Wie durch die Hölle von Aredra ================================================================================ Kapitel 4: Des Vaters Sünden ---------------------------- [Jakotsu] Er erinnerte sich wieder. An alles. Das alles war vor acht Jahren passiert. In der Vergangenheit. Es war nur eine Erinnerung – daher konnte es nicht real sein. Auch wenn es so wirkte. Jakotsu versuchte, die Flammen mental niederzudrücken. Dann hätte er einen besseren Überblick über seine Umgebung. 'Es funktioniert! Also war es doch nur eine Illusion, ein Traum.', dachte er und lächelte grimmig. Dann bemerkte der Transvestit etwas, was er damals zwar gesehen, aber bis jetzt unterdrückt zu haben schien. Dort, inmitten des Flammenmeers/-sturms stand ein junger Dämon mit teuflisch blitzenden Augen, der sehr erfreut auf eine andere Person hinabschaute. Aber Jakotsu fühlte keine unangenehmen Emotionen mehr – im Gegensatz zu zuvor. Er konnte sich davon distanzieren.'Vielleicht bin ich etwas traurig...', gab er schweigend zu. 'Aber der Mann aus meinen Erinnerungen muss der Yokai sein, der uns angegriffen hat.' Jakotsu legte seinen Kopf leicht schräg. Er war irgendwie überrascht. 'Also bin ich ihm wirklich schon mal begegnet. Aber warum greift er erneut an? Weil wir damals entkommen sind?' Langsam wurde er wütend auf diesen Dämon, er zitterte leicht vor Erregung. Dass er eine seiner schrecklichsten Erinnerungen im Geiste noch einmal erleben musste, hatte einen alten Groll wieder hervorgebracht. Einen großen Groll. 'Hat dieser verfluchte Dämon das nur getan, um Vaters ganze Familie auszulöschen? Wie erbärmlich.' Die Gefühle wurden immer stärker, brannten schon fast in seiner Seele, während seine Umgebung verschwand und nur Finsternis zurückließ. „Ich habe genug davon!“, rief der Transvestit laut und ungehalten. Für einen Augenblick bemerkte er etwas: Je zorniger er wurde, desto mehr erhellte sich die Dunkelheit um ihn auch. 'Nun, dann...' Der Dämon wollte jemanden rächen, als er seinen Vater tötete. Das war verständlich – aber warum hatte er damals auch noch das ganze Dorf zerstört, so viele unzählige Menschen, die er auch gekannt hatte, gequält? Jakotsu biss seine Zähne bei dieser Erinnerung zusammen. 'Das war eindeutig zu viel des Guten.' Der Nebel gab nun den Blick auf ein ausgezehrtes Land frei. 'Mein Vater war vielleicht nicht sehr gütig, mitfühlend oder liebevoll und vielleicht hatte er es auch verdient, aber der Rest...' Er kochte innerlich immer mehr auf und schüttelte dabei den Rest der üblen Gefühle, die offensichtlich von dem Alptraum verursacht worden waren, ab. Mit einem Ruck setzte er sich auf und blickte sich argwöhnisch um. Noch immer bebte er vor Wut. Der Transvestit war nicht mehr auf der Waldlichtung, sondern auf einem ausgezehrten Schlachtfeld. Einige verrostete, metallene Waffen lagen noch immer herum. Einst hatten auf diesen Gründen Hunderte von Menschen gegeneinander gekämpft, das konnte er förmlich spüren. Etwas weiter entfernt konnte der junge Mann ein altes Schloss erkennen. Aber wo genau er sich befand, wusste er nicht. Auch wenn Jakotsuto noch immer in seiner Hand war und Bankotsu besinnungslos dort lag, wo er ihn zuletzt gesehen hatte. Aber der Dämon, der Illusionen erzeugen konnte, war fort, genauso wie der meiste Nebel. Seine aufgestaute Wut verschwand. Der Transvestit ließ sie gehen, er würde sich später um den Bastard kümmern. Im Augenblick war jemand wichtiger. Jakotsu stand langsam auf und stolperte zu seinem besten Freund. Derselbe hatte einen gequälten Gesichtsausdruck, bewegte sich aber kein Stück. [Akira] „Verdammt noch mal!“, schrie sie, als ihr Pfeil nur einen Teil des Zentrums traf. Es bewegte sich so schnell von dem Pfeil weg, als wäre es am Leben. Beinahe hätte sie aud dem Boden gestampft wie ein frustriertes Kind. Wenn sie diese verdammte Quelle des Nebels nicht traf, wären die anderen in noch größerer Gefahr als jetzt schon. Sie mochte sie vielleicht nicht, aber es waren immerhin Menschen, die dafür bezahlt wurden, sie zu beschützen. Außerdem würde ihr Gewissen sie nicht schlafen lassen, wenn die sieben Krieger starben – so schlimm sie auch sein und wie sehr sie es auch verdient haben mochten. 'Verdammter Kodex...' Aber ihr heiliger Pfeil hatte immerhin einen Effekt: der Nebel löste sich teilweise auf. Akira hatte erwartet, den Wald wiederzusehen. Sie irrte sich. Es gab keinen Wald mehr. Der Nebel enthüllte eine karge Landschaft – die junge Frau bemerkte auch rostige Waffen und Teile von Samurai-Rüstungen – und ein einstmals prächtiges Schloss in der Nähe. 'Senjou no heishi-tachi...*', sagte sie innerlich einige Zeilen aus einem alten Lied ihrer Mutter auf. Sie fühlte sich seltsam traurig, als sie über diesen Schauplatz eines schrecklichen Krieges blickte. Das Schloss selbst wirkte heruntergekommen, verfallen. 'Der Wald muss auch eine Illusion gewesen sein!', erkannte die junge Frau. Ihre Augen weiteten sich ungläubig. Sie wusste nicht genau, wann das Trugbild begonnen hatte, aber nun war sie ziemlich genervt. 