Falsche Liebe von PurpleTaiga (Bruder x Bruder) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wolfram stand auf dem Balkon, den man von seinem Zimmer betreten konnte. Es war lange her, als er sich das letzte Mal hier aufgehalten hatte. Doch jüngste Umstände hatten ihn wieder in sein eigenes Schlafgemach getrieben. Es war vor einigen Wochen gewesen. Yuri hatte mal wieder die Dämonenwelt so unerwartet und unangekündigt verlassen, wie für ihn auch die Hinreisen in sein Königreich waren. Wolfram hasste es, wenn er seinen Verlobten nicht kontrollieren konnte. Aber stärker als dieser Hass wiegte das Gefühl, dass ihm etwas fehlte. Er vermisste diesen tollpatschigen König. Und jenes Mal war es anders gewesen, als Yuri verschwand. Sie hatten sich gestritten. Gut, das war an sich nichts Besonderes. Aber dieses Mal war es mehr als eine kleine Kabbelei. Normalerweise gingen ihre Zankereien eher in die Richtung des Neckens. Das Thema war an sich ein nichtiges. Doch Yuri hatte es sehr persönlich genommen und den Raum wütend verlassen. Daraufhin wurde er wegtransportiert. Wolfram hatte dies erst am Abend bemerkt, als Yuri nicht zum gemeinsamen Abendessen erschien. Jeden Tag wartete er darauf, dass Yuri mit seinem breiten Grinsen aus einem See, einem Brunnen oder ähnliches geklettert kam. Obwohl er genau wusste, dass es oft sehr lange dauerte, bis Yuri wieder das Sonnenlicht seines Königreiches genießen konnte, tat jeder Tag, der so verging, tief in seinem Herzen weh. Nach zwei Wochen des vergeblichen Wartens hatte er sich dazu entschieden, nicht weiter untätig herum zu sitzen. Er beschloss, zurück nach Bielefeld zu reiten, um dort die Ausbildung seiner Armee zu begutachten und selbst ein wenig zu trainieren. Gwendal bat er darum, ihm einen Boten zu schicken, falls Yuri auftauchen würde. Es war vielleicht auch nicht verkehrt, Yuri nicht direkt unter die Augen zu treten, wenn alle zusehen. Unter vier Augen ließ sich der Streit sicherlich besser beenden. So traf Wolfram Reisevorkehrungen und wollte sich gerade auf den Weg machen, als sein älterer Bruder, der Sohn eines Menschen, hinter einem Balken des Stalles hervortrat. „Du willst weg?“, fragte Conrad mit seinem weichen, allseits bekannten und beliebten Lächeln. Mit diesem Lächeln nahm er Yuri oft die Sorgen. Doch Wolfram hatte nicht mehr viel übrig für seinen Bruder und ließ sich nicht so leicht von dessen Lächeln um den Finger wickeln. Deshalb gab er ihm nur die patzige Antwort: „Was geht’s dich an?“ Er stieg auf sein Pferd und machte Anstalten, den Hof zu verlassen. Allerdings hielt Conrad die Zügel von Wolframs Schimmel fest. Genervt verdrehte Wolfram die Augen. „Und was wird das jetzt?“ „Du willst ganz alleine verreisen?“ Auf Conrads Gesicht lag Sorge. Dieser Gesichtsausdruck ließ Wolframs Blut kochen. „Und wenn schon! Ich reite nur nach hause! Mit dir hat das überhaupt nichts zu tun, also lass mich in Ruhe!“, schrie er ihn an. In solchen Situationen wurde Wolfram schnell laut. Seine Augenbrauen zuckten verdächtig und auf seiner Stirn trat eine Ader hervor. „Ich begleite dich“, beschloss Conrad trotzdem. „Waaaaas?!?“ Wolframs Kinnlade fiel herunter. Fassungslos beobachtete er seinen Bruder, der in den Stall zu seinem Pferd ging. Er schüttelte den Kopf, so dass seine blonden Haare im Wind wehten. „Idiot!“, rief er in den Stall und trieb sein Pferd zu Höchstleistungen an. Schnell verließ er das Gelände. Als er sich in Sicherheit wiegte, drosselte er das Tempo. Zufrieden lächelte er, dem hatte er es gezeigt. „Hallo“, hörte er eine vertraute Stimme neben sich. „Aaaah!“ Bei Wolframs ruckartigem Riss am Zügel, scheute sein Pferd. „Wo...wo kommst du denn jetzt her?