He's My Best Friend von King_of_Sharks (~JeanxMarco~) ================================================================================ Kapitel 1: Hello (Again)! ------------------------- Es war der erste Tag Schultag der Oberstufe. Marco befand sich gerade auf dem Schulweg, wollte aber noch Jean abholen, so wie sie es die Jahre zuvor in der Mittelstufe auch immer gemacht hatten. Jean verschlief meistens, weswegen Marco früher aufstand und ihn dann gegebenenfalls noch weckte, damit sie nicht all zu spät kamen. Immerhin fand heute die Eröffnungszeremonie statt und sie würden erfahren, in welche Klasse sie gesteckt worden waren. Marco hoffte inständig, dass sie so viel Glück wie zuvor hatten und in eine Klasse kamen. Als der Schwarzhaarige die Türglocke am Tor der Kirschteins betätigte, musste er einige Zeit warten, bis aus der Gegensprechanlage Jeans verschlafene Stimme zu hören war. Die Eltern des Brünetten waren meist beruflich im Ausland und so war niemand da, der darauf achtete, ob der Junge auch rechtzeitig aufstand – wenn man Marco außen vor ließ. Dieser musste sich ein leises Lachen verkneifen, als er Jeans hörte, der meinte, er würde in 5 Minuten fertig sein. So wie er seinen besten Freund kannte, war dieser vom Klingeln der Glocke erst geweckt worden und steckte vermutlich noch in seinen Schlafshorts. Seine Vermutung bestätigte sich, als das Tor geöffnet wurde und er dann das Haus betrat. Kurz nachdem der Schwarzhaarige die Tür geöffnet hatte, kam ihm auch schon Jean entgegen, der sich gerade das Hemd zuknöpfte und ein Brötchen im Mundwinkel klemmen hatte. „Bin sofort fertig!“, kam es etwas undeutlich von dem noch nicht ganz Angezogenen, der sich nun seine Schultasche schnappte, die im Hausflur gestanden hatte und sich dann versuchte, die Schuhe anzuziehen, ohne das das Brötchen herunterfiel. Marco kicherte leise bei dem Anblick, den sein bester Freund ihm da bot und musste unweigerlich denken, wie süß so ein verschlafener, abgehetzter Jean doch war. Doch schnell bemühte er sich, diese Gedanken zu verdrängen, dafür war nun wirklich keine Zeit! Mal ganz davon abgesehen, dass man so etwas über seinen besten Freund seit Kindertagen nicht denken sollte! Als Jean aufblickte und den kichernden Marco sah, grummelte er leise und erhob sich dann auch. „Wir können dann los“, stellte er fest und die beiden Freunde machten sich gemeinsam auf den Schulweg. Sie mussten sich glücklicherweise nicht allzu sehr beeilen, da Jean ja schon fertig gewesen war, abgesehen davon, dass er noch nicht gefrühstückt hatte. Das holte er auf dem Weg zur Schule nach und gab Marco, der schon ganz aufgeregt war, da sie auf eine neue Schule gingen, ein paar undeutliche Antworten, da er mit vollem Mund sprach. „Ich hoffe, dass wir wieder in eine Klasse kommen“, äußerte der Größere der beiden mit ernst gemeinter Sorge in der Stimme. Er würde untergehen, wenn sein bester Freund nicht da wäre, da er doch eher schüchtern war, wenn er in ein neues Umfeld kam. Jean beschützte ihn außerdem vor anderen und tat sich leichter, mit neuen Menschen auszukommen und vor allem überhaupt mit ihnen zu reden. Auch wenn der Brünette ein loses Mundwerk hatte und sich schnell Feinde machte, wurde er doch berücksichtigt und hatte in der Mittelstufe ein paar Mädchen gehabt, die ihn immer angehimmelt hatten. Marco hatte sich daran gestört, auch wenn er es vor sich selbst nicht gerne zugegeben hatte, schließlich sollte man sich doch eigentlich freuen, wenn der beste Freund beliebt bei den Mädchen war und vielleicht auch eine als feste Freundin abbekam. Zwar hatte auch er ein paar Liebesgeständnisse abbekommen, sie aber alle abweisen müssen. Denn der Schwarzhaarige hatte in den Jahren der Mittelstufe feststellen müssen, dass er so gar nicht am anderen Geschlecht interessiert war und es ihm immer etwas unangenehm war, sich für den Sport in der Sammelumkleide hatte umziehen müssen. Er war dann meistens mit dem Gesicht zur Wand dagestanden und hatte es vermieden, nach links und rechts zu sehen, um nicht Gefahr zu laufen, einen Typen scharf zu finden. „Das wird schon klappen!“, erwiderte Jean auf die Sorge seines Freundes und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Er wusste, warum Marco nicht ‚allein‘ in eine Klasse kommen wollte. Er brauchte immer etwas länger, um mit Menschen Kontakt aufzunehmen und mit ihnen warm zu werden. Mädchen fanden ihn meistens süß und kamen gut mit ihm klar und er auch mit ihnen. Jungs wussten nicht so recht, etwas mit ihm anzufangen, da er so schüchtern war und mit ihren Themen meist nichts anfangen konnte. Doch für Jean war Marco ein unersetzbarer Freund, da sie sich nicht nur schon seit langer Zeit kannten, sondern der andere ein verlässlicher Freund, guter Zuhörer und vor allem der Ruhepunkt des Brünetten war. Wenn Jean sich aufregte, brachte es nur Marco und nur er alleine fertig, ihn zu beruhigen, sodass er anderen nicht weh tat und keinen Ärger bekam. Auch war er die Stimme der Vernunft, die Jean davon abhielt, so manchen Unsinn zu verzapfen. Wenn Jean ein anderer Typ gesagt hätte, er solle runterkommen und die Sache mal nüchtern betrachten, hätte er ihm wohl eine verpasst oder ihn angeschrien, aber er würde Marco niemals anschreien oder schlagen, dafür hatte er den Jungen einfach zu gern. Jean dachte sich nichts weiter dabei, dass er solche Gefühle für Marco hegte. Für ihn war es selbstverständlich, dass er seinem besten Freund so nahe stand, wie nahe genau, das wusste er selbst nicht und wollte es auch nicht. Jeans Eltern hatten festgelegt, dass er mal ein schlaues, anständiges, liebes Mädchen heiraten würde, die ihn unterstützte, gut kochen konnte und den Haushalt regelte – weil sie wussten, dass Jean in den letzten beiden Punkten komplett versagte. Daher hatte sich der Brünette damit abgefunden, dass er auf Frauen stand und ignorierte gekonnt jeden Anflug eines Gefühls, das er womöglich für einen Kerl hegen könnte. Das war ihm noch nicht oft passiert, nur an eine Situation konnte er sich gut erinnern. Es war in der 8. Klasse gewesen, als sie Sport gehabt hatten. Damals waren Marco und er mit Armin, einem sehr netten, schlauen Kerlchen, in einer Klasse gewesen. Der Blonde hatte fast wie ein Mädchen ausgesehen und war auch in deren Größe gewesen, den Niedlichkeitsfaktor, den er mitbrachte, mal ganz abgesehen. Sie waren gut miteinander ausgekommen und Jean hatte immer in diese großen, blauen Augen sehen müssen, wenn sie sich unterhalten hatten. Jedenfalls hatten sie sich umgezogen und Jeans Blick war – aus welchem Grund auch immer – am Körper des Kleineren entlanggewandert, wobei er festgestellt hatte, dass Armin eine tolle Figur und einen wirklich geilen Arsch hatte. Jean hatte dabei regelrecht spüren können, wie ihm die Röte ins Gesicht gestiegen war und schnell weggesehen. Marco hatte ihn damals fragend angesehen, aber der Brünette hatte nur schnell den Kopf geschüttelt und sich das Shirt über den Kopf gezogen. Damit hatte sich die Sache erledigt gehabt und Jean hatte kaum mehr einen Gedanken an dieses Ereignis verschwendet. „Meinst du wirklich?“, hakte Marco besorgt, aber schon zuversichtlicher, nach. Als jedoch länger nichts von Jean kam, stupste er diesen am Arm an und fragte ihn: „Alles in Ordnung? Du siehst so nachdenklich aus…“ Jean blinzelte ein paar Mal und hatte sich dann wieder. Er sollte echt aufpassen, über was er wann nachdachte! Nie wieder sollte er über das nachdenken, bestimmte er für sich selbst. „Klar, alles okay“, meinte Jean grinsend. Marco lächelte daraufhin sanft, auch wenn er wusste, dass sein Freund nicht ganz die Wahrheit sagte. Es war etwas nicht in Ordnung, das konnte man deutlich spüren. Doch ehe auch Marco in Gedanken versinken konnte, waren sie am Schultor angekommen, durch das schon einige Schüler strömten. Die beiden Freunde trafen dabei auf Mikasa und Armin, die sie noch aus der Mittelstufe kannten. Sofort wurde Jean nervös, was allerdings nur Marco auffiel und ihm gar nicht gefiel, da er ahnte, warum dies so war. Trotzdem begrüßte er die beiden freundlich und wollte gleich wissen: „Wo habt ihr denn Eren gelassen?“ – „Oh…der müsste bald noch kommen, oder Mikasa?“, antwortete Armin und sah zu der schwarzhaarigen Schönheit auf, die neben ihm lief. Diese nickte jedoch nur und sah nur kurz zu Marco und Jean, ehe sie weiterging. Armin entschuldigte sich mit ein paar Verbeugungen und ein paar dahergestammelten Entschuldigungen für ihr unhöfliches Verhalten und eilte ihr nach, nachdem er den beiden ein „Bis später!“ zugerufen hatte. Jean hatte die ganze Zeit geschwiegen und nicht mal ein „Hallo“ über die Lippen gebracht und jetzt wandte er sich mit einem Zischen in die Richtung, in die Armin davongeeilt war. Marco ging an seiner Seite und versuchte seinen Freund aufzumuntern: „Sie hat bestimmt nur schlecht geschlafen und ist gestresst“ – „Hmmm“, grummelte der Brünette daraufhin und fragte sich, ob sein Missmut, dass Mikasa ihn noch immer keines Blickes würdigte, so offensichtlich gewesen war. Wobei er dann auch wieder daran denken musste, dass es immerhin Marco gewesen war, dem es aufgefallen war und da dieser sowieso immer zu wissen schien, was er dachte, störte sich Jean nicht mehr weiter daran. Seit er versucht hatte, die Gefühle für Armin zu ignorieren, war er auf Mikasa aufmerksam geworden, die für ihn eine ungewöhnliche Schönheit und Erhabenheit ausstrahlte. Sie unterschied sich in ihrem Verhalten von den anderen Mädchen und war rundum einfach toll und total sein Typ: groß, schwarzes Haar, dunkle Augen. Leider beachtete sie ihn so gar nicht und hing immer mit Armin und Eren rum. Er schluckte seinen Ärger herunter, legte einen Arm um die Schulter des Schwarzhaarigen und leitete ihn somit in Richtung Versammlungsplatz, wo die Rede der Eröffnungszeremonie abgehalten werden würde. Marco protestierte zwar leise ein bisschen und wurde leicht rot um die Nase, wegen der plötzlichen Nähe, ließ sich aber doch mitziehen. Nachdem die Schüler die viel zu lange Eröffnungsrede überstanden hatten, gingen alle in einem gehörigen Tempo auf die Aushänge zu, die bestimmten, wer in welcher Klasse war. Auch Marco und Jean liefen der Horde hinterher und suchten nach ihren Namen. „1-C!“, rief Jean grinsend und schaute zu Marco, der noch suchte. Von der Seite näherte sich ein ungewöhnlich groß gewachsener Junge, der sich ein gutes Stück runterbeugen musste, um die Listen durchzuschauen. Ein ebenfalls großer Kerl mit blonden Haaren, der allerdings ein gutes Stück kleiner als der andere war, boxte Jean freundschaftlich in die Seite. „Hey, Pferdejunge! Sieht aus, als wären wir mal wieder in einer Klasse!“ Reiner war früher schon einmal mit Jean und Marco in der selben Klasse gewesen und sie hatten sich richtig gut verstanden, vor allem Jean und der Blonde, die ziemlich viel Blödsinn angestellt hatten, den Marco nicht hatte verhindern können, denn gegen die beiden anzukommen, war eine schwierige Angelegenheit. „Der Große da ist übrigens Bertholdt“, laberte Reiner weiter und deutet auf den großen Jungen, der daraufhin zu ihnen sah und Jean kurz zunickte. Wenig später gesellte er sich zu ihnen und sagte zu Reiner: „Wir sind diesmal in der selben Klasse“ Es hörte sich ein wenig monoton an, auch wenn ein Anflug eines Lächelns auf den Lippen des großen zu erkennen war. Er schien eher der ruhige Typ zu sein, dessen Sprechrohr Reiner war, den man einfach nicht übersehen und hören konnte. „Wenn jetzt noch Marco bei uns ist, könnte das ein gutes Jahr werden!