'Dann haben wir den ganzen Tag mit einer Illusion vergeudet...' Die Kupferhaarige hob ihren Bogen erneut, aber nicht, um wieder auf das mittlerweile verschwundene Zentrum zu schießen. Nein, diesmal würde sie direkt durch den verfluchten Nebel schießen! [Jakotsu] Er duckte sich so schnell er konnte, als ein Pfeil direkt über seinem Kopf hinweg flog. Er hätte ihn beinahe getroffen. Aber diesmal wirkte die Waffe nicht wie ein Trugbild, es strahlte nur reine Energie aus. Sie konnte garantiert nicht von einem solchen Dämon geschaffen worden sein. Der Pfeil war in hellblaues Licht gehüllt, schien offensichtlich die gesamte Umgebung zu läutern und den Nebel zu vertreiben. Als der heilige Pfeil verschwunden war, konnte der junge Mann alles klar und deutlich sehen. Jakotsu schaute schnell auf den Ursprung des Pfeils. Der Schütze stand ungefähr hundert Meter von ihm entfernt, aber er erkannte ihn sofort. „Akira!“, rief er erleichtert und sprang auf. Die junge Frau schien ihn gehört zu haben und rannte schnell auf ihn zu. Der Transvestit steckte sein Schwert wieder in die Scheide auf seinem Rücken. Er würde es nicht brauchen – er hatte das Gefühl, dass sie momentan sicher waren. Als sie ankam, wirkte die Kupferhaarige sehr ernst und besorgt, genau wie er. „Dir geht es gut!“ Sie sagte nicht auf eine offensichtliche Feststellung. Das hatte er aber auch nicht erwartet. „Nii-chan, ich brauche deine Hilfe bei...“, begann sie stattdessen, aber dann sah sie Bankotsu neben dem Transvestiten liegen. Die junge Frau runzelte die Stirn, als sie ihn so sah. Dann flüsterte sie etwas. „Er ist ja auch bewusstlos...“ „Der dafür verantwortliche Dämon lässt sie alle ihre schlimmsten Alpträume erleben. Zumindest sagte er das.“, antwortete Jakotsu, bevor seine Freundin fragen konnte. Was sie getan hätte, wenn sie scharf nachdachte wie jetzt. Die junge Frau nickte verstehend, fragte allerdings nicht nach seinem Traum – wofür er dankbar war. Dann erinnerte er sich, dass Akira seine Hilfe brauchte. Das hieß, sie war ebenfalls nicht allein gewesen. „Wer war bei dir?“ „Suikotsu. Als ich ihn untersucht habe, fühlte ich Angst, Verzweiflung oder so was und ich konnte ihn nicht wecken.“ Die Kupferhaarige schüttelte sich. Jakotsu schaute in die Richtung, aus der sie gekommen war. 'Akira hat ihn allein gelassen?', fragte sich der Transvestit irritiert. 'Suikotsu war wahrscheinlich zu schwer für sie...' Jakotsu hastete zu dem Ort, wo der Klauenmann noch immer lag, während ihm seine Freundin folgte. „Wir sollten ihn rüber zu Bankotsu bringen. Das ist einfacher.“, schlug Akira dann vor und der Schwarzhaarige stimmte zu. Dann konnten sie versuchen, die beiden an einem Ort zu wecken. Er hob den halben Doktor hoch, Akira packte seine Füße. Sie wirkte irgendwie angestrengt, versuchte es aber nicht zu zeigen. Es war schwerer, ihn hinüber zu schaffen, als sie gedacht hatten, denn die junge Frau hatte ihre Stärke offensichtlich überschätzt. Letztendlich schleppte Jakotsu seinen Kameraden fast allein. 'Frauen...', dachte er und seufzte übertrieben. 'Immer gehen sie einem auf den Geist...' Der Transvestit legte den halben Doktor neben ihren Anführer. Dann kniete er sich neben Suikotsu hin und versuchte ihn durch Schütteln zu wecken. Aber das funktionierte leider nicht, weshalb er Akira hilfesuchend ansah. Aber sie wirkte auch ratlos, als sie mit ihren Schultern zuckte. „Es muss doch einen Weg geben, sie zu wecken!“, erklärte die Kupferhaarige nachdenklich. Jakotsu nickte zustimmend, während er eine neue Idee ausbrütete. Er hob seinen Finger wieder und wirkte fast fröhlich. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, würde das funktionieren. „Vielleicht solltest du ihn küssen. Wie in der Geschichte, die Mutter uns mal erzählt hat.“, schlug Jakotsu vor, aber Akira blickte ihn nur an. Mit einem sehr kalten und bedrohlichen Blick. Der junge Mann verstand sie nicht. Warum war sie auf einmal so sauer? „Jetzt ist nicht die Zeit für Witze! Der Dämon könnte jederzeit angreifen, die Zwei sind noch immer bewusstlos und wir wissen nicht mal, wo sich der Rest deiner Freunde befindet, Nii-chan!“ Die Kupferhaarige blitzte ihn aufgebracht an. 'Sie wird wirklich sehr schnell sauer. Naja, sie hasst es wohl einfach, hilflos zu sein...', erinnerte sich Jakotsu und fühlte fast dasselbe. Hilflosigkeit. Er konnte ihnen nicht helfen... „Und du...“ Sie packte den Anführer – neben dem sie zufälligerweise gesessen hatte – am Kragen und hob ihn hoch. Dann schüttelte sie ihn beinahe gewaltsam, wie er es zuvor getan hatte. Aber auch Bankotsu reagierte nicht – in keinster Weise. „Reiß dich zusammen!“ „Acchan...“, begann Jakotsu, aber sie ließ Bankotsu nicht los. Akira schaute den Transvestiten nicht mal an und gab keinen Hinweis darauf, ob sie ihn gehört hatte. 'Ich wette, sie hätte das Gleiche bei mir getan...' Er schüttelte sich bei dieser Vorstellung. Aber er wusste, dass seine neue Idee eindeutig besser war, als die Bewusstlosen zu Tode zu schütteln. Vielleicht. Ja, vielleicht war es so einfach. „Akira.