Nur wer frei ist, ist ein König von Die_Katzenhai (Frei zu sein bedarf es wenig [KakuzuxOC]) ================================================================================ Prolog: Die Taschenuhr ---------------------- Die Hände des Jungen umklammerten das Diebesgut, eine silberne Taschenuhr, fest, während er sich seinen Weg durch die Menschenmenge bahnte. Man achtete nicht auf ihn, Straßenkinder, wie er es war, waren in Kirigakure keine Seltenheit und das war ihm recht. Je weniger Aufmerksamkeit er auf sich zog, desto schneller war diese Uhr verkauft und er konnte es sich erlauben, auszuruhen. Bevor das nicht geschehen war, würde er am liebsten nicht einmal stehen bleiben. Der Junge war vielleicht gerade acht Jahre alt, aber viel zu klein, viel zu schmächtig für sein Alter. Seine Kleidung war zerrissen und der Dreck machte sie starr, seine Haut war verschmiert und mit kleinen Schrammen übersät. Ein Straßenkind, wie jedes andere auch. Doch er hatte etwas unglaublich Wertvolles bei sich, etwas, dass ihm Nahrung für Tage verschaffen würde, sogar eine Unterkunft! Er überwand eine kleine Mauer mit einem Sprung, stolperte kurz und warf einen Blick über die Schulter. Niemand verfolgte ihn, gut. Das war gut. Sehr gut. Nur noch einige Straßen weiter, dann könnte er sie verkaufen und- „Du hast etwas, das mir gehört.“ Der Junge zuckte zusammen, versuchte noch wegzulaufen, wurde jedoch festgehalten. „Nicht so schnell.“ Der Mann, zu dem die Stimme gehörte, war groß, schlank und unglaublich elegant. Seine teure Kleidung war dunkel. Das Gesicht verbarg er hinter einer tief in das Gesicht gezogenen Kapuze.   „Lassen Sie mich los.“ Der Junge wollte sich losreißen, fluchte und schlug nach ihm. „Ich gebe Ihnen die Uhr ja wieder. Loslassen!“ „Ich werde dich loslassen“, sagte der Mann. Der Junge seufzte erleichtert entspannte sich aber nicht, sondern wehrte sich, erstaunlich stark für ein Kind, dessen letzte warme Mahlzeit Wochen zurückliegen konnte, weiter gegen den Griff. „Aber ich habe eine Bedingung.“ Der Junge stieß einen Fluch aus, den er eigentlich noch gar nicht beherrschen sollte. „Und die wäre?“ „Du bist ein geschickter Dieb. Ich habe erst bemerkt, dass die Uhr fehlte, als du schon geflohen bist. Gratuliere.“    Er ließ ihn los und der Junge blieb stehen. „Und was soll mir das sagen?“ Trotzig starrte er zu ihm hinauf. Das Misstrauen, das in den Jahren des Straßenlebens gewachsen war, war tief in dem Jungen verankert. „Ich bin Mitglied einer Gilde“, auf den verständnislosen Blick des Kindes fügte er schnell  „ein Zusammenschluss von Menschen mit gleichen Interessen. Du bist talentiert, wir könnten dich gebrauchen“, hinzu. Der Junge schien einige Momente,  mit einer Ernsthaftigkeit, die man nicht in seinem Alter erwartete, nachzudenken, „Was habe ich davon?“ Mit dieser Frage hatte der Mann gerechnet. „Was hast du zu verlieren?“ Die kindlichen, grünen Augen weiteten sich überrascht. Etwas, was nicht zu fassen, nicht zu beschreiben war, flackerte in ihnen auf.  „Nichts.“ „Dann hast du alles zu gewinnen.“ Der Mann legte eine Hand auf seine Schulter. „Wie ist dein Name?“ Wieder dieser misstrauische Blick. Schließlich seufzte er. „Shouta Tori. Deiner?“ „Tsubasa Sutōmu.“ Er zog sie die Kapuze vom Kopf. Seidiges, schwarzes Haar, das zu einem Zopf zurück gebunden war und ein gerade geschnittenes  Gesicht kamen zum Vorschein. „Komm mit.“  Er löste den Griff, bevor er langsam loslief. Shouta Tori, der nicht lange überlegte, beschloss ihm zu folgen. „Willst du die Uhr gar nicht wieder haben?“ „Behalte sie ruhig.“ Tsubasas Stimme war warm, freundlich und väterlich. „Du wirst pünktlich sein müssen.“ Kapitel 1: Ein Meisterdieb stellt sich vor ------------------------------------------ Der Wind fegte durch die kleinen Gassen, riss an ihrer Kleidung und wirbelte Dreck vom Boden auf. Es war kalt und ein Blick gen Himmel verriet, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es anfing zu schneien. Nur diese zwei Männer in schwarzen Mänteln waren noch unterwegs, alle anderen hatten sich in die wärmenden Häuser zurückgezogen. Es war erstaunlich ruhig. So ruhig, dass bis auf den Wind und ihre Schritte nichts zu hören war. Zumindest so lange, bis einer der beiden Männer anfing zu reden. „Mir ist scheißkalt. Wann treffen wir diesen beschissenen Dieb?“ Schweigen. „Ich hab' dich was gefragt!“ Noch mehr Schweigen. „Hey! Hör auf mich zu ignorieren!“ Es folgten noch einige Momente der Stille, bis sich der andere Mann schließlich entschied, zu sprechen. „Sei still, Hidan. Die Wachen hier hören mit.“ Mehr musste nicht gesagt werden. Tatsächlich schwieg sein Begleiter. Sehr gut. Dieses übermäßige Gelaber nervte ihn. Nun, eigentlich nervte ihn alles, was den Mund seines Teampartners verließ. Jedes einzelne Wort. Und natürlich blieb es nicht bei der Stille. Nein.  Kaum waren nicht mal zehn Minuten vergangen und sie in ein Labyrinth von schmalen Gassen getreten, wurde diese herrliche Ruhe wieder durchbrochen. Großartig. „Kakuzu, mir ist kalt, verdammte Scheiße! Wo wartet dieser Kerl eigentlich überhaupt?“  Es folgten  wüste Flüche, die noch weiter auf das Klima eingingen und Kakuzu verfluchte zum wiederholten Male, dass er Hidan nicht einfach umbringen konnte. Vielleicht sollte er ihm den Mund zunähen, aber selbst das würde nur kurze Zeit Ruhe bringen. Von den Reaktionen ganz zu schweigen. Das würde nerviger werden, also ließ er es. Das war der einzige Grund, warum er das nicht tat. Nach einigen weiteren Minuten blieb Kakuzu stehen. „Hier ist es.“ Er starrte auf die Tür vor ihnen. Das Zeichen, einige parallele Striche unter der Türklinge, die in das Holz geritzt waren, war leicht zu übersehen. Ohne auf Hidan zu warten, oder sich noch umzusehen – Verfolger hätte er bemerkt – trat Kakuzu in das Gebäude aus grauem, durch das Wetter geprägten Stein. Es war nicht wärmer hier drinnen, aber zumindest hatten sie ein wenig mehr Schutz vor dem Wind, denn die  Ritzen und Löcher der Wände ließen noch genügend Kälte hindurch. Und das wurde sofort von Hidan als Anlass für weitere Beschwerden genommen. „So eine verfickte Scheiße, können die Häuser nicht mal gescheit bauen?“ Dem Rest hörte Kakuzu gar nicht mehr zu, sondern lief einfach weiter. Das hier musste einmal ein Gasthaus gewesen sein. Der Raum, den sie nun betraten, war hoch,  geräumig und neben einigen Tischen und Stühlen konnte Kakuzu einen Tresen, hinter dem verstaubte  Flaschen in einem Regal lagerten, entdeckten. Als einzige Lichtquelle dienten Kerzen, die am anderen Ende des Raumes standen. In eben jenen Schein trat nun eine Gestalt. Statur und Geschlecht waren schwer abzuschätzen, da der Mantel, den sie trug, dick war. Im Licht der Kerzen sah man hellen Pelz an Kapuze und Kragen. Kleidung, die für das Wetter bei Weitem besser geschaffen war, als ihre Akatsukimäntel. Die Kapuze verbarg das Gesicht in einem dunklen Schatten. Erst, als die Person zu sprechen begann, wurde klar, dass es sich um einen jungen Mann handeln musste. „Ihr seid die Ersten, die pünktlich sind. Die meisten verlaufen sich.“ Seine Stimme war recht tief und ruhig, aber deutlich amüsiert. Höhnisch. „Fuyu scheint den meisten zu verwinkelt zu sein.“ Er ließ es wirken, als sei es eine vollkommen unverständliche Ansicht, dabei musste selbst Kakuzu zu geben, dass diese Stadt mehr einem Labyrinth als allem anderen glich. „Warum auch immer.“ Kakuzu ging nicht auf die Aussage ein. „Du bist der Dieb.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Kakuzu fragte nicht nach. Schon gar nicht nach einer Sache, die so offensichtlich war wie diese Situation. „Meisterdieb, wenn ich bitten darf.“ Er schlug die Kapuze von seinem Kopf zurück. Ein jugendliches Gesicht, hellbraune Haare und aufblitzende, grüne Augen kamen zum Vorschein. Mehr ein Junge als ein Mann, auch wenn er nicht viel jünger als Hidan sein konnte.  Noch dazu mehr als von sich überzeugt. Großartig. Entweder der Junge war zu dumm, um Kakuzus Blick zu bemerken, oder zu leichtsinnig, um nicht darauf einzugehen. Er grinste einfach nur weiter, ließ sich dann auf einen Stuhl sinken und griff mit einer beringten nach einer der verstaubten Flaschen, die er allen Anschein nach aus dem Regal genommen hatte. „Setzt euch.“ Er öffnete sie. „Met?“ „Met?“, wiederholte Hidan misstrauisch, setzte sich allerdings.  Die Sense stellte er mit einem dumpfen Geräusch direkt neben sich auf den Boden. Staub, der sich vermutlich Jahren dort sammelte, wirbelte unter dem Griff auf. Kakuzu hingegen blieb stehen. Natürlich. „Honigwein“, erklärte der Junge, „die Flaschen sind zwar verstaubt, aber hier in Fuyu kann man keinen besseren finden.“ Er goss die goldgelbe Flüssigkeit in drei Gläser und nahm einen Schluck.  „Nicht vergiftet, falls ihr das befürchtet. Das wäre auch äußerst dumm von mir, nicht wahr?“ Redete der immer so viel? Hidan trank etwas von dem Met. Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schmeckte es ihm. „Und du kannst uns zum Kristall führen?“ Kakuzu teilte Hidans Misstrauen. Der Junge schien ihn – wie jedes Kind – nicht sonderlich ernst zu nehmen. Doch grinste dieser, konnte den Hohn dabei nicht verstecken. Falls er es überhaupt versuchte. „Wenn es jemand schafft, dann ich.“ Zumindest war er von sich überzeugt. „Warum hier das Treffen?“ Hidan sprach weiter. „Hier ist es arschkalt.“ „Überall, wo es warm ist, hört man mit. Zumindest dort, wo ihr hin könnt.“ Das Grinsen verschwand nicht von seinem Gesicht. „Unser König hat seine Augen und Ohren überall.