“, grinste Jean und sah sich nach seinem schwarzhaarigen Freund um, der seinen Namen nun auch gefunden zu haben schien und gerade auf sie zukam. Er lächelte milde und teilte Jean die gute Neuigkeit mit, dass er auch in seiner Klasse war, ehe er die anderen Jungs etwas schüchtern begrüßte. Reiner mochte ihn irgendwie, auch wenn sich Marco das nicht ganz erklären konnte, aber es war ihm so lieber als andersrum. Den anderen Jungen hatte er zuvor noch nicht gesehen, weswegen er sich erstmal schwer tat mit ihm, aber sich trotzdem vorstellte. „Ich bin Marco Bodt. Freut mich dich kennen zu lernen“, sagte er und verbeugte sich kurz höflich. Der Junge erwiderte die Verbeugung und meinte leicht lächelnd: „Bertholdt Hoover“ Marco stellte auf dem Weg zur Klasse fest, dass der Große eher still, aber trotzdem freundlich, war, so ziemlich das Gegenteil von Reiner, der eher laut war und seine Meinung mit allen teilte. Irgendwie wäre Marco froh gewesen, wenn nur er und Jean in diese Klasse gekommen wären, damit Jean sich nicht mit dem großen Blonden abgab und sie sich wieder zu zweit durchschlagen würden. Zwar war Armin früher auch oft mit ihnen rumgehangen, aber dessen beste Freunde waren nach wie vor Mikasa und Eren, was Marco ein wenig schade fand, schließlich mochte er den Kleinen. Sie kamen bald im Klassenraum an, in dem sich schon etwa 15 Schüler tummelten und sie somit fast die letzten waren, die die Klasse betraten. So ziemlich niemand hatte sich einen Platz gesucht, denn fast alle waren am Reden und neue Freunde finden. Marco interessierte sich dafür herzlich wenig, sondern schlich sich an den Platz am Fenster in der vorletzten Reihe. Jean folgte ihm und legte seine Tasche auf den Tisch neben Marcos. Er war nicht sonderlich glücklich - was man an seinem grimmigen Gesichtsausdruck erkennen konnte - da er einen Punkt bzw. eine Person vor sich zu fixieren zu schien. Der Blick des Schwarzhaarigen folgte dem seines Freundes und sah die Ursache(n) des Übels. Am Lehrerpult saßen Sasha und Connie und hecken mal wieder irgendwas aus. Die beiden kannten sie ebenfalls noch aus der Mittelstufe. Sie hatten sich bei Jean unbeliebt gemacht, weil sie meinte, ihn immer blöd anzumachen und ihm irgendwelche dämlichen Streiche gespielt hatten. Marco mochte sie daher auch nicht und sah besorgt zu Jean, der diesen Blick bemerkte und seinen Kopf zu ihm drehte. Sein Gesicht nahm sofort einen milderen Ausdruck an und er seufzte leise: „Na das fängt ja super an…“ Jean ließ seinen Kopf auf den Tisch sinken und Marco sah etwas hilflos in diesem Moment aus. Er sah sich nach hinten um, wo Reiner und Bertholdt Platz genommen hatten und ganz vertieft in eine Unterhaltung waren. Die beiden schienen sich ähnlich nah zu stehen wie Jean und Marco. Noch bevor etwas Schlimmeres passieren konnte, stürmten die letzten Schüler in die Klasse, gerade noch rechtzeitig, bevor der Lehrer den Raum betrat. Er war ein großgewachsener Mann in den 40ern mit blonden, streng zurückgekämmtem Haar und blauen Augen. Sofort als der Lehrer die Klasse betreten hatte, herrschte Stille und sogar Sasha und Connie beeilten sich, zu ihren Plätzen zu gelangen. Der Mann stellte sich als Herr Smith vor und zögerte nicht, schnell mit dem Programm durchzukommen, das am Anfang eines neuen Schuljahres immer so anstand. Er schreib den Stundenplan an, verteilte ein Informationsblatt und wies darauf hin, dass in einer Woche die Klassensprecherwahl stattfand und alle sich bemühen sollten, sich besser kennen zu lernen, um eine gute Wahl mit einem brauchbaren Ergebnis zu ermöglichen. Der Vormittag verging wie im Flug und da es der erste Schultag war, fand nach der Mittagspause nur noch eine Führung durchs Gebäude statt, nach der sie gehen konnten. Jean hatte es ganz eilig, nach Hause zu kommen und da Marco nichts zu tun hatte und ihn seine Eltern ohnehin erst später erwarteten, beschloss er - wie sooft - einfach seinem besten Freund zu folgen. Bei Jean angekommen ließ sich dieser ohne irgendwas vorher zu tun, als seine Tasche in den Flur zu schleudern, erschöpft aufs die Couch im Wohnzimmer fallen. Nicht mal seine Schuhe hatte er ausgezogen. Kapitel 2: Good Waifu~ ---------------------- Marco zog sich seine Schuhe aus und stellte sie ordentlich im Eingangsbereich ab, ehe er sich zu Jean ins Wohnzimmer gesellte. „Meinst du nicht, dass du dir wenigstens die Schuhe ausziehen solltest?“, merkte er vorsichtig an, da Jean seinen Kopf nach hinten gelehnt und die Augen geschlossen hatte. Das tat er immer, wenn er gestresst war und sich ausruhen wollte. Ein missmutiges Grummeln ließ dem Schwarzhaarigen wissen, dass sein Freund in nächster Zeit wohl nicht die Absicht hatte, sich zu bewegen, geschweige denn vorhatte, die Schuhe auszuziehen. Mit dem Brünetten war momentan nicht viel anzufangen, weswegen sich Marco bald wieder erhob und mit einem „Ich mach uns was zu essen“ in der Küche verschwand. Jean stieß einen leisen Seufzer aus, als er Marco in der Küche werkeln hörte. Wie gut, dass er ihn hatte, denn sein Magen knurrte schon wieder und Kochen kam bei ihm nicht in Frage – nicht, ohne dass die Küche danach wie ein Schlachtfeld aussah, genießbar war es eh nicht, was er zubereitete. Etwa eine halbe Stunde später kam Marco mit einem Tablett, auf dem sich zwei Teller befanden, ins Wohnzimmer zurück und stellte es auf dem Tisch vor Jean ab. „Fertig~“, summte er zufrieden und nahm einen Teller, den er Jean reichte, welcher schon zuvor geschnuppert hatte, was für ein angenehmer Duft sich im Raum ausgebreitet hatte. Der Brünette wartete nicht lange und fing schon an zu essen, während sein Freund ihm zusah und hoffte, dass alles okay wäre. Eigentlich war diese Sorge komplett unsinnig, da Jean immer schmeckte, was Marco für ihn kochte und so war es auch dieses Mal. Begeistert blitzten seine Augen schon nach wenigen Bissen auf und er meinte: „Wow, du solltest echt öfter hier kochen! Das schmeckt fantastisch wie immer!“ Die ganzen Ferien über waren Jeans Eltern zu Hause gewesen und da hatte entweder seine Mutter gekocht oder sie hatten sich Essen kommen lassen, das aber nicht im Vergleich zu diesem hier stand. „Ist doch kaum der rede wert“, nuschelte Marco und wurde dabei ein wenig rot, lächelte aber zufrieden. Es gab fast nichts Schöneres, als zu sehen und zu hören, dass Jean sein Essen schmeckte und er ihn lobte. In solchen Momenten fühlte sich der Schwarzhaarige wie auf Wolke Sieben und hätte auch beinah vergessen, dass er selbst ja auch Hunger hatte. So nahm er sich den zweiten Teller und begann auch zu essen. Nachdem sie fertig waren, brachte Marco das Geschirr in die Küche und spülte es gleich, während Jean nun endlich seine Schuhe auszog und dann den Fernseher einschaltete. Langsam war der Brünette wieder runtergekommen und hatte sich eingeredet, dass es gar nicht so schlimm mit Connie und Sasha in einer Klasse werden würde, schließlich hatten sie ihn heute auch nicht geärgert, sie hatten nicht einmal Notiz von ihm genommen. Wenn es weiterhin so laufen würde, konnte das wirklich ein schönes Schuljahr werden. Marco war in seiner Klasse, Reiner und Bertholdt schienen auch in Ordnung zu sein und bisher gab es keine Streitereien. Das war bei Jean - sogar am ersten Schultag – eine Seltenheit, denn seine Heißblütigkeit brachte ihn schnell in Auseinandersetzungen oder fachten sie erst richtig an. Als sich sein bester freund zu ihm gesellte, bemerkte er mal wieder, wie gut es doch war, dass Marco da war. Er sorgte sich immer so gut um ihn, kochte, spülte Geschirr und machte sogar manchmal seine Wäsche. Wenn Jean es sich so genau durch den Kopf gehen ließ, fiel ihm auf, dass er derartige Dinge noch nie für den anderen getan hatte und fühlte sich gleich ein bisschen schlecht. Das veranlasste den Brünetten dazu, sich ein paar Worte zurecht zu legen, während er halbherzig das Geschehen im Fernseher verfolgte. „Du, Marco…“, fing er an und hätte schon beinah nach den ersten Worten den Faden verloren, was durch das fragende Gesicht seines Freundes nicht besser wurde. „Ich wollte mich nur mal bei dir bedanken, dass du das alles für mich machst…“ Na das lief ja ganz toll! Was war er denn? Eine Memme, die den Mund nicht aufbekam, wenn es ernst wurde? Jean riss sich zusammen und wollte gerade fortfahren, als er sah, wie sein Gegenüber selig lächelte und zu ihm sagte: „Das ist doch kein Problem! Du bist schließlich mein bester Freund!“ – „Aber ich hab sowas noch nie für dich getan“, setzte Jean entgegen und war über die Antwort, die jetzt kam, sehr überrascht. „Das stimmt schon, aber du tust anderes für mich“, stellte Marco fest und sah ihm in die Augen. „Du hast mich früher zum Beispiel vor den Leuten beschützt, die mich geärgert haben und hilfst mir, neue Freunde zu finden.“ Diese Ehrlichkeit, das Lächeln und der Augenkontakt brachten Jean dazu – eben so wie sein Gegenüber – rot um die Nase zu werden und zu stammeln: „Das…ist doch selbstverständlich!“ Marco war Jeans Nervosität und die Röte auf dessen Wangen nicht entgangen, doch er sagte dazu nichts. Viel mehr veranlasste es ihn dazu, sich glücklich zu fühlen und sein Herz schneller schlagen zu lassen. Es waren diese Situationen, in denen er dachte, Jean könnte ähnliche Gefühle für ihn hegen, wie er für seinen besten Freund. Doch dann waren da auch wieder solche Momente, wie die, in denen er Mikasa hinterher rannte, wo sich Marco ganz sicher war, dass Jean nichts von ihm wollte und einfach einen guten freund in ihm sah. An Letzteres wollte er im Moment nicht denken und genoss einfach den Moment. Es war wirklich selten, dass sich Jean für irgendetwas bedankte, daher wusste Marco es auch so zu schätzen und war sich sicher, dass sein bester Freund nicht mit jedem so umging. Sie kannten sich einfach schon so lang, dass sie den anderen wirklich in und auswendig kannten – leider nicht körperlich, wie sich eine Stimme im Kopf des Größeren meldete. Der Schwarzhaarige wurde bei diesen Gedanken feuerrot im Gesicht und stand schnell auf. „Ich hab den Herd angelassen!“, rechtfertigte er seine Flucht in die Küche und verharrte in dieser erst mal ein paar Minuten. Jean währenddessen blickte verdutzt drein und hatte ausnahmsweise absolut keinen Plan, was die Aktion von eben zu bedeuten hatte. Sonst wusste er, warum Marco sich wie verhielt, aber momentan war er ihm echt ein Rätsel. Dass sein bester Freund peinlich berührt wegen irgendetwas war, konnte er festmachen, aber weswegen er das war, war ihm schleierhaft. Hatte Jean etwas Falsches gesagt? Eigentlich nicht, wenn er so darüber nachdachte. Ehe sich der Brünette noch weiter Gedanken machen konnte, kam Marco auch schon wieder ins Wohnzimmer. „Hab mich wohl vertan“, gab dieser verlegen zu. „Ich glaub, ich sollte dann mal nach Hause gehen, Nicht dass sich meine Eltern wundern, wo ich bleibe.“ Jean nickte, noch immer nachdenklich und stand auf, um Marco zur Tür zu begleiten. „Also dann bis Morgen“, verabschiedeten sie sich, doch Jean fiel danach noch etwas ein: „Kannst du morgen hier schlafen? Es ist so langweilig alleine Zuhause!“ Marco, der schon am Tor angekommen war, drehte überrascht den Kopf um und antwortet: „Klar, kann ich machen!