“, fragte er sichtlich irritiert. Er hatte doch absichtlich eine andere Route als üblich eingeschlagen. Conrad konnte gar nicht wissen, wie er geritten war. Conrad setzte wieder sein unverkennbares Lächeln auf. Er war so nah an das Pferd seines Bruders heran geritten, dass er ihm mit dem Zeigefinger gegen die Stirn tippen konnte. „Es hatte doch geregnet. Die frischen Spuren könnte jeder deuten.“ Wolfram biss sich auf die Unterlippe. Dass ihm so ein Fehler passiert war! Er war wie immer zu ungeduldig gewesen. Dann zuckte er mit den Schultern. „Was soll's. Ich kann dich ohnehin nicht aufhalten“, seufzte er resignierend. „Richtig“, erwiderte Conrad und sein Lächeln verschwand nicht aus seinem Gesicht. Aus einem ihm nicht erklärbaren Grund, ließ dieses Lächeln sein Herz schneller schlagen. „Was ist das auf einmal?“, dachte er schockiert. Er betrachtete das Profil seines älteren Bruders. Gut gewachsen und diese freundliche Ausstrahlung bescherten ihm den Ansturm der Damenwelt. In diesem Moment konnte Wolfram das erste Mal nachvollziehen, was die Frauen an ihm fanden. Dieses merkwürdige Gefühl, das ihn beschlich, hielt sein Herz fest in der Hand und ließ seinen Atem unregelmäßig werden. Zitternd wischte sich Wolfram den Schweiß von der Stirn. Conrad warf ihm einen wissenden Blick zu. Er grinste in sich hinein. Sein Plan schien aufzugehen. ~ Sie hatten ihre Pferde im Stall von Wolframs Anwesen untergebracht und saßen nun gemeinsam am Mittagstisch. Müde stocherte Wolfram in seinem Essen herum. Die ganze Reise über hatte er sich gefragt, wo dieses Gefühl auf einmal hergekommen war. Niemals hatte er seinen Bruder mit den Augen einer verliebten Jungfrau gesehen. Er hatte ihn als Bruder geliebt, als sie klein waren. Bevor er erfahren hatte, dass Conrad kein reiner Dämon war. Doch nun war ihm so, als wäre der Funke übergesprungen. Doch was war der Grund dafür gewesen? Conrads Lächeln war doch nichts Neues gewesen, war es dieser sorgenvolle Blick gewesen? Aber selbst diesen kannte Wolfram zu genüge. Er zermarterte sich das Hirn, doch es wollte ihm nicht Plausibles einfallen. Er tupfte sich mit der Serviette die Mundwinkel ab, legte sie beiseite, stand auf, die Hände auf dem Tisch abstützend. „Ich lege mich etwas hin...“, murmelte er leise und begab sich geschwind aus dem großen Speisesaal. Als die Tür hinter ihm zufiel, legte sich ein für Außenstehende beängstigender Blick auf Conrads Gesicht. Zufrieden steckte er sich noch ein Stück Fleisch in den Mund. Wolfram lag auf seinem Bett, doch der Schlaf wollte ihn nicht finden. Seine Gedanken kreisten noch immer um Conrad. Sein Gesicht im Kissen vergrabend, musste er feststellen, dass er sich in seinen Bruder verliebt hatte. „Aber das ist doch abstrus... Er ist mein Bruder! Und eigentlich mag ich ihn doch gar nicht... Na ja, gut, ich mag ihn schon... Aber doch nicht so! Wie kann das so plötzlich sein? Aber...“, eine leichte Rosafärbung zierte seine Wangen, „ich wünschte, ich könnte jetzt bei ihm sein.“ Die Leidenschaft für eine Liebesbeziehung hatte Wolfram von seiner Mutter geerbt. Verwirrt über seine Gefühle bemerkte er das Klopfen an seiner Zimmertür nicht. Conrad öffnete sie trotzdem. „Wolf?“, fragte er in das stille dunkle Zimmer. Wolfram zuckte zusammen. Wo kam denn jetzt der Grund für sein seltsames Befinden her? Und wie sollte er sich jetzt verhalten? Wie immer wäre wohl am besten. Doch als er eine freche Bemerkung machen wollte, lag seine Zunge schwer wie Blei in seinem Mund. Er bekam keinen Ton heraus. Conrad ging starken Schrittes auf das Bett seines kleinen Bruders zu. Er beugte sich zu ihm hinunter. „Du bist ja doch wach“, lächelte er. Wolfram drehte sein Gesicht leicht, so dass er seinen Bruder ansehen konnte. Er war ihm so nah, dass Wolfram die Hitze in seinem Gesicht regelrecht spürte. „C...Con...rad...