“ „Das wissen wir“, unterbrach Kakuzu ihn. „Wann bist du bereit?“ Der Junge grinste. „Ich bin immer bereit.“ Nun sah er ihn direkt an. Ziemlich mutig. Oder dumm. Wahrscheinlich eher das. „Aber ihr seid es nicht. Mit den Wölkchen auf den Mänteln kommt ihr nicht weit, zumindest nicht, ohne allzu viel Aufmerksamkeit auf euch zu ziehen.  Und die kann hier niemand gebrauchen.“ Jetzt lehnte er sich zurück. „Ganz abgesehen davon, dass es noch viel kälter wird.“ Kakuzu verengte die Augen zu Schlitzen. „Was meinst du damit?“ „Du bist klug.“ Er lachte kurz auf. „Das gefällt mir.“ Und Kakuzu wurde sich immer sicherer, dass dieses Kind nicht leichtsinnig, sondern absolut dämlich war. „Natürlich könnt ihr euch selbst etwas besorgen, allerdings ist das für Fremde teuer, wenn man euch überhaupt etwas gibt.“ „So viel wissen wir“, knurrte Kakuzu genervt, „komm zum Punkt.“ Dass man in Fuyu als Fremder nicht gerne gesehen wurde, war eine der wenigen Informationen, die man überhaupt bekam. Und die erste. Das schien den Jungen nicht zu interessieren, auch wenn das Grinsen ein kleines Stück schwächer wurde. Er ließ sich Zeit mit der Antwort, tat es erst, als er merkte, dass Kakuzus Blick tödlich wurde. „Ich kann euch etwas besorgen. Billiger und besser, als ihr es so bekommen würdet. Maßgeschneidert. Allerdings“ - was kam denn jetzt noch? - „kostet mich das Zeit und Aufwand. Erhöht die Bezahlung, um, sagen wir, zehn Prozent des Preises der Kleidung. Das ist immer noch billiger, als ihr sonst etwas bekommen würdet.“ Kakuzu sah ihn nur an. „Okay, sieben Prozent, wenn ihr am Ende damit zufrieden seid.“  Vielleicht war er doch nicht ganz so begriffsstutzig, wie Kakuzu ursprünglich gedacht hatte. Endlich schien er zu bemerken, dass er sich nicht alles erlauben konnte. Sie brauchten zwar seine Hilfe –  daran führte kein Weg vorbei, sonst wären sie nicht hier – aber weitere Frechheiten würde Kakuzu nicht dulden. Er überging den Punkt, dass das an sich ein gar kein dummer Zug von dem Dieb gewesen war, zumindest dann, wenn er es nicht mit Kakuzu zu tun hätte. „Ich verlange wirklich nicht viel für den Auftrag“, setzte der Junge an, „fünfzehntausend Ryo sind nichts verglichen mit dem, was ich für Gefahren auf mich nehme.“ Jetzt sprach Hidan wieder. Auch der schien doch nicht komplett dämlich zu sein. „Und wieso tust du es dann?“ „Ich brauche eure Hilfe, so gesehen Begleitschutz, um etwas für mich zu besorgen. Etwas, was mir mehr wert ist, als alles Geld dieser Welt. Ihr helft mir, ich helfe euch. So ist jedem geholfen. Das Geld begleicht nur die Kosten, die für mich anfallen. Soweit ich weiß, ist das für euch das Geld, was man für D-Rang-Missionen zahlt, oder?“ Auch damit hatte er Recht. Doch machte das Kakuzu misstrauisch. „Versuche uns zu verraten und du wirst sterben.“ „Das würde mir mich nicht im Traum einfallen.“ Zum ersten Mal wirkte der Junge tatsächlich ernsthaft. Das war auch gut für ihn. Kakuzu sah ihn nochmal musternd an. Das und gefährlich. Vor allem gefährlich. „Wie ist dein Name?“ „Ist das nicht eine Frage, die ich euch auch stellen könnte?“ Da war das Grinsen wieder. „Nein. Sprich.“ Dann würde er sich das noch mal überlegen. „Ist ja gut.“ Der Junge hob beschwichtigend seine Hände. Das allerdings interessierte Kakuzu nicht im Geringsten. „Ich heiße Shouta.“ Den Nachnamen nannte er nicht, interessierte Kakuzu auch nicht, allerdings musste er ihn bei einem Namen nennen. Er traute ihm zu, so wie er ihn bis jetzt erlebt hatte, sonst einfach nicht zu reagieren. Nerviges Kind. „Darf ich nun eure Namen erfahren?“ Shouta schien zu den Menschen zu gehören, die niemals ihren Mund halten konnten. Ganz toll. Ausgerechnet dieser würde sie durch dieses seltsame Reich führen.   Dennoch beschloss er, ihm seinen Namen zu nennen. „Kakuzu“, sagte er ruhig und deutete dann mit den Kopf auf seinen Teampartner. „Das ist Hidan.“ Shouta grinste. „Freut mich, euch kennen zu lernen.“ Musste noch erwähnt werden, dass er sarkastisch klang? Eine Stunde später traten sie in ein kleines, verrauchtes Gasthaus, das auf den einladenden Namen Der tote Eber getauft worden war. Shouta hatte ihnen dort Zimmer besorgt, allerdings dieses Mal keine zusätzliche Bezahlung verlangt. Das hätte auch kein gutes Ende genommen.  Jetzt, wo er stand, fiel Kakuzu auf, dass eben dieser noch ein  Stück kleiner war, als Hidan.  Nicht sehr viel, vielleicht fünf Zentimeter, aber es war deutlich. „Ihr müsst mir nicht danken“, sagte Shouta kaum nachdem sie in den Hauptraum getreten waren. Er grinste nicht, dennoch blitzte der Spott in seinen Augen auf.  „Wirklich nicht. Es ist kein gutes Gasthaus, dafür aber billig und ungestörter als die anderen.“  Kakuzu wunderte es nicht. Selbst für einen Massenmörder, der die Neunzig überschritten hatte, wirkte diese Absteige schäbig und abstoßend. Shouta fuhr fort: „Der Dreck des Landes findet sich hier ein, solange er  hier bleibt und die Stadt nicht beschmutzt...“ Er grinste nun wieder. „Nicht, dass ich euch beide als Dreck bezeichnen würde.“ Damit war das Kind in dem Gewirr aus Stühlen, Tischen und Betrunkenen verschwunden. Eines musste man ihm lassen, er wusste, wann es besser war zu verschwinden. Musste er nur noch lernen, auch den Mund zu halten. „Denkst du, er  wird uns helfen können?“, fragte Hidan skeptisch nach. Bis jetzt war er erstaunlich ruhig geblieben. Hatte wohl nachgedacht. Gleichzeitig reden funktionierte nicht, wie es den Anschein hatte. „Das wird sich zeigen.“ „Du glaubst es nicht.“ Kakuzu hasste, dass Hidan ihn kannte.  Er schwieg auf die Aussage, bewegte sich dann langsam in die Richtung seines Zimmers. Es war leider egal, ob er an den Fähigkeiten dieses Jungen zweifelte oder nicht, Fakt war, dass sie sonst niemand hatten, der sie führen konnte. Während es anfing zu schneien und die Nacht Fuyu in ihre Arme schloss, endeten alte Leben. Kapitel 2: Hässlich ------------------- Fuyus Kälte weckte Shouta an diesem Morgen früh. Der tote Eber war ein schlecht gemauertes Gebäude, durch dessen Löcher die Ratten ein und aus gingen. Mürrisch zog er sich die Decke um den Körper, rollte sich zusammen und schloss noch einmal seine Augen. Als dann aber eine Ratte über seinen Hand lief und er sie herunter gescheucht hatte, beschloss er, sich doch aus dem Bett zu quälen. Er war diese Nager gewöhnt, aber sein Bett wollte er nicht mit ihnen teilen. Shouta wusste nicht, wie lange Kakuzu und Hidan schliefen, aber es konnte nie schaden, vor den Auftraggebern wach zu sein. Hinterließ einen Eindruck von Pünktlichkeit und Fleiß. War immer recht nützlich. Im Hauptraum war niemand, bis auf den Wirt Jirou - seinen Nachnamen kannte Shouta nicht und  es hätte ihn gewundert, wenn das überhaupt wer getan hätte -, der Gläser mit einem dreckigen Handtuch abtrocknete. Shouta würde darauf verzichten, hier zu essen. Sie nickten sich zu und er ließ sich an einen Tisch fallen, beobachtete dabei die Ratten, die über den Boden huschten und sich um einige Essensreste prügelten, mit einem erstaunlich interessiertem Gesichtsausdruck. Seine Gedanken aber schweiften ab. Die beiden wollten also dieses seltsame Artefakt, das sich ausgerechnet im bestgeschützem Bereich des gesamten Landes befand. Wie ironisch, dass man alles, was innerhalb der Grenzen geschah, versuchte zu verbergen und stattdessen mit diesem Kristall prahlte.  Wenn es überhaupt einer war. Genaues wusste niemand. Das einzige, was man hörte, war, dass er Chakra verstärken oder verändern sollte. Es gab tausende Versionen. Welche wahr war, wusste niemand. Höchstens die Regierung selbst. Akatsuki schien sehr verzweifelt, wenn sie schon einer Legende nachjagten, aber ihm sollte es egal sein. Hauptsache, er würde das bekommen, was er brauchte. Mehr musste ihn nicht interessieren, was aber nicht hieß, dass er nicht dennoch neugierig war. Wer weiß, vielleicht würde er ja noch etwas herausfinden. Einen Versuch war es wert. Glücklicherweise dauerte es nicht lange, bis sich seine Auftragsgeber sehen ließen. Den Gesichtsausdrücken nach zu urteilen – na ja, zumindest bei dem, was man bei Kakuzu sah -  schienen sie nicht begeistert von der momentanen Schlafsituation zu sein. Konnte Shouta verstehen,  es gab schönere Orte um zu schlafen. Mit unbestrittener Eleganz stand Shouta auf. „Wir werden gehen. Frühstück gibt es woanders.“ „Wohin?“  Kakuzu war misstrauisch. Zumindest ein Charakterzug, der gar nicht so unsympathisch war. „Vertraust du mir etwa nicht?“ Grinsend sah er zu ihm hoch. „Nenne mir einen Grund, warum ich es tun sollte.“ „Das ist eine berechtige Frage.“ Aber das war nicht seine einzige Antwort. „Ihr seid meine Auftraggeber, ich soll euch durch die Wildnis führen und ein mächtiges Artefakt für euch stehlen. Ein wenig Vertrauen wäre da doch angebracht, meinst du nicht auch?“ Kakuzu starrte ihn an. „Nimm dir nicht zu viel raus.“ „Würde mir nicht im Traum einfallen. Niemals.“ Damit drehte er sich schon um. „Folgt mir. Es dauert nur eine Weile.“ Und er kannte den Weg gut. Kaum waren sie draußen, schlug ihnen ein eiskalter Wind entgegen. Shouta kniff die Augen zusammen, um sie vor der Kälte zu schützen und zog sich den Kragen seines Mantels höher ins Gesicht. Hinter ihm fluchte Hidan. „Ist es immer so kalt hier?“ „Diese Stadt heißt nicht ohne Grund Winter. Es wird noch kälter werden, wenn wir weiter Richtung Norden ziehen.“ Was erwartete er denn sonst von dem Land, das als das Eisland bekannt war? „Scheiße.“ „Ich besorge euch ja wärmere Kleidung. Damit lässt es sich aushalten.