Naraku und der Faltenrock von Kenja (Wenn ein Plan misslingt...) ================================================================================ Kapitel 1: Ein mulmiges Gefühl ------------------------------ Eine leichte Frühlingsbrise umwehte ihre nackten Beine. Das neue blaue Kleid war frisch gewaschen und der voll beladene Rucksack schürte ihr die Schultern ein. Der Weg zum Dorf war nicht besonders weit und obwohl ihre Kondition in den letzten Monaten um einiges besser geworden war, kam Kagome ins Schnaufen. Schon von Weitem erkannte sie die Dächer der kleinen hölzernen Häuser und das mulmige Gefühl in ihrem inneren ließ ihr keine Ruhe. Seitdem sie Naraku besiegt hatten war nun viel Zeit vergangen, in der sie friedlich gelebt hatten. Nun, wenn man das Geschrei von den kleinen als friedlich betrachten konnte. Sangos Kinder hatten ein Talent dafür viel Lärm zu machen. Doch alles in Allem hatten sie kaum Ärger gehabt. Die größten Sorgen mit denen sie zurechtkommen mussten, waren die kleinen Streitereien im Dorf, wie es mit der nächsten Ernte aussah und wer den nächsten Oni vernichten durfte, der dem Dorf zu nah kam. Kagome musste grinsen. Als sie das erste Mal diese Zeit betreten hattet, hatte Lady Tausendfuß ihr eine solche Angst eingejagt, dass sie nicht mehr wusste wo oben und wo unten war, heute spielte sie Schere, Stein, Papier mit Sango wer das nächste Monstrum, was dem Dorf zu nah kam, den gar aus machen durfte. Es war keine Herausforderung, für keine von ihnen. Die größere Herausforderung dabei war eher, dass die Kinder nicht glaubten, auch sie könnten die Oni so leicht besiegen. Kohaku machte gerne Witze darüber, dass er aus Sangos Kindern eines Tages Dämonenjäger machen würde, ganz zum Ärger seiner Schwester. Kagome erreichte das Dorf, da sah sie aus dem Augenwinkel auch schon die rote Robe ihres Freundes. Sie wurde rot, als sich dieser Gedanke einschlich. Jetzt wo alles friedlich war, hätten sie eigentlich genug Zeit gehabt über ihre Beziehung zu sprechen, doch irgendwie war das einfach nicht nötig. Kagome wusste, was Inuyasha für sie empfand und er wusste, was sie für ihn empfand. Was gab es da noch zu besprechen? Trotzdem ließ es sie noch immer erröten, wenn sie über ihn als ihren Freund dachte. „Kagome hat Nachschub gebracht“, rief Inuyasha freudig, als er ihren prall gefüllten Rucksack sah. „Aber teilt es euch diesmal besser ein, ich kann nicht ständig den halben Supermarkt leer kaufen“, nörgelte Kagome halb ernst, während Inuyasha bereits begann, ihren Rucksack zu plündern. Sie besuchte ihre Familie in der Neuzeit regelmäßig und bei dieser Gelegenheit brachte sie auch immer einiges an Essen und anderen nützlichen Utensilien mit. Miroku, Sango und die Kinder trudelten auch bald herbei und so bereiteten sie gemeinsam ein Abendessen zu. Jeder hatte in Kagomes Rucksack etwas gefunden, was er oder sie liebte. „Diese Nudelsuppen erinnern mich immer an damals, als wir auf der Suche nach dem Juwel und Naraku waren“, meinte Miroku plötzlich, als er beobachtete wie Inuyasha sich über die zweite Packung Ramen hermachte. Auch Kagome musste schmunzeln, daran musste sie ebenfalls denken. Sango hatte gerade die Kleinen ins Bett gebracht und musste ebenfalls über den Anblick von Inuyasha und den Nudeln schmunzeln. Dieses friedliche Bild ließ Kagome erschauern. Es kribbelte ihr im Nacken und sie konnte nicht sagen wieso. Seitdem Kampf mit Naraku hatte sie gelernt ihre spirituellen Fähigkeiten zu kontrollieren und sie war erstaunlich gut darin geworden. Sie spürte dämonische Auren mittlerweile schneller als Miroku und auch ihre Barrieren waren nicht von schlechten Eltern. Doch dieses Gefühl war anders. Es war wie eine böse Vorahnung, doch sie konnte einfach nicht sagen, was es damit auf sich hatte. Kagome versuchte es zu verdrängen und als Miroku begann seine Geschichte zu erzählen, wie er am Vortag einen kleineren Dämonen in einem nördlichen Dorf ausgetrickst hatte, gelang ihr das auch schnell. „Ich habe ihm erzählt, die Dorfbewohner würden ihn auslachen, weil er so hässlich ist und das hat ihn tatsächlich so sehr gereizt, dass er aufgehört hat den armen Mann zu attackieren und einen Moment in den See geschaut hat. Er wollte prüfen, ob er wirklich so hässlich ist, naja in dem Moment hab ich ihn erwischt“, selbst Inuyasha, der sonst nicht viel für Mirokus Tricks über hatte, musste lachen. Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile, bevor sie entschieden, dass es Zeit für das Bett wurde. Kagome kuschelte sich in ihre Decke, sie spürte Inuyashas Wärme nah bei sich und so fiel sie in einen tiefen und ruhigen Schlaf. Ein panisches Angstgefühl ließ Kagome aufschrecken, es war noch tief in der Nacht. Schwer atmend saß sie kerzengerade in ihrem Bett und starrte schweißgebadet in die Dunkelheit. „Kagome?“, Inuyasha Stimme klang schläfrig und Kagome tätschelte ihn besänftigend: „Ich habe nur schlecht geträumt. Ich gehe kurz an die frische Luft.“ Inuyasha nickte und Kagome, streifte ihr Nachtshirt ab, zog ihr Kleid über und verließ das kleine Häuschen. Sie und Inuyasha wohnten direkt neben Kaede, Sango und Miroku hatten ein größeres Haus ein paar Meter weiter. Es war ruhig, weit und breit schien nichts ungewöhnlich zu sein. Kagome atmete ein paar Mal tief durch und beruhigte sich bald wieder. Sie wollte nicht, dass Inuyasha mitbekam, wie mulmig ihr wirklich zumute war. Es hatte Monate gedauert, bis sie es geschafft hatte ihn dazu zu bringen endlich vernünftig zu schlafen. In der Zeit, in der sie Naraku gejagt hatten, hatte sie ihn nur selten wirklich schlafend gesehen, meistens saß er an einen Baum gelehnt neben ihnen und war beim kleinsten Mucks hellwach. Mittlerweile konnte er die Nacht durschlafen, ohne ständig aufzuwachen. Ohne den ständigen Trieb sich nach Gefahr umzusehen. Kagome wollte ihm diese Rastlosigkeit ersparen. Sie entschloss sich, einen kleinen Spaziergang zu machen, die Luft war kalt und half ihrem Verstand wieder klar zu werden, als plötzlich etwas Seltsames geschah. Sie sah etwas im nahen Wald, was ihr den Atem raubte: Sie sah das seltsam vertraute Leuchten des Shikon No Tamas. Es dauerte fast eine geschlagene Minute, bis Kagome ihren ersten Schock überwunden hatte. Sie rannte los. Das konnte nicht sein, bestimmt irrte sie sich. Es war wahrscheinlich nur ein Oni der seltsam leuchtete oder ein anderer ungewöhnlicher Stein, ein anderes magisches Juwel, aber es konnte unmöglich wieder da sein... oder doch? Kagome rannte schneller, als sie es selbst für möglich gehalten hätte, ihr Herz raste und ihre Seiten stachen schon, als sie an der Stelle angekommen war. Und da lag es. Einfach auf dem Boden. Kagome sah sich um, weit und breit war Niemand. Eine Stimme in ihrem Hinterkopf schrie, dass es eine Falle war und doch bewegte sie sich Schritt für Schritt näher auf das Juwel zu. Es lag auf dem Boden und war verunreinigt. Einen Moment starrte sie es an. So oft hatte sie es in ihren Alpträumen zurückkehren sehen, doch es direkt vor ihren Füßen liegen zu sehen, ließ sie komplett ruhig werden. Sie wusste, dass es ein großer Fehler war und dennoch streckte sie ihre Hand nach dem Juwel aus. Ein heftiger Schmerz durchzuckte sie, ihr Körper vibrierte, sie versuchte zu schreien, doch sie blieb stumm. Alles um sie herum verschwamm und dann geschah etwas, dass sie nicht in Worte fassen konnte: sie spürte, wie sie aus ihrem Körper gerissen wurde, sie spürte wie sie leichter wurde wie eine Feder, nur um dann plötzlich mit einem Schlag in wieder mit vollem Gewicht auf dem Boden zu landen. Sie drehte und wirbelte umher, hatte das Gefühl sie fiel hinunter und landete auch krachend auf einem steinigen Boden. Sie keuchte schmerzerfüllt auf und ihre Haare verdeckten ihr die Sicht. „Hat wohl nicht funktioniert?“, fragte eine Frauenstimme lachend und Kagome schreckte auf. Sie atmete tief ein, als sie Kagura vor sich erkannte. „Kagura?“, rief sie verschreckt und hörte plötzlich eine tiefe männliche Stimme ertönen. Sie hielt ihren Mund zu, schreckte dann zurück, als sie ihre seltsam männlichen Hände sah. „Was zum... wo... was ist mit mir passiert?“, fragte sie und Kagura runzelte die Stirn. „Woher soll ich das wissen, du hattest doch dieses geheimen Plan, von dem du uns nichts erzählen wolltest“, sagte sie patzig und Kagome runzelte die Stirn. „Ich? Ich hatte keinen Plan, ich mein was sind das für Hände und die Stimme und...“ sie drehte sich herum und sah Kanna, die auf einem Felsen saß. Mit großen Schritten trat sie auf das kleine weiße Mädchen zu, schnappte sich ihren Spiegel und anstatt ihres eigenen Spiegelbildes blickte sie in das erstaunlich verstört wirkende Gesicht Narakus. Kapitel 2: Ein missglückter Plan -------------------------------- Langsam öffnete er die Augen. Ein frischer Lufthauch ließ ihn frösteln, doch er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es hatte funktioniert. Er war wieder in der Welt der Lebenden! Langsam erhob sich Naraku und streckte sich, es fühlte sich gut an wieder unter den Lebenden zu weilen... ein erneuter Windhauch ließ ihn erschauern und ein Blick an sich hinunter ließ ihn die Stirn kraus ziehen. Wo war seine Hose? Naraku fasste sich an sein nacktes Knie, das erstaunlich kalt war und erst jetzt fiel ihm der blaue Stoff auf, der darüber seine Oberschenkel bedeckte. Es schien ein Kleid zu sein. Warum trug er ein Kleid? Er konnte versuchte seinen Körper weiter zu mustern, doch konnte er seinen Bauch nicht bis ganz oben sehen, weil ihm seine Brüste im Weg waren. „Brüste?“, fragte er laut und riss die Augen auf, als er erneut an sich herunter sah. Sein Blick hing einen ganzen Moment an seinen Brüsten. „Ein blaues Kleid und Brüste“, murmelte er erneut und merkte nun, dass auch seine Stimme nicht seine eigene war. Panik machte sich in seinem inneren Breit, er blickte an seinem Körper vorn und hinten herunter, sein Haar war kürzer, seine Hände viel femininer und seine Stimme Schrill. „Was zum Henker hat diese Hexe mit mir gemacht!?“, schrie er und ging panisch auf und ab, als plötzlich jemand hinter ihm stand. Naraku drehte sich abrupt um, es war lange her, dass sich jemand an ihn herangeschlichen hatte und er es nicht gemerkt hatte und dann war es auch noch einer seiner Erzfeinde, der mit schläfrigem Blick vor ihm stand: Inuyasha. Naraku versuchte sich zusammenzureißen, Inuyasha durfte nicht merken, dass er mit seinem neuen Körper noch nicht umgehen konnte. Vielleicht konnte Naraku ihn sogar soweit hereinlegen, dass er gar nicht merkte, dass er Naraku war. „Sag mal Kagome was machst du denn hier mitten in der Nacht im Wald?“, fragte Inuyasha verärgert und Naraku blinzelte ein paar Mal verwundert. „Kago...me?“, fragte er langsam und Inuyasha zog eine Augenbraue hoch. „Ja. Ka-go-me, so heißt du doch? Was machst du hier im Wald?“, fragte er erneut und Narakus Gedanken überschlugen sich. „Ähm ich... dachte ich hätte einen Dämonen gesehen“, erklärte er vorsichtig und Inuyasha blickte einen Moment, als würde er ihm nicht glauben. „Hier ist aber keiner. Können wir jetzt wieder ins Bett gehen?“, fragte er und schlenderte in eine Richtung davon. Naraku wusste nicht, was er tun sollte, also folgte er dem Halbdämonen durch die Bäume. Er musste erst einmal mitspielen, ihm blieb keine andere Wahl. Die Wut auf diese Hexe in der Unterwelt steigerte sich mit jedem Schritt den er machte. ‚Du wirst wieder in der Welt der Lebenden sein’ hatte sie gesagt. ‚Kannst deine Rache üben.’ Wie sollte er das anstellen, jetzt da er ein schwächliches Menschenmädchen war? Sich selbst in ein Messer werfen um Kagomes Körper zu zerstören? Es musste eine bessere Möglichkeit geben. Naraku würde alles daran setzen, herauszufinden, wie er seinen Körper wiederbekam, doch vorerst musste er mitspielen. Er konnte in diesem Körper wohl kaum Inuyasha überwinden. Zumindest nicht, solange er nicht gelernt hatte mit den Waffen einer Priesterin umzugehen. Naraku seufzte innerlich. Nach einer Weile kamen sie an einem kleinen Häusschen an, Inuyasha ging vor und Naraku folgte ihm verdrießlich. Als er das Schlafzimmer fand, lief es ihm eiskalt den Rücken herunter. Inuyasha lag bereits, alle viere von sich gestreckt in dem einzigen Bett im Raum. Vorsichtig legte Naraku sich daneben. Einen Moment war es ruhig. „Was machst du denn da?