It's Majestic von KradNibeid (Quartäre Quartalsgeschichten) ================================================================================ Überraschender Besuch --------------------- Tok. Tok. Tok. Tok. Unablässig wanderte Ian durch den Raum. Ungeduld stand ihm ins Gesicht geschrieben, während er rastlos seine Runden um die Couch drehte, auf der Spencer saß und in ein Buch vertieft war. Tok. Tok. Tok. Tok. Genervt stöhnte Ian auf und warf einen giftigen Blick zu Bryan, der am Fenster saß, mit gelangweiltem Blick in die Leere starrte und dabei seine Stirn immer wieder leicht gegen die Fensterscheibe schlug. Dieser monotone Takt füllte den Raum nun schon seit einer guten halben Stunde, und Ians Geduld hatte langsam ein Ende. Tok. Tok. To- „Es reicht!“ Aufgebracht warf Ian eines der Sofakissen auf Bryan, der ihn unbeeindruckt musterte, als das Kissen neben ihm von der Scheibe abprallte. „Im Ernst, Bryan, wir alle wissen, dass du diese Meet-and-Greet-Termine hasst, und uns geht es auch nicht anders, aber immerhin führen wir uns nicht auf wie bockige Kleinkinder. Also benimm dich gefälligst wie ein halbwegs Erwachsener und hör auf, jedes Mal so ein Drama zu machen!“ Wütend funkelte Ian Bryan an, der nur langgezogen seufzte und wieder aus dem Fenster blickte. „So lästig“, murmelte er leise, während er wieder damit anfing, seine Stirn gegen das Glas zu stoßen. Tok. Tok. Tok. Tok. Verzweifelt warf Ian seine Hände in die Luft und ließ sich auf das Sofa neben Spencer fallen. „Spenceeeer, tu doch waaas…“ Tief lachte Spencer und schüttelte den Kopf. „Da kann ich dir nicht helfen, fürchte ich“, brummte er und blätterte in seinem Buch um. Plötzlich öffnete sich die Tür zu dem gemütlichen Aufenthaltsraum, und sogar Bryan unterbrach seine Routine, um auf Tala zu blicken, der eben das Zimmer betrat und sie alle mit einem knappen, schicksalsergebenen Blick musterte. „Also, ich habe eben die Unterlagen vom Manager bekommen. Die beiden VIP-Gäste“, unverhohlener Spott schwang bei diesen Worten mit, „sind eben im Hotel angekommen und werden in ein paar Minuten hier sein. Denkt bitte daran, hier geht es um das Ansehen des Teams und um gute Publicity, deswegen benehmt euch bitte. Das heißt, keine bösartigen oder lebensgefährlichen Streiche“, er sah Ian an, der herausordernd zurückblickte, „keine Psychospielchen“, mit diesen Worten wandte er seine Aufmerksamkeit auf Bryan, der seine Aufmerksamkeit wieder auf einen undefinierten Punkt außerhalb des Fensters verlagerte, „und generell ein wenig Aufmerksamkeit den Gästen gegenüber wären nicht schlecht.“ Mit der letzten Aussage blickte er auf Spencer, der eine Augenbraue hob, ohne aus seinem Buch aufzublicken. Mit einem ergebenen Seufzen schüttelte Tala den Kopf. „Ihr seid echt hoffnungslos. Versucht euch wenigstens die Namen der beiden heute zu merken“, kurz blätterte Tala in seinen Unterlagen, „das wären eine Janka Hofmann und ein Robert… Jürgens?!“ Erstaunt zog Tala seine Augenbrauen hoch, und auch die anderen drei blickten ihn überrascht an. „Jürgens? Wie unser aufgeblasener Lieblings-Deutscher?“ Neugierig sprang Ian vom Sofa auf und blickte auf die Unterlagen in Talas Hand. „Warum sollte der bei einem Meet-and-Greet hier auftauchen? Ich meine, wenn er was von uns will, dann kann er uns einfach anrufen – oder mal wieder eine seiner protzigen Partys schmeißen.