“ Außerdem war Hidan selbst daran Schuld, dass er fror, wenn er nur Sandalen, eine Hose und einen Mantel trug. Da wäre Shouta auch kalt.  Trotz allem beschleunigte er seine Schritte, bog in eine kleine Gasse ein und kletterte über einen Zaun. „Natürlich gäbe es einen normalen Weg, aber das würde länger dauern und wäre nicht halb so spannend.“ Als Antwort bekam er ein Schweigen, mit etwas anderem hatte er auch nicht gerechnet. Sonderlich gesprächig war Akatsuki ja nicht. Konnte eine lustige Zeit werden, wenn das so weiter ging.  Er bog einige Male ab, blickte sich um, ob kein ungebetener Gast ihnen folgte und ließ es nicht nehmen, über Fuyu zu erzählen. „Bis vor wenigen Jahren war das hier die Hauptstadt, doch nach einem Putschversuch, Aufständen und ein wenig Chaos wurde sie gen Norden verlegt. Dort, wo wir hin müssen.“Er drehte sich während des Laufens um und sah beide an. „Sechs Jahre früher und das wäre alles einfacher gewesen.“ „Du hörst nie auf zu reden, oder?“ Hidan wirkte mehr belustigt, als genervt. Im Gegensatz zu Kakuzu. „Selten.“ Er lachte leise auf, drehte sich wieder um. „Wir sind übrigens gleich da.“ Shouta bog in eine kleinere Gasse ab, beschleunigte seine Schritte und erreichte dann eine breitere, aber menschenleere Straße. Ratten und eine fette, verdammt hässliche Katze, die sie aus einem gelben Auge – das andere war wohl bei einem Kampf verloren gegangen -  beobachtete, waren jedoch da. Kaum waren sie an ihr vorbei gelaufen, erhob sie sich schwerfällig und folgte ihnen. Den rostroten, verfilzten Schwanz in die Höhe gestreckt. Na ja – so gut es mit dem Knick drinnen ging. „Das ist Hässlich“, sagte Shouta nach vorne blickend. „Was ist hässlich?“ Hidan war verwirrt und Shouta grinste. „Die Katze.“ Hidan drehte sich nach ihr um. „Stimmt.“ „Nein.“ Shouta machte das gerade unglaublich Spaß.  Das war lustig. Nicht hässlich. „Wie? Nein?“ „Ihr Name ist Hässlich.“ „Wie heißt sie?“ Shouta lachte nun leise auf. „Die Katze heißt Hässlich.“ Daraufhin schwiegen beide Akatsukimitglieder, bis Kakuzu tatsächlich etwas dazu sagte „Treffender Name.“ Absolut trocken. Shouta nahm es als Aufforderung für ein weiteres Gespräch. „Ja, nicht wahr?“ Kakuzu gab ein dunkles Knurren von sich. „Halt deinen Mund.“ „Mal sehen. Wenn ich Lust darauf habe vielleicht.“ Kaum hatte er das ausgesprochen wurde er an der Schulter zurück gerissen und bekam einen Schlag ins Gesicht. Shouta stolperte zurück, gegen eine Häuserwand und hielt sich sein Kinn. Verdammt. Kakuzu hatte einen heftigen Schlag drauf. Das tat weh. „Nein, du hältst jetzt deinen Mund.“ Kakuzus Blick schien ihn zu durchbohren und Shouta seufzte genervt. „Ist gut. Kein Wort mehr, wenn's dich zufrieden macht.“  Er hob beschwichtigend die Hände und wischte sich das Blut von den Lippen. Das hätte man friedlicher lösen können, aber das sagte er besser nicht. Tatsächlich hielt sich Shouta daran, bis sie am Ziel angekommen waren. Hässlich begleitete sie bis hierhin, huschte zwischen ihren Beinen hindurch, sobald sie die Tür geöffnet hatten und verschwand im Inneren des Hauses.  Die Luft hier drinnen war angenehm warm, warm genug, dass  Shouta ohne zu frieren den Mantel ausziehen konnte, aber stickig. Kurz nach dem sie eingetreten waren, kam ihnen schon eine große junge Frau mit kupferrotem Haar entgegen. Akemi Morino. „Shouta, schön dich zu sehen.“ Sie lächelte. „Das sind deine Auftraggeber,  nehme ich an.“ „Genau. Sie brauchen Kleidung für den Norden.“   Sie musterte Kakuzu und Hidan. „Verstehe. Mein Mann kommt gleich, dann nehmen wir die Maße. Morgen können Sie dann mit den Mänteln rechnen. Stiefel und die restliche Kleidung können Sie sich schon raus suchen.“ Sie wandte sich an Shouta. „Zeig ihnen den Raum, wir kommen dann gleich nach.“ „Natürlich.“ Er grinste, führte seine Begleiter durch eine Tür, die in einen großen, offenen Raum führte. An dem einen Ende stand ein Kamin, dort hatte es sich auch Hässlich bequem gemacht. An der fensterlosen Seite standen Regale, die mit Kleidung und Schuhen gefüllt waren und einige Abtrennungen zum Umziehen. Er schwieg, dass sie sich bedienen konnten, sollte ihnen schon klar sein und ging stattdessen an ein Fenster, um es zu öffnen. Wärme hin oder her, die Luft hier drinnen war furchtbar. Er setzte sich auf die Fensterbank, ignorierte Hässlichs genervten Katzenblick und sah Kakuzu, der sich umziehen ging, nach. Er fragte sich ja schon, warum er diese Maske trug. Vielleicht sollte er ja … „Wage es nicht.“ Shouta ließ sich sich auf die Fensterbank zurück fallen. Kakuzu hatte bemerkt, dass er sich aufgerichtet hatte. Er sollte sich angewöhnen, unauffälliger zu agieren, aber er musste auch damit rechnen, dass man neugierig bei der Maske wurde.  Er hörte noch, wie Hidan leise lachte, sich dann aber auch zum Umziehen zurück zog. Shouta sah nicht auf die Uhr, aber es musste nicht viel Zeit vergangen sein, bis Kakuzu und Hidan umgezogen waren. Dennoch war es deutlich kühler geworden und Akemi, die gerade zu ihnen stieß, warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Mach das Fenster zu, Shouta. Ich hab gestern nicht ohne Grund stundenlang Holz gehackt.“ Shouta verdrehte die Augen, gehorchte aber. „Dann sorgt hier drinnen wirklich für gescheite Luft.“ In dem Moment kam auch Akemis Mann, Hiraku, in den Raum. Er war ein wenig größer als Shouta und hatte braune Haare und Augen. „Dir macht man es sowieso nie recht“, begrüßte er ihn fröhlich und sah dann die beiden Akatsukimitglieder an, verneigte sich vor ihnen.  „Sie sollen die Mäntel bekommen“, stellte er fest und deutete auf eine weitere Tür. „Dann kommen Sie mit. Die Maße nehmen.“ Gelangweilt blieb Shouta zurück, streichelte Hässlich, die zu ihm gewackelt war und gab ihr ein Leckerli aus seiner Tasche.  Sie verschlang es hastig. „Was meinst du, sind die Beiden in Ordnung?“ Hässlich antwortete ihm nicht, sondern begann zu würgen und spuckte das angekaute Leckerli samt Haarbällen und Mageninhalt wieder aus. „Du bist wirklich eine reizende Katze. Herzallerliebst.“  Er tätschelte ihren Kopf und beschloss, zumindest ein Taschentuch über das Erbrochen zu legen. Musste ja nicht sein, dass das hier alles vollstank. Der Morgen zog sich in die Länge, jedoch saßen sie schließlich gemeinsam mit dem Schneiderpaar an einem Tisch zum Essen. Hier war es deutlich kühler, jedoch hatte Hiraku Decken besorgt und Hässlich hatte sich gnädigerweise dazu entschieden, auf Shoutas Schoß Platz zu nehmen und zeigte ihre Zuneigung indem sie ihre Krallen in seine Beine schlug. Süßes Kätzchen. „Wie ist die Lage im Norden?“ , wollte Shouta wissen und versuchte zu essen, während  Hässlich gegen seine Hände stieß und den Reis über ihren Kopf und die Decke verteilte. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Kakuzu und Hidan aufhorchten. Akemi und Hiraku wechselten besorgte Blicke. „Es gibt Probleme.“ „Was für welche?“ Shouta ahnte schon schlimmes. Seine Vorahnungen wurden bestätigt. Die Abreise verzögerte sich trotz der Probleme nicht, allerdings hatte Shouta die Route umlegen und die halbe Nacht durcharbeiten müssen. Es würde sich alles verzögern. Scheiße und eine höhere Bezahlung konnte er auch vergessen, so, wie Kakuzu schon auf die Bezahlung der Kleidung reagiert hatte. Dabei war es die einzige Möglichkeit innerhalb von einem Tag an so gute zu kommen. Aber gut. Auftrag war Auftrag und er hatte seinen Grund , warum er sie brauchte. Schon vor Sonnenaufgang hatte er die Mäntel besorgt, sich selbst bereit gemacht und wartete nun wieder in dem Hauptraum. Ebenso wie die Kleidung, die er Akatsuki besorgt hatte, war seine in einem dunklen Grau und Schwarz gehalten. Der Stoff war rau und robust, wies die Kälte aber besser ab, als andere Materialien. Einige Schnallen hielten alles an Ort und Stelle und Shoutas Mantel war zusätzlich mit vielen Taschen besetzt. Die brauchte er, wenn sie aufbrechen wollten.  Er hatte vieles, was er mitnehmen musste. Mittlerweile krochen die ersten trüben Sonnenstrahlen durch die Fenster. Richtig hell wurde es jetzt, Mitte November, selten. Der Himmel war meistens von einer dichten Wolkendecke verdeckt. Shouta gähnte, fuhr sich durch seine Haare und kontrollierte noch einmal die Vorräte, unter denen sich, neben haltbaren Lebensmitteln, auch Nahrungspillen befanden. Es war genügend Proviant für sie alle, bis sie in der nächsten Stadt waren und so wie er Kakuzu und Hidan einschätzte, hatten sie ebenfalls etwas dabei. Das mochte er an ihnen, sie dachten selbst nach. Schritte ließen ihn schließlich aufhorchen. Es war Kakuzu, der zu ihm trat und sich schweigend auf einen Stuhl niederließ. „Guten Morgen“, sagte Shouta grinsend und bekam dafür einen genervten Blick ab. „Schlecht geschlafen? Er hätte nicht damit gerechnet, dass Kakuzu noch tödlicher blicken konnte. Ging aber sehr gut.  „Du solltest lernen zu wissen, wann es besser ist zu schweigen.“ „Vielen Dank für den Hinweis“, antwortete Shouta trocken und erwartete schon fast, sich gleich mit einer gebrochenen Nase auf dem Boden wieder zu finden, doch Kakuzu beließ es dabei ihn mit seinen Augen erdolchen zu wollen. Wie nett von ihm. „Wann kommt Hidan?“ „Woher soll ich das wissen?“ „Ich frag ja nur. Wir sollten so früh wie möglich los, wenn wir die verlorene Zeit wieder gut machen wollen.“ Und dafür, dass die Regierung schon wieder irgendwelche krankhaften Pläne hatte, konnte er nichts. Kakuzu schien das anders zu sehen. „Du hättest dich vorher darauf einstellen sollen.“ Shouta beließ es dabei. „Ich hab eure Mäntel schon besorgt.