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Invictus

von

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[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Fäuste landeten an der magischen Barriere. Aphrael schlug darauf ein, während der gefangene Templer sie hilflos dabei beobachtete. Die Verwirrung in seinen Augen wandelte sich in Wut und er schoss aus seiner betenden Haltung nach oben. „Der Erbauer kennt meine Sünden und ich werde dafür beten, dass er sie mir vergibt.“

Die Elfe hielt inne und legte den Kopf schief. „Aber, Cullen…“

„Haltet den Mund! Die Schwärmerei eines naiven Mannes, bildet Euch nichts ein!“

Wynne legte ihr die Hand auf die Schulter und Alistair sah ihren erstarrten Gesichtsausdruck, da die ältere Magierin sie sacht zur Seite schob.

„Als ob wir hier wären zum Plaudern“, zischte Morrigan.

Die Wächterin fasste sich und bat Cullen, alles zu berichten, was er erlebt hatte. Alistair lauschte seinem Bericht mit mulmigem Gefühl. Ein geringerer Mann wäre schon längst an diesen Geschehnissen zerbrochen.

„Dann wird Uldred sterben.“ Aphrael sprach nur das aus, was bereits feststand.

„Und wenn Ihr schlau seid, tötet Ihr alle Blutmagier hier. Sie verdienen es nicht anders.“

Sie maß Cullen mit zusammengekniffenen Augen. „Wir werden sehen.“

Ihre Anführerin ging zielstrebig auf die metallene Tür zu, zog dabei ihren Zauberstab. Wynne und Morrigan taten es ihr gleich, Alistair griff zu seinem Schwert. Prinzipiell stimmte er da seinem Templerkollegen zu; Blutmagiern war am einfachsten mit ein paar gezielten Hieben beizukommen. Jetzt allerdings, nachdem er erfahren musste, dass Aphrael ebenfalls zur Hälfte Blutmagierin war, überdachte er die Sache wesentlich gründlicher. Er hatte keine Ahnung, inwieweit sich das Erbe der Eltern auf ihre magisch begabten Kinder auswirkte. Vielleicht konnte er darüber einmal mit ihr sprechen – wenn denn wieder ein normales Gespräch zwischen ihnen möglich war.
 

Uldreds Begrüßung ließ an Form und Höflichkeit zu wünschen übrig. Obwohl er sich mit einigen Abscheulichkeiten umgab, die Alistair noch nie gesehen hatte, war er zweifelsfrei das größte Monster.

Aphraels Blick glitt immer wieder zu dem Mann, der der Erste Verzauberer sein musste, und Alistair musste sich erschüttert daran erinnern, dass sie hier zu Hause gewesen war. Die Männer und Frauen, über deren Leichen sie unterwegs gestiegen waren, waren ihre Lehrer und Mitschüler gewesen. Sie hat kein Zuhause mehr.
 

Dann begann der Kampf und seine Konzentration richtete sich auf seine grässlichen Gegner.

Die Magie setzte ihnen schwer zu. Entgegen ihrer Abmachung hielten sich Morrigan und Aphrael nicht im Hintergrund, sondern benutzten ihre Zauberstäbe als Waffe, wenn sie Atem schöpften, um einen neuen Zauber zu wirken. Wynne hielt sich die Gegner vom Leib, blieb so gut es ging aus dem Schussfeld, um ihre Kameraden mit heilender Magie zu versorgen.

Irgendetwas erwischte Alistair am Bein und Schmerz schoss ihm bis in die Hüfte nach oben. Mit zusammengebissenen Zähnen versenkte er seine Klinge tief im Fleisch einer dieser Bestien und riskierte einen Blick nach unten. Ein Zauber hatte seine Rüstung am Knie zerstört, Blut strömte aus der Wunde, lief ihm heiß über das Schienbein.

Er zog sein Schwert zurück und stellte entsetzt fest, dass das Monster immer noch nicht tot war. Sie hatten zwei der Kreaturen vernichtet, doch Uldred war eine noch furchterregendere Herausforderung.

Etwas pfiff an ihm vorbei und das Ding vor ihm sank mit einem schrecklichen Kreischen zu Boden. Wynne nickte ihm zu und sie fokussierte ihre Aufmerksamkeit auf Uldred und den Verzauberer, dessen Wandlung bereits eingesetzt hatte.

Aphraels Wutschrei hätte jedem Krieger Konkurrenz gemacht. Sie machte einen Bogen um die Leichen und sprang Uldred auf den Rücken. Morrigan versuchte, den Blutmagier zu lähmen, aber er widersetzte sich und schlug nach der Elfe, die mit ihrem Stab auf seinen Kopf einschlug. Bei jedem dumpfen Geräusch verbrannte seine Haut etwas mehr, der Gestank von verschmortem Fleisch hing in der Luft.

In seiner verwandelten Form war Uldred langsamer und ein weiterer Treffer ihrerseits ließ ihn aufbrüllen. Irgendwie gelang es ihm, ihren Zauberstab zu packen und fortzuzerren. Geistesgegenwärtig ließ sie los und bildete zwischen ihren Handflächen einen glühenden Feuerball, den sie ohne weitere Vorwarnung direkt auf seinen Kopf losließ.
 

Die Detonation war erschreckend heftig. Alistair, der sein Bein nur noch bedingt belasten konnte, verlor das Gleichgewicht. Morrigan hatte die Absicht ihrer Anführerin wohl eher erkannt und war außer Reichweite gelaufen, doch auch sie fluchte und kämpfte darum, auf den Beinen zu bleiben. Jemand eilte zu ihm und Wynnes Gesicht geriet in sein etwas verschwommenes Blickfeld. „Dem Erbauer sei Dank“, murmelte sie und tätschelte seine Wange. Mit ihrer Hilfe gelangte er wieder auf seine Füße. Von Uldred war nicht mehr viel übrig – bedauernswerterweise auch nicht vom Ersten Verzauberer.

„Wo ist sie?“, fragte er krächzend.

„Dort drüben.“ Wynne zeigte zu der Wand, vor der Uldred eben noch gestanden hatte. Die Elfe musste dagegen geschleudert worden sein und mühte sich jetzt gerade wieder auf Hände und Knie. Sie wankte immer wieder und suchte Halt an der Mauer. „Sie braucht Hilfe.“

„Wir alle“, nickte Wynne. Alistair konnte nicht erkennen, wobei Morrigan Hilfe brauchte, denn die Hexe ging zu der schweren Metalltür, frisch wie der junge Morgen, und öffnete sie. Sie rief etwas hinaus, Alistair konnte sie aufgrund des Klingelns in seinen Ohren nicht richtig verstehen.

Wynne hielt ihn davon ab, zu Aphrael zu gehen, sondern bestand darauf, dass er sich auf sie stützte. Alistair war überrascht von der Zähigkeit dieser Frau, doch sie würde kaum sein Gewicht und das seiner Rüstung noch dazu schleppen können.

Jemand kam die Treppe nach oben und Cullen blickte sich schwer atmend um. Der Tod von Uldred musste die Barriere zerstört haben, hinter der er gefangen gewesen war. Morrigan sagte etwas zu ihm und zeigte auf die Wächterin, die sich gerade wieder auf den Boden fallen ließ. Der Templer nickte und ging auf sie zu.

„Haltet Ihr das für eine gute Idee?“, wollte Alistair knirschend von Morrigan wissen. Er hielt sich an Wynne, versuchte jedoch, sein Gewicht nicht auf ihr abzuladen. Die Dunkelhaarige zuckte mit den Schultern. „Er ist momentan als einziger in der körperlichen Verfassung, sie zu tragen, schätze ich.“ Unwohl sah Alistair Cullen dabei zu, wie er die rothaarige Elfe auf die Arme nahm, ehe Wynne ihn sanft vorwärts drängte.
 

Alistair hörte den Streitereien von Greagoir und Wynne kaum zu. Sein Blick war auf den Templer Cullen geheftet, der Aphrael wie einen kostbaren Schatz auf den Armen trug. Behutsam ließ er sich mit ihr auf ein paar flachen Treppenstufen nieder und verlangte nach einem Heiler oder wenigstens nach Verbänden.

Wäre er nicht gerade dabei gewesen, seine eigenen Verletzungen zu bandagieren, wäre Alistair aufgestanden und hätte diese Aufgabe übernommen. Er biss die Zähne in stummer Abscheu zusammen. Die Worte des Mannes hingen ihm noch in den Ohren, wie er der Elfe unfreiwillig gestand, dass er tiefe Gefühle für sie hegte und sie im nächsten Augenblick als eine abscheuliche Kreatur beschimpfte. Er hatte den Schmerz in ihren Augen gesehen. Hatte ihr Herz ein weiteres Mal brechen hören. Sie hatte versucht, ihn zu besänftigen, doch es war zwecklos gewesen. Cullen hatte Alistair beschämend an sich selbst erinnert. Selbst Wynnes Nachsicht war keine Entschuldigung gewesen. Obgleich es zwar der Wahrheit entsprach, dass Cullen schlimme Dinge widerfahren waren, sie wogen nicht die Qual in schneegrauen Augen auf.

Der Templer schien ähnliche Gedanken zu haben, sein Gesicht war bekümmert, als er die halb bewusstlose Elfe versorgte. Er hatte die hindernden gepanzerten Handschuhe abgelegt und tupfte mit einer Sanftheit, die man ihm nicht zutrauen mochte, ihr Gesicht ab.

Ihre Augenlider flatterten, öffneten sich ein winziges Stück. Alistair konnte nicht verstehen, was Cullen sagte, die Geräusche um ihn herum verschluckten seine Worte. Doch Aphrael schien seine Hilfe nicht zu wollen und versuchte mühsam, sich aus seinem Griff zu befreien. Plötzlich erstarrte sie und ließ sich langsam zurück in seine Arme sinken.

„Sie braucht Heilzauber“, wandte sich Alistair hilfesuchend an Wynne. Die Magierin nickte entschlossen, obwohl die Erschöpfung ihren Blick bereits getrübt hatte, und setzte sich neben Cullen. Alistair bedachte den Templer mit einem frostigen Blick und humpelte schließlich zum Quartiermeister, um sich einen weiteren Wundumschlag zu holen.
 

Wynnes Kräfte versagten nach dem zweiten Heilzauber. Sie seufzte tief und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Cullen nickte ihr dankbar zu. „Ich weiß Eure Bemühungen sehr zu schätzen. Und sie sicher auch.“

„Oh, dass sie das weiß, da bin ich mir sicher.“ Sie erhob sich ächzend. „Was Euch allerdings anbelangt… aber auch jetzt ist nicht der richtige Diskussionszeitpunkt. Sie muss so schnell wie möglich in das Lager ihrer Gefährten zurück. Dort wird man sich sicher gut um sie kümmern.“

„Ein Heiler sollte sie ansehen“, widersprach Cullen mit gerunzelter Stirn.

„Wir sind durchaus in der Lage, mit Verletzungen fertig zu werden“, bemerkte Alistair bissiger, als es beabsichtigt war. „Wir werden nur noch die nötige Zeit abwarten, bis sie sich für den Marsch weit genug erholt hat.“

„Nicht nötig“, murmelte Aphrael, „wir können dann aufbrechen.“ Sie brauchte Cullens Hilfe, um sich aufzusetzen. „Das sieht mir nicht danach aus“, bemerkte jener vorsichtig.

„Alistair? Würdet Ihr uns kurz einen Augenblick allein lassen?“, bat ihn die Elfe ohne aufzusehen.

„Natürlich.“ Alistair entfernte sich ein paar Schritte, suchte dann hinter einer Säule etwas Schutz und spähte zu ihnen hinüber. Seit Zevran bei ihnen war, war seine Angewohnheit, sie zu bewachen, zu einem regelrechten Zwang geworden. Wer wusste schon, ob der Elf seinen Auftrag nicht doch noch zu Ende ausführen wollte? Und das hat rein gar nichts damit zu tun, dass du dir Sorgen darum machst, dass er ihr zu nahe kommt? Alistair verzog das Gesicht. Diese Stimme in seinem Kopf klang verdächtig nach Morrigan.
 

„Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr den Weg bis zu Eurem Lager schafft?“, erkundigte sich Cullen zweifelnd.

„Das ist eine gute Frage“, keuchte Aphrael, „Doch was möchtet Ihr hören: Nein, ich schaffe es nicht, ich würde lieber noch etwas länger hier und damit bei Euch bleiben? Oder lieber: ja, ich schaffe es, meine Gefährten kümmern sich um mich, ich möchte Euch nicht länger mit meiner Anwesenheit belästigen.“

„Nein, ich…“, hob Cullen an und Alistair ärgerte sich, dass er dessen Gesicht nicht sehen konnte, „So war das nicht gemeint.“

„Jedes Wort war so gemeint“, sagte die Elfe mit erstickter Stimme, „Lügt mich nicht auch noch an.“

„Aphrael, bitte, Ihr-“

„Seit Tagen überlege ich schon, wie ich Euch dazu bekomme, mit mir auf den Feierlichkeiten zu tanzen, wenn wir den Erzdämon besiegt haben. Oder sogar, was ich anziehen könnte, damit es Euch gefällt. Und damit Ihr dann mit mir tanzt.“ Sie lachte rau. „Ihr habt keine Ahnung, wie dumm ich mir vorkomme. Wie es aussieht, seid Ihr nicht der einzige, der naiv war.“ Sie rappelte sich auf und ließ ihn ihre Kränkung deutlich sehen. „Trotzdem; tut mir wenigstens den Gefallen und passt auf Euch auf.“

Alistair betrachtete es als sein Stichwort und trat zu ihr. Ohne etwas zu sagen, ließ sie sich gegen ihn sinken, ihr Gesicht war bleich. Alistair nickte zu Morrigan, die ausnahmsweise kommentar- und widerstandslos zu ihnen kam und sich einen Arm der Elfe um ihre Schultern legte. „Wir können also?“

Wynne, die verkündet hatte, bei ihnen zu bleiben, bot Alistair ihre Schulter an. Er lächelte verlegen und stützte sich bei ihr ein wenig auf. „Wir können.“
 

Taref war außer sich, als sie ins Lager zurückkehrten. Sein Gebell weckte alle anderen. Obwohl Aphrael zu ihm eilte und ihn tröstend an sich drückte, beruhigte er sich nicht. Das Gekläff wurde zu einem Winseln, das in den Ohren schmerzte. Sie küsste seine Schnauze und murmelte ihm Worte ins Ohr, rieb mit kreisenden Bewegungen über sein Fell.

Wynne machte sich mit den anderen bekannt und Zevran orderte von Bodahn, dem zwergischen Händler, der bei ihnen Zuflucht gesucht hatte, ein weiteres Zelt, welches er glücklicherweise noch bei sich hatte.
 

„Wenn alles glatt gegangen wäre, würdet Ihr vermutlich fröhlicher aussehen“, bemerkte Zevran.

„Oh, wie ich Euren Scharfsinn unterwegs vermisst habe“, erwiderte Morrigan und half Aphrael, sich auf einen umgekippten Baumstamm zu setzen.

„Die Templer haben zugesagt, uns zu unterstützen“, erklärte Alistair seufzend und begann, sich aus seiner Rüstung zu schälen, „Der Turm der Magi war völlig zerstört. Die meisten Magier sind tot.“

„Tja, man muss nehmen, was man kriegen kann.“ Er furchte die Stirn und beugte sich zu Aphrael herunter. „Geht es Euch gut? Kann ich Euch irgendwie… helfen? Ein bisschen pusten vielleicht?“

„Ich werde darauf zurückkommen, sollte es notwendig sein“, erwiderte sie mit einem angestrengten Lächeln. „Bietet Eure Hilfe doch lieber Alistair oder Wynne an.“

„Danke, ich komme zurecht“, beeilte sich Alistair zu sagen.

Zevran zuckte grinsend die Achseln und setzte sich zu Wynne, Sten und Leliana. Die beiden Frauen unterhielten sich leise, Stens Blick lag nichtssagend auf seiner Anführerin.

„Ich gehe baden. Dieses ganze Blut stört mich langsam“, verkündete Morrigan und hob drohend den Zeigefinger. „Wehe, einer von Euch spannt. Ich zaubere Euch ein drittes Bein!“ Sie verschwand, nachdem sie an ihrer etwas abgelegenen Ruhestätte einige Dinge auf den Arm geladen hatte. Vermutlich erreichten sie Zevrans gerufene Worte („Ihr meint doch wohl eher ein viertes, oder?“) trotzdem noch.
 

„Morgen früh bin ich vermutlich wieder erholt“, tröstete Wynne Alistair, der seine Wunde inspizierte, die den Verband rot gefärbt hatte, „dann können wir uns dieses Problems noch einmal genauer annehmen.“

„Eine Portion Schlaf wird mir wohl auch gut tun, bevor wir nach Orzammar aufbrechen“, stimmte Alistair zu. „Wie sieht es mit Euch aus?“, wandte er sich an Aphrael.

Die Wächterin hob den Blick vom Feuer. Taref saß stocksteif neben ihr, was Alistair für merkwürdig befand. Normalerweise entspannte sich der Mabari wesentlich schneller in ihrer Gegenwart. Sie legte eine Hand auf den Kopf des Hundes und strich sanft darüber. „Ich bin noch ein bisschen wach.“

Nickend begab sich Alistair in sein Zelt. Nur am Rande bekam er noch mit, dass Sten und Leliana Wynne beim Aufbau und dem Einrichten ihres Zeltes behilflich waren, ehe es ruhig wurde.
 

Obwohl er müde war und seine Augen bereits schmerzten, fand Alistair keine Ruhe. Gedanken rasten in seinem Kopf und nicht wenige drehten sich um eine gewisse Graue Wächterin. Hatte er schon jemals eine Frau wie sie getroffen? Er bezweifelte es. Und weshalb ausgerechnet jetzt? Andererseits - selbst bei den Übungen der Grauen Wächter hätte er sie nie so in Aktion erlebt. Er hatte beobachtet, wie sie Zevran einfach im Kampf eine seiner Klingen abgenommen und damit auf ihre Feinde losgegangen war. Wo hatte sie nur gelernt, so zu kämpfen? Und wieder tauchten zwei Bilder in seinem Kopf auf: wie sie mit dem Blut der Dunklen Brut besprenkelt über ihrem Gegner stand, in einer Hand einen Dolch, in der anderen ihren Zauberstab, und ihm den Todesstoß versetzte, und wie sie mit geöffnetem Haar den Kopf hin und her warf und vor Lust schrie.

Seufzend schlug Alistair sich mit der Handfläche auf die Augen. Hatte er denn keine anderen Sorgen?
 

Murrend setzte er sich auf und lauschte dem Gespräch, das leise zu ihm drang. Abgesehen davon, dass Zevran einen einzigartigen Akzent hatte, war es nicht sonderlich schwer, seine Stimme von anderen zu unterscheiden. Niemand sonst würde mit so viel Schleim in der Stimme sprechen können. Alistair würde bei dem Versuch ertrinken, da war er sich sicher. Er fragte sich immer noch, weshalb der Elf es trotz allem ständig schaffte, dass Frauen und selbst Männer sabbernd zu seinen Füßen lagen.

Jetzt aber hatten sie das Thema gewechselt und sein Ton hatte eine beunruhigend sanfte Note. „Ihr wart also im Turm? Habt Ihr Eure Mutter getroffen?“

„Ja.“ Ihre abgehackte Antwort ließ Alistair die Plane ein wenig beiseiteschieben. Er war nicht der einzige, der dieses Gespräch belauschte, unweit vom Feuer entfernt saß Sten. Obwohl der Qunari in eine völlig andere Richtung blickte, wusste Alistair, dass er jedes Wort mithörte.

Zevran legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Möchtet Ihr… darüber reden?“

„Sie lag tot unter einem der Bücherregale im zweiten Stock. Mehr gibt es darüber nicht zu reden.“ Sie schüttelte seine Hand ab. „Seid Ihr es nicht gewesen, der gefürchtet hat, ich könne vor dem Wächtergeist, der Andrastes Urne beschützt, in Tränen ausbrechen und mich von meinen Gefühlen überwältigen lassen? Warum plötzlich dieser Sinneswandel?“

„Oh, Ihr verbringt eindeutig zu viel Zeit mit Morrigan.“ Seine Finger glitten über ihren Kiefer und wäre Alistair von dieser Berührung nicht so erzürnt gewesen, hätte er sich darüber amüsieren können, wie Sten plötzlich den Kopf in ihre Richtung drehte und die Augen zusammenkniff. „Aphrael, ich meinte-“

„Spart es Euch“, unterbrach sie ihn entkräftet, „diese Worte habe ich heute schon einmal gehört.“

„Hört zu, ich schulde Euch mein Leben, ich schwor Euch meine Treue und meine Kraft in der Schlacht gegen die Dunkle Brut. Das heißt aber nicht, dass ich Euch auch mögen muss. Das tue ich aber. Ich möchte nicht, dass Ihr denkt, Ihr müsst all Eure Probleme allein bewältigen. Außerdem sehe ich Euch gern lächeln. Euer Lächeln ist hinreißen und hilft mir beim Einschlafen.“

Sie schnaubte belustigt. „Zevran, warum müsst Ihr nur jedes Mal dieses Thema anschneiden?“

„Welches Thema? Ist es denn ein Verbrechen, dass ich die schönen Dinge des Lebens genieße?“

„Noch ein bisschen lauter und Ihr weckt die anderen“, warnte sie ihn.