“ „Es wird wohl eher ein Namensvetter sein, nehme ich an. Dennoch ein interessanter Zufall“, kommentierte Spencer, bevor er sich wieder seinem Buch zuwandte. „Na, der kann einem leidtun, bei so einem Namen“, murmelte Ian und ließ sich wieder auf das Sofa fallen. „Hoffentlich ist es bald vorbei…“ In diesem Moment klopfte es, und schnell ließ Tala die Unterlagen in einem Bücherregal verschwinden, als auch schon die Tür geöffnet wurde und ein älterer Herr in einem intensivblauen Anzug den Raum betrat und etwas angespannt in die Runde grinste. „Und wie versprochen sind sie hier: Die einzig wahren DemolitionBoys! Im Namen von BlueRadioFreak möchte ich mich nochmals herzlich bei euch bedanken, dass ihr es diesen beiden jungen Leuten möglich macht, sich einen lang ersehnten Traum zu erfüllen. Janka, Robert, kommt doch herein!“ Mit einer einladenden Geste trat der Mann weiter in den Raum, und gab den Blick frei auf ein Mädchen mit kurzen, braunen Haaren, das zerschlissene Jeans und ein weites T-Shirt mit Batman-Logo trug. Sie argumentierte im Flüsterton mit einer weiteren Person, die neben der Tür wartete, sodass man sie nicht sofort sehen konnte. Nachdem sie offensichtlich so vertieft in dieses Gespräch war, dass sie nicht bemerkt hatte, dass sie bereits in den Raum gebeten wurde, räusperte sich der Herr von BlueRadioFreak vernehmlich und lächelte noch etwas angespannter. „Janka, Robert, wenn ihr so freundlich wäret…“ Endlich schien Janka zu bemerken, dass sie angesprochen war, und mit einem freudigen Strahlen betrat sie den Raum, nicht ohne ihren offensichtlich widerstrebenden Gefährten unsanft am Arm zu packen und hinter sich her zu zerren. Ungläubige Blicke ruhten auf ihnen, während sich der Herr vom Radio etwas nervös durch die Haare strich. „Nun, ich, äh, werde euch jetzt in Ruhe eure zwei Stunden genießen lassen; in zwei Stunden treffen wir uns zum gemeinsamen Interview wieder hier. BlueRadioFreak wünscht euch eine angenehme Zeit zusammen!“ Kaum hatte er diese Worte gesagt, verschwand er auch schon wieder aus dem Raum, doch keiner der Anwesenden schenkte ihm Beachtung. Stattdessen starrten alle vier DemolitionBoys auf den jungen Mann, der neben Janka im Raum stand und sich offensichtlich wünschte, an einem weit entfernten Ort zu sein. Schließlich war es Tala, der das Schweigen brach und sich etwas verlegen räusperte. „Nun, ähm, ich heiße euch beide ebenfalls im Namen des Teams und des Senders BlueRadioFreak willkommen. Wir- wir sind die DemolitionBoys, es freut uns, euch kennen zu lernen, Janka und, ähm, Robert- auch… wenn wir uns, ja, ähm, eigentlich schon kennen?“ Ein verzweifeltes Seufzen entrann Roberts Kehle und er vergrub sein Gesicht in den Händen, während er mit Grabesstimme antwortete. „Ich weiß, Tala. Glaub mir, ich weiß, dass wir uns kennen. Und ich weiß, dass ein Anruf gereicht hätte, um sich mit euch zu treffen.“ Gerade holte Ian Luft, um etwas zu sagen, als Robert ihn mit einer Geste zum Schweigen brachte. „Frag. Nicht.“ „Weißt du, Robert, freu dich doch einfach – ich meine, wir sind bei den echten DemolitionBoys!“ Voll Begeisterung wippte Janka auf der Stelle auf und ab und blickte strahlend in die Runde. Entgeistert wich Ian einen Schritt zurück, und Bryan verzog angewidert das Gesicht, während er vorsichtig nach dem Fenstergriff tastete. „Als gäbe es unechte DemolitionBoys“, murrte Robert und strich sich durch die Haare. „Natürlich gibt es die! Hast du noch nie Cosplayer gesehen?“ Skeptisch hob Janka eine Augenbraue, bis sie sich schwungvoll neben Spencer auf das Sofa fallen ließ. „In jedem Fall sind wir jetzt hier, und wehe, du verdirbst mir das hier, Robert! Du hast ja keine Ahnung, wie lang ich in diesen kostenpflichtigen Telefonleitungen von BlueRadioFreak hing, bis ich die Meet-and-Greet-Karten abgestaubt habe!