“ Er legte Kakuzus auf den Tisch. „Lass dich nicht von der Dicke täuschen. Es hält wärmer als Pelz.“ „Aha.“ Wie gesprächig. Dennoch nahm er das Kleidungsstück in Hand und begutachtete es. „Er ist gut verarbeitet“, stellte er fest. „Vor allem für diese knappe Zeit“, warf Shouta mit ein. „Und du kannst ihn auch bei wärmeren Temperaturen tragen. Der Stoff isoliert.“ Bevor Kakuzu antworten konnte, kam auch Hidan zu ihnen. „Du hast die Mäntel schon geholt.“ Shouta nickte und warf ihm seinen zu. „Bedankt euch später.“ Er grinste. „Und ich habe uns Frühstück besorgt.“  Das hatte ihn zwar ein wenig Geld gekostet, aber besser als der Fraß hier war es alle Mal und dank ein, zwei Münzen hatte Jirou nichts dagegen, wenn sie hier aßen. Als sie aufbrachen, fing es an zu schneien. Shouta zog seinen Kragen hoch und die Kapuze ins Gesicht. „Wir brechen Richtung Osten auf“, erklärte er seinen Auftraggebern. „Die Route dort entlang ist einfacher zu begehen.“ Hidan nickte. „Werden wir auf andere treffen?“ „Wahrscheinlich. Händler müssen nun diese Route nehmen. Bei Schnee sind andere unüberwindbar.“ Das machte diesen Weg gefährlicher. Räuber warteten hier auf jeden, der vorbei kam, aber darum machte sich Shouta keine Sorgen. Vor allem, weil es mit Akatsuki sicherer sein dürfte. „Sehr gut.“ Shouta zog eine Augenbraue hoch, schwieg aber tatsächlich dazu. Er würde schon früh genug heraus finden, warum es sehr gut war. Der fallende Schnee verwischte ihre Spuren. Kapitel 3: Von Falten und Spurenlesen ------------------------------------- Selbst Kakuzu spürte die Kälte, während das Schneetreiben um sie herum stärker wurde. Er wusste nicht genau, wie lange sie durch die unwirkliche Landschaft liefen, es dürften in etwa zwei Stunden gewesen sein, als der Junge wieder anfing zu sprechen. Großartig. Kakuzu hatte gehofft, die Kälte hätte ihm den Mund zugefroren. „Ihr habt euch die falsche Jahreszeit für eine Reise in den Norden ausgesucht“, teilte er ihnen mit einem Grinsen im Gesicht mit, „im Sommer würden wir schneller voran kommen.“ „Sag bloß“, knurrte Kakuzu trocken. „Ich mein ja nur, den Auftrag erledigen wir trotzdem. Keine Sorge.“  Auffunkelnde grüne Augen sahen zu ihm herüber. „Wenn wir aus dem Gebirge raus sind, können wir mit milderem Wetter rechnen, je nach dem, wie lange wir brauchen. In zwei Wochen ist auch im Landesinneren alles voller Schnee.“ Großartige Aussichten. „Halt die Klappe und lauf weiter.“ Das Funkeln in den Augen verstärkte sich. „Ich weiß ja nicht, wie es bei dir ist, aber ich kann beides.“ Dennoch beschleunigte Shouta seine Schritte. Immerhin etwas. Vollkommen dumm schien er nicht zu sein. Hidan schien belustigt von der Situation zu sein. Ein amüsiertes Schnauben seinerseits war zu hören, gefolgt von einem: „Interessante Frage.“ Sie sahen sich einen Moment an und Kakuzu wusste, was Hidan sagen würde. „Wie lässt sich Multitasking mit deinem Alter vereinbaren?“ Und natürlich musste der Junge  darauf eingehen. Kakuzu hasste Kinder. „Seinem Alter?“ „Kakuzu ist einundneunzig.“ Nicht mal einen halben Tag, nach dem sie aufgebrochen waren, war genau das rausgekommen. Wunderbar. Shouta überspannte den Bogen endgültig. „Und die Maske verdeckt die Falten, was?“ Nicht mal Sekunden, nach dem der Junge das ausgesprochen hatte legte Kakuzu eine Hand um dessen Hals und drückte zu. Ein erschrockenes Keuchen, Hände, die versuchten seine wegzureißen. Ein erbärmlicher Versuch. Kakuzu fiel auf, dass Shouta wohl öfters Probleme dieser Art haben musste. Die eigentlich gerade, schmale Nase wies einige Unebenheiten auf, vermutlich von Brüchen und auf einem der hohen Wangenknochen zeichnete sich eine feine Narbe ab. Kein Wunder. Es war verständlich, dass man dieses vorlaute Maul stopfen wollte. Der Dieb schnappte nach Luft, doch Kakuzu hob ihn noch ein Stück an. Nahm ihm die letzte Chance, zu Atem zu kommen. „Das nächste Mal lass ich dich später los.“ Mit einem Ruck stieß er den Jungen, der einige Schritte zurück taumelte und schließlich hustend auf die Knie fiel, von sich weg. Zwischen den braunen Haaren erkannte er gerötete Wangen und Ohren, die nicht von der Kälte stammten. Kakuzu trat auf ihn zu, riss ihn an einem Arm hoch, damit er wieder stand und ignorierte gekonnt, dass das Husten noch nicht abgeklungen war. „Hüte deine Zunge, Dieb.“ Shouta antwortete erst nach einiger  Zeit mit angerauter Stimme. „Kann ich ahnen, dass du so empfindlich bist?“ Trotzig riss er sich los. Die Röte war aus dem Gesicht verschwunden und das Grinsen war wieder da. „Ich sag ja nichts mehr. Das war ein Scherz.“ Der Junge drehte sich um, rieb sich noch einmal am Hals und lief weiter. Bevor er die Kapuze, die ihm vom Kopf gerutscht war, wieder hoch zog, erkannte Kakuzu zwischen den Haaren ein schwarzes Tattoo, soweit er es sehen konnte, ein Vogel oder zumindest etwas, das Flügel hatte. Kakuzu hoffte, dass er wirklich verstanden hatte. Er hatte keine Lust, sich mit einem vorlauten Dieb, der leider gebraucht wurde, abzugeben. Es war auch ohne dieses nervige Kind eine Mission, die er nur widerstrebend angenommen hatte, aber es waren nun mal nur Hidan und er, die beide ihre  Jinchuuriki erledigt hatten. Es war also ihre Aufgabe, sich mit einem Kind, das angeblich ein Meister des Diebstahls war, abzugeben und sich von ihm durch ein hinterwäldlerisches Land führen  lassen. Er hatte keine Ahnung, wie der Rest dieses Landes aussah, aber was er gerade sah, reichte ihm schon. Jede Menge Schnee, Klippen, spitze graue Steine und tote Bäume. Kakuzu hasste Schnee. Er war kalt, behinderte beim Laufen und so dicht wie er gerade fiel, konnte man nicht einmal weit sehen und wie es der Junge angekündigt hatte, konnte es gut sein, dass sie die ganze Zeit dieses beschissene Dreckswetter hatten, während sie diese Mission erledigen würden. Dem folgte die Erkenntnis, dass er die nächste Zeit unglaublich hassen würde. Hidan konnte er als notwendiges Übel akzeptieren, den Dieb, sollte er sich nun beherrschen, auch, ebenso den  Schnee. Aber alles zusammen nicht. Alleine war alles drei in dem Bereich, den seine Nerven zwar strapazierten, aber nicht zum Reißen brachte. Zusammen jedoch  sah das anders aus und Kakuzu wusste, dass diese Situation eigentlich in einem Mord enden würde. Blöderweise konnte er weder Hidan noch den Schnee töten und ohne den Dieb war er aufgeschmissen. Grandios. Mittlerweile hatte sich der Schneefall noch weiter verstärkt. Der Wind peitsche um sie herum, zog an ihrer Kleidung und die Kälte brannte in den Augen. Für Ninjas – und für den Dieb erstaunlicherweise auch – war es kein Problem auf Schnee zu laufen, jedoch der Rest dieses Dreckswetters. „Junge“, sagte Kakuzu schließlich und war zufrieden, als sich der Dieb einfach nur umdrehte, aber ansonsten schwieg. „Wo ist der nächste Unterschlupf?“ Laut ihm gab es ja genügend auf der Strecke. Das sollte er nun auch beweisen. „Nicht mehr weit, aber wir müssen vom Weg ab. Die Hütte steht … Leuten wie mir und deren Auftraggebern zu Verfügung.“ Er blieb stehen und sah zur Seite. „Folgt mir. Es dauert nicht lange. Schätzungsweise – na ja – so um die fünf Minuten. Ihr seid schnell.“ Mit einem Sprung überwand er einen kleinen Spalt im Boden und führte sie durch ein kleines Waldstück. Hier hatten die Bäume zumindest Nadeln. Der Junge schien zu wissen, wohin sie gehen musste. Ohne sich überhaupt umzusehen lief er durch das frostige Gebiet, wählte die Wege, die man problemlos gehen konnte und drehte sich wieder zu ihnen herum. „Hidan“, sagte er, „du wolltest doch auf Reisende treffen, oder?“ Der Angesprochene ließ sein krankes Kichern los. „Ja.“ „Wie es aussieht sind Krieger der Regierung hier unterwegs. Dort, wo wir eigentlich hinwollten.“ Kakuzu hatte damit gerechnet. Er hatte das Chakra schwach gespürt. Es war anders, als bei Ninjas, aber nicht zwangsläufig schwach.  Aber … „Woher weißt du das?“ Er fixierte den Jungen mit seinen Augen. „Ich habe bin ein talentierter Spurenleser. Schätzungsweise sind es etwa sieben bis zehn von ihnen, sicher kein Problem für S-Rang-Nukenin, oder?“ Er legte den Kopf ein wenig schief. Hohn blitze in seinen Augen auf. „Schaut nach, wenn ihr mir nicht glaubt.“ Hidan hatte in der Zeit schon seine Sense gepackt und war voran gelaufen. „Wo ist die Hütte?“ Der Dieb deutete hinter einen einen baumbewachsenen Hügel und Hidan lief los. „Überlasst das mir.“ Kakuzu hatte mit nichts anderem gerechnet und da sie sowieso warten mussten, bis das Schneetreiben aufhörte, hatte er nicht einmal etwas dagegen. Sollte Hidan eben machen … zumindest  wenn ihm dabei keine Körperteile abfroren. Er hatte wenig Lust, die wieder anzunähen. Er hatte Besseres mit seiner Zeit anzustellen. Shouta sah ihm einige Momente nach, bevor er sich wieder zu Kakuzu wandte. „Sehr stürmisch der Gute, was?“ Kakuzu antwortete nicht, sondern ging an ihm vorbei und sah schon die kleine Hütte, die in einer Schneewehe steckte und vor der einige Fußspuren in das Weiß gedrückt waren. Hidan eilte darauf zu. Er folgte ihm langsam, wartete auch nicht auf den Jungen. Er würde schon selbst hinter her kommen. Wenn er ein so guter Spurenleser wie behauptet war,  würde er  klug genug sein, ihm so folgen zu können. Natürlich blieb ihr Kommen nicht unentdeckt. Kaum war Hidan in die Nähe gerannt, stürmten einige Männer mit graubraunen Mäntel, auf denen  ein schmales, weißes Wappen prangte (aus der Ferne konnte er nicht genau erkennen) und Helmen, die allen Anschein nach aus Leder waren, heraus. Es waren sechs an der Zahl - da hatte sich der Junge nicht geirrt – und für Hidan sicher kein großartiges Problem. Kakuzu bemerkte, wie Shouta einen Pfeil aus dem Köcher zog. Er schien doch zu logischen Reaktionen fähig. Auch er selbst stellte sich auf einen theoretischen Kampf ein, auch wenn er Hidan soweit vertraute, das alleine zu erledigen.  