“, fragte Inuyasha plötzlich und Naraku schreckte hoch. „Ähm... schlafen?“, fragte er vorsichtig und kramte in seinen Gedanken. Es war so schrecklich lange her, dass er ein normaler Mensch gewesen ist. „In deinem Kleid? Ohne Decke?“ Naraku biss sich auf die Zähne. Tatsächlich fröstelte er ziemlich, doch er wusste nicht, in was er sonst schlafen sollte als dem Kleid. Da sah er auf dem Boden etwas liegen, dass wie ein Shirt aussah. Er hob es vorsichtig hoch. „Ähm, darin schlafe ich wohl eher...“, murmelte er und Inuyasha brummte nur etwas, bevor er sich umdrehte. Naraku stand auf und zog sich das Kleid aus. Es war das seltsamste, was er je getan hat. Zwar hatte er schon mehrere Gestalten angenommen, doch nie hatte es sich so echt angefühlt. Er spürte die Kälte, die sich durch seine dünne, zarte Haut fraß, eine Gänsehaut bildete sich über seinen gesamten Körper. Dann stand er einem anderen Problem gegenüber, dem er noch nie gegenüber stand: was war das für ein seltsames Kleidungsstück, dass seine Brüste umhüllte? Er hatte schon einige Frauen nackt gesehen, aber noch keine hatte so etwas getragen. Das musste etwas aus der Neuzeit sein. Naraku betrachtete es einen Moment, entschied sich dann es einfach an zu lassen und das Shirt überzuziehen. Schnell kroch er unter die Decke und starrte in die Dunkelheit. Wie unglaublich schlecht Menschen sehen konnten. Er erkannte kaum die Umrisse des Raumes. Er hatte sich noch nie in seinem ganzen Leben so hilflos gefühlt. Normalerweise würde er Inuyasha einfach umbringen, aber wie sollte er das machen? Mit den kleinen Händen, konnte er ihn nicht einmal erwürgen, geschweige denn ein vernünftiges Schwert schwingen. Seine Körperkraft reichte nicht einmal aus, um ein einfaches Armdrücken gegen Inuyasha zu gewinnen, wie sollte er ihn dann mit reiner Kraft ermorden? Nein das würde nicht gelingen. Er musste lernen, wie man mit Pfeil und Bogen umging, um Inuyasha so zu töten und von diesem Ort fort zu kommen. Dann würde er die Hexe aufsuchen, die ihn in diesen Schlamassel gebracht hatte. Mit diesem Gedanken schlief er ein. Eine wohlige Wärme umhüllte Naraku, als er erwachte. Er musste einen lauten Schrei unterdrücken, als er realisierte, dass es Inyuashas Körperwärme war, die ihn wärmte. Er lag so nah an ihm, dass sie sich fast berührten. Naraku musste einmal tief durchatmen, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Am liebsten würde er wild um sich schlagen, diese Erniedrigung war schlimmste was er je erlebt hatte. Im Bett seines Feindes, im Körper seiner Feindin. Ein plötzlicher Gedanke schlich sich ein. Wenn er in Kagomes Körper war... war sie dann womlöglich...? Nein, unmöglich! Das wäre ja noch die Höhe. Naraku erhob sich vorsichtig und griff nach dem blauen Kleid, das auf dem Boden lag. Er wünschte sich, Kagome hätte ein paar mehr Hosen, doch er wusste dass es mysteriös klingen würde, danach zu fragen. Also begnügte er sich einfach mit dem Kleid und wollte gerade das Häuschen verlassen, als Inuyasha mit misstrauischem Blick vor ihm stand. „Wolltest du dich rausschleichen?“, fragte er und Naraku schüttelte langsam den Kopf. „Nein ich meine... ich weiß ja dass du mich hörst“, sagte er und versuchte dabei überzeugend zu klingen. Was ihn am meisten störte war, dass es stimmte. Inuyashas Sinne waren um ein hundertfaches besser als seine eigenen: die Ohren, die Nase, die Augen, alles funktionierte bei den Dämonen so viel besser, als bei diesem schwächlichen menschlichen Körper. Inuyasha zuckte mit den Schultern und verließ das kleine Haus. Naraku seufzte genervt auf. Er musste schnell eine Lösung für dieses Problem finden, so konnte das nicht weiter gehen. In Gedanken versunken folgte er Inuyasha durch das halbe Dorf, bis dieser sich plötzlich umdrehte. „Folgst du mir?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. „Äh... nein?“, Naraku hätte ihn am liebsten ins Gesicht geschlagen. „Kaede wartet bestimmt schon auf dich“, brummelte Inuyasha und beobachtete ihn. Naraku sah sich um. Wenn er sich recht erinnerte, war Kaede die jüngere Schwester von Kikyo gewesen. Also eine alte Frau, die als Miko in diesem Dorf arbeitete. Wenn er jetzt noch wüsste, wo die Alte zu finden war. Plötzlich kam Inuyasha auf Naraku zu. Er hielt den Atem an, war er nun aufgeflogen? Doch Inuyasha grinste ihn neckisch an. „Dass du nie einfach sagst was du willst!“, sagte er dann verärgert, „ich mein wenn du einen Abschiedskuss willst, dann sag das einfach und schleich mir nicht durch das ganze Dorf hinterher“, und bevor Naraku die Worte realisiert hatte, presste Inuyasha auch schon seine Lippen auf die zwarten weichen Lippen, die eigentlich Kagome gehörten. Naraku versuchte sich den Ekel nicht ansehen zu lassen. Inuyasha grinste ihn an und ging. „Ich weiß, ich bin umwerfend“, murmelte er noch, scheinbar hielt er Narakus merkwürdiges Benehmen für eine Reaktion Kagomes auf seinen unglaublich tollen Kuss. Naraku erschauerte. „Ich muss ganz dringend aus dieser Situation heraus“, brummte er vor sich hin und schüttelte sich. Normalerweise hatte er es genossen, die Leute hereinzulegen indem er andere Gestalten annahm, doch diese Situation war eine ganz andere. Er konnte nicht heraus aus diesem Körper. „Ach Kagome, da bist du ja“, die Stimme einer älteren Frau riss ihn aus seinen Gedanken. Als er sich herumdrehte sah er die Alte Miko mit der Augenklappe. Das musste Kaede sein. Naraku folgte der Alten eine Weile, die über einige Kräuter redete, als sich in seinem Kopf ein Plan formte. „Kaede“, sagte er und merkte sogleich, dass er zu bestimmend sprach. Er musste vorsichtiger sein. „Ähm, ich mein Kaede?“, fragte er noch einmal vorsichtig und die Frau runzelte die Stirn. „Was ist denn?“, fragte sie nun. Naraku versuchte möglichst unschuldig und dabei doch irgendwie schuldbewusst auszusehen. „Weißt du, ich habe gemerkt... in letzter Zeit sind meine Fähigkeiten etwas eingerostet, was den Bogen betrifft. Ich würde gern etwas üben... ich möchte nicht einrosten, weißt du?“ Eine Weile schaute die alte Miko ihn verwundert an und gerade als er das Gefühl hatte, sie wurde misstrauisch, begann sie zu lächeln. „Das kann ich verstehen, in letzter Zeit hattest du nicht viel Zeit zum Üben. Na gut, wir können ja mal ein paar Pfeile schießen gehen, das würde auch mir ganz gut tun“, Naraku schluckte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die Alte mitkommen würde. Aber nun blieb ihm keine Wahl, er musste mit ihr zusammen üben. Sie machten sich auf den Weg zu einem kleinen Übungsplatz. Naraku wägte gerade ab, ob er in der Lage wäre Kaede zu töten, wenn es hart auf hart kam. ‚Kagome hat mich besiegt, ihr Körper wird ja wohl stark genug sein um eine alte Frau zu überwältigen’, schalt Naraku sich selbst. Doch da hielt Kaede ihm einen Bogen entgegen. Naraku nahm ihn und beobachtete, wie Kaede aus einem Köcher einen Pfeil nahm und einen Schuss auf eine Zielscheibe machte, die etwas fünfzig Meter entfernt war. Naraku biss die Zähne zusammen. Er musste sich jetzt geschickt anstellen, sonst würde er womöglich auffliegen. Selbstbewusst schnappte er sich einen der Pfeile und legte ihn auf. Er rief sich alle Bilder in Erinnerung, die er hatte. Er sah sowohl Kagome, als auch Kikyo, wie sie ihren Bogen spannten und zielten ‚Meistens auf mich’, dachte er grimmig und versuchte alle Bewegungen nachzuahmen, die er aus seinen Erinnerungen kannte. Er schoss. Tatsächlich traf er auch, allerdings weit am äußeren Rand. Sein kurzes Hochgefühl legte sich sofort, als er sah, dass Kaede alle drei Pfeile in die Mitte ihrer Zielscheibe gesetzt hatte. Er versuchte es erneut, sein erster Pfeil war leicht rechts von der Mitte gelandet, also zielte er nun ein Stück weiter links. Dieses Mal flog der Pfeil links an der Scheibe vorbei. Naraku schaute kurz verdutzt, bis er merkte, dass er den Wind nicht einberechnet hatte. Der dritte Pfeil saß gut in der Mitte der Scheibe. Naraku konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, es war so viel einfacher, als er gedacht hatte. Er schoss noch einige Pfeile hinterher, bis er merkte, was die eigentliche Herausforderung war: seine schwachen, menschlichen Arme wurden schnell müde. Nachdem er einen vierten Pfeil direkt in die Mitte der Zielscheibe gesetzt hatte, merkte er, dass Kaede ihn beobachtete. Ihr Blick schien besorgt. Naraku musterte sie einen Moment, bis die Alte zu sprechen begann: „Oh Kagome, ich wusste nicht, dass es so schlimm ist“, sagte sie und Naraku musste sich zusammenreißen, um nicht allzu verwundert auszusehen. Also nickte er einfach langsam. War er so schlecht gewesen? Er betrachtete seine Pfeile erneut. Sie saßen ganz gut. Wo war das Problem? „Macht dir die Langeweile im Dorf wirklich so zu schaffen? Du schießt die Pfeile so konzentriert, als würdest du dich nach einem ernsthaften Kampf sehnen.“ Naraku seufzte innerlich auf. „Ja...“, sagte er vorsichtig, doch Kaede erwartete scheinbar, dass er noch mehr sagte. „Ich würde gern mal wieder ein paar, ähm... Herausforderungen haben. Menschen... helfen.“ Kaede schluckte sein Gerede. „Das kann ich gut verstehen, nach allem was ihr durchgemacht habt... der Frieden ist schön, bis sich das Gefühl einschleicht, nicht gebraucht zu werden. Aber glaub mir Kagome, es wird auch wieder andere Zeiten geben. Es gibt mehr Dämonen als Naraku, die in dieser Welt Unheil anrichten.“, „Äh... ja?“, „Ja. Da draußen gibt es noch wesentlich fiesere und stärkere Dämonen, als Naraku“, „Ach, meinst du?“, „Natürlich. Weitaus stärkere. Und wir müssen immer gut vorbereitet sein, damit wir etwas ausrichten können, falls die sich mal in diese Gegend verirren.“ „Das glaube ich kaum“, murrte Naraku verbittert und Kaede zog die Augenbrauen hoch. „Was?“, fragte sie verblufft und Naraku schluckte. „Ähm, ich kann mir nicht vorstellen, dass es Dämonen gibt die noch stärker als Naraku sind“, sagte er und versuchte sich nicht zu sehr in den Himmel zu loben. „Oh doch, die gibt es.“ Naraku biss sich auf die Lippen. Er erwiderte nichts. Kaede drehte sich plötzlich um. Naraku hätte nicht gedacht, dass sie sich so schnell bewegen kann. „Was...