die Einsamen von CrazyGirl3 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Scarlett rollte gelangweilt mit den Augenbrauen, während Dr Chilton, der Direktor der Strafanstalt in der sie sich befand, ihr einen Vortrag über die Sicherheitsvorkehrungen hielt. „...Was ist mit ihrer Waffe? Haben sie sie schon abgegeben?“, fragte er besorgt. „Selbstverständlich.“ Sie verkniff sich ein Lächeln. Woher sollte er auch wissen, dass die stärkste Waffe der Agenten der ASA der körperliche Nahkampf war? Sie erhob sich. „Vielen Dank für die Informationen, Dr Chilton, aber ich würde jetzt wirklich gern mit dem Häftling sprechen. Sie müssen mich nicht begleiten, ich finde mich alleine zurecht.“ Dr Hannibal Lecter öffnete die Augen. Er lag auf dem harten Gefängnisbett in seiner Zelle in der Anstalt für psychisch kranke Straftäter. Bis eben hatte er geschlafen, doch etwas hatte ihn geweckt. Regungslos blieb er liegen und lauschte den näherkommenden Schritten. Der eine war Barny, der Pfleger, und das andere waren entweder ein sehr kleiner, leichter Mann oder eine Frau mit flachen Absätzen. Als ihm der Duft von Chanel in die Nase stieg, war ihm klar, dass der Besucher weiblich war. „…Natürlich müssen wir die Sache noch mit dem Ministerium abklären. Und natürlich mit ihm selbst.“, sagte eine helle Stimme. Die Schritte wurden immer lauter, bis sie vor seiner Zelle schließlich verstummten. Mit einer fließenden Bewegung stand er auf und musterte die Besucherin. Sie war groß, größer als Barney und nur ein Stück kleiner als er selbst, und hatte einen schlanken, athletischen und dennoch sehr weiblichen Körper, der in einem eleganten Oberteil und einer schlichten schwarzen Hose steckte. Sie hatte lange, dunkle Locken, die sie in einer Hochsteckfrisur steckten, und ein sehr helles, fast blasses schmales Gesicht. Das Ungewöhnlichste an ihr waren ihre Augen; Sie waren so hellblau, das sie beinahe wie Eis wirkten. Kühl starrte sie zurück. „Guten Abend, Dr Lecter. Mein Name ist Scarlett Beckett, ich komme von der ASA, der Alasca Secret Agency, und ich bin hier, um Ihnen einer Vorschlag zu machen.“ Sie sprach alles sehr deutlich aus, und nur mit viel Mühe konnte man einen Akzent heraushören, den er allerdings nicht einordnen konnte. „Von einer derartigen Organisation habe ich noch nie gehört.“ „Nun ja, sie ist relativ neu, und Sie sitzen immerhin seit 4 Jahren im Gefängnis. Es…ist eine Art Agentur für geistig klare Soziopathen, die der Gesellschaft einen Dienst geleistet haben. Und sie haben als Psychologe eindeutig etwas fürs Gemeinwohl geleistet. Das ganze läuft folgendermaßen ab: Sie bekommen einen Agenten zugeteilt, mit dem Sie in ein von uns zur Verfügung gestellt Gebäude ziehen werden. Sie stehen unter ständiger Beobachtung dieses Agenten, die Übrigens alle eine spezielle Ausbildung erhalten haben.“ Sie hielt kurz inne, und als er nickte, fuhr sie fort. „Das bedeutet, Sie kommen hier raus, sie leben in einem Haus, können Musik hören, im Wald spazieren gehen und derartiges. Aber Ihnen muss klar sein, dass Ihre Privatsphäre dadurch stark eingeschränkt wird, sie müssen ohne Ausnahme Handschellen tragen, und wenn sie nach draußen gehen, dann nur durch Handschellen mit ihrem Agenten verbunden.“ Er betrachtete sie nachdenklich. „Sehr viel mehr Privatsphäre habe ich hier auch nicht.“ „Und sie hätten viel mehr Freiheiten.“, ergänzte sie. „Wer wäre mein Agent?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Ich.“ Er blinzelte. „Keine Geschlechtertrennung? Interessant.“, antwortete er leise. „Wenn Sie schüchtern sind, kann ich auch einen männlichen Agenten für Sie rufen lassen.“, sagte sie spöttisch. Er schüttelte den Kopf. „Sie haben zwei Stunden Zeit, sich das zu überlegen. Dann brauchen wir eine Absage oder eine Unterschrift, wir müssen das dem Ministerium heute noch vorlegen. Wenn sie zustimmen, werde Ich sie übermorgen hier abholen. Entscheiden Sie sich nicht leichtfertig. Bis gleich.“ Sie drehte sich um und begleitete Barny zurück nach oben. Scarlett sah auf die Uhr. Es war fast elf, höchste Zeit ihren Psychokiller abzuholen. Sie schloss die Autotür hinter sich. „Nick, fahr mich bitte zur Anstalt. Es wird Zeit.“ Eine halbe Stunde später stand sie in Dr Chiltons Büro. war sie alltäglicher gekleidet, in hellen Jeans und einem einfachen schwarzen Top. Trotzdem konnte sie die Blicke des Direktors auf sich spüren, und schüttelte sich innerlich. Widerling. Sie marschierte zu der letzten Zelle des Ganges, wo Hannibal Lecter mit leicht geneigtem Kopf in seiner Zelle stand. „Guten Morgen“, sagte er sanft. „Morgen“, antwortete sie kurz angebunden. „Barney, lassen sie mich zu ihm rein.