Ein Schwung der Sense und einer Männer war seinen Arm los. Das folgende Prozedere kannte Kakuzu nur zu gut. Hidan wurde durchbohrt, man wunderte sich, dass er nicht tot war, Blut floss, Hidan nahm seinen Skelett-Modus an und opferte mit manischem Lachen. Es dauerte nicht lange, bis sich der Schnee vom Blut rot gefärbt hatte und Hidan aufgespießt am Boden lag. Einer der Krieger, oder Soldaten, was auch immer, hatte Shouta mit einem gezielten Pfeilschuss erledigt. Er hatte fliehen wollen. Jämmerlicher Versuch. Jämmerliche Kämpfer. Und so etwas war zum Schutz der Regierung zuständig? Wenigstens waren sie leicht zu töten und stahlen seine Zeit nicht durch nervige Kämpfe. Gemeinsam mit dem Jungen setzte er sich wieder in Bewegung. Er selbst würdigte Hidan keines Blickes, aber Shouta blieb stehen und sah zu ihm herunter. „Du hast dich selbst aufgespießt“, stellte er trocken fest, „wieso? Und warum lebst du noch?“ Bevor Hidan von seinem Gott anfangen konnte, verschwand Kakuzu ins Innere der Hütte. Er hatte das alles schon oft genug gehört. Sobald er durch die Tür getreten war, umfing ihn angenehme Wärme und ein großer Raum. Neben der, durch die er getreten war, gab es nur eine weitere Tür hier drinnen, sie führte wahrscheinlich zu einem Badezimmer, oder zumindest etwas, was dem nahe kam. Fließend Wasser suchte man hier vergebens und wenn es das einmal gegeben hatte, wären die Rohre schon längst von der Kälte zugefroren. Auf dem niedrigen Tisch, um den Kissen und Decken verteilt waren, standen Sakeflaschen und kleine Gläser. Über dem kleinen  Feuer, das im Kamin flackerte, hing ein Topf, in dem – wie Kakuzu feststellte, als er hinein sah – sich eine ungeschickt zusammengewürfelte Masse aus Kartoffeln, Gemüse und Fleisch bestand.  Kakuzu legte den Deckel zurück auf den Topf und sah sich weiter in den Raum um. An einer Wand hingen einige Karten, die er genauere betrachtete. Ausgerechnet die größte von ihnen zeigte die nähere Umgebung. Sogar Jagdgebiete waren dort eingezeichnet.   Der Dieb hatte nicht gelogen. Der direkte Weg zur Hauptstadt führte durch ein Gebirge, das selbst bei gutem Wetter eine Herausforderung darstellte und die Täler verliefen alle Richtung Nordwesten. Dort wurde das Gebirge auch weniger steil. Keine Klippen oder Festspalten. Ein kalter Luftzug verriet Kakuzu, dass der Junge sich lange genug – es mussten mehrere Minuten gewesen sein – mit Hidan unterhalten hatte. „Komische Religion“, meinte er dann auch gleich, „ich meine, nützlich ist sie ja, aber … komisch.“ „Damit erzählst du mir nichts Neues.“ Und es war gerade so schön ruhig gewesen... „Bist du immer so gut gelaunt?“ „Ja.“ „Sympathisch.“ Da Kakuzu nicht wusste, wie er diese Aussage werten sollte, schwieg er. Der Junge folgte seinem Beispiel nicht. „Zumindest ist Jashin gerecht.“ Shouta trat neben Kakuzu und betrachtete die Karten. „Man opfert und bekommt dafür eine Gegenleistung. Sofort und erkennbar. Sonst kenne ich keinen angeblichen Gott, der so etwas tut. “ „Interessante Ansicht.“ Kakuzu blickte auf den Dieb hinab. Er erwiderte den Blick ruhig, grinste aber dabei. „Was ist mir dir? Hast du einen Gott?“ „Nein. Ich brauche keinen.“ „Und das“, sagte Shouta, „macht dich tatsächlich sympathisch.“ Die Sonne war untergegangen, als sie an dem Tisch saßen und das, was die Krieger übrig gelassen hatten aßen. Kein Festmahl, aber so sparten sie ihre Vorräte. Kakuzu gab einen Teil seines Gesichts preis, hatte die Maske ein wenig herunter gezogen, um zu  essen. Selbstverständlich musterte der Junge ihn mit unverhohlener Neugier. „Wirklich keine Falten“, stellte er dann fest und trank einen Schluck Sake. „Sind das da Narben gewesen?“ „Ich wüsste nicht, was es dich zu interessieren hat.“ Kakuzu sah nicht zu ihm. „Ich frag ja nur“, kam es beleidigt zurück, bevor der Dieb seinen Ärmel hoch krempelte. Eine große Brandnarbe kam zum Vorschein. Einzelne Stränge, die sich in weitere dünnere aufteilten zeichneten sich auf der Haut ab. Vermutlich ein Treffer eines Raitonangriffs. „Ich hab auch welche. Die mussten aber nicht genäht werden.“       Nun fiel Hidan wieder mit in das Gespräch ein. Zwischen zwei Bissen brachte er ein „Das wurde nicht genäht“, hervor. „Halt den Mund.“ Kakuzu drehte seinen Kopf zu dem ungeliebten Teampartner. „Ich wollte doch nur, dass wir uns alle besser kennen lernen, Kakuzu-chan.“ Auf diese Aussage lachte der Junge. Warum musste ausgerechnet er von zwei solchen Idioten umgeben sein? Doch hatte das sogar einen Vorteil: Sie unterhielten sich untereinander und ließen ihn in Ruhe.  Herrlich. Von ihm aus konnten sie jetzt stundenlang weiter reden.. „Es ist ungewöhnlich, dass sich hier Krieger gezeigt haben“, erzählte Shouta, „wenn sie reisen, dann bleiben eigentlich auf den Straßen.“ „Vielleicht waren sie jagen?“, schlug Hidan vor. „Kann sein, aber sie müssten genügend Proviant dabei haben. Wer dem König dient, bekommt alles in den Arsch geschoben.“  Er zuckte mit den Schultern. „Sie könnten die Umgebung abgesucht haben.“ „Wegen der Probleme?“ „Das würde es zumindest ein wenig erklären.“ Der Dieb warf einen Blick aus dem Fenster. „Unsere Zeichen können sie unmöglich entschlüsselt haben.“ Hidan blinzelte einige Male. „Eure Zeichen?“ „Ja, ich bin nicht der einzige Dieb in Ōrora no kuni, auch wenn ich behaupten kann, dass ich einer der Besten bin.“   Das war interessant. Kakuzu richtete sich ein wenig auf und fixierte den Jungen mit seinen Augen. „Eurer Informant hat nicht mich, sondern meine Verbündeten angesprochen.“ Hidan bewies, dass bei ihm nicht alles verloren war. „Eine Organisation von Dieben?“, fragte er nach. „Das klingt seltsam.“ „Seltsam oder nicht, aber du hast es recht gut getroffen.“ Shouta schwieg für einige Augenblicke. „Wir bezeichnen uns als Gilde. Weniger strukturiert, aber gleichzeitig verworrener. Aber ja, als Organisation könnte man es auch bezeichnen.“ „Und du warst der Einzige, der gut genug für diesen Auftrag war?“ Im Gegensatz zu allgemeinen Vermutungen war Hidan intelligent genug, um den Sarkasmus zu beherrschen. Der Junge goss sich in aller Ruhe Sake nach. „Nein, ich war nur der Einzige, der verrückt genug ist, anzunehmen.“ „Weil du Begleitschutz brauchst.“ „Unter anderem. Was ich vorhabe, hängt mit eurem hübschen Kristallchen zusammen. Direkte Kämpfe bleiben da nicht aus.“ Er goss Hidan mit einer fließenden Bewegung nach. „Und was hast du davon?“  Ohne es zugeben zu wollen: Auch Kakuzu interessierte diese Frage. Für einen Moment glaubte er Spott in den Augen des Diebes zu sehen. „Ich will dem König die Krone stehlen.“ Der nächste Morgen begann mit schlechten Neuigkeiten. Als Kakuzu aufwachte, stand der Junge schon am Fenster. Noch immer schneite es ein wenig. Der Schnee bedeckte das halbe Fenster. Dreckswetter. Kakuzu richtete sich auf und lief schweigend ans Fenster. Der Dieb sah zu ihm hoch. „Wir müssen so schnell wie möglich los. Wenn wir hier bleiben, erfrieren wir.“ Kapitel 4: Spuren im Schnee --------------------------- Es schneite. Shouta wusste, dass es gefährlich war und seine Mutter einen Schlafplatz im Warmen gesucht hätte. Oder er ihr. Es war eine Zeit, in der das Betteln besser funktionierte, als zu stehlen, weil die Menschen Mitleid hatten, wenn es kalt war. Besonders mit einem Kind, das zitternd und dürr am Straßenrand saß. Nicht, dass es ihm gefiel, deswegen mehr Münzen wie einem Hund einen Knochen zugeworfen zu bekommen, aber Hunger ließ einen jeden Stolz vergessen. Aber jetzt war alles anders. Würde anders werden. Tsubasa hatte ihm warme Sachen, die ihm sogar passten, gekauft. Noch nie, in allen acht Jahren, in denen er jetzt lebte, hatte Shouta Kleidung, die ihm nicht zu groß, zu klein oder zerschlissen war, gehabt! Und jetzt gleich alles auf einmal! Sie liefen nebeneinander her, hatten Kirigakure schon seit einigen Tagen hinter sich gelassen. Shouta wusste, dass sie in den Nordwesten reisen würden, aber... „In welches Reich gehen wir eigentlich?“ Er musste seinen Kopf ziemlich weit in den Nacken legen, um Tsubasa ansehen zu können. Er war so groß. „Ich denke nicht, dass der Name dir was sagt. Es ist kein Ninjareich.“ Shouta überraschte es immer wieder, wie sanft Tsubasas Stimme klingen konnte. „Sagst du es mir trotzdem? Ich will den Namen wissen.“ Ein rücksichtsvolles Lächeln. „Natürlich. Wir reisen nach Ōrora no kuni.“ „Werde ich ein Nordlicht sehen?“ Wenn das Land schon Nordlichtland hieß, war diese Frage ja berechtigt. „Tausende.“ Tsubasa schmunzelte. „Wow.“ Erwartungsvoll ging Shoutas Blick gen Himmel. „Dann werde ich es mögen.“ Shouta wachte auf bevor die Sonne aufging. Das Feuer war zur Glut, die im Dunklen schimmerte herabgebrannt, aber er gab sich nicht die Mühe, es noch einmal zu entfachen. Leise stand er auf, fuhr sich durch die Haare, um sie zu richten und lief ans Fenster. Eisblumen zeichneten ein Muster auf das Glas, ließen nur wenig Platz, um nach draußen zu schauen und die Schneewehe verdeckte beinahe den Rest. Aber es reichte ihm. Für ein Genie wie ihn, war das kein Problem. Shouta sah in den Himmel. Wolken zogen vorbei, bildeten Wirbel, Gebilde, die er lesen konnte wie anderen Buchstaben. Oder Menschen. Eine kleine Bewegung am Rande seines Sichtfelds. Ein Vogel, der über den Schnee hüpfte und sich mit zittrigen Schwingen in die Luft erhob. Shouta sah ihm lange nach, bevor seine Augen so blind wie die anderer Menschen wurden. Dennoch bemerkte er, dass Kakuzu aufwachte und sich neben ihn stellte. Er sah zu ihm hinauf. „Wir müssen so schnell wie möglich los. Wenn wir hier bleiben, erfrieren wir.