“, begann Naraku, doch dann spürte er es auch: die Anwesenheit von einer großen Ansammlung von Oni. Es war seltsam. Es fühlte sich merklich unangenehm an. In seinem eigenen Körper hatte er die Oni wahrgenommen wie ein paar Fliegen, doch in Kagomes Körper schien jedes Härchen an ihm zu schreien, dass er in Gefahr war. So spürte ein Mensch mit spirituellen Fähigkeiten also die Anwesenheit von Dämonen. Kaede hastete los und Naraku folgte ihr, von Weitem erkannte er schon Inuyasha, der ein paar der Oni mit seinem Tessaiga vernichtete, daneben konnte er den Knochenbummerang von Sango ausmachen, der eine Schneise der Vernichtung durch die Oni schoss. Sie kamen näher an die Kampfstelle, Kaede feuerte einige Pfeile ab und Naraku beobachtete die Situation einen Moment. Er wusste, was die Oni hier wollten. Sie waren einst ein Teil seines Körpers gewesen und spürten seine Anwesenheit. Doch er wusste auch, dass es unmöglich war, ihnen erneut seinen Körper zu geben. Als Onigumo konnte er den Dämonen seinen Körper geben, aber als Priesterin mit läuternden Kräften würde er die Dämonen damit nur Läutern, was ihre Vernichtung zur Folge hätte. Naraku hob seinen Bogen, legte einen Pfeil an und zielte. Plötzlich spürte er die Kraft in sich und eine innere Ruhe machte sich in ihm breit. Die Läuternden spirituellen Fähigkeiten. Natürlich, er musste Kagomes Energie einfach verunreinigen. Wenn er es schaffte ihre spirituellen Kräfte zu verunreinigen, dann konnte er sich die Dämonen einverleiben und dann war er imstande sich einen Körper nach seiner Vorstellung zu formen. Naraku grinste, zum ersten Mal seit er wieder in der Welt der Lebenden hatte, hatte er einen vernünftigen Plan. Er schoss den Pfeil, doch anstatt auf die Oni zu zielen, zielte er direkt auf Inuyashas Herz. Kapitel 3: Die Hölle -------------------- Kagome konnte es noch immer nicht fassen. Immer wieder starrte sie in den kleinen Spiegel und betrachtete Narakus Gesicht. Es war das seltsamste, was sie je erlebt hatte. Es hatte lange gedauert, bevor Kagura ihr geglaubt hatte. Kagome hatte ihr mehr als vier Mal gesagt, dass sie nicht Naraku, sondern Kagome war, als Kanna dazwischen gegangen war. Sie hatte zwei Mal auf ihren Spiegel getippt und gesagt ‚zeige die Wahrheit’, dann hatte sie ihn Kagome vorgehalten und dieses Mal hatte der Spiegel Kagomes Gesicht gezeigt. Kagura war sprachlos gewesen, allerdings nur für einen kurzen Moment. Seitdem kringelte sie sich vor Lachen, sie hielt sich die schmerzenden Seiten und prustete so laut, dass alle sich schon nach ihnen umschauten. Kagome hatte lange gebraucht um zu verstehen, wo sie war. In der Unterwelt. Natürlich, Naraku war tot, genau wie Kagura und Kanna, wo sollten sie also sonst sein? Doch irgendwie hatte sie sich das Ganze anders vorgestellt. Hier saßen alle scheinbar gemütlich zusammen, wie bei einem Kaffeekränzchen. Einige kämpften gegeneinander, doch das schien kaum einer zu beachten. Was am seltsamsten war, war die Tatsache dass man alles wie durch einen Schleier wahrnahm. Es gab keinen Wind, es gab weder Sonne noch Wolken, es war nicht dunkel aber auch nicht wirklich hell, alles war so nichtssagend. Kagome schüttelte sich. Kagura holte gerade tief Luft, um danach erneut in eine Lachtirade zu verfallen und selbst Kanna konnte sich den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen. „Was war denn Narakus phänomenaler Plan?“, fragte Kagome nun genervt, mit Narakus Stimme. Kagura lachte noch immer wie ein Kind, das man auskitzelte. „Kagura!“, rief Kagome nun so ernst wie sie konnte und warf der Frau einen bösen Blick zu, Kagura zuckte zusammen und hörte auf zu Lachen. Jetzt konnte Kagome es sich nicht verkneifen. „Haha, ich mach mich ganz gut als Naraku, was?“, sagte sie und lachte, während Kagura ihr einen bösen Blick zuwarf. „Also, Narakus Plan?“, fragte Kagome, als sie sich wieder beruhigt hatte. „Er wollte zurück in die Welt der Lebenden kommen, mithilfe einer sehr mächtigen Hexe. Der Plan war, einen Körper zu finden, durch den er in die Welt der Lebenden transferiert wird. Aber...“, Kagura musste erneut prusten, „jetzt läuft er in einem Faltenrock durch die Welt der Lebenden.“ Wieder verfiel sie in lautes Gelächter. Kagome erschauerte. „Du meinst er ist in MEINEM Körper unterwegs?“, fragte sie hysterisch und blickte Kanna verzweifelt an. „Das wäre der logische Umkehrschluss“, sagte sie mit ihrer dünnen Stimme. „Inuyasha“, murmelte Kagome besorgt und löste damit sogleich eine erneute Lachsalve von Seiten Kaguras aus. „Sag das bitte nochmal“, brachte sie zwischen ihren Lachern hervor, „genauso besorgt mit diesem Blick“, kicherte Kagura weiter und Kagome versuchte sie nicht weiter zu beachten. Wenn sie sich nicht solche Sorgen um Inuyasha machen würde, hätte sie sich der Komik der Situation wahrscheinlich ähnlich hingegeben wie Kagura, doch ihre Sorge überwog. Was, wenn Naraku wirklich in ihrem Körper war und es schaffte Inuyasha ernsthaft zu verletzen? Oder auch Sango und Miroku? Kagome musste ihnen helfen, aber wie? Sie war in der Welt der Toten und außerdem war sie in Narakus Körper. Selbst wenn sie einen Weg hier heraus fand, würden ihre Freunde wohl kaum ihre Hilfe annehmen. Wie sollten sie verstehen, dass sie Kagome war, gefangen im Körper ihres toten Erzfeindes? Kagome seufzte und es klang seltsam, Narakus Stimme auf diese Art und Weise zu hören. „Warum hängt ihr eigentlich mit Naraku herum?“, fragte Kagome, während sie sich in der Unterwelt umsah. Sie wollte mehr über diesen Ort herausfinden, vielleicht würde ihr so klar werden, wie sie ihn verlassen konnte. Kagura wischte sich ein paar Tränen weg, die ihr vom Lachen die Schminke verschmierten und atmete ein paar Mal tief durch. „Ehrlich gesagt kennen wir hier nicht so viele. Es ist quasi ein Wunder wenn man hier überhaupt irgendjemandem begegnet, den man im Leben gekannt hat. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Tote hier umherwandeln. Außerdem ist es schön gewesen Naraku mal all die Dinge an den Kopf zu werfen, die mir in Lebzeiten im Hals stecken geblieben sind. Weißt du, man spürt hier keinen Schmerz, man kann sich nicht verletzen, es ist alles irgendwie...“, sie schien nicht zu wissen, wie sie den Satz beenden sollte. „Es ist, als wäre man nichts“, sagte Kanna leise und Kagome betrachtete sie mit einem mitleidigen Blick. Als sie gestorben war, schien sie gerade erst wahrzunehmen, wie es war wenn man etwas fühlte. Nun war sie hier und war wieder eine Gefühllose Hülle. „Man hat keine Schmerzen?“, fragte Kagome nun verwundert. Sie befanden sich auf einer Art felsigen Ebene, überall weit und Breit waren sowohl Dämonen, als auch Menschen, einige saßen zusammen und unterhielten sich, andere starrten einfach nur Löcher in die Luft und wieder andere bekämpften sich ohne unterlass. „Es ist die Hölle“, zischte Kagura und das erste Mal seit gefühlten Stunden wurde sie ernst. „Von Tag zu Tag empfindest du weniger. Am Anfang hast du noch den Schmerz, über dein verlorenes Leben. Dann kommt eine gewisse Freude darüber, dass du dein Bewusstsein noch hast und machen kannst, was du willst... bis du plötzlich merkst, dass du aufhörst irgendetwas zu empfinden. Freude, Hass, Trauer... all diese Dinge verschwinden und dir bleibt nur noch die Angst. Dann bist du einer von denen da“, sie nickte zu ein paar Leuten hinüber, die auf dem Boden lagen und in die Luft starrten. „Sie befinden sich in der vorletzten Stufe in der die Angst so stark ist, dass sie erstarren. Es dauert eine ganze Weile. Sie liegen so herum und starren in die Gegend und dann trifft es sie.“ Kagura erschauerte und Kagome beobachtete die Herumliegenden eine Weile. „Was trifft sie?“ „Wir wissen es nicht genau. Aber sie Schreien. Sie schlagen um sich. Es ist als wären sie wahnsinnig und es hört niemals auf. Sie werden dann von den anderen in bestimmte Gegenden gebracht.“ Kagome betrachtete sie eine Weile und erwartete fast, dass jeden Moment einer von ihnen aufspringen würde, doch nichts tat sich. „Wie lange dauert es, bis man so wird?“ Kagomes Frage verhallte einen Moment, bis Kagura einmal tief durchatmete. „Es ist unterschiedlich. Bei einem ging es ganz Schnell, der war nach ein paar Monaten schon so. Ein anderer ist schon ein paar Jahre hier und dem geht es soweit noch ganz gut.“ Kagome spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. Auch sie spürte eine gewisse Angst in sich aufkeimen. Was war, wenn sie hier nicht wieder herauskam? Wenn auch sie einer von denen werden würde? „Wie hat Naraku Kontakt zu dieser Hexe aufgenommen?“, fragte sie nun und Kanna hielt ihr den Spiegel hin. „So einfach? Und du hast ihm geholfen?“, Kagome schaute in den Spiegel und sah aus den Augenwinkeln, dass Kanna mit den Schultern zuckte. „Die Angst wird stärker“, sagte sie ganz leise und Kagome war sich nicht sicher, ob sie wirklich verstand, was sie meinte. Sie starrte eine Weile in den Spiegel, bis sich eine Frau zeigte. Sie hatte schmale dunkle Augen, schwarzes Haar und schon ein paar leichte Falten an Augen und Mund. „Es hat funktioniert wie ich sehe“, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns. „Das war von Anfang an der Plan?“, fragte Kagura skeptisch und blickte neben Kagome mit in den Zauberspiegel. „Oh ich habe Naraku versprochen ihm einen Körper zu geben, mit dem er in die Welt der Lebenden kann und ich habe mein Versprechen nicht gebrochen“, antwortete sie scharfzüngig und Kagome runzelte die Stirn. „Aber warum? Was hat er dir dafür versprochen? Naraku hält sowieso nie seine Versprechen, also lass mich zurück in meinen Körper!“ Die Frau lachte boshaft auf und ihr Blick verfinsterte sich. „Oh was Naraku mir versprochen hat ist mir egal. Auch er wird mit diesem Tausch nicht zufrieden sein und früher oder später wird er hier auftauchen. Dann habe ich was ich wollte.“ Kagome brauchte einen Moment um sie zu verstehen. „Meinen Körper?“, platzte es aus ihr heraus doch die Frau kniff die Augen zusammen. „Dich“, zischte sie und das Bild verschwand. Stundenlang grübelte Kagome über die Worte der Hexe nach. Egal wie oft sie noch versuchten Kontakt zu ihr aufzunehmen, es funktionierte nicht. Kagura war höchst amüsiert darüber, dass Naraku nur benutzt wurde, um an Kagome heranzukommen. Kagome musste sich eingestehen, dass auch sie das leicht amüsierte, nicht aber die Tatsache, dass der Plan scheinbar funktionierte und somit sie in Gefahr brachte. ‚Wie kann es mich noch mehr in Gefahr bringen, schlimmer als in der Unterwelt darauf zu warten meinen Verstand zu verlieren, kann es eigentlich nicht mehr kommen’, dachte sie verbissen und knirschte mit den Zähnen. Nachdem sie einige Zeit umher gewandert war und festgestellt hatte, dass diese Welt kein Ende nahm und überall gleich aussah, gab sie es auf einen Ausgang zu suchen. Für einen Moment hatte sie sogar überlegt gehabt, ob das Shikon No Tama ihr heraushelfen konnte, bis sie schließlich feststellen musste, dass es nur eine Illusion gewesen ist, um sie anzulocken. Wenn sie doch nur jemanden in der Welt der Lebenden erreichen konnte, dann könnte sie versuchen es so zu machen wie Kikyo. Doch dafür bräuchte sie erst einmal eine Hexe, die ihr einen Lehmkörper baute und wie sollte sie ihre Seele herausbeschwören, wo es doch gar keine Überreste von Kagome gab? Sie seufzte erneut auf. Es schien hoffnungslos zu sein. „Gibt es die Möglichkeit mit deinem Spiegel andere Leute zu erreichen?“ Kanna betrachtete ihren Spiegel, dann Kagome und nickte langsam. „Solange sie einen Spiegel haben oder vor einer spiegelnden Fläche stehen.“ Kagome nickte langsam und stand auf. Nachdem sie einige Male auf und ab gegangen war, fiel ihr der Spiegel ein, den sie Sango vor einiger Zeit geschenkt hatte. Sie berichtete Kanna davon, die sofort eine Verbindung errichten wollte, doch Kagome schüttelte heftig den Kopf. „Ich kann da nicht reingucken, sie werden vor Schreck umfallen, wenn sie Naraku in ihrem Schlafzimmerspiegel sehen“, rief sie und Kanna blickte sie mit schief gelegtem Kopf an. Dann warf sie einen Blick auf Kagura, auch Kagome starrte die Frau mit den roten Augen an. Sie brauchte einen Moment um die Stumme Bitte zu verstehen. „Was, ich?“, fragte sie und kreuzte die Arme vor der Brust. „Was krieg ich dafür?“ Kagome ließ die Schultern hängen. Bei dem Schicksal, dass Kagura erwartete konnte sie ihr nicht helfen. Was hatte sie ihr zu bieten außer leeren Worten? Doch plötzlich wurde Kaguras Blick eine Sekunde lang sanft. Stur grunzte sie auf: „Na gut, schön ich mache es. Als Wiedergutmachung dafür, dass ihr mir helfen wolltet, aber dann sind wir quitt, alles klar?“ Kagome fiel ein Stein vom Herzen und mit Spannung beobachtete sie, wie Kagura in den Spiegel starrte. Es dauerte einen Moment, bis Kagura sich rührte. „Hallo?“, rief sie dem Spiegel entgegen, hört aber keine Antwort. Sie starrte noch einen Moment hinein, bis sie aufzugeben schien und gerade zu Kagome hochblickte, als eine Stimme ertönte. „Mama?“, fragte jemand und Kagomes Herz sank ihr in die Hose. Es war eine von Sangos Töchtern. „Wer bist denn du?“, fragte Kagura verwirrt und die kindliche Stimme antwortete naiv: „Rani!“ „Hallo Rani, wo ist denn deine Mama?“, Kagura schien etwas überfordert mit der Situation und warf Kagome einen gestressten Blick zu. „Kämpfen gegen böse Dämonen.“ Sowohl Kagura als auch Kagome runzelten die Stirn. „Du musst ihr etwas von mir sagen, ja?“, fragte Kagura nun und beobachtete den Spiegel eine Weile, dann setzte sie erneut an: „Sag ihr, dass man Kagome nicht vertrauen kann. Kagome ist böse. Sie ist ähm, von einem bösen Dämon besessen!