“ „Was!“ Ihre lodernden Augen konzentrierten sich nun auf ihn, zeigten, dass sie vor Zorn und Frustration glühten. 'Wie damals mit Vater...', dachte er für eine Sekunde. Dann lächelte er leicht, eher durchtrieben und grimmig. Akira hob überrascht ihre Augenbrauen und wartete darauf, dass er wieder das Wort ergriff. Noch immer hielt sie den Anführer in ihren schmalen Händen. „Was denkst du darüber, Feuer mit Feuer zu bekämpfen? ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ [Nicht weit entfernt, versteckt] Yume beobachtete die Vorgänge aus sicherer Distanz. So konnte dieser verfluchte Rotschopf nicht mehr verletzen. Ihn verfluchend, blickte er auf den Pfeil, der tief in seine linke Schulter eingedrungen war. Das war knapp gewesen. Zu knapp. Er hätte nicht geglaubt, dass der Kerl spirituelle Kräfte hatte, wenn er es nicht selbst gesehen hätte. Noch schlimmer: Sie waren ziemlich immens. Er konnte nicht einschätzen, was noch in dem jungen Mann verborgen war. 'Das Gute ist, dass der Rotschopf nur einen Teil seiner Energie benutzt hat. Sonst wäre ich bereits tot...' Der Dämon packte den ekligen Pfeil, zog ihn aus der Wunde und warf ihn mit Verachtung weg. 'Ich wette, mein Nebel hat bei ihm wegen seiner Kraft nicht gewirkt. Aber jeder kann getäuscht werden.' Er grinste breit, seine Wunde fing bereits langsam an zu heilen. Nun war er sogar motiviert, die Beiden persönlich umzubringen. 'Und nur wegen der Ablenkung sind die Zwei entkommen...' Er ließ ihnen den Moment des Sieges. Yume wusste ja, dass ihre spätere Verzweiflung deshalb noch schlimmer sein würden. Vielleicht würde es sogar interessanter werden als gedacht – immerhin waren Menschen normalerweise sehr schwach, wie Fliegen, und genauso leicht zu manipulieren... aber diese Gruppe war – für menschliche Verhältnisse – ziemlich stark. Der schwarzhaarige und irgendwie weibliche Mann hätte ihn mit seinem Schwert in Stücke hacken können. Oder der Jüngere neben ihm mit seiner ungewöhnlichen Waffe... Aber sie waren eben nur Menschen, sie unterlagen leicht seinem Bann. Und nun würden sie für immer schlafen, gefangen in seinen Illusionen. Die Energie, die er von ihnen erhielt, war mehr als die von gewöhnlichen Dorfbewohnern. Ihre Ängste schienen schlimmer zu sein. Und zur gleichen Zeit konnte er Rache für seinen Vater nehmen. „Dann lasst das Spiel beginnen, denke ich.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ [Akira] „Das kann ich nicht! Ich bin nicht SO gewalttätig, weißt du!“, erwiderte sie überrascht und entsetzt zugleich. Außerdem... Warum müsste sie es tun, nicht Jakotsu selbst? Es waren seine Freunde, nicht ihre. Jakotsu starrte sie nicht überzeugt an, während er leicht lächelte, als wisse er mehr als sie. Oder als hätte sie alles falsch verstanden... „Ich meinte nicht, dass wir sie schlagen sollen.“, antwortete er nachdrücklich. Sie seufzte erleichtert. Auch wenn sie manchmal ihre Fassung während des Streitens verlor, versuchte sie immer, nicht komplett auszurasten. Das war einmal passiert und sie hatte damals fast die ganze Hütte zerstört... Jakotsu sollte das eigentlich wissen! „Ich meinte, dass...“ „Gesh!“ Ein lautes Brummen ertönte hinter ihm. Beide hatten den großen, maschinenartigen Rotschopf nicht bemerkt, der auf einmal aufgetaucht war. Jakotsus Gesicht hellte sich auf, Akira verstand es vollkommen. Sie waren nicht die einzigen Wachen. Und der Maschinenmann war nicht alleine. Ginkotsu hatte zwei Männer, Mukotsu und Renkotsu, auf seiner Schulter getragen – es wirkte, als wäre er nicht im Geringsten beeinträchtigt – und zerrte den anderen Riesen mit grünem Haar hinter sich her. „Ginkotsu! Bin ich froh, dass du heile bist!“ „Ihihi, natürlich. Ich habe die anderen eingesammelt.“, sagte er mit einer mechanischen Stimme. Akira erstarrte. Das war das erste Mal, dass sie tatsächlich irgendwas verstand, was er sagte. Vielleicht sprach er ohne seinen Freund etwas deutlicher. Aber sie konnte immer noch nicht erklären, in welcher Stimmung der Riese war. „Sie sind unweckbar.“ „Ja, wir haben auch alles Mögliche mit den Beiden probiert...“, antwortete Akira noch immer frustriert und legte Bankotsu behutsam, fast sanft zurück auf den Boden. Sie war nicht wütend auf ihn, nur auf die Situation, in der sie sich befanden. Grundlos. Und er war ein ziemlich guter „Sandsack“ gewesen. Hoffentlich würde das der Zopfträger niemals herausfinden. Ginkotsu hingegen warf ihr einen undefinierbaren Blick zu, wandte sich dann aber wieder Jakotsu zu. Dann legte er seine zwei Kameraden auf den Boden. „Also... was jetzt?“ „Hab ich dir bereits gesagt!“, schmollte Jakotsu etwas kindlich und blickte enttäuscht in ihre Richtung. 'Ist er jetzt echt beleidigt oder ist das nur ein Spiel... wie früher?', fragte sich Akira, während sie ihre Augen verdrehte. Von einem Moment zum nächsten war er wieder ernst geworden. „Wir töten den Yokai.