“ „Woher weißt du das?“ „Wenn einer die Berge Ōroras einschätzen kann, dann bin ich das.“ Er ahnte schon, dass es ihm nicht reichte, setzte also hinzu: „Ein Blizzard ist auf den Weg hier her, einige Stunden haben wir noch, dann werden wir überrannt.“ Kakuzu sah aus dem Fenster. Schien zu überlegen. „Ich wecke Hidan.“ „Danke für das Vertrauen.“ Shouta verdrehte die Augen, drehte sich von ihm weg und trat an die Wand mit den Karten. „Ich hinterlasse noch ein Zeichen, mache das Feuer und dann bin ich bereit.“ Er bekam nicht mal eine Antwort, sondern hörte nur, wie sich Hidan beschwerte. Einige Bewegungen mit einem silbrig glänzenden Dolch und für alle, die es wissen konnten, waren die Zeichen klar. Ein Eimer Sand, der neben dem Kamin stand, erstickte das Feuer, bevor er sich seinen Rucksack, den Bogen und den Köcher in einer Bewegung schnappte. „Ich warte draußen.“ Dort fiel ihm das Atmen leichter als in der stickigen Hütte, in der Türen und Fenster geschlossen bleiben mussten, wenn man nicht eines kalten Todes sterben wollte. Wach konnte man den Temperaturen besser trotzen. Irgendetwas, was ihm nicht gefiel, lag in der Luft, aber er konnte es nicht zu ordnen. Jetzt, wo er nicht nur sah, sondern alles wahrnehmen konnte, verpestete es beinahe die Umgebung. Es kam nicht von den Soldaten, die hier gewesen waren – die Leichen hatte Hidan beseitigt, indem er sie in eine Felsspalte geworfen hatte – das wäre schon längst verflogen, es war etwas anderes. Shouta beschloss Kakuzu und Hidan nichts davon zu erzählen. Noch nicht zumindest. Von drinnen tönte Hidans Stimme: „Was sollte das?“ Kakuzus war leiser, jedoch durchdringender, weswegen Shouta ihn verstehen konnte. „Ein Sturm zieht auf, wir müssen weiter.“ „Das ist kein Grund mich zu treten.“ Shouta grinste, vielleicht hätte er sich nicht nur auf die Symbole konzentrieren sollen. „Rede nicht, sondern komm raus. Der Dieb wartet schon.“ Er war immer noch der Dieb. Wunderte Shouta nicht im Geringsten. Glücklicherweise kamen schnell Schritte der Tür näher und die beiden Akatsukimitglieder kamen ins Freie. „In der Nähe ist ein Dorf, wir können dort Unterschlupf suchen, man … schuldet mir dort noch etwas.“ Shouta drehte sich um. „Es ist nicht weit, wir müssten in etwa zwei Stunden da sein.“ Der Weg gestaltete sich nicht als weiter schwierig, aber der Schneefall verstärkte sich zunehmend und der Wind zog an der Kleidung. Shouta lief mit einigen Abstand vor den anderen, versuchte dieses Gefühl einzuordnen und konzentrierte seine Sinne auf das Dorf. Er ging einige Theorien durch und mit jeder, die sich entwickelte, wurde er unruhiger. Es waren keine guten und jede würde nur noch mehr Ärger verursachen und alles in die Länge ziehen. Nichts, dass er bevorzugte und Shouta wusste, dass seine Begleiter – gerade Kakuzu – das genauso sahen. Oder noch extremer. Was für großartige Aussichten. Ein schmaler Pfad, vom Schnee beinahe gänzlich verdeckt, obwohl er von dem Stein geschützt war, führte zu zugänglicherem Gelände, das das kleine Dorf umgab. Den anderen, eigentlich kürzeren Weg, weiter an den Klippen entlang, wählte Shouta nicht, nicht bei dem Wetter. Es würde mehr Zeit kosten. Der Weg war gerade so breit, dass er selbst problemlos herunter laufen konnte, ohne an die Klippe an der einen, oder dem Abgrund auf der anderen Seite zu kommen. Für Kakuzu und Hidan, beide größer und breiter gebaut als er, dürfte es schwieriger werden, aber Shouta rechnete nicht mit damit, dass einer der beiden daneben trat. Zumal es in Hidans Fall sowieso keine Auswirkungen haben dürfte, außer einer noch weiteren Zeitverzögerung, um ihn zu holen und aus dem Schnee zu graben. Die letzten Meter hinab zur Ebene überwand er mit einigen kleinen Sprüngen von Fels zu Fels, weil es schneller ging, als dem Pfad, der einen Schlenker machte, bis zum Boden zu folgen - und man würde ihm ja schon folgen können. Hier wurde Shouta bewusst, was nicht stimmte. „Scheiße“, sagte er so leise, dass es die anderen nicht hören konnte, fügte aber etwas lauter hinzu: „Etwas ist im Dorf passiert.“ Er sah über seine Schulter zurück. „Ich schicke einen Kage Bunshin vor. Wir müssen nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig erregen.“ Er spürte zwar Kakuzus genervten Blick, aber was sollte es? Er wurde dafür bezahlt, sie durch diese Gegend zu führen, also traf er auch die Entscheidungen. Zumindest solche. Die Gegend hier kannte er besser, gerade das Dorf. Shouta formte die passenden Fingerzeichen, erschuf den Doppelgänger und sah ihm einige Zeit lang nach. „Gab es einen Kampf?“ Hidan griff nach seiner Sense. „Werden wir gleich erfahren.“ Wenn sein Doppelgänger sich auflöste. Sie mussten nicht lange warten, vielleicht ein paar Minuten, in denen Shouta spürte, wie Kakuzu ihn beobachtete. Es ging zu schnell. Umgestürzte Balken, Steine, die verstreut am Boden lagen und vom Schnee beinahe komplett zugedeckt worden waren. Und Blut. Shouta fluchte leise. „Es ist niemand mehr dort. Niemand lebendiges, zumindest.“ Ohne zu warten lief er los, er wollte sich das alles selbst in Ruhe ansehen. Die Chance, jemanden lebendig zu finden, war zu gering, um sich ernsthafte Hoffnungen zu machen, aber um zu wissen, was passiert war, war er lieber persönlich vor Ort. Außerdem mussten sie so oder so dorthin, der Schneesturm würde selbst Hidan schaden. Eingefroren werden war sicher nicht so angenehm für ihn und die Rituale musste er ja anscheinend auch öfters machen. Das Dorf war nicht groß gewesen. Höchstens hundert Einwohner, einige größere Familien, die hier Felder bestellten und niemand war ansatzweise ein Kämpfer gewesen. Sie mussten überrannt worden sein. Scheiße. Der Anblick war noch schlimmer als die Sicht seines Kage Bunshins es hätte vermuten lassen. Es standen nur noch wenige Häuser komplett. Fenster waren einschlagen und einige Häuser schienen gebrannt zu haben, nur war das Feuer schon längst vom Schnee gelöscht worden und der Rauch hatte sich verflogen. Shouta stoppte seine Bewegungen. Kakuzu und Hidan traten an ihn vorbei. „Ich schaue mich weiter um“, sagte er mit trockener Stimme und war weg, bevor man ihm antworten konnte. Sie würden schon selbst zu recht finden und auch wenn hier, entgegen aller Wahrscheinlichkeit, doch Angreifer warten, wäre das kein Problem für Akatsuki. Immerhin waren es S-Rang-Nukenin. Es war gerade wichtiger zu wissen, was passiert war. Den Spuren nach zu urteilen, zumindest denen, die noch nicht vom Schnee verdeckt waren, kamen die Angreifer aus dem Süden und waren auch wieder in diesen verschwunden. Anbetracht der Menge des Schnees, der gefallen war und dem erloschenen Feuer, dessen Asche eiskalt war, musste es in der letzten Nacht passiert sein. Shouta folgte einer Spur von aufgewühltem Schnee, der teilweise dunkel verfärbt war, und Holzsplittern in ein zerfallenes Haus. Alles deutete auf einen Raubüberfall hin, doch etwas stimmte nicht. Das war nicht alles. Als ob er sich so leicht täuschen lassen würde. Andere vielleicht, aber sicher nicht ihn! Im Haus sah es nicht besser aus als im restlichen Dorf, vielleicht sogar noch schlimmer, denn ein Teil der Decke war eingestürzt und … „Scheiße.“ Schnell, aber vorsichtig, kletterte Shouta über die Trümmerteile zu dem, was er gesehen hatte und wiederholte seinen Fluch mit größerem Nachdruck. Unter den Balken und den Steinen lag ein Kind, ein kleines Mädchen mit dunklen Haaren, die von der Kälte beinahe weiß und gefroren waren. Shouta schätzte sie auf höchstens zehn Jahre. Und ihre Augen bewegten sich. Sie war nicht tot. Das Zittern unterdrücken kniete er sich neben das Mädchen, strich ihr eine gefrorene Strähne aus der Stirn. Nur mit Mühe wandte er sich von ihrem Gesicht ab zu ihrem Körper. Keine Chance, sie da lebend heraus zu bringen. Das Gewicht hatte ihr mit Sicherheit die Rippen zertrümmert und die Kälte hatte ihr übriges getan. „Wer war das?“ Shouta sah ihr in die Augen. Es war einfacher, als den halbtoten Körper anzusehen. Das Mädchen öffnete ihren Mund, doch kamen keine Worte heraus. Nur ein Schwall Blut. Shouta schloss seine Augen, kramte dann in seiner Manteltasche nach einem Dolch, als er sie wieder geöffnet hatte. Gift. Es war kein schmerzhaftes, es war ein friedliches und sie war sowieso so gut wie tot. Es würde schnell gehen. „Es tut nicht weh“, murmelte er noch leise, bevor er die Klinge unterhalb ihres Schlüsselbeines ansetzte und vorsichtig über die Haut ritzte. Den Schnitt würde sie wahrscheinlich spüren, oder die Schmerzen verglichen mit den restlichen nicht als schlimm empfinden. Noch bevor ihr Atem stoppte, stand Shouta hastig auf und verließ das Haus. Seine ohnehin schon recht helle Haut war blasser geworden und er braucht einige Sekunden um das Zittern seiner Hände unter Kontrolle zu bringen. Wer zum Teufel war das gewesen? Das war kein Raubüberfall, er hatte noch Besitztümer, die wertvoll erschienen gesehen. Vor sich hin fluchend folgte er weiteren Kampfspuren. Selbst wenn hier keiner kämpfen konnte, gewehrt haben musste sich doch jemand. Oder einer der Angreifer etwas verloren. Irgendetwas. Und dieses irgendetwas fand Shouta schließlich auch. Es war nur ein Fetzen Stoff, der sich in einem Strauch verfangen hatte. Graubraun, grobe Struktur, aber haltbar und von guter Qualität. An dem Rand erkannte er einzelne weiße Fäden, die von einer Stickerei stammen mussten. Wütend warf Shouta den Fetzen in den Schnee zurück, drehte sich auf den Absatz um und lief zu den Akatsukimitgliedern zurück. Diese hatten sich in das einzige Wirtshaus des Dorfes – es stand noch glücklicherweise – zurück gezogen und es dem Anschein nach untersucht. „Die Regierung ist hier eingefallen.