Teach me how to love again von Lelu ================================================================================ Kapitel 20: ------------ Es hatte keine Stunde gedauert, bis sie in der Luft waren. Charles mied den Blick zur Couch, obwohl es ihm schwer viel. Er hockte in einem der bequemen Sessel und starrte auf den Tisch vor sich. Geistesabwesend fuhr er sich über das rechte Bein und drückte es kurz. „Alles okay?“, wollte Logan wissen, der ihm schräg gegenüber saß. „Es geht schon. Ich muss mich nur erst wieder daran gewöhnen“, erwiderte Charles mit einem gezwungenen Lächeln. Eine ganze Weile herrschte Stille. Charles wollte sich gerade wieder in seine Gedanken vertiefen, als Logan ein weiteres Mal das Wort ergriffen. „Tun Sie mir einen Gefallen? In der Zukunft haben sie einigen Mutanten geholfen, die nun wieder Ihre Hilfe brauchen. Strom, Scott, Jean…merken sie sich diese Namen und finden Sie sie, bitte.“ „Ich versuch mein bestes“, erwiderte Charles. „Das reicht vollkommen.“ Charles lächelte, diesmal ein echtes Lächeln. Logan wusste vielleicht nicht, wie sehr ihm diese Worte halfen, aber gerade deswegen war er dankbar dafür. Charles war schon immer jemand gewesen, der fünfzig Prozent mehr geben wollte, als möglich war. Er wollte immer nur das Beste für seine Freunde und empfand das als gerade gut genug. Deshalb tat es gut von Logan zu hören, dass das Beste doch ausreichte. „Professor?“ Erst jetzt wurde Charles bewusst, dass er Logan gedankenversunken angesehen hatte „Tut mir leid, ich war mit meinen Gedanken wo anders“, meinte er und lächelte entschuldigend. „Bei Erik?“ Diese Frage überraschte Charles dann doch. „Nein, eigentlich nicht.“ „Und wenn es so wäre, würden Sie es mir nicht sagen, hab ich recht?“, erwiderte Logan. „Sie können genauso wenig mit anderen über ihre Gefühle reden, wie ihr Freund.“ Zur Antwort lächelte Charles ein weiteres Mal, sagte jedoch nichts. Logan hatte recht. Er konnte nicht über seine Gefühle für Erik reden, außer mit diesem selbst. Denn das ging niemanden etwas an. Außerdem befürchtete er, dass Missverständnisse aufkommen konnten, wenn ihre Beziehung ans Licht kam. Erik hatte bei den Menschen keinen guten Stand. Wenn diese erfuhren, dass Erik und er ein Paar waren, oder gewesen waren, würde er eine Menge an Überredungskunst benötigen, um die Menschen davon zu überzeugen, dass er nicht gegen sie kämpfen wollte. Im nächsten Moment wurde Charles klar, was er da dachte. Würde er wirklich Erik verleugnen, um bei den Menschen gut dazustehen? Das war eine Einstellung, die er sich noch nicht einmal selbst verzeihen könnte. Wie also würde Erik darauf reagieren? Diese Einstellung musste er so schnell wie möglich ändern, sonst würde er Erik ganz verlieren. Dann machten seine Gedanken einen Sprung und waren plötzlich bei Raven. Was sie jetzt wohl gerade tat? Wahrscheinlich bereitete sie alles für den Anschlag auf Trask vor. Charles vermutete, dass sie sich unter die Männer des Wachschutzes mischen würde, um nahe genug an ihr Opfer heran zukommen. Er hoffte sie rechtzeitig aufzuspüren, sonst wäre alles Zeitverschwendung gewesen und Logan hätte die ganzen Strapazen der Zeitreise um sonst auf sich genommen. „Wir landen gleich, also bitte anschnallen“, riss Hank Stimme ihn aus seinen Gedanken. Charles und Logan legten die Sicherheitsgurte an und schon spürten sie das vertraute Ziehen im Unterleib, als Hank in den Sinkflug überging. Von Logan schlug Charles eine ganze Welle Beunruhigung und Furcht entgegen. Letzteres wunderte ihn wirklich. Er hätte nicht gedacht, dass dieser vor so etwas banalem, wie fliegen, Furcht empfinden würde. Auf der anderen Seite, jeder brauchte etwas, das er fürchten konnte. Vorsichtig, sodass Logan nicht merkte, dass er seine Finger im Spiel hatte, schickte