“ Er winkte noch kurz und machte sich dann auf den Heimweg. Es war eigentlich nichts Ungewöhnliches, dass er bei Jean schlief wenn dessen Eltern nicht da waren, doch seit dem letzten Schuljahr hatte sich in Marco einiges verändert. Er hatte endlich erkannt, dass er auf Männer stand und vor allem, dass er in Jean verliebt war – und das schon seit geraumer Zeit. Es waren mindestens 2 Jahre inzwischen, auch wenn er sich erst den letzten Monat darüber bewusst geworden war. Seit dem tat er sein Bestes, um nicht aufzufliegen und so eine Übernachtung war da nicht gerade hilfreich. Doch der Schwarzhaarige wollte sich auch nicht von Jean zurückziehen, da er den anderen einfach brauchte, zudem es immer Spaß machte, wenn sie bei anderen übernachteten. Da sich die beiden Freunde schon seit dem Kindergarten kannten und es sich damals angewöhnt hatten, in einem Bett zu schlafen, hatten sie dies auch beibehalten. Jetzt ließ Marco schon alleine der Gedanke, in einem Bett mit Jean zu schlafen, die Röte ins Gesicht steigen. Die morgige Nacht würde auf jeden Fall totale Selbstkontrolle von ihm abfordern, wenn er nicht in ein Fettnäpfchen treten und ihre Freundschaft nicht kaputt machen wollte. Zuhause angekommen wurde Marco von seinen Geschwistern Nino und Isabel stürmisch begrüßt, wobei ihm die 11-Jährige um den Hals fiel und er mühe hatte, überhaupt ins Haus zu kommen. Nachdem sie von ihm abgelassen hatten, konnte er seine Schuhe ausziehen, die Tasche in sein Zimmer bringen und sich dann in die Küche zu seinen Eltern setzen, um ihnen von seinem ersten Schultag zu berichten. Er erzählte auch, dass er noch bei Jean gewesen war, was seine Mutter zum Lachen brachte: „Ihr beide hängt echt aneinander wie zwei kelbrige Bonbons! Ich wunder‘ mich ja schon, dass du nicht gleich bei ihm einziehst!“ – „Mama!“, rief Marco empört und wurde dabei wieder ein bisschen rot. Sein Vater fing nun auch an zu lachen und meinte: „Sag ihm, er kann sich ruhig auch mal wieder hier blicken lassen!“ Der Schwarzhaarige war sich nicht sicher, ob seine Eltern ahnten, was in ihm vorging – besonders Mütter sollten da angeblich ein Gespür für haben – und ihm signalisieren wollten, dass es okay war, oder es einfach lustig fanden, ihn rot werden zu sehen. „Ich wird’s ihm ausrichten“, seufzte Marco und ließ die Schultern sinken. „Ach ja übrigens: Jeans Eltern sind mal wieder weg und er hat gefragt, ob ich ihm morgen Gesellschaft leisten will“, fiel ihm dann noch ein, wenn sie schon mal bei dem Thema waren. „Also kommst du morgen dann nicht nach Hause?“, stellte seine Mutter fest und er nickte. „Das ist okay, aber schau, dass du am Mittwoch rechtzeitig hier bist und den Nino und Isabel Essen machst“, meinte sein Vater nur dazu und schlug die Zeitung auf. „Alles klar, mach ich!“, versicherte der Schwarzhaarige erfreut. „Dann kann Jean auch gleich mitkommen wenn er will. So wie ich ihn kenne, wird er nur wieder die Küche in Flammen setzen, wenn du ihn alleine kochen lässt“, lächelte seine Mutter und wies in dem Moment unglaubliche Ähnlichkeit zu ihrem ältesten Sohn auf. „Oder hat er inzwischen einen Kochkurs belegt?“ Das letzte Mal, als Jean versucht hatte, alleine zu kochen, musste tatsächlich die Feuerwehr verständigt werden und um das zu verhindern, hatte Marco sich geschworen, ihn nie wieder alleine ohne Mittagessen zu Hause zu lassen. „Selbst wenn, dann bezweifle ich, dass es etwas genützt hätte…“, gab Marco mit einem gequälten Ausdruck auf dem Gesicht zu und brachte seine Eltern wieder zum Lachen. In dieser Nacht schlief Marco nicht sonderlich gut. Er machte sich einerseits zu viele Gedanken darüber, wie er den morgigen Abend und vor allem die Nacht überstehen sollte und hatte dann sehr interessante Träume, die ihn immer wieder aufkeuchen ließen. Ein Mal wachte er sogar auf und stellte fest, dass er sich eine neue Shorts anziehen musste, da die, die er gerade trug, nun weißliche Flecken trug. „Das darf doch alles nicht wahr sein!“, dachte sich der Schwarzhaarige und zog sich schnell um. „Warum muss es ausgerechnet Jean sein?“ Wenn es jemand anderes wäre, würde diese Verliebtheit bestimmt schnell abklingen, weil er mit demjenigen nicht fast jede freie Sekunde verbringen würde. Doch da sie nun mal sehr aneinander hingen und sich gern hatten, erschwerte das die Situation für Marco erheblich. Er versuchte noch ein bisschen zu schlafen, was ihm aber nicht gelingen wollte, aus Angst, ihm könnte das Gleiche Missgeschick noch einmal passieren. Am Morgen wies die Region unter seinen Augen dunkle Ringe auf, die man zum Glück von weitem nicht sah und allgemein sah er aus, als hätte man ihn in der Nacht durch einen Wald gejagt. Die Dusche half das zweite Problem zu beheben und den Jungen aufwecken, gegen die Augenringe konnte er aber erst mal nichts unternehmen. Sofern der Schwarzhaarige in der nächsten Nacht besser schlafen würde – was er sehr bezweifelte – würden sich diese schon von alleine auflösen. Zeit zum Frühstücken hatte er dank der Dusche nicht mehr, daher nahm sich der Schwarzhaarige ein belegtes Brot mit und aß es auf dem Weg zu Jean. Dieser brauchte an diesem Morgen länger als am Vortag. Er hatte wahrscheinlich mal wieder zu lange gezockt oder war erst gar nicht schlafen gegangen und um vier morgens auf dem Sofa eingepennt – das war schon passiert und zwar mehrmals. Marco stand im Flur im Haus der Kirschteins und wartete, dass sein bester Freund endlich mal die Treppe herunterkommen würde. Bis die erste Stunde anfangen würde, hatten sie noch etwa fünfzehn Minuten und der Schulweg dauerte von hier aus ungefähr zehn Minuten, was hieß, dass sich Jean beeilen musste. „Wir haben noch 5 Minuten, dann müssen wir spätestens los!“, rief Marco nach oben, für den Fall, dass Jean vergessen hatte, dass die Schule schon so früh anfing. „Ich weiß!“, kam es abgehetzt von oben. „Bin ja gleich fertig!“ Und tatsächlich kam eine halbe Minute später ein zerzaust aussehender Jean die Treppe herunter. Das Hemd stand dieses Mal noch ganz offen und entblößte ein kleines Stück des muskulösen Oberkörpers. Marco starrte für einen Moment zu lang auf die entblößte Haut und merkte erst, dass er Jean anstarrte, als dieser unten angekommen war und die hälfte der Knöpfe zubekommen hatte. „Alles klar bei dir?“, fuchtelte der Kleinere seinem besten Freund vor den Augen herum, woraufhin dieser ein paar mal schnell blinzelte und Jean fragend ansah. „Ähm…ja, klar“, erwiderte er schnell und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Der Brünette hatte nicht mitbekommen, was genau seinen besten Freund dazu veranlasst hatte, so zu starren, weil er selbst noch viel zu müde zum komplizierter Denken war. Nachdem Jean auch die restlichen Knöpfe zugeknöpft– auf die Krawatte verzichtete er – und sich die Schuhe angezogen hatte, sahen seine Haare immer noch wie ein wildes Gestrüpp aus, das Marco nun versuchte, in Ordnung zu bringen, was ihm auch gelang, da er darin gewisser Maßen Übung hatte. Ein Blick auf die Uhr verriet beiden, dass sie sich sputen mussten, wenn sie nicht schon am zweiten Tag eine Standpauke über sich ergehen lassen wollten. Jean rannte vor und zog Marco hinter sich her, dem Rennen nicht so lag. „Nicht so fest!“, jammerte dieser von hinten und versuchte Schritt zu halten. Als es klingelte, stürmten die beiden durch die Klassenzimmertür und setzten sich – völlig außer Atem – auf ihre Plätze. Marco ließ daraufhin erst mal den Kopf erschöpft auf den Tisch sinken und meinte tadelnd – sofern es in diesem Zustand möglich war – zu Jean: „Das nächste Mal stehst du aber früher auf“ – „Hmmm…aber nur, wenn du mir Frühstück machst“, kam es vom anderen, der verstohlen grinste. Reiner und Bertholdt, die die Konversation der beiden mitbekommen hatten, dachten sich ihren Teil dabei und der Blinde warf dem Großen einen vielsagenden Blick zu, woraufhin dieser nur verständnislos den Kopf schüttelte. Mr. Smith kam mit fünf Minuten Verspätung in der Klasse an und brachte ein Mädchen mit, das ziemlich klein war, blonde Haare hatte und grimmig dreinschaute. Sie stellte sich als Annie Leonhart vor und setzte sich auf den freien Platz neben Bertholdt, ganz hinten im Raum, welcher sie freundlich anlächelte und Reiner meinte: „Also bist du auch hier…das kann ja lustig werden!“ Dabei stupste er Bertholdt in die Seite, woraufhin dieser den Kopf zur Seite drehte und man nicht sah, dass es ihm peinlich war, wenn sein freund so etwas tat. Offenbar kannten sich die drei gut, nach ihren Reaktionen aufeinander zu schließen. Annie lächelte sogar kurz, ehe sich ihre Mundwinkel wieder nach unten klappten, was ihr normaler Gesichtsausdruck zu sein schien. Weder Jean noch Marco kannten das Mädchen und letzterer fragte sich, ob sie einfach nur schüchtern war und diese Schüchternheit mit einer kalten Wand zu verbergen suchte, oder wirklich immer schlecht drauf war. Ihm fiel ein, was Mr. Smith gestern gesagt hatte und nahm sich vor, zu versuchen die Blonde kennen zu lernen. Da sie mit Reiner und Bertholdt befreundet war, dürfte das nicht allzu schwer werden. Gleich in der Mittagspause, in der sich Jean, Marco, Reiner, Bertholdt und auch Annie in eine Ecke auf dem Schuldach verzogen hatten, versuchte der Schwarzhaarige ein Gespräch mit der kleinen Blonden anzufangen. Er fragte sie zuerst, auf welche Mittelschule sie gegangen war, woraufhin sie ihm nur eine knappe Antwort, die lediglich aus dem Namen der Schule bestand, gab und dann weiter aß. So schnell wollte er aber nicht aufgaben und fragte weiter nach, bis sie ihm einen Todesblick zuwarf, ihr letztes Stück herunterschluckte, aufstand und davonging. Die anderen drei Jungs sahen ihr verwundert hinterher und dann zu Marco, fragend, was dieser angestellt hatte, um sie zu vertreiben. „Wow, was hast du denn mit der angestellt?“, staunte Jean nicht schlecht, doch Reiner klärte die beiden auf: „So war sie schon immer. Sie ist allgemein nicht so gut auf Menschen zu sprechen, nicht wahr, Berthl?“ Angesprochener sah auf und nickte kurz, ehe er meinte: „Sie ist auf die gleiche Mittelschule wie ich gegangen, da hat sie auch mit keinem geredet“ Marco war irgendwie erleichtert, das zu hören, fand es aber auch schade, dass sein erster Versuch sie kennen zu lernen gescheitert war. „Ach so, hab mich schon gewundert, seit wann es Marco schafft, Frauen zu vertrieben!“, grinste Jean und knuffte seinen besten Freund in die Seite, woraufhin dieser leise aufquiekte und ein empörtes „Jean!“ ausstieß. Reiner und Jean lachten daraufhin und Bertholdt schlich ein leichtes Lächeln auf die Lippen. Der Große hatte nie gewusst, wie er mit Frauen – oder allgemein Menschen – reden sollte, weswegen bisher sein einziger Freund Reiner gewesen war. Marco und Jean schienen auch ganz nett zu sein und er fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl. „Vielleicht finde ich dieses Jahr ein paar Freunde“, hoffte Bertholdt in Gedanken, aber erinnerte sich gleich an früher, als er versucht hatte, sich einzufügen und kläglich gescheitert war. Man hatte ihn nicht beachtet und so getan, als hätte er überhaupt nicht existiert. Mit der Zeit war er immer verschlossener geworden und hatte mit keinem mehr geredet, abgesehen von seiner Familie und Reiner. Er kannte den Blonden schon ewig, bloß hatten sie früher sehr weit voneinander entfernt gewohnt und konnten sich erst seit Reiner mit seiner Mutter vor drei Jahren in die Gegend gezogen war, regelmäßig sehen. Er wüsste nicht, was er ohne seinen Freund machen sollte, der ihm Halt gab und was das Wichtigste war: ihm das Gefühl gab, nicht umsonst auf der Welt zu sein. Kapitel 3: Sleep Over --------------------- Marco fühlte sich den ganzen Tag irgendwie unwohl in Annies Gegenwart und versuchte sie so gut es ging zu ignorieren, was ihm aber nicht immer gelang. Nach Schulschluss ging er mit Jean zu diesem nach Hause und war auf dem Weg dort hin seltsam still. „Hey! Beschäftigt dich irgendwas…?