ mit kokettem Hüftschwung und einem maliziösen "Gute Besserung" die Admiralskajüte des Dreimastseglers "Bootjack Boudi" (so genannt nach dem Schöpfer, dem großen B). In diesem Moment hätte Vivlest sie umbringen können, wenn ihm nicht so hundeelend wäre. Voller Selbstmitleid lauschte er dem munteren Treiben auf dem Deck. Alle hatten ihren Spaß an der Sache, nur er nicht. Five Fathom Frey, ha, wer kam nur auf solche Namen? Dunkel erinnerte sich Vivlest an irgendeinen Generator, mit dem man seinen Piratennamen ermitteln konnte und gegen seinen eigenen hatte er selbstverständlich auch nichts. ,Vengeful Vivlest, Helmsman of Hades, das klang doch nach was, das hatte Stil. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte Vivlest, sich daran zu erinnern, wer eigentlich an dem ganzen Schlamassel schuld war, sprich, wer diese Piratenchose auf den Tisch gebracht hatte. Aber es half alles nichts, keine Chance, irgendeinem armen Sündenbock das ganze in die Seebärenstiefel zu schieben. Dass es Vivlests ureigenste Idee war (nach einem Kinobesuch, wer hätte das gedacht), war bestimmt bereits urkundlich dokumentiert worden. Vor gar nicht langer Zeit hatte er beschlossen, das Aufgabengebiet seiner Sekretärin zu erweitern. Zusätzlich zu ihrer normalen Tätigkeit, versteht sich, war sie zu seiner Chronistin, oder, wie das jetzt neudeutsch heißt, Biografin ernannt worden. Und um ihr das ganze schmackhaft zu machen, hatte er ihr auch gleich noch angeboten, als Archivar für die berühmte Bibliothek von Karanest zu arbeiten. Dem hatte sie nicht widerstehen können und hielt seitdem jedes fürstliches Wort fest, damit keine dieser Perlen für die Nachwelt verloren ging. Denn in Zeiten, in denen jeder Hinz und Kunz und sogar diese Nudel (Name aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion geändert) den Markt mit ihren Biografien überschwemmten, hielt es Vivlest fast für seine Pflicht, mit einem geschmackvollen, wahrheitsgetreuen Manuskript dagegenzuhalten. Im Moment turnte seine Chronistin wohl als Pearly Tooth'd Pego durch die Wanten oder schäkerte mit Laughing Longboat Lutes, dem Steuermann, während Frey das Kommando übernommen hatte und wahrscheinlich seemännisch breitbeinig an exakt der Stelle stand, von der aus man bequem das ganze Schiff überblicken konnte und die eigentlich ihm, Vivlest alleine vorbehalten war. Gerade in diesem Augenblick ließ er sich bestimmt von Waldelfe Faye anhimmeln, welche Verwendung hat man eigentlich für einen Wald- und Tierpfleger an Bord eines Schiffes? (aber immer noch besser Faye, als Safi, n'est pas ^.~) Und garantiert trug er auch einen genauso schönen Piratencapt'nhut, wie Viv ihn sein eigen nannte. Aber das würde er schon noch in Erfahrung bringen, denn schließlich hatte er Pego ja den Auftrag gegeben, alles, wirklich alles aufzuschreiben, was in irgendeiner Form mit Karanest zu tun hatte. Sogar Sanella war an Bord gekommen, denn ein Smutje gehörte einfach zur Grundausstattung eines jeden Schiffes dazu und schließlich mußte sie "a Oag druf haba, dass de junge Leit oständig frühstücka dehn". Sie hatte auf ihr obligatorisches Dirnd'l verzichtet und herrschte nun als g'standener Piratensmutje in der Kombüse, dass es selbst Long John Silver vor Neid die Tränen in die Augen getrieben hätte. Nur auf das Holzbein hatte sie aus verständlichen Gründen verzichtet. Aber sie hatte einen kleinen Affen aufgetrieben, ein Meerkätzchen, das sie