Er griff sich an die Brust. „Seht zu, dass Ihr diesen furienartigen Wesenszug wieder loswerdet! Mein Herz wird ganz schwer bei Eurem Unverständnis.“

„Ach, tatsächlich? Wenn ich Euch nicht kennen würde, würde ich Euch vielleicht glauben.“

„Man sagt oft, ich sei ein guter Schauspieler.“
 

Alistair verdrehte die Augen. Kam aus dem Mund des Elfs denn nur sinnentleertes Geschwätz? Er wusste aus eigener Erfahrung, dass man in Gegenwart von Aphrael schnell Unfug sprach, doch er hatte wenigstens noch andere Dinge beizutragen! Zumindest, wenn er sich nicht mit der Wächterin unter vier Augen unterhielt…

Die Elfe lehnte sich gegen Zevran. Der inzwischen gut bekannte Schmerz, dieses Mal ein kurzes Stechen, fuhr in Alistairs Brust. Er begriff einfach nicht, weshalb dieser Quälgeist eine solche Wirkung auf sie hatte.

Besagte Plage lachte. „Ich wusste nicht, dass Ihr so verschmust seid. Warum sagt Ihr das nicht eher? Ich vermute, wir hätten uns bereits viele schöne Nächte mitein- Aphrael?“

Ihr Körper rutschte schlaff nach vorn und der Elf packte sie. Alistair konnte nicht sehen, was sie taten, wollte es sich auch nicht vorstellen.

Doch dann zuckte Zevrans Kopf nach oben. „Wynne“, sagte er ausdruckslos. Alistair hatte ihn noch nie in diesem Tonfall sprechen hören. Taref begann laut zu bellen, ein Kläffen, dass alle von ihren Lagern reißen würde. „Wynne!“, brüllte Zevran und die ersten Zeltplanen wurden beiseite geschlagen. Sten, der bei Aphraels augenscheinlicher Annäherung den Blick wieder abgewandt hatte, stand auf und näherte sich zügig den beiden am Lagerfeuer.
 

Inzwischen hatte sich Zevran vor den Baumstamm gekniet und hielt die Wächterin in seinen Armen.

Alistair griff nach seinem Hemd und zerrte es über seinen Kopf.

„Was ist los?“ Die weißhaarige Magierin rannte auf die kleine Gruppe zu und keuchte dann erschrocken. „Wann hat es angefangen?“

„Gerade eben.“ Zevrans Gesicht war blass geworden. „Könnt Ihr ihr helfen?“

„Ich versuche es. Ihre Verletzungen müssen schlimmer gewesen sein, als wir dachten.“ Wynne hockte sich zu ihnen. Sten hielt den Mabari zurück, der ständig versuchte, sich zwischen Zevran und seine Herrin zu drängen.

Inzwischen kam auch Leliana angelaufen, Alistair humpelte hinter ihnen her. „Beim Erbauer“, murmelte er und starrte auf das ganze Blut, das über die beiden Elfen verteilt war. Immer noch spuckte die Wächterin Blut, es rieselte wie feiner Regen herunter.

„Das muss eine starke innere Verletzung sein“, murmelte Wynne. „Bringt sie in ihr Zelt“, befahl sie Zevran.

„Sie hat ein Zelt?“, murmelte Leliana betroffen, „Und schläft trotzdem immer am Lagerfeuer?“

Alistair hätte ihr erklären können, dass Aphrael es wegen der Albträume nie nutzte, sondern dass sie lieber am Lagerfeuer erwachte, umgeben von ihren Kameraden, anstatt einsam in einem dunklen Zelt, tat es jedoch nicht. Das sollte seine Anführerin selbst tun. „Was können wir tun?“, wollte er von der heilbegabten Magierin wissen.

Wynne schüttelte den Kopf. „Dazu müssen wir erst herausfinden, was ihr fehlt. Morrigan? Kennt Ihr Euch mit Kräutern aus?“

Die dunkelhaarige Frau war unbemerkt zu ihnen gekommen. „Ja.“ Ihr Gesicht war reglos, ihre Stimme neutral. Alistair fragte sich insgeheim, ob sie so etwas wie Furcht überhaupt spüren konnte.

„Gut. Dann kommt und packt mit an.“ Die Frauen drängelten sich in das Zelt. Einen Augenblick später kam Zevran wieder heraus. Wortlos legte er die Hände in den Nacken und schloss die Augen.
 

Taref riss sich von Sten los und stieß Alistair mit voller Wucht um. Der ehemalige Templer stürzte auf den Rücken. „Du verfluchter Flohbeutel!“, schimpfte er, dann wurde ihm die Luft aus den Lungen gedrückt, als sich der Mabari auf ihn warf. Das tiefe Knurren wurde ein leises Winseln, die feuchte Nase landete direkt in Alistairs Auge. „Beim Erbauer, was soll das!?“

Sten packte abermals das Halsband und hielt den Hund solang im Zaum, bis sich Alistair wenigstens aufgesetzt hatte. „Er sucht Trost“, erklärte er nüchtern.

Alistair musterte misstrauisch den Hund, der die Ohren hängen ließ. Obwohl er schon oft mit Mabari-Hunden zu tun gehabt hatte, hatte er noch nie einen solch traurigen Kriegshund gesehen. „Oh“, murmelte er, „das erscheint logisch.“ Er klopfte neben sich. „Komm her, Junge.“

Eines der Ohren hob sich, dann hockte sich der Hund schnaufend neben ihn und schob ihm seine kurze Schnauze in die Halsbeuge. Alistair seufzte und legte seinen Arm um das Ungetüm.
 

Minute um Minute verrann, zäh, angespannt. Sten und Zevran hatten sich zurückgezogen, blieben in Rufweite, Leliana hatte neben dem Lagerfeuer Platz genommen und betete.

Von den drei Magierinnen hörten sie nichts. Es war wie die unangenehme Ruhe vor einem gewaltigen Sturm.

Irgendwann eilte Wynne zu ihrem eigenen Lagerplatz und kehrte mit einigen Verbänden und Fläschchen zurück. Ihr Gesicht war von Sorge gezeichnet, doch sie beachtete keinen von ihnen.

Leliana suchte Alistairs Blick, ihre Wangen waren bleich. Er konnte nur mit den Schultern zucken. Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte ins Feuer.
 

Wieder saßen sie einfach nur da und warteten. Alistair hatte jedes Zeitgefühl verloren. Vielleicht harrten sie nur weitere fünf Minuten aus, vielleicht war es eine halbe Stunde, es fühlte sich jedenfalls an wie ein halbes Jahr. Er hatte das Gefühl, seine Gedanken stauten sich in seinem Kopf zu einer endlos hohen Mauer, doch zwischen seinen Schädelwänden herrschte nur Leere. Er hätte sich gern von der Angst, die in ihm rumorte, abgelenkt.

Tarefs Kopf war in seinen Schoß gefallen. Er schnarchte. Wieso war ihm noch nie aufgefallen, dass der Hund so laut schnarchte?

Er tätschelte das kurze, braune Fell. Es hatte etwas beruhigendes, Taref beim Schlafen zuzusehen. Nicht, dass er selbst jetzt noch an Schlaf denken konnte.

Wenigstens hatte sein Hirn den Streik aufgegeben. Alistair dachte an den Zirkel der Magi, der jetzt nur noch Schutt und Asche war, dachte an den Templer Cullen, dachte an die Dämonen und Abscheulichkeiten, die sie getroffen und vernichtet hatten.

Konnte er Cullen verstehen? Er wusste es nicht. Er war zum Templer ausgebildet worden, aber Duncan hatte ihm die Welt gezeigt, hatte nicht zugelassen, dass die Denkweise der Kirche seinen Verstand trübte. Und das hätte sie, ohne Zweifel.
 

Morrigan und Wynne verließen das Zelt der Elfe. Eine feine Linie um den Mund Morrigans verriet inzwischen ihre Anspannung, Wynne sah zu Tode erschöpft aus.

Alistair drehte sich ein Stück und weckte Taref, der sofort auf die Beine sprang. Ebenso erwartungsvoll wie alle anderen – nun, Sten ausgenommen – sah er zu den Frauen.

Wynne schüttelte den Kopf und Alistair spürte, wie alle seine Organe ihren Platz verließen und irgendwohin verrutschten.

„Sie ist noch nicht über den Berg“, erklärte Morrigan und die erstarrten Gesichter der Gefährten zeigten eine Spur Erleichterung, „wir konnten die Verletzungen nicht genau lokalisieren und Wynne ist zu erschöpft, um noch mehr Heilzauber wirken zu können, trotz Lyriumtränken.“

„Es tut mir sehr leid“, seufzte jene mitgenommen, „ich weiß, Ihr hattet mehr erwartet und es ist unverzeihlich, dass ich Euch enttäuschen muss.“

„Ihr habt ohne Zweifel Euer Bestes getan“, tröstete Alistair sie.

„Und was tun wir jetzt?“, fragte Leliana mit erstickter Stimme.

„Wir gönnen Wynne ihren verdienten Schlaf und müssen hoffen, dass wir Aphrael solang am Leben erhalten können, bis sie wieder zu Kräften gekommen ist“, erwiderte Morrigan. Hätte Alistair es nicht besser gewusst, hätte er geglaubt, dass ihre Stimme zitterte. „Es sei denn, jemand hat noch eine andere Idee, was wir tun könnten“, fügte Wynne hinzu.

Über das Lager senkte sich Stille, die nur vom Prasseln des Feuers und Tarefs Hecheln unterbrochen wurde.

„Das haben wir befürchtet“, bemerkte Morrigan und strich sich über die Stirn. Sie öffnete abermals den Mund, um etwas zu sagen, da kam Zevran ihr zuvor: „Blutmagie.“
 

Sie starrten ihn an.

Der Elf zeigte auf das Zelt. „Aphrael sprach davon, dass ihr Vater ein Blutmagier war. Sie sagte, sie verfüge über solcherlei Fähigkeiten ebenfalls, die lediglich unterdrückt worden sind, damit sie nicht zu einer Besänftigten gemacht werden muss.“

„Das… das stimmt“, nickte Wynne, „doch ich sehe nicht, wie uns das weiterhelfen kann.“

„Ich kenne mich mit Blutmagie nicht aus“, meinte Zevran mit einem Schulterzucken, „ich weiß nur, dass sie gefährlich ist. Aber gibt es nicht irgendwie die Möglichkeit, dass man sie durch Blut… heilt?“

„Das übersteigt meine Kompetenz“, gab Morrigan zu und warf einen Blick zu Wynne. Die weißhaarige Frau dachte nach. „Ich weiß zu wenig über den Einsatz von Blutmagie. Es ist allgemein bekannt, dass sie sehr tödlich und zerstörerisch ist. Ob sie allerdings auch einen heilenden Effekt hat… ich weiß es nicht.“

„Wir haben nicht die Zeit, jemanden zu fragen. Wir müssen aus ausprobieren“, beharrte der Elf.

„Und wie stellt Ihr Euch das vor?“, schnaubte Alistair und rappelte sich auf, „Einer von uns opfert sein Leben und wenn es nicht geklappt hat, war es eben ein Versuch?“

„Das können wir nicht einfach so ausprobieren“, sprang Leliana ihm helfend zur Seite, „Blutmagie ist verdorben und böse!“

Zevran hob eine blonde Augenbraue. „Ach? Ist sie das wirklich? Oder ist es das, was die Kirche Euch weismachen will?“ Er beugte sich ein Stück nach vorn. „Meiner Meinung nach ist nicht die Magie böse, sondern wenn überhaupt der Anwender. Der Magier entscheidet, was er mit seiner Kraft anstellt, oder? Wynne zum Beispiel – sie verwendet sie zum Heilen. Ist das böse? Wenn sie das mit Blutmagie täte – wäre es dann böse? Wenn Aphrael eine Blutmagierin wäre, weil niemand mehr ihre Fähigkeiten unterdrückt – würdet Ihr ihr nicht mehr folgen, weil sie böse ist?“

„Das-“, stotterte Leliana kopfschüttelnd, Morrigan unterbrach sie: „Mir scheint, Euer Vorschlag hat etwas mit Euren persönlichen… Gründen zu tun. Dadurch unsere gesamte Gruppe in Gefahr zu bringen, ist keine Lösung. Ihr seid durch Eure offensichtliche Zuneigung nicht objektiv.“

Sein Grinsen war höhnisch, dann ließ er ein hartes Lachen hören. „Meine persönlichen Gründe? Da habt Ihr verdammt Recht, Morrigan!“

Die angesprochene Magierin schien verblüfft von seiner Reaktion zu sein. Ihre Augen weiteten sich.

„Ich bin absolut nicht objektiv, weil ich es nicht sein will!“, fuhr Zevran aufbrausend fort, „Ja, meine Zuneigung für sie ist kein Geheimnis. Ich verdanke dieser Frau mein Leben. Ich schwor ihr meine Treue! Jeder hier schuldet Aphrael irgendetwas. Ihr, Morrigan, um gleich auf Euch zurückzukommen; egal, wie ablehnend Ihr Euch ihr gegenüber verhaltet, zögerte sie einen Augenblick, Euch Hilfe anzubieten, was Eure Mutter anbelangte? Ihr, Alistair? Wer leidet mit Euch, trauert um all die toten Grauen Wächter, wer gab und gibt Euch Halt? Wynne? Wer bot Euch sofort an, Euch im Kampf gegen die Dämonen im Zirkel beizustehen und empfing Euch danach mit offenen Armen? Sten? Schuldet Ihr ihr nicht auch Euer Leben? Leliana? Ist es das nicht wert, es zumindest zu versuchen? Sind wir ihr das nicht alle schuldig? Nach allem, was sie für uns getan hat, ohne irgendetwas dafür zu verlangen?“
 

In diesem Augenblick wusste Alistair, dass er sich in Zevran getäuscht hatte. Er würde ihm nicht plötzlich vertrauen, denn der Elf war immer noch zum Meuchelmörder ausgebildet, doch was als arroganter, heuchelnder Kerl daher lief, war nur eine Seite von Zevran. Soweit es Alistair beurteilen konnte, setzte sich Zevran nie für jemanden ein, wenn es nicht zu seinem Vorteil gereichte. Wie hatte er nur davon ausgehen können, sein Interesse an Aphrael wäre nicht ernst gemeint?

Das Schlimmste an allem war allerdings, dass der nervende, unerträgliche, salbadernde, von sich eingenommene Zevran Recht hatte.

Dem verblüfften Schweigen nach zu urteilen, das um ihn herum herrschte, ging es den anderen ähnlich.

Alistair seufzte lautlos und rieb sich über die Augen. „Letztendlich bleibt immer noch das Problem, dass wir niemanden einfach so opfern können. Keinen von uns, keinen dahergelaufenen Reisenden…“

„Wen also genau hattet Ihr im Sinn?“, verlangte Morrigan zu wissen. „Wer soll das Opferlamm sein?“

Zevran zuckte mit den Schultern. „Wir alle.“

„Jetzt hat er völlig den Verstand verloren“, stieß Alistair hervor.

„Oh, keineswegs. Zumindest denke ich das.“ Der Elf lächelte. „Dass wir uns selbst nicht opfern können, ist ja wohl glasklar. Obwohl es da sicher die eine oder andere Ausnahme gäbe…“ Er schielte zu Taref, der wütend knurrend den Kopf senkte. „Jedenfalls ist es doch sinnvoller, wenn wir alle ein wenig Blut spenden und jeder somit definitiv weniger verliert und keiner außer Gefecht gesetzt wird.“

„Es ist logisch, was er sagt“, meldete sich Sten zum ersten Mal zu Wort und klang für seine Verhältnisse selbst ein wenig überrascht.

„Das stimmt wohl.“ Alistair warf einen beunruhigten Blick zu Aphraels Zelt. „Und dann? Was machen wir dann? Niemand kann eine Art von Blutmagieritual vollziehen, richtig?“

„Das ist der einzige Schwachpunkt in meinem spektakulären Plan“, murmelte Zevran.

Der Mabari bellte und stob davon. Er rannte in Lelianas Zelt und sie hörten ihn aufgeregt schnuppern.

„Was machst du denn da?“, wollte die Rothaarige wissen. Sie stand auf, doch Taref kam mit einer großen silbernen Schüssel im Maul bereits zurückgeflitzt. „Hey, die gehört mir!“, protestierte Leliana. Der Hund schenkte ihr keine Beachtung, sondern blieb vor Zevran stehen. Jener beugte sich nach unten und nahm ihm die Schüssel ab. „Du bist ein perfekter Hund“, lobte er ihn und tätschelte seinen Kopf, „du siehst aus, als wärst du dumm wie zehn Ballen Stroh, aber in Wirklichkeit hast du es faustdick hinter den Ohren. Das gefällt mir.“

Taref knurrte, schnaubte dann schließlich. Er hob auffordernd eine Pfote.

„Ah, ich glaube, Hundeblut ist vielleicht für einen Zauber nicht so förderlich… Aphrael reißt uns die Köpfe ab, wenn wir dir etwas antun.“ Zevran reichte Morrigan die Schüssel und zog einen Dolch aus einer verborgenen Hülle, die um seine Wade geschnallt war. Sie tauschten einen Blick und Zevran setzte die Klinge an seine linke Handfläche. Sein Gesicht blieb reglos, als er sich einen tiefen Schnitt zufügte und die Hand schließlich über die Schüssel hielt. Schließlich ballte er sie zur Faust, damit noch mehr Blut floss, bis Wynne nickte und sacht seinen Arm berührte. „Das sollte vorerst genügen.“

Zevran reichte ihr den Dolch und zog sich zurück, um die frische Wunde zu versorgen.

Der Dolch ging reihum wie der Blutkelch im Aufnahmeritual der Grauen Wächter. Morrigan blieb abwartend vor Alistair stehen und Leliana reichte ihm die blutige Klinge.

„Ich kann es nicht glauben, dass ich mich an einem Blutmagieritual beteiligen soll“, sagte Alistair zögernd.

„Ich muss Zevrans Meinung teilen“, entgegnete Morrigan, „wenn die Blutmagie Aphrael heilt, was soll daran schlimm oder abstoßend sein? Letztendlich hilft ihr die Magie. Und Ihr könnt die Frau retten, die Ihr liebt.“

Sein Kopf flog nach oben und die Hexe lächelte niederträchtig. Ihre Worte waren leise gewesen, niemand stand mehr in ihrer Nähe. „Auch wenn Ihr absolut nicht in der Lage scheint, es Euch endlich einzugestehen. Oder ihr.“ Auffordernd hielt sie ihm die Schüssel unter die Nase. Alistair biss die Zähne zusammen und der Dolch teilte seinen Handteller. Der Schnitt war tief und schmerzhaft und obzwar sich Alistair nicht sicher war, ob er mit diesem Vorgehen einverstanden war, würde er jedes Opfer bringen, um die Wächterin zu retten.

Schließlich tropften auch Sten und Morrigan ihr Blut in die Schüssel und gaben Zevran den Dolch zurück.
 

Etwas ratlos stand Morrigan nun vor dem Zelt mit der blutgefüllten Schüssel. Wynne öffnete die Zeltplane und warf einen Blick auf die leblose Gestalt, die darin lag.

„Wir sollten sie rausbringen“, bemerkte Sten mit tiefer Stimme, „für den Fall, dass etwas schiefgeht und wir uns verteidigen müssen.“

Alistair missfiel der Gedanke, dass irgendetwas schiefgehen könnte, doch sie wussten schließlich alle nicht, worauf sie sich gerade einließen. „Sollten wir“, meinte er schließlich. Gemeinsam mit dem Qunari trug er die Elfe samt Decken aus dem Zelt. Sie legten sie in die Nähe des Feuers. Ihre bleiche Haut stach von der Wiese ab, ihr regloser Anblick ließ Alistair bittere Galle schmecken. Ihr Brustkorb hob und senkte sich flach, das einzige Zeichen von Leben, das sie aussandte.

Taref legte sich neben sie, die Schnauze an ihre Schulter gedrückt.

„Wir sollten es wie ein einfaches anderes Ritual beginnen“, schlug Wynne vor, „letztendlich werden wir sehen, ob ihre Kraft darauf anspringt.“

Morrigan kniete sich auf Aphraels andere Seite und tauchte zwei Finger in das dunkle Blut. „Geht zurück. Nur für den Fall.“
 

Sie bildeten einen Halbkreis um ihre Anführerin und Morrigan zog feine Linien über Aphraels bleiches Gesicht, murmelte dabei fremde Wörter vor sich hin, gleich einem Singsang, der Alistair und seine Gefährten benommen machte.