“, wollte Jean daher nun wissen und sah fragend zu seinem besten Freund. „Oder hast du dich in ein Mädchen verguckt? Sag schon, wer ist es?! Diese Annie vielleicht?“ Der Brünette war eindeutig zu laut für Marcos Geschmack – jedenfalls bei so einem peinlichen Thema. „N-nein! Hab ich nicht!“, verteidigte sich der Schwarzhaarige schnell, doch Jean ließ ihn nicht so einfach in Ruhe. „Und warum hast du sie dann angesprochen und warum ist sie dann weggegangen?“ „Ich wollte sie nur kennen lernen, weil doch die Klassensprecherwahl nächste Woche stattfindet!“ „Das war alles?“, gab Jean etwas enttäuscht von sich. „Ja, das war alles“, bestätigte Marco und atmete erleichtert aus. Wenig später waren sie auch schon bei Jean angekommen und Marco machte - wie eigentlich immer wenn er bei Jean war – erst mal Essen. Nachdem sie gegessen hatten und die Hausarbeit erledigt war, überredete der Schwarzhaarige seinen Freund dazu, dass sie gemeinsam Hausaufgaben machten. Das lief mal wieder darauf hinaus, dass Jean die ersten zehn Minuten einigermaßen konzentriert arbeitete, dann die Lust verlor, Marco alleine weiter machte und dabei von dem brünetten Störenfried genervt wurde. Als der Größere schließlich – alleine – die Arbeit erledigt hatte, schrieb Jean ab. Das hatte Marco ihm in den ersten Jahren noch versucht auszureden, war aber immer weicher geworden und sagte inzwischen gar nichts mehr, sondern beobachtete ihn dabei nur seufzend. Den Nachmittag und frühen Abend verbrachten sie damit, Videospiele zu spielen, wobei Marco würde wurde und sie sich schließlich einen Film im Fernsehen ansahen, den der Schwarzhaarige relativ spannen fand und mit dem sich Jean anfreunden konnte. Als eine Weile nichts mehr von Marco kam, versuchte Jean ihn anzusprechen: „Hey…“ Keine Antwort. „Marcoooo…“, versuchte er es nochmals und tatsächlich bekam er diesmal eine Antwort entgegengerummelt: „Was denn?“ „Bist du schon wieder eingeschlafen?“ „Neiiin…ich hab nur gerade nicht zugehört…“ Ein verräterisches Gähnen vereitelte den Versuch des Jüngeren, seinem Freund weiß zu machen, er sei noch nicht mindestens ein Mal eingeschlafen. „Willst du nicht lieber ins Bett gehen?“, schlug Jean mit hochgezogener Augenbraue vor. „Es ist eigentlich genau die richtige Zeit, um ins Bett zugehen.“ „Das musst gerade du sagen“, kam es doch recht schlagfertig von dem Müden, der Jean einen wissend-müden Blick zuwarf. „Ich mein ja nur so allgemein“, argumentierte der Brünette zurück und sah Marco dabei noch einmal beim Gähnen zu. „Na schön…wir gehen nach dem Film ins Bett, okay? Der geht sowieso nur noch ‚ne viertel Stunde“, meinte Marco und Jean nickte. „Okay, machen wir es so.“ Der Plan ging etwa fünf Minuten gut, bis der Kopf des Größeren auf die Schulter Jeans sank und dieser sich beinahe erschrocken hätte. „Mensch…du machst aber auch Sachen“, murmelte Jean leise als er den Kopf ein Stückchen in Richtung Marco drehte. „Mir sagen wollen, ich geh nicht früh genug ins Bett und selbst auf dem Sofa einpennen…“, dachte er sich und schaute sich den Film – mit Marcos Kopf auf der Schulter – zu Ende an. Danach schaltete er den Fernseher aus und überlegte, was jetzt am Besten zu tun wäre. Den Schlafenden wecken wollte er nicht, da dieser – wie Jean (leider) feststellen musste – ziemlich niedlich aussah, wie er so an seiner Schulter gleichmäßig ein- und ausatmete und sich inzwischen auch schon etwas mehr an den warmen Körper des andern gekuschelt hatte. Als Jean bemerkte, was er soeben dachte, hätte er sich am liebsten selbst eine verpasst. „Und ich dachte, ich wär‘ mit dem Scheiß endlich durch…“, bemitleidete er sich selbst in Gedanken und entschloss sich gelichzeitig dazu, Marco zu wecken. Ihn hoch zu tragen käme auf gar keinen fall in Frage, da er größer war und außerdem hatten sie sich noch nicht bettfertig gemacht und Marco ausziehen wollte Jean jetzt schon gar nicht. „Heeey…aufwachen“, stupste der Kleinere seinen Freund an und dieser öffnete tatsächlich die müden Augen, rieb sie kurz und wollte dann verschlafen wissen, was los sei – er hatte den Kopf wohl gemerkt immer noch auf Jeans Schulter, sowie sich an diesen gekuschelt, und machte auch keine Anstalten, das irgendwie zu ändern. „Du bist wieder eingeschlafen. Der Film ist zu Ende und wir müssen ins Bett“, teilte Jean dem Schlaftrunkenen sachlich und knapp mit, da er für mehr keine Nerven hatte. „Oh, okay…“, nuschelte Marco, erhob sich vom Sofa, schlurfte in den Flur, die Treppe hoch und ins Bad. Er machte sich im Moment gar keine Gedanken darum, dass er eingeschlafen war und sich an Jean gekuschelt hatte, dazu war er schlichtweg zu müde. Gerade noch so brachte es der Schwarzhaarige fertig, von den normalen Klamotten in ein Schalfshirt und Shorts zu wechseln und sich die Zähne zu putzen. Danach ging er wie automatisch in Jeans Zimmer, wo dieser auch schon auf ihn wartete, und ließ sich ins Bett fallen. Der Brünette blinzelte über das Verhalten seines Freundes perplex und erhob sich schließlich, um sich ebenfalls fürs Schlafen fertig zu machen. So müde hatte er Marco schon lange nicht mehr erlebt und im Nachhinein bemerkte er, dass dieser dunkle Ringe unter den Augen gehabt hatte als er in die Schule gekommen war. „Hat wohl wenig Schlaf bekommen“, stellte Jean fest und hatte nun auch eine Erklärung für die Müdigkeit seines besten Freundes, dachte sich jedoch nichts weiter dabei. Schließlich hatte jeder mal eine schlechte Nacht, das war nichts Ungewöhnliches. Über die Gründe des Schlafmangels von Marco konnte Jean nicht bescheid wissen und wenn er es gewusst hätte, würde er diesen Kerl ganz bestimmt nicht neben sich im Bett schlafen lassen. Glücklicherweise ahnte der Brünette nichts und versuchte sich – nachdem er aus dem Bad kam – auch in sein Bett zu legen, in dem allerdings Marco lag, der sich quer hingelegt hatte. Jean atmete genervt aus und schob seinen Freund kurzerhand ein Stück zur Seite, sodass er selbst auch Platz hatte. Der Schwarzhaarige war davon natürlich wieder wach geworden und wunderte sich nun, warum er erstens anders da lag und zweitens, warum sich plötzlich ein warmer Körper neben ihm befand. Dann fiel ihm ein, dass er ja bei Jean war und sich dieser gerade zu ihm gelegt hatte. Schlagartig war Marco wieder wach und erinnerte sich an den Grund, warum er sich so vor dieser Situation gefürchtet hatte. Dieser Grund war zuvor von der Müdigkeit verdrängt worden, doch nun hatten die beiden die Rolle getauscht. Jean neben ihm murmelte gerade ein „Nacht“, welches Marco erwiderte und versuchte das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Da er auf dem Bauch lag, stieg Jeans Geruch nicht nur von diesem nebenan, sondern auch vom Kissen unter ihm in seine Nase und machte ihn wuschig – zum Glück nicht so sehr, dass man es merkte. „Das darf doch alles nicht wahr sein!“, jammerte Marco in Gedanken und vergrub das Gesicht im Kissen, was nachträglich betrachtet keine so gute Idee gewesen war, weil es ihn den Duft nur noch stärker wahrnehmen ließ. Als der Schwarzhaarige das bemerkte, hob er schnell den Kopf und drehte sich mit dem kompletten Körper weg von Jean. Das half zumindest, dass er diesen nicht mehr roch, senkte seine Nervosität aber kaum. Jean, der bisher auf dem Rücken gelegen war, öffnete die Augen und sah zu Marco rüber, erhaschte aber nur einen Blick auf dessen Rücken. „Heeey…hast du mich etwa nicht mehr lieb?“, flüsterte der Brünette mit einem frechen Grinsen auf den Lippen, drehte sich zu diesem, legte eine Hand auf dessen Schulter und ließ sie kurz den Arm hinabwandern, ehe er sie zurückzog, nicht ahnend, was er seinem besten Freund damit antat. Marco durchfuhr augenblicklich ein Schauder, ausgelöst von er unerwarteten Berührung und er stammelte: „D-doch, aber…es ist so bequemer“ „Ist doch okay“, grinste Jean noch immer gut gelaunt. Er hatte das mit dem ‚lieb haben‘ eigentlich als Scherz gemeint – sowas sagte man unter Kerlen einfach nicht – wurde sich aber nun erst bewusst, dass Marco es erwidert hatte, was ihm das Grinsen aus dem Gesicht wischte. Das war nicht ganz so gelaufen, wie er es geplant hatte… Beide Jungen waren gerade peinlich berührt und das aus ähnlichen Gründen: Jean, da er sich wieder Vorwürfe machte, sich einem Kerl zu nähern und Marco, weil er Angst hatte, dass Jean merken könnte, warum er sich so benahm. Würde es rauskommen, bedeutete das sicher das Ende ihrer Freundschaft wie sie jetzt war, dessen glaubte sich der Jüngere sicher zu sein. Was er nicht wusste war, dass Jean eigentlich kein Problem damit gehabt hätte, wäre er nicht so beeinflusst worden, zu denken, er müsse sich eine süße Freundin suchen und dürfe auf gar keinen Fall was mit einem Kerl anfangen. Die beiden fanden irgendwann ihren Schlaf, hatten aber noch sehr lange ihren eigenen Gedanken nachgehangen. Wider Erwarten, schliefen sie beide doch ziemlich gut, auch wenn sich Marco im Schlaf komplett auf die andere Seite kugelte und an Jean kuschelte, welcher wieder auf dem Rücken lag und es zuließ – nicht dass er es bewusst getan hätte. Am nächsten Morgen wachte Jean als Erster auf, da Marco ja noch Schlaf nachzuholen hatte, und wunderte sich, wie sie beide dalagen. Der Jüngere hatte nämlich inzwischen seinen Kopf auf Jeans Brustkorb gebettet und schlummerte dort friedlich vor sich hin. „Na toll, jetzt muss ich ihn schon wieder wecken, weil er auf mir eingeschlafen ist…“, dachte sich Jean verschlafen und stupste Marco sanft an. „Aufstehen…sonst komm ich nicht hoch ohne dir weh zu tun“, sagte er und gähnte dabei. Der andere hob den Kopf, der ganze Oberkörper folgte bald, der sich im Bett aufrichtete und dessen Besitzer sich dann die Augen rieb. „Schon Morgen?“, blinzelte Marco Jean mit zwei unschuldige Rehaugen an, sodass man ihm nie glauben würde, was er die vorletzte Nacht geträumt hatte. „S-süß!“, schoss es dem Brünetten dabei unweigerlich durch den Kopf und er wurde für einen Moment rot um die Nase, riss sich aber schnell wieder zusammen – wobei die Röte nicht verschwand – und stand auf, um Schlimmeres zu vermeiden. Ein Blick auf den Wecker verriet, dass es kurz nach sieben Uhr am Morgen war und sie sich besser beeilen sollten, wenn sie nicht zu spät kommen wollten. Ohne etwas zu sagen verschwand Jean im Badezimmer und kam für eine viertel Stunde nicht aus diesem heraus. In der Zwischenzeit wachte Marco vollständig auf und gerade als sein Freund wieder das Zimmer betrat, realisierte er, dass es schon fast halb acht war und sprang erschrocken aus dem Bett. Jean zog sich gerade sein T-Shirt aus und kramte dann nach einem frischen Hemd. Marco, dessen Blick sofort auf den nackten Oberkörper seines besten Freundes fiel, wurde knallrot, stammelte etwas von ‚ er müsse schnell ins Bad gehen und sich anziehen‘, schnappte sich seine Klamotten und war dann auch schon im Eiltempo aus dem Zimmer verschwunden. Jean wunderte sich nicht sehr über dieses Verhalten, da er es darauf zurückführte, dass Marco sich Sorgen machte, dass sie zu spät kommen würden – was sie wahrscheinlich auch taten – und dachte sich nichts weiter dabei, da er dessen Gesichtsausdruck nicht mitbekommen hatte. „Scheiße, sieht er gut aus!