Your Smile von Demonhuntress (Ein Lächeln, das mich rettete) ================================================================================ Kapitel 2: Mittel zum Zweck --------------------------- Mein Atem ging stoßweise, während ich mit rhythmischen Schritten über das Pflaster lief. Der Schweiß rann mir den Nacken hinunter und durchnässte meinen Haaransatz – ein Gefühl, das ich absolut nicht ausstehen konnte, doch wenn ich etwas erreichen wollte, musste ich an mir arbeiten. Ich nutzte die frühen Morgenstunden zum Joggen, weil zu der Zeit die Gefahr nicht so groß war, dass ich anderen Menschen begegnete. Es stellte für mich eine unangenehme Peinlichkeit dar, in diesem Zustand von jemandem gesehen zu werden. Automatisch malte ich mir dann aus, wie über mich gelacht wurde, weil ich solch einen erbärmlichen Eindruck machte. Eine noch größere Motivation, mich möglichst früh auf den Weg zu machen, bestand allerdings darin, meine Tätigkeit vor meiner Familie zu verheimlichen. Ihre kritischen, wenn nicht sogar spöttischen Blicke würden mir jeglichen Antrieb nehmen. Generell hielt ich eigentlich nichts von Sport, insbesondere da ich dafür rein gar kein Talent besaß. Ich war weder sonderlich geschickt noch sonderlich beweglich und trotzdem hatte ich beschlossen, den Schweiß, die Anstrengung und das Versteckspiel in Kauf zu nehmen. Der Grund bestand in einem Anschlag am schwarzen Brett, den Ino vor knapp einer Woche entdeckt hatte. Aufgeregt hatte sie mit ihren gepflegten, rosa lackierten Fingernägeln auf ein Blatt Papier getippt, was offenbar zum Schulanfang an besagtem Brett befestigt worden war. „Hinata! Das wäre doch was für dich!“ Neugierig beugte ich mich über ihre Schulter, um entziffern zu können, was dort in krakeliger Schrift geschrieben stand. Als ich jedoch erkannte, dass es sich um Werbung für eine Basketball-AG für beide Geschlechter handelte, erlosch mein Interesse beinahe sofort. „Ich und Sport? An diesem Versuch ist mein Vater schon gescheitert, als er mich zum Judo zwingen wollte. Dafür habe ich wirklich kein Talent, Ino.“ Meine Freundin grinste breit und kümmerte sich gar nicht um das Gemurre, das an unsere Ohren drang, weil andere ebenfalls die Aushänge inspizierten wollten. Ich hingegen spürte die Röte, die meinen Hals hinaufkroch, weil wir wieder einmal in dem Mittelpunkt standen. „Ach, damit willst du also echt nichts zu tun haben? Dann sieh mal, wer die AG leiten wird.“ Widerwillig las ich weiter. Meine Augen weiteten sich, als ich verstand, dass Naruto dafür zuständig sein würde. Aufgeregt zwirbelte ich eine Haarsträhne um meinen Finger, während es in meinem Kopf fieberhaft arbeitete. Schon war meine Umgebung vergessen. Das wäre eine Chance, zumindest in Narutos Nähe zu gelangen. Ino schien genau zu wissen, was ich dachte, denn ihr Grinsen wurde noch breiter. Kurz entschlossen zückte sie einen Kugelschreiber, der an ihre Brusttasche geklemmt war, und trug sowohl ihren als auch meinen Namen in die bereits gut gefüllte Liste ein. „Du würdest auch mitmachen?“, fragte ich erstaunt. Ino war niemand, der Spaß an Bewegung hatte. Als Antwort klopfte sie mit der Spitze des Stiftes auf den Namen hinter Narutos. Ich lächelte unwillkürlich, weil Ino ein ähnliches Ziel wie ich verfolgen würde. Sasuke Uchiha stand nämlich als zweiter Leiter der AG fest. So kam es also dazu, dass ich nun die Mühen des Joggens auf mich nahm, um nicht gänzlich unvorbereitet in die erste Stunde zu marschieren. Ich wischte mir mit dem Handrücken über die Stirn und beobachtete, wie die aufgehende Sonne die sie umgebenden Wolken rötlich färbte. Ausgiebig genießen konnte ich den Anblick jedoch nicht, weil mir nicht mehr viel Zeit blieb, wenn ich vor meinem Vater am Frühstückstisch sitzen wollte. So leise