Als Morrigans Stimme lauter wurde, griff Leliana, die links von ihm stand, nach seiner Hand. Er drückte sie, warf ihr einen hoffentlich beruhigenden Blick zu und konzentrierte sich wieder auf die Hexe, die jetzt das Tuch auf Aphrael etwas weiter nach unten schob und ihre Blutzeichnungen auf Hals, Schulter und Brust fortsetzte.

Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre Alistair bei dem Versuch errötet, nicht auf den sanften Ansatz ihrer Brüste zu starren, jetzt fixierte er die dunklen Linien aus Blut und hoffte, sie würden ausreichen.

Morrigan stellte die Schüssel beiseite, in der das restliche Blut schwappte und stand auf. Sie streckte ihren Arm aus, die Handfläche über die Elfe gerichtet, und schloss mit gerunzelter Stirn die Augen.
 

In unerträglicher Stille warteten sie auf irgendeine Reaktion. Alistair konnte Leliana schnell atmen hören, sah Zevrans Oberarme anschwellen, weil er sie vor lauter Ungeduld fest vor der Brust verschränkte. Stens Hände hatten sich zu Fäusten geballt, das erste Anzeichen von Unsicherheit, das Alistair je bei ihm gesehen hatte. Wynne umklammerte ihren Zauberstab, mehr eine Stütze, und hatte die Lippen aufeinandergepresst.
 

Morrigan riss keuchend die Augen auf und stolperte zurück. Das Blut auf Aphraels Haut schien an Leben zu gewinnen, anders konnte sich Alistair nicht erklären, was er da sah. Die Linien bewegten sich unruhig, pulsierten, verfärbten sich.

Er hatte sein Schwert gezogen, bevor er überhaupt daran gedacht hatte. Sten und Zevran hielten ihre Klingen ebenfalls in der Hand.

Das Pulsieren wurde ein Leuchten, ein roter Schleier legte sich über die Graue Wächterin, hüllte sie ein wie ein Kokon.

„Ich kann die Magie spüren“, flüsterte Leliana, „sie ist so… erdrückend.“

„Sie ist mächtig“, korrigierte Morrigan, die einige Schritte rückwärtsging. Sie hatte die Hände angehoben, angriffsbereit.
 

Das Blut aus der Schüssel wirbelte nach oben, getrieben von einer unsichtbaren Macht. Es bohrte sich wie eine Pfeilspitze in ihre Brust und der Körper der Elfe zuckte.

„Wenn es ausartet, müssen wir sie töten“, zischte Sten.

„Ich wusste, dass der Plan schlecht ist“, sagte Alistair mit absackender Stimme.

„Ganz im Gegenteil.“ Zevran senkte seine Waffen. „Seht nur!“

Mit aufgerissenen Augen verfolgten sie das Schauspiel, das ihnen geboten wurde. Der Oberkörper der Elfe hatte sich aufgerichtet, ihr Kopf war nach hinten weggekippt.

Ein unheimlicher Wind, der nur in ihrer Nähe zu existieren schien, wirbelte ihr Haar durcheinander, hielt das Tuch über ihrem Körper, das nach und nach von Blut durchtränkt wurde. Ihre Lippen teilten sich, entließen ein heiseres Stöhnen.

Die Macht, die um sie herumwirbelte, hob nun ihren Kopf wieder an. Ihre Augen flogen auf und Alistair und Leliana zuckten zurück. Das Schneegrau war verschwunden, alles hatte sich blutrot verfärbt.

Wieder ging ein unkontrolliertes Zittern durch Aphraels Körper, das Blut, das über ihr Gesicht verteilt war, floss an ihr herunter wie Wasser an einer Plane, sammelte sich an ihren Unterarmen und Händen und umschloss sie wie obskure Handschuhe.

Sie röchelte, kniff die Augen zusammen und das Rot darin sickerte als blutige Träne heraus.

Mit einem dumpfen Laut schlug ihr Körper wieder auf dem festen Wiesenboden auf und das Spektakel erstarb.
 

Alistair ließ sein Schwert fallen und sank neben der Wächterin auf die Knie. „Aphrael!“

Ihre Augenlider flatterten, sie seufzte leise. „Alistair?“

Vor Erleichterung lachte er und strich sanft einige Strähnen aus ihrem Gesicht. „Ich bin hier.“

Eisgraue Pupillen richteten sich mühevoll auf sein Gesicht. „Was… was ist passiert? Wo bin ich?“

„Im Lager. Wir sind im Lager. Alles ist gut. Könnt Ihr Euch setzen?“ Alistair half ihr auf. Geistesgegenwärtig klemmte sie das Tuch unter ihren Armen fest, damit es nicht herunterrutschte. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. „Weshalb liege ich halbnackt draußen und wieso starren sie mich alle an?“

„An was könnt Ihr Euch zuletzt erinnern?“

Aphrael hob eine Hand. Ihre Bewegung gefror. „Oh“, machte Alistair überrascht. Das Blut, das ihre Hände und Unterarme umschlossen hatte, war nicht einfach verschwunden. Es sah aus, als hätte es sich in ihre Haut… eingebrannt. Feine, blutrote Linien zogen sich über Handrücken und Arme. Es sah beinahe aus wie eine Tätowierung.

Die Elfe ließ ihre Hand sinken, starrte auf die Muster. Sie bildeten zwei sich anblickende Drachen, die das Maul weit geöffnet hatten. Zwischen ihren Kiefern schoss eine Flamme heraus.

„Ich hatte mit vielem gerechnet“, sagte Morrigan jetzt, die die Linien ebenfalls genauer angesehen hatte, „aber sicher nicht damit.“

Aphrael drehte sich um und stapfte in ihr Zelt. Die Gefährten tauschten nervöse Blicke.

„Es hat immerhin geholfen, oder?“, bemerkte Zevran mit gefurchter Stirn.

„Aber zu welchem Preis?“ Bekümmert fuhr sich Leliana durch das Haar. „Was ist, wenn sie jetzt … anders ist? Wenn sie…“ Sie unterbrach sich, denn die Wächterin kam, bekleidet mit einem frischen Hemd und Stiefeln, zu ihnen zurück. Ihr wacher Blick glitt reihum, sie hob demonstrativ die Arme, damit jeder sehen konnte, welche Spuren darauf zurückgeblieben waren. „Blutmagie“, sagte sie mit einer unausgesprochenen Aufforderung.

„Sagt uns bitte zuerst, an was Ihr Euch zuletzt erinnern könnt“, bat Alistair ein weiteres Mal.

Sie neigte nachdenklich den Kopf. „Wir waren im Zirkel der Magi und kamen mit Wynne zurück. Irgendwann sind alle schlafen gegangen und dann habe ich mit Zev am Feuer gesessen.“ Ihre Hand flog an ihren Hals. „Und ich habe keine Luft mehr bekommen. Mehr weiß ich nicht. Was ist dann passiert?“

„Wir versuchten, Euch zu helfen, konnten aber nicht feststellen, was genau das Problem ist. Ihr verlort sehr viel Blut. Meine Heilkraft war fast vollständig aufgebraucht und es wurde kaum besser“, antwortete Wynne. Die Erschöpfung hatte tiefe Falten in ihr Gesicht gegraben. „Wir konnten nicht riskieren, Euch zu verlieren.“

„Und da habt Ihr gedacht, Ihr versucht es mit Blutmagie. Obwohl es hätte schiefgehen und uns alle töten können.“ Ihre Augen waren schmale Schlitze, die Stimme kalt. „Wessen großartige Idee war das? Nicht viele haben von meinem zweifelhaften Erbe gewusst.“
 

Zevran hatte erwartet, dass jeder mit dem Finger auf ihn zeigen würde, doch zu seinem großen Erstaunen geschah nichts dergleichen. Sie schwiegen alle. Seine Lippen zuckten. Die Krähen wissen nichts von Loyalität. Er machte einen Schritt nach vorn. „Meine.“

Die Wächterin tat einen tiefen Atemzug. „Und weshalb dachtet Ihr, Blutmagie wäre eine Hilfe?“

Er hob lässig die Schultern. „Wie Wynne sagte, wollten wir nicht riskieren, Euch zu verlieren. Ich sagte, dass ich keine Ahnung von Blutmagie, deren Anwendung und Folgen habe, aber es erschien mir irrelevant. Wichtig war, Euch zu retten. Nur darum ging es.“

„Ihr habt mich zu einer Maleficar gemacht“, stieß Aphrael mit zitternder Stimme hervor, „das Ritual mag mich gerettet haben, doch es hat all die Mächte heraufbeschworen, die versiegelt gewesen waren.“

„Und das ist ein Problem? Blutmagie hat Euch geheilt und niemand ist zu Schaden gekommen. Hat es Euch geändert? Fühlt Ihr Euch anders? Seid Ihr eine andere Aphrael? Das wäre schade, denn ich hätte gerne die gerettet, die Ihr vorher wart. Und wenn Ihr Euch Sorgen wegen dieser Zeichen da macht; sie stehen Euch ausgezeichnet.“

„Wo habt Ihr das Blut dafür her?“, forschte sie weiter, ihre Augen verdunkelten sich.

„Von uns.“ Zevran machte eine umfassende Geste und zeigte seine Handfläche. „Jeder von uns hat seinen Teil dazu beigetragen, Euch zu retten.“

Sie starrte ihn mit offenem Mund an, starrte an ihm vorbei. „Ihr habt Euch alle an diesem Ritual beteiligt?“

„Mehr oder weniger, ja“, erwiderte Alistair mit einem kleinen Lächeln.

„Ich würde Euch liebend gern Idioten nennen, alle zusammen!“, fuhr sie auf, „Aber das interessiert wahrscheinlich niemanden!“

„Wisst Ihr“, schlug Zevran mit lockender Stimme vor, „Ihr könntet Euch auch einfach bedanken.“

„Dafür, dass Ihr mich zur Blutmagierin gemacht habt? Dafür, dass Ihr – wieder einmal – unser aller Leben in Gefahr gebracht habt? Dafür, dass Ihr auch die anderen angestiftet habt, Eurem brillanten Plan zu folgen?“
 

Alistair sah, wie Leliana die Hand hob, um ein Lächeln zu verbergen. Er selbst war schwer versucht, das Weite zu suchen. Aphrael klang selten so tödlich ruhig wie jetzt.

„Ja“, antwortete der blonde Elf lächelnd, „und dafür, dass ich Euch das Leben gerettet habe, das solltet Ihr nicht vergessen.“

„Ihr…!“, begann sie, doch Taref, der bisher nur schweigend neben ihr gestanden hatte, warf sich gegen sie und sie stolperte Zevran direkt in die Arme. Mit einem zufriedenen Bellen setzte er sich und ließ die Zunge aus dem Maul hängen.

„Wenn Ihr denkt, dass das als Dank schon ausreicht, irrt Ihr Euch“, flüsterte er ihr ins Ohr und die Wächterin lachte auf. „Ihr seid unersättlich, Zevran Arainai, und schrecklich wie immer.“ Ihre Lippen streiften flüchtig seine Wange. „Danke.“ Er entließ sie aus seiner Umarmung und sie drehte sich zu ihren Gefährten herum. „Ich danke Euch allen. Für Eure mutige, dumme Tat.“ Aphrael senkte den Kopf. „Eure Loyalität beschämt mich.“

„Na, na, wir wollen nicht melodramatisch werden“, bemerkte Morrigan, „es ist ja nicht so, dass wir eine andere Wahl gehabt hätten. Schließlich seid Ihr als Grauer Wächter dazu auserkoren, den Erzdämon zu töten und den ganzen Ruhm einzuheimsen. Das können wir Euch doch nicht vorenthalten.“

Die Elfe blinzelte. „Es gibt noch einen anderen Grauen Wächter hier, der ebenso fähig ist, Morrigan“, erinnerte sie mit einem kurzen Seitenblick zu Alistair.

„Alistair?“ Die Hexe rümpfte die Nase. „Oh bitte. Das kann ja nur ein Scherz sein.“ Sie wandte sich zum Gehen, um ihre Lippen spielte ein Lächeln.

Aphrael verdrehte die Augen. „Wynne? Ich weiß, Ihr verdient Euch viel Ruhe, doch könntet Ihr noch ein paar Minuten für mich erübrigen? Alistair? Ihr auch?“

Er sah überrascht auf. „Natürlich. Ich verbinde nur noch schnell das hier und bin sofort bei Euch.“

Sie nickte ihm dankend zu und verschwand mit Wynne in ihrem Zelt.
 

Alistair beeilte sich, den Verband an seiner Hand anzulegen. Er wusste nicht, was die Elfe mit ihm besprechen wollte, wollte auch nicht darüber nachdenken, zu erleichtert war er, dass alles noch einmal gutgegangen war. Zumindest, wenn man davon absah, dass Aphrael jetzt eine Blutmagierin war. Sie könnte aber genauso gut auch tot sein, rief er sich ins Gedächtnis und wechselte auf die andere Seite des Lagers. Neben dem Zelt blieb er stehen. Es war eine neuentdeckte Eigenschaft, dass er ständig lauschte. Normalerweise mischte er sich nie in die Privatgespräche anderer ein oder hörte gar zu. Was war jedoch in Bezug auf Aphrael schon noch normal?
 

„…durchaus in der Lage zu erkennen, welche Verantwortung ein Grauer Wächter hat“, sagte Aphrael in diesem Moment. Sie klang mühsam beherrscht. „Und ich kann nicht sehen, welchen Zusammenhang diese Verantwortung mit meiner Beziehung oder vielmehr Nicht-Beziehung zu Alistair hat. Es klingt in meinen Ohren nämlich so, als wolltet Ihr sagen, dass ein Grauer Wächter nicht glücklich sein darf. Falls dem so ist, dann ist dieses Gespräch an dieser Stelle beendet, Wynne.“

„Nein, so ist das ganz und gar nicht gemeint.“ Die ältere Magierin seufzte. „Ich möchte Euch nur beide beschützen. Ich kenne Euch, seit Ihr ein kleines Kind wart, das verstört zu uns gekommen ist und tagelang nicht gesprochen hat. Ich weiß, dass Ihr Verantwortung stets ernst nehmt. Ihr habt uns nie enttäuscht.“

„Und jetzt?“ Er konnte förmlich vor sich sehen, wie die Wächterin die Augen zusammenkniff. „Jetzt enttäusche ich Euch, weil ich eine Frau geworden bin, zu der sich Männer aus irgendeinem rätselhaften Grund hingezogen fühlen?“

Wynne lachte leise. „Nein, Aphrael. Ich möchte Euch davor bewahren, Euch selbst zu enttäuschen.“
 

Alistair schlug die Zeltplane beiseite. Er hatte den Anfang der Diskussion verpasst und aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass die beiden Magierinnen sie weiterführten. „Hier bin ich.“

„Danke.“

Ihr Lächeln erwärmte ihn und er ließ sich zwischen die Frauen fallen. „Was gibt es?“

„Wie ich schon sagte, ich bin nun eine Maleficar. Das Ritual hat diese Kraft freigesetzt. Wir wissen nicht, was es für die Zukunft bedeutet. Ich möchte, dass wir abgesichert sind. Falls aus mir etwas wird, dass… falls ich zu einer Abscheulichkeit werde, muss ich wissen, dass Ihr dafür bereit seid.“ Sie ließ Alistair nicht einmal Luft holen. „Wynne? Wie kennt Ihr Euch mit dem Ritual der Besänftigung aus?“

Weiße Augenbrauen hoben sich. „Nun, ich kenne nicht alle Details. Ich war nie daran beteiligt.“

„Aphrael, was habt Ihr vor?“, wollte Alistair wissen. Die Erleichterung verschwand, machte Panik Platz. Er wollte sich nicht verraten, doch die Richtung dieses Gesprächs gefiel ihm nicht.

„Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ich vielleicht irgendwelche Anzeichen zeige. Ich möchte nicht als Abscheulichkeit enden. Lieber als Besänftigte. Könntet Ihr Euch kundig machen?“

Wynne nickte zögernd. „Ihr solltet Euch gut überlegen, was Ihr verlangt“, warnte sie leise, „ich verstehe Eure Beweggründe-“

„Mehr verlange ich nicht.“ Sie drehte den Kopf, blickte Alistair in die Augen. „Falls ich eine Abscheulichkeit werde, möchte ich, dass Ihr mich vernichtet.“

„Was?! Moment! Nur, weil Ihr Euch der Blutmagie bedienen könnt, heißt das noch lange nicht, dass Ihr eine Abscheulichkeit werdet!“

„Aber die Chancen erhöhen sich. Alistair, ich muss wissen, ob ich mich auf Euch verlassen kann. Es gibt keinen anderen Templer, den ich mit dieser Aufgabe betrauen möchte.“

„Ah, nein?“ Er zermarterte sich das Hirn, wie er aus dieser Situation herauskam. „Und was ist mit Cullen?“

Sie knurrte wie Taref an einem schlechten Tag. „Cullen war der Templer, den sie geschickt hatten, um mich zu töten, falls die Läuterung misslingt. Wenn möglich, möchte ich mich zukünftig von ihm fernhalten.“

„Aber-“

„Alistair, bitte!“

„Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Ihr etwas ruhiger schlafen könnt“, versprach Wynne, da Alistair keinen Ton herausbrachte.

„Vielen Dank, Wynne. Ich möchte Euch nicht länger aufhalten. Geht und ruht Euch aus. Ihr habt es verdient.“

Wynne lächelte schwach und verließ das Zelt.
 

„Ihr starrt mich an“, erwähnte Aphrael nach einer Weile.

Alistair ließ die Schultern hängen. „Das tue ich wohl.“

„Ihr habt mir noch keine Antwort gegeben.“

„Es ist sehr viel, was Ihr von mir verlangt. Mir gefällt der Gedanke nicht, Euch irgendetwas anzutun.“

Ihr Gesichtsausdruck wurde sanfter, sie rückte etwas näher an ihn heran. „Ich verstehe. Wenn ich eine Abscheulichkeit werde, erkennt Ihr mich nicht wieder. Ihr habt gesehen, was Uldred den Magiern angetan hat. Ich vertraute Euch, deshalb bitte ich Euch, es zu tun, wenn es soweit ist.“

„Falls“, korrigierte Alistair und streckte seinen Arm aus, um über ihre samtweiche Wange zu streichen. „Falls es soweit ist. Ich… ich verspreche es Euch.“

Sie seufzte schwer. „Ich danke Euch.“ Ohne es zu bemerken, schmiegte sie ihre Wange in seine Hand. „Alistair, wegen dem, was auf Schloss Redcliff vorgefallen ist…“

„Es ist nicht nötig, darüber zu reden“, fiel er ihr ins Wort, „Zevran erzählte mir von Eurem Bruder und Euren Beweggründen.“

„Dieser verdammte Kerl“, murmelte Aphrael und drehte ihr Gesicht beiseite, „Auf Vergebung kann ich wahrscheinlich nicht hoffen, oder?“

„Ich denke, Ihr habt mir zu vergeben. Was ich sagte - wie ich es sagte -; es war nicht fair. Ich weiß, Ihr wolltet Euch erklären, doch es fiel mir so schwer, überhaupt irgendetwas zu denken und ich…“

„Es tut mir wirklich sehr leid, Alistair. Ihr dürft nicht annehmen, dass es mir Freude bereitete oder es eine leichte Entscheidung war.“

„Das tue ich nicht. Nicht mehr.“ Er sah sie zusammenzucken und fuhr eilig fort: „Denkt Ihr, wir können wieder normal… miteinander umgehen?“

Ihre Wangen verfärbten sich. „Ja, natürlich.“

„Dem Erbauer sei Dank“, sagte Alistair lächelnd.
 

Und dann küsste er sie.
 

Er hatte mit vielem gerechnet; dass sie den Kuss erwiderte, dass sie ihn wegstieß, dass sie überhaupt nicht reagierte. Nur die Ohrfeige hatte er nicht kommen sehen.

Zischend rieb er sich über die schmerzende Wange und warf ihr einen anklagenden Blick zu. „Das war wohl zu voreilig, was?“

Die Magierin hatte eine Hand vor ihren Mund gehoben. In ihren Augen tobte ein ihm gut bekannter Schneesturm. „Was… was fällt Euch ein…!“, keuchte sie.

„So schlimm?“ Alistair fuhr mit gespreizten Fingern durch sein Haar. „Entschuldigt, ich wollte Euch nicht… nicht überrumpeln. Nur… nach der heutigen Sache habe ich bemerkt, wie kurz unser Leben sein wird, wie wenige Chancen wir bekommen. Ich hatte nicht erwartet, dass… dass es Euch abstößt. Verzeiht mir.“

„Ihr habt ihn mir einfach weggenommen“, stieß sie anklagend hervor, „einfach so!“

„Was weggenommen?“ Irritiert faltete er die Hände im Schoß, da es ihn in den Fingern juckte, ihr Gesicht wieder näher zu ziehen.

