Seconds Of Sorrow (Teil 2) von Lina_Kudo (Sekunden des Leids (Shinichi&Ran)) ================================================================================ Kapitel 8: Torture Chamber -------------------------- Kapitel 8: TORTURE CHAMBER Folterkammer Genüsslich trank der großgewachsene Mann mit den langen, blonden Haaren einen Schluck seines Lieblingsgetränks: Gin. Gelassen lehnte er sich anschließend an seiner Stuhllehne zurück und zündete sich gedankenverloren eine Zigarette an. »Gin? Glaubst du wirklich, dass er es rechtzeitig schaffen wird? Er muss doch erst unser Versteck herausfinden«, sprach Wodka, der sich direkt neben seinem Vorgesetzten gestellt hatte, seine Bedenken aus. Über die Ahnungslosigkeit seines Partners konnte er nur grummelnd den Kopf schütteln. Zuversichtlich informierte er ihn über den Stand der Dinge: »Wir werden sehen. Ich habe allerdings das Gefühl, dass er unser Versteck schon längst kennt und nur noch auf den richtigen Moment wartet, um zuzuschlagen. Außerdem geht es hier um sein Schätzchen. Glaub mir: Er wird rechtzeitig kommen. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.« »Na wenn du meinst. Ansonsten könnten wir wirklich in Schwierigkeiten kommen«, meinte der Dickere von den beiden und schaute auf, als er ein leises Stöhnen vernahm. »Wenn man vom Teufel spricht. Sie scheint aufgewacht zu sein.« Gin erhob sich von seinem Stuhl und ging mit der Zigarette in der Hand auf Ran zu, die langsam wieder zu sich kam. Er beugte sich zu ihr runter und hob ihr Kinn leicht mit seiner anderen Hand, sodass Ran deutlich den Gestank seiner Finger vernahm. Dieser Geruch nach Nikotin war so penetrant, dass sich ihr der Magen umdrehte und neben dem pulsierenden Schmerz auf ihrem Kopf auch noch die Übelkeit hinzukam. Ihr Kopf … Höchstwahrscheinlich war dort nun eine riesige Platzwunde, denn als sie Shinichi vorhin ins Telefon geschrien hatte, dass er ja nicht kommen sollte, hatten sie ihr ohne Vorwarnung einen mächtigen Schlag mit einem dumpfen Gegenstand auf den Kopf verpasst. Auch ihre Gelenke spürte sie kaum noch. Hände und Füße waren gefesselt und ließen ihr nicht einmal den geringsten Bewegungsfreiraum. Und trotzdem war ihr Kampfwille längst nicht gebrochen. Auch, als er sie zwang, ihn anzusehen, starrte sie stur zur Seite. »Eigentlich ist das ja doch ziemlich schade um dich. Du bist richtig süß. Dein einziger Fehler ist nur, dass du vor vielen Jahren die Bekanntschaft mit Shinichi Kudo machen musstest. Jammerschade. Hättest du ihn doch bloß niemals kennengelernt … Nun wird dir dies wohl oder übel zum Verhängnis. Aber: Es ist nicht deine Schuld. Verfluche lieber ihn. Er war es schließlich, der sich unbedingt in unsere Machenschaften einmischen wollte. Ihm hast du das alles zu verdanken. Hätte er uns einfach in Ruhe gelassen und nicht überall herumgeschnüffelt, wäre das alles nicht passiert.« Unzählige Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Zumindest war ihr längst klar geworden, dass es sich bei dem Mann vorhin, der sie im Krankenhaus besucht hatte, nicht um Shinichi gehandelt hatte. Jemand hatte sich täuschend echt als ihn ausgegeben – und sie war so dumm gewesen, um darauf reinzufallen. Aber zum weiteren Verlauf: Sie wussten also, dass sie mit ihm zu tun hatte, okay. Aber war damit automatisch für sie auch klar, dass Shinichi Kudo noch lebte? Womöglich sogar, dass es sich dabei um Conan handelte? Und wenn ja: Woher? Wie viel wussten sie überhaupt? Aber das alles konnte sie sie ja schlecht fragen. Also behielt sie lieber alles für sich und sah ihm weiterhin demonstrativ nicht in die Augen. Auch, wenn diese Fragen sie weiterhin quälten, denn hier ging es schließlich um Shinichis Sicherheit, und die hatte oberste Priorität. Doch dann … »Wer hätte auch damit rechnen können, dass er im Körper eines Kindes weiterlebt und bei dir untertaucht? Raffiniert; das muss man ihm lassen. Eigentlich ist es ja schon bemerkenswert, dass so ein Rotzlöffel wie er wirklich gefährlich für uns werden konnte. Du kannst sicher verstehen, dass wir das nicht so durchgehen lassen können, oder? Du hast doch mehrfach die Karatemeisterschaften gewonnen. ›Stolz‹ und ›Ehre‹ sollten für dich sicher geläufige Begriffe sein.