“, den letzten Satz sagte sie stolz, als wäre es eine Meisterleistung sich eine solche Geschichte auszudenken. Im Grunde war es ja nicht einmal wirklich ausgedacht, es war schlicht die Wahrheit. Kagura blinzelte ein paar Mal, riss dann schockiert die Augen auf. Kagome konnte ihre Neugier nicht verbergen, sie wollte nur einen Blick auf Rani erhaschen, blickte auf den Spiegel aber er zeigte nur ihre eigenes Spiegelbild, welches Narakus Gesicht war. „Was ist, wo ist sie?“, fragte sie und Kagura wirkte leicht verstört. „Der Spiegel ist kaputt gegangen“, hörte Kagome Kannas leise Stimme hinter dem Zauberspiegel hervorkommen. Man konnte Kannas Anwesenheit leicht vergessen und so zuckte Kagome leicht zusammen, als diese sich wieder bemerkbar machte. „Wie kaputt?“, doch Kagomes Frage blieb unbeantwortet. Alles was Kagura gesehen hatte, war wie Rani den Spiegel betrachtet hatte, als das Bild plötzlich verschwand. „Das Haus muss angegriffen worden sein“, schlussfolgerte sie und Kagome lief es eiskalt den Rücken herunter. Kapitel 4: Anthena ------------------ In einem Busch kauernd wartete er. Die Kampfgeräusche waren seit einiger Zeit verklungen, doch er wollte sichergehen, dass sie alle fort waren. Schnell spürte er seine Beine steif werden. Diese dünnen, menschlichen Mädchenbeine. ‚Aus dieser Sicht wirken sie gar nicht so dünn’, bemerkte er und blinzelte ein paar Mal. Seit wann machte er sich Gedanken darüber, wie seine Beine aussahen? Als er das Gefühl hatte, dass es ruhig war, erhob er sich aus den Büschen und streckte die Steifen Glieder. Seine Finger waren wund vom ständigen anspannen der Bogensehne und er fühlte sich seltsam erschöpft und müde. Vorsichtig schlich er durchs Unterholz. Schritt für Schritt entfernte er sich vom Dorf und der Kampfstätte. Er wusste in etwa, in welche Richtung er gehen musste, doch das war einfacher gesagt als getan. Alles schien gleich auszusehen, alle Gerüche verschwammen zu einem einzigen und seine Augen konnten in der Dämmerung bald nur noch die Umrisse ausmachen. Wie hatte er es jemals ausgehalten, als er noch Onigumo war? Naraku seufzte auf. Natürlich hatte er es damals noch nicht vermisst, weil er nichts anderes gekannt hatte. Doch wenn man einmal die Vorteile eines dämonischen Körpers auskosten durfte, fühlte sich diese körperliche Degradierung an, als hätte man ihn komplett in Watte eingepackt. Nicht nur alle seine Sinne fühlten sich so schlecht an, auch seine Muskeln ließen bald nach. Die Beine schmerzten, die Müdigkeit stieg und die Augen fielen ihm zu. Dann plötzlich, stellten sich die Härchen in seinem Nacken auf, doch es war schon zu spät. Der Dämon stand direkt hinter ihm. Schnell griff er nach seinem Bogen, wollte einen Pfeil aus seinem Köcher nehmen, doch der Dämon hatte bereits seine Hand gepackt und riss ihn herum. Naraku riss erschrocken die Augen auf. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Direkt vor ihm stand kein anderer als Sesshomaru. Die goldenen Augen betrachteten ihn ohne Gefühlsregung, der Griff um seine Hand war fest. Naraku versuchte nicht sich los zu machen, es hatte sowieso keinen Zweck. „Was bist du?“, fragte er nun mit gefährlichem Unterton. Naraku kniff die Augen zusammen, seine Gedanken überschlugen sich. Er wusste, dass er schnell antworten musste, damit es authentisch wirkte. Doch Naraku konnte sich nicht zusammenreißen. „Dein schlimmster Albtraum“, antwortete er und musste fast selbst darüber lachen, wie lächerlich das mit Kagomes Stimme klang. Sesshomaru hob eine Augenbraue leicht in die Höhe, doch er ging nicht darauf ein. „Zieh den Pfeil aus Inuyasha.“ Jetzt war es an Naraku eine Augenbraue zu heben. „Ach, seit wann habt ihr euch denn lieb?“, fragte er höhnisch, diesmal gelang es ihm sogar Kagomes Stimme dabei nicht all zu albern klingen zu lassen. Sesshomarus Griff um seinen dünnen Mädchenarm verstärkte sich und Naraku konnte schon jetzt den Schmerz spüren. Leise fluchte er und seine Gedanken überschlugen sich. Gab es etwas, was er Sesshomaru anbieten konnte? Etwas, was er unbedingt haben wollte? Für einen Moment dachte er an Tessaiga, doch er hatte das seltsame Gefühl dass das Thema durch war. Dann geschahen sehr plötzlich, sehr viele Dinge gleichzeitig: Naraku hörte ein leises Flüstern, ein starke Windstoß umwehte sie, Sesshomarus Augen bekamen einen seltsam abwesenden Glanz, hinter Naraku tauchte ein seltsames Tier auf, welches sie umrannte. Sesshomaru blieb reglos am Boden liegen, während Naraku, der sein Glück kaum fassen konnte, sich auf das seltsame Tier stürzte, das wie er merkte in Wirklichkeit ein Oni war und darauf davon ritt. Auch der Oni hatte den gleichen seltsamen Glanz in den Augen wie Sesshomaru und Naraku wurde grinste verbissen. Das musste das Werk dieser Hexe sein! Sein Grinsen verblasste als ein sirrendes Geräusch direkt an seinem Ohr vorbeisauste. Er wandte sich um und sah einen dunklen Schatten hinter ihm herfliegen, der einen kleineren Schatten von sich warf, woraufhin erneut das surrende Geräusch näher kam. Einen Moment lang verfluchte Naraku seine schlechten Augen, bis er endlich begriff wer ihn da verfolgte: er erkannte den Knochenbummerang, der einige Bäume spaltete, gab einen erneuten Fluch von sich und hoffte innig, dass diese Hexe wusste was sie tat. Ein plötzliches Klirren brachte den Oni ins Straucheln und Naraku fiel Kopfüber von seinem Rücken. Der Schmerz durchzuckte ihn wie ein Schwert, ein erbärmlicher Mädchenschrei löste sich aus seiner Kehle und als er versuchte sich zu erheben, wurde er von jemandem auf den Boden gedrückt, mit dem Gesicht nach unten. Es war der unerträgliche Mönch und Naraku wünschte sich innig, er wäre von seinem Kazaana verschluckt worden. Naraku runzelte die Stirn. Ein dumpfes Geräusch kündigte auch Sangos Ankunft an, die schwer atmend neben ihr zum Stehen kam. Sie schien nicht mehr so fit zu sein wie früher, seitdem sie Mutter war. Naraku gefiel der Gedanke. „Wer bist du und was hast du mit Kagome gemacht?“, fragte Miroku nun und Naraku wusste nicht, was es für einen Sinn hatte, sich irgendetwas auszudenken. Würden sie ihm die Wahrheit denn glauben? „Was glaubst du denn wer ich bin, Mönch?“, fragte er nun aufsässig und Mirokus Druck auf seinen Körper verstärkte sich. „Red schon Dämon! Hast du Besitz von Kagome ergriffen? Lass sie frei!“ Doch Naraku lachte nur auf. „Glaub mir, ich war nicht scharf drauf SO wieder aufzutauchen“, murmelte er, doch da ließ Mirokus Druck nach. Er wurde herumgerissen und betrachtete nun Sango, deren Gesicht schmerzverzerrt war, obwohl Naraku keine Verletzung erkennen konnte. Sie blinzelte einige Male und schien zu erschauern, dann riss sie die Augen auf und Naraku erkannte Angst darin. „Miroku... spürst du das Auch?“ Miroku sah stirnrunzelnd zu ihr auf: „Was meinst du?“ Sango schüttelte den Kopf, sah sich ein paar Mal um, doch ihr Blick fiel immer wieder auf Naraku. „Etwas Böses“, sagte sie nun, die Auge fest ihn gerichtet. Miroku betrachtete Naraku stirnrunzelnd und sah dann wieder zu Sango auf. „Ich spüre definitiv etwas Böses an ihr, aber es ist nicht ihre Aura“, erklärte er nun stirnrunzelnd und Sango nickte. „Sie hat keine dämonische Aura“, bestätigte sie, fuhr aber sogleich fort, „ich kann Kagomes spirituelle Energie spüren aber dahinter... wer bist du? Wie kannst du ganz ohne dämonische Energie Besitz von Kagomes Körper und ihren Kräften ergreifen?“ Naraku seufzte. „Ich ließ mich von einer Hexe hereinlegen“, erklärte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und Miroku wich einen Schritt zurück. „He..Hexe?“, fragte er leicht ängstlich, was ihm einen verwunderten Blick von Seiten Sangos einbrachte. „Du gibst also zu, dass du nicht Kagome bist?“ Naraku nickte langsam. In seinem Kopf formte sich nun ein zweiter Plan, nachdem der erste nicht funktioniert hatte, sah er kaum einen anderen Ausweg. „Ich muss diese Hexe finden, damit sie diesen Fehler beheben kann“, erklärte er nun und die beiden warfen sich einen Blick zu. „Wer bist du?“, erklang Sangos Frage nun und Naraku, von dem Miroku zurückgewichen war, stand nun auf. Er hatte schon immer einen Hang zum dramatischen, also machte er einen Schritt auf den Mönch zu, der ihn misstrauisch beobachtete. Naraku berührte Mirokus Brust und flüsterte die Worte, die er so viele Jahre zuvor seinem Großvater zugeflüstert hatte. Obwohl Naraku keine dämonischen Kräfte mehr besaß, reichte die bloße Anwesenheit seiner Seele und die geflüsterten Worte um den Fluch neu aufleben zu lassen. Ein plötzliches Geräusch ließ Sango aufschrecken, Horror breitete sich sowohl in ihren als auch in Mirokus Augen aus, als sie endlich verstanden was geschehen war. Naraku sprang geschickt zur Seite, als der starke Sog des Kazaanas Steine und Äste einsog, Miroku schrie, kramte eine Gebetskette hervor und versiegelte das schwarze Loch in seiner Hand. Einen langen Moment herrschte absolute Stille, sowohl der Mönch als auch die Dämonenjägerin starrten auf die Hand, auf der die violetten Perlen der Gebetskette verharrten. Dann, ganz langsam hob Miroku den Blick. Purer Hass schlug Naraku entgegen, sein Grinsen musste von einem Ohr zum anderen gehen. „Ihr habt euch wohl zu früh gefreut“, flüsterte er nun boshaft, es gelang ihm mehr und mehr Kagomes Stimme unter Kontrolle zu bringen. Sangos Gesicht war eine Maske des Horrors. Sie starrte Naraku an, als hätte sie einen Geist gesehen. Irgendwie tut sie das ja auch, dachte Naraku bei sich und war höchst amüsiert über diese Situation. „Aber es ist immer noch Kagomes Körper“, erklärte er nun ganz langsam, damit sie beide es auch verstanden: wenn sie ihm jetzt etwas antaten, würde das später Kagomes Problem sein, nicht seins. „Wir gehen zu dieser Hexe“, flüsterte Miroku nun mit einem gefährlichen Unterton und das erste Mal in seinem Leben, fürchtete Naraku sich vor dem Mönch. Sein Blick war so von boshafter Wut verzerrt, dass Naraku fürchtete jeden Moment die Macht des Kazaana am eigenen Leib zu spüren zu bekommen. „sie gibt uns Kagome zurück und du wirst wieder dahin gehen, wo du hingehörst.“ „Wo ist Kagome jetzt?“, fragte Sango nun und ihre Stimme klang schrill vor Sorge und Wut. Naraku musste nun noch breiter Grinsen, während auch Mirokus Wut langsam Sorge hinüberglitt: „In der Hölle.“ Sango und Miroku gönnten ihm keine Pause. Sie verletzten ihn zwar nicht, doch das Stundenlange marschieren bereitete ihm Schmerzen, die Müdigkeit war unerträglich und erst als schon der Morgen graute, einigten sie sich auf eine kleine Verschnaufpause. Mirokus Laune war düster, doch auch Sango war kein Sonnenschein. Aus ihren Geflüsterten Gesprächen konnte Naraku heraushören, dass eines von Sangos Kindern bei dem Dämonenangriff so schwer verletzt worden war, dass es nicht mehr aufwachte. Kaede kümmerte sich um die Kleine, sie hatte gesagt dass es nach einem Schlag auf den Kopf manchmal nur dauerte, bis jemand wieder erwachte, doch Sangos mütterliche Sorge war fast noch unerträglicher, als Mirokus lodernder Zorn. Er war doppelt wütend auf Naraku, das wiedergekehrte Kazaana und die Verletzung seiner Tochter schob er auf Narakus Verantwortung. Naraku runzelte die Stirn, zwar hatte er das Kazaana wieder heraufbeschworen, aber er hatte die Oni nicht gebeten das Dorf zu attackieren. Für diesen Gedanken verfluchte er sich selbst. Mit der Seele in dem Körper eines jungen Mädchens zu stecken, schien ihm auch ihre Angewohnheiten zu bringen. Nachdem sie ein bisschen geschlafen und gegessen hatten, führten sie ihren Weg fort. Naraku wusste nicht so sie lang mussten, doch immer wieder erkannte er Tiere mit dem seltsamen trüben Blick, den der Oni und auch Sesshomaru gehabt hatten, also folgte er ihnen einfach. Die Hexe führte die kleine Gruppe quer durch den Wald, immer tiefer hinein, bis das Fliegen für Sangos Katze unmöglich wurde. Den Tag zuvor hatten sie und der Mönch sich abgewechselt die Katze durch die Lüfte zu reiten, doch nun mussten sie genau wie Naraku beide zu Fuß gehen. Zumindest würden sie so genauso schnell wieder Pause brauchen wie auch Naraku. Sie gingen den ganzen Tag, die halbe Nacht, schliefen, aßen und gingen wieder einen ganzen Tag, bis sich endlich eine Veränderung zeigte: die Bäume wurden etwas lichter, der Boden wurde ebener und ein kleiner Bach rauschte in der Nähe. Naraku folgte gerade einem ausdruckslosen Eichhörnchen, dass sich nach einigen Schritten immer wieder nach ihnen umsah, bis es hinter einem Hügel verschwand. Naraku erklomm den kleinen Hügel, der Muskelkater in seinen Beinen schmerze und er verfluchte Kagome dafür, dass sie sich so hatte gehen lassen. „Ist des das?