„Meinen ersten Kuss! Ihr habt mir meinen ersten Kuss gestohlen!“

„Euren ersten Ku-“ Er sog scharf Luft zwischen den Zähnen ein. Er erinnerte sich nur zu genau an den Abend, den sie mit Teagan im Bett verbracht hatte. Einen Kuss auf die Lippen hatte er tatsächlich nie sehen können. Er war einfach davon ausgegangen, dass sie das bereits hinter sich hatten. Aphrael war zwar jung, doch schon lange kein Kind mehr. „Oh.“

„Oh? Das ist alles, was Euch dazu einfällt!?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich wollte ihn mir aufheben. Für die Person, die mich wirklich liebt. Die ich liebe. Mit der ich gern zusammen bin. Zusammensein will. Das klingt albern und kindisch, ich weiß. Es ist nur so… ich wollte die Wahl sehr sorgfältig treffen.“

„Das klingt kein bisschen albern oder kindisch, Aphrael.“ Abermals streckte er die Finger nach ihr aus, umschloss die ihren, die eiskalt waren. „Aber… meint Ihr nicht, dass das gerade deshalb der perfekte Zeitpunkt war?“

Das Rot auf ihren Wangen wurde dunkler und dunkler, sie wich seinem Blick aus. „Alistair…“

„Außerdem“, fuhr er verlegen fort, „war das auch mein erster Kuss. Ich habe ihn Euch also geschenkt. Macht es das nicht irgendwie wieder wett?“

Aphrael nuschelte einige Worte vor sich hin, sah ihn immer noch nicht an. Obwohl er sich so blamiert wie noch nie in seinem Leben fühlte, lächelte er. „Schon gut, ich werde Euch nicht weiter auf die Nerven fallen. Es war ein sehr anstrengender Tag für uns alle.“

„Alistair, wartet.“
 

Sein Herz schlug so laut, dass er fürchtete, Taref würde es hören und zu Hilfe eilen wollen. „Ja?“

„Meint Ihr das ernst?“

Wenn er nicht schon seit ihrer ersten Begegnung in sie verliebt gewesen wäre, wäre es spätestens jetzt um ihn geschehen. Die schöne Elfe kniete verunsichert vor ihm, das sonst so entschlossene Antlitz erwartungsvoll. „Ich meine es sehr ernst.“

Ihre vollen Lippen verzogen sich zu der Andeutung eines Lächelns, das sofort in Sorge unterging. „Das hat keine Zukunft, Alistair.“

„So würde ich es nicht nennen. Schließlich könnten wir morgen tot sein. Dann hat es bis dahin gehalten.“ Wann war ihm das letzte Mal so unerträglich heiß geworden? Fast fürchtete er, ihm würde jede Sekunde Rauch aus den Ohren quellen, als die Wächterin auf seinen Schoß rutschte und ihre Arme um seinen Hals legte. „Küsst mich noch einmal.“

„Dem Erbauer und seiner Braut sei gedankt, ich dachte schon, Ihr würdet nie fragen. Ich kann an nichts anderes mehr denken, schon seit Tagen, wisst Ihr, wie ablenkend das in einer Schlacht ist? Und Morrigan weiß um jeden meiner Gedanken, ich bin mir sicher. Sie kann es mir an der Nasenspitze ablesen und dann komme ich mir schäbig vor, weil ich Euch einfach nur-“

Aphrael unterbrach seinen Redeschwall, indem sie ihre Lippen auf die seinen drückte. Einen Moment lang war Alistair verblüfft, dann schlossen sich seine Arme um sie und er erwiderte den vorsichtigen Kuss, der bald viel fordernder wurde.
 

Irgendwann lösten sich ihre Münder voneinander und Alistair genoss jede Sekunde, in der sie ihren kleinen warmen Körper gegen ihn drückte. „Das war alles noch ein bisschen… ungelenk, oder?“

Er lachte und begegnete ihrem funkelnden Blick mit einem Grinsen. „Nur gut, dass wir die ganze Nacht Zeit zum Üben haben.“ Abermals strichten seine Lippen über die ihren. „Normalerweise wache ich an dieser Stelle des Traumes immer auf. Ich bin froh, dass es dieses Mal anders ist.“

Die Elfe gab einen kleinen, ungeduldigen Laut von sich und seine Gedanken wurden davongespült.

Alistair ließ sich auf den Rücken fallen und starrte in den dunklen Himmel. Noch nie war er so dankbar gewesen, wieder zu lagern. Diese Zwerge! Diese verdammten Zwerge und ihre Tiefen Wege! Er war völlig erledigt. Nicht einmal der Kampf gegen den Erzdämon konnte so anstrengend sein.

Und einer dieser Zwerge war mit ihnen gekommen. Alistair reckte den Kopf ein wenig. Oghren schlenderte durch das Lager und machte sich mit jedem bekannt. Leliana griff sich an die Kehle, als er vorbeigegangen war, und wedelte mit der anderen Hand vor ihrer Nase herum.

 

Alistair grinste und setzte sich langsam wieder auf. Der Zwerg war gewöhnungsbedürftig, das musste er zugeben. Schweigend beobachtete er Aphrael dabei, die im Lager umherging, Taref eng an ihrer Seite, und sich die Zeit nahm, mit jedem ein wenig zu sprechen, obwohl sie ebenso erschöpft sein musste wie Alistair selbst.

Bei Zevran verweilte sie am längsten. Er beobachtete die beiden Elfen mit gemischten Gefühlen. Noch bevor sie nach Orzammar aufgebrochen waren, hatten sie eine unangenehme Auseinandersetzung mit den Krähen gehabt. Seine Zweifel an Zevrans Loyalität blieben bestehen, auch wenn er sich im Kampf gegen seine ehemaligen Verbündeten gestellt hatte. In den Nächten danach, so hatte es Leliana ihm zumindest erzählt, denn sie waren im Brecilianwald unterwegs gewesen, hatte der Meuchelmörder kaum geschlafen. Selbst jetzt lag um seine Augen ein Schatten, auch wenn er sich bemühte, keinerlei Grund zur Sorge zu geben, indem er wie immer zweideutige Witze riss und mit allem flirtete, was nicht bei drei weggelaufen war. Ohne Zweifel nahm Aphrael ihm dieses Gehabe nicht ab.

 

Gerade drückte sie ihm etwas in die Hand. Alistair konnte nicht erkennen, was es war, doch wie jeder andere im Lager war auch er schon in den Genuss ihrer Spendierlaune gekommen. Wenn sie unterwegs Dinge fand, die sie nicht zu Geld machen wollte, verschenkte sie sie unter ihren Gefährten. Eigentlich war es wie immer.

Eigentlich.

 

Zwischen ihnen war nichts weiter geschehen, nur hier und da ein paar verstohlene Blicke, nachts im Zelt Küsse, die seine Lippen kribbeln ließen. Er war bereit für mehr, viel mehr, doch er wusste nicht recht, wie er es angehen sollte. Sie zog sich immer weiter in sich selbst zurück, nicht nur vor ihm, auch vor den anderen. Es beunruhigte ihn. Seit dem Blutmagieritual war sie noch stiller geworden. Nicht, dass es wirklich jemals ruhig unter ihnen zuging. Vor allem nicht, seit Oghren dabei war.

 

„Kommt, esst etwas mit uns.“ Wynne zeigte auf das Lagerfeuer und den Kessel, aus dem es verheißungsvoll dampfte. „Und berichtet von Orzammar! Die Zwerge sind ein sehr interessantes Volk, nicht wahr?“

Interessant“, wiederholte Alistair gedehnt, während er der Magierin zum Feuer folgte, um das sich die anderen ebenfalls versammelten, „ist definitiv das richtige Wort.“

Sie aßen gemeinsam, erzählten, lachten, diskutierten ihre nächsten Schritte. Die alten Verträge waren wirksam, sie würden zu Eamon zurückkehren und mit ihm das Landthing vorbereiten.

Leliana, die die Kelle in der Hand hielt und Oghren gerade das dritte Mal die Schüssel füllte, meinte: „Ihr solltet Euch nachher ausruhen. Wir anderen können das Lager abbauen, so dass wir morgen bei Sonnenaufgang gleich loskönnen.“

„Gute Idee“, stimmte Aphrael ihr zu.

Alistair befand diesen Plan ebenfalls als gut. Nach einem Angriff der Dunklen Brut auf ihr Lager hatten sie die Nachtwachen verdoppelt. Mehr als die Aussicht auf einen neuerlichen Überfall sorgte ihn der Gedanke, nach Redcliff zurückzukehren. Nicht wegen des Landthings, sondern weil Aphrael und Teagan sich wiedersehen würden. Nachdenklich beobachtete er die Elfe, wie er es so oft tat. Würde sie Teagan abweisen?

 

Die Wächterin erhob sich in diesem Moment, bedankte sich für das Essen und kündigte an, noch schnell ein Bad am nahegelegenen Teich zu nehmen. Taref folgte ihr bellend.

 

Es kehrte reges Treiben in das Lager ein. Alistair half Leliana mit dem Aufwasch und legte Holz nach, damit das Lagerfeuer nicht ausging, ehe er sich – so hoffte er – unauffällig entfernte und den Weg zum Teich einschlug.

Es war nur ein kurzer Wegmarsch von wenigen Minuten, sie hatten die Entfernung damals geprüft. Bei einem Notfall war jeder in Rufweite.

 

Taref hob den Kopf von seinen Pfoten und sah ihn mit heraushängender Zunge an. Alistair legte einen Finger an seine Lippen und zog sich in den Schutz einiger Bäume zurück. Aphrael war noch damit beschäftigt, ihre Rüstung zu reinigen.

Als sie schließlich ihre Kleidung ablegte und in das Wasser watete, schluckte Alistair hart. Das Zeichen, das das Blutritual hinterlassen hatte, hatte sich über ihre Oberarme, Schultern, die Seiten hinunter bis zu ihren Hüften ausgebreitet. Er hätte es für eine kunstvolle Tätowierung gehalten, wüsste er nicht um dessen Herkunft.

Ihre Arme schossen vor, bedeckten ihre Brüste, sie drehte sich schwungvoll um und spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. „Wer ist da?“

Alistair erwog, sich still zu verhalten, aber wahrscheinlich würde seine Anführerin nach der Ursache für ihr Unbehagen suchen. Er schickte ein Stoßgebet zum Erbauer und ging um den Baum herum, dessen Wurzeln bis in den Teich reichten. „Ich… äh… hallo.“

Aphrael starrte ihn an. „Ihr?!“

„Ich… bin mir nicht sicher, ob es klug ist, wenn wir allein unterwegs sind“, zimmerte er sich eilig eine Ausrede zusammen, seine Wangen brannten.

„Ich habe Taref dabei“, erinnerte sie ihn und kniete sich in das gerade einmal hüfthohe Wasser. „Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Zevran mir folgt.“

In der schrecklichen, peinlichen Stille wichen sie ihren Blicken gegenseitig aus. Am Feuer hatten sie noch miteinander scherzen können, jetzt war die Spannung zwischen ihnen beinahe mit Händen greifbar.

 

Alistair kniff die Augen zusammen. Er stellte sich jeder Abscheulichkeit und jetzt bekam er kein Wort heraus. Warum lernte man so etwas nicht in der Ausbildung?

Entschlossen stieg er aus seinen Stiefeln und zog sich sein ohnehin rissiges und blutverkrustetes Hemd über den Kopf. Am Rande bemerkte er, dass seine Hände zitterten, als er seine Hose aufschnürte, ebenso wie er den Blick der Elfe wahrnahm, der verunsichert auf ihm lag.

Das Wasser war kühl, unter seinen Füßen gab der Boden ein wenig nach. Er blieb eine Armlänge von ihr entfernt stehen. „Das ist es doch, was zwischen uns in der Luft liegt, oder?“

Da sie nicht antwortete, fuhr er fort: „Jedes Mal, wenn ich Euch ansehe, denke ich daran. Ich weiß nicht, wo es hinführt. Ich weiß nicht, was danach sein wird.“

„Alistair, überlegt es Euch gut“, sagte Aphrael leise, „Ihr sollt nicht zurückblicken und es bereuen. Ich weiß, wie viel es Euch bedeutet.“

„Bereuen?“ Er lächelte grimmig. „Ich bereue nur, dass wir es nicht schon viel früher angehen konnten. Dass ich zugelassen habe, dass sich zwischen uns so viel ansammelt. Wer weiß schon, was uns erwartet. Ob wir den Erzdämon überleben.“ Alistair streckte seine zitternde Hand nach ihr aus. Er berührte ihre Schulter, spürte die weiche Haut unter seinen rauen Fingerkuppen.

Abrupt stand Aphrael auf. Wasser perlte an ihr herunter, ihre Brustwarzen waren hart vom kalten Wasser. „Es gibt Gründe dafür, warum wir es bis jetzt nicht zugelassen haben. Es wird alles verändern. Es wird… schmerzhaft. Wir wissen doch, dass es aussichtslos ist.“

Mutiger, als er sich fühlte, überbrückte Alistair die Distanz zwischen ihnen. Seine Hand glitt in ihren Nacken. „Ich will Euch. Nur Euch.“

Die Elfe lächelte und schlang ihre Arme um seinen Hals. Ihre Lippen fanden sich, vertieften den Kuss schnell. Seine Haut prickelte, spannte, aber es war keineswegs unangenehm.

Ihre Brüste drückten sich gegen seine Brust, ihr Geruch benebelte seine Sinne. Er wusste nicht, ob es eine Reihenfolge einzuhalten galt, was er tun oder besser nicht tun sollte. Er brauchte nicht darüber nachzudenken, sein Körper reagierte von allein.

 

Alistair brach den Kuss ab, sein Mund glitt über ihren Kiefer, den Hals herunter. Ihr flacher Atem verriet ihm, dass er auf dem richtigen Weg war.

„I-im Wasser?“, fragte Aphrael rau und er hielt inne. Das Ufer sah nicht besonders vielversprechend aus. Sie nahm seine Hand und zog ihn zu eben diesem. Sie breitete ihren Umhang auf der Wiese aus, ließ sich darauf nieder. Taref schnarchte etwas entfernt unter einem Baum.

Alistair kniete sich neben sie. „So wunderschön“, murmelte er und ihr Lächeln wurde einladender. Ihm entging die Zurückhaltung in ihren Augen nicht. Sie beruhigte ihn, denn es bedeutete, dass sie ebenso unsicher wie er war.

Langsam erkundete er ihren Körper, kostete, tastete, schmeckte sie. Er würde nie begreifen, weshalb das Schicksal sie unter diesen Umständen zusammengeführt hatte.

Ihre Entdeckungslust war ebenso groß wie die seine, ihr Verlangen genauso ungestillt. Mit jeder verstreichenden Minute wurden sie mutiger, vertrauter.

Als er schließlich in ihr war, fühlte sich Alistair endlich vollkommen. Keine schmerzende Sehnsucht, keine Zweifel, nur die Gewissheit, dass sie zueinandergefunden hatten.

Aphrael flüsterte seinen Namen und er lächelte auf sie herab. Ihr Körper entspannte sich gerade wieder, eng umschlungen sanken sie auf den zerwühlten Umhang.

 

Alistair stützte seinen Kopf auf die Hand und sah sie einfach nur an. Ihre Lippen waren geschwollen und gerötet, zu einem sanften Lächeln verzogen. Ihre hellen Augen glitzerten und sie stahl ihm einen Kuss. „Können wir noch eine Weile hier bleiben?“

„Natürlich.“ Es kostete Alistair Beherrschung, die Worte nicht auszusprechen, die ihm auf der Zunge lagen. Diese drei Worte, die Königreiche vernichten und die stärksten Männer stürzen konnten. Die Zeit dafür war noch nicht gekommen.

„Danke.“ Sie schmiegte ihr Gesicht gegen seinen Hals, ihr Atem kitzelte ihn. Ein ungutes Gefühl beschlich Alistair, dem er noch nicht nachgeben wollte. Er wollte genießen, jeden Augenblick mit ihr. Das Glück mit offenen Armen empfangen, solange es in greifbarer Nähe war. „Ich hoffe, dieses Mal kommen wir unbehelligt nach Redcliff“, schnitt er ein unverfängliches Thema an.

Aphrael brummte zustimmend. „Wirst du Eamon auf das Medaillon ansprechen?“

„Das… weiß ich noch nicht.“ Alistair seufzte. „Es ist viel zu viel zu tun. Das werde ich wohl spontan entscheiden müssen.“

Sie streichelte träge seine bloße Brust. „Falls du Unterstützung brauchst, sag mir Bescheid.“

Ein leises Lachen entwich ihm. „Das ist so wunderbar an dir. Du bist immer für uns alle da.“ Er küsste ihre Stirn, die Wangen. „Danke.“

„Wofür?“

„Für alles. Einfach dafür, dass du hier bist.“ Beim Erbauer, er stotterte schon wieder herum.

Aphrael schob sich über ihn und lachte. Schneegraue Augen funkelten ihn an. „Ich habe zu danken, Alistair. Euch allen. Und vor allem dir.“

Alistair vergaß seine Worte, sobald sie ihre Lippen auf die seinen legte und ihn küsste.

 

**********************

 

Auf Schloss Redcliff herrschte rege Betriebsamkeit. Soldaten, Dienerinnen und Diener, Bürger, die alle durcheinanderliefen.

Alistair genoss das Gefühl, das ihn beschlich. Es hatte etwas von Heimkehr. Die leisen Zweifel, die an ihm nagten, was das Wiedersehen von Aphrael und Teagan betraf, wurden etwas lauter. Bis jetzt hatte sie seinen Namen nicht einmal erwähnt. Und seit der Nacht am Teich… Unbewusst lächelte er in sich hinein. Die Anspannung zwischen ihnen hatte spürbar nachgelassen, in seiner Gegenwart war sie endlich wieder gelöster, zutraulicher. Diese Erleichterung wirkte sich auf die ganze Gruppe aus.

„Es ist ein hübscher Ort“, stellte Wynne gerade fest und er nickte. Dann hob sich der Blick von Wynne abrupt und sie sondierte die Umgebung, als erwarteten sie jeden Augenblick einen Angriff der Dunklen Brut.

„Stimmt etwas nicht?“, wollte er wissen. Wynne zog die Augenbrauen nach oben. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe mich wohl geirrt.“

Verwirrt blickte Alistair zu den anderen. Auch Morrigan und Aphrael tauschten einen kurzen, zweifelnden Blick, ehe sie synchron die Schultern zuckten. Was die Magierinnen wohl gespürt hatten?

Er bekam keine weitere Gelegenheit, nachzufragen, denn die Gruppe setzte sich wieder in Bewegung und betrat das Schloss.

 

Der Empfang war kurz, aber freundlich. Eamon versprach, dass sie spätestens am nächsten Tag nach Denerim aufbrechen konnten. Sie sollten die Zeit nutzen, um sich auszuruhen oder ihre Waffen und Rüstungen noch einmal aufzubessern.

Ein guter Rat, doch Alistairs Aufmerksamkeit galt Teagan. Sein Onkel schenkte der  Grauen Wächterin nicht mehr oder weniger Aufmerksamkeit als ihren Gefährten, sein Lächeln hingegen sprach Bände.

Eifersucht durchzuckte ihn, die er nur mit einigen tiefen Atemzügen unter Kontrolle bekam. Sie hatten sich keine Versprechen gegeben, sich nicht aneinandergebunden. Alistair hatte Angst vor der Zukunft, dies erkannte er, als Teagans Augen abermals über die rothaarige Elfe glitten, die Eamon aufmerksam zuhörte. Nicht vor dem Erzdämon – nun, zumindest nicht diese Art von Angst. Was würde das Landthing entscheiden? Konnte Anora Königin bleiben, ohne einen Tropfen königliches Blut in ihren Adern? Was wäre die Alternative? Er selbst auf dem Thron seines Vaters? Schon der Gedanke allein ließ ihm kalten Schweiß ausbrechen. Er hatte nicht gelernt, anzuführen, er hatte gelernt, zu folgen. Alistair schluckte. Nur keinen Druck.

 

Die kleine Versammlung löste sich auf und seine Beine bewegten sich von allein. Oghren verkündete allen, die es hören wollten, wie hungrig und durstig er doch war und wie sehr er Eamons Angebot, mit ihm zu speisen, schätzen würde. Alistairs Magen war ein einziger Knoten, wie immer, wenn er an den Thron dachte. Dennoch entging ihm nicht, dass Teagan die Wächterin zurückhielt. Alistair blieb ihm Türrahmen stehen und beobachtete, wie sich sein Onkel herunterbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte.

Aphrael lächelte schief, erwiderte etwas, das er im Stimmengewirr der anderen nicht verstehen konnte, und umarmte den Bann. Zögernd legte jener seine Arme um sie und küsste ihr Haar.