“ Shouta begann zu sprechen, bevor er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Es war kalt hier, auch, wenn einer der Beiden das Feuer im Kamin neu entfacht hatte. „Fragt mich nicht wieso.“ Er ließ sich an einen Tisch fallen. Selbstverständlich reichte das Kakuzu nicht. Dazu musste dieser nicht einmal etwas sagen. Genervt warf Shouta ihm einen Blick zu. „Im Süden gibt es eine Basis des Militärs und die Angreifer kamen aus der Richtung und ich habe Teile der Kleidung gefunden. Zusammen mit den Unruhen ist das die Einzige Erklärung, die mir sinnvoll erscheint.“ Glücklicherweise schien sich Kakuzu denken zu können, dass es hier keine großen Reichtümer geben konnte und das bisschen, was da war, nicht gestohlen wurde. Konnte man hier drinnen ja auch sehen. Hier war fast nichts zerstört, nur einige Stühle umgeworfen. Wahrscheinlich hatte es die Nacht keine Gäste gegeben und der Wirt hatte in seinem Bereich geschlafen. Dann hatte es keinen Grund gegeben, hier zu kämpfen. So eine verdammte Scheiße... „Wir bleiben dennoch hier“, entschied Kakuzu schließlich und Shouta nickte schwach. „Eine andere Wahl haben wir nicht. Das Blizzard wird uns bald erreicht haben.“ Tolle Aussichten. „Ich vermute der Rest des Gasthauses wird nicht mehr warm. Wir schlafen am besten hier unten.“ Noch bessere Aussichten. Kakuzu nickte ihm zu. „Vorher durchsuchen wir noch alles.“ Wenigstens war er vorsichtig. Das musste man ihm lassen. Am Abend, als der Sturm über das zerstörte Dorf fegte und alle Spuren beseitigte, saßen sie in der Nähe des Kamins. Dank der Stühle und Tische, die sie zerlegt und verbrannt hatten, war es zumindest hier angenehm warm. Die Mäntel hatten sie sich – endlich – ausziehen können und so hatte Shouta einen recht guten Blick auf Kakuzus Unterarme, die unter dem hochgekrempelten Oberteil heraus schauten. Auch hier diese seltsamen Narben. Woher kamen sie? Doch hatte er keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Vor ihnen hatte Shouta die Karte ausgebreitet und deutete auf eine Stelle. „Dort ist die Basis, wir sollten sie umgehen. Spart nur Zeit.“ Er fuhr weiter auf dem Papier entlang. „Wenn wir uns beeilen, sind wir in zwei Tagen aus dem Gebirge heraus, unterwegs gibt es noch ein weiteres Dorf, dort können wir die nächste Nacht verbringen. Im Innenland dürfte noch kein Schnee gefallen sein, da können wir verlorene Zeit wieder gut machen, wenn wir draußen übernachten. Nicht sehr angenehm, aber-“ „Rede nicht so viel.“ Kakuzu starrte ihn an. „Wir wissen, dass es draußen kalt ist.“ Shouta verdrehte die Augen, rechnete schon mit einem erneuten Schlag, der jedoch ausblieb. „Aber es geht schneller. Einen weiteren Tag und wir sind in Arashi, die erste Stadt im Flachland.“ Er lehnte sich ein Stück zurück, betrachtete einige Momente die Ringe an seinen Fingern und sah dann auf. „Habt ihr Erfahrung mit Pferden?“ Beidseitiges Kopfschütteln. Hatte er sich ja schon gedacht. „Als Ninja nicht nötig, ich weiß.“ Shouta seufzte. „Es wäre unauffälliger gewesen, aber Zeit, reiten zu lernen, habt ihr nicht.“ Dann eben anders. „Ihr habt sicher nichts, gegen einen ungemütlichen, aber schnellen Weg, was?“ „Was hast du vor?“, fragte Kakuzu mit bedrohlicher Stimme. „Ich mag es, dass du nicht vom Thema abbringen lässt.“ Shouta grinste. „Zu dritt sind wir auffällig, aber ihr könnt kämpfen. Wir nehmen einen direkteren weg, einen Bergpass, ihr schlagt uns durch und wir sind schneller in der folgenden Stadt.“ Er sah ihn direkt in die Augen. „Einverstanden?“ „Ja.“ „Dann sehe ich keine Probleme mehr.“ Shouta faltete die Karte zusammen und stopfte sie zurück in den Rucksack. „Ich hoffe, dass der Schneesturm morgen wirklich vorbei ist. Es ist schwer zu sagen, selbst für mich.“ „Und das bei deinem Talent“, kommentierte Kakuzu trocken. Shoutas Grinsen, das nie ganz verschwunden war, verstärkte sich. „Glaub mir, es stecken tausende Talente in mir.“ Kapitel 5: Arashi ----------------- Kakuzu wurde von dem Knistern des Feuers geweckt. Als er sich aufrichtete, erkannte er Shouta vor dem Kamin sitzend und Holz nachlegend. Er zitterte und hatte sich über das kurzärmlige Oberteil, das er zuvor getragen hatte, eine Jacke gezogen. Für jemanden, der hier aufgewachsen war, war es erbärmlich, so schnell zu frieren. Kakuzu selbst tat das nicht im Geringsten, hatte aber nichts gegen mehr Wärme im Raum. „Habe ich dich geweckt?“ Der Junge bekam viel mit, wenn er das bemerkt hatte. Kakuzu hatte kaum Geräusche gemacht. „Ja.“  Und das nervte ihn. „Kommt nicht wieder vor.“  Der Dieb drehte sich um und lehnte sich neben den Kamin. „Zumindest hoffe ich das. Du hast einen leichten Schlaf.“  Er grinste. Immer noch. Er hörte scheinbar nie damit auf. Wie nervig. „Das hoffe ich.“  Er stand auf, um sich ebenfalls an den Kamin zu setzen. War ja doch angenehmer  und wenn er schon mal wach war, konnte er sich auch aufwärmen. „Du solltest mir wirklich mehr vertrauen. Wir arbeiten zusammen.“ Im Feuerschein glänzten Shoutas Augen noch herausfordernder als sie es ohnehin schon taten. Anstrengendes Kind. „Aus diesem Grund tue ich es nicht.“ Der Junge lachte leise auf. Hidan bewegte sich kurz im Schlaf, wachte jedoch nicht auf. Generell tat er das selten. Der feste Schlaf Hidans wäre fast bewundernswert, wäre es nicht so verdammt  nutzlos. „Deswegen mag ich dich“, sagte der Dieb schließlich. „Wirklich. Ich find's gut, dass du mir nicht vertraust.“ In der Dunkelheit war es schwer, seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, zumal er nicht mal in seine Richtung, sondern geradeaus an die gegenüberliegende Wand sah. Kakuzu verfluchte, dass Shouta bei allem, was er sagte, spöttisch klang und das Einschätzen seiner Worte somit dementsprechend schwer war. „Und das hat nichts mit Vertrauen zu tun?“ Komisches Kind. Wirklich komisch. Shouta lachte erneut leise. „Ich kann Leute mögen, ohne ihn zu vertrauen. Eigentlich vertraue ich niemanden vollkommen, obwohl es viele Personen gibt, die ich sehr mag.“ Kakuzu beschloss erst nach einigen Momenten des Wartens zu antworten. „Vielleicht bist du doch klüger, als ich dachte.“ „Wie nett von dir, das zu sagen.“ „Das war kein Kompliment.“ „Ich weiß.“ Nun drehte der Junge den Kopf zu ihm. „Du hast es generell nicht damit, nehme ich an.“ Kakuzu nickte. „Du hast es erfasst.“ Sie kamen nicht dazu, zu schweigen, denn Shouta erhob sofort das Wort. Eigentlich hatte es Kakuzu dabei belassen wollen, aber der Dieb hielt wohl nicht einmal nachts seine Klappe. „Warum trägst du immer diese Maske? Die Falten sind es nicht und ich glaube nicht, dass sich jemand wie du sich seiner Narben schämt.“ „Warum willst du es wissen?“ Für einen Moment traf sich ihr Blick. Der Dieb grinste, wandte sein Gesicht aber zu einem der Fenster. „Wieso nicht?“ „Weil es dich nichts angeht.“ „Ich bin neugierig.“ „Nicht zu übersehen.“ „Ändert für dich nichts, was?“ „Damit liegst du vollkommen richtig.“ „Wie schade.“ Shouta zog sich die Jacke enger um den Körper, zitterte aber nicht mehr.  Dann wurde es still zwischen den Beiden. Ab und an knackte es im Feuer und der Junge legte noch einiges an Holz nach. Gerade wollte Kakuzu sich zurücklegen, er konnte sich Schöneres vorstellen, als die Nacht mit einem nervigen Kind zu verbringen, als Shouta noch etwas sagte. „Wie schade, dass ihr nicht so begeistert von dem Pferd wart.“ Kakuzu hielt in der Bewegung inne, sah ihn doch noch mal an. „Du musst wissen, ich kann sehr gut reiten.“ „Was du nicht sagst, Junge.“ Es kam keine Antwort mehr, zumindest bekam Kakuzu keine mehr mit, denn kaum, nach dem er sich hingelegt hatte, war er wieder eingeschlafen. Der Dieb hatte sein Wort gehalten. Der Schneesturm war über Nacht abgeklungen und zwei Tage später waren sie ohne Probleme im Flachland angekommen. Die erste Nacht außerhalb der Berge hatten sie draußen verbracht. Es war eine kurze Nacht gewesen, im Schutz von einigen riesigen Felsen und einem Feuer, das nur im Ansatz gewärmt hatte. Die Gegend hier war durch sanfte Hügel und freie Fläche, über die der Wind hinweg fegte, geprägt. Es war ein karges Land. Shouta hatte gemeint, hier wüchsen nur einige robuste Getreidearten und ledrig schmeckende Äpfel (nicht, dass sich Kakuzu unter dem Begriff etwas vorstellen konnte), aber auch die nicht gut. Es wäre die ärmste Gegend Ōroras. Nach allem, was Kakuzu bis jetzt gesehen hatte, wunderte es ihn nicht. Die Straße war selten befestigt und wenn sie es war, dann schlecht. Lose Steine versperrten den Weg und Schlaglöcher waren mit dreckigem Wasser gefüllt. Einmal waren sie an einem im Dreck stecken gebliebenen Karren vorbei gekommen. Eines der Räder war zerbrochen und am Holz waren dunkle Flecken zu sehen. Auch das hatte der Junge mit einigen Worten („Das werden wir hier öfter sehen.