“, dachte sich Marco währenddessen im Bad und ließ sich an der geschlossenen Tür hinabgleiten. „Es sollte verboten werden, so gut auszusehen…“ Jean war seit jeher immer in der Basketballmanschaft der Schule gewesen und hatte einen gut durchtrainierten Körper, aber zuvor war Marco noch nie aufgefallen, wie gut sein Freund eigentlich aussah – vielleicht wegen seiner Strategie, sich in Umkleideräumen nicht umzusehen. Für ihn war das nichts gewesen und nachdem einmal eine Sportlehrerin entdeckt hatte, dass er ziemlich gelenkig für einen Jungen war, hatte sie ihn dazu überredet, Bodenturnen zu machen, was im Nachhinein eine gute Idee gewesen war. Immerhin hatte das Team damals eigentlich nur aus Mädchen bestanden, die ihn gerne aufgenommen hatten und nett zu ihm gewesen waren. Außerdem war er durch das jahrelange Training sehr beweglich geworden, was vielleicht in späteren Situationen… Da fiel ihm dann wieder ein, dass er sich ja noch fertig machen musste und sie heute Schule hatten. Also stand er auf, warf einen Blick auf die Uhr – „Fünf nach halb…scheiße!“ – und zog sich schnell aus, machte sich fertig und ging dann im Eiltempo in Jeans Zimmer zurück, wo sich dieser – man glaubte es kaum – wieder ins Bett gelegt hatte. „Jean!“. Rief Marco teilweise tadelnd, teilweise verzweifelt und zog den Faulpelz erst vom Bett hoch und dann mit sich nach unten. Dort ließ er ihn los, zog sich die Schuhe an und schnappte sich seine Tasche, während Jean beleidigt im Flur stand und mit trotziger Mine meinte: „Und ich dachte, wenn du hier schläfst machst du mir Frühstück…“ „Ist das jetzt dein ernst?“, stieß der Größere verzweifelt aus und versuchte dann Jean dazu bewegen, sich die Schuhe anzuziehen. „Wenn du dir nicht sofort die Schuhe anziehst, koch ich einen Monat nichts mehr für dich!“, drohte der Schwarzhaarige an. „Ach komm schon…“, setzte Jean entgegen, doch wurde von dem entschlossenen Blick seines Freundes schließlich überredet, sich zu fügen. Das Risiko, für einen weiteren Monat auf Marcos Essen verzichten zu müssen, wollte er dann doch nicht eingehen. Sein bester Freund sah vielleicht nicht so aus, aber er konnte ganz schön streng sein wenn er wollte. Zum zweiten Mal in dieser Woche rannten sie zur Schule, kamen zu spät, aber immerhin doch noch vor dem Lehrer im Klassenraum an. Reiner grinste sich einen ab und stieß Bertholdt an, woraufhin Annie sie genervt ansah. „Siehst du. Vielleicht ist an meiner Vermutung doch was dran. Die beiden sind immerhin schon wieder beide zu spät gekommen“, flüsterte er ihm zu. „Ich weiß nicht…“, erwiderte der Große ratlos und sah kurz zu den erschöpften Jungs vor ihm. Reiner war der Auffassung, sie hätten was am Laufen, aber er war sich da nicht so sicher. Immerhin verhielten sie sich doch sonst eigentlich wie normale Freunde…andererseits hatten sich Reiner und er auch mal lange in dieser Lage befunden, bevor sie endlich zueinander gefunden hatten. Man merkte es ihnen auch jetzt nicht wirklich an, dass sie schon länger ein Paar waren, aber man erwartete wohl auch nicht unbedingt, dass zwei Kerle wie sie eine Liebesbeziehung führten, jedenfalls dachte Betholdt sich das. „Nächstes Mal schaust du aber wirklich, dass du früher aufstehst“, jammerte Marco erschöpft zu Jean, doch dieser fühlte sich diesmal nicht angesprochen. „Hey, immerhin war ich heute rechtzeitig fertig. Du hast so lang im Bad gebraucht“, rechtfertigte er sich. „Das mag ja sein, aber-“ Marco wurde von Mr. Smith unterbrochen, der in diesem Moment den Raum betrat. Der Vormittag verlief entspannt, auch wenn Connie und Sasha sich zwischendurch einen Spaß mit ihrer Geschichtslehrerin erlaubten, die den beiden prompt eine Stunde Nachsitzen aufbrummte. Jean waren die beiden egal, solange sie ihn nur in Ruhe ließen, was die ersten Tage erstaunlicherweise auch passiert war, doch darauf verlassen konnte man sich nicht. Wenn es den beiden mal langweilig wurde, war nichts und niemand mehr vor ihnen sicher. In der Mittagspause entschied sich Marco kurzerhand – und zur Überraschung von Jean, Bertholdt und Reiner – nicht mit ihnen zu essen, da er noch was zu erledigen hätte. Was genau das war, wollte er ihnen aber nicht mitteilen. Der Schwarzhaarige ging durch die Gänge und suchte den Klassenraum der 1 – A, in die unter anderem Armin, Eren und Mikasa gingen. Zu ersterem wollte er gehen und ihn um Rat bei einer gewissen Sache zu fragen, da er sich nur bei dem Blonden vorstellen konnte, dass er ihn verstehen würde, zumal sie ziemlich gut seit der Mittelstufe befreundet waren. Schnell hatte er die drei gefunden, die in ihrem Klassenzimmer am Fenster saßen und sich unterhielten, und ging auf sie zu. „Hey, ihr drei“, begrüßte er sie kurz und sie sahen mit fragenden Blicken zu ihm. „Also eigentlich wollte ich nur fragen, ob du kurz für mich Zeit hättest…“, meinte er dann an den kleinen Blonden gewandt, woraufhin dieser nickte und aufstand. „Bis später!“, verabschiedete sich dieser von seinen beiden Freunden, wobei Mikasa irgendwie glücklich wirkte – vermutlich weil sie nun mit Eren alleine sein konnte. „Also, was ist los?“, wollte Armin wissen, als sie sich ein ruhiges Plätzchen gesucht hatten. Marco atmete tief ein und senkte den Blick, bevor er zögernd anfing: „Also…ich glaube, ich hab mich…verliebt“ Eine kurze Pause folgte, in der Schwarzhaarige kurz zum Kleineren sah, dessen Blick jedoch mied. Armin wartete ab, denn Marco machte den Anschein, als würde da noch was folgen. Der Schwarzhaarige riss all seinen Mut zusammen und sagte so leise wie möglich: „In Jean…und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll!“ Die Verzweiflung in seiner Stimmte war deutlich zu hören. Armin, der irgendwie so gar nicht überrascht zu sein schien, nahm eine nachdenkliche Haltung ein und es folgte eine längere Pause des Schweigens, ehe er meinte: „Wie wäre es, wenn du ihm erst mal sagst, dass du auf Männer stehst – was du wahrscheinlich noch nicht getan hast – und seine Reaktion abwartest?“ Marco fühlte sich einerseits gut, da Armin es nicht schlimm fand, dass er schwul war, andererseits wollte er das Risiko, Jean durch so ein Geständnis zu verlieren nicht eingehen, daher setzte er dagegen: „Aber wenn er mich dann nicht mehr mag…“ „Er ist dein bester Freund, oder? Da sollte ihn sowas nicht stören und selbst wenn, wird er nur seine Zeit brauchen, um sich damit abzufinden“, beruhigte der Kleine ihn, sagte ihm aber nicht, dass er vermutete, dass Jean zumindest bi war. Schließlich waren ihm dessen Blicke früher keinesfalls entgangen, doch hatte er sich nie daran gestört, da Jean ihn nie angefasst oder blöd angemacht hatte. „Meinst du echt?“, hakte der Schwarzhaarige zur Sicherheit noch mal nach und erntete ein Nicken und einen ernsten Blick von Armin. „Es wird gleich klingeln…“, stellte dieser auch fest. „Sag mit bescheid, wenn was Neues passiert und bis dahin: viel Glück und lass den Kopf nicht hängen!“ „Ich wird‘ mein Bestes geben!“, versprach Marco und machte sich schon mal auf den Weg zum seinem Klassenzimmer, während Armin es ihm gleichtat. Jean hatte keine Ahnung, weswegen sein bester Freund den kleinen Blonden aufgesucht hatte, genauso wenig wie diese beiden davon Ahnung hatten, über was sich Reiner und er in der Zeit unterhalten hatten, in der Marco nicht bei ihnen gewesen war… Kapitel 4: Freckles Everywhere? ------------------------------- Nachdem Marco überraschenderweise verschwunden war, nachdem er seinen Freunden mitgeteilt hatte, dass er die Mittagspause ausnahmsweise mal nicht mit ihnen verbringen würde, ließen sich ein nachdenklicher Jean, ein ausgesprochen gut gelaunter Reiner und ein irgendwie müde aussehender Bertholdt in der Ecke nieder, in welcher sie auch schon die Tage zuvor gegessen hatten. Annie hatte sich nicht zu ihnen gesellt, sie war nach dem Ende der vorherigen Stunde einfach aufgestanden und ohne ein Wort gegangen. Weder Reiner, noch Bertholdt schienen deswegen besorgt und Jean schon gar nicht – er kannte sie ja kaum. Als sie ihr Essen ausgepackt hatten, sah Jean seins einfach nur an, ohne es anzurühren – obwohl es von Marco stammte. Reiner bemerkte das, rückte etwas näher ab den Brünetten heran und legte ihm einen Arm um die Schulter. Jean sah skeptisch zu dem Blonden und wirkte, als würde er dessen Arm jeden Moment brechen wollen. Jedoch lenkte ihn das ab, was dieser im nächsten Moment von sich gab: „Was ich dich schon länger mal fragen wollte: Hat Marco eigentlich am ganzen Körper Sommersprossen?“ Die Frage kam unerwartet und Jean antwortete etwas perplex: „Ähm…ich hab keine Ahnung. Hab ihn schon lange nicht mehr nackt gesehen.“ Im Nachhinein betrachtet war das vielleicht nicht die günstigste Formulierung gewesen, aber sie entsprach immerhin der Wahrheit. „Oh, hat er dich schon so lange nicht mehr rangelassen oder treibt ihr’s nur im Dunkeln?“, kam die nächste unverschämte Frage von Reiner, wobei sich dieser einen abgrinste und Berholdt den Eindruck erweckte, er würde jeden Moment einen Nervenzusammenbruch bekommen. Was dachte sich sein Freund auch dabei, solch intimen Fragen zu stellen? „Was?!“, erwiderte Jean, etwas lauter als nötig und wischte den Arm von seiner Schulter. „Ich bin nicht schwul, klar?!“ Ihn regte das mehr auf, als es notwendig für jemanden gewesen wäre, der sich tatsächlich nicht zum anderen Geschlecht hingezogen fühlte „Hey, hast du was gegen Schwule?“, kam es daraufhin von dem Blonden und sein großer Freund nebenan wurde augenblicklich rot, was aber niemandem auffiel. „Hab ich nicht“, zischte Jean. „Ich bin es nur nicht!“, und steckte sich gleich einen Bissen in den Mund, den er wütend bzw. aufgebracht mampfte, während Reiner seinen Freund angrinste, der schüchtern zurücklächelte. Dem Brünetten gingen unterdessen viele Dinge durch den Kopf, zum Beispiel, wie reiner überhaupt darauf kam, dass er mit Marco schlafen würde. Dann fiel ihm auf, wie Reiner auf sein Abstreiten reagiert hatte, weswegen er einfach fragen musste: „Warum interessiert dich das überhaupt, was ich von Homos halte?“ Der Blonde war sichtlich amüsiert über diese Frage und beantwortete sie auch sofort: „Dreimal darfst du raten!“ Dabei legte er einen Arm um Bertholdts Taille und zog ihn näher zu sich. Das veranlasste Jean dazu, dass ihm beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen wären und er die beiden Jungen anstarrte. „Ihr beiden? Echt jetzt?“ Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er hätte nie erwartet, dass ausgerechnet diese beiden zusammen waren. „Ihr seid doch so…so…“, wollte Jean gegen das Offensichtliche argumentieren, da sein Verstand das einfach nicht verstehen wollte. Immerhin stand das im krassen Gegensatz zu dem, was sein Vater immer behauptete. Dieser war der Meinung, alle Schwulen seien verweichlichte Tunten, die sich einfach nur nicht an eine Frau rantrauten. Würde man so etwas zu Reiner sagten, genehmigte man sich quasi einen eigenverschuldeten Urlaub im Krankenhaus. Wobei man bei Bertholdt nicht sagen konnte, ob er sich traute, mit einem Mädchen zu sprechen, aber das war auch wieder etwas anderes, schließlich redete der Große mit keinem, abgesehen von Reiner, Jean und Marco. „Männlich?