Bevor sie sich lösten, verschwand Alistair und folgte den anderen in den Speisesaal. In seinem Kopf wirbelten verstörende Gedanken und Vermutungen durcheinander, ihm wurde schwindlig davon. Dankbar nahm er den Krug Bier entgegen, der ihm von einer jungen Dienerin gereicht wurde. Lediglich die Reise nach Denerim und das bevorstehende Landthing hielten ihn davon ab, das Bier in sich hineinzuschütten wie Wasser.

 

Aphrael tauchte neben ihm auf und quetschte sich auf die Bank. Er saß bereits ganz außen, so dass er näher an Zevran rücken musste, der dies mit einem Grinsen quittierte. „Schon wieder plumpe Annährungsversuche? Mein lieber Alistair, Ihr habt noch so viel zu lernen.“

Alistair verdrehte die Augen, ignorierte den Meuchelmörder dann lieber. Zevran schaffte es in Diskussionen immer wieder, die Sprache auf dieses eine Thema zu bringen, zu dem Alistair bis neulich noch nichts vorzutragen gehabt hatte. Und das, was er inzwischen dank Aphrael wusste, behielt er lieber für sich.

Aphrael musterte die Bierkrüge, die Zevran, Alistair und selbst Wynne in der Hand hielten, und seufzte leise. „Denkt daran, dass es sich mit dickem Schädel und verschwommener Sicht nur sehr schlecht kämpfen, geschweige denn auf dem Landthing diskutieren lässt.“

„Und was ist mit Oghren?“, erwiderte Zevran und zeigte auf den rothaarigen Zwerg, in dessen Bart bereits Bierschaum klebte.

„Oghren ist eine Ausnahme“, murmelte Aphrael ergeben, „ich glaube kaum, dass er noch einen Tropfen Blut in seinem Alkoholkreislauf hat.“

Zevran lachte und stellte seinen Krug beiseite, nachdem er einen Schluck davon genommen hatte. Er verzog das Gesicht. „Ich bevorzuge sowieso lieber Wein.“

„Auch damit könnten wir dienen“, erwähnte Teagan, der zu ihnen stieß, und setzte sich an die andere Seite des Tisches.

Alistair versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, scheiterte aber. Teagan begann ein Gespräch mit Wynne und wandte das Gesicht ab.

 

Unter dem Tisch landete ein Bein über dem seinen und Alistair verschluckte sich beinahe. Aphrael lächelte ihn unschuldig an. „Geht es Euch gut?“

„Bestens.“ Eine Hand gesellte sich dazu, landete bedenklich weit oben auf seinem Oberschenkel. Die Elfe lehnte sich an seine Schulter. „Teagan sagt, er sieht es uns an der Nasenspitze an“, informierte sie ihn leise und Alistair errötete auf neuem Niveau. Das hatte ihm noch gefehlt. „Und?“, fragte er vorsichtig.

„Er hat gratuliert.“ Sie lachte, doch schnell trübte sich ihr Blick. „Er macht sich Sorgen wegen des Landthings.“

„Da ist er nicht der einzige.“ Alistair starrte auf seinen gut gefüllten Teller. Aphrael zog ihre Hand von seinem Bein zurück und er spürte Bedauern. Sie rührte ihren Teller ebenfalls nicht an. Alistair griff nach einer aufgeschnittenen Frucht, die appetitlich angerichtet auf Tabletts über den Tisch verteilt waren, und hielt sie ihr vor den Mund. Geistesabwesend öffneten sich ihre Lippen und er schob das Obst hinein. Überrascht blinzelte sie und schluckte. „Äh… danke?“

„Ich glaube, wir benötigen beide eine Stärkung.“ Er griff nach seiner Gabel. Die Zinken schwebten über seinem Essen, ohne hineinzutauchen.

„Ihr habt auch keinen Appetit, oder?“ Die Elfe zeigte auf seinen vollen Teller.

„Nein, überhaupt keinen.“

„Bis jetzt ist alles gutgegangen“, sagte Aphrael nachdenklich, „das kann sich jederzeit ändern. Was, wenn Ihr König werdet? Was… wird dann aus uns? Dann gibt es kein uns mehr, nicht wahr?“

„Moment“, widersprach Alistair, obwohl sie genau das aussprach, was auch ihm im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen schlug, „ich will kein König sein!“

Ihre klugen, hellen Augen hefteten sich auf sein Gesicht. „Aber gibt es wirklich eine Wahl in dieser Angelegenheit, Alistair?“ Mit spitzen Fingern griff sie nach ihrem Fleisch und warf es unter den Tisch. Ein glückliches Grunzen sagte ihm, dass Taref wohl dort Stellung bezogen hatte. Mit seinem eigenen Fleisch verfuhr er ebenfalls auf diese Art und Weise, was ihm einen freundlichen Rempler von einer feuchten Hundeschnauze einbrachte.

„Ich wollte auch keine Blutmagierin sein“, fügte Aphrael nun hinzu, „aber es ist mein Erbe. Ebenso wie das königliche Blut das Eure ist.“

„Ein Hoch auf unsere Väter“, brummte Alistair in seinen Krug und entlockte der Elfe damit wenigstens ein winziges Schmunzeln.

 

Der Weg nach Denerim war deutlich kürzer, wenn man ihn mit Kutschen bestritt. Teagan war mit einigen Männern in Redcliff geblieben, um den Ort notfalls vor der Dunklen Brut beschützen zu können. Selbst während des Einzuges in das Anwesen des Arls kreisten Alistairs Gedanken unablässig um das Landthing.

Diener eilten herbei, die von Eamon mit einsilbigen Befehlen verschiedene Aufgaben zugeteilt bekamen. Obwohl der Arl sich bemühte, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, sah Alistair ihm an, wie sehr ihm Isoldes Tod zusetzte.

Wie immer suchte er automatisch nach Aphraels Blick. Noch immer bedauerte er seine Schuldzuweisungen, die die wenige Zeit zwischen ihnen so schwierig gemacht hatte. Die Elfe war bereits aus der Kutsche gesprungen, die sonst glatte Stirn in Falten gelegt.

„Spürt Ihr das?“, wollte sie von Wynne und Morrigan wissen, die leise zustimmten.

„Was ist los?“ Zevran gesellte sich zu ihnen.

„Hier gibt es eine Quelle für unglaubliche Macht“, antwortete Morrigan fasziniert, „es ist, als würde man Flemeth begegnen. Man sieht nichts Besonderes, weiß jedoch, dass hinter einer ruhigen Fassade etwas lauert.“

Wenn Alistair die Miene der Wächterin richtig deutete, war sie weniger begeistert.

„Mein Arl, ein Bote ist eingetroffen, der auf eine Unterredung mit Euch besteht“, sagte eine Dienerin und gestikulierte in Richtung Schloss.

„Weshalb will er mich treffen?“ Eamon wandte sich von den beiden Männern ab, mit denen er gerade gesprochen hat.

„Er sagt, es ginge um den Teryn.“

Die Gefährten tauschten Blicke. Es gab keine Zweifel, welcher Teryn gemeint war.

Eamon drehte sich zu ihnen um und sie kamen seiner unausgesprochenen Bitte nach. Alistair, Aphrael und Zevran begleiteten ihn in die Eingangshalle, die anderen halfen beim Ausladen.

„Diese Präsenz… sie nimmt zu“, sagte Aphrael und zog ihren Zauberstab aus der Halterung an ihrem Rücken. Ihre Knöchel traten weiß hervor, so fest umklammerte sie ihn.

„Dann ist er ein Magier. Kein Grund, so angespannt zu sein“, entgegnete Zevran.

„Habt Ihr während unserer Reise geschlafen?“, wollte sie von ihm wissen, „Ein Magier könnte uns im Bruchteil einer Sekunde in die Luft sprengen.“

„Da kann man schlecht widersprechen.“ Zevran zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, Ihr macht Euch zu viele Gedanken. Weshalb sollte er uns inmitten eines Schlosses angreifen, wo überall die Soldaten des Arls versammelt sind?“

Aphrael atmete hörbar ein und aus, ihr Griff wurde etwas lockerer. „Ihr habt wohl Recht.“

 

In der Haupthalle wartete eine in einen schwarzen Umhang gehüllte Gestalt. Sie stand mit dem Rücken zu ihnen, die Kapuze über den Kopf gezogen.

Eamon räusperte sich etwas lauter als nötig und der unerwartete Gast drehte sich um. Behandschuhte Hände streiften die Kapuze ab und zum Vorschein kam das blasse Gesicht eines Elfen mit langen, schwarzen Haaren.

Zevran stieß neben Alistair ein leises Geräusch der Überraschung aus und auch Alistair starrte den Fremden an. Der Elf war mindestens einen halben Kopf größer als Zevran, das allein war schon ungewöhnlich. Hinzu kam das ebenmäßige, alterlose Gesicht, das selbst bei Alistair das Wort „schön“ in Gedanken auslöste. Er hatte Männer noch nie schön gefunden. Männer waren nicht schön. Männer waren… Männer. Doch der Elf mit seinen hellen Augen…

Alistair fuhr zusammen. Diese Augen! In diesem Moment drehte sich der Elf Eamon zu und unterbrach den Sichtkontakt.

 

„Der stellt wirklich alles in den Schatten, was ich bisher gesehen habe“, seufzte Zevran. Aphrael sagte gar nichts. Wie erstarrte klammerte sie sich an ihren Zauberstab, das Gesicht war kreideweiß geworden. Alistair berührte vorsichtig ihre Schulter, eine dunkle Vorahnung ließ seine Innereien zu einem einzigen eisigen Klumpen werden.

Sie zuckte unter seiner Hand weg, straffte im selben Moment die Schultern und verengte ihre Augen. „Zevran, lasst sie nicht aus den Augen.“

„Ich hatte schon erwartet, dass Ihr so etwas sagt.“ Der Angesprochene lächelte und ließ eine Klinge in seine Hand gleiten.

„Was befürchtet Ihr?“, wollte Alistair wissen, der den Elfen nicht ganz folgen konnte.

„Dieser Mann ist hier, um zu töten. Er ist diese Präsenz. Er ist ein Blutmagier. Ich weiß nur noch nicht, wen er töten will“, erklärte Aphrael zischend.

„Oder soll“, fügte Zevran lapidar hinzu und schlenderte Eamon und dem Maleficar hinterher.

„Haltet Ihr das für klug?“, zweifelte Alistair, die Augen auf Zevrans Rücken geheftet.

„Ich kenne niemanden, der sich so geschickt tarnen kann.“ Die Magierin zwang sich zu einem Lächeln. „Ich weiß, dass Ihr Zevran immer noch misstraut. Das tut Ihr alle. Er hat seine Loyalität mehrfach bewiesen. Wenn ich noch Vorbehalte gegen ihn hatte, so sind sie spätestens seit dem Zusammenstoß mit Taliesen verfolgen. Ich vertraue ihm und ich mag ihn, Alistair.“

„Er mag Euch auch“, erwiderte der Templer und der Gedanke schmerzte ihm aus irgendeinem Grund.

Ihr Lächeln wurde tiefer, ehrlicher. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Aber Euch mag ich mehr“, ließ sie ihn flüsternd wissen, ehe sie nach draußen ging, um den anderen zu helfen.

Alistair lachte leise und tastete über seine Wange. Ihre Lippen brannten noch darauf. Der Schmerz in seiner Brust war verschwunden, doch er fürchtete, dass es nur kurzzeitig war. Was auch immer die Zukunft für sie beide bereithielt, aus Erfahrung heraus konnte er nur vermuten, dass es nichts Gutes war.

 

Die Vorbereitungen auf das Landthing zogen sich in die Länge. Das Warten war nervenaufreibender als jeder Kampf gegen die Dunkle Brut. Nur die Gegenwart seiner Gefährten und Freunde hielt Alistair davon ab, Nägel kauend in der Ecke zu sitzen. Es war einfach unerträglich.

Hinzu kam die junge Zofe Anoras, die behauptete, Teryn Loghain würde seine eigene Tochter gefangen halten. Obwohl Eamon darauf beharrte, dass man der Königin helfen müsse, zögerte Aphrael. Es klang zu sehr nach einer Falle, obwohl die Zofe Erlina dies natürlich bestritt. Alistair wusste, dass Aphrael niemanden im Stich ließ, der Hilfe benötigte, auch wenn diese Person ihr unsympathisch war. Und Anora mochte die Wächterin definitiv nicht. In einem der vielen Gespräche, die sie am Lager geführt hatten, hatte Aphrael Alistair von dem einmaligen Treffen mit Cailan erzählt. Es war wohl bittere Ironie des Schicksals, dass sie mehr über seinen Halbbruder wusste als er.

Alistair konzentrierte sich wieder auf Oghren, der gerade Wynne und Shale mit einer mehr oder weniger gelallten Geschichte aus seiner Jugend (Die, wie er betonte, noch nicht so lang her war!) unterhielt. Dass der Golem Shale seinen Humor nicht teilte, überraschte Alistair nicht. Sie hatten Shale noch nicht lange bei sich und obwohl der Golem weder wortgewaltig oder sonderlich feinfühlig war, so war er eine beeindruckende Kampfkraft.

Zevran und Morrigan saßen abgeschieden. Der Elf hatte keinerlei Ergebnisse bringen können, was den fremden Magier betraf. Und dennoch blieb Aphrael in seiner Gegenwart angespannt. Ihre Beunruhigung vermochten sich die anderen nicht zu erklären, doch sie hatten nicht gesehen, was er gesehen hatte. Auf seine Frage, ob sie den Blutmagier kannte, hatte sie nur genickt und Alistairs Vermutung damit bestätigt.

Soweit Alistair es verstanden hatte, versuchte der Elf Eamon davon zu überzeugen, dass nicht Loghain ihn geschickt hatte, sondern er aus eigenem Antrieb gekommen war, um ihn zu warnen. Der Teryn sei „von Sinnen“, nicht mehr er selbst. Alistair dankte für die Vorsicht seines Onkels, einem dahergelaufenen Fremden nicht einfach blind zu vertrauen. Was motivierte ihn? Was versprach er sich davon? Er hatte nichts herausfinden können.

Selbst jetzt beobachtete Alistair den Elf unter gesenkten Lidern. Er stand mit Eamon und zwei anderen Männern aus den Truppen des Arls zusammen und diskutierte.

 

Der Abend war jung, und obwohl sie die Verschnaufpause zur Erholung nutzen sollten, war dies kaum möglich. Alistair warf einen Blick in die Runde, als Wynne und Leilana lachten und bemerkte, dass auch Zevran und Aphrael den dunkelhaarigen Elfen genau beobachteten. Zevran neigte sich zu der Grauen Wächterin und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Ihr Gesicht versteinerte noch mehr, obzwar es kaum möglich schien, dann stand sie ruckartig auf. Mit klarer, durchdringender Stimme rief sie: „Taref!“.

Der Mabari, der schlafend vor dem Kamin gelegen hatte, spitzte die Ohren und war sofort auf den Beinen. Der Kopf des Blutmagiers war bei dem Namen des Hundes herumgefahren, sein Gesicht zeitgleich ungläubig und erschrocken verzogen. Aphrael ging an den Männern vorbei, sein Blick folgte ihr.

 

Sobald sich die Runde aufgelöst hatte, schlug der Maleficar die gleiche Richtung wie Aphrael ein. Dies war der Moment, in dem Zevran aufstand, Morrigan zunickte und Alistair mit einer Handbewegung andeutete, ihm zu folgen.

Alistair zögerte nicht. „Was ist faul an diesem Kerl?“, wollte er wissen. Zevrans Mund verzog sich spöttisch. „Er ist nicht hier, um den Arl zu töten. Er ist hier, um sie zu töten.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ein Mörder erkennt den anderen. Ich habe mich unter den Wachen umgehört. Er hat sich auffällig nach ihr erkundigt.“

Ein unbestimmtes Geräusch verließ Alistairs Kehle. Er hielt Morrigan und Zevran in dem Gang, den sie inzwischen erreicht hatten, zurück. „Das könnte auch einen anderen Grund haben.“

„Ach ja? Und welcher sollte das sein?“ Morrigan zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Er… ist ihr Vater.“

„Was?“ Zevran ließ die Hand, mit der er die Klinge hielt, sinken. „Ihr Vater ist tot!“

„Nein. Er ist es.“ Sein Herz klopfte schnell in seiner Brust, so sehr hasste er diesen Mann, den er gerade zum ersten Mal getroffen hatte. „Seine Augen verraten ihn.“

„Seine Augen sind braun.“ Endgültig verwirrt runzelte Zevran die Stirn.

Alistair schüttelte den Kopf. „Nein, sie haben dieselbe Farbe, die auch Aphraels Augen haben. Ich habe es gesehen. Und ich habe gesehen, wie aus dem Grau plötzlich Braun wurde.“

„Er beherrscht vielleicht Formwandlung“, überlegte Morrigan.

„Trotzdem“, beharrte Zevran, „sollten wir sie nicht allein lassen. Ein Vater, der sein Kind umbringen wollte, kann nichts Gutes im Schilde führen.“ Der letzte Teil seiner Worte ging beinahe in Tarefs ohrenbetäubendem Gebell unter, das nur einen Augenblick später erstarb und zu einem grellen Winseln wurde.

 

Das Entsetzen, das Alistair packte, verlieh ihm Schnelligkeit. Sie rannten, als wäre der Erzdämon persönlich hinter ihnen her.

Noch bevor sie wirklich sahen, was geschehen war, schleuderten Morrigan und Zevran ihre Waffen; die Wildhexe in Form eines Blitzzaubers, der Meuchelmörder warf seine Klinge.

Beide genau gezielten Geschütze prallten an einer magischen Barriere ab, die die beiden anderen Elfen einschloss. Taref lag leise winselnd zwischen den Überresten eines schweren Regals. Aphraels Zauberstab war in der Mitte durchgebrochen worden, sie fanden ihn noch vor der Barriere. Schluckend besah sich Alistair die Katastrophe, während Wut durch seine Adern rauschte und ihn mit den Zähnen knirschen ließ. Sein Schwert fest mit beiden Händen umklammert, näherte er sich der magischen Wand, die ihn an Cullens Gefängnis erinnerte.

Aphrael warf ihm einen warnenden Blick zu, ihre Finger umklammerten die Hände des dunkelhaarigen Elfs. Er versuchte, sie zu erwürgen.

Alistairs flache Hand landete an der Barriere, doch er konnte sie nicht durchdringen.

Aphrael lehnte sich so weit nach hinten, dass sie beide das Gleichgewicht verloren und zu Boden fielen. Sie sahen nur ein Knäul aus Armen und Beinen, bis der Wächterin ein Wutschrei entfuhr und sie sich freikämpfte.

Sie stürzte auf die Barriere zu, ihre Augen waren schreckgeweitet. „Holt Wynne“, keuchte sie, „Morrigan, Ihr und Wynne solltet die Barriere brechen können. Das ist Blutmagie, aber sie kann vernichtet werden.“

Morrigan fragte nicht nach, sagte nichts, sondern rannte wieder zurück. Zevran umkreiste die Barriere, die wie eine Halbkugel mitten im Saal eingeschlagen hatte, unruhig, suchte nach einer Schwachstelle, irgendetwas, das ihnen helfen konnte.

„Er steht auf“, sagte Alistair mit schwerer Zunge und Aphrael drehte ihm den Rücken zu, fest gegen die Barriere gepresst.

Der Elf richtete sich endlich wieder auf. Sein langes Haar flatterte umher, er kämmte es mit wenigen Griffen zurück. Eisgraue Augen – Aphraels Augen – glitzerten im unheimlichen Licht seiner magischen Grenze.

„Du solltest tot sein!“, schrie sie ihn an, von der ruhigen Magierin keine Spur mehr, „Ich habe dich sterben sehen!“

„Nein, du hast angenommen, ich wäre tot.“ Ein Lächeln, das kälter als jeder Frost war. „Es gab genug Blut, damit ich mich heilen konnte.“ Das Lächeln verschwand, verbog den Mund zu einem wütenden Strich. „Wo ist deine Mutter?“

Sie gab keine Antwort, schleuderte seinen Zauber nur mit einer Handbewegung zur Seite.

Er kam auf sie zu, ein siegessicheres Raubtier, das sich an seine Beute heranpirschte. „Wo ist Adriara?“

 

Alistair zuckte von der Barriere zurück, als die Symbole auf Aphraels Haut, die eigentlich von Stoff bedeckt waren, zu leuchten begannen. „Sie ist tot!“ Über ihren Handflächen loderten Flammen immer höher und höher. „Sie ist tot, weil deinesgleichen den Zirkel der Magi überrannt hat!“ Wie zischende Schlangen schlugen die Flammen in seine Richtung auf der Suche nach Nahrung. Sie fanden seinen Umhang, doch der Maleficar riss ihn herunter und warf ihn beiseite. In seinen Augen tobte jener Schneesturm, den Alistair schon so oft in den Augen der Grauen Wächterin gesehen hatte. „Meinesgleichen?“ Er wehrte einen weiteren Angriff ab. Das Leuchten über ihren Armen war ein hypnotisierendes Pulsieren geworden, faszinierend und abstoßend zugleich. Der Mann sprang nach vorn. Alistair hatte noch nie gesehen, wie sich jemand so schnell bewegte. Nicht einmal Zevran hatte er so agil gesehen, und der Meuchelmörder stellte sie, was das anbelangte, alle in den Schatten.

