Ein Mitternachtstraum von LadySam ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Tief hingen die Schwaden von Zigarettenrauch in dem Raum. Wie ein feiner, lückenhafter Nebel, wurde ich umhüllt und hatte dabei das Gefühl, ihn einfach nur wie einen dicken Vorhang beiseite schieben zu müssen, um in das innere des Raumes zu gelangen. Doch folgte ich nicht dem Instinkt, meine Hände auszustrecken und diesen absurden Gedanken auch in die Tat umzusetzen. Mit einem kleinen, nervösen Lächeln auf meinen Lippen, schritt ich voran und inspizierte das kleine Lokal nach bekannten Gesichtern. Doch wie erwartet, kannte ich niemanden; mehr noch, es war kaum jemand da. Die wenigen Besucher waren übersichtlich verteilt, saßen nur mit versteinernden Mienen da und sinnierten über das Leben, das nicht so abgelaufen war, wie sie es sich wahrscheinlich gewünscht hatten. Diese Schwermut lag dick und hartnäckig in der Luft, war geradezu greifbar, als wäre sie in meiner unmittelbaren Nähe und müsste nur noch ihre kalten Klauen ausstrecken, um nach mir zu greifen und mich zu einen von ihnen werden zu lassen. Nur würde ich mich nicht von ihr einnehmen lassen, schließlich mochte ich mein Leben so wie es war. Es gab nur einen Grund, warum ich überhaupt dieses kleine Lokal besuchte und nur wenn ich daran dachte, machte mein Herz einen aufgeregten Hüpfer. Es war verrückt, wie sehr mich diese schönen Augen gefangen nahmen und mich bis heute nicht mehr los ließen. Nur flüchtig hatten sie mich bei unserem ersten Treffen angesehen, doch hatte ich mich in ihnen verloren, in diesem hellen Blau, das mich so an das kristallklare Meer erinnerte, das ich so sehr liebte. Für ihn war ich sicher nur ein weiterer Besucher an diesem Platz. Eine weitere verlorene Seele, die ihren Weg hierher gefunden hatte und nun sein trostloses Leben betrauern wollte. Doch war ich so viel mehr, auch wenn er es wohl nie erfahren würde. Bei unserer ersten Begegnung hatte ich von diesem Traum gekostet und verlangte nun nach mehr, war beinahe süchtig nach diesem Moment. Jede Faser meines Körpers verzerrte sich nach ihm, wollte ihm berühren, schmecken. Doch war ich viel zu schwach, um mir das zu holen, nach dem ich mich so sehr sehnte. Ließ es weiterhin einen Traum bleiben, in dem ich mir nur ausmalte, wie es denn wäre, diese ganzen Dinge mit ihm zu tun. Es war unser Moment, auch wenn er es wohl niemals erfuhr. Ein schales Gefühl blieb immer, sobald dieser Traum wie eine Seifenblase zerplatzte. Kurzlebig, schön und bunt war sie da, nur um im nächsten Moment vor meinen Augen zerstört zu werden. Doch wollte ich mich von diesen negativen Gedanken nicht alles kaputt machen lassen, schob sie in meinem Kopf energisch davon, um mit wild klopfenden Herzen, auf unser Treffen zu warten, das ich während der Woche so entgegen gefiebert hatte. Ein bittersüßes Gefühl blieb, als sich genau um Mitternacht die schweren Vorhänge öffneten und mir die Sicht auf die Bühne frei gaben. Ein vertrautes Prickeln breitete sich in mir aus und aufgeregt huschten meine Augen über die Bühne, um keine Sekunde davon zu verpassen. Es dauerte für mich eine gefühlte Ewigkeit, bis ich endlich eine Gestalt ausmachen konnte, die eher gelangweilt, aber trotzdem mit forschen Schritten, auf die Bühne kam. Mein Herz machte einen kleinen Aussetzer, als er ans Mikrofon trat und seinen Blick über die Besucher schweifen ließ. Unbewusst hielt ich dabei die Luft an, als sein Blick auf mir ruhte, mich beinahe fixierten. Ich wagte es kaum zu blinzeln, wollte, dass dieser Moment nie vorbei gehen würde und ich weiter in den Glauben bleiben konnte, dass er mich bemerkt hatte. Doch so schnell er da war, war er auch schon wieder vorbei und er wandte seinen Blick ab, um sich auf den kleinen Hocker hinter dem Mikrofon zu setzen. Seine Gitarre auf seinen Beinen abgelegt, als er sich selbst begleitete, während er die ersten Strophen eines Liedes sang, welches so tragisch und traurig