“, beendet der Blonde den Satz für Jean und dieser nickte, unfähig etwas Verständliches zu formulieren. Er musste erst mal die neuen Erkenntnisse verarbeiten, die ihm soeben ins Gesicht geklatscht worden waren und fragte sich auch erstmal nicht, was das mit Marco auf sich hatte, das Reiner da angesprochen hatte. Ihm war tatsächlich nicht aufgefallen, dass sein bester Freund sich komisch in den Umkleiden verhielt – hatte es immer auf die allgemeine leichte Schüchternheit des anderen in solchen Dingen geschoben – oder dass dieser ihn oft mit einem gewissen Blick ansah – den Jean für ganz normal unter Menschenhielt, die sich so nah wie sie beide standen. Als die Klingel ertönte, machten sich die drei Freunde auf den Weg zum Klassensaal, in dem sich gleich noch zwei Stunden auszuhalten hatten. Der größte der drei lief etwas näher als nötig neben Reiner her, sodass sich ihre Hände des Öfteren streiften, was der Blonde mit einem inneren Lächeln hinnahm. Er wusste, was sein Freund damit andeuten wollte und als sie sich auf ihre Plätze gesetzt hatten, flüsterte er diesem zu: „Es ist schon in Ordnung, dass er es weiß“ Damit gab sich Bertholdt tatsächlich zufrieden – immerhin vertraute er seinem Freund – und beruhigte sich. Ihm war es nicht wohl dabei, wenn andere von ihrer ‚abnormen‘ Beziehung wussten, schließlich war ihm klar, dass nicht alle so offen eingestellt waren wie seine Familie und Reiners Mutter. Diese hatte ihnen, als er gestern bei Reiner geschlafen hatte, viel Spaß gewünscht und gleichzeitig – mit einem Lächeln auf den Lippen – angemerkt, dass sie nicht zu laut sein sollten, da sie schlafen wolle und die Zimmer nah beieinander lagen. Der Große war daraufhin puderrot geworden und hatte sich erstmal unter der Decke verzogen, ehe ihn sein Freund hatte beruhigen und ablenken können – ironischerweise mit genau dem, wobei die Frau ihnen Spaß gewünscht hatte. Deswegen war Reiner heute auch so gut gelaunt und Bertholdt etwas müde. Marco kam wenig später nach den drei im Raum an und setzte sich auf seinen Platz, ohne Jean zu beachten – angeblicherweise. In Wahrheit dachte er angestrengt über das nach, was Armin ihm geraten hatte und somit auch über seinen besten Freund. Dieser dachte auch nach, sogar über ein ähnliches Thema, und zwar, warum Reiner auf die Idee gekommen war, dass er mit Marco schlafen würde. War es deswegen gewesen, da sie zur gleichen Zeit in der Schule ankamen und an diesem Morgen beide verschlafen hatten? Das war sehr wahrscheinlich und da der Lehrer den Raum betrat, blieb keine Zeit mehr, um sich über andere Möglichkeiten den Kopf zu zerbrechen. Jean hatte ohnehin Probleme mit Mathematik und wenn er auch noch nicht aufpassen würde, würde er ganz den Faden verlieren. Annie war noch später als Marco angekommen, hatte es aber noch vor dem Lehrer geschafft, den Raum zu betreten. Sie hatte – so wie Marco – ebenfalls zu Armin gewollt, allerdings aus anderen Gründen. Sie mochte es, mit dem Blonden Zeit zu verbringen, viel mehr als mit irgendjemand anderem sonst. Er nervte sie nicht und verhielt sich nicht so kindisch wie fast alle anderen in ihren Augen. Jedoch war ihr Vorhaben von einem gewissen mit Sommersprossen übersätem Jungen vereitelt worden, der ihr ihren Armin vor den Augen weggeschnappt hatte – eigentlich hatten die beiden ja nur miteinander geredet, aber das war schon schlimm genug. Die Blonde konnte Marco einfach nicht ausstehen, von Anfang an schon nicht. Was bildete er sich auch ein, sie anzusprechen und sie ausfragen zu wollen? Dann, als er ihr Armin weggenommen hatte, war ihr endgültig der Geduldsfaden gerissen. Wie sie diesen Typ hasste! Mit seinem dämlichen Lächeln, seinen blöden Fragen und sowieso war der ganze Kerl eine Katastrophe! Man konnte Annie ihre Wut zwar nicht ansehe, dennoch breitete sich eine unangenehme Aura um sie aus, die während der gesamten Mathestunde den Raum von hinten aus beherrschte. Auf dem Heimweg fiel Marco ein, was seine Eltern gesagt hatten, als er ihnen mitgeteilt hatte, dass er bei Jean schlafen würde. „Ach ja…meine Eltern würden sich freuen, wenn du mal wieder bei uns vorbeischauen würdest…du könntest auch mit uns essen“, teilte der Schwarzhaarige seinem besten Freund mit, welcher ungewöhnlich nachdenklich wirkte, aber reagierte – wenn auch nicht sofort. „Ja, kann ich machen…“, stimmte Jean zu und betrachtete Marco dann mit wachsamen Augen. Nach der Mathestunde hatten sich die Gedanken, warum Reiner ihnen eine Liebesbeziehung nachsagte, wieder in seinem Kopf eingenistet und ihn bis hier her beschäftigt. „Hab ich was im Gesicht?“, wollte Marco unsicher wissen und sah Jean fragend in die Augen. Dieser schüttelte schnell den Kopf und wandte sich wieder ab. „Bin grad nur am Nachdenken“ „Oh…okay“, nahm es Marco verwundert zur Kenntnis, denn Jean so ernsthaft und lange über etwas nachdenken zu sehen, war eine echte Seltenheit. Ihn interessierte es schon, über was sein Freund so angestrengt nachdachte, ließ ihn aber auf dem restlichen Weg in Ruhe. Schließlich würde sich garantiert noch später eine Gelegenheit ergeben, diesen nach dem Grund dafür zu fragen. Gegen halb vier kamen die Freunde an Marcos Elternhaus an und wurden gleich von dessen Geschwistern begrüßt. Isabel hängte sich an Marco und Nino an Jean, sodass die beiden keine andere Wahl hatten, als die beiden ins Esszimmer zu tragen. Jean hatte sich schon immer gut mit den beiden Jüngeren verstanden und kam mit Marcos Eltern auch gut klar. „Hallo allerseits!“, begrüßte der Brünette Mr. und Mrs. Bodt, welche gerade den Tisch deckte. Marcos Vater las wie immer Zeitung, sah aber kurz auf, um den Jungen zu mustern und ihn ebenfalls freundlich zu begrüßen: „Du bist noch ein kleines Stück gewachsen, wenn ich mich nicht irre…aber immer noch nicht so groß wie mein Junge“ „Liebling, sei nicht so gemein!“, tadelte dessen Frau ihn und wandte sich dann an den gerngesehen Gast. „Schön dich mal wieder zu sehen! Es gibt auch gleich Essen!“, damit eilte die Frau auch schon in die Küche, ehe Jean ihr antworten konnte. Er seufzte, als er Marco hinter sich das Zimmer betreten sah. Er war tatsächlich immer noch etwas kleiner als sein bester Freund, was ihn ein wenig störte, aber nicht so sehr, als dass er sich die ganze Zeit den Kopf darüber zerbrechen müsste Der Schwarzhaarige setzte seine Schwester ab und meinte dann zu Nino: „Lass sich Jean doch auch mal hinsetzen“, woraufhin sich der Junge widerwillig absetzen ließ und dann auf seinem Stuhl schmollte. Nachdem sie gegessen hatten, gingen die Jungs hoch in Marcos Zimmer und machten Hausaufgaben. Jean erledigte seine ausnahmsweise selbst, was Marco zum Staunen brachte und es darauf zurückschloss, dass dieser heute seltsam nachdenklich gestimmt war und sein Gedankenschwall nun auch seinen schulischen Pflichten zugute kam. Doch musste sich der Schwarzhaarige eingestehen, dass ihm das auf Dauer nicht gefallen würde. Zu Jean passte es einfach nicht, dass er so still war und über Dinge zu viel nachdachte, sonst machte er einfach immer, ohne nachzudenken. Diese impulsive Art war eins der Dinge, die Marco besonders an seinem besten Freund mochte und das er auch irgendwie sehr anziehend fand. Wenn man ohne Vorwarnung einfach so geküsst oder aufs Bett gedrückt werden würde…ha~ Schnell schüttelte Marco den Kopf und hoffte, dass Jean nichts von seinen erotisch angehauchten Gedanken aufgefallen war. Doch dieser brütete gerade über den Matheaufgaben und nahm nichts um sich wahr. „Ähm….Jean?“, meldete sich der Jüngere nach einiger Zeit zu Wort, nachdem er fertig war. „Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, ob du dem Basketballteam wieder beitreten willst?“ „Ich denke schon“, kam es überraschend schnell von dem Brünetten. „Und du? Gehst du wieder in deinen Mädchenverein?“ Dass Jean Bodenturnen so bezeichnete, lag daran, dass abgesehen von Marco nur Mädchen in diesem Verein tätig waren. Auch war der Schwarzhaarige sehr gut bei ihnen angekommen, sodass sie ihn oftmals in den Pausen umzingelt hatten und sich unbedingt mit ihm hatten unterhalten und manche sich auch mit ihm hatten treffen wollen. Jean hatte sich damals für seinen besten Freund gefreut, da er erst befürchtet hatte, dass man Marco für diese Sportart mobben würde, war aber dann auch leicht eifersüchtig gewesen, da er auf einmal so beliebt war, auch wenn der Schwarzhaarige alle Angebote abgelehnt hatte. Das brachte Jean wieder dazu, auf das Thema zurück zu kommen, das ihn schon den halben Tag beschäftigte. „Habe ich schon vor, ja“, lächelte Marco, bemerkte aber auch die Veränderung in Jeans Gesichtszügen. „Ist noch was?“ „Nun ja…“, fing der Brünette an, auch wenn er sich eigentlich die Worte zurechtlegen hatte wollen, mit denen er seinem besten Freund folgende Frage hatte stellen wollen. „Du hast doch immer alle Mädchen abgewiesen, die mit dir ausgehen wollten…hat dir keine gefallen oder was ist der Grund dafür?“ Jegliche Farbe wich aus Marcos Gesicht und er musste schlucken. Mit so einer ziemlich direkten Frage hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet, sah es andererseits aber auch als gute Gelegenheit, um seinem besten Freund zu erzählen, was ihn schon länger beschäftigte. „Nun ja, ich…“, versuchte sich der Jüngere erst an einer Erklärung, entschied sich aber doch für den direkten Weg. „Ich glaube, ich mag Männer…“, sagte er und senkte dabei den Blick, er konnte Jean einfach nicht dabei ansehen. Nun war es raus. Es gab kein Zurück mehr. Jean nickte als Bestätigung, dass er die Information aufgenommen hatte, nur, auch wenn Marco es nicht sehen konnte. Sein bester Freund war also schwul…irgendwie schockte ihn das nicht so, wie er eigentlich erwartet hatte nach all dem, was ihm seine Eltern zu diesem Thema in den Kopf gepflanzt hatten „Halte dich bloß fern von diesen Schwuchteln! Das sind abnormale Verrückte, die dich auf ihre Seite ziehen wollen!“, klang die Stimme seiner Mutter in Jeans Kopf. Als länger nichts kam, hob Marco langsam den Kopf und schaute zögernd zu seinem – hoffentlich immer noch – besten Freund, welcher auf das Blatt Papier vor sich starrte und dann murmlete: „Du also auch…“ Das verwirrte Marco erst mal sehr, da Jean ihm bisher nichts von Reiner und Bertholdt erzählt hatte. „Was meinst du mit ‚auch‘?“, fragte er zaghaft nach und wäre am liebsten im Boden versunken, als Jean seinen Kopf zu ihm drehte. „Reiner hat mir heute sozusagen gesagt, dass er mit Bertholdt zusammen ist“, informierte der Brünette mit überraschend normaler Stimme, auch wenn es in ihm tobte. Dank seinen Eltern wusste er nicht, wie er weiterhin mit den dreien umgehen sollte. Wenn es nach ihnen ging, müsste er sich von ihnen lossagen und sich ‚normale‘ Freunde, sowie am besten gleich eine Freundin, suchen. Wenn es nach ihn ginge, sollte alles so bleiben wie es jetzt war und nicht unnötig kompliziert werden. „oh, wirklich?“, erwiderte Marco überrascht, freute sich aber für die beiden. „Was es nicht alles gibt…“ Ein verträumtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er daran dachte, wie es wäre, wenn er mit Jean zusammen sein könnte. „Ja, dachte ich mir auch“, durchbracht Jeans gleichgültig wirkende Stimme die Träume des Schwarzhaarigen. „Hast du eigentlich ein Problem damit?“, kam es zögerlich von Marco, der momentan absolut nicht wusste, was sein bester Freund dachte und das machte ihm Angst. „Ich weiß nicht…“, gab Jean ehrlich zu. „Solange du mich nicht komisch antatschst, geht das in Ordnung.