Your Smile von Demonhuntress (Ein Lächeln, das mich rettete) ================================================================================ Prolog: Wie es begann --------------------- Ich war immer der Überzeugung gewesen, dass es bloß zwei Sorten von Menschen gäbe. Auf der einen Seite, nämlich dort, wo das Gras grüner aussieht, die Glückspilze, die nicht nur mit einem bezaubernden Aussehen gesegnet, sondern auch noch von den nettesten Menschen umgeben sind, und auf der anderen, der kahleren Seite, die Pechvögel, die sich all das hart erarbeiten müssen, was den Begünstigten in den Schoß fällt. Es bestand kein Zweifel daran, in welche der beiden Kategorien ich gehörte und zu welcher ich meine Schwester Hanabi zählte. Dass unsere Mutter ihm bloß zwei Töchter gebar, stellte die erste Enttäuschung für meinen Vater dar. Er machte schon seit ich laufen konnte keinen Hehl mehr daraus, wie sehr er sich Söhne gewünscht hätte, mit denen er seine Lieblingssportart Judo praktizieren könnte. Die zweite Enttäuschung folgte, als er erkennen musste, dass mir jegliche Talent für sämtliche Sportarten generell fehlte. Zu seinem Glück stellte er sich heraus, dass Hanabi all das wettmachte, woran es mir mangelte. Sie schaffte das, was ich nie zu träumen gewagt hätte – sie ließ unseren Vater seine Frustration vergessen und brachte ihn dazu, stolz auf sie zu sein, womit sich unsere Rollen in Stein zu meißeln begannen. Sie trat in die Riege derer ein, bei denen das Glück wohnte, und ich musste fortan weiter damit leben, dass ich mir meinen Platz in der Welt längst noch nicht verdient zu haben schien. In der Mittelschule wurde mir schnell klar, dass mein Ansehen nicht nur innerhalb meiner Familie nicht sonderlich hoch einzuschätzen war, sondern dass auch meine Mitschüler nicht viel von mir hielten. Man darf mich nicht falsch verstehen. Ich mache niemanden für die Umstände meines Lebens verantwortlich, nicht einmal das Schicksal. Natürlich lag die Ursache meiner Probleme auch darin, dass ich mich nicht wehrte und es mir in der Nische, in der ich mich versteckte, bequem machte. Was nur wenige wissen ist jedoch, wie schwer es ist, sich zu ändern. Selbst wenn man im Gegensatz zu mir über den Willen und die nötige Kraft dazu verfügt, kann man es nicht als einfach bezeichnen, plötzlich etwas anderes auszustrahlen. Das Bild von mir als verschüchterte, langweilige und unscheinbare Person war nämlich so fest in den Köpfen aller Menschen in meinem Umfeld verankert, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie ich es je wieder dort hinausbekommen sollte, geschweige denn, aus meinem eigenen Kopf hinaus. In diese von Selbstzweifel und Isolation geprägte Lebenssituation platzte jedoch jemand herein, der meinen festgefahrenen und stagnierenden Alltag gehörig aus der Spur bringen sollte, auch wenn mir das damals noch wie der Teil einer fernen Zukunft erschien. An meinem warmen, aber von Dauerregen erfüllten ersten Schultag der zweiten Klasse der Mittelschule trug ich eine weiße Bluse, die mir meine Mutter zu diesem Anlass gekauft hatte. Da sie in meinen Augen wunderbar zu dem karierten Faltenrock und der blauen Krawatte passte, die unsere Schulunform bildeten, befürchtete ich ausnahmsweise einmal nicht, von meinen Mitschülern ausgelacht zu werden, wenn sie mich denn überhaupt bemerkten. Ich hatte meine Rechnung jedoch nicht mit einer Gruppe pubertierender Jungen gemacht, die mir am Schultor nach der letzten Stunde auflauerten. Sie nahmen mir den Regenschirm weg und stießen mich unter hämischem Gelächter in eine tiefe Pfütze, die in einem Loch im Asphalt