“ Ihr Freund lächelte bei diesem Gedanken strahlend. Die junge Frau war überrascht. Seit wann war ihr alter Freund und Bruder so ernsthaft, wenn es ums Kämpfen ging? Sie nahm ihren Bogen, der neben ihr auf dem Boden gelegen hatte, und stand auf. Der Transvestit wandte sich an Ginkotsu. „Könntest du hierbleiben und auf unsere Freunde aufpassen, bis wir zurück sind?“ Erstaunlicherweise nickte er Maschinenmann zustimmend. Akira hätte gedacht, dass er Jakotsu eher an die Befehle des Anführers erinnern würde. Dann drehte sich ihr Freund zu ihr. Für seine Verhältnisse sag er nun sehr ernst aus, hatte seine kindliche, verspielte Haltung abgelegt. „Du hast noch immer deine spirituellen Kräfte, oder?“, fragte er und schaute sie erwartungsvoll an. Sie verdrehte ihre Augen ein weiteres Mal. Dachte er wirklich, sie würde all ihre Kräfte verlieren, wenn sie einen Pfeil abschoss? Er schien ihr Verhalten als „ja“ zu sehen, was die Kupferhaarige erleichterte. Dann musste sie nicht diese dumme Frage beantworten. „Kannst du dann herausfinden, wo der Dämon momentan ist?“ „Sicher.“ Eine andere – aber nicht so dämliche – Frage. Akira konzentrierte sich auf die ominöse, dämonische Aura, die immer noch überall leicht spürbar war. Das wies auf einen recht starken Yokai hin. Das Wenige der Energie kam offensichtlich von den Körpern von Jakotsus Freunden. Der Ursprung aber lag woanders. Im alten Schloss. 'Wie überraschend.', dachte sie sarkastisch. Dann schaute sie sicher auf den mechanischen Riesen, dann auf ihren anderen, wachen Begleiter. „Das Schloss. Er ist im Schloss.“ „Dann lass uns gehen.“, meinte der Transvestit nur und ging so schnell wie möglich auf das alte Gebäude zu. Sie folgte ihm auf dem Fuß, dachte nicht viel über etwas Bestimmtes nach. Momentan dachte sie nicht einmal an das Ziel ihrer Reise. Dies war spannender. So wie sie sich ihr Leben vorgestellt hatte, als sie von ihrem Vater das Kämpfen beigebracht bekommen hatte, ihr Katana-Training bei dem alten Schwertschmied, der sie die letzten Jahre aufgezogen hatte oder als sie zur Miko ausgebildet wurde. Akira hatte nie wirklich darüber nachgedacht, zu heiraten, eine Familie zu gründen. Diesen Teil des erwarteten Lebens einer Frau ihrer Zeit fürchtete sie sehr. Sie runzelte ihre Stirn, schüttelte dann die Gedanken und Erinnerungen ab. Warum kamen diese immer zu den schlechtesten Zeiten zum Vorschein? Die junge Frau schaute ihre schwarzhaarige Begleitung an. Etwas stimmte nicht, das spürte sie. Sofort waren ihre vorherigen Überlegungen vergessen. Es war, als würde Jakotsu ihr etwas verschweigen. Aber was und warum? Sie hatten sich zwar seit Jahren nicht mehr gesehen, aber irgendwie schien es immer noch eine Verbindung, ein Verstehen zwischen ihnen zu geben. „Was ist los?“ Ihr Freund schaute sie überrascht an. So, als wisse er nicht, was Akira meinte. Vielleicht wusste er es wirklich nicht. Aber irgendwas war mit ihm. „Komm schon, Ja-chan. Ich kenne dich, seit wir klein waren und ich wusste immer, wenn du etwas verschweigen wolltest.“ „Das war keine Absicht.“, antwortete der Transvestit ausweichend und schaute etwas verlegen auf den Boden. So war er nie, außer wenn es um jemand Bestimmten ging. „Ich habe nur an Vater gedacht.“ „Huh, warum jetzt?“ Ihre Ahnung war also korrekt gewesen. Vielleicht waren seine Gedanken genauso abgedriftet wie die ihren. Die Zwei liefen zwar erst seit einigen Minuten, aber... sie hatten Zeit nachzudenken. Die Kupferhaarige schaute argwöhnisch in Richtung des Schlosses, welches sie in Kürze erreichen würden. Sie wandte sich wieder Jakotsu zu. 'Vater? Warum denkt er an ihn? Er ist nun schon seit einer Weile tot...' Ihre Gedanken wurden unterbrochen. „Der Yokai sagte mir, er hätte Vater aus Rache getötet.“, sagte Jakotsu etwas sauer und trotzig und schaute ihr direkt in die Augen. Viele Emotionen fluteten auf einmal ihren Geist. Wut, Trauer, Überraschung, der Wunsch nach Vergeltung. In seinen Augen sah Akira ähnliche Gefühle. Zumindest einige davon. „Das habe ich nicht aus meinem Kopf bekommen.“ „Warum hast du mir das nicht früher gesagt?! Du weißt, dass ich Rache an dem schwören musste, der Vater getötet hat. Wegen dem Ehrenkodex, den Vater uns beigebracht hat!“, erwiderte die junge Frau direkt und lauter als zuvor. Das war ihre Pflicht. Ihren Vater zu rächen. Wenn das erledigt war, war sie frei. Dann konnte sie tun, was auch immer sie wollte. 'Naja... nur dass Vater DAS nicht für mich gewollt hat...', grollte die Kupferhaarige. „Hab's einfach vergessen.“ Er kratze sich unschuldig am Kopf, lachte leicht verlegen. „Entschuldige, Nee-chan.“ „Brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ Akira schloss ihre Augen und seufzte. So war es sogar einfacher. Sie und Jakotsu würden Rache nehmen und es würde sie beide – nun, zumindest Akira – von ihrem Vater entbinden. Jakotsu lächelte, vielleicht weil er wusste, was als Nächstes kommen würde. „Ich hätte ihn so oder so getötet.“ „Gut. Denn da ist schon das Schloss...