gutgelaunt "Herr von Yhm" getauft hatte und der auf ihrer Schulter saß und Nüsse und Rosinen zugesteckt bekam. Er war auch ganz brav. Meistens! Bis jetzt hatte er auch nur 1 Spiegel geklaut, den Schlüssel zur Pulverkammer, 1 Golddublone und 2 Rasierpinsel. Auch Vicios Viper,The Sly Swordsman trieb sich auf der "Bootjack Boudi" rum. Aber welche Funktion er inne hatte, blieb, wie so vieles um seine Person, im Dunkeln verborgen. Vivlest kuschelte sich in seine Kissen. Er konnte wirklich stolz auf seine Mannschaft sein. Mit ihr hätte er die Weltmeere erobern können. Erschöpft schloß er die Augen. Es war ein harter Tag gewesen (es trifft jeden schwer, den die Seekrankheit erwischt und jemanden wie Viv, der die Perfektion im Person ist, natürlich ganz besonders). Die Wellenbewegungen des Schiffes, die ihm bis jetzt diese ,hm, Unpäßlichkeit bereitet hatten, wiegen ihn sanft in den Schlaf. Und in seinen Träumen eroberte Vivlest die Weltmeere, er raubte Schätze und Kostbarkeiten und schöne Maiden (aber nur wenn Safi nicht hinschaute) und vergrub sie auf einsamen Inseln unter verkrüppelten Palmen, also die Schätze, nicht die Maiden ^.~ Er und seine verwegene Crew waren bekannt, gefürchtet und berüchtigt weit über die 7 Planschbecken hinaus. Stolz stand Capt'n Vivlest auf dem Kommandodeck der "Bootjack Boudi" und keine Welle und Woge trübte sein Wohlbefinden. Milde lächelte er zu den munteren Gesängen, die seine Mannschaft anstimmte, wenn sie die Segel setzte und gab ab und zu das eine oder andere "hohoho und ne Buddel voll Rum" zum Besten. Er liebte die Sonnenuntergänge und die Abende am Lagerfeuer und wenn bei den ganzen Portionen Rum, Port und edlem Spanischen auch mal das eine oder andere Gläschen WodkaLemon dabei war, so drückte er ein Auge zu. Scallywag Sanella briet ganze Ochsen am Spieß und gönnerhaft teilte Vivlest seine Weintrauben mit Herrn von Yhm. Und wenn Safi meckerte, dass sie Sand im Essen hatte, was macht das schon. Die Burgbesatzung von Karanest arrangierte sich mit dem Leben an Bord und statt im Nachthemd und mit klirrenden Ketten durch die dusteren Gänge zu geistern, saß Klabautermann Karn in Vollmondnächten im "Krähennest" und sang seine schaurigen Lieder. (Weiter herunter traute er sich nicht, seitdem ihm Scallywag Sanella ein's mit der Bratpfanne übergezogen hatte.) Ja, das war das Leben. Vivlest ließ sich den Wind um die Nase wehen und seine Sorgen und Karanest weiter hinter sich. Amüsiert beobachtete er seinen Chronisten, wie er, 'tschuldigung, wie sie mit Wind und Pergament und Feder und Tintenfass kämpfte und zufrieden lauschte er dem Kratzen der Feder auf dem Papier, das ihm zeigte, dass Pego all seine Worte und Taten für die Ewigkeit festhielt. Im Traum runzelte Vivlest die Stirn, irgend etwas an der Szene störte ihn, aber er kam einfach nicht drauf was. Aber lassen wir ihn ruhig weiterschlafen und träumen, bis die "Bootjack Boudi" wieder sicheren Hafen erreicht hat. Denn dann wird er noch früh genug entdecken, dass sein Chronist alle, wirklich alle und damit meine ich ALLE seine Erlebnisse zu Papier gebracht hatte (gemäß Absatz 5, § 4 seines Arbeitsvertrages). Auszug aus dem Tortugaboten, Sonntagsausgabe, Anno Domini XXXX "Guterhaltenes, komplett ausgerüstetes Piratenschiff, unfallfrei, nur einmal ausgelaufen, umständehalber abzugeben. Preis - Verhandlungssache - Chiffre 123456" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)