“ „Werd‘ ich nicht machen…versprochen!“, stellte Marco klar, auch wenn er nicht ganz wusste, ob er dieses Versprechen würde einhalten können. Am Abend verabschiedete sich Jean von den Bodts und machte sich auf den Weg nach Hause. Dass er diese Nacht nicht hier schlafen würde, war Marco klar gewesen, schließlich würde er ein bisschen brauchen, um die neuen Informationen verarbeiten zu können. Dem Schwarzhaarigen tat sein Freund irgendwie ein bisschen leid, immerhin waren all die Kerle, mit denen er meistens rumhang, schwul. Wäre er an Jeans Stelle, würde er sich auch erstmal komisch vorkommen… In den nächsten Wochen verhielt sich Jean relativ normal, auch wenn er Marco bisher nicht mehr angeboten hatte, bei ihm zu schlafen. Dieser verstand natürlich, woran es lag und war schonetwas traurig deswegen, musste aber auch zugeben, dass es wohl erstmal besser so war. Außerdem berichtete der Schwarzhaarige die neusten Geschehnisse – wie versprochen – Armin, welcher ihn aufheiterte und meinte, dass bald alles wieder normaler werden würde. Sofern man davon ausging, dass Marco ihm seine Gefühle nicht gestand und Jean sich nicht auf einmal gegen alles sträuben und ihm die Freundschaft kündigen machen würde. Auch redete Marco inzwischen mehr mit Bertholdt und holte sich von diesem ein paar Tipps – wobei es dauerte, bis man solche Infos aus dem verschwiegenen Großen herausbekam – die er vielleicht später gut gebrauchen würde können. Jean war meistens nachmittags und abends mit dem Training beschäftigt, da er sich für das Basketballteam gemeldet hatte und angenommen worden war. Ähnlich ging es Marco, der sich auch gut in der Gruppe der Bodenturner eingefunden hatte – diesmal war er nicht mal der einzige Junge. Langsam versprach alles wieder normal zwischen den beiden besten Freunden zu werden, als Jean den ‚Fehler‘ beim Umziehen für den regulären Schulsport beging, zu Marco zu sehen, der wie immer mit dem Gesicht zur Wand stand. Sein Blick wanderte von dessen Schultern – die zahlreich mit kleinen, dunklen Flecken bestückt waren, die gen Schulterblätter weniger wurden – zur Rückenmitte – wo sich nur wenige Sprossen fanden – zur Hüfte – an der sie sich an den Seiten wieder zu sammeln begannen – und war schließlich am Hosenbund des Jüngeren angekommen. Als er etwas zu lange auf das wohlgeformte Hinterteil Marcos gestarrt hatte, zog sich dieser das Shirt über den Kopf und riss Jean somit aus seinem Starren. „Scheiße…nicht schon wieder!“, ging es dem Brünetten durch den Kopf, da er sich an die Szene mit Armin vor ein paar Jahren erinnert fühlte. „Ich sollte mir echt eine Freundin suchen, um auf andere Gedanken zu kommen…“ Diesen Plan verfolgte Jean in der nächsten Zeit mit großen Eifer. Er wollte nicht irgendein Mädchen als Freundin haben, sie musste schon etwas Besonderes sein und ihm gefallen! Außerdem gab es nur eine, die seinen Ansprüchen gerecht wurde: Mikasa Ackerman, die er leider nicht oft sah, sich aber bemühte, in so vielen Pausen wie möglich in ihrer Nähe zu sein. Als Eren eines Tages aus irgendeinem Grund in der Schule fehlte, witterte der Brünette seine Chance und sprach sie direkt an. „Hey, Mikasa! Hast du Lust, dieses Wochenende mit mir auszugehen?“, kam er etwas unsicher auf sie zu, versuchte sich diese aber nicht anmerken zu lassen. Sie sah ihn aus emotionslosen Augen an, schien kurz zu überlegen und antwortete dann: „Ich habe dieses Wochenende schon etwas anderes vor“ „Oh, verstehe…“, nahm Jean die Absage gespielt gelassen hin. „Dann eben ein andermal.“ „Hm“, war das einzige, das sie dazu noch zu sagen hatte, ehe die Pause zu Ende war und der Abgewiesene ein wenig enttäuscht in die Klasse zurückging. Seinem besten Freund fiel natürlich sofort auf, dass etwas nicht in Ordnung war – zumal er schon länger wusste, dass Jean, zum Leidwesen des Schwarzhaarigen, hinter der stillen Schönheit her war. „Was ist passiert?“, fragte er und bereute die Frage schon kurz nachdem er sie ausgesprochen hatte. „Mikasa hat mir abgesagt…aber vielleicht klappt es ein anderes Mal.“ Kapitel 5: Jerk Off ------------------- Am Abend des Tages, an dem Jean eine Absage von Mikasa erhalten hatte, lag dieser immer noch wach in seinem Bett und konnte einfach nicht einschlafen, obwohl elf Uhr schon lange vorbei war. Er fragte sich unter anderem, ob sie wohl ein anderes Mal ‚ja‘ sagen würde und ob er sich gegen Eren behaupten konnte. Warum sie gerade an einem Kerl wie ihm hing, konnte er nicht verstehen. Jean konnte Eren absolut nicht ausstehen und geriet wirklich immer in einen Streit mit ihm, wenn sie sich über den Weg liefen, doch da Marco meistens bei ihm war, schaffte dieser es – zusammen mit Armin – die beiden Streithähne oft schon zu beruhigen, bevor Schlimmeres passieren konnte. Jedenfalls stellte sich der Brünette gerade vor, wie es wäre, gegen Eren zu siegen und eine von ihm dahingerissene Mikasa danach zu küssen und mit sich nach Hause zu führen, wo sie sich für ihn auszog und ihn verführte. Bei der Vorstellung, wie die Schwarzhaarige wohl nackt aussehen konnte, sammelte sich das Blut weiter unten in Jeans Lendengegend und er musste – wie immer – mal wieder selbst Hand anlegen. Während er sich einen runterholte, stellte er sich eine nackte Mikasa vor, die sich über ihn beugte und– …auf einmal hatte er das Bild von Marcos nackten Rücken und dessen knackigen Arsch vor Augen. Das hielt ihn erstaunlicherweise nicht sofort davon ab, aufzuhören. Stattdessen erledigte seine Fantasie den Rest und zog Marco dessen Shorts von den Beinen, sodass er völlig entblößt vor ihm stand und ihn mit diesen treuen Rehaugen und geröteten Wangen über die Schulter weg ansah. „Jean~“, hauchte die imaginäre Stimme des ebenfalls imaginären nackten jungen Mannes dem Brünetten erotisch zu und genau in diesem Moment kam er mit einem leisen Stöhnen. Völlig fassungslos und verwirrt blickte Jean auf die weißliche Flüssigkeit in seiner Hand, die er wenig später an einem Papiertaschentuch abwischte. Was um alles in der Welt war nur in ihn gefahren, dass er sich seinen besten Freund nackt vorstellte und dazu abwichste? Hatte das damit zutun, dass Jean nun wusste, dass Marco auf Männer stand, oder hatte dieser ihn vielleicht angesteckt? Der Brünette wusste, dass das absoluter Unsinn war, was er sich da gerade zusammenspann, aber ein Teil von ihm wollte es einfach nicht wahrhaben, dass er sich es vollkommen eigenwillig vorgestellt und gehandelt hatte. Hätte er es wirklich nicht gewollt, hätte er sofort gestoppt, als ihm Marco vor seinem geistigen Auge erschienen war. Völlig verwirrt und fertig mit den Nerven, schlief Jean wenig später aus Erschöpfung ein und erwachte am nächsten Morgen aus einer unerholsamen Nacht. Aber was hatte er auch erwarten sollen, nachdem sich solch komische Fantasien in seinem Kopf abspielten? In Bezug auf den nackten Marco, fiel Jean gleich wieder das ein, was ihn Reiner vor ein paar Wochen gefragt hatte. In seiner Vorstellung hatte der Schwarzhaarige überall Sommersprossen gehabt…ob das wirklich so war, wusste er nicht. Ein großer Drang in ihm entstand, es herauszufinden und außerdem festzustellen, ob der Arsch seines besten Freundes auch so knackig war, wie er unter der Kleidung aussah. Gleichzeitig kämpfte seine Vernunft dagegen an, denn sowas sollte man nicht von seinem besten Freund wissen wollen, schon gar nicht, wenn es ein Kerl war! „Ich bin ja schließlich nicht schwul!“, dachte sich Jean. „Ich hab mir ein nacktes Mädchen vorgestellt und bin scharf geworden…so!“ Mit dieser Erklärung schwang er sich aus dem Bett und duschte dann erstmal kalt, um aufzuwachen und die absolut unerhörten Fantasien wegzuspülen. Marco war es in dieser Nacht nicht besser ergangen, auch wenn er aus anderen Gründen nicht gut hatte schlafen können. Ihn plagten schon lange die Gedanken, dass Jean an Mikasa interessiert war und eine ganz kleine Chance bestand, dass er sie – oder eine andere – bald als feste Freundin haben würde. Schließlich waren sie in der Oberstufe, da war das nichts Ungewöhnliches und außerdem hatte man in ihrem Alter ein großes, hormonell bedingtes Verlangen nach Sex und vor allem, das für viele noch unbekannte Terrain zu erkunden. Ihm ging es ja nicht besser, auch er wollte endlich mit jemandem schlafen – wobei dieser ‚jemand‘ Jean war und er keinen anderen wollte. Es war so schlimm, dass er sich fast jede Nacht vorstellte, wie Jean ihn küsste und berührte, wonach er sich immer schlecht fühlte, weil er Jean eigentlich nicht für solche Dinge benutzen wollte, aber es ging einfach nicht anders. Dazu kam, dass Marco es sehr vermisste, bei Jean zu übernachten, die durch die Ferien bedingte Pause war schon schlimm genug für ihn gewesen und wenn das so weiter gehen würde, konnte es vielleicht passieren, dass er sich nicht mehr zurückhalten würde können. Das sollte auf keinen Fall geschehen, da der Schwarzhaarige seinen besten Freund unter gar keinen Umständen verlieren wollte, auch wenn er sich dafür sehr zurücknehmen musste. Marco stand auf, machte sich fertig und ging dann los, um Jean abzuholen. Es war Freitag und am Samstag würde dieser sein erstes Match gegen eine andere Schule haben, weswegen auch Marco aufgeregt war. Er sah seinem Freund immer gern beim spielen zu, da dieser wirklich gut im Basketball war. Er war schnell, hatte eine unglaubliche Ballkontrolle und war ein toller Anführer, weswegen er meistens als Center aufgestellt war. Schon kurz nachdem der Schwarzhaarige bei Jean geläutet hatte, wurde das Tor geöffnet und der Brünette kam aus der Eingangstür gelaufen, sehr zur Überraschung Marcos. „Guten Morgen!“, begrüßte der Jüngere seinen besten Freund, während er auf ihn zu lief. „Bist du schon aufgeregt wegen dem Spiel morgen, oder warum bist du schon wach?“ Das war immerhin der erste Morgen, an dem sie sich nicht abhetzen mussten, um rechtzeitig zur Schule zu kommen, da musste ja was Besonderes los sein. „Ja, kann sein“, erwiderte Jean und versuchte zu lächeln. Was der wirkliche Grund für sein frühes Aufstehen war, konnte er unmöglich sagen. „Immerhin wird sich da zeigen, ob unser Team auch gut zusammenspielt, wenn es unter Druck steht.“ „Ich bin mir sicher, ihr werdet das toll machen“, lächelte Marco zuversichtlich und hatte den Eindruck, als würde Jean das aufheitern. Er sah zwar fit aus, aber doch irgendwie niedergeschlagen, was vermutlich immer noch an Mikasas Absage liegen musste, jedenfalls war das Marcos Auffassung der Lage. Auf dem Schulweg unterhielten sie sich über ihre Sportteams und wie es gerade so lief. Das Basketballteam hatte einige gute Spieler, die sich erst noch aneinander gewöhnen mussten, bei den Bodenturner gab es diese Probleme nicht, dafür machte sich der Mangel an männlichen Mitgliedern bemerkbar, da sie für einige Übungen eine starke Basis benötigten. In der Schule angekommen, trafen sie Armin am Haupttor, der mit ihnen in die Klasse kam, um sich mit den beiden unterhalten zu können. Sie hatten noch gute zwanzig Minuten Zeit bis der Unterricht beginnen würde. Reiner und Bertholdt waren auch schon da und betrachteten die Dreiergruppe überrascht, als diese den Raum betraten. „Hat euch der Kleine aus dem Bett geschmissen, oder warum seid ihr schon da?