“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ {Innerhalb des Schlosses} “So ist es also, kleiner Priester, Freak.“ Yume lachte, als die Geschwister sein Schloss betraten. Der Rotschopf packte den Schwarzhaarigen am Handgelenk und zog ihn direkt in seine Richtung. Offensichtlich konnte der junge Krieger auch seine dämonische Präsenz spüren. 'Wenn sie dumm genug sind, um herzukommen, dann machen sie ihrem Vater und ihrer Familie nicht wirklich Ehre. So dumm zu tun.' Der Dämon erschuf einige Abbilder seiner selbst, die überall im Raum verteilt herumstanden. Ihm fiel ein, dass dies einst eine große Halle für festliche Anlässe gewesen war, wenn seine Familie und deren Freunde nach Unterhaltung verlangt hatten. Aber das war längst Vergangenheit. Er ballte seine Hand zur Faust und stellte zu seiner Freude fest, dass die Illusionen seine Bewegung nachahmten. 'Gut. Man kann nicht vorsichtig genug sein, aber...' Der Yokai erweiterte seine dämonische Präsenz etwas, um sie genau zu diesem Raum zu locken. 'Sie werden wissen, dass es eine Falle ist und trotzdem kommen. Wie töricht.' Er grinste bei dem Gedanken an das bevorstehende Gemetzel. [Jakotsu] “Nicht so stürmisch!”, beschwerte er sich lautstark, da Akira sein Handgelenk ziemlich stark festhielt und ihn sehr schnell und etwas grob in Richtung einer bestimmten Tür zerrte. Sie schien sich ihrer Sache allerdings ziemlich sicher zu sein. „Tschuldigung! Aber da ist er schon...“ Jakotsu stoppte plötzlich. 'Das ist doch auf jeden Fall eine Falle! Sonst wäre es viel zu einfach...', dachte er abschätzend, als ihm etwas anderes einfiel. „Hey, weißt du...“ Der Transvestit wollte sie eigentlich gerade fragen, ob sie wusste, warum der Dämon so sehr nach Rache verlangte. Aber dann hielt er lieber nach einigen Worten inne, weil die junge Frau viel zu klein gewesen war, als das alles passiert was und es daher nicht wissen konnte. Er schüttelte leicht seinen Kopf und ließ sich schließlich zu der Schiebetür ziehen. „Ja?“ Akira schaute ihn für ungefähr eine Sekunde mit ihren blauen Augen an, bevor sie die Tür in Augenschein nahm und sie dann öffnete. Ihre Gedanken schienen schon innerhalb des nächsten Raums zu liegen, sie bereitete sich innerlich schon auf das Kommende vor. Der junge Mann folgte ihr durch die Tür, hatte längst in den Kampfmodus umgeschaltet. „Ist egal.“, erwiderte der Transvestit. Letztendlich war es auch nicht so wichtig, die Beweggründe des Yokai zu verstehen. Als sie endlich in der Halle standen, verschwand auf einmal die Tür hinter ihnen und an ihre Stelle trat eine Wand, die nicht von den anderen Wänden zu unterscheiden war. Das war klug von dem lilahaarigen Yokai gewesen. 'Wenn wir uns bewegen, kommen wir hier nicht mehr raus!', bemerkte Jakotsu grimmig und blickte sich wachsam um. Er mochte nicht, was er zu sehen bekam: Überall stand der Dämon, zumindest Kopien von ihm. Normalerweise wäre er von so vielen gutaussehenden Yokai begeistert gewesen. Aber erstens sahen sie alle gleich aus und zweitens waren sie nur Illusionen, die sie nicht verletzen konnten. Daher waren sie nutzlos und nicht amüsant für den Transvestiten. Auch wenn er nicht den Ursprung der dämonischen Energie spüren konnte, nahm er doch die dämonische Präsenz stark wahr. Und er war erfahren genug, um einzuschätzen, wo sich der Dämon wahrscheinlich aufhielt. Ein weiterer Vorteil. Der Schwarzhaarige ließ seine Augen über eine seltsame Form in der Mitte des Raums wandern. Sie war groß, erdbraun und geschuppt. Es wirkte wie ausgetrocknete Zweige oder eine Blüte mit ehemals fleischigen Blütenblättern. Aber Jakotsu konnte sie nicht länger betrachten, denn endlich begann der Dämon zu sprechen. „Da seid ihr ja endlich.“ Seine Stimme klang so, als käme sie von allen Seiten gleichzeitig. Als wäre jeder Klon von ihm echt. Der Transvestit zog sein Schwert, während er versuchte einzuschätzen, welcher der echte Yokai war. Plötzlich stieß eins der „Blütenblätter“ – die nun eher wie ein Tentakel wirkten – die Beiden sachte weg von dem Eingang, um ihnen die Möglichkeit der Flucht zu nehmen. Der Dämon lachte, als wäre es das Lustigste auf der Welt, zuzusehen. „Sollen wir anfangen?“ 'Toll...' Der Schwarzhaarige biss die Zähne zusammen, als er auf dem Boden aufschlug. Aber es tat nicht so sehr weh, wie er es erwartet hatte, sodass er schnellstens wieder aufsprang. Anschließend musste er allerdings den Erde von seinem geliebten Kimono abklopfen, was teilweise aber kaum möglich war. Der Dreck war zu hartnäckig. Vielleicht war der Raum deshalb so braun. 'Er wagt es, meine Kleidung zu beschmutzen... Das wird er bereuen!', grollte Jakotsu und griff nach Jakotsuto, das noch auf dem Boden gelegen hatte. Dann hörte er ein „Ouch!“, als die Kupferhaarige neben ihm landete. Er warf ihr einen kurzen Blick zu, der genügte, um zu bemerken, dass sie in Ordnung war, die meisten ihrer Pfeile aber unbrauchbar sein würden. Und sie war auch auf ihrem Bogen gelandet. Der war vermutlich auch geborsten und ließ sie nur mit ihrem Katana zurück. 