“, fragte Miroku, es war das erste Wort, dass er mit Naraku wechselte, seit er ihm gesagt hatte sie würden die Hexe aufsuchen. Naraku zuckte mit den Schultern. Sie betrachteten eine Hütte, die aus dunklem Holz erbaut war. Direkt am Bach, war sie umgeben von Bäumen, die anders aussahen, als die restlichen Bäume im Wald. Es war ein seltsamer Anblick und Naraku war sich ziemlich sicher, dass dies das Haus der Hexe sein musste. Sie trotteten hinunter, Narakus Herz klopfte schneller als sonst und auch Miroku und Sango schienen nervös zu sein. Als sie vor der dunklen Holztür standen, öffnete diese sich von selbst. Vorsichtig traten sie ein und Naraku erkannte sie auf den ersten Blick: lange schwarze Haare, schmale dunkle Augen und eine dunkle Aura, dass selbst Naraku erschauerte. „Das wurde aber auch Zeit“, sagte sie mit einer Stimme, die so lieblich klang wie die einer geliebten, die ihrem Mann ins Ohr flüsterte. Miroku zuckte merklich zusammen, er schien sich von allen am unwohlsten zu fühlen. Naraku jedoch wurde sich darüber bewusst, dass er in eine Falle gelaufen war. Der Blick der Hexe verriet ihm, dass sie von Anfang an geplant hatte, ihn hier her zu locken. „Anthena“, sagte er nun wütend, „warum lockst du mich hierher? Was war dein grandioser Plan?“ Doch Anthena lachte nur amüsiert. Sie erhob sich langsam, ihre Schritte waren leise wie die einer Katze. „Du Dummerchen“, sagte sie genüsslich und kam immer näher, Narakus feine Nackenhaare stellten sich auf und auch Sango und Miroku stockte der Atem. „Es ist nicht Naraku den ich begehre, ich brauche das hier“, sie berührte mit ihrem langen dünnen Finger Narakus Brust. Er wollte gerade Fragen, was sie meinte, da spürte er auch schon was geschah: sie begann die spirituellen Kräfte aus Kagomes Körper zu sagen. Panik stieg in ihm auf, er versuchte sich zu wehren, auch Sango und Miroku bemerkten was geschah, doch als sie eingreifen wollten, wurden sie von einer schwarzen Wolke an die Wand geschleudert. Anthena hatte sie mit ihrer zweiten Hand erzeugt, doch ihre Konzentration hatte keine Sekunde nachgelassen, unaufhörlich trieben die riesigen Massen an spiritueller Energie aus Kagomes Körper heraus. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, doch schließlich ließ sie ab und Naraku sank zu Boden. Anthena lächelte entzückt und betrachtete die drei vor sich liegenden Gestalten. „Gut dass du den Halbdämonen schon für mich erledigt hast“, murmelte sie und durch Narakus Geist zuckte ein Bild von Inuyasha, der an den Baum gebannt war. „Was hast du von dieser Energie? Du warst auch so mächtig“, zischte Naraku nun wütend. Er war nicht nur wütend auf Anthena, auch wütend auf sich selbst, dass er sich so hatte zum Narren halten lassen. „Aber nicht genug Energie!“, rief Anthena nun, um deren Körper herum ein unheimlicher Wind wehte. „Genug Energie wozu?“, fragte Sango nun und sie klang verängstigt. Auch Naraku spürte Furcht in sie aufkeimen, was auch immer Anthena vorhatte, würde ihm nicht gefallen, dessen war er sich sicher. „Seit Jahrhunderten bin ich eingesperrt in dieser Hütte, eingesperrt zwischen den Lebenden und Toten! Damit ist jetzt Schluss!“, die letzten Worte schrie sie und Naraku verstand nicht, wovon sie sprach, da sah er einen Hauch von Erkenntnis in Sangos Augen aufblitzen. „Ariana die Ausgestoßene“, flüsterte sie, doch Naraku wusste nicht wovon sie sprach. Anthena jedoch nickte anerkennend: „Ariana war meine Großmutter. Sie verriet ihr Volk, das Volk der Schwarzmagier und zur Strafe wurde sie mit einem Dasein in dieser Hütte verbandt. Weder Tod noch lebendig, steckte sie in diesem magischen Viereck fest, dass ihr Volk für den Fall von Verrat erschaffen hatte. Sie schwor Rache und doch, obwohl sie nicht alterte, obwohl sie halbtot und halb lebendig war, spürte sie, dass sie eines Tages ganz in das Reich der Toten entschwinden würde. Deshalb lockte sie einen Mann her, der ihr ein Kind machte. Meine Mutter verbrachte ihr Leben genauso wie meine Großmutter in dieser Hütte, Jahr für Jahr, bis sie mich gebar und bald genau wie meine Großmutter in das Reich der Toten überging. Doch ich werde nicht so zugrunde Gehen! Ihr habt mir den Weg in die Freiheit geschenkt!“, ihr euphorischer Ruf wurde durch die Winde erstickt, die durch den ganzen Raum wehten. „Aber wie?“, flüsterte Sango nun und plötzlich strahlte Anthenas Körper ein helles Licht aus, explosionsartig breitete sich die Energie aus, Naraku wurde an die Wand gedrückt und ihm blieb für einen Moment die Luft weg, er wurde geblendet, konnte nichts sehen, ein lautes Surren verhinderte dass er etwas anderes hörte und für einen Moment ergriff ihn die Panik, für immer in diesem Zustand zu verharren. Dann verklang das Surren langsam, Anthenas Lachen drang in seine Ohren und er erkannte ihre Umrisse vor sich. „Es ist geschafft“, rief sie triumphierend und Naraku erkannte nun zwei weitere Umrisse. Langsam, nur ganz langsam konnten seine Augen mehr als nur die Umrisse erkennen und er hörte wie Anthena jemanden freudig begrüßte: „Mutter, Großmutter!“, rief sie, die beiden Frauen antworteten mit dem gleichen Enthusiasmus: „Du hast es geschafft, du hast die Welten vereint!“ Kapitel 5: Ich glaub ich träume ------------------------------- Kagome blinzelte verwundert auf und auch Kagura und Kanna waren sichtlich verwirrt. „Wo sind wir?“, fragte Kagura und drehte immer wieder ihren Kopf hin und her. Kagome drehte sich mehrmals um die eigene Achse, dann erblickte sie etwas, dass ihr bekannt vorkam. Langsam schritt sie durch den kleinen Wald, einige Meter folgte sie einem kleinen Pfad, bis sie vor einem Brunnen stand. „Aber das ist doch...“, begann sie und Kaguras Aufschrei ließ sie herumdrehen und zurückrennen. Kagura hatte eine Hand vor den Mund geschlagen und selbst auf Kannas Gesicht zeigte sich eine kleine Falte, die Verwunderung ausdrückte. Kagome folgte den Blicken der Beiden und bei dem was sie sah, entfuhr auch ihr ein leichter Aufschrei, der sich mit Narakus Stimme äußerst seltsam anhörte. Auf dem Boden mitten im Wald lag Sesshomaru. Er hielt eine Hand noch vorn, sein Blick war ausdruckslos und starr, ganz so als hätte man ihn versteinert. Kagura rannte auf ihn zu, beugte sich zu ihm herunter und wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht: keine Reaktion. „Mach doch was!“, rief sie Kagome zu, die sich vorsichthalber umsah, ob sie nicht doch jemand anders meinte. „Was soll ich da machen?“, fragte sie nun verwirrt und Kanna trat nun auch ein paar Schritte näher. „Du hast Narakus Kräfte, er verfügt durchaus über Magie, die auch gegen solche Magie ankommt“, erklärte sie mit ihrer leisen eintönigen Stimme. „Aber wenn ich ihn aus der Versteinerung hole, wird er mich töten!“, „Warum sollte er das tun?“, Kannas Frage belustigte Kagome, da die Antwort so offensichtlich war: „Weil ich aussehe wie Naraku!“, rief sie verzweifelt und je mehr es ihr dämmerte, dass sie wieder in der Welt der Lebenden waren, desto mehr Angst hatte sie, jemandem zu begegnen. Inuyasha, Kagome, Sango, sie alle würde versuchen sie zu töten! Verzweiflung machte sich in ihr breit, so sehr sie sich auch gewünscht hatte ihre Freunde warnen zu können, sie wünschte sich sehnlichst, nicht in Narakus Körper herumzulaufen. „Wie kommen wir überhaupt hier her? Ich mein, ihr seid tot!“, wunderte Kagome sich nun und sie betrachtete Sesshomarus reglosen Körper. Kaguras Blick bekam etwas wehmütiges und Kagome wusste, dass sie diesen Umstand nicht hinterfragen wollte. Wahrscheinlich hatte sie angst, dass er dann allzu schnell wieder endete. „Wir erklären ihm was geschehen ist, er wird dich nicht töten“, versuchte Kagura nun erneut Kagome zu überzeugen, doch selbst wenn sie es gewollt hätte, hätte sie gar nicht gewusst wie sie Narakus Kräfte einsetzte. Sie lauschte in sich hinein und die verunreinigten und bösen Energien in ihrem Körper jagten ihr einen Schauer über den Rücken. Dann, plötzlich, wusste sie wie. Sie wusste einfach, rein intuitiv, wie man nach der dämonischen Energie griff, um sie zu benutzen. Mit einem Schlenker ihrer Hand wehte sie über Sesshomarus Körper, sie sah mit ihren dämonischen Augen das Netz aus Magie, dass sich über ihn gewoben hatte und löste es mit ihrer eigenen Energie auf. Sesshomarus Muskeln zuckten auf, elegant schwang er sich auf die Beine und betrachtete die Runde, in der er gelandet war. Kagome trat vorsichtig einen Schritt zurück, doch er machte keine Anstalten sie anzugreifen. „Was ist das für ein Zauber?“, fragte er nun misstrauisch und blickte von Kagura zu Kagome. Kagura warf Kagome einen Blick zu, erklärte dann die ganze Geschichte, von dem Tag an, an dem Naraku den Plan entworfen hatte in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Sesshomaru blickte einen Moment stumm vor sich hin, sah Kagome dann direkt in die Augen. „Ich habe seine Seele gespürt, als ich in das Gesicht von deinem Körper blickte“, erklärte er leise, dann sprang er davon. Kagome blinzelte ein paar Mal, sie verstand, dass er ihr glaubte, doch seine Wortkargheit hatte sie schon immer irritiert. Ohne zu wissen, ob er das wirklich wollte, folgte sie ihm durch den Wald. Es war ein erstaunliches Gefühl: sie war schnell, stark und ihre Sinne waren unglaublich scharf. Sesshomarus Geruch hing in der Luft wie ein glühend roter Leitfaden und es gab fast gar keine Möglichkeit ihn nicht zu erkennen. Andere Gerüche mischten sich dazu, doch es fiel Kagome unglaublich leicht, sie alle auseinander zu halten. Dann traf ein Geruch ihre Nase, dem ihr Körper und ihre Seele zwei so unterschiedliche Reaktionen entgegen warf, dass es sie zutiefst verwirrte. Ihr Körper verkrampfte sich einen Moment, ihre Nase rümpfte sich und doch öffnete sich ihr Herz und sie fühlte sich erinnert an warme Haut, starke Arme und die unglaubliche Geborgenheit, die sie empfand, wenn sie bei Inuyasha war. Sie vernachlässigte Sesshomarus Geruch und folgte Inuyashas, vielleicht konnte sie auch ihn davon überzeugen, dass sie Kagome war und nicht Naraku. Sie kam aus dem Wald und folgte dem Dorf und einer solchen Geschwindigkeit, dass Kagura und Kanna Schwierigkeiten hatten Schritt zu halten und dann, als der Geruch stärker und stärker wurde, setzte ihr Herz für einen Schlag aus. Inuyasha hing an dem Baum, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Für einen Moment dachte Kagome sie wäre in der Vergangenheit gelandet, bis sie merkte, dass es nicht der gleiche Pfeil war wie damals, der Inuyasha an den Baum bannte. Es war nicht Kikyos Pfeil, es war ihr eigener. Kagome schluckte ein paar Mal heftig und ging dann ganz langsam auf den Baum zu. Trotz aller Logik versuchte sie, nach dem Pfeil zu greifen, hatte die unsinnige Hoffnung, sie würde ihn herausziehen können, doch der Pfeil stieß ihre dämonische Energie so stark ab, dass sie sich verbrannte. Kagura kam einen Schritt näher, wollte gerade etwas sagen, als ein surrendes Geräusch Kagome zur instinktiven Reaktion brachte, sie wirbelte herum, zog Kagura einen Schritt weiter und nur um Haaresbreite entkamen sie einem Pfeil, der für Kagomes Herz bestimmt war. „Was zum...?“, begann Kagura, doch sie verstummte, als ihr Blick die Bogenschützin entdeckte. Kagomes Herz setzte einen Schlag aus und sie hatte das Gefühl, sie würde in einem tiefen Loch versinken, nur langsam brachte sie den Namen der Frau über die Lippen: „Kikyo.