wie möglich drehte ich den mitgenommenen Haustürschlüssel im Schloss und huschte hinein, wobei ich mein nach wie vor laut hörbares Keuchen so gut es ging unterdrückte. Über die frisch polierten Holzdielen ließ es sich gut schleichen, deswegen befürchtete ich nicht, deswegen erwischt zu werden. Dennoch atmete ich erst erleichtert auf, als ich die Badezimmertür hinter mir abschließen konnte und mich in Sicherheit wähnte. Meine Beine zitterten infolge der ungewohnten Belastung und voller Vorfreude stellte ich die Dusche an. Der schön kühle Wasserstrahl wusch all die Spuren dessen weg, was für mich ein Symbol für die nötige Arbeit war, mich möglichst vor den anderen in der AG nicht zu blamieren. Vor allem nicht vor Naruto. Ich konnte nicht umhin, Ino ständig bewundernde Blicke zuzuwerfen, während sie in der Umkleidekabine ihre blonden Haare zu einem Zopf band, der ihr bis zum Bauchnabel reichte. Ihr rot-schwarz-gestreiftes Top passte wunderbar zu ihren einfarbigen Shorts, die ihre langen Beine zur Geltung brachten. Sie machte eindeutig auch eine gute Figur in Sportbekleidung. Mit verlegenem Blick starrte ich an mir herunter. Ich trug einen alten, ausgeblichenen Kapuzenpulli, den mir vor langer Zeit mein Vater vererbt hatte, und eine weite Jogginghose, die irgendwo versteckt hinter einigen Shirts in meinem Kleiderschrank aufgetaucht war. Als Ino die Lippen spitzte, während ich mich umzog, ahnte ich schon, dass sie mit meinem Outfit nicht einverstanden sein würde, doch nichts in der Welt würde mich dazu bringen, mich vor anderen derart leicht bekleidet zu zeigen wie sie. Ihr mochte so etwas stehen, aber zu mir passte es nicht. Auch meine geflochtenen Haare fanden nicht ihre Zustimmung, obwohl sie keinen Ton sagte. Mittlerweile kannte ich sie gut genug, um zu wissen, wann ihr etwas nicht gefiel. Ich rechnete es ihr jedoch hoch an, dass sie sich mit ihrer Kritik zurückhielt. Allerdings breitete sich ein dumpfes, unangenehmes Gefühl in meiner Brust aus, während ich ihr beim Zurechtmachen zusah. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass ich neidisch war. Solch eine negative, düstere Empfindung ließ mich erschauern. Wie konnte ich meiner eigenen Freundin nur ihr Selbstvertrauen und ihr gutes Körpergefühl missgönnen? Es mochte wohl sein, dass Naruto Frauen wie sie anziehender fand, aber daran konnte ich sowieso nichts ändern. Nur an mir konnte ich arbeiten und es nutzte nichts zu bedauern, dass man nicht jemand anderes war. Mantras dieser Art betete ich mir in solchen Momenten immer wieder vor, doch das erdrückende Gefühl wollte nicht schwinden. Ino merkte von meinem inneren Streitgespräch nichts. Mit einem aufmunternden Lächeln reichte sie mir die Hand, um mich von der Bank hochzuziehen. „Das wird schon. Nur nicht in Panik geraten!“, wies sie mich an und ich nickte unsicher. Erst dann ergriff ich ihre nach wie vor einladend ausgestreckte Hand und ließ mich in die Halle führen, aus der bereits das Geräusch aufprallender Bälle drang. Unwillkürlich verschränkte ich die Arme vor der Brust, als mir die aufgeheizte Luft des Trainingsortes entgegenschlug. Überall dribbelten bereits Menschen herum und versuchten ihr Bestes, die hoch hängenden Körbe zu treffen. Ino und ich waren die letzten, die eintrafen, denn kaum hatte Sasuke unsere Ankunft mit einem raschen Blick registriert, pfiff er einmal ohrenbetäubend auf zwei Fingern und winkte die Gruppe herbei. Wir sammelten uns in einem unförmigen Kreis. Erst dann entdeckte ich Naruto, der sich mit einem warmherzigen Lächeln neben seinem Kumpel aufgebaut und einen Basketball unter den Arm geklemmt hatte. Kaum kam die Tatsache, dass er sich tatsächlich vor mir befand, in meinem Gehirn an, fing mein Herz an zu rasen. Ich registrierte jede noch