“ „Davor sind Sicherheitsvorkehrungen nötig, Miss Beckett!“ „Ich habe Spezialhandschellen, die sich nur mit einem zehnstelligen Code öffnen lassen. Das ist sicher genug. Machen Sie jetzt die Tür auf.“ Barney begann, an dem Schloss der schweren Tür zu hantieren, und sie wandte sich wieder an den Häftling. „Dr Lecter, ich muss sie darauf hinweisen, dass ich im Falle eines Ausbruchversuchs oder Angriffs autorisiert bin, sie zu töten. Machen Sie keine Schwierigkeiten und stellen Sie sich an die Wand.“ Lautlos bewegte er sich durch den Raum und hielt an der gegenüberliegenden Wand an. Mit einem Stirnrunzeln öffnete Barney die Tür, und sie ging hindurch. Ihre Absätze klackten laut auf dem Betonboden, als sie direkt auf den Verbrecher zumarschierte. Erst jetzt hatte sie die Möglichkeit, ihn richtig anzusehen, ohne Scheibe und Sicherheitsabstand dazwischen. Sein Haar war sorgfältig gekämmt und nicht der Hauch eines Bartschattens war zu erkennen. Seine Augen bohrten sich in ihre, und unwillkürlich hielt sie kurz die Luft an. Sie waren dunkel und hatten eine eigenartige, rötlich – braune Färbung, was ständig die Illusion eines flackernden Feuers erzeugte. Sie blinzelte und zog die verstärkten Stahlhandschellen aus ihrer Tasche. „Geben Sie mir Ihre Hände.“ Sie drehte die rechte Handschelle um eine seiner Hände fest und sah kurz Überraschung in seinen Augen, als sie die andere um ihr eigenes Handgelenk schloss. „Wir gehen nach draußen…das sind die Regeln. Kommen Sie.“ Sie hatte sich seinem Schritttempo schnell angepasst und merkte, dass Barney auf dem Weg nach oben viel Abstand zu ihnen hielt. „Dr Chilton, hiermit melde ich Dr Hannibal Lecter aus dieser Anstalt ab. Ich nehme ihn sofort mit, Wertgegenstände sind nicht vorhanden.“ Chilton lachte nur. „Viel Spaß mit ihm. Sie werden schon sehen was Sie davon haben.“ Obwohl sie das natürlich in der Ausbildung oft geübt hatte, fühlte es sich merkwürdig an, an Lecter gekettet zum Auto zu laufen. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, dass es von außen wie Händchen halten aussah, und das gefiel ihr nicht. Mit diesem Mann hielt man nicht Händchen. Reiß dich zusammen!, schimpfte sie sich lautlos. Es begann zu regnen. Mit einem Seufzen riss sie die Autotür auf. „Nach Ihnen.“ Gehorsam stieg er ein und setzte sich. Sie spannte sich an, als er auf einmal die Hand hob, entspannte sich aber sofort wieder. Er griff nur nach dem Anschnallgurt. Das Auto fuhr an und Scarlett räusperte sich. „Es gibt noch einiges zu klären, ich muss sie vom Ministerium aus über alle Regeln und auch Konsequenzen informieren.“ Er wartete einfach ab, bis sie weitersprach. „Es ist Ihnen nicht erlaubt, mit anderen Menschen außer mir Kontakt aufzunehmen. Weder über das Telefon noch über das Internet…zu dem sie übrigens sowieso keinen Zugang haben. Sie können lesen, in meinem Haus verfügen wir über eine Privatbibliothek. Die Handschellen müssen sie immer tragen, mit Ausnahme der Badezimmerzeiten. Sie haben morgens und abends je eine halbe Stunde im Badezimmer, und tagsüber nur kurz. Dort werden Ihnen die Handschellen abgenommen, und vor dem Verlassen des Badezimmers wieder angelegt.“ Als sie seinen Blick sah, fügte sie schnell hinzu: „Ähm, durch eine Klappe. Ich warte draußen. Aber es gibt eine Videoüberwachung für den Notfall, also bauen Sie keinen Mist, sonst bin ich gezwungen, sie auch da zu beobachten.“ Sie versuchte, möglichst unbeteiligt und neutral zu klingen. Noch ein letztes unangenehmes Thema. „Sowohl Psychische als auch körperliche Liebesbeziehungen zwischen Straftäter und Agent sind nicht erlaubt. Ein gewisses Maß an Körperkontakt wird unter den gegebenen Umständen nötig sein, alles andere ist jedoch verboten.“ „Was heißt das? Das ich mir meine Schuhe doch alleine anziehen muss?“ der unüberhörbare Spott in seiner Stimme ärgerte sie. „Nein“, sagte sie kurz angebunden. „Es bedeutet, dass wir nicht miteinander schlafen dürfen.“ Er zog nur die Augenbrauen hoch. „Und noch etwas“, fuhr sie fort, „Wir werden die nächsten Monate auf engem Raum miteinander verbringen. Deswegen werde ich Sie ab jetzt duzen. Sie können dasselbe tun, es steht Ihnen frei.“ Er musterte sie. „Wenn du mir deinen Vornamen nochmal sagst…“ „Scarlett.“ „Einverstanden. Scarlett.“ Es klang merkwürdig, wenn er ihren Namen sagte. Als hätte er einen fremdartigen Akzent. Sie schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen. Sie schloss die Tür auf, wartete, bis er durchgegangen war und verschloss sie dann zweifach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)