Charles ihm beruhigende Gefühle. Er empfand es als seltsam, diesen Mann ängstlich zu sehen und wollte es so schnell wie möglich ändern, was ihm auch gelang. Nur wenige Sekunden später beruhigte sich Logans Geist und er krallte sich auch nicht mehr in die Armlehne des Sessels, in dem er saß. Weitere zehn Minuten vergingen, bis der Jet endlich am Boden aufsetzte und zum Stillstand kam. „Vielen Dank, dass sie mit MutantAir geflogen sind. Etwaige Beschwerden über den Piloten oder das Personal sind stillschweigend der Toilettenschüsseln vorzutragen“, drang es aus dem Lautsprecher, als Charles gerade den Sicherheitsgurt löste. Er lachte leise und auch von Logan kam ein belustigtes Schnauben. Hank hatte manchmal die seltene Gabe, Situationen in denen eine angespannte Stimmung herrschte, mit Sprüchen zu lockern, die man ihm so nicht zutraute. „MutantAir? Wirklich?“, wollte Logan wissen, als ihr Pilot zu ihnen kam und Charles in seinen Rollstuhl half. „Ich fand`s passend“, grinste Hank. „Ja“, meinte Logan und schnaubte ein weiteres Mal belustigt. „Es ist schon spät“, unterbrach Charles die beiden. „Kommt ihn noch mit, oder bleibt ihr hier und ruht euch aus?“ Logan und Hank sahen ihn fragend an. „Ich will noch in die Stadt. Vielleicht habe ich Glück und finde Raven jetzt schon. So würde uns morgen bestimmt einiges erspart bleiben“, erklärte Charles, als er ihre Blicke spürte. „Ich komme auf jeden Fall mit“, meinte Logan. „Wie wollen Sie sich bitte alleine Mystique stellen?“ „Ich werde mich ihr nicht stellen, Logan, sondern mit ihr reden. Das ist ein Unterschied.“ „Ich komme auch mit. Sechs Augen sind besser als vier, auch wenn das bei Raven nichts bringen mag“, warf Hank ein. Also machten sich die drei auf den Weg in Washingtons Innenstadt. Schon auf dem Weg dorthin weitete Charles seinen Geist aus und strich flüchtig über den der Menschen um ihn herum. Auch wenn er sich darauf konzentrieren musste, Raven zu finden, genoss er es doch die kleinen, alltäglichen Hoffnungen, Wünsche, aber auch Probleme aller zu sehen. Menschen waren einfach erstaunlich normal und einfach gestrickt. Diese Tatsache machte auch ein Teil seines Interesses an ihnen aus. Doch jetzt musste er sich wieder konzentrieren. Am Rande bekam er mit, dass Hank und Logan sich unterhielten, achtete aber nicht darauf. Nach zwei Stunden vergeblicher Suche, spürte er plötzlich einen vertrauten Geist. Charles Herz begann zu rasen, als er Erik spürte und zeitgleich, ungefähr zwanzig Meter weiter, in der Menschenmenge entdeckte. Genau in diesem Moment drehte der Größere sich um und erstarrte mitten in der Bewegung. Hallo Erik Also hast du sie auch gefunden Ein Lächeln glitt über Charles Gesicht, welches von dem Größeren auch gleich erwidert wurde. Hast du etwa daran gezweifelt? Du müsstest mich besser kennen Nein, ich habe nicht daran gezweifelt. Aber ich hab gehofft, du würdest sie erst später ausfindig machen. Ich will nicht gegen dich kämpfen Dann lass es und komm mit nach Hause Charles legte so viel Gefühl in diese Worte, wie er konnte. Er wollte Erik bei sich haben, er wollte dass, was dieser am Strand auf Kuba von ihm verlangt hatte. Zwar hatte er beschlossen lieber durch Hass-Liebe als gar nicht mit Erik verbunden zu sein. Aber einfach nur Liebe wäre ihm um Welten lieber. Doch er sah Erik nur den Kopf schütteln. Ich kann erst nach Hause, wenn diese Sache vorüber ist und die Menschen eingesehen haben, dass sie uns nicht besiegen können. Damit wandte Erik sich von ihm ab und verschwand in der Menschenmenge. Tu bitte nichts unüberlegtes, Erik! Doch Charles war sich nicht sicher, dass Erik diese Warnung gehört hatte, oder hören wollte. „Alles okay?“ Hanks Hand legte sich auf Charles Schulter und er sah ihn etwas besorgt an. „Ja, alles in Ordnung“, entgegnete er lächelnd. „Sicher?