Engelskind von Laxiel_Oni ================================================================================ Kapitel 1: Engelskind --------------------- Engelskind Düster starrte der Engel auf das Wasser. Sein starrer Blick war auf eine Schwertlilie gerichtet, die auf am Klippenrand des Meeres lag das sie so sehr geliebt hatte. Von der Klippe aus konnte man die Stadt der Meereselfen sehen, Ahlynesti. Sie hatte ihnen eine kurze aber sehr intensive Zeit lang als Versteck gedient. Hier konnten sie als normales Paar leben, was ihnen sonst nirgends vergönnt war. Doch die Wirklichkeit holte sie alsbald auf grausame Art und Weise wieder ein. Ihre Umgebung missbilligte diese Verbindung, denn die Menschen fürchteten sie schon einzeln: Er, ein einsamer Himmelssohn, dessen Aufgabe nach Gottes Schweigen, nicht mehr so klar erschien. Sie, die Dienerin der Finsternis, geboren um über die Dunkelheit zu herrschen. Seit Anbeginn der Zeit, fristete er schon sein einsames Dasein als Todesengel der die verlorenen Seelen ins Jenseits geleitete um über diese zu richten. Die Dämonin hingegen besaß die Seele eines Kindes und den Geist der Ewigkeit. Sie fanden einst im Krieg, den Himmel, Unterwelt und Erde ausfochten, zueinander. Seitdem waren sie einander versprochen. Eines abends fragte er die Dämonin warum sie gerade ihn erwählt hatte, wo es doch Andere, Jüngere von ihrer eignen Art gäbe. Daraufhin erwiderte sie sanft lächelnd, "Alt, jung, tot. Mein Licht, Engel haben kein Alter ebenso wenig wie Dämonen. Lass die menschlichen Maßstäbe beiseite..." 'Mein Licht', nannte nur sie den Engel. Er wußte um ihre lange Existenz und dennoch erschreckte ihn die Weisheit der Worte, die die kindlich erscheinenden Lippen in die Freiheit entließen. Fasziniert und gleichermaßen erstaunt war der Himmelssohn von der Tatsache, das diese zierliche Gestalt in der Lage war ihm Geborgenheit und Seelenschutz zu spenden... ...die Dienerin der Finsternis war ihm ähnlich, aber irgendwie auch wieder nicht. Auch sie tötete, hatte ihr Netz um die Todgeweihten gesponnen. Für den Wächter des Jenseits jedoch, hatte sie die steinerne Maske aus Grausamkeit fallen lassen, war verletzlich geworden um ihn zu lieben... Eines Tages folgte die Geliebte des Todesengels ihn auf dessen Streifzug durch die Welt. So verließ den Ort ihrer Herkunft, verließ ihre menschliche zu Familie die die Dämonin nie gefürchtet hatten. Ein kinderloses Bauernpaar, bei denen bereits Vater und Mutter der Dämonin liebevolle Aufnahme gefunden hatten. Ungern ließen sie die Wächterin der Finsternis ihrem Schicksal entgegentreten, denn die Liebe zu einem Himmelssohn brachte stets Unglück mit sich und selten ein gutes Ende. Trotz sie ihrer beider Vergangenheit weiterhin in ihre Rollen als Richter der Menschheit presste, fanden sie eine kurze aber intensive Zeit des Glückes und des Friedens. Eines trügerischen Friedens. ...noch immer stand der Engel regungslos am Rande der schroffen Klippe und starrte ins dunkle, tosende Meer.... Die Erinnerung bahnte sich ihren Weg durch seinen Kopf in sein Herz, er konnte ihr Lachen hören und hielt sich mit aller Gewalt die Ohren zu. Vergeblich. "WARUM?!! Warum heiltest du meine Wunden? Um sie wieder aufzureißen?! WAARUUUUUM?!! WARUUUUUUUUUUUUUUM?!", das Leid zwang ihn in die Knie. Er schrie all seine Trauer, Wut und Verzweiflung heraus, schrie und weinte bis zur Besinnungslosigkeit. Seine Hände krallten sich in die Erde, während er schluchzend niederkauerte. An die Stelle des stolzen Himmelssohns war ein Mann getreten der um den Verlust seiner Liebe trauerte. Ein Mann der um seine Liebste weint. Beim letzten Aufschrei seiner Verzweiflung richteten sich die Schwingen von glänzendem Schwarz unwillkürlich gen Himmel, der sich verfinstert hatte, auf. Ein heftiger Windstoß riss ein paar Federn mit sich die seinen rotgeweinten Augen begegneten, sie riefen noch mehr schmerzliche Erinnerungen wach. Einst