“, kam die ‚Begrüßung‘ von Reiner, der mal wieder grinste. Wer wusste, was der sich schon wieder zusammenreimte. Erwidert wurde diese Willkommenheißung von einem genervten Blick seitens Jean, einem rot gewordenen Marco und einem verwirrten Armin. „Nein…wir haben uns erst am Schultor getroffen“, stellte der kleine Blonde das vermeintliche Missverständnis richtig, wofür ihm alle dankbar waren – ausgenommen Reiner. Die drei machten es sich am Fenster gemütlich und plauderten solange, bis Armin bemerkte, dass es Zeit zu gehen war und sich vorerst von den beiden anderen verabschiedete. Marco war wirklich froh, dass er Armin kannte, denn er hatte ihm wirklich sehr geholfen und außerdem war er immer so nett zu ihm. Auch Jean teilte diese Ansicht, auch wenn er nichts von den Gesprächen der beiden wusste. Zwischen den beiden hatte sich langsam wieder alles eingependelt, sodass Jean Marco fragte, ob er die nächste Nacht nicht wieder bei ihm schlafen könne oder umgekehrt. Über diese plötzliche Frage freute sich der Schwarzhaarige und sagte sofort zu. „Du kannst ja mit zu mir kommen, meine Eltern freuen sich immer, wenn du da bist und Nino sowieso“, schlug er in der ersten Pause vor. „Kann ich machen…“, willigte der Brünette ein. „Meine Eltern kommen übrigens nächste Woche für einen Monat nach Hause.“ „Das ist toll! Dann bist du nicht mehr so alleine und ich kann sie auch mal wieder sehen!“, freute sich Marco, doch sein bester Freund war nicht ganz so optimistisch. Schließlich plagten ihn einige Sorgen, die unter anderem mit seinen Eltern zusammenhingen. Es war schon richtig, dass er dann nicht mehr einsam allein Zuhause sein würde, aber was, wenn sie herausfinden würden, dass sein bester Freund einer dieser verhassten ‚Schwuchteln‘ war? Seine und Marcos Eltern kannten sich zwar schon lange, aber das musste nicht heißen, dass sie den Kontakt unbedingt halten würden, wenn sie es erfahren würden. Sie waren da sehr engstirnig und versessen auf ihre Meinung. Einmal hatte Jean versucht zu fragen, warum sie denn so gegen gleichgeschlechtliche Liebe waren und dass es sich doch gar nicht so schlimm anhörte, woraufhin ihm sein Vater eine Ohrfeige verpasst hatte und ihn auf sein Zimmer geschickt hatte, um über seine Worte nachzudenken. Das war das erste und letzte Mal gewesen, dass er versucht hatte, etwas dagegen zu sagen. „Hmmm…“, machte er nur und sah zu Boden. „Ich hoffe nur, sie sind nicht so gestresst.“ Als die Freunde am Nachmittag bei Marco ankamen und die Tür öffneten, wurden sie herzlich empfangen und Jeans Angst wegen seinen Eltern wich vorerst. Marcos Eltern waren immer so nett und verständnisvoll, wohin gegen seine streng, kalt und verbissen wirkten, was sie vermutlich auch waren. Sie hatten zwar Geld, aber das Gefühl von der Geborgenheit einer Familie hatte er selten verspürt, wohingegen es ihn sofort beschlich, sobald er durch diese Tür trat. Nachdem sie zusammen gegessen hatten, verzogen sich die beiden Jungs auf Marcos Zimmer, hatten aber nichts mehr für die Schule zu tun, da sie wegen dem Spiel am Samstag nicht viel auf bekommen hatten. Das bisschen hatten sie schon in der Schule erledigt und so saßen – bzw. lagen – sie entspannt auf dem Bett und redeten einfach miteinander. Jean fühlte sich in der Gegenwart Marcos so wohl wie nirgendwo und bei niemandem anders, was ihm heute mal wieder bewusst wurde. Er fragte sich, ob sein ‚Versehen‘ am letzten Abend damit zusammenhing, dass sie einfach zu viel Zeit miteinander verbrachten und der Schwarzhaarige deshalb dauernd und sogar in solch einer Situation, in seinem Kopf herumspukte. Wider seines Willens musste Jean sich eingestehen, dass der Marco in seiner Fantasie verdammt scharf ausgesehen und geklungen hatte, doch das war ja nur seine Fantasier gewesen… Es wurde spät und Marco war der erste, der zu gähnen anfing und meinte: „Ich zieh mich schon mal um, bevor ich zu müde dafür werde…wir sollten sowieso nicht spät ins Bett gehen, du musst morgen fit sein.“ Dann ging er ins Bad und machte sich dort fürs Schlafen fertig, Jean folgte seinem Beispiel wenig später, als der Jüngere wieder im Zimmer angekommen war. Er lächelte seinem Freund zu, ehe dieser aus dem Zimmer ging. Dieses – vermutlich unbedachte – Lächeln, veranlasste Jean nachträglich rot zu werden, da es ihn zu sehr an seine Vorstellung erinnerte und sich schämte, dass er so etwas von seinem Freund dachte. Unterdessen hatte sich Marco auf dem Bett ausgestreckt und wartete auf Jeans Rückkehr. Nachdem einige Zeit verstrichen war, begann er sich langsam Sorgen zu machen, wo sein Freund blieb, da dieser sonst immer so schnell fertig war. Sofort kamen ihm unanständige Gedanken in den Sinn, die er zu vertreiben suchte. „Das würde Jean niemals jetzt tun…!“, ermahnte er sich selbst und drückte sich eines der Kissen ans Gesicht. „Wie kann ich nur an sowas denken?“ Wie, als ob er ertappt worden wäre, öffnete sich in dem Moment die Tür und Jean trat ein. Er erblickte Marco auf dem Bett, mit dem Kissen auf dessen Gesicht und sah sehr skeptisch und mit hochgezogenen Augenbrauen zu dem auf dem Bett Liegenden. „Alles okay bei dir?“, fragte er sicherheitshalber nach, auch wenn er nicht erwartete, dass es Marco wirklich schlecht ging. Dieser benahm sich nur irgendwie seltsam. „Du siehst wie ein verliebtes Schulmädchen aus.“ Diese Worte zu dieser Zeit, waren sehr unglücklich formuliert, weil sie so gut zutrafen. Zwar war Marco kein verliebtes Schulmädchen, aber dafür ein verliebter Kerl, der gerade daran gedacht hatte, wie sich sein bester Freund im Bad einen runterholte. Nur gut, dass sein Gesicht ohnehin schon bedenkt war, sodass man das knallrote Gesicht des Schwarzhaarigen nicht sehen konnte, das wäre sonst mega peinlich geworden, wenn Jean ihn gefragt hätte, warum er denn so rot war. Glücklicherweise beruhigte sich Marco schnell wieder, nahm das Kissen runter und blinzelte in das für seine Augen nun sehr helle Zimmer. „Kannst du das Licht ausmachen?“, bat er Jean, der ohnehin noch stand. „Die Laterne scheint sowieso hell genug…“ Jean nickte nur und schaltete dann das Licht aus. Nun wurde das Zimmer von einem dämmrigen, angenehmen orangenen Licht beschienen und Jean bewegte sich langsam auf das Bett zu, indem Marco inzwischen auf dem Bauch lag und zu ihm hoch blickte. Die Stimmung war seltsam, es fühlte sich so fremd und angespannt an, obwohl sie sich schon so lange kannten. Der Schwarzhaarige riss seinen Blick los und machte Jean Platz im Bett, welcher sich irgendwie zögernder als sonst neben ihn legte. Sie lagen nun, wie sooft, einander zugewandt da, taten nichts, als dem anderen ein einfach nur in die Augen zu schauen. Marcos Herz begann immer schneller gegen seinen Brustkorb zu pochen und auch Jean wurde leicht nervös, was er nicht wahrhaben wollte und es erst malignorierte. Aber schon bald wurde ihm die Spannung zwischen ihnen zu groß und als sein Gegenüber dann auch noch die Augen halb schloss und ihn verträumt anzusehen begann, hielt er es nicht mehr aus und drehte sich mit einem genervten Blick abrupt von Marco weg. Vielleicht hatten seine Eltern ja doch Recht und diese Schwulen versuchen ihn zu verführen und auf ihre Seite zu bringen. Sofort tat ihm der Gedanke leid, da Marco ihm nie etwas angetan hatte, sondern unglaublich nett und fürsorglich ihm gegenüber war. Wie konnte er sich nur dazu verleiten lassen, solche Dinge über seinen besten Freund, einen so liebenswerten Menschen, zu denken? Marco verstand die Welt nicht mehr. Es war gerade so schön gewesen, Jean einfach nur in dessen hellbraune Augen sehen zu können und ihm so nah zu sein. Er hatte gedacht, dass es dem anderen auch gefallen hatte, aber offenbar hatte es ihn verärgert und der Blick hatte ihn tief getroffen. Jean war sonst nie so gegenüber ihm. Gegenüber anderen durchaus, aber er noch nie in dieser Form so zu ihm gewesen. So abweisend, genervt und kalt. Hätte Marco dessen Gedanken gekannt, wäre für ihn wohl alles zu Ende gewesen. Auch so schon war er den Tränen nahe und konnte ein leises Wimmern kaum unterdrücken. Er drehte sich ebenfalls weg und kauerte sich zusammen, so als ob er sich dadurch unsicht- und hörbar machen konnte. Durch diese vermeintlich kleinen Gesten Jeans, war er zutiefst verletzt worden und konnte seine Enttäuschung einfach nicht verbergen. Jean entging die Bewegung des Anderen nicht, doch er dachte sich erst nichts dabei. Erst als er ein leises Schluchzen vernahm, biss er sich auf die Lippe und begann sich schuldig zu fühlen. Hatte er seinen Freund so sehr verletzt? Er hatte doch eigentlich gar nichts getan, oder? Tief im Innersten wusste er, dass das nicht stimmte und begann sich selbst zu beschimpfen dafür, dass er Marco so traurig gemacht hatte. Jean rang mit sich selbst, nahm dann aber seinen Mut zusammen und drehte sich wieder um. Scheiß drauf, was seine Eltern sagten und dachten! Er hatte Marco gern und würde ihm nicht weiter mit seinem abweisenden Verhalten wehtun. Als der Brünette den zitternden Körper erblickte, traf ihn die Schuld mitten im Herzen. Er konnte es nicht ertragen, den anderen leiden zu sehen, so rückte er näher an ihn heran und legte einen Arm und den bebenden Körper. Marco, der krampfhaft versuchte, nicht in Tränen auszubrechen, hielt inne, als er die unverhoffte Berührung spürte. „Jean…?“, flüsterte er mit heiserer Stimme und drehte sich langsam zu diesem um. Durch die Bewegung hatten sie wieder an Abstand gewonnen und Marco sah Jean mit großen Augen an, doch dieser wich dem Blick aus. „Es…tut mir leid“, murmelte der Brünette schließlich und drückte den Jüngeren an sich. Marco konnte erst nicht begreifen, was gerade passierte, erwiderte die Umarmung aber instinktiv und kuschelte sich auch an seinen Freund an. Tränen bahnten sich ihren Weg die betupften Wangen hinab, ungesehen und leise, denn Marco verbarg das Gesicht an Jeans Shirt. Der Ältere wusste nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte und verharrte darum in seiner Position, strich dem Schwarzhaarigen sanft über den Rücken und legte seinen Kopf an dessen Schulter. Nachdem sich Marco beruhigt hatte, lösten sie sich trotzdem nicht voneinander, nur legte sich Jean auf den Rücken und zog Marco halb mit sich, sodass dieser, mit dem Kopf auf seiner Brust, angekuschelt an ihn dalag. Es verstrichen einige Minuten und als der Schwarzhaarige schon befürchtete, sie würden sich wieder voneinander entfernen, da Jean sich bewegte, flüsterte er leise: „Können wir so bleiben?“ Dabei sah er den Älteren wieder aus seinen treuen Augen an, sodass dieser nicht anders konnte, als einzuwilligen. „Klar…“, erwiderte er ebenso leise, aber mit versteckten Zweifeln. Doch beschloss Jean dann, alle negativen Gedanken für heute zu verbannen und sich nicht von anderer Meinung beeinflussen zu lassen. Es war schön mit Marco so nah aneinander zu liegen, egal was andere davon halten mochten. Das ging niemanden etwas an! Der Jüngere schlief bald ein, erschöpft von der Aufregung und auch, weil Jean so unglaublich bequem war und auch, da er die Wärme und Nähe von diesem genoss. Seine ‚Schlafgelegenheit‘ allerdings, war mal wieder zu beschäftigt mit nachdenken, als dass er schlafen hätte können. Hatte er wirklich gerade mit seinem besten Freund, der zu dem noch schwul war, gekuschelt? Lagen sie gerade wirklich wie ein Paar beieinander? Und störte er sich gerade wirklich nicht daran? Mit einem leisen Seufzer, versuchte nun auch Jean zu schlafen und schloss die Augen. Warum musste alles auch immer so kompliziert sein? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)