“ Die darauf folgender Verfolgungsjagd war der reine Wahnsinn: Kagome wollte Kikyo alles erklären, doch sie war fuchsteufelswild und wollte nicht zuhören. Sie schien um alle Maßen verwirrt zu sein, noch verwirrter als Kagome selbst es war und die steckte immerhin in Narakus Körper. Kikyos Pfeile sausten an Kagomes Ohr vorbei und sie spürte jeden davon bereits aus Metern Entfernung, ihre läuternde Kraft ließ Kagomes Nackenhaare Samba tanzen, doch obwohl sie viel schneller wäre als Kikyo, wenn sie wirklich versuchte davon zu laufen, wollte diese nicht kapieren, dass es nicht Naraku war, dem sie da gegenüberstand. In ihren Augen spiegelte sich ein Hauch von Wahn wieder, sie sammelte im Laufen ihre verschossenen Pfeile wieder auf und schoss dieser erneut, Kagome wollte gerade endgültig weglaufen, als jemand plötzlich Kikyos Hand festhielt, woraufhin diese erschrocken aufschrie. „Das ist nicht Naraku!“, fauchte der Neuankömmling Kikyo an, der kein Geringerer war als Sesshomaru. Kikyo blinzelte einige Male verdutzt, schaute dann zu Kagome herüber und konnte ihre Verwirrung gar nicht in Worte fassen. „Würden wir zu Naraku halten, nach allem was er uns angetan hat?“, fragte Kagura nun wütend und die Worte ließen Kikyo nachdenklich werden. „Aber...“, begann sie und blickte von Sesshomaru, zu Kagura und Kanna und dann wieder zu Kagome. „Naraku hat versucht in die Welt der Lebenden zu kommen, doch der Plan ist schief gelaufen, stattdessen haben wir Körper getauscht“, erklärte Kagome, die zugeben musste dass die Situation für einen Außenstehenden unglaublich verwirrend wirken musste, gerade wenn man wusste, dass Naraku schon des Öfteren perfide Pläne entwickelt hatte, um die Leute zu verwirren und Gegeneinander aufzubringen. „Aber wer bist du dann?“, fragte Kikyo nun, offenbar zu verwirrt um ihren Unglauben in Worte zu fassen. „Ich bin es, Kagome.“ Kikyo schüttelte den Kopf, nickte, schüttelte wieder den Kopf und schließlich wollte sie erneut Pfeil und Bogen heben, woran Sesshomaru sie hinderte. „Aber warum hast du ihn wieder an den Baum gebannt?“, fragte sie nun hysterisch und Kagome wusste sofort, von wem sie sprach. „Das war Naraku, in Kagomes Körper.“ Kikyos Mund zuckte ein paar Mal auf und Kagome hatte schon das seltsame Gefühl, sie würde gleich anfangen hysterisch zu lachen, als Sesshomaru sich umdrehte und aus dem Wald herauszeigte. „Du kannst ihn befreien“, erklärte er, warf Kagome einen letzten Blick zu und verschwand dann wieder. Sesshomaru war nicht der Typ, der anderen seine Pläne erklärte. Kikyo ging langsam aus dem Wald heraus und Kagome folgte ihr und sie spürte, wie es ihr den Atem abschnürte. Als Kikyo sich Inuyasha näherte, musste sie an den Moment denken, als sie Inuyasha zum ersten Mal begegnet war: damals war sie diejenige gewesen, die Kikyos Pfeil aus ihm herauszog. Inuyasha, der einst Kikyo geliebt hatte, hatte sich auf der darauf folgenden Reise in sie verliebt, und nun? Würde sich die ganze Geschichte nun anders herum wiederholten? Jetzt, das Kikyo langsam die Hand um Kagomes Pfeil schloss? Jetzt, da sie langsam den Pfeil aus ihm herauszog, der von der Hand der Frau abgeschossen worden war, die er liebte? Würde er nun Kagome hassen und sich wieder in Kikyo verlieben? Der Gedanke ließ Kagomes Hals trocken werden, sie wollte aufschreien, wollte sagen, sie solle den Pfeil drin lassen, doch es war bereits zu spät: Inuyasha blinzelte verwirrt in die Runde. Ein Geräusch lenkte Kagome ab, sie sah Kaede, die plötzlich auf die Lichtung getreten war und die ganze Szene ebenso verwirrt betrachtete. „Wow Kaede, ich habe gerade echt einen abgefahrenen Traum“, erklärte Inuyasha nun blinzelnd. Kaede runzelte die Stirn, ihr Blick wanderte von Kagome zu Kikyo, dann abrupt wieder zu Kagome: „Oh Inuyasha, ich auch... ich auch...“, bestätigte sie ihm, ihr Blick noch immer auf Kagome gebannt. „Ich sehe Kikyo quicklebendig, Kagura und Kanna quicklebendig...“, murmelte sie und Inuyasha beendete den Satz mit einem Lachen: „ja und Naraku mit Tränen in den Augen! Kann mich mal jemand wecken?“ Kapitel 6: Die Rache der Toten ------------------------------ Naraku erwachte mit dem ersten Sonnenschein. Sowohl er, Sango als auch Miroku waren zutiefst verwirrt und erschöpft. Seitdem Anthena, ihre Mutter und ihre Großmutter verschwunden waren, hatten sie es kaum geschafft einige hundert Meter zu gehen, ohne angegriffen worden zu sein. Die erste, die sie aufgehalten hatte, war eine Dämonin, die sich Yura nannte. Naraku war sichtlich genervt von ihr gewesen und hatte sich nie zuvor so sehr gewünscht, seine alten Fähigkeiten wieder zu haben. Doch schließlich und endlich hatte auch ein gezielter Pfeilschuss sie außer Gefecht gesetzt. Doch irgendwie konnte sie nicht sterben. Ihr waren zahlreiche andere gefolgt, doch Naraku hatte Schwierigkeiten sich all ihre Namen zu merken. Auch ein Haufen Oni schlich ihnen hinterher, griff immer wieder an und wünschte sich den Tod der drei. Naraku war sich mittlerweile nicht einmal mehr sicher, ob sie es wirklich bemerken würden, wenn sie starben, da all die Gegner die sie besiegten immer wieder aufstanden. Es hatte eine Weile gedauert, bis er verstanden hatte, was Anthena getan hatte. Sie hatte ‚die Welten vereint’, die Welt der Lebenden und die der Toten. Als ob Yura mit ihrer Angewohnheit sie wie Marionetten umhertanzen zu lassen nicht nervig genug wäre, mussten sie nun auch noch den Blitzen des Raigekijin ausweichen, die Hiten ununterbrochen auf sie abfeuerte, wenn sie ihm nicht auf die Frage antworteten, wo Inuyasha ist. Naraku war ein paar Mal kurz davor ihm die gewünschte Information zu überlassen, wurde aber stets von Miroku oder Sango aufgehalten. Außerdem ärgerte er sich, dass er seinen ersten Pfeil liegen gelassen hatte, so viele Dämonen die ihnen nun schon folgten, fiel es schwer die Pfeile wieder einzusammeln. Sangos Hiraikotsu schnitt ihnen den Weg frei, doch mit Abstand am Besten half ihnen Mirokus Kazaana. Während Naraku wieder und wieder versuchte den Mönch dazu zu bringen, es zu benutzen, fuhr Sango ihn jedes Mal wütend an: „Wir haben das alles schon hinter uns! Ich werde nicht zusehen, wie du dich wieder damit quälst, wenn eine der Oni dich vergiftet! Vergiss nicht, dass du eine Verantwortung trägst!“ Damit sprach sie von ihren Kindern, worauf Naraku jedes Mal nur mit den Augen rollen konnte. „Sei froh dass du als Kagome herumläufst, ich möchte nicht wissen, was hier los wäre, wenn all diejenigen, die sich an DIR rächen wollen hier auftauchen würden!“, fauchte Sango Naraku an und er musste mit Verwunderung feststellen, dass sie damit gar nicht so unrecht hatte. Zum ersten Mal kam ihm nun der Gedanke, dass wenn alle Toten zurückgekehrt waren, womöglich auch Kagome in seinem Körper wieder hier herumlaufen würde. „Das solltet ihr aber auch nicht gut findet“, murmelte er nun und Sango warf ihm einen genervten Blick zu. „Stellt euch die arme Kagome vor... mit meinen Fähigkeiten steht sie wahrscheinlich im Moment einer Horde überaus mächtiger Dämonen gegenüber... ganz zu Schweigen von eurer Kaede, die womöglich schon ihr gesamtes Pfeilreservoir auf sie abgeschossen hat.“ Das hat gesessen. Sango und Miroku tauschten einen Blick, sie beeilten sich nun noch etwas mehr, als sie es eh schon getan hatten. Sie brauchten dennoch fast die gleiche Zeit, die sie für den Hinweg gebraucht hatten und was sie vorfanden, war das reinste Chaos. Das Dorf war überfüllt von Dämonen, aber auch von Menschen, die ihren Zorn in die Welt hinausschrien. Einzig eine Gruppe von Leuten saß etwas abseits und Naraku spürte einen Hauch von Furcht, als er sie alle auf einem Haufen vereint sah. Quicklebendig. Sango schrie auf, ihre Augen füllten sich mit Tränen und Auch Miroku machte große Augen: „Sind das...“, begann er, doch Sango rannte schon los. „Dämonenjäger“, murrte Naraku, der keine große Lust hatte einen Abstecher zu ihnen zu machen. Doch blieb ihm keine Wahl, Miroku zerrte ihn am Arm hinterher und so sehr er sich auch dagegen stemmte, war Miroku doch Kräftiger als er. Die Dämonen, die ihnen seit Anthenas Haus gefolgt waren, tauschten Informationen mit den anderen aus, es war ein unglaublich seltsamer Anblick wie die Toten darüber tratschten, an wem sie sich rächen würden. „Sango!“, Naraku drehte sich um, als er Kohakus Stimme hörte. Der Junge stand neben seinem Vater, beide hatten Tränen in den Augen und Sango begann ebenfalls erbärmlich zu weinen. Naraku rümpfte die Nase, hatte aber keine Wahl als der Szene näher gezogen zu werden. „Sango, meine Tochter.“ Vater und Tochter fielen sich in die Arme, auch die anderen Dämonenjäger drückten sie an sich, während Kohaku ihnen erzählte, dass er ihnen die ganze Geschichte erklärt hatte. „Sie verzeihen mir“, schloss er überglücklich, die Tränen liefen ihm die Wangen herunter und die ganze Familie fiel sich in die Arme. Naraku hätte am Liebsten gewürgt. „Ach Vater, darf ich dir Miroku vorstellen? Er ist... mein ähm... Mann“, mit einem Mal wurde das Gesicht von Sangos Vater kühl, als er Miroku betrachtete, doch Sango stellte sich sofort dazwischen: „Ich frage dich nicht um deine Erlaubnis, verstehe mich nicht falsch. Wir sind schon verheiratet und wir haben drei Kinder... apropos, ich muss zu ihnen!“ Nun verdunkelte sich das Gesicht ihres Vaters zunehmend. „Sie verstecken sich in diesem Tempel. Sango wir verstehen nicht was hier vorgeht, die Dämonen und Menschen sind hier um sich zu rächen. Die einen wollen sich an dem Halbdämonen rächen von dem Kohaku mir erzählt hat, dass er euch gerettet hat, diesem Inuyasha. Aber viele sind hier um sich an Naraku zu rächen... aber sie verstecken ihn! Sie beschützen ihn!“, er schien es kaum zu fassen und jetzt spürte Naraku so langsam, wie die Situation immer gefährlicher wurde. Sango schluckte, sie schien einen Moment lang zu überlegen, ob sie die Wahrheit sagen sollte, doch Miroku kam ihr zuvor: „Das liegt daran, dass das nicht Naraku ist“, sagte er und schüttelte den Kopf auf weitere nachfragen. Kohaku schien die ganze Wahrheit auch nicht zu kennen und doch warf er Naraku einen seltsam wissenden Blick zu, als erkenne er den Mann, der ihn Monatelang kontrolliert und gequält hatte. „Wir haben keine Zeit das zu erklären, wir müssen da rein“, schloss Miroku nun und zog Sango hinter sich her. „Kohaku, pass auf sie auf“, rief Sango ihrem Bruder noch hinterher, während sie sich durch die Massen an Dämonen kämpften, die vor einem Tempel warteten. Naraku konnte eine starke spirituelle Barriere erkennen und eine plötzliche Erkenntnis traf ihn. Wie versteinert blieb er stehen, Miroku der ihn noch immer am Arm hielt kam ins straucheln und fuhr Naraku wütend an. „Ich kann da nicht rein“, sagte er mit leiser Stimme und Miroku und Sango erschraken, als sie in seine Augen blickten. „Hat der große Naraku etwa Angst?“, spottete Sango, doch er konnte sein Gefühl nicht in Worte fassen. Was es Angst? Das erste Mal seit so vielen Jahren spürte er all seine Gefühle so intensiv, so menschlich, wie sie noch waren, als er Onigumo war. Es war Angst, es war Furcht und es war noch etwas anderes, doch er wusste nicht was. Er kannte dieses Gefühl kaum noch, es schnürte ihm den Atem zu und seine Finger kribbelten seltsam. Miroku zog ihn unbarmherzig hinter sich her und auch Sango hatte Hand angelegt, um ihn durch die Barriere zu drängen. Die Dämonen kamen nicht hindurch, die drei jedoch mit Leichtigkeit. Innerhalb der Barriere spürte Naraku es intensiver, als er es seit Jahren gespürt hatte. So nah und doch so fern. Sango rannte nun voraus, sie riss die Tür auf und schrie den Namen ihres Kindes, den Naraku sich nicht merken konnte, Miroku zog ihn hinterher, schloss die Tür hinter Naraku und folgte Sango durch den großen Saal. Das kleine Mädchen lag auf einem Bett, noch immer war sie ohne Bewusstsein und Sango vergoss bittere Tränen. Ein Verband war um den Kopf des kleinen Mädchens, Kaede saß daneben und hob den Blick nun zu Naraku. Langsam spürte er auch alle anderen Blicke zu sich wandern. Der Raum war voll von Leuten und ihre Blicke durchbohrten ihn wie ein schneidendes Schwert. Er traute sich nicht sie anzusehen. Sein Körper kribbelte noch immer ganz seltsam, dieses Mensch sein stand ihm nicht gut. Er würde am liebsten schreien, doch kein Ton löste sich aus seiner Kehle, bis sich eine Person plötzlich aus der Gruppe löste und auf ihn zutrat. „Oh welch wunderschöner Mann“, sagte Naraku mit Kagomes lieblichster Stimme, als er sich selbst gegenübertrat. Aus den Augenwinkeln erkannte er Inuyasha, der die Fäuste ballte und so trat er noch einen Schritt auf Kagome zu, die so aussah wie er. Sie kniff die Augen misstrauisch zusammen, während sie lauschte wie Miroku ihnen ihre Geschichte erzählte. „Und nun?