betteten sie schwarze Federn in den Schlaf... Sanftes Mondlicht fiel auf lackschwarze Flügel, was ihnen ein überirdisches Leuchten verlieh. Ihre Hände glitten seinen Nacken vorsichtig entlang, ließen den Angelus Mortis erschauern; er war Gefangener ihrer Zärtlichkeit. Als der Vollmond silbern das Dunkel erhellte, dunkle Schwingen umfingen ihren zierlichen Körper, blutrote Augen blickten ihm entgegen. Diese Nacht rief ein Engelskind ins Leben... Bittere Tränen tränkten die Welt in Traurigkeit. Wann hatte er zuletzt geweint? Es war damals gewesen als der Himmelssohn von seiner Liebe erfuhr, das sie sein Kind trüge. Es waren keine Tränen der Freude, es waren Tränen der Angst und des Schreckens. Er wollte das Kind nicht! Nein. Er wollte DIESES Kind nicht! Engelskinder nahmen den Müttern die Lebenskraft oder den Verstand, in manchen Fällen gar beides. Der Gedanke an ihren Verlust trieb ihn in die Arme des Wahnsinns. Die Dämonin nahm seine Erschütterung wahr, strich ihm eine silberne Strähne aus der Stirn und lächelte ihn traurig an. "Das Kind wird deine Kräfte haben, nicht wahr?" "Ja, die selben zerstörerischen Fähigkeiten die seinem Vater auch zu eigen sind!", schrie er ihr entgegen. Er kauerte vor ihr auf dem Boden. Die Dämonin ließ sich neben ihm nieder und streichelte sein schönes festes Haar welches ihm, einem Wasserfall gleich, über den Rücken fiel. Weinend lag der Todesengel in den Armen seiner Liebsten und vergrub das Gesicht in ihrer Schulter. Die Dienerin der Finsternis rückte leicht von ihm ab und hob sein errötetes Gesicht an, "Gib dem Kinde die Chance zu leben mein Licht, du bekamst sie auch." Zärtlich küsste sie ihm die Tränen weg. Die Ahlynester sahen in der Dämonin eine Freundin, die ihnen im Kampf gegen die Dunkelelfen zur Seite gestanden hatte. Seit jener Zeit besuchte sie Ahlynesti häufig und kam eines Tages mit dem Todesengel an ihrer Seite, seitdem lebten sie beide hier. Die Dämonin spielte mit den Elfenkindern, lehrte sie das Bogenschießen, berichtete von ihren unzähligen Reisen oder sang ihnen Lieder in mythischer Sprache vor. Stets huschte ein süßes Lächeln über das anmutige Antlitz der Dämonin, wenn sie der Blick des Engels streifte. Hier in Ahlynesti war er nicht der Todesengel, nur ihr Versprochener. Bald konnte man erkennen das die Dämonin ein Kind trug, das Kind des Engels. Oft stand sie an der Klippe vor Ahlynesti, der Stadt der Meereselfen, und betrachtete das tosende Meer . Der Anblick der See ließ sie leicht werden und den Sorgen fern, denen sie begegnete. Das Engelskind reagierte bereits auf die Außenwelt, besonders auf die Gegenwart seines Vaters, sie spürte jede seiner kleinen Bewegungen. Sie wurde aus ihrer Gedankenwelt gerissen. Der Engel war nahe an sie herangetreten, hüllte beide in seinen weißen Mantel und umschlang die zitternde Gestalt. Seit sie das Kind trug konnte ihr Körper kaum noch ihre Körpertemperatur aufrecht erhalten, weshalb sie ständig fror. Die Schwangerschaft schwächte die Dienerin der Finsternis zusehends. "Du solltest nicht hier draußen stehen, es wird Sturm geben..." Der sanfte Klang seiner Stimme holte die Liebste zurück in die Gegenwart. "Ja, heute Nacht wird es stürmen...", sagte sie leise. Nach einem letzten Blick auf ihr geliebtes Meer, ließ sich die Dämonin zaghaft zurückführen. Der Engel ergriff ihre Hand und drückte sie zitternd, sie erwiderte den Druck. Sie beide wussten das dies der letzte gemeinsame Weg sein würde, den sie gemeinsam gingen. Es gab eine Sturmwarnung für die Küste vor Ahlynesti. In jener stürmischen Nacht schenkte die junge Dämonin einem Mädchen das Leben, welches ihres gewesen war... Den Kopf des Kindes zierten silberne Locken durch diese ihm ein blutrotes Augenpaar entgegenblickte. Den Anblick des Kindes ,welches das Leben seiner Liebsten gekostet hatte, konnte er nicht ertragen. Jetzt stand der Angelus Mortis an der Steilklippe vor Ahlynesti und starrte mit