'Vielleicht kann ich ihn hervorlocken...' „Ich weiß bereits, dass du mein Heimatdorf zerstört hast. Aber... was hat unser Vater getan, dass dich so rachsüchtig gemacht hat, Süßer?“ Für diesen Kommentar knallte einer der Tentakel direkt vor ihm auf den Boden. Jakotsu konnte nur knapp ausweichen. Aber er wettete, dass Akira ebenfalls weggerollt war. „Du weißt wirklich nicht, was dein Vater damals getan hat, oder?“ Das Lachen, das von überall erklang, wirkte bitter. Aber der Transvestit konnte nun eingrenzen, wo sich der Yokai befand. Leicht hob er seine Klinge an. Der Dämon sprach jedoch weiter. „Er hat meinen Vater blutrünstig abgeschlachtet, gerade als er am schwächsten war. Danach hat er Hunderte von Dämonen in der Gegend grausam umgebracht, als wäre er in einem Blutrausch gewesen und er war nicht mal ein Yokai. Und die meisten von ihnen hatten nichts mit meinem Vater zu tun! Daher wird eure unehrenhafte Familie nun ausgelöscht. Und ich bin nicht der Einzige, der so denkt!“ „Und du solltest auch etwas erkennen: Wir haben nichts mit den... Verbrechen unseres Vaters zu tun! Wir waren damals noch Kinder!“, schrie Akira. Sie versuchte offensichtlich, zu den Dämon durchzudringen, aber Jakotsu wusste, dass es ein hoffnungsloses Unterfangen war. Der Yokai würde nicht zuhören, auch wenn sie die Wahrheit sagten oder sie total unschuldig waren. Als der Transvestit realisierte, was er da gedacht hatte, kicherte er überraschenderweise etwas. „Vielleicht. Aber eure Familie wird nichts Gutes hervorbringen. Nur Blut wird durch eure Hände fließen. Das ist noch ein Grund, warum ich, Yume, der Herr der Illusionen, euch nun töten werde. Um das Gute in der Welt zu bewahren!“ Ein geschuppter Tentakel bewegte sich gefährlich schnell auf Akira zu. Sie versuchte sich zu ducken, aber der Tentakel war zu schnell. Der Transvestit konnte das nicht zulassen, er schwang sein Schwert in die Richtung des braunen Dings. [Akira] Sie wurde von einem großen, braunen Tentakel weggeschleudert und schlug hart auf dem Boden auf. Die Luft wurde schlagartig aus ihren Lungen gepresst, Wellen des Schmerzes fluteten ihren Geist. Die junge Frau konnte nicht mehr klar denken. Vor Schmerzen stöhnte sie leicht auf. „Weißt du... Ich dachte, wir könnten etwas Spaß zusammen haben. Aber unglücklicherweise hast du meine Schwester verletzt. Ich hoffe um deinetwillen, dass sie nicht zu sehr verletzt ist.“ Der Schmerz klang nach einigen Momenten ab, sodass sie nun verstehen konnten, was die Beiden sagten. „Wirklich? Das ist eine Frau?“ Er ging nicht weiter auf Jakotsus Aussage ein, sondern lachte nur verächtlich. Dann schaute er für eine Sekunde in ihre Richtung. Yume spielte doch nur mit ihnen, piesackte sie mit seinen Worten, um ihren Schmerz – oder ihre Wut, da war Akira sich nicht sicher – noch schlimmer zu machen. Sie versuchte aufzustehen, fiel aber sofort wieder hin. Ihr unterer Brustkorb schmerzte stark, pochte bereits. Die Kupferhaarige verzog ihr Gesicht und stützte sich an der hölzernen Wand ab. Ihr schwarzhaariger Begleiter war nicht zu erkennen, da die enorme Gestalt des bösen Dämon ihn verdeckte. Aber die junge Frau musste irgendetwas tun, auch wenn sie sich kaum bewegen konnte. Sie konnte Jakotsu doch nicht alleine kämpfen lassen! „Eure Familie ist seltsamer, als ich dachte. Ernsthaft, der Sohn kleidet sich als Frau, die Tochter als Mann. Was würde euer stolzer Vater sagen? Ich wette, er wäre beschämt.“ „Ist mir egal, was mein Vater gesagt oder gedacht hätte. Für das, was er getan hat, wird er in der Hölle oder wo auch immer er ist bestraft.“ Akira vermutete, dass der Dämon nun gerade ein selbstgefälliges Lächeln auf Jakotsus Gesicht sehen konnte. Weiterhin bemerkte sie mit Genugtuung, wie der Yokai seine Hand ungeduldig bewegte. Wahrscheinlich, um einen weiteren, hässlich geschuppten Tentakel kreierte. Sie tastete langsam nach Surudoi, das noch in ihrem Gürtel steckte. 'Jakotsu kann jederzeit angreifen... Ist es das... was der Yokai will...?' Akira stand schwankend auf. Sie war überrascht, dass sie überhaupt aufstehen konnte. Sie zählte auf die Tatsache, dass der Dämon sie für zu schwach hielt, um eine Gefahr für ihn darzustellen. Sie schleppte sich langsam zu ihrem Feind, ihre linke Hand auf ihre wunde, pochende Stelle gepresst. „Im Gegensatz zu dir. Dich werde ich mit Freude in Stücke schneiden.“ „Wie solltest du mich irgendwie verletzen können? Du als einfacher Mensch?“ Er schien sie hinter ihm nicht bemerkt zu haben – vielleicht war der lilahaarige Dämon zu beschäftigt damit, den Transvestiten zu verärgern, oder er ignorierte sie einfach, weil sie „bloß“ ein Mensch war. In jedem Fall zog Akira Surudoi und durchstieß den Magen des Yokai mit letzter Kraft von hinten. Mit Genugtuung beobachtete sie, wie dunkles Blut aus der Wunde austrat und es über die Klinge rann. Dann begann sie zu schwanken und fiel schließlich um, direkt zu den Füßen des Yokai. 