« Ran wurde leichenblass. Und doch gab sie sich jegliche Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Denn hätte sie sich irgendwie auffällig benommen oder schockiert darauf reagiert – das wäre die Bestätigung gewesen, dass dieser blonde Mann recht hatte. Noch basierten all seine Behauptungen doch noch auf Spekulationen – zumindest hoffte sie das. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, sagte sie mit fester Stimme und sah ihn erstmals direkt an. Es stellten sich ihr vor Angst die Nackenhaare auf, als sie in diese Augen sah. In diese grünen, kalten Augen, die schon so viele unschuldige Leben auf dem Gewissen hatten. »Du bist mutig. Doch auch dein Mut wird dir nicht weiterhelfen. Denkst du wirklich, dass du uns so für dumm verkaufen kannst? Dass Conan Edogawa und Shinichi Kudo ein und dieselbe Person sind – daran besteht nicht der geringste Zweifel. Möchtest du auch wissen, warum wir uns so sicher sind?« Die Brünette schluckte kaum hörbar. Kein einziger Laut verließ ihre Lippen. Sie war wie erstarrt. »Dein Freund war eben viel zu nachlässig, als du, seine kleine Freundin, angeschossen worden bist. So hat er sich lauthals selbst verraten. Eine sehr ergreifende Szene. Nur zu dumm für ihn, dass ein Mitglied von uns zufällig auch vor Ort war.« Ran brachte immer noch keinen Ton heraus. Sie wusste natürlich sofort, welchen Vorfall er meinte: Den Amoklauf im Einkaufszentrum. »Hör endlich auf, so einen Stuss zu reden! Du wirst das schaffen; du musst kämpfen! Du musst durchhalten, bitte Ran!« Wut begann ihn zu übermannen. Er war nun an seine Grenzen angelangt. Sein rationales Denken war wie ausgelöscht. Überall herrschte nur noch gähnende Leere. So leer, dass er ohne zu überlegen mit dem Geheimnis herausplatzte, welches er schon so lange zu ihrem Schutz mit sich herumgetragen hatte: »Ich bin Shinichi! Ich war nie weg! Ich war die ganze Zeit bei dir! Bitte, verlass mich nicht, Ran!« Alles in ihr zog sich zusammen, als ihr diese Tatsache bewusst wurde. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme beim Sprechen zitterte. »W– Was wollen Sie?« »Oh, jetzt werden wir plötzlich doch ganz kleinlaut.« Ein sadistisches Grinsen legte sich auf die Lippen des eiskalten Killers. »Ich verrate dir mal etwas: Kannst du dir vorstellen, warum wir ausgerechnet dich entführt haben und nicht ihn? Dass wir nämlich ihn sofort um die Ecke bringen könnten, dürfte selbst für so ein naives Ding wie dich kein Geheimnis mehr sein.« Ran sah zu Boden. Auf diese Frage wollte und konnte sie nicht antworten. Sie konnte es sich denken, doch … Konnte ein Mensch wirklich so bestialisch sein? Obwohl sie tagtäglich in irgendwelche schrecklichen Kriminalfälle verwickelt wurde, war für sie diese Grausamkeit, die sich Menschen gegenseitig antaten, nach wie vor so weit entfernt in ungreifbarer Ferne. So unverständlich und fremd. Niemals könnte sie irgendeine Verbindung damit aufbauen können. »Er soll leiden. Er wird sich für immer die Schuld dafür geben, was in Kürze mit dir passieren wird. Du wirst diese Welt qualvoll verlassen. Aber glaub mir: Es wird ihm viel mehr wehtun als dir. Und dann hätte ich noch eine gute Nachricht für dich: Für ihn haben wir uns auch ein paar schöne Dinge ausgedacht. Er wird dir also schon bald darauf folgen – dann seid ihr endlich wieder zusammen. Für immer. Das ist doch schon immer dein innigster Wunsch gewesen, oder? Und den werden wir dir erfüllen. Du darfst uns dankbar sein.