“, Naraku überlief eine Gänsehaut, als er seine eigene Stimme sprechen hörte, Zorn schwang darin mit und er konnte nicht umhin, anerkennend zu nicken. Er musste stets einen ehrfurchterregenden Eindruck gemacht haben. „Die Menge da draußen wird immer wütender“, hörte er nun eine Mädchenstimme und er erkannte das kleine Mädchen Rin, das früher mit Sesshomaru gereist war. Sie war aus einem Nebenraum gekommen und ihr Blick war angsterfüllt. „Es sind noch mehr dazu gekommen, aber diese sehen anders aus. Gefährlicher als die anderen“, eine laute Explosion ließ sie aufhorchen und Kagome runzelte die Stirn, dann wurden ihre Augen immer weiter und Naraku runzelte die Stirn, als er sein eigenes Gesicht so von Horror erfüllt war. „Shichinintai.“ Das Wort verhallte einen Moment im Raum, bis Naraku begriff, was es bedeutete. Auch ihm gruselte es einen Moment, er musste an den Moment denken, in dem er Bankotsu die Splitter des Juwels abgenommen hatte, die ihn am Leben gehalten hatte. Wie wütend sie wohl sein mochten? „Nein Papa, bleib hier“, die Stimme des kleinen Fuchsdämonen heulte durch den halben Raum, als ein Fuchsyokai den Naraku nie zuvor gesehen hatte, durch den Raum schritt. „Sie haben mich umgebracht, ich werde mich rächen!“, erklärte er leichthin, doch der kleine klammerte sich weinend an seinem Bein fest. „Ich denke Shippo hat recht“, ging Sango nun dazwischen. „Wir wissen nicht wie lange dieser Zustand anhält, ihr solltet die gemeinsame Zeit die ihr habt nicht mit kämpfen verschwenden!“, rief sie und Tränen füllten ihre Augen. „Sango...“, Miroku nahm sanft ihre Hand, doch sie beugte sich nur weinend über ihre Tochter. Kagome kam nun mehrere Schritte auf Naraku zu, bis sie nur noch einige Zentimeter voneinander entfernt standen, in ihrem Kopf schien sie einen Plan auszuhecken, doch Naraku konnte beim Besten Willen nicht sagen, was das war. „Ich kann diese Barriere nicht ewig aufrecht erhalten, sie sind zu stark.“ Es war das erste Mal das sie sprach, seit Naraku den Raum betreten hatte. Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer und sein Blick streifte sie nur kurz, schnell blickte er wieder zu Kagome, deren Augen nun zu engen Schlitzen verengt waren. „Wir müssen unter vier Augen sprechen“, sagte sie leise und Inuyasha machte einige Schritte auf sie zu: „Kagome nein!“, rief er doch Kagome verdrehte die Augen. „Inuyasha... ich bin quasi Naraku“, sagte sie mit einem Hauch von Belustigung, doch Inuyashas Blick veränderte sich nicht: „Ja richtig und wer hat Naraku vernichtet?“ Kagome warf Naraku einen seltsamen Blick zu, tatsächlich waren es ihre Hände, ihr Pfeil gewesen, die Naraku vernichtet hatte, doch wussten sie alle das die spirituellen Kräfte in Kagomes Körper erschöpft waren. „Er will diesen Körper bestimmt unversehrt wieder haben“, schloss Kagome nun und ging aus dem Raum. Naraku warf noch einen letzten Blick auf Inuyasha und er konnte seine Wut nicht unterdrücken, als Kikyo einen Schritt vortrat und Inuyasha behutsam auf den Arm drückte. Kikyo. Sie wiederzusehen, nach all diesen Jahren, sie wieder zu sehen, nach allem was geschehen war, löste so viele unerträgliche Gefühle in ihm aus. Die Tür schloss sich von selbst hinter ihnen und Naraku gab einen anerkennenden Pfiff aus. „Du beherrschst meine Kräfte schon ganz gut“, gestand er und Kagome runzelte die Stirn. „Hat ein paar Vorteile, ja“, murmelte sie und starrte ihn an. „Ich erinnere mich an den Moment, als ich dich vernichtet habe Naraku“, begann sie und Naraku war sich nicht sicher, worauf sie hinauswollte, „ich erinnere mich an deinen wahren Wunsch.“ Naraku kniff die Augen zusammen. Er erinnerte sich sehr gut an die letzten Sekunden seines Lebens, die Schmach, die Schwäche die er zugelassen hatte und doch konnte er nicht umhin, es anzuerkennen, dass sein menschliches Herz sich noch immer danach sehnte. „Was willst du von mir?“, fragte er, seine Stimmung war nun an einem Tiefpunkt, es behagte ihm nicht über diese Dinge zu sprechen. Kagome jedoch schien das nicht aufzufallen: „Ich will dass du es zulässt.“ Naraku runzelte die Stirn, er verstand noch immer nicht, was sie von ihm wollte: „Was soll ich zulassen?“ „Deine Menschlichkeit.“ Kapitel 7: Narakus Menschlichkeit --------------------------------- Kagome starrte Naraku eine lange Zeit an. Natürlich hatte er es als lächerlich abgetan was sie gesagt hatte, doch er wusste auch nicht was sie wusste. In der ganzen Zeit, in der sie in Narakus Körper gesteckt hatte, hatte sie etwas gemerkt, das mit Narakus dämonischer Energie geschah. Etwas, das nichts mit ihrer Seele in seinem Körper zu tun hatte, sondern etwas, dass mit Narakus eigener Seele zu tun hatte. Kagome hatte verstanden, dass ihre Kraft war in ihren Körpern wohnte, aber von ihren Seelen bestimmt wurde. Naraku hatte es nicht geschafft, Kagomes spirituelle Energie zu verunreinigen, genauso wenig hatte Kagome es geschafft, Narakus dämonische Energie zu läutern. Aber das Böse, das in dieser Energie schlummerte war in den letzten zwei Tagen immer mal wieder ins Wanken geraten und ganz deutlich gespürt hatte Kagome es in dem Moment, in dem Naraku Kikyos Barriere betreten hatte. Die Anwesenheit der Frau, die er liebte, schien seine Menschlichkeit am stärksten hervorzubringen, auch wenn er sich noch immer mit Händen und Füßen dagegen wehrte. Als Naraku noch ein Halbdämon gewesen war, hatte sein menschliches Herz stets nur einen geringen Einfluss gehabt, der immerhin stark genug gewesen war, ihn davon abzuhalten, Kikyo zu töten. Erst nachdem er sich davon getrennt hatte, war es ihm möglich gewesen sie zu töten. Doch nun? In dem Moment in dem Naraku gestorben war, war seine Seele wieder eins geworden. Kagome hatte lange gebraucht um das zu verstehen, doch schließlich war sie darauf gekommen. Das menschliche Herz von dem so oft die Rede war, hatte wenig mit dem Organ zu tun. Es war ein Teil der Seele. Naraku hatte einen Teil seiner Seele abgespalten, als er sein Herz aus seinem Körper gerissen hatte, doch bei seinem Tod hatte die Seele sich wieder zusammengefunden. In dem Moment, in dem Kikyo gesprochen hatte, hatte Kagome es abermals gespürt. Narakus Energie schwankte. Sie war nur einen hauch davon entfernt geläutert zu werden und da Narakus Körper bereits tot war, war Kagome sich sicher dass die dämonische Energie sich einfach in reine spirituelle Energie umwandeln würde. Mit dieser Kraft wäre sie in der Lage Rani zu heilen. Kaede war es nicht gelungen und auch Kikyos Energie hatte es nicht ausgereicht, aber Narakus Energie war ganz anders. Wenn diese Energie geläutert würde, wäre sie in Form von Magie zur Verfügung, die die einer Priesterin übertraf. Es wäre eher die Energie einer Hexe. Doch Naraku machte nicht den Eindruck, als wolle er seine Menschlichkeit zulassen. Er blickte sie wütend an, schien sich bloßgestellt zu fühlen. Eine weitere Erschütterung ließ davon ausgehen, dass die Angriffe stärker wurden, Kagome wusste, dass sie schnell handeln musste. Sie schritt zurück zur Tür, riss die Tür auf und streckte den Kopf hinaus. „Kikyo, kannst du mal bitte kommen?“, fragte sie und hörte Naraku hinter sich fluchen, Kikyo warf ihr einen misstrauischen Blick zu, auch Inuyasha wirkte sehr verwirrt und schien Kikyo für einen kurzen Moment aufhalten zu wollen. Das versetzte Kagome einen kleinen Stich, es war als vertraue Inuyasha ihr Kikyoss Leben nicht an. Kikyo kam zögernd auf sie zu, langsam schloss sie die Tür hinter ihr und merkte wie unbehaglich es in dem Raum wurde. Die dämonische Energie in Narakus Körper begann erneut zu schwanken, es schien einfach zu sein ihn durcheinander zu bringen, solange er in Kagomes Körper war. ‚Er ist diese Hormonausschüttung scheinbar nicht mehr gewohnt’, dachte sie amüsiert und machte einen Schritt zurück in den Raum. Kikyo hielt sich einen großen Schritt entfernt von ihr, sie schien es offenbar als unangenehm zu empfinden, so nah an Narakus Körper zu sein. „Ich möchte, dass du etwas weißt“, begann sie an Kikyo gewandt und merkte, dass Narakus Hände sich verkrampften. Kikyo zog eine Augenbraue in die Höhe, sagte aber nichts. „Als ich Naraku tötete, sah ich den Wunsch, den er an das Juwel hatte. Der Wunsch, den er von Anfang an, bis zu seinem Tod an das Juwel hatte und der ihm nicht gewährt wurde“, Kikyo nickte langsam und sprach zum ersten Mal seit sie in dem Raum war: „Ein vollwertiger Dämon zu werden“, schloss sie und Kagome warf Naraku ein trauriges Lächeln zu, der nun einige Schritte auf sie zu machte. „Ich werde dich töten. Sobald ich meinen Körper wieder habe. Ich werde euch beide töten“, knurrte er doch Kagome fuhr unbeirrt fort. „Nein. Naraku wünschte sich deine Liebe vom Shikon No Tama.“ Kikyo blinzelte ein paar Mal, blickte dann von Kagome zu Naraku und wieder zurück. „Onigumo begehrte mich, nichts weiter“, sagte sie nun leicht verwirrt, doch Kagome schüttelte den Kopf. In dem Moment gab es einen Krach, der so laut war, dass sie zusammenzuckten. Kagome riss die Tür auf und erkannte gerade noch wie Jakotsu Inuyasha hinterher lief. Ein heilloses Durcheinander hatte sich ausgebreitet, Sango trug die Bewusstlose Rani auf ihrem Arm, ihren Sohn, der noch nicht laufen konnte auf dem anderen, während Miroku das andere Zwillingsmädchen Hien trug. Kaede schoss mit Pfeilen, doch sie wurden fast alle zerstört, dann hörte sie Inuyashas, der etwas schrie und mit Tessaiga eine Wand in zwei brach. „Suikotsu“, hörte Kagome Kikyo sagen, tatsächlich war auch Suikotsu hinter ihnen nun aufgetaucht, er schwang seine Stahlkrallen und Kagome griff nach Energie und schleuderte sie ihm entgegen. Er flog rückwärts durch die Wand, die mit einem lauten Krach zerbarst, dann hörte Kagome den lauten Schrei von Inuyasha und rannte auf seine Stimme zu. Sie erkannte Bankotsu, der den Blick von Inuyasha abwandte und sie nun mit einem Grinsen willkommen hieß. „Oh welch eine Ehre, Naraku! Ich habe die ganze Hölle nach dir abgesucht!“, rief er und schwang sein Banryu in Kagomes Richtung. Inuyasha wollte ihr zu Hilfe kommen, doch das war gar nicht nötig. Mit einem einfachen Schlenker ihrer Hand schleuderte si Bankotsu so viel Energie entgegen, dass er ähnlich wie Suikotsu zuvor rückwärts durch die Wand flog. Dann geschah etwas seltsames. Kagome spürte die dämonischen Energien in dem Körper stärker pulsieren, als je zuvor und konnte nicht umhin, sich nach Naraku umzusehen. Dann riss es Kagome von den Füßen, sie schnappte nach Luft und hatte das Gefühl etwas in ihr explodierte. Plötzlich wurde ihr Schwarz vor Augen. Naraku schlug die Augen auf und schnappte nach Luft. Der Schmerz war fort und er sah Inuyashas Gesicht, das besorgt wirkte. „Kagome?“, fragte er und Naraku runzelte die Stirn. „Nein, ich...“, er erschrak, als er merkte, dass er nicht mehr mit Kagomes mädchenhafter Stimme sprach. Er blickte an sich hinunter und entdeckte eine flache Brust, voll bekleidete Beine und männliche Hände. Dann sprang er auf, stieß Inuyasha zur Seite, der ihm fluchend folgte und riss die Tür zum nächsten Raum auf: Kikyo saß am Boden, in ihrem Arm Kagome, die erbärmliche Gurgellaute von sich gab. Kikyo blickte verzeifelt und hilflos auf, es versetzte Naraku einen merkwürdigen Stich sie so zu. Er hockte sich an Kagome, an deren Bauch eine Wunde klaffte, die wie Naraku wusste, von Suikotsus Stahlkrallen kamen. „Er hat mich gerettet“, murmelte Kikyo ganz perplex, Naraku konnte sie nicht ansehen, er wusste selbst nicht was in ihn gefahren war, noch wusste er, was er jetzt tat, doch er legte seine Hände auf Kagomes Bauch und spürte wie die Energie in ihren Körper floss. Langsam setzte die Wunde sich wieder zusammen und Kagome atmete erleichtert auf. Dann strahlte sie Naraku an, als hätte er ihr einem wunderschönen Ring zum Geburtstag geschenkt. „Es hat funktioniert!