“ Charles nickte und setzte seinen Weg durch die Menge fort. Irgendwie wollte er gerade so schnell wie möglich, soweit wie möglich von Erik weg. Sonst tat er am Ende noch etwas, dass er später bereuen würde. Den Rest des Abends war Charles ruhig und in sich gekehrt. Er suchte nach Raven, was allerdings fehlschlug. Charles konnte sich anstrengen so viel er wollte, er fand ihren Geist nicht. Nach nunmehr vier Stunden kehrten sie zum Jet zurück. Charles sank frustriert auf der Couch zusammen, auf die Logan ihn gelegt hatte, damit er besser schlafen konnte. Warum hatte er Erik auf Anhieb gefunden, aber Raven nicht? Weil Sie Erik um jeden Preis finden wollten und das bei Raven nicht der Fall ist , flüsterte eine müde Stimme in seinem Kopf. Verdammt warum musste er immer recht haben? Nein die Frage war: Warum wollte er Erik dringender finden, als Raven? Schließlich stand ihr Leben auf dem Spiel und nicht seines. Aber Erik lieben Sie , erklärte die Stimme. Und Raven etwa nicht? Sie ist meine Schwester. Eben, sie ist nur Ihre Schwester, sonst nichts. Erik bedeutet Ihnen alles, dass müssten Sie doch mittlerweile begriffen haben. Verdammt, konnte die Stimme nicht endlich ihre Klappe halten? Er wollte nicht hören, wie viel Erik ihm bedeutete, dass wusste er ohne sie. Warum fragen Sie mich dann? kam es genervt und knurrend zurück. Kannst du nicht endlich still sein? Du bist ja noch nicht mal echt! Tatsächlich war es einige Sekunden lang still, doch dann erklang ein Lachen. Nur das er dieses nicht in seinem Kopf hörte, sondern mit seinen Ohren. Verwirrt schlug Charles die Augen auf und sah sich im Jet um. Hank schlief tief und fest auf der Couch ihm gegenüber. Sein Blick wurde weich, als er seinen Freund streifte und wieder einmal fragte er sich, warum Hank bei ihm geblieben war. Er hätte gehen können, wie alle anderen auch. Aber er war bei ihm, dem versoffenen, süchtigen und immer miesgelaunten Professor geblieben und hatte sich nicht einmal beschwert. Charles nahm sich vor, ihm seine Dankbarkeit zu zeigen, wenn sich die passende Gelegenheit dazu ergab. Aber zuerst mussten sie das Problem mit Raven und Erik aus der Welt schaffen. „Autsch, das tat echt weh, Professor. Sie sind doch in meine Gedanken eingedrungen und nicht ich in ihre“, erklang plötzlich Logans Stimme. Charles wandte den Kopf und sah ihn verwirrt an. Dann machte sich Erkenntnis auf seinem Gesicht breit. Er hatte mit Logan geredet, die ganze Zeit über. Erst da fiel ihm auch auf, dass ihn die Gedankenstimme gesiezt hatte. „Tut mir leid, Logan. Ich wollte dich nicht mit meinen Problemen belästigen“, meinte er und lächelte entschuldigend. „Sie sollten andere viel öfter mit solchen Problemen belästigen. Sie können ihnen nämlich vielleicht helfen und glauben sie mir, ich bin es gewohnt, dass sie mich in ihre Probleme miteinbeziehen. Aber es macht mir nichts aus. Ich helfe ihnen gerne, schließlich haben sie mir auch geholfen“, entgegnete Logan und erwiderte das Lächeln mit einem schiefen Grinsen. Charles seufzte. Er war müde, so unendlich müde. Am liebsten hätte er sich schlafen gelegt und wäre nicht mehr aufgewacht. Alle Probleme hinter sich lassen und einfach schlafen, dass hörte sich im Moment sehr verlockend an. „Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Wenn jemand Magneto davon abhalten kann, Raven etwas anzutun und diese davon abbringen kann, Trask zu töten, dann sind Sie das. Denn die beiden lieben Sie, genauso wie Sie die beiden lieben. Keiner, weder Magneto, noch Raven, könnte ihnen etwas antun“, gemurmelt fügte Logan hinzu: „Zumindest jetzt noch nicht.“ Aber das schien Charles nicht gehört zu haben, denn er hatte schon wieder die Augen geschlossen und ein dankbarer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)