'Vaters Schwert ist... Es scheint, dass...' Sie lächelte leicht, war kaum bei Bewusstsein. '...ich auch stark von seinem Bann beeinflusst werde... Ich kann... mich nicht mehr... bewegen...' Yume drehte sich um und schaute zuerst auf sie, dann auf die Klinge, die sogar vorne aus ihm ragte. Dabei ignorierte er törichterweise Jakotsu. „Hast du wirklich gedacht...“ Der Yokai schaute vielsagend auf ihr Schwert, warf anschließend ihr einen überlegenen Blick zu. Er machte sich eindeutig über ihr letztes Bemühen lustig. „...dass mich das verletzen würde? Ein simples Katana? Du hättest deine Priesterkräfte benutzen sollen.“ Die Kupferhaarige wusste zwar nicht, was Jakotsu vorhatte, aber nun konzentrierte sie ihre Augen wieder auf die Klinge. Irgendetwas schien zu passieren. Die Augen ihres Feindes weiteten sich, als er seinen Blick wieder auf das Katana richtete. Offensichtlich schien er sich nicht wohlzufühlen, aber was geschah konnte sie ihn ihrem Zustand nicht einschätzen. „Was zur Hölle...?!“ Ihre Augen wurden schmaler. 'Das... das ist... unmöglich...', dachte die junge Frau ungläubig. Surudoi schien ihm Blut abzusaugen, es zu absorbieren. Und zwar schnell. Er wurde krankhaft blass. Das alles geschah innerhalb von Sekunden, daher war Akira sehr geschockt, als der Dämon überall am Körper zerschnitten wurde. Er sagte gar nichts mehr, sein Körper fiel leblos auf den Boden mit dem Bauch voran. Die Illusionen der anderen, gleich aussehenden Yokai und der Tentakel verschwanden fast sofort und ließen sie mit der Leiche in dem großen alten Raum alleine. Sogar die Tür wurde wieder sichtbar. Akira setzte sich so schnell auf wie sie konnte. Dann schaute sie dankbar zu ihrem Freund, dessen Klingen noch immer um den Körper des Dämons lagen. Mit nur einem Schwung von Jakotsuto war nur noch eine Klinge sichtbar, die sein Träger wieder in die Scheide steckte. Er lief auf schnell auf sie zu. „Wie schlimm ist es?“, fragte Jakotsu besorgt und warf nicht einen Blick auf den Kadaver neben ihnen. Die Kupferhaarige schüttelte leicht ihren Kopf. Ihr ging es nun viel besser. Der Yokai war überraschenderweise tot und ihre Begleitern sollten nun wieder aufwachen können. Außerdem war der meiste Schmerz auch nur Einbildung gewesen. Der Transvestit stand noch immer über ihr. „Mir geht’s gut. Es ist nur eine Prellung.“, antwortete sie ehrlich. Ihr Brustkorb tat zwar noch immer weh, aber nicht mehr so schlimm wie zuvor. 'Ich wette, den Schmerz hatte ich auch dem Toten zu verdanken...', dachte Akira und ließ sich von Jakotsu aufhelfen, der sie prüfend ansah. „Ich bin wirklich okay!“ „Wenn du das sagst...“ Seine Augen folgten ihr, als sie zu dem toten Dämon stapfte, der noch immer von Surudoi durchbohrt wurde. Aber der Körper sah nun anders aus, als noch vor ein paar Momenten: er sah aus wie eine Mumie. Sie verzog das Gesicht wegen dem unschönen Anblick, bevor sie ihre Hand nach dem Katana ausstreckte. Aber in der Sekunde, in der sie es mit ihren Fingerspitzen berührte, stieß es schwarze oder dunkelviolette Blitze aus, es brutzelte leise. Die junge Frau zuckte sofort zurück. Nicht nur ihre Finger, sondern ihre ganze rechte Hand war verbrannt, überzogen mit schwarzen Linien, die wie Blitze aussahen und eindeutig von dämonischer Energie herrührten. Und sie brannten höllisch. 'Als würde Surudoi mich abwehren... Als hätte es einen eigenen Willen!' Sie blickte das Schwert ungläubig an. Ein Gegenstand konnte nicht lebendig sein. Dann hörte die Kupferhaarige Schritte hinter sich und wusste, dass es nur Jakotsu sein konnte. Wer sonst? „Weißt du, was das heißt?“ Er klang zufrieden, fast schon fröhlich. Aber im Augenblick war eine andere Sache wichtiger. Die junge Frau konzentrierte sich stark, sodass sie ihre spirituelle Kraft in ihre rechte Hand fließen lassen konnte. Vielleicht würde das helfen, das Schwert zu bändigen, denn sie ahnte, dass das Katana dämonische Energie absorbiert hatte. Dann versuchte Akira es erneut zu greifen und diesmal klappte es. „Ja...“, antwortete sie, siegreich lächelnd. Wie beiläufig steckte sie Surudoi weg, während sie Energie in die Schwertscheide leitete, sie davon umgab. Auch wenn es nicht gereinigt werden würde, die Energie würde ihr Schwert kontrollieren, bis sie mehr darüber wusste. Und vielleicht erledigte sich das Problem von selbst innerhalb von Minuten oder Stunden. Akira drehte sich zu dem Transvestiten, schaute aber für einen kurzen Moment auf ihren zerbrochenen Bogen, mit dem sie seit Langem gekämpft hatte. Nun verspürte sie eine gewisse Art von Traurigkeit. „Ich brauche einen neuen Bogen.“ „Nein, Dummerchen.“ Jakotsu verdrehte seine Augen bei ihrem lausigen Witz, schaute dann aber zur Tür. Die Kupferhaarige verstand sofort. Er wollte zu seinen Freunden zurückkehren, um zu wissen, ob es ihnen gut ging. Auch wenn er es äußerlich nicht zeigte. Akira lächelte etwas, steuerte auf den Ausgang zu und ließ den Toten hinter sich. Der Schwarzhaarige überholte sie sogar. „Vater ist gerächt und den anderen geht es wieder gut!