entstanden war. Ich spürte, wie sich mein Oberteil mit dem schmutzigen Wasser vollsog, und senkte den Kopf in der Hoffnung, dass den Jungen die Tatsache, dass ich im Dreck lag, als Demütigung reichte. Doch statt dass sie sich damit begnügten, zerrten mich zwei grob an den Armen hoch, damit mein durchsichtiges Oberteil und die sich darunter deutlich abzeichnenden, gerade entwickelnden Brüste für alle sichtbar waren. Die Scham trieb mir die Tränen in die Augen und ehe ich mich versah, liefen sie meine Wangen herunter und mischten sich mit dem Regen. „Hört bitte auf!“, flehte ich sie an und erntete noch lauteres Gelächter. Es gefiel ihnen zu hören, wie ich darum bettelte, mich bedecken zu dürfen. Gerade als ich schicksalsergeben die Augen schloss, um wenigstens nicht in die höhnisch verzerrten Gesichter der anderen blicken zu müssen, hörte ich einen empörten Aufschrei und spürte, wie mir jemand etwas Warmes um die Schultern legte. Erschrocken riss ich die Augen wieder auf und beobachtete zitternd, wie sich jemand mit schwingenden Fäusten auf einen meiner Peiniger stürzte und ihn wegschubste. Ich ertastete den Stoff, in den man mich gehüllt hatte, und erkannte darin ein Jackett der männlichen Schuluniform. „Das ist einer aus der höheren Klasse!“, schrie der Schmächtigste von den Dreien und wich zurück. Ein anderer entgegnete jedoch verächtlich: „Aber das ist bloß der Nichtsnutz Uzumaki!“ Der Dritte begann zu kichern, obwohl er offensichtlich Bekanntschaft mit dem harten Boden geschlossen hatte. „Verpisst euch!“, ertönte eine mir unbekannte, tiefere Stimme, und trotz ihrer spöttischen Blicke suchten meine Schulkameraden das Weite. Meine Schultern sackten aus Erleichterung nach vorne, doch bevor ich etwas dagegen unternehmen konnte, knickten auch meine Beine ein und ich spürte, wie ich fiel. Mein Retter merkte allerdings, wie es um mich stand, und sprintete herbei, um zu verhindern, dass ich ein zweites Mal in der Pfütze landete. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt und mir war, als hätte ich noch nie in meinem ganzen Leben etwas Schöneres gehört. Unter anderen Bedingungen wäre ich sicher wie sonst bei Berührungen scharlachrot angelaufen und hätte die Flucht ergriffen, doch ich war zu durcheinander, um nach meiner sonstigen Art handeln zu können. Ich wischte die Tränen weg, die mir die Sicht vernebelten, und sah dem Jungen das erste Mal ins Gesicht, während er mich vorsichtig unter das nächstgelegene Dach bugsierte. Die vom Regenwasser feucht gewordenen, sonst wohl blonden Haare klebten an seinen sanft gerundeten Gesichtszügen und seine meeresblauen Augen fixierten konzentriert das angestrebte Ziel. Er hatte die Ärmel des dunklen Hemdes, das er sicher sonst unter seinem Jackett trug, hochgekrempelt und die Muskeln seiner Oberarme waren gespannt und traten leicht hervor. Ich musste seit langer Zeit endlich wieder lächeln und das trotz des Zustandes, in dem ich mich befand. In diesem Moment kam mir zum ersten Mal der vage Gedanke, dass sich vielleicht doch etwas ändern könnte, wenn ich nur fest genug daran glaubte. Dass dieser Junge mein Lächeln offen und herzlich erwiderte, was mir ganz warm ums Herz werden ließ, trug bestimmt seinen Teil dazu bei. Noch viele Monate später erinnerte ich mich jeden Abend vor dem Schlafengehen an den Tag, an dem ich Naruto Uzumaki begegnete. Es wäre vielleicht übertrieben zu sagen, dass es der Zeitpunkt war, an dem ich neu geboren wurde, aber auf jeden Fall wurde damals etwas in Gang gesetzt, das nichts und niemand mehr würde aufhalten können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)