war, dass ich wie erstarrt da saß und ihn einfach nur benommen zuhörte. Seine dunkle Stimme berührte mich erneut, drang in mir ein und machte etwas in mir, das ich nicht mit Worten beschreiben konnte. Der Traum hatte begonnen, hüllte mich ein und brachte mich dazu, nur noch Augen für dieses Wesen zu haben, das dort oben stand und von seinem Leben erzählte. Schwer und anklagend war seine Stimme, mit einer Schwermut, die mir meinen Hals zuschnürte und ich nur den einen Wunsch hegte, ihn zu umarmen und ihn vor dieser trostlosen Welt beschützen zu wollen. Nichts in seinem Lied war positiv, keine Hoffnung, nur Leid. Ich wollte es ihm nehmen, diese engelhafte Gestalt wieder zum Lächeln bringen. Doch Fantasiewesen waren magisch und ließen sich nicht von einfachen Menschen helfen, die sie anhimmelten. Sie waren stark, unantastbar und genug von falschen Stolz geblendet, um sich nicht heilen zu lassen. Und auch dieses Exemplar, wollte nur seine Wut hinausschreien, über diese Erdenbürger, die ihn so sehr verletzt hatten. So wurde sein Gesang härter, traf mich mit winzigen Stichen in meinen Herzen, so dass ich schon glaubte, vor lauter Wehmut vergehen zu müssen. Dieser schöne Engel, der seinen Blick gesenkt hatte, so dass ich sein Gesicht nur schemenhaft sehen konnte, schrie seinen Schmerz hinaus und bewirkte in mir, dass sich kleine Tränen in meine Augenwinkeln bildete. Schnell wischte ich sie weg, wollte meine Sicht dadurch nicht benebeln lassen und jede Sekunde dieses bittersüßen Traumes auskosten. Schon bald verebbten die die letzten Klänge der Gitarre und machten einer Stille Platz, die so kalt und schwer war, dass ich aufpassen musste, um mich nicht darin zu verlieren. Hart schluckend klammerte ich meine Hände ineinander und starrte hinauf auf die Bühne, wo mein Märchenhaftes Wesen in seiner ganzen Gestalt da stand und ein letztes Mal in sein Publikum blickte. Diesmal konnte ich in dieses bleiche Gesicht schauen, das mit ausdruckslosen Zügen in die Menge sah, ohne die Menschen dort wirklich zu sehen. Jedenfalls glaubte ich es, da seine sonst so stolze Gestalt leicht zusammengekauert da stand und sein Blick leer auf die Menschen vor ihm gerichtet war. Lange Silbersträhnen hingen ihm im Gesicht und gaben sein Antlitz etwas tragisches. Zu gern wäre ich aufgesprungen und hätte seine Hand genommen. Doch würde es nur ein Traum zerstören, an dem ich noch zu sehr fest hielt. Ich gebe zu, ich hatte Angst. Schließlich konnte die Realität so verdammt grausam sein und alles zerstören, was ich mir in meiner Fantasie so schön ausgemalt hatte. Ich wollte es einfach nicht verlieren, hatte noch nicht den Mut dazu, um einen Schritt weiter zu gehen, um vermutlich alles zu zerstören. So ließ ich ihn gehen, blieb allein und mit dieser quälenden Leere in mir zurück. Hoffend, es bald über mich bringen zu können und dieses Wesen in meiner törichtkeit anzusprechen. Viele einfache Menschen hatten es sicher schon oft versucht und waren kläglich gescheitert. Schließlich waren diese Wesen unantastbar und hatten genügend stolz in sich, um nicht mit ihnen sprechen zu wollen. Würde ich der erste sein, bei dem es klappen würde? Könnte ich ihm seine Trauer nehmen und ihm zeigen, dass die Menschenwelt nicht so schrecklich war, wie er glaubte? Wahrscheinlich würde ich es nie herausfinden und mich weiterhin an einem zaghaften Traum klammern, in dem es nur ihn und mich gab. Eine Seifenblase, die jeden Moment zerplatzen und mich in einer tiefen Traurigkeit stürzen könnte, wenn ich nicht stark genug war, um sie zu bekämpfen. Eine andere Art von Leere schlich sich in mir, als ich mich schwerfällig erhob und mich wieder in die reale Welt aufmachte. Doch würde ich wiederkommen , um meinen silbernen Engel erneut zu treffen. Irgendwann vielleicht, würde ich dann nicht mehr verlassen müssen und meine Fantasien würden sich endlich erfüllen. Ich hoffte es so. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)