Vater und Tochter gingen abermals zu Boden und Alistair konnte nur hilflos unter Drohungen und Flüchen dabei zusehen, wie der Elf das Hemd seiner Tochter aufriss.

Beim Anblick der pulsierenden Symbole blieb ihm die Luft weg. Sie hatten sich in blutiges Schwarz verfärbt, bewegten sich, als würden unter ihrer Haut Ameisen sitzen. „Blutrunen“, murmelte der Maleficar ungläubig, hielt die Wächterin mit Mühe auf dem Boden, indem er sich auf ihren Oberkörper kniete. Sein Grinsen war spöttisch. „Meinesgleichen, ja?“

Sie spuckte ihm ins Gesicht. „Sie haben sie zu einer Besänftigten gemacht! Es war zu viel für sie! Weißt du, was sie getan hat, als sie wieder aufgewacht war? Als sie dich und Taref in dem ganzen Blut hatte liegen sehen? Sie hat geschrien! Sie hat einfach nur geschrien und sie hat nicht wieder aufgehört!“ Aphraels Stimme selbst war laut, sie brüllte beinahe, der Schmerz, den sie tief in ihrem Inneren verborgen hatte, bahnte sich einen Weg, zielte auf den Übeltäter ab, der ihn verursachte.

„Wenn dein dummer Bruder nicht dazwischengefunkt hätte, wäre all dies nicht nötig gewesen.“ Er hielt inne. Stiefel knallten über den Boden. Alistair hätte erleichtert sein müssen bei dem Anblick seiner Gefährten, den Rittern und Eamon selbst, doch er wusste, dass sie alle ebenso hilf- und machtlos wie er selbst waren. Eher würden ihre Schwerter und Rüstungen zerbrechen, als dass die Barriere nachgab.

Wynne trat neben ihn, auf ihrem Gesicht zeigten sich Erkennen und Schrecken. „Taramar?“

Obwohl er ihren Blick erwiderte, schien sein ganzes Gewicht auf Aphrael zu liegen, die sich fauchend unter ihm wand. Über ihre Handflächen liefen immer neue Zauber, die gleich darauf wieder zischend erloschen. „Wer hätte gedacht, dass wir uns noch einmal wiedersehen“, meinte Taramar nun und lächelte dünn.

„Was tut Ihr da? Geht runter von ihr!“ Wynne legte ihre Handflächen gegen die Barriere. Morrigan tat auf der anderen Seite dasselbe.

„Versucht es nur, alte Frau“, schnaubte Taramar und konzentrierte sich wieder auf die Wächterin. „Es scheint, als hätte ich dein Potential verkannt. Dein Bruder war schon immer begabter gewesen. Seine Macht wuchs und wuchs. Aber Taref war stur.“ Er warf dem Mabari einen flüchtigen Blick zu. „Du bist eine Blutmagierin, deren volles Talent durch ein Ritual freigesetzt wurde.“ Seine Hand strich über ihre Wange und Aphrael wurde still.

„Fasst sie nicht an!“, zischte Alistair und erntete ein belustigtes Stirnrunzeln. „Ein Templer will mir sagen, wie ich mit meinem eigenen Kind umzugehen habe?“ Taramar schüttelte den Kopf. „Ihr scheint überrascht? Dummer Junger. Ein Magier erkennt einen Templer wie ein Mabari ein Stück Fleisch auf hundert Meilen. Ihr werdet es nie lernen.“

Aphrael, die immer noch reglos auf dem Boden lag, den Körper angespannt, stieß ein leises Keuchen aus. Der dunkelhaarige Elf schnalzte mit der Zunge. „Ah, ich verstehe.“ Seine Augen verschmälerten sich. „Du bist eine einzige Enttäuschung. Du warst damals nicht in der Lage, deine Mutter zu retten, und jetzt, wo dir die Welt dank deiner Macht die Tore geöffnet hat, bändelst du mit einem Templer an, anstatt dir das zu nehmen, was dir zusteht.“

„Hört nicht auf ihn.“ Alistair versuchte, ihre Augen auf sich zu lenken. Er wusste, was vergiftete Worte mit dem Verstand einer Person anstellen konnte. Ihr die Schuld am Tod ihrer Mutter zu geben, war widerlich. Was sollte er jedoch auch von einem Mann erwarten, der sein eigenes Kind hatte opfern wollen? „Aphrael, glaubt ihm kein Wort. Ihr seid stark, eine beeindruckende Frau, Ihr haltet unsere Gruppe zusammen, Ihr dürft Euch die Trauer um Eure Mutter nicht von ihm verbieten lassen. Es ist nicht Eure Schuld.“

Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sein Herz zog sich zusammen. „Dieser Mann ist nicht Euer Vater. Euer Vater starb zusammen mit Taref.“

„Der Junge glaubt also, er kann weinerliche Reden schwingen und damit alle beeindrucken, ja?“ Taramar stand auf, zerrte die Magierin mit auf die Beine. Paralysiert hing die Wächterin in seinem Griff. Ihre Augen waren feucht, doch keine Tränen flossen.

 

„Was macht dieser Kerl?“, dröhnte Oghren und klang zum ersten Mal, seit Alistair ihn kannte, nüchtern. „Glaubt er, er kann sie uns wegnehmen?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete Alistair besorgt, „ich weiß nicht, was er vorhat.“

„Deine Freunde sind wohl klüger, als sie aussehen.“ Der Blutmagier neigte den Kopf zu ihr herunter. „Aber brauchen sie dich wirklich? Dein Platz ist an meiner Seite – an der Seite von Loghain. Deine Macht ist alles, was du brauchst. Du willst Rache für deine Mutter? Lass mich dir helfen. Niemand liebte Adriara mehr als ich. Ihr Tod war gänzlich umsonst. Aktiviere deine Kräfte. Schlage deine Freunde zurück.“

Die Barriere flackerte mehrere Male. Niemand konnte es übersehen. Morrigan und Wynne würden die magische Trennwand bald zerbrechen. Alistair packte sein Schwert fester.

„Was will es nur?“, stellte Shale die Frage, die auch alle anderen beschäftigte.

„Das ist doch ganz einfach“, erwiderte Morrigan mit erhobener Stimme, um das Prasseln zu übertönen, das von der Barriere inzwischen ausging, „Loghain hat ihn geschickt, um den Arl zu ermorden. Ohne Arl kein Landthing.“

Der Maleficar zuckte mit den Schultern. „Nicht ganz. Und der Plan bleibt nach wie vor bestehen. Den Grauen Wächter dazu bringen, den Arl umzubringen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.“

„Niemals“, zischte Alistair, „könnt Ihr sie dazu bringen, Arl Eamon anzugreifen.“

Ein spöttisches Grinsen. „Ich kann Dinge mit Eurem Verstand anstellen, Templer, von denen möchtet Ihr nicht einmal etwas hören.“

„Der Erbauer beschützt die Gesegneten“, bemerkte Leliana mit zusammengekniffenen Augen, „Eure Magie kann ihr nichts anhaben.“

„Sieht aus, als würden deine Freunde dir vertrauen.“ Taramar packte das Kinn seiner Tochter und zwang sie, ihn anzusehen. „Aber werden sie das auch noch, wenn sie sehen, welch Potential deine Magie hat? Wenn sie spüren, wer du in Wahrheit bist? Wissen sie, dass du eine Blutmagierin bist?“

„Wissen wir“, grunzte Oghren, „und das macht sie zu keiner anderen Wächterin.“

 

Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre Alistair stolz auf die Loyalität seiner Gefährten gewesen. Aber im Augenblick konnte er nicht einschätzen, ob Taramar irgendeinen Einfluss auf Aphrael ausübte – oder es bereits getan hatte. Sie stand nur da, bewegte nicht einmal einen Finger. Es war ein erschreckender Anblick. Hatte er nicht geschworen, ihrem Leben ein Ende zu setzen, wenn sie eine Gefahr für andere würde? Konnte er es, wenn es in den nächsten Minuten dazu kommen sollte?

 

Seine Augen richteten sich wieder auf die junge Magierin, der er blind bis hier her gefolgt war. Ihr Gesicht war immer noch furchtbar ausdruckslos, ihre Finger glitten zitternd über den Stoff ihres Hemdes und zogen es notdürftig wieder zusammen. Sie trug ein Mieder darunter, niemand konnte zu viel sehen, wenn da nicht diese Blutrunen gewesen wären. Sie pulsierten immer schneller, als spiegelten sie ihren emotionalen Zustand wider.

„Wir verdienen es nicht, uns immer nur zu beugen. Uns zu unterwerfen.“ Taramar griff nach den Händen seiner Tochter, schlanke, lange Finger umschlossen die ihren. „Wir könnten einfach gehen. Unsere Kraft wird uns den Weg ebnen.“

„Ich will nicht unter Loghain dienen.“ Ihre Augen richteten sich auf das Gesicht ihres Vaters, wenngleich ihr Blick unscharf war.

„Nur, bis er uns dorthin gebracht hat, wo wir hingehören.“ Der Maleficar warf Wynne über die Schulter einen gehässigen Blick zu. „Der Zirkel der Magi ist eine Schande. Sie sperren uns ein, anstatt uns zu lehren, wie wir uns gegen diese Dämonen verteidigen können, sie lassen uns überwachen, jeder Atemzug, jeder Schritt wird verfolgt.“

Betäubt nickte Aphrael.

„Und dann die Templer.“ Taramar hielt ihre Hände fest, wandte sich jetzt aber Alistair zu. „Ihr Templer versucht nicht einmal, uns zu retten. Ihr werdet gerufen, um uns zu töten. Blinde Fanatiker, nichts weiter.“

Alistair biss die Zähne aufeinander, um nichts zu sagen. Der Tod eines einzelnen Magiers konnte hunderte Leben retten. Taramar und Jowan hatten Familien zerstört und die Bekanntschaft mit diesen beiden Blutmagiern hielt Alistair schon für völlig ausreichend. Seiner eigenen Abscheu gegenüber der Kirche hatten diese Blutmagier allerdings keinen Abbruch getan.

 

„Es ist einfach, jemand völlig fremden für das Leid anderer verantwortlich zu machen“, sagte Wynne angestrengt, Schweiß perlte von ihrer Stirn. „Ihr habt Euer Leben und dessen Verlauf selbst gewählt. Ihr habt es Euch ausgesucht, ein Blutmagier zu werden. Und nun wollt Ihr Eure eigene Tochter auf diesen verdorbenen Pfad führen.“

„Ihr liegt die Magie im Blut. Die ihrer Mutter und die meine. Sie ist zu höherem bestimmt als Ihr es Euch jemals vorstellen könntet.“

„Das ist sie und Ihr hindert sie nur daran.“ Leliana verzog das Gesicht. „Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass wir Euch einfach so mit ihr gehen lassen würdet?“

„Habt Ihr schon jemals Eure Klinge gegen einen Blutmagier erhoben?“, konterte der Elf unbeeindruckt. „Was ist, wenn sie mit mir gehen will?“

 

Die Schützin sah erschrocken aus. Obwohl Alistair der Gedanke bereits gekommen war, wollte er ihn nicht in Erwägung ziehen. Er wusste nicht, ob Taramar bereits im Kopf der Wächterin etwas angestellt hatte, das sie manipulierte. Was Blutmagie anging, war er nicht sonderlich bewandert. Er wusste nur, dass ihre Kräfte die gefährlichsten von allen waren.

„Das sollten wir sie ja wohl selbst entscheiden lassen.“ Sten hatte sein gewaltiges Schwert vom Rücken gezogen, die Spitze zeigte auf den Boden.

„Endlich spricht jemand hier vernünftig.“ Taramar kniff überrascht die Augen zusammen, als die Barriere immer mehr Risse bekam. Das Leuchten ließ sie alle für Sekunden erblinden.

 

Alistairs Augen tränten und brauchten wertvolle Zeit, um sich wieder an die Umgebung zu gewöhnen. In der Zwischenzeit war das Pulsieren von Aphraels Blutrunen abgeebbt, stattdessen züngelte die schwarzrote Farbe der Runen um ihre Unterarme, als sei sie lebendig. Selbst durch die Barriere spürten seine auf Magie ausgerichteten Sinne, dass sie einen Zauber wirkte. Sie streckte einen Arm vor, zog aus einer versteckten Dolchscheide an ihrer Wade einen kleinen Dolch und zog die Klinge quer über ihren Handteller. Das Blut wurde von der schwarzroten Magie sofort verschlungen.

 

Alistair hatte Magie noch nie mit solcher Wucht zuschlagen sehen. Ein Fingerzeig von Aphrael genügte und Energie erschütterte den Raum so heftig, dass der Boden unter ihren Füßen bebte. Die Barriere zersprang wie Glas, Morrigan und Wynne wurden zurückgeschleudert.

Oghren schwankte in seiner schweren Rüstung (er hatte sich geweigert, sie abzulegen) und blieb schließlich auf dem Boden liegen wie der Stein, den die Zwerge stets predigten.

Zwei von Eamons Soldaten hatten Bögen gespannt und ließen ihre Pfeile von der Sehne schnellen. Sie hätten Taramar getroffen, hätte Aphrael nicht abermals die Finger bewegt und die Geschosse mitten in der Luft gestoppt. Sie klapperten zu Boden wie Zweige.

„Was…“, begann Leliana entsetzt, dann wurde sie ebenfalls umgeworfen.

Die Blutmagie riss einen nach dem anderen von den Beinen, selbst Alistair, der versuchte, gegen die Macht der Wächterin anzukämpfen, fiel auf die Knie. In seinem Kopf drehte sich alles, sein Magen schlug Purzelbäume.

„Was tut es da?“, empörte sich Shale, die als einige der wenigen noch stand. „Warum greift es seine Freunde an?“

„Vielleicht steht sie unter Taramars Bann“, ächzte Wynne und rappelte sich mühsam auf die Beine. „Blutmagie kann gefährliche Dinge mit dem Verstand einer Person anstellen.“

„Wenn es schwachsinnig geworden ist, muss ich es zermalmen“, drohte Shale und stapfte auf die beiden Blutmagier in der Mitte des Saals zu.

Alistair, der nicht wusste, ob er Shale aufhalten oder sie unterstützen sollte, folgte ihr langsam. Oghren, dem Ritter aufhalfen, Leliana, Wynne und Morrigan bildeten einen Kreis um die Elfen, unentschlossene Gesichter, besorgt.

 

„Sieh sie dir an, deine sogenannten Freunde“, spottete Taramar, der hinter seiner Tochter stand, die Arme leicht erhoben, bereit, einen Angriff abzuwehren, „Ist das Loyalität? Sie haben Angst vor deiner Stärke. Sie fürchten deine Macht. Sie werden nichts anderes als die Templer tun. Du kannst mit mir kommen. Loghain dienen. Ruhm erlangen. Wenn wir gemeinsam reisen, kann uns nichts und niemand aufhalten. Wenn erst Loghain das Sagen in Denerim hat, werden wir ihm zeigen, zu was Blutmagie im Stande ist.“ Seine eisigen Augen glitten zu dem Mabari, der schwer atmend auf dem Boden lag. Sein Fell war blutverklebt. „Ebenso schwach wie der echte Taref. Wer hätte gedacht, dass du all mein Können erbst, Aphrael.“

Die Wächterin verzog nicht einmal den Mund, blinzelte nicht, starrte blind in Alistairs Richtung. Jener wusste nicht, was er noch sagen sollte. Sie musste wissen, dass sie zu ihm gehörte, zu ihnen allen. „Bitte“, war alles, was ihm über die Lippen kam.

Taramar legte seine Hände auf ihre Schultern. „Alle Türen dieser Welt“, erinnerte er sie, „wir gemeinsam.“

„Ja“, antwortete Aphrael mit heiserer Stimme.

 

Alistair kämpfte gegen den hochnotpeinlichen Drang an, in Tränen auszubrechen. Er hatte sich noch nie in seinem Leben so elend gefühlt – und er hatte bereits vieles aushalten müssen.

 

Plötzlich neigte Aphrael den Kopf, um ihre Unterarme rankte sich die Blutmagie wie Kletterpflanzen. „Wir beide“, lächelte sie, „aber du verdienst mich nicht.“ Sie wirbelte auf einem Bein herum, entließ die Magie, die krachend in die Brust ihres Vaters einschlug. Der Elf blieb auf den Beinen, sein Gesicht wurde kalkweiß. Über seinen Handflächen flackerte schwarzes Feuer, grollend formte er es zu zwei Geschossen. „Du wagst es…!“

In diesem Moment sah Alistair Zevran. Den blonden Elf hatte er völlig vergessen. Aus dem Nichts sprang Zevran dem größeren Mann auf den Rücken, eine Hand riss den Kopf an den langen dunklen Haaren zurück, die zweite schoss mit einer Klinge vor und riss in dessen Kehle ein obskures, blutiges Grinsen. In einer Fontäne spritzte Blut hervor, verfärbten die Ränder des schaurigen Mundes dunkelrot.

Zevran rollte sich nach hinten ab, um nicht mit Taramar zu Boden zu gehen. Die Klinge, die eben noch in seiner Hand lag, klapperte zu Boden, als Aphrael zusammenbrach.

 

Ihr Körper sackte einfach zusammen, Alistair ließ sein Schwert fallen und er fing sie auf. Seine Gefährten drängten sich um sie, die lauten Stimmen, die Fragen stellten, Antworten verlangten sowie gaben, rauschten ungehört an ihm vorbei.

Den einzigen Blick, den er sah, war der Zevrans. Die braunen Augen waren vor Angst um die Wächterin eingetrübt, sein Mund war ein dünner Strich. „Sie braucht unbedingt Ruhe.“

„Ich werde mich persönlich darum kümmern.“ Alistair nahm den leblosen Körper auf seine Arme. „Wynne? Könnt Ihr sehen, was Ihr für Taref tun könnt? Er muss unbedingt wieder gesund werden.“

„Natürlich.“ Das Gesicht der weißhaarigen Magierin war aschgrau. „Sagt nur, wenn Ihr unsere Hilfe noch benötigt.“

Er bedankte sich, nahm Eamon das Versprechen ab, nicht gestört zu werden, und brachte Aphrael nach oben in den zweiten Stock, in dem sich ihr Zimmer befand, das Eamon ihr zur Verfügung gestellt hatte.

 

Der schmale Körper der Elfe sah auf dem Bett winzig aus. Alistairs Hände zitterten, also ballte er sie zu Fäusten. Ihre Augenlider zuckten, flatterten auf. Mit einem leisen Keuchen setzte sie sich auf, sah sich mit gerunzelter Stirn um.

„Wie geht es Euch?“, fragte Alistair, bemüht, seine Stimme ruhig zu halten und sie nicht an den Schultern zu packen und wie wild zu schütteln. Er war tausend Tode vor Angst gestorben.

Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie kniff sie zusammen. „Ist er wirklich tot?“ Ihre Stimme war immer noch heiser.

„Ja.“

„Ich will, dass er…“ Sie machte eine kurze Pause, schluchzte. „Er muss verbrannt werden. Nur um ganz sicher zu gehen.“

„Ich werde es sofort veranlassen und mich persönlich darum kümmern.“

„Nein!“

Ihr Aufschrei hielt Alistair zurück. Fragend drehte er sich zu ihr herum. Verlegen knotete sie die Hände in ihrem Schoß, während Tränen über ihre blassen Wangen rannen. „Könntet Ihr mir Gesellschaft leisten? Ich will nicht allein sein.“

Er rang sich ein Lächeln ab. „Natürlich. Braucht Ihr etwas? Wie wäre es mit einem Schluck Wein? Wein würde Euch sicher gut bekommen.“ Eine Antwort wartete er nicht ab, sondern ging schnurstracks aus dem Zimmer. Sie weinen zu sehen, brach sein Herz entzwei.

 

Der Wein war schnell geholt. Alistair hatte seinen Gefährten alle Fragen beantwortet, soweit es ihm möglich war, und Zevran sorgte dafür, dass die Leiche des Maleficar auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Der Gesichtsausdruck des Meuchelmörders machte Alistair mehr Sorgen, als er sich eingestehen wollte. Zevrans ernste Seite kam immer öfter zum Vorschein, immer dann, wenn es um Aphrael ging.

Der ehemalige Templer schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben, klopfte gegen die Holztür und trug eine Flasche Wein sowie zwei Becher nach drinnen.

 

Bei dem Anblick der Elfe ließ Alistair alles fallen, stolperte über seine Füße und konnte sich gerade noch am Bett abfangen.