“, brachte er mühsam hervor. Dieser legte seine Lippen auf die seines Bruders. Erst sanft, dann fordernder baute Conrad den Kuss auf. Mit aufgerissenen Augen ließ Wolfram den Kuss über sich ergehen. Er wollte Conrad von sich stoßen, doch er konnte nicht. In seinem Kopf drehten sich die Wahrheiten. Es war falsch, was hier passierte, definitiv, doch es fühlte sich so gut an. Als er Conrad Zunge an seine Lippen spürte, öffnete er den Mund wie in Trance leicht. Conrad nutzte die Lücke und stieß weiter vor. Mit seiner Zunge versuchte er Wolfram zu überzeugen. Und schließlich konnte Wolfram dem guten Gefühl nicht mehr widerstehen, seine Zweifel waren in die hinterste Ecke gedrängt worden von dem alles überstrahlenden Gefühl dieser leidenschaftlichen Zweisamkeit. ~ Anicina lief mit einem suchenden Blick durch das Schloss der Majestät. Gwendal bog um die Ecke und erstarrte, als er sie erkannte. Sein Gesicht zeigte eindeutig, wie die Panik ihn übermannte. Er sah sich auf dem Flur um, doch er konnte kein geeignetes Versteck ausmachen. Doch Anicina hatte ihn ohnehin schon bemerkt. Zu seiner Erleichterung wollte sie aber keine neue Erfindung an ihm austesten. „Gwen, hast du ein kleines rosa Reagenzglas gesehen?“ Er zog eine Augenbraue nach oben. „Jemand muss es mir entwendet haben. Die Flüssigkeit darin bewirkt, dass sich jemand zu der ersten Person, die er sieht, hingezogen fühlt.“ Gwendal konnte nur mit dem Kopf schütteln. Warum in aller Welt erfand Anicina solch unnötigen Krimskrams? „Wer sollte das schon benutzen wollen hier im Schloss?“, merkte er stattdessen an. „Hm. Wenn dir jemand mit einem ungewöhnlichen Verhalten auffällt, sagst du mir Bescheid. Ich habe ein Gegenmittel. Niemand sollte gezwungen werden, sich zu verlieben.“ Sie wandte sich so schnell von ihm ab, dass ihre Kleidung und ihre Haare wehten. Schnellen und entschlossenen Schrittes lief sie den Gang entlang. „Warum erfindet sie es dann überhaupt?“, dachte sich Gwendal und beeilte sich, in sein Büro zu kommen, bevor Anicina doch noch auf die Idee käme, dass sie ihn gebrauchen könnte. ~ In den nächsten zwei Wochen gab sich Wolfram ganz seinem Bruder hin. An seinem Herzen und seinem Gewissen nagte immer noch dieses Gefühl, etwas Falsches zu tun. Doch er konnte dem Reiz nicht entkommen. Er stand in seinem rosa Schlafhemd vor dem geöffneten Fenster. In seinem Bett lag der Übeltäter, der ihn in diese Situation gebracht hatte. Der kühle Nachtwind ließ ihn frösteln. Ohne ihn bemerkt zu haben, stand Conrad plötzlich hinter ihm und umarmte ihn. Sanft liebkoste er seinen Nacken. „Komm doch wieder ins Bett“, flüsterte er neckisch. Ein leichter und angenehmer Schauer lief Wolframs Rücken hinab. Gerade, als er sich wieder von Conrads Lippen verführen lassen wollte, klopfte es an die Tür. Hektisch schubste er Conrad von sich und wies ihn an, sich im angrenzenden Bad zu verstecken. Conrad tat wie ihm geheißen, nicht ganz ohne Murren. Dieser ungebetene Gast hatte ihm dazwischen gefunkt. Als Conrad die Badezimmertür hinter sich geschlossen hatte, riss Wolfram die Tür zum Flur auf. Sein Atem ging schnell, seine Haare waren zerzaust, seine Wangen zierten ein gesundes Rot. Der Besucher musterte ihn von oben bis unten. Die Situation kam ihm doch etwas merkwürdig vor. „Was ist?“, fauchte Wolfram, als er den Blick seines Gastes bemerkte. „Ich wurde von Eurem Bruder geschickt. Ihre Majestät ist zurück gekehrt.