“ „Um ehrlich zu sein, Janka, weiß ich das sogar sehr genau – denn immerhin hast du von meinem Anschluss aus dort angerufen und mir die Rechnung überlassen!“ Empört verschränkte Robert seine Arme vor der Brust, woraufhin Janka nur mit den Schultern zuckte und wie selbstverständlich das Buch aus Spencers Händen an sich riss. „Du bist hier der Reiche in der Beziehung, nicht ich“, meinte sie nur gleichgültig, während sie kurz den Buchtitel überflog und es dann mit einem gewinnenden Lächeln an Spencer, das eindeutig Beachte mich, oder du wirst es bereuen sprach, neben sich auf einen Beistelltisch fallen ließ. „Und jetzt… gehört ihr alle für die nächsten zwei Stunden mir!“ Mit einem fiesen Kichern rieb sich Janka die Hände, und den DemolitionBoys lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, während Robert so wirkte, als wolle er einfach in diesem Moment tot umfallen, damit diese Peinlichkeit ein Ende nahm. Worauf hatten sie sich da nur eingelassen? Zwei Stunden später „…Und das ist die ganze Geschichte dahinter.“ Entkräftet ließ sich Robert in seinem Sessel zurücksinken und nahm dann einen Schluck aus dem Whiskeyglas. Tala, der ihm gegenüber saß, pfiff anerkennend durch die Zähne und hob sein eigenes Glas zum Salut. „Meinen Respekt, dass du dir das selbst antust. Aber unter den Umständen kann ich natürlich verstehen, dass du mitgekommen bist.“ „Freut mich, dass du das verstehst“, antwortete Robert müde und warf einen Blick auf Janka, die gerade dabei war, angeregt mit Ian und Spencer über einen Filmtrailer zu diskutieren, den sie sich auf Ians Laptop angesehen hatten. Bryan saß verstört am Fenster und war bereits seit einer ganzen Weile damit beschäftigt, am Fenstergriff herum zu werkeln, in dem verzweifelten Versuch, ihn aufzubekommen. Seit Janka ihm in aller Breite von seinem Kampf gegen Ray vorgeschwärmt hatte und sämtliche Dialoge auswendig rezitiert hatte schien er mit der Situation etwas überfordert zu sein. Gerade wollte Tala noch etwas erwidern, als die Tür geöffnet wurde, und der ältere Herr im intensivblauen Anzug das Zimmer wieder betrat. „Guten Tag, meine Lieben. Ich hoffe, euch hat dieser besondere Tag gefallen, und ich darf euch nun bitten, mir zu den Interviews zu folgen.“ Ohne die Anwesenden eines Blickes zu würdigen verließ der Mann den Raum wieder, und mit einem Schulterzucken stand Tala auf, während Ian, Spencer und Janka sich in Richtung Tür begaben, ohne ihre Unterhaltung zu unterbrechen. „Tja, dann waren das wohl unsere zwei besonderen Stunden zusammen“, spottete Tala, während er Bryan vom Fenster weg zog und ihn bestimmt zum Ausgang bugsierte, „wobei ich gestehen muss, dass das mit Abstand der angenehmste Meet-and-Greet war, den ich bisher hatte. Ein Glas Whiskey zu trinken und dir dabei zuzuhören, wie du dich über deine Freundin ausheulst, ist wirklich bequemer als sich mit irgendwelchen hormongesteuerten Fangirls herumzuschlagen.“ „Ich hab dich auch lieb“, murrte Robert nur, während er mit den beiden den Raum verließ und dem noch immer in eine Unterhaltung vertieften Dreiergespann Ian, Spencer und Janka folgte. Als er seine Freundin dabei beobachtete, mit welcher Begeisterung sie sich mit den anderen unterhielt, musste er dennoch lächeln. Auch wenn er sich bei Tala beklagt hatte – letztendlich war es doch ein sehr angenehmer Nachmittag gewesen. Auch wenn er ihr das niemals verraten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)