Sie saß nackt darauf, das Haar, das sonst praktisch geflochten oder hochgesteckt war, bedeckte über ihre Brüste.

Alistair starrte sie an, unfähig, irgendetwas zu sagen. Aphrael lächelte zittrig, beugte sich nach vorn, nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und küsste ihn. Kein sanfter, vorsichtiger Kuss, sondern fordern, hilfesuchend.

Mit einem Seufzen kniete sich Alistair an das Fußende des Bettes und schloss sie in seine Arme. Ihre Haut war kalt, ihre Finger glitten rastlos durch sein helles Haar. Sie unterbrachen den Kuss, um Atem zu holen. „Ich brauche dich, Alistair.“

Der Graue Wächter lächelte über ihre Worte, half ihr dann aber, seine Kleidung loszuwerden. Vorsichtshalber verriegelte er die Tür von innen, ehe sie gemeinsam auf das Bett glitten.

Zu gern hätte er ihren Körper ein weiteres Mal erkundet, jede Stelle ihrer Haut gekostet, doch Aphrael war ungeduldig und er fand sich bald zwischen ihren Schenkeln wieder.

Sie war heiß und eng, sie war perfekt.

Alistair wünschte sich, sie könnten sich stundenlang einfach nur im Bett aufhalten, einander lieben, vergessend, dass da draußen ein Erzdämon mit seiner Armee wartete. Keine Verderbnis, die sie aufhalten mussten, kein Druck, keine Erwartungen. Nur sie beide.

Ihr verhaltenes Stöhnen brachte ihn zurück in die Realität. Ihr fiebriger Blick war auf sein Gesicht gerichtet. Alistair lächelte und küsste ihre feuchten Lippen. Er nahm mit Freuden das, was der Augenblick herzugeben vermochte. Mehr konnte er nicht verlangen.

 

Etwas später ruhte sein Kopf auf ihrem nackten Bauch, ihre Finger zogen sanfte Muster über seine Schulter und seinen Oberarm. Alistair war schläfrig, doch er spürte ihre Angespanntheit, also hob er fragend den Kopf. „Was hast du auf dem Herzen?“

Aphrael lächelte schief. „Wieso denkst du-“

„Dich beschäftigt etwas“, unterbrach er sie sanft, „Was ist es?“

Ihr Lächeln drohte zu erlöschen, ihre Augen fixierten einen imaginären Punkt im Raum. „Anora.“

Mit dieser Antwort hatte Alistair nicht gerechnet. Er setzte sich auf, zog die Decke ein wenig höher, damit ihr nicht kalt wurde. „Anora?“

„Erlina behauptet, dass sie von Loghain eingesperrt wurde. Es klingt alles nach einer Falle. Trotzdem glaube ich, ich muss ihr helfen.“ Sie packte die Decke und wickelte sich darin ein, lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes und zog die Beine an. „Sollte es auch nur ansatzweise die Wahrheit sein – wie kann ich zulassen, dass ein Vater seiner Tochter so etwas antut?“

Alistairs braune Augen verfinsterten sich, er neigte den Kopf. „So wenig ich für Loghain auch übrig habe, aber niemals solltest du ihn und Taramar vergleichen. Dein Vater-“

„… hat nichts anderes getan. Als er erkannt hat, welches Potential ich inzwischen entwickelt habe, hat er den Plan, mich umzubringen, zu seinen Gunsten umgewandelt. Loghain braucht Anora als Schachfigur. Sie ist beim Volk beliebt und versteht etwas von Regentschaft. Du brauchst mich nicht zu schonen, Alistair. Ich weiß, wie mein Vater funktioniert. Vermutlich hätte er mich bei der nächstbesten Gelegenheit getötet, wenn er erreicht hat, was auch immer er erreichen wollte. Ich weiß nicht, ob ich Loghain etwas Derartiges zutraue. Aber… wer traut es einem Vater schon zu, dass er seine Kinder der Macht wegen umbringen will?“ Ihr Lächeln scheiterte endgültig.

„Ihr verlangt zu viel von Euch selbst. Ich könnte mit den anderen gehen und Anora helfen, sofern das möglich ist. Ich würde sogar Zevran mitnehmen“, fügte er noch mit gehobenen Augenbrauen dazu. „Er ist ja unerträglich, aber ein Meister seines Faches.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass er…“ Aphrael schluckte, ihre Stimme brach, „… dass er meinen Vater töten würde.“ Ihre Augen wurden groß. „Bin ich schlecht, weil ich deshalb erleichtert bin? Dass er es zu Ende gebracht hat und ich das nicht tun musste?“

„Nein.“ Alistair umfasste ihr Gesicht. Ihre blasse Haut hob sich von seiner sonnengebräunten ab. „Ihr habt in den letzten Wochen mehr erlebt als die meisten anderen Menschen oder Elfen oder Zwerge. Ihr seid angeschlagen. Und trotzdem könnte ich mir keine andere Anführerin wünschen, Aphrael.“

Sie überbrückte die kurze Distanz zwischen ihnen. Der Kuss war dankbar, sanft, nicht stürmisch, nicht herausfordernd. „Und ich könnte mir keinen besseren Mann an meiner Seite wünschen.“ In ihre Augen kehrte endlich Leben zurück. „Dennoch werde ich mit nach Anora suchen. Wir sind Graue Wächter, Liebster. Wir sind die, auf die alle anderen zählen. Wir sind die, die ihre Schilde hoch und ihre Schwerter auf den Feind halten. Wir sind unüberwindlich. Unbesiegbar. Unsere emotionalen Belange spielen dabei keine Rolle.“

„Weißt du, dass du wunderschön bist, wenn du herrisch wirst?“, neckte Alistair die Elfe und sie lachte auf, ihre Wangen röteten sich. Ihr Anblick zerdrückte sein Herz in jener unguten Vorahnung. „Ich liebe dich.“

 

Ihr Lachen erstarb augenblicklich. „Alistair…“

„Es ist nicht der richtige Zeitpunkt. Der wird vielleicht nie kommen. Vielleicht sterbe ich morgen. Vielleicht stirbst du morgen. Es ist doch jedem klar. Wir Wächter sind unüberwindlich und unbesiegbar, du hast Recht. Ebenso meine Liebe zu dir. Egal, welche Entscheidung du triffst, egal, welcher Herausforderung du dich stellen musst… bitte denke immer daran.“

„Das… bedeutet mir sehr viel, Alistair“, erwiderte Aphrael nach einem Moment des Schweigens, „du… ahnst nicht, wie viel.“ Ihre Fingerknöchel strichen über seine Wange. „Ich liebe dich auch.“

„Und trotzdem höre ich Zweifel in deiner Stimme.“ Alistair versuchte, den Stachel der Sorge zu ignorieren, doch er steckte bereits viel zu tief in seinem Fleisch.

Sie versuchte ihre Nervosität mit einem Kichern zu tarnen. Es gelang ihr nicht. „Selbst wenn wir die Verderbnis aufhalten und der Erzdämon stirbt – unsere Zukunft sieht nicht eben rosig aus, nicht wahr? Wie viel Platz bleibt dann für Liebe?“

Aphrael hatte Recht, Alistair wusste es. Aber er dachte nicht daran, jetzt nach- oder aufzugeben. „So viel, wie wir ihr einräumen können.“ Er hielt inne, als Schritte vor der Tür erklungen. „Unverwüstlich. Unüberwindlich. Unbesiegbar.“ Seine Finger verflochten sich mit den ihren. „Solange der Erbauer und Andraste es uns gönnen.“

Die Magierin drückte seine Hand. „Unbesiegbar.“

 

 

*******************

 

Loghains Blut bildete eine Pfütze um ihre Stiefel. Wie betäubt starrte Alistair auf den toten Teryn, neben dem Anora hockte und um ihren Vater trauerte.

Aphraels Finger zuckten unkontrolliert, ihr Blick ging ins nichts.

Hilfesuchend sah sich Alistair um. Eamon legte ihm eine Hand auf die Schulter und sagte etwas zu ihm, das er nicht verstand. Die Worte rauschten nur durch sein Gehör. Seine gesamte, fassungslose Aufmerksamkeit lag auf der Grauen Wächterin, die Loghain seine gerechte Strafe hatte zukommen lassen.

 

Das Landthing war weitgehend friedlich verlaufen. Fast alle Adligen hatten sich auf die Seite der Wächter geschlagen.

Der schmerzhafte Dolchstoß des Schicksals hatte Alistair nur ein paar Minuten später direkt ins Herz getroffen.

 

„Vielleicht wollt Ihr kurz allein sein?“, schlug jetzt Wynne vor, deren Stimme endlich seine Lähmung löste. Stockend drehte er den Kopf, gab mit einem abgehackten Nicken zu verstehen, dass er diesem Rat folgen würde.

Ohne die wartende, verwirrte Menge zu beachten, packte er Aphraels Handgelenk – nicht eben sanft – und zerrte sie fort, in den nächsten, leeren Saal. Obwohl er es nicht wollte, zwang er sich, seinen Griff zu lösen und starrte sie an. Sein Hals war eng, wenngleich alles in ihm kochte und bis zur Kehle brodelte. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Sagte keinen Ton.

Die Elfe ließ endlich den Dolch fallen, der Loghains Tod besiegelt hatte. Ihre Hand war blutbespritzt. „Ein Grauer Wächter zu sein bedeutet mehr, als nur ruhmreich aus einer Schlacht hervorzugehen“, presste sie schließlich heraus.

„Es bedeutet, seinem Geliebten eine Klinge direkt in die Brust zu rammen und diese dann umzudrehen?“, grollte Alistair mit spröder Stimme.

„Es bedeutet, die richtigen Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie keinem gefallen. Auch wenn diese Entscheidungen wehtun. Wenn sie eine unbesiegbare Liebe einfach zu Fall bringen.“

„Und wenn sie andere, besonders die Betroffenen, unglücklich machen.“

Ihre schneegrauen Augen waren feucht, als sie ihn ansah. „Du weißt, dass es keine andere Lösung gab.“

„Und du weißt, dass ich niemals ein König sein wollte.“ Nur mit Mühe hielt sich Alistair davon ab, sie an sich zu ziehen und sie zu küssen, bis ihr die Luft ausging.

„Welche Alternativen gab es, Liebster? Anora als Königin? Loghain? Zwei Verräter sollen über das Schicksal von Fereldens Bürger bestimmen?“

„Es gab keine Alternativen“, gab der Wächter widerwillig zu. Er hatte gewusst, dass es so kommen wurde. Er hatte nur nicht das Ausmaß dieser Katastrophe erahnt. Was war schon eine Verderbnis gegen dieses Szenario?

„Hätte es eine gegeben, ich hätte sie gewählt.“ Ihre Stimme war ruhig, beinahe gefasst. Doch er sah in diesem typischen Sturm in ihren Augen, dass sie mindestens so sehr wie er litt. „Doch es ist unsere Aufgabe, die Führung zu übernehmen, wenn jeder andere sie ablehnt. Wir sind Graue Wächter, Alistair. Wir versprechen jedem Bürger von Ferelden eine sichere Zukunft, ein sicheres Leben. Um dieses Versprechen zu halten, müssen wir…“

 

Alistair küsste sie, drängte sie dabei an die steinerne Wand. Ihre Worte waren wahr und genau das machte es so schmerzhaft. „Es ist nicht fair“, flüsterte er und Aphrael klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihm fest. „Das ist es nicht.“ Abermals trafen sich ihre Lippen, vielleicht das letzte Mal. „Aber du wirst ein großartiger König werden, Alistair. Ich vertraue dir. Du wirst deine Untertanen nicht enttäuschen.“

„Deine Zuversicht wünsche ich mir.“ Sein Lachen war schmerzerfüllt. „Was wirst du tun?“

„Da sie mich niemals als deine Königin akzeptieren werden, werde ich versuchen, die Grauen Wächter wieder aufzubauen. Geeignete Rekruten suchen. Umherreisen.“

„Das klingt… wunderbar.“ Er zwang die Worte aus sich heraus. „Kann ich dir nicht als neuer König befehlen, an meinem Hof zu bleiben?“

Sie lachte leise. „Ich werde Euch besuchen, Majestät.“

„Und wann?“ Er nahm eine ihrer dunkelroten Strähnen in die Hand, ließ sie durch seine Finger gleiten. Mit der Antwort ließ sie sich bedenklich lang Zeit. „Wenn ich mir sicher bin, dass ich dich ansehen kann, ohne dir sofort um den Hals fallen zu wollen. Und wenn ich aufgehört habe, mir Nacht für Nacht die Augen aus dem Kopf zu heulen, weil deine Abwesenheit ein körperlicher Schmerz ist.“

Alistair ließ seine Hände sinken. „Es… wird es lange dauern?“

Aphrael nickte. „Ich befürchte es.“ Sie gab ihm keine Chance, noch etwas zu sagen, sondern straffte die Schultern und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht. „Kommt, Majestät. Sprecht zu Eurem Volk. Und dann lasst uns einen Erzdämonen und seine Verderbnis bezwingen.“

 

Das Lächeln, das sich Alistair ins Gesicht zwang, tat mehr weh als jede Kriegswunde. Ab jetzt hatte er offiziell ein Volk zu beschützen. Als König, als Grauer Wächter. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass, seit Duncan ihn rekrutiert hatte, sein Leben eine solche Wendung nahm.

Und dann, von einer Sekunde auf die nächste, in sich zusammenfiel wie ein Kartenhaus bei einem Erdbeben.

Epilog

Mit gemischten Gefühlen sah der König von Ferelden der Kutsche nach, die in Richtung Sonne fuhr. Der große, orangeglühende Ball neigte sich der Erde zu, würde bald versinken. Er hatte Verständnis dafür, dass seine Königin morgen allein sein wollte. Die vergangenen zwei Jahre war sie ebenfalls um diese Zeit abgefahren. Sie war in guten Händen, Teagan würde ein Auge auf sie haben, einige fähige Männer begleiteten sie.

Alistair wagte einen Blick in den Himmel, der sich langsam dunkel verfärbte. Ein atemberaubender Anblick, wie immer.

 

„Noch eine Kutsche, Majestät“, informierte ihn ein Stallknecht, der eben noch dafür gesorgt hatte, dass die Pferde richtig eingespannt waren, über das Offensichtliche.

„Sieht wohl so aus, als ob wir noch Gäste bekämen, was?“ Alistair hob eine Hand. „Geh nur hinein und iss endlich etwas. Ich kümmere mich selbst darum.“

„Sehr wohl.“ Der Junge lächelte ihn an und verschwand. Zurück blieben ein König und einige Wachen, die um die Residenz herum postiert waren.

Je näher die Kutsche kam – sie kam direkt von der gegenüberliegenden Straße – desto mehr glich sein Magen einem Steinklotz. Schweiß brach ihm aus, seine Handflächen wurden feucht. Sein Herz klopfte in der Kehle.

Drei Jahre waren seit dem Sieg über den Erzdämon und seine Verderbnis vergangen, drei Jahre, in denen er hatte ein König sein müssen, der er nicht sein wollte, drei Jahre, in denen das Volk endlich wieder in Frieden leben konnte und dennoch war seine Reaktion bei dem Gedanken an die Graue Wächterin, die ihm zum Wohle aller das Herz gebrochen hatte, immer noch dieselbe. Er wusste nicht, ob es inzwischen ein wenig lächerlich wurde, doch es gab kaum einen Tag, an dem er nicht an sie dachte.

 

Die Kutsche kam vor ihm zum Stehen. Der Kutscher grüßte respektvoll vom Kutschbock aus und Alistair bedachte ihn mit einem knappen Lächeln.

Etwas Dumpfes schlug von innen an den Verschlag und der König hob eine Augenbraue. Abermals rüttelte es. Wachsam griff Alistair von außen zum Griff, eine Hand hielt er in der Nähe seines umgegurteten Schwerts. Beim Versuch, die kleine Tür zu öffnen, bemerkte er, dass sie klemmte.

Mit beiden Händen riss Alistair die Tür auf und konnte gerade noch zur Seite gehen, als etwas – vielmehr jemand – rückwärts herausfiel und ächzend auf der Erde liegen blieb.

 

Überrascht beugte sich Alistair über den blonden Elfen. „Geht es Euch gut?“

„Das müsstet Ihr noch mittlerweile gewohnt sein, oder, König Alistair? Dass sich die Leute bei Eurem Auftauchen sofort in den Staub werfen. Ich wollte nur höflich sein.“ Zevran verdrehte die Augen und klopfte behelfsmäßig seine Kleidung ab. „Ich rede schon ewig, dass wir eine neue Kutsche brauchen oder diese zumindest repariert werden muss, aber ich könnte genauso gut mit einer Wand sprechen, die würde wenigstens zuhören.“

Alistair wandte seinen Blick von dem Meuchelmörder, mit dessen Ankunft er nicht gerechnet hatte, ab, hinein in den Innenraum der Kutsche. Ihre Finger lagen bereits am Rahmen, der Kopf folgte nach. Rubinrotes Haar, das zu einem kunstvollen Zopf geflochten war, kam zum Vorschein, dann ein bleiches Gesicht mit schneegrauen Augen.

 

Der König vermutete, sein Herz würde jede Sekunde explodieren. Aber wenigstens hatte er sie im Angesicht seines Todes noch einmal gesehen.

 

Sie streckte die Hand nach ihm aus und Alistair besann sich seiner Manieren. Er half ihr aus der Kutsche, ihre Finger krallten sich fest in seine Hand, mit der freien Hand sammelte sie den Rock ihres Gewandes zusammen.

Sein Mund wurde trocken, das Atmen fiel ihm schwer. Ihr Kleid war blutrot, goldene und schwarze Stickereien zogen sich über Rock und Mieder. Ihre Augen glänzten, ihr Mund lächelte. „Alistair“, begrüßte Aphrael ihn, ohne irgendeinen Titel zu benutzen.

Er grinste, packte sie an der Taille und wirbelte sie herum. Sie lachte schreiend, strampelte, damit er sie wieder auf die Erde ließ und umarmte ihn. „Es tut so gut, Euch zu sehen.“

Am liebsten hätte er sie festgehalten und sie geküsst. Er würde es nicht tun, nicht in Gegenwart von Zevran, nicht im Blickfeld seiner Wachen. „Graue Wächterin“, erwiderte er feierlich.

Zevran räusperte sich übertrieben laut. „Haben wir nicht etwas vergessen?“

Alistair grinste ihn spöttisch an. „Wollt Ihr auch durch die Luft fliegen? Ich habe neue Stiefel, ich würde sie gern an Eurem Hinterteil ausprobieren.“

Der Elf lachte laut auf. „Beim Erbauer, unser König ist schlagfertig geworden.“ Er zwinkerte Aphrael zu. „Eigentlich meinte ich dich.“

 

Die vertraute Ansprache war eine Ohrfeige für Alistair, doch er schob den Gedanken schnell beiseite. Er hatte Zevran Aphraels Leben unter Flüchen, Drohungen und Betteln anvertraut, sie waren schon damals gut miteinander ausgekommen. Es war nur verständlich, dass sie lange Reisen und viele Feinde noch enger aneinandergeschweißt hatten.

„Alistair?“ Aphrael ging zurück zur Kutsche. „Ich möchte dir gern jemanden vorstellen.“ Ihre Hände zielten ins Innere der Kutsche. Einen Herzschlag später tippelten kleine Füße die schmale Treppe herunter. Hände klammerten sich um Aphraels Finger.

 

Jetzt war es ein höllischer Tritt in den Bauch. Alistair starrte auf den Jungen, der ihn mit großen, braunen Augen unter seinen langen roten Haaren heraus ansah. Spitze Ohren ragten zwischen den wilden Strähnen heraus. Aphrael legte schützend ihre Hände auf die Schultern des Kindes. „Das ist Duncan. Liebling, sag hallo. Das ist Alistair.“

„Der König von Ferelden“, ergänzte Zevran und klopfte gegen die Kutschwand. „Hey, Schnarchnase, wir sind da!“

Etwas grunzte, dann wackelte die ganze Kutsche und Taref sprang heraus. Er war so schnell an Alistair hochgesprungen, dass jener große Mühe hatte, sein Gleichgewicht zu halten. Unter lautem Gebell wurde die Begrüßung abgeschlossen und Taref bezog Stellung nehmen dem Kleinkind, das immer noch an Aphraels Hand hing. Der Junge klopfte dem Hund gegen die Seite, seine kleinen Finger glitten über das kurze Fell.