“ Wolframs Gesichtszüge entgleisten. Yuri! Yuri war wieder da! Und ihm wurde bewusst, dass das nagende Gefühl, das ihn die letzten zwei Wochen begleitet hatte, daher rührte, dass er Yuri betrogen hatte. Gwendals Bote hatte eine andere Reaktion erwartet, ließ den Lord aber alleine. Dieser bemerkte nicht einmal, dass der Gast gegangen war. Gefühlte Ewigkeiten stand Wolfram reglos in der Tür. Conrad riskierte einen Blick und sah, dass Wolfram alleine in geöffneter Tür stand. Er ging auf ihn zu. Erschrocken musste er feststellen, dass Tränen die Wangen seines Bruders hinab liefen. Nach dem ersten Schock, so sah er seinen Bruder wirklich nicht oft, knirschte er mit den Zähnen, irgendjemand hatte seine Pläne für die Nacht gründlich durcheinander geworfen. Nach außen zeigte er aber sein Lächeln. Er legte Wolfram die Hand auf die Schulter. „Was ist denn passiert?“ Wolfram schob seine Hand beiseite. „Yuri...“, flüsterte er leise, „Kannst du mich vielleicht alleine lassen?“ Ehe Conrad antworten konnte, war die Tür vor seiner Nase zugefallen. Sein Gesicht verfinsterte sich. Der größte Dorn war also zurück. Aber irgendwann musste es ja passieren. ~ Sie waren am nächsten Tage los geritten. Nachts kamen sie im Schloss an. Es war eine schweigsame Reise gewesen. Wolfram hing seinen Gedanken nach und Conrad hatte es nicht für nötig befunden, etwas zu sagen. Er wusste, es würde alles zu seinen Gunsten ausgehen. Im Schloss angekommen, hatten sich ihre Wege früh getrennt. Wolfram ging den Flur entlang, bis er vor Yuris Tür angekommen war. Vor wenigen Wochen noch hätte er sich jetzt zu ihm ins Bett geschlichen und am Morgen hätte sich Yuri wieder über ihn aufgeregt, Greta hätte sich gefreut, ihre Familie vereint zu sehen und er selbst hätte sich wieder umgedreht, um weiter zu schlafen. Doch dieses Mal war es anders. Er wandte sich von der ihm so vertrauten Tür ab und öffnete die Tür einige Räume weiter. Und nun stand Wolfram auf seinem Balkon und blickte in die friedliche Nacht. Er wusste, dass er eine Entscheidung treffen musste. Er war jemand, der mit Haut und Haaren einer Person verfallen war und für diese alles tat. Umso unverständlicher war es für ihn, wie ausgerechnet er in diese Bredouille kommen konnte. Er lehnte sich an das Balkongeländer. Er hatte seine Entscheidung getroffen. ~ „Was? Wolfram ist gestern Nacht zurückgekommen?“, fragte Yuri den Pferdeknecht. Dieser nickte verwirrt. „Aber warum war er dann nicht bei mir? Etwa immer noch wegen dieser dummen Sache?“, dachte Yuri laut und raufte sich die Haare. „Aaargh, dieser Schnösel macht mich noch wahnsinnig!“ „Redest du von mir?“, ertönte die für einen Mann helle Stimme seines guten Freundes und Zwangsverlobten. Erleichtert drehte sich Yuri um. „Hey, Wolf, lass uns doch diese Sache einfach vergessen.“ Er grinste ihn an. Auch wenn er kein Fan dieser Verlobung war, so war Wolfram doch eine wichtige Bezugsperson für ihn. Wolfram winkte ab. „Ist gut.“ Ein verwirrter Ausdruck legte sich in die schwarzen Augen Yuris. „Warum warst du dann heute Nacht nicht bei mir?“ Nicht, dass er es unbedingt wollte, aber dann war definitiv etwas nicht in Ordnung, wenn Wolfram so reagierte. Wolfram sah beschämt auf den Boden. Eine Weile schwiegen sie sich an. Doch dann richtete Wolfram seinen Blick auf Yuri. „Yuri, ich möchte die Verlobung lösen.“ Yuri riss die Augen auf. Hatte er das gerade richtig gehört? Was war denn mit Wolfram passiert in der kurzen Zeit, in der er nicht da war? Er hatte schon viel längere Zeiten ohne Yuri ausgeharrt und dann war doch alles wieder beim Alten, als wäre Yuri nie fort gewesen. Doch Wolframs Blick war entschlossen, aber wenn sich Yuri nicht irrte, konnte er einen leichten Schmerz in diesen smaragdgrünen Augen erkennen. „Was ist denn hier nur los?