leerem Blick hinaus auf ihr geliebtes Meer. Ein Luftzug spielte wild mit den Blättern der Lilie. In seinen Armen hielt er ein winziges Bündel um das er seinen Mantel gehüllt hatte. Mit einer knappen Handbewegung rief einen Diener, einen Engel niederen Ranges, herbei um ihn das Bündel zu übergeben dessen er ein Amulette beilegte, das mit Zeichen einer unbekannten Sprache verziert war. Er beugte sich über das Bündel, "Verzeih mir, doch ich werde dir nie ein Vater sein können. Vergib mir." Bald würde er wieder umherziehen müssen, die Ewige Reise war das Los aller Todesengel. Währenddessen näherte sich dem Todesengel eine weitere Gestalt, ebenfalls ein Engel von dem eine finstere Aura ausging, dieser befahl dem Diener sich zu entfernen, während er den trauernden ansprach. "Mein törichter Bruder! Du wirst dein Glück nicht finden auf dieser Welt! Sieh nur, du gingst sogar eine Verbindung mit einem Dämonenweib ein! Dir ist wirklich nicht zu helfen, jetzt hinterlässt du schon Engelskinder! Ist dies nicht nur den glänzenden Erzengeln vorbehalten?", der Hohn in seiner Stimme war unverkennbar. Der angesprochene Engel verspürte einen Anflug von Zorn, doch er war zu entkräftet um sich diesem Gefühl hinzugeben. "Nenne mich nicht Bruder." "Aber, aber mein Liebster Bruder. 'Alle Kinder des Himmels sind Brüder und Schwestern zueinander', sprach Gott der Herr unser himmlischer Vater!", rezitierte er im sarkastischem Tonfall. "Rede nicht soviel, sondern folge deinem Vorhaben und nimm mich mit!", erwiderte der Todesengel harsch. "Ich sehe schon, es bedarf keiner weiteren Worte um dir mein Anliegen darzulegen, werter Bruder! Die Heerscharen können dich nicht länger entbehren! Die Ewige Reise ist den unseren auferlegt." Damit breitete der Schwarze Engel seine ebenfalls dunklen Schwingen aus, die ihren Glanz jedoch schon vor langer Zeit eingebüßt hatten, und hoben ihn alsbald in den Nachthimmel empor. Kurz darauf war er in der Dunkelheit verschwunden. Der Todesengel sah indessen ein letztes mal auf das Meer : "Ja ich mag töricht gewesen sein, doch ich habe geliebt." Dann verschlang die Nacht auch ihn. Inzwischen war der Diener an seinem Bestimmungsort angekommen, dem Haus jener die die Dämonin einst aufgezogen hatten. Behutsam legte er das Bündel vor die Türe des Hauses und verschwand. Ein leises Wimmern weckte die Familie im Morgengrauen als man vor dem Hause ein Neugeborenes fand. Sie nahmen es auf. Mit jedem Jahr wurde das Findelkind seiner Mutter ähnlicher, doch sein Gesicht wies noch andere fremde Gesichtszüge auf. Stets haftete dem Mädchen etwas überirdisches an und das silberne Haar verstärkten diesen Eindruck noch. "Nie stieß dem Kinde etwas zu, fast schien es so als schützten es himmlische Mächte..." Mit einem leichten Seufzer beendete Aelyana die Geschichte, der die Elfenkinder bis zuletzt gelauscht hatten. "Die Geschichte war soooo traurig!",schniefte eines der Kinder. "Erzählst du uns noch eine lustige? Biiittttee!", bettelte es. Die anderen Kinder stimmten in die Bitte mit ein. "Nein. Es ist schon spät und ihr müsst morgen ausgeschlafen sein. Der Bogen lässt sich nicht mit Müdigkeit führen." "Schaaaaaadeee!", empörten sich die kleinen Ahlynester im Chor. Die Enttäuschung stand ihnen ins Gesicht geschrieben. "Nun, wenn ihr morgen gute Schüler seit, will ich euch morgen eine lustige Geschichte erzählen!", versprach die junge Frau. Als die Kinder endlich davon stürmten, fing ihr silbernes Haar die letzten Sonnenstrahlen auf. Einem Wasserfall gleich fiel es ihr über die Schultern. Zärtlich berührte sie das Amulette an ihrem Hals, dessen Oberfläche geheimnisvolle Zeichen einer vergessenen Sprache schmückten. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Mundwinkel, während sich ihre Finger um das Amulette schlossen. "...Mutter...Vater...ich danke euch…" ~~Fin~~ ~Laxiel~ 2004/2010, Überarbeitung 2014 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)