 

Alistair schluckte und versuchte, seine Sprache wiederzufinden. Dieses Kind konnte kaum älter als zwei Jahre sein. Das Rot von Aphraels Haar war einzigartig, der Junge konnte nur ihr Sohn sein. „Ich… lasst mich Euch Eure Zimmer zeigen. Ich hatte nicht damit gerechnet, drei Gäste empfangen zu dürfen.“ Taref bellte protestierend und Alistair hob abwehrend die Hand. „Vier, ich bitte um Verzeihung.“

„Tut mir leid, aber… sie wollten mich nicht allein gehen lassen.“ Aphrael bedachte Zevran mit einem ärgerlichen Blick, den er mit einem üblichen anzüglichen Grinsen hinnahm. „Obwohl ich als Graue Wächterin gut auf mich aufpassen kann.“

„Natürlich, aber du hast drei Männer, die dich beschützen. Gib uns nicht das Gefühl, nur nutzlose Dekoration zu sein.“ Zevran nahm Duncan auf den Arm und Alistair suchte in ihren Gesichtern unweigerlich nach Gemeinsamkeiten. War Zevran der Vater? Gab es jemand anderen? Oder… Alistair dachte an die Nächte zurück, in denen er mit der Magierin das Lager geteilt hatte. Obwohl die Chancen sehr schlecht standen, dass Graue Wächter Nachwuchs zeugten, so war es nicht unmöglich.

Erst Morrigan, dann Aphrael? Der Gedanke hinterließ einen schrecklich bitteren Geschmack auf seiner Zunge. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um. Aphrael hatte nicht lange bleiben wollen, als sie sich zu diesem Besuch hatte überreden lassen, doch Alistair hatte sie überzeugen können, wenigstens eine Nacht zu bleiben. Nur eine einzige Nacht nach mehr als drei Jahren, mehr wollte er nicht. Jetzt wurden seine Pläne durch Zevran (wieder einmal) und das Kind durcheinander gebracht.

 

Der König übersah die Pracht seiner Unterkunft gern, seine Besucher jedoch nicht. Es überraschte ihn, wie geduldig Zevran mit dem Jungen war, ihm einige Dinge erklärte oder ihn andere einfach angreifen ließ. Aphrael blieb stumm, ihre Augen glitten umher, immer wieder über Duncan, oft über ihn selbst, wie Alistair bemerkte.

Er führte sie nach oben und bat eine Zofe, dafür zu sorgen, dass Duncan einen Schlafplatz und einige Spielsachen und Taref eine ordentliche Verpflegung bekam.

„Nun, geizig seid Ihr schon mal nicht geworden.“ Zevran stieß Alistair mit dem Ellenbogen an und ließ Duncan auf das breite Himmelbett fallen. Der Junge jauchzte und streckte die Arme nach ihm aus, damit er ein weiteres Mal in die Kissen plumpsen konnte. Taref stemmte sich auf die Hinterläufe und beobachtete den Jungen mit heraushängender Zunge wachsam.

 

Das Bild war auf eine gewisse Weise morbid, befand Alistair, letztendlich gewann jedoch die Freude, Aphrael - und Zevran - zu sehen, überhand. Ihm war nicht entgangen, dass beide großzügig bewaffnet waren, doch das war eine Angewohnheit, die er selbst nie abgelegt hatte.

„Es ist wunderschön“, urteilte Aphrael mit sanfter Stimme, berührte sacht seinen Unterarm. „Danke für die Einladung.“

„Ich glaube, es war wohl eher ein Befehl. Drei Jahre habt Ihr mich warten lassen.“ Anklagend, aber mit einem Lächeln, wandte sich Alistair der Elfe zu. Sie war so schön wie eh und je. Eine Narbe zog sich inzwischen quer über ihre linke Wange. Seine Fingerspitzen kribbelten. „Ich freue mich, Euch zu sehen.“

Zevran achtete darauf, dass Duncan nicht aus dem Bett fiel (wobei auch Taref dieser Aufgabe durchaus gewachsen war), neigte jedoch das Gesicht soweit, dass er Alistair einen kurzen Blick zukommen lassen konnte.

„Können wir uns irgendwo noch ein wenig unterhalten? Duncan sollte eigentlich langsam ins Bett… er hat während der Fahrt kein Auge zugetan.“

„Ich bleibe bei ihm“, sagte Zevran, als wäre es selbstverständlich für ihn, auf ein kleines Kind aufzupassen, „geht ihr nur.“

„Danke.“ Aphrael lächelte, küsste Duncan auf die Stirn und wünschte ihm eine gute Nacht. Taref bekam einen kurzen Klaps auf die Flanke, den er mit einem leisen Grunzen quittierte. Spätestens, als Duncan ihren Kuss feucht auf ihrer Wange erwiderte und „Nacht, Mami“, sagte, wusste Alistair, dass er richtig gelegen hatte. „Wir könnten in den Pavillon gehen. Die Nächte sind nicht mehr so kalt“, schlug er vor, damit sich der Kloß, der sich in seinem Hals bildete, nicht erst verfestigte.

„Wunderbar.“ Die Elfe hakte sich bei ihm unter und sie durchquerten das große Entree der königlichen Residenz. Auf halbem Weg hörten sie Zevrans Stimme rufen: „Oh, Alistair? Habt Ihr eine Minute für mich? Nur um der alten Zeiten willen.“

Aphrael knuffte ihn in die Seite. „Ich werde warten. Wo muss ich hin?“

 

Alistair erklärte ihr den Weg - er war leicht zu merken - und wartete, bis die Wächterin aus seinem Blickfeld verschwunden war, ehe er sich dem Meuchelmörder zuwandte. „Wie kann ich Euch helfen?“

„Es ist schon eine Weile her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“ Zevran lächelte nichtssagend und das beunruhigte den König von Ferelden. „Wir haben viel zusammen durchgestanden. Eine Verderbnis aufgehalten. Einen Erzdämon besiegt. Gelacht, gefeiert, getrauert.“

„Kommt zur Sache, Zevran. Zeit ist auch heute noch kostbar.“ Alistair verschränkte die Arme vor der Brust.

Der Elf verbeugte sich spöttisch. „Wegen dieser alten Zeiten möchte ich Euch warnen. Ihr seid im Begriff, mit meiner Ehefrau zu sprechen, Majestät. Wenn sie auch nur eine Träne wegen Euch vergießt, wird Ferelden einen neuen König brauchen. Ich hatte genug damit zu tun, all die anderen Tränen zu trocknen, die sie wegen Euch bereits verschenkt hatte. Jedem anderen Mann hätte ich einfach meinen Dolch ins Herz gerammt, aber bei Euch mache ich eine Ausnahme.“ Seine Mundwinkel bogen sich zu einem eisigen Grinsen.

Alistair zählte langsam bis zehn, um Zevran nicht sofort bewusstlos zu schlagen, obwohl er sich nicht sicher war, in der Zwischenzeit möglicherweise eine Klinge zwischen den Rippen stecken zu haben. „Ihr habt sie schon damals geliebt, oder?“

„Schuldig im Sinne der Anklage.“ Zevran hob die Schultern.

„Weiß sie das?“

„Natürlich.“

Alistair atmete scharf aus. „Um der alten Zeiten willen will ich Euch bitten, gut auf sie Acht zu geben. Sie zu beschützen. Und ihr Herz nicht zu brechen. Wenn ich Euch nicht kennen würde, wäre es ein königlicher Befehl.“

Zevran salutierte grinsend. „Selbstverständlich, König Alistair von den Grauen Wächtern.“ Sein Grinsen erlosch. „Ihr wisst, dass sie nirgendwo besser aufgehoben sein könnte als bei mir.“

„Das ist fraglich“, erwiderte Alistair und drehte einem Assassinen, seinen Instinkten zum Trotz, den Rücken zu. Er wollte Aphrael nicht länger warten lassen. Auf dem Weg nach draußen gestand er sich ein, dass Zevran Recht hatte. Und sicherlich wusste der Elf darum. Ein frustrierender Gedanke.

 

Die Wächterin stand in dem weißen Pavillon, die Hände an der Brüstung abgestützt, und genoss die Abendluft. Die Kerzen hier waren bereits entzündet worden, einige Sitzmöglichkeit und Kissen standen und lagen verstreut herum. Alistair war selten hier. Dies war ein Ort, den Liebende aufsuchten.

„Zevran, ja?“, sprach er das Erste aus, das ihm durch den Kopf ging.

Sie drehte sich nicht einmal zu ihm um, ihr leises Lachen jagte ein Kribbeln durch seine Magengrube. „Ich wusste, dass er nicht lange damit hinter dem Berg hält.“

„Liebst du ihn?“

„Ob ich ihn liebe?“ Aphrael sah ihn an, als er neben sie trat. „Ja, das tue ich. Ich habe angefangen, ihn zu lieben, weil er Duncan wie seinen eigenen Sohn behandelt.“

Seine Finger krampften sich um das Geländer. „Heißt das… er…“

Sie lächelte schmerzlich. „Spielt das denn eine Rolle?“

„Für mich schon.“ Seine Augen blitzten. „Erst rennt Morrigan mit meinem Kind davon, und dann-“

Ihr Zeigefinger landete auf seinen Lippen. „Ehrlich gesagt, Alistair, weiß ich es nicht. Vielleicht wird es sich zeigen, wenn er älter wird, doch momentan… kann ich es nicht genau sagen.“

Er ächzte. „Das war nicht die Antwort, die ich haben wollte.“

„Tut mir leid, aber das ist die Wahrheit.“ Ihre Fingerspitzen glitten von seinem Mund über seine Wange. „Wie geht es Anora?“

„Gut, denke ich. Morgen ist der Todestag von Loghain. Um die Zeit ist sie nie hier.“ Alistair fuhr sich über die Haare. „Sie wird nach wie vor vom Volk geschätzt. Sie ist eine gute Königin. Eine kluge.“

Aphrael lächelte. „Das ist sie. Plant ihr… Nachwuchs?“

„Ein Thronfolger muss her, ja, aber… bisher war alles ergebnislos. Wir haben getrennte Schlafzimmer. Es ist nicht das gleiche wie mit dir.“

 

Ihre Arme landeten um seinen Hals, ihre Lippen pressten sich gegen die seinen. Alistair zog sie enger in seine Umarmung, erwiderte den Kuss hungernd.

Unruhig glitten seine Hände über ihren Leib, tasteten, erforschten. Er hatte keine Vorstellungen gehabt, wie sehr er wie in Wahrheit vermisst hatte.

 

„Alistair“, hielt sie ihn davon ab, ihre Röcke noch höher zu ziehen, „warte.“

Widerwillig öffnete er die Augen, suchte in ihrem Gesicht nach dem Grund für ihr Zögern. Sie lächelte immer noch, dieses Mal jedoch angestrengter. „Alistair, nicht hier. Du bist der König. Ich bin eine verheiratete Frau. Was glaubst du, passiert, wenn sie uns dabei erwischen?“

Er brummte, um sein Missfallen auszudrücken, ließ ihr dann endlich genug Platz, um sich wieder ein wenig zu richten. „Du trägst keinen Ring.“

„Zev und ich haben auf Ringe verzichtet. Er hat mir das hier geschenkt.“ Sie zeigte auf ihr rechtes Ohr. Daran befestigt war ein hübscher goldener Ohrring. Sie trug nur diesen einen.

 

„Bist du glücklich mit ihm?“

„Im Rahmen meiner Möglichkeiten, ja.“ Die Elfe strich sein Wams glatt. „Nicht glücklich genug, als dass ich die Nacht bei ihm schlafen will, wenn ich auch in dein Bett darf. Glücklich genug, um deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben.“

„In meinem Bett ist genug Platz für dich“, entgegnete Alistair. Allein der Gedanke, sie endlich eine Nacht wieder im Arm zu halten, reichte aus, um sein Innerstes vibrieren zu lassen. Er wusste jetzt schon, dass der Abschied grässlich werden würde. Sie würde gehen, bevor Anora zurückkam, doch die Königin wusste, dass Aphrael hier war, dass sie auch in seinem Bett liegen würde. Er hatte Anora damals auf Drängen Eamons hin geheiratet. Rein logisch betrachtet war es ein kluger Schachzug, emotional jedoch… er hatte schmerzvoll erfahren, was es für die Psyche bedeutete, ein Grauer Wächter zu sein. Da waren Monster noch das kleinere Problem.

 

„Ich werde kurz mit Zevran sprechen“, sagte Aphrael ruhig, die Hand immer noch an seiner Brust, „warte am besten hier auf mich, hier finde ich dich wenigstens.“

Alistair stahl ihr einen weiteren Kuss. „Du willst ihm sagen, dass du…“

„Er wird es wissen. Er weiß es jetzt schon. Was dieses Thema angeht, so macht ihm keiner etwas vor. Als wir beschlossen haben… zu heiraten, haben wir lange darüber gesprochen. Alistair, er weiß, dass ich ihn auf meine Art liebe, aber er weiß auch, dass du… mir mehr bedeutest.“

„Das hat sich also nicht geändert?“, wollte er wissen, bemerkte nicht einmal, dass er sie schon wieder in seine Arme gezogen hatte.

„Nein, hat es nicht. Wie sagtest du? Unbezwingbar?“

„Ja.“ Seine Mundwinkel verzogen sich nach oben. „Das ist meine Liebe immer noch. Wird sie immer sein.“

Die Elfe stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sacht. „Lass mir nur ein paar Minuten mit Zevran. Duncan schläft bestimmt auch noch nicht.“

„Wann hast du gemerkt, dass du ein Kind erwartest?“

Sie hob die Schultern. „Erst nach deiner Krönung. Es war alles so viel, wir sind kaum zur Ruhe gekommen. Ich glaube, Zev hat es eher gewusst als ich.“ Auf seinen irritierten Blick hin lachte sie. „Er ist in einem Bordell aufgewachsen, weißt du noch? Was Schwangerschaften angeht, kennt er sich ganz gut aus.“

„Weshalb hast du ihn Duncan genannt?“

„Weil…“ Ihr Gesicht wurde ernst, in ihren Augen flackerte es. Sie tastete nach der Pavillonbrüstung und machte einen Schritt von ihm weg. „Ich dachte, falls es dein Sohn ist, würde dir der Name sicher gefallen.“

„Du hast Recht“, stimmte Alistair ihr zu, „dieser Name ist eine gute Wahl.“

„Ich kannte Duncan nicht so gut wie du. Nicht so lang. Aber ich weiß, dass er ein Vorbild für alle Grauen Wächter war. Für uns alle ist.“

„Was ist mit deiner Blutmagie? Wie kommst du zurecht?“

„Überraschend gut. Manchmal kocht alles unkontrolliert hoch, aber… Duncan und Zevran haben einen Sinn dafür entwickelt. Das klingt lächerlich, doch sie wissen es einfach. Sie schaffen es, mich zu beruhigen. Oder bringen sich rechtzeitig in Sicherheit. Taref ist auch eine große Hilfe.“

„Und was ist mit Duncan? Wird er auch ein …Maleficar?“

„Ich weiß es nicht.“ Sie seufzte mit geschlossenen Augen. „Ich befürchte es. Unser Erbe ist scheinbar nicht aufzuhalten.“

„Wirst du ihn in den Zirkel der Magi geben?“ Der Turm war mühsam wieder aufgebaut worden. Cullen hatte inzwischen den Vorstand angetreten – und war ein eiserner Herrscher über die Magier und Magierinnen.

„Nein. Auf keinen Fall. Ich werde ihm beibringen, was er wissen muss. Die Blutmagie ist die mächtigste Magie, die uns bekannt ist. Er wird sich schützen können, so wie ich mich schützen kann. Wie Taramar es konnte.“ Ihr Ton duldete keinen Widerspruch, dennoch wagte Alistair es: „Hast du vergessen, was mit Connor geschehen ist? Isolde wollte ihren Sohn nicht an die Magier verlieren… sie sind schrecklich dafür bestraft worden.“

Sie schnaubte. „Es gibt einen Unterschied zwischen magischen und nicht magischen Eltern. Mein Sohn wird weder von den Templern kontrolliert noch zu einem Besänftigten gemacht, wenn sein Erbe durchbricht.“ Aphrael raffte ihre Röcke. „Sehen wir uns gleich?“

Alistair nickte. Ihr Duft stieg ihm in die Nase, als sie nah an ihm vorbeiging. Er sah die Blutrunen auf ihrer Haut, sie pulsierten sacht. Doch anstatt sie gehen zu lassen, hielt er sie zurück: „Was glaubst du, wird die Zukunft bringen?“

 

Die Elfe erstarrte, drehte sich langsam zu ihm herum. „Worauf spielst du an?“

Der König von Ferelden zuckte mit den Schultern. „Auf alles. Wie geht es mir uns weiter? Den Grauen Wächtern? Glaubst du, es wird endlich Frieden geben?“

Ihre hellen Augen verdunkelten sich. „Es wird niemals Frieden geben. Frieden muss jedes Mal erkämpft werden und er ist teuer. Er wird mit Blut bezahlt. Was die Grauen Wächter angeht – ich werde mich demnächst wieder um sie kümmern. Ich hatte mich die letzte Zeit wegen Duncan zurückgehalten. Ich wollte wenigstens ein paar Jahre Mutter sein. Wir wissen nicht, wann das Ende kommt, wir wissen nur, dass es kommt. Nicht in einigen Jahrzehnten. Es könnte hinter jeder Ecke lauern. Heute. Morgen. In fünf Jahren.“

„Und was wird aus uns? Wie sieht unsere Zukunft aus? Immer wieder verstohlene, heimliche Treffen aller drei Jahre?“

Aphrael neigte den Kopf. „Es wird diese Treffen nicht mehr geben, Alistair.“

 

Er spürte, wie sämtliches Blut aus seinem Kopf wich. „Du willst…“

„Du brauchst einen legitimen Erben. Falls Duncan dein Sohn ist, so hat er keinen Anspruch auf den Thron. Er wächst als Duncan Arainai auf, vielleicht wird er ein Grauer Wächter. Aber keinesfalls wird er irgendetwas mit dem Königshaus Theirin zu tun haben. Du hast womöglich schon ein Kind an Morrigan verloren, du solltest dich gar nicht erst an Duncan gewöhnen.“

„Weshalb bist du dann gekommen? Um mir ein zweites Mal das Herz zu brechen?“ Alistair zwang sich zu einem Lächeln. Es wurde bitter, er konnte kaum den Mund bewegen. „Ich gratuliere, das hast du geschafft.“

 

„Was hast du erwartet?“ Sie sah ihn aufrichtig an, seine starke, unbesiegbare Graue Wächterin. „Ich liebe dich, Alistair. Ich liebe dich so sehr, dass ich für diese Liebe weder meine Familie oder die Zukunft von Ferelden aufs Spiel setzen werde.“

„Ist es das nicht wert?“ Alistair fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Alles tat ihm weh. Er hatte gedacht, er kam mit dem Schmerz inzwischen viel besser zurecht. Er hatte sich geirrt.

„Doch, das wäre es.“ Ihre Hände umfassten sein Gesicht. „Aber wenn wir nicht stark sind, mein Liebster, wer wäre es dann? Wenn jeder Grauer Wächter so entscheiden würde, wer würde die Menschen beschützen?“

„Ich…“ Dass in ihren Worten nur Wahrheit lag, machte es weder leichter noch weniger schmerzvoll. „Ich liebe dich.“

„Das weiß ich und es macht alles ein wenig erträglicher.“ Ihre Lippen glitten sacht über seine Stirn. „Dann trefft die Entscheidung, die eines Königs würdig ist, Majestät. Die Euer Volk beschützen wird.“

„Die Graue Wächterin, die nicht einmal von der Liebe bezwungen werden kann“, lachte er, doch seine Stimme klang brüchig, „wird immer an meinem Hof willkommen sein. Ich werde den Grauen Wächtern jedwede Unterstützung zukommen lassen, die sie benötigen.“

„Ich danke Euch.“

Als er aufsah, glitzerte es verdächtig in Aphraels Augen. „Und ständig behauptet irgendwer, die Liebe sei unbesiegbar.“ Alistair nahm ihre Hände, führte sie an seinen Mund. „Dabei ist sie die mit Abstand wohl eigensinnigste Lehrerin.“

„Liebe, Alistair, ist für diejenigen, die frei sind.“ Aphrael löste sich von ihm. „Vielleicht sind wir das eines Tages. Oder in einem anderen Leben.“

 

Stumm sah der König von Ferelden der Elfe hinterher, wie sie zurück in die Residenz eilte, zu ihrem Ehemann, zu ihrem Sohn. Er lehnte sich gegen eine Säule des Pavillons, die Arme vor der Brust verschränkt, als könne er so die Kälte vertreiben, die sich in seinen Knochen festgesetzt hatte. Vielleicht in einem anderen Leben.

 

E N D E



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  fahnm
2015-09-19T21:41:41+00:00 19.09.2015 23:41
Schönes Kapitel
Von:  fahnm
2015-06-07T23:54:06+00:00 08.06.2015 01:54
Klasse Kapitel
Mach weiter so.
Freue mich aufs nächste kapitel
Antwort von:  Lillithyen-Lejylana
18.09.2015 17:31
Ich danke dir vielmals und bitte vielfach um Vergebung, dass es so lange gedauert hat. Ich treibe mich hier einfach nicht oft genug rum. LG, L-L
Von:  fahnm
2015-02-06T10:09:46+00:00 06.02.2015 11:09
Eine Starke Story.^^


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