“, fragte er sich. Wolfram senkte den Kopf und ließ Yuri stehen. Yuri konnte immer noch nicht recht glauben, was gerade passiert war. Auch wenn er eigentlich froh sein sollte, dass er diese seltsame Verlobung endlich los geworden war, fühlte es sich einfach nicht richtig an. ~ Gwendal blickte von dem Stapel Dokumente, der vor ihm lag, auf. Yuri schien irgendwie besorgt zu sein. Er legte die Feder beiseite, faltete seine Hände und stützte sein Kinn darauf ab. Das nahm Yuri als Zeichen, sprechen zu dürfen. „Irgendwas stimmt nicht mit Wolf!“, platzte es aus ihm heraus. Gwendals zog seine rechte Augenbraue nach oben. „Er hat die Verlobung gelöst!“ In diesem Moment tauchte Anicina in Gwendals Büro auf. „Er hat was?“, fragte sie hellhörig. „Vielleicht hat er meinen Liebestrank abbekommen!“ Yuri sah sie nur verständnislos an. „Jemand hat ihn mir geraubt“, erklärte Anicina und nickte. „Das ist kein Verhalten, das zu Wolfram passt. Er MUSS ihn zu sich genommen haben!“ „Und wer soll ihm das gegeben haben?“, fragte Yuri. Anicina überhörte die Frage. Gwendal deutete aus dem Fenster: „Vielleicht beantwortet das eure Frage.“ Yuri und Anicina stürmten zum Fenster. In einer dunklen Ecke des Hofes standen Conrad und Wolfram. „Du wolltest mich sehen?“, fragte Conrad. Wolfram starrte seine Schuhspitzen an. „Ich habe die Verlobung gelöst“, erklärte er. Dann hob er den Kopf und blickte Conrad mit einem leidenschaftlichen Blick an. „Für dich.“ Conrad lächelte, zog ihn an sich und küsste ihn zärtlich auf die Stirn. Plötzlich wurde sein Arm von hinten gepackt, ein wütender Yuri stand vor ihm. „Wie kannst du nur, Conrad?“ In seinem Blick lag Abscheu. Conrads Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und wich einem ernsten Blick. Anicina drückte Wolfram derweil das Gegengift in die Hand. „Schluck das!“, befahl sie. Wolfram drehte das Fläschchen in der Hand und schüttelte den Kopf. „Ich nehme nichts von dir, Anicina“, erklärte er. Sie drehte sich zu Conrad. „Wie hast du es ihm verabreicht?“ Wolframs erstaunter Blick haftete erst auf Anicina, wanderte dann zu dem aufgebrachten Yuri und schließlich zu seinem Bruder. Dieser hatte mittlerweile ein abscheuliches Grinsen im Gesicht. „Ich habe die Flüssigkeit auf die Zügel gebracht, als ich ihn gestoppt habe. Und dass er sich in mich verlieben würde, war mir klar, weil ich ihn provoziert habe, damit er schnell das Gelände verlässt. Dann brauchte ich ihm nur noch zu folgen.“ Conrad lachte. „Ich erkenne dich gar nicht wieder“, meinte Yuri traurig und auch Wolfram konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Die letzten beiden Wochen waren nur auf einem Zauber, dem er unterlegen hatte, aufgebaut? Das erklärte natürlich vieles. Und es zeigte ihm, wie stark seine Liebe zu Yuri war, dass er ihn einfach nicht vergessen konnte. Aber dass er sich gegen ihn entschieden hatte, bereute er zutiefst. Mit einem wehmütigen Ausdruck in den Augen suchte er den Blick des Mannes, der erkannt hatte, dass er nicht mehr er selbst war. Wie gut Yuri ihn doch kannte! Schnell öffnete er das kleine Fläschchen. In dem Moment, als seine Lippen die kleine Öffnung berührten, hörte er noch Conrads Stimme: „Willst du es wirklich so beenden, Wolfram?“ Er wollte diese Stimme nicht mehr hören. Diese Stimme, die ihm so viele liebe Sachen gesagt hatte und doch eben preis gegeben hatte, dass es sich nur um eine Farce gehandelt hatte. Seine Hand begann zu zittern. Plötzlich spürte er Yuris Hand auf seiner. Ihre Blicke trafen sich. „Ich habe deine Auflösung eh nie ernst genommen“, sagte der Dämonenkönig mit dem einzig wahren Lächeln. Schnell kippte Wolfram das Gegengift hinunter. Er ließ das Fläschchen fallen, das auf dem harten Boden zerbarst. Sein Herz begann zu schmerzen, so dass er sich an die Brust griff und leise stöhnte. All die unterdrückten Gefühle für Yuri kehrten in sein Bewusstsein zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)