« Also tatsächlich. Instinktiv biss sich die Achtzehnjährige auf die Lippen. Oh nein – was hatten sie nur mit ihm vor? Er durfte nicht kommen. Sie betete dafür, dass er einmal auf sie hören würde. Nur dieses einzige Mal. Auch, wenn sie eigentlich ganz genau wusste, dass er ganz bestimmt kommen würde, um sie zu retten und sie sich hier nur falsche Hoffnungen machte. Gin fiel in diesem Moment etwas wie aus heiterem Himmel ein. Er nahm einen Zug von seiner Zigarette und hauchte ihn direkt in Rans Gesicht aus. »Ach, da wäre noch etwas: Da wir nun wissen, dass er geschrumpft ist, nehmen wir ganz stark an, dass auch Sherry dieses Gift genommen hat und geschrumpft ist. Das würde auch erklären, warum sie damals aus dem Verlies fliehen konnte. Wo könnte sie untergetaucht sein? Mein Instinkt sagt mir, dass sie mit Kudo unter einer Decke steckt. Und bisher hat mich mein Instinkt noch nie getäuscht. Und da du auch ziemlich viel zu wissen scheinst, möchte ich nun von dir erfahren, wo sich Sherry aufhält. Und ich rate dir, es mir einfach zu verraten. Das würde dir und auch mir sehr viel ersparen.« Ran holte tief Luft. Ai … Sie konnte ahnen, was nun kam. Aber da musste sie durch. Sie durfte auf keinen Fall zulassen, dass sie auch noch sie bekommen würden. Sie musste sie beschützen – und wenn es sein musste, mit ihrem Leben. Lieber würde sie unter der bevorstehenden Folter sterben, als irgendjemanden zu verraten und ins tödliche Messer laufen zu lassen. Sie versuchte, sich durch ihre Miene überhaupt nichts anmerken zu lassen. »Sherry? Wer soll das sein?« Sie war noch nie die beste Lügnerin gewesen. Nie im Traum hätte sie damit gerechnet, dass ihr diese unehrenvolle Fähigkeit womöglich das Leben hätte retten können. Gin schien bereits damit gerechnet zu haben, dass sie es ihm sicher nicht leicht machen würde, blieb dementsprechend lässig und nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette. »Hat man dir nie beigebracht, dass man Erwachsene nicht anlügen darf? Du bist ja ein sehr unartiges Mädchen. Und was macht man mit unartigen Mädchen?« Ohne Vorwarnung führte er seinen Glimmstängel auf sie zu. Voller Panik konnte sie ihn nur anstarren und wollte sich aus seinem harten Griff winden, doch da sie gefesselt war, hatte sie absolut keine Chance. Eiskalt drückte er seine Zigarette auf ihrem Kopf aus. Ein markerschütternder Schrei kam aus den Tiefen ihrer Kehle, als sie den brennenden, unerträglichen Schmerz auf dem Punkt über ihrer Stirn spürte. »Wie heißt es doch so schön? Wer nicht hören kann, muss fühlen!« Dieser Schmerz … Er trieb ihr die Tränen in den Augen. Oh Gott. Sie hörte seine unbarmherzige Stimme direkt neben ihrem Ohr, die ihr zuraunte: »Hier kommst du nie wieder lebend raus. Aber ich werde dafür sorgen, dass deine letzten Stunden auf dieser Welt garantiert nicht langweilig für dich werden. Du wirst als Heldin sterben.« Und in diesem Moment wusste sie: Das war gerade erst der Anfang. Keine Sekunde später bekam sie die Bestätigung für ihren furchtbaren Verdacht, als Gin eine junge Frau rief, die mit einem weißen Laborkittel und einem Tablett eintrat. Reine Mordlust konnte sie in seinen Augen erkennen, als er den Gegenstand auf dem Tablett an sich nahm und für sie deutlich sichtbar in den Händen hielt. Eine Spritze. Ran schloss ihre Augen. Sie versuchte, nicht in völlig unkontrollierte Panik zu verfallen. Es würde sowieso nichts bringen. Sie durfte und würde nichts verraten. Sie konnten sie solange foltern, wie sie wollten. Aber niemals würde sie ihre Freunde verraten. In Gedanken sprach sie einige Gebete für ihre Lieben aus, denn eins war klar: Sie würde sterben. Ohne Zweifel. In diesem Augenblick spürte sie, wie ein spitzer Gegenstand sich in ihre Haut am Arm hineinbohrte – und unmittelbar danach kam der unmenschlichste Schmerz, den sie je in ihrem ganzen Leben erfahren hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)