“, rief sie, während Inuyasha und Kikyo verwirrt Blicke tauschten. Naraku verzog angewidert das Gesicht, als ein weiterer Krieger der Shichinintai in den Raum geflogen kam, dicht gefolgt von einem der Donnerbrüder. Naraku schleuderte ihnen seine Energie entgegen und merkte zu seinem erstaunen, dass sie vor Schmerzen aufschrien. „Es ist keine dämonische Energie mehr!“, schrie Kagome nun euphorisch, während Kikyo nur verwirrt blinzelte. Naraku hatte keine Zeit sich weiter damit auseinander zu setzen, ein neuer Schwall Dämonen drang in den Tempel ein, er schleuderte ihnen Angriffe entgegen, einen nach dem anderen, doch der Schwall von Dämonen wollte nicht enden. Zwischendurch konnte er erkennen, dass auch außerhalb des Tempels schwere Kämpfe vor sich gingen und er wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, es zu beenden: Anthenas Zauber musste verklingen. Er wusste, dass ihr Zauber nicht stark genug war, um lange zu überdauern, doch mittlerweile waren es schon fast drei Tage und er wusste nicht, wie lange sie diesen Kampf aushielten. War seine Energie groß genug, um den Zauber rückgängig zu machen? Mit einem Mal schüttelte er den Kopf. Was war nur los mit ihm? Seit wann interessierte ihn das Schicksal dieser Leute? ‚Seit du Kikyo das Leben gerettet hast und sie dir einen Hauch von Zuneigung dafür gezeigt hat’, dachte er verbittert bei sich. Doch es schien alles plötzlich so sinnlos zu sein. Seine Rachepläne gegen Inuyasha, sein Wunsch wieder zu leben, alles schien so unglaublich unnötig in Anbetracht dessen, dass Kikyo ihn nicht hasste. Zumindest in diesem Moment nicht. Naraku konnte seine Gedanken und Gefühle nicht ordnen, er wusste nicht, was mit ihm geschah, er wusste nicht, warum er plötzlich so war: so menschlich. War es das was Kagome gemeint hatte? Seine Menschlichkeit zulassen? Naraku versuchte sich gegen den Gedanken zu wehren, doch tief in seinem inneren wusste er, dass er gefallen daran fand. In seinem Herzen herrschte eine Ruhe, die er schon seit so vielen Jahren nicht mehr empfunden hatte. Der ständige Kampf gegen Inuyasha, der ständige Kampf gegen Kikyo, aber vor allem der ständige Kampf gegen sich selbst und seine Menschlichkeit waren anstrengend und nervenzehrend gewesen und das alles aus dem einen Grund, dem einen Wunsch den Onigumo einst gehabt hatte: Kikyo. Doch sie war so fern gewesen, so unerreichbar, unnahbar und jetzt? In diesem Moment? Er wusste, dass er niemals ein Leben führen würde, in dem es die Zukunft gab die sich Onigumo einst für sich und Kikyo gewünscht hatte. Es würde nicht besser werden. Er wusste es, er wusste dass es nicht besser werden würde, dieser Moment war der Beste, den er je mit ihr gehab hatte. Und genau so sollte es enden. So sollten sie sich für immer trennen. Naraku drehte sich um, er wusste dass er noch eine Kleinigkeit zu erledigen hatte, rannte den Gang entlang, sprang über den am Boden liegenden Jakotsu, der Inuyasha Luftküsse zuwarf und fand sie schließlich in einem Hinterzimmer. Sango, mit ihrer bewusstlosen Tochter auf dem Arm. Ohne auf ihre Fragen einzugehen beugte er sich über das kleine leblose Mädchen, ließ seine Energie in ihren Körper und spürte die kleine Verletzung in ihrem Kopf, die ihr zu schaffen machte. Es war keine schwierige Aufgabe, der Knochen war leicht angebrochen und mit ein wenig Energie war er wieder zusammengewachsen, er pumpte sie mit ein wenig mehr Energie voll als nötig, da ihr Körper viel Stress gehabt hatte bei dem Versuch sich selbst zu heilen. Ihre Augen flatterten auf und sie setzte sich so abrupt auf, dass sie sich den Kopf kurz festhalten musste, Sango brach in tränen aus und murmelte einen unverständlichen Dank, als eine weitere Explosion von den Szenen des Kampfes herrückte. Naraku erhob sich, rannte zurück, wollte sie ein letztes Mal sehen. Kikyo hatte einen Pfeil an den Bogen gelegt, Kagome stand direkt neben ihr und tat es ihr gleich, sie zielten auf etwas, dass Naraku nicht sehen konnte. „Kikyo“, rief er und sie warf ihm einen Blick zu. Naraku schenkte ihr ein Lächeln, das erste ehrliche Lächeln dass er seit Jahrzehnten auf seinen Lippen hatte und ließ seine Gesamte Energie aus seinem Körper fließen. Er versuchte die Grenze zu erreichen, die Grenze zwischen Leben und Tod, er spürte die unsichtbare Wand, welche die Lebenden von den Toten trennte, spürte wie sie einen Riss bekommen hatte durch Anthenas Zauber und gab seine gesamte Energie in diesen Riss. Die Welt um sich herum begann sich aufzulösen und das letzte was er sah, war Kikyos verwunderter Blick und den Anflug eines Lächelns, das über ihr Gesicht huschte. Kapitel 8: Der Lohn der Menschlichkeit -------------------------------------- „Nimm deine Finger da weg!“, schrie Kagome ihren Sohn an, der sich an ihrem Rucksack zu schaffen machte. „Aber das hat Oma für MICH eingepackt!“, rief er ihr entgegen. „Ja aber die sind für morgen!“, rief Kagome zurück und der kleine Inuki ließ die Ohren hängen. Er hatte Kagomes dunkles Haar, doch die goldenen Augen von Inuyasha und natürlich die niedlichen kleinen Hundeohren. Er war schon jetzt sehr kräftig und Kagome war unglaublich stolz auf ihn. „Was hat Oma für mich eingepackt?“, kam nun die Stimme ihrer Tochter von draußen. Kanoe war gerade zehn Jahre alt geworden, womit sie doppelt so alt war, wie ihr kleiner Bruder. Sie war recht groß für ihr Alter und hatte die anmutige Eleganz der Dämonen, die Kagome so oft gefehlt hatte. Ihre Augen waren braun wie die ihrer Mutter, doch ihr Haar war Silber und zu einem Bob geschnitten, der unter den jungen Mädchen zur Zeit als modisch galt. Sie hatte den Arm voll mit Holzscheiten, die sie neben der Feuerstelle abwarf und sich nun auch über den Rucksack hermachte: „Schokolade!“, rief sie entzückt und steckte sich zwei Schokoriegel in ihre Tasche. „Hey, ich koche gerade!“, rief sie ihren Kindern zu, als Inuyasha eintrat und ihr einen Kuss auf den Mund drückte. Er warf einen Blick auf die Suppe, die Kagome gerade rührte, rümpfte die Nase und warf ihr ein entschuldigendes Lächeln zu: „Ich hab ewig keine Ramen gegessen!“, sagte er und wühlte in dem Rucksack herum. Kagome seufzte, konnte aber nicht anders als ihre kleine Familie mit einem Lächeln zu betrachten. „Wann besuchen wir Oma und Onkel Sota mal wieder?“, fragte Kanoe nun und Kagome nickte langsam: „Sota kommt in zwei Wochen nach Hause, dann hat Mama... als eure Oma auch frei, dann können wir sie besuchen gehen.“ Ihre Kinder jubelten, als die Tür aufgeschlagen wurde: „Oh es gibt wieder Süßigkeiten“, hörte sie Rani rufen, ihre Zwillingsschwester Hien steckte ebenfalls den Kopf in ihr kleines Häuschen: „Hallo Tante Kagome, schön dass du zurück bist!“ Kagome fand es noch immer seltsam als Tante bezeichnet zu werden, doch sie konnte Hien einfach nicht davon abbringen. „Papa sagt ihr sollt ganz dringend kommen, es gibt da etwas, dass ihr unbedingt sehen müsst“, erklärte sie weiter und Rani verdrehte sie Augen: „Ein paar Kinder beim Spielen, ich verstehe nicht was daran so faszinieren sein soll!“ Sie waren nun zwölf Jahre alt und wurden allmählich aufsässig, vor allem Rani. Kagome und Inuyasha warfen sich einen Blick zu, schnell kramte sie einige Dinge aus ihrem Rucksack hervor, die sie für Sango und Miroku mitgebracht hatte, bevor sie sich auf den Weg machten. Sie folgten den Zwillingen durch das halbe Dorf, bis sie an einem kleinen See ankamen, an dem an diesem Sommertag viele Kinder spielten. Inuki und Kanoe sprangen zusammen mit Rani und Hien ins Wasser, die ihren kleinen Bruder am Rande des Sees entdeckt hatten. Miroku und Sango saßen auf einem Baumstamm, wo sie ein paar Brote aßen. „Da seid ihr ja“, begrüßten sie die Neuankömmlinge, Inuyasha lümmelte sich sogleich auf die Wiese vor den Baumstamm, während Kagome sich auf den neben Sango setzte. „Was ist so besonders, dass wir es unbedingt sehen müssen“, fragte Inuyasha, der etwas säuerlich war, da er seine Ramen nicht hatte essen können. Miroku lächelte: „Shako“, rief er seinen Sohn, den sie nach Sangos Großvater benannt hatten. Der Junge kam aus dem Wasser, er sah Miroku sehr ähnlich, doch wenn er lächelte, erinnerte Kagome das sehr an Sango. „Stell doch Inuyasha und Kagome mal deine neuen Freunde vor“, schlug Miroku vor, woraufhin Shako einen Moment verwirrt war, dann jedoch mit leuchtenden Augen davonrannte. Er kam wieder mit ein paar Kindern, die ein bisschen jünger waren als er selbst, aber nicht wesentlich. „Sie sind neu an meiner Schule“, erklärte er eifrig und ein Mädchen stieß ihn zur Seite: „Warum sollten wir denn nun hier herkommen, ich dachte wir spielen Dämonenjäger?“, fragte sie genervt und Kagome blieb der Atem aus. Sie musste einige Male blinzeln, als sie das junge Mädchen sah. Es war einfach unverwechselbar. „Ach Makoto, er wollte uns nur seinen Eltern vorstellen“, rief ein kleines Mädchen neben ihr, auch ihr Gesicht ließ Kagome blinzeln. „Das sagst du nur, weil du immer verlierst bei Dämonenjäger!“, rief das andere Mädchen ihr zu, während das dritte Mädchen nur belustigt lächelte und auf Kagome zutrat. Sie hielt ihr die Hand hin und Kagome konnte nicht anders, als auszusprechen was sie dachte: „Kanna.“ Das Mädchen runzelte die Stirn und in ihren Augen blitzte ein Hauch von Erkenntnis, doch dann schüttelte sie mit einem Lächeln den Kopf: „Ich heiße Meroko. Das ist meine Schwester Makoto“, sie wies auf das Mädchen, das unbedingt Dämonenjäger spielen wollte und die eins zu eins aussah wie Kagura in klein. „Und das ist unsere Nachbarin Midoriko“, Kagome blinzelte ein paar Mal verwirrt, als sie den Namen hörte. Das Mädchen schaute ein wenig beschämt drein und murmelte: „Meine Mama meinte ich hatte schon als Baby starke spirituelle Kräfte, wie Midoriko“, erklärte sie etwas Verlegen und Kagome nickte ihr anerkennend zu: „Da hatte deine Mama durchaus recht... Midoriko“, sagte sie zu dem Mädchen, das aussah wie Kikyo. „Hey Kano, komm doch mal hier rüber“, rief Shako plötzlich und ein junge kam angelaufen, der im gleichen Alter wie die anderen Kinder waren. Kagura, oder Makoto wie sie jetzt hieß stellte ihm ein Bein, woraufhin er zu Kikyos Füßen fiel. „Du sollst unseren Bruder nicht immer ärgern“, murmelte Kanna, doch wirkte sie leicht belustigt während sie dem Jungen aufhalf, dessen Name Kano war, aber der niemand anders sein konnte, als der wiedergeborene Naraku. „Er fällt Midoriko zu Füßen“, spottete Kagura und der kleine Naraku wurde ganz rot. „Nur weil du mir ein Bein gestellt hast!“ „Kano liebt Midoriko, Kano liebt Midorikooo“, begann sie zu singen, woraufhin er anfing sie zu jagen, schließlich aber von Midoriko selbst festgehalten wurde, die ihm einen Kuss auf die Wange aufdrückte. Er wurde ganz rot und Midoriko rannte nun lachend davon, mit dem Wunsch endlich Dämonenjäger weiter zu spielen. Kagome warf Inuyasha einen Blick zu, der die ganze Szene mit einem seltsamen Blick beobachtete. „Wie geht es dir damit?“, fragte sie ihn und eine alte Angst umklammerte ihr Herz, doch Inuyasha sah ihr direkt in den Augen. Seine Augen waren leicht wässrig und die Worte die er sagte waren so ehrlich, dass es Kagome zutiefst berührte: „Jeder sollte die Chance haben so glücklich zu werden wie wir es sind.“ Kagome drückte ihm einen Kuss auf, stand auf und kniete sich neben den kleinen Naraku, dessen Name nun Kano war. „Hey Kano“, sagte sie und er blickte zu ihr auf, „Lass sie nicht noch einmal gehen, hörst du?“, fragte sie und er blickte sie verwirrt an, „Noch einmal...?“, begann er, doch Kagome beachtete ihn nicht: „Du hast eine zweite Chance bekommen Naraku, nutze sie.“ Für einen Moment leuchtete etwas hinter seinen Augen auf, er lächelte sie an, als wüsste er wovon sie sprach, blinzelte dann ein paar Mal verwirrt und folgte dann seinen beiden Schwestern und der kleinen Kikyo in eine neue Zukunft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)