so unauffällige Kleinigkeit an ihm wie die strubbelig im Nacken abstehenden Haare, die winzige Schramme am Kinn und den abgekauten Nagel am kleinen Finger. Als ich seine sehnigen Unterarme begutachtete, spürte ich, wie ich rot anlief, und sah schnell zu Boden. Ino neben mir inspizierte hingegen die anderen Mitglieder der AG. Der Anteil an männlichen Teilnehmern war eindeutig höher, doch auch ein paar Mädchen hatten sich hergetraut. Mir schräg gegenüber stand eine junge Frau mit straßenköterblonden Haaren, die zu vier nachlässig gebundenen Zöpfen frisiert waren. Neben ihr wippte ein zierliches braunhaariges Mädchen auf ihren Fußballen. Auch Sakura hatte sich hier eingefunden, worauf ich mit einem Kloß im Hals reagierte. Sie sah hübsch aus in ihrem schlichten, weißen T-Shirt und den schwarzen Hotpants. Ino begriff, dass mich Sakuras Anwesenheit durcheinander brachte, und drückte beruhigend meine Schulter. Naruto ergriff das Wort und ich musste ein Lächeln unterdrücken, als ich den freundlichen Klang wiedererkannte. Es fiel mir schwer, mich auf den Inhalt des Gesagten zu konzentrieren, so gebannt lauschte ich der Färbung seiner Stimmung. „Ich denke, wir sollten uns zuerst einmal vorstellen, damit wir uns besser kennenlernen können. Ich heiße Naruto, bin 19 Jahre alt und bin zum Basketball gekommen, weil mich mein Patenonkel darauf gebracht hatte, als ich noch ein Kind war.“ Er nickte Sasuke zu, der diese stumme Aufforderung mit einem finsteren Blick quittierte. „Mein Name ist Sasuke. Ich spiele aus keinem bestimmten Grund Basketball.“ „Und ich bin auch 19 Jahre alt!“, soufflierte Naruto und stieß seinen Freund spielerisch in die Seite. Ino strich eine meiner Haarsträhnen zur Seite, um an mein Ohr zu gelangen. „Ist er nicht wundervoll?“, raunte sie und kicherte. Ich nickte gehorsam, obwohl Sasuke eine Kälte ausstrahlte, die mir eher eine Gänsehaut der unangenehmen Sorte bereitete. Ich kannte ihn nicht persönlich, aber ich wusste jetzt schon, dass er nicht das besaß, wonach ich in einem Menschen suchte – nämlich die lebensbejahende Eigenschaft, die ich bereits in Naruto gefunden hatte. Natürlich sah Sasuke unbestreitbar gut aus mit seinen schön geformten Gesichtszügen, dem glänzenden Haar und dem athletischen Körperbau, aber um ehrlich zu sein, war er einfach nicht mein Typ. Plötzlich spürte ich einen Ellenbogen in meiner Seite, der mich aus diesen Gedanken riss. Das neugierige Starren der anderen verriet mir, dass sie etwas von mir erwarteten. Ich war dran mit der Vorstellung, schloss ich nervös. „Ich, ähm, heiße Hinata Hyuuga.“ Ich musste mich räuspern, weil meine Stimme kratzte, und vermied es, in Narutos Richtung zu schauen. „18 Jahre bin ich alt und ich möchte mit Basketball anfangen, weil…“ Plötzlich erfasste mich eine Art Blackout. Ich wusste nicht mehr, wie ich die Worte formen sollte, von denen ich nicht einmal wusste, welche ich wählen sollte. Warum war ich überhaupt hier? War es nicht eher heuchlerisch, ein Interesse für eine Sportart vorzutäuschen, die ich nur ausüben wollte, um Naruto nahe zu sein? Prinzipiell spielte ich ihm doch nur etwas vor. Er würde mich hassen, wenn er wüsste, dass ich bloß vorgab, etwas zu sein, das ich nicht war. Instinktiv presste ich die Hand vor den Mund, murmelte eine undeutliche Entschuldigung und brach aus dem Kreis aus, um nach draußen zu rennen. Ich hörte nicht, was mir nachgerufen wurde, denn in meinen Ohren hämmerten die Vorwürfe, die ich mir machte, weil ich auf eine hinterlistige Weise versuchte, an Naruto heranzukommen. Andere waren hier, weil sie Spaß am Basketball hatten. Ich hingegen gehörte hier nicht her und erst recht nicht an Narutos Seite, wenn ich zu solchen Mitteln griff. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)