“ „Das sollten sie... Aber irgendwie bezweifle ich...“ Der Transvestit schaute sie alarmiert und besorgt zugleich an. Anscheinend hatte sie sich nicht klar genug ausgedrückt. „Yume erwähnte, ein anderer Dämon hat ihm verraten, wo unser Heimatdorf lag... wo Vater lebte.“ „Oh! Ach so...“ Jakotsu seufzte erneut, diesmal erleichtert. Dann lächelte er beruhigend. Akira spürte den Schmerz in ihrer Brust wieder, aber noch immer nicht allzu schlimm. Sie lächelte gezwungen, um ihr Unwohlsein zu verbergen. „Du bist noch nicht entbunden, was?“ [Ginkotsu] Der große Rotschopf schaute erneut über seine kleinen Freunde. Jakotsu und der seltsame Kerl waren nun schon seit über einer Stunde weg und er selbst wurde langsam unruhig. Er mochte Stille nicht. Normalerweise waren seine Kameraden laut, es war immer viele Geräusche um ihn herum. Daher wirkte die Stille, die über ihnen lag, schon fast gespenstisch. Auf einmal sah er aus den Augenwinkeln eine kleine Bewegung, dann eine andere. Schnell drehte er seinen Kopf, nur um Renkotsu zu sehen, der gerade seine Augen öffnete und sein Gesicht vor Schmerzen verzog. Der Nächste, der sich bewegte, war ihr Anführer. Bankotsu legte seine Hand auf sein Gesicht und stöhnte. Wie er es immer tat, wenn er zu viel getrunken hatte. „Warum fühlt sich mein Kopf so an, als könne er jeden Augenblick explodieren?“, fluchte er und versuchte sich aufzusetzen. Aber offensichtlich ging es ihm dazu noch zu schlecht, sodass er den Versuch aufgab. „Wer auch immer das getan hat...“, wisperte Renkotsu so wütend, wie er gerade konnte. Er war noch immer angeschlagen. Ginkotsu stapfte zu den Zweien, die bereits wach waren. Er lächelte, auch wenn niemand erkennen konnte, dass es aus Erleichterung geschah. „...ist ein toter Mann, wenn ich ihn in die Finger kriege...“ „Das ist nicht nötig. Die Zwei haben's geschafft.“, erklärte Ginkotsu so leise er konnte mit seiner mechanischen Stimme, aber die Beiden verzogen abermals ihr Gesicht. Die anderen Söldner begannen sich nun auch zu regen. Er fuhr fort, im Bewusstsein, noch immer zu laut zu sein. „Wenn der Verantwortliche nicht tot wäre, würdet ihr gar nicht wach sein.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ [Bankotsu] „Also... dein Vater war ein Samurai?“, fragte Bankotsu seinen besten Freund interessiert in dem Versuch, sich von seinen noch immer vorhandenen Kopfschmerzen abzulenken. Der Schmerz hatte zwar mit jeder Stunde, die vergangen war, nachgelassen, aber er war immer noch spürbar. Daher war ihm jede Ablenkung recht. Außerdem war ihm bewusst geworden, dass er fast nichts über Jakotsu's Vergangenheit wusste. Nach den Ereignissen mit diesem Illusionsdämonen hatte er nur Teile von seiner und Akiras Vergangenheit erfahren. „Ich weiß nicht...“ Der Transvestit zuckte mit den Schultern und legte nachdenklich zwei Finger an sein Kinn. Er schien ernsthaft darüber nachzudenken. War es möglich, dass er sich nicht erinnerte? Der junge Anführer konzentrierte sich nun auf den Kupferhaarigen, der vor ihm herlief – und der versucht hatte, ihren Schmerz mit Hilfe seiner spirituellen Kräfte zu helfen. Aber Suikotsu hatte eingewandt, dass die reine Energie ihnen nur mehr Schmerzen bereiten würde – aufgrund ihrer unreinen Gedanken. Daher hatte der junge Anführer es nicht so weit kommen lassen. Aber warum hatte sein bester Freund nie seine Familie erwähnt? Dann fuhr dieser lächelnd fort. „Er hat sich selbst nie Samurai genannt, auch wenn er sehr bewandert bei Waffen war.“ „Er hat sich nie so genannt, weil er keiner war.“, erklärte Akira ruhig, ohne seinen Kopf zu ihnen zu drehen. Im Augenblick wirkte der Kupferhaarige so stoisch, als würde er niemanden mehr an sich heranlassen. Wieder seine kühle Seite. „Huh? War er nicht?“ Jakotsu wirkte wirklich überrascht. Bankotsu amüsierte sich gut über dieses Gespräch. Manchmal war der Transvestit ziemlich vergesslich, dann war sein Verstand wieder messerscharf. Unglaublich. „Aber der Dämon...“ „Der Dummkopf wusste nicht einmal den richtigen Begriff für Vater.“, schnaubte der Kupferhaarige, er lachte fast. Offensichtlich hatte er keine hohe Meinung von ihm. Dann redete er weiter. „Er war ein Ronin.“ Jakotsus Augen weiteten sich, während er leise „Aha.“ oder etwas Ähnliches murmelte. Der junge Anführer war sich da nicht so sicher. „Ein herrenloser Samurai... Das macht dich auch zu einem.“ Bankotsu grinste den jungen Klienten an. Schließlich blickte der Junge ihn aus den Augenwinkeln an. Er wirkte diesmal nicht wütend oder beleidigt. 'Wie schade!', dachte er irgendwie enttäuscht. „Na und?“ „Wir haben mehr gemeinsam, als ich gedacht hätte.“ Er klopfte ihm auf die Schulter. Jetzt begannen seine Augen leicht verärgert zu funkeln. Bankotsus Grinsen wurde breiter, als der Kupferhaarige fauchte: „Hör auf damit!“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ *Senjou no heishi-tachi: Remember the soldiers on the battlefields Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)