“) kommentiert. Der Himmel war mit Wolken verhangen, für Schnee war es noch zu warm, aber der Wind war schneidend. Kakuzus Kleidung gab wenig Haut preis, doch die freie Stelle um seine Augen brannte von der Kälte. Hidan fluchte ab und zu und der Junge hatte sich die Kapuze, die immer wieder zurück geblasen wurde, tief ins Gesicht gezogen. Die Haut gerötet und die Lippen aufgeplatzt. „Bald sind wir in Arashi, wenn ihr einverstanden seid, ein wenig mehr Geld auszugeben, müssen wir auch nicht bei den Ratten schlafen.“ Während des Laufens drehte sich der Dieb um und sah zu ihnen zurück. „Ich hoffe, ihr seid es.“ „Wie viel ist ein wenig mehr Geld?“, fragte Kakuzu nach. Shouta zuckte mit den Schultern. „Die Leute dort sind arm, es wird nicht teuer werden, aber mehr kosten, als die billigen Absteigen. Kontrolliert werden wir dort nicht. Die Regierung ist nicht an Bauern interessiert.“ „Wir geben mehr Geld aus“, sagte Hidan, ohne auf eine Antwort Kakuzus zu warten. Das war ihm jedoch recht. Wenn sich schon die Gelegenheit bot, nicht in dieser Kälte zu schlafen, würde er diese Chance zu nutzen. So oft würden sie nicht mehr dazu kommen, also nickte er bloß. Das Gesicht des Diebs hellte sich auf. „Ihr könntet mich nicht glücklicher machen.“ „Was für eine Freude“, knurrte Kakuzu genervt. „Ich weiß.“ Er drehte sich wieder um, beschleunigte seine Schritte ein wenig. Auch das war in Ordnung. Immerhin kamen einige Dächer der Stadt schon hinter einem Hügel zu Vorschein. Nur wenige Minuten später war die Straße gepflastert, breiter und schlängelte sich einen Weg durch die das Land hin zu den Stadtmauern aus dunklem Stein. Davor einige Soldaten. Schon wieder. „Scheiße.“ Der Junge fasste die Situation erstaunlich gut zusammen. „Das  sollte nicht so sein.“ Kakuzu schnaubte genervt. „Wirklich?“ „Spar' dir den Sarkasmus. Ich weiß, hätte damit rechnen können, nachdem diese Bastarde das Dorf ausgerottet haben.“ Der Dieb fuhr sich durch die Haare. „Okay. Planänderung: Wenn da schon welche sind, dann auch in der Stadt.“ „Und das wäre schlimm, weil?“ Hidan hatte schon nach der Sense gegriffen. Immer bereit für einen Kampf. „Weil wir auffallen würde und das würde uns Zeit kosten. Schlimmstenfalls würden sie auch noch die Sicherheitsvorkehrungen am Palast erhöht und es ist jetzt schon schwer genug.“ Eigentlich hätte sich das selbst Hidan denken können. „Ich weiß nur nicht, wie viele dort drinnen sind und warum.“ „Dann finde es heraus.“ Kakuzu sah auf Arashi herab. Die Soldaten dürften kein Problem für sein, aber Shouta hatte Recht. Mehr Ärger konnten sie nicht gebrauchen. Plötzlich fluchte der Dieb noch einmal. „Wir wurden gesehen. Westlich von uns.“ Kakuzu sah in die genannte Richtung. Tatsächlich kam eine Gruppe Krieger auf sie zu. Mehr, als vor der Hütte und dem Chakra nach zu urteilen auch stärker. „Ich probiere es noch mal mit Reden“, sagte der Dieb schnell, bevor Hidan sie angreifen konnte. Er war wirklich nicht allzu dumm. „Wer seid ihr?“ Einer der Soldaten trat auf sie zu. „Reisende. Wir wollen nach Umi No Mon. Die Meerluft genießen, angeln, verstehen Sie?“ Der Junge nahm die Kapuze ab, sah den Mann vor ihm erstaunlich freundlich an. „Umi No Mon ist in Unruhe.“ „So ist das?“ Der Dieb legte den Kopf schief. „Dann werden wir uns ein anderes Ziel suchen. Die Nacht wollten wir sowieso in Arashi bleiben und-“ Er bekam das Wort abgeschnitten. „Papiere.“ „Natürlich.“ Shouta kramte in einer Tasche nach einigen Fetzen Papier und reichten sie seinem Gegenüber. „Tori Shouta ist dein Name.“ „So steht es da. Genau.“ Nun war der Hohn wieder in seine Stimme zurück gekehrt. Keine kluge Idee. Kakuzu nahm alles zurück, was er über die Intelligenz Shoutas gesagt oder gedacht hatte.  Er war leichtsinnig. „Die Diebe machen Ärger in diesen Tagen.“ Der Junge bekam die Papiere zurück in die Hand gedrückt. „Wisst ihr etwas darüber?“ „Diebe?“ „Ja. Die Sanzoku-Gilde, hört man.“ „Ich dachte, es ging um Aufstände?“  Shouta verfolgte den Mann mit den Augen, wirkte gelassener, als er es vermutlich war. „Diese Ratten machen Ärger.“ „Tun sie.“ Hoffentlich vergeigte der Junge das jetzt nicht, aber glücklicherweise wechselte der Soldat das Thema. Besser wurde es dadurch nicht unbedingt. Er sah zu Kakuzu und Hidan. „Das sind Fremde, oder?“ „Sie waren noch nie in Umi, wenn Sie das meinen.“ Der Dieb grinste nun sogar. Wie immer überheblich, als würde er sich mit einem sehr dummen Kind unterhalten. „Worauf wollen Sie heraus? Es ist nicht verboten zu reisen.“ Der Soldat verengte seine Augen, trat einen Schritt auf den Jungen, der stehen blieb, zu. „Ich stelle die Fragen. Wir wollen Sicherheit für Arashi.“ „Das ist ja was ganz Neues.“ Das war der Punkt, an dem Kakuzu beschloss, einzugreifen, bevor Shouta alles ruinierte. Verdammter Idiot. „Wir kommen nicht aus Ōrora, wenn Sie das meinen.“ Das war so oder so offensichtlich. Der Soldat wandte sich vom Jungen ab und sah stattdessen zu Kakuzu. Er war unsicher, das merkte man ihm an. Immerhin schindete er, mit Maske und bedeutend größer mehr Eindruck, als ein junger Mann, der beinahe noch ein Kind war. „Dann haben Sie keine Papiere unseres Landes, nehme ich an.“  Er stockte. „Kommen Sie aus einem Ninjareich?“ Ein kritischer Blick zur Sense Hidans. Scheißding. War ja klar, dass es auffiel und Ärger machte, wenn ein eindeutiges Mordwerkzeug auf dem Rücken klebte. „Wir kommen aus einem, ja.“ „Dann müssen wir Sie bitten mitzukommen. Wir sind zu größter Sicherheit verpflichtet und  Personen aus Ihren … Reichen stellen grundsätzlich eine potentielle Gefahr dar.“  Dennoch blieb der Mann vor ihm stehen, bewegte sich nicht weiter. Der Junge fiel wieder mit in das Gespräch ein. „Neue Gesetze, was? Dann können Sie uns sicher den Befehl dafür zeigen.“ Kakuzu bemerkte, wie der Dieb die Hände ein wenig sinken ließ. Der Soldat schritt auf ihm zu. „Wir unterstehen dem König direkt, wir müssen nichts beweisen.“ Kakuzu überlegte nicht lange, bevor er antwortete. Schon jetzt zogen sie mehr Aufmerksamkeit auf sich, als ihm lieb war. Würden sie folgen und dann kämpfen – und darauf würde es hinaus laufen – würden sie nur noch mehr Ärger haben. „Wir werden nicht mitkommen.“ Es passierte schnell. Im ersten Moment sah er, wie die Soldaten die Waffen zogen, im nächsten wehrte er schon einen Speerstoß mit seinem verhärteten Arm ab und sah aus den Augenwinkeln, wie der Junge einen Angriff auswich. Er hatte zwei Dolche, mit langer, schmaler Klinge, gezogen und grinste. Er meinte, kurz zu sehen, dass seine Augen aufglimmten, hatte aber keine Zeit, weiter hinzusehen. Hidans Sense schoss an ihm vorbei, durchbohrte einen der Männer und hinterließ eine Spur aus Blut auf dem Gras. Ein Schlag und dem Soldaten, der ihn angegriffen hatte, war das Genick gebrochen. Weitere  Augenblicke später schossen die restlichen auf sie zu. Kakuzu wich mühelos aus, ließ die Fäden aus seinen Armen hervor schnell um die Oberkörper der nächsten Angreifer zu durchstoßen. Das ließ ihm Zeit, um den Dieb kurz zu beobachten. Tatsächlich hatte er sich nicht geirrt: Das Grün in den Augen hatte sich von den Iriden bis auf das Weiß ausgebreitet und glühte schwach. Ein Kekkei Genkai. Ein Dojutsu. Was auch immer es für eines war, es schien nützlich zu sein. Das Ausweichen gelang ihm mühelos und die Klingen durchstießen die Blockaden der Soldaten. Kein direkter Kämpfer hatte er gesagt? Dafür schlug er sich, zumindest gegen diese Gegner, die sicher nicht mit Elite-Shinobi zu vergleichen, aber nicht schlecht waren, recht gut. Interessant. Er tötete schnell, im Gegensatz zu Hidan. Die Verletzungen, die er zufügte – gerade duckte er sich unter einem Hieb eines Katanas und durchschnitt die Kniekehle seines Gegners – waren nicht da, um Schmerzen zuzufügen, sondern um leichter zu töten –  jetzt hatte ein Dolch den Nacken durchbohrt, nach dem der Mann eingeknickt war. Getroffen wurde Shouta dabei nicht ein einziges Mal. Noch während er ihn beobachtete (und hörte, wie Hidan jemanden mit der Sense zerteilte und lachte), kämpfte Kakuzu ebenfalls weiter. Er musste sich nicht mal die Mühe geben, weiter auszuweichen oder seine Haut zu verhärten. Die meisten der Soldaten waren unbewaffnet und nicht sonderlich stark. Die Schläge lenkte er einfach ab, schlug dann selbst zu und ließ die Fäden den Rest erledigen. Nur noch einer versuchte es mit einem Angriff mit einem Dolch, doch war auch das kein Problem. Mit einem Schlag riss er ihm die Waffe aus der Hand und die Fäden schlossen sich um den Hals. Ein lautes Knacken folgte und der letzte Soldat war tot. Ein einfacher Genickbruch. Kakuzus Blick ging über die Leichen, man konnte eindeutig sehen, wer von wem umgebracht worden war, und dann zu Arashis Stadttoren.  Man schien sie nicht bemerkt zu haben, aber lange würde das Fehler den Soldaten nicht unentdeckt bleiben. Ganz toll. „Junge“, er sah Shouta an, „bring uns hier weg.“ Verdrehte Augen, schon wieder, und das immer noch mit aktivierten Kekkei Genkai. „Stell dir vor, ich hatte nicht vor, hier zu bleiben.“ Kakuzu ging einen Schritt auf ihn zu und der Dieb verstand. Scheinbar war er wirklich in der Lage, dazuzulernen. „Ja, ist gut. Ich bringe euch hier weg.“ Shouta drehte sich um und lief in Richtung Norden los. Nach kurzer Zeit hatten sie sich in einer Höhle in einem Wald zurück gezogen. Ein kleines Feuer sorgte für Wärme und sie hatten Schutz vor dem kalten Wind. „Und jetzt?“ Kakuzu starrte den Dieb an. „Wie sieht dein Plan aus?“ Shouta fuhr sich kurz durch die Haare. „Ich gehe alleine zurück Arashi. Ich komme rein, ohne erkannt zu werden. Wir müssen wissen, was los ist.“ Das ergab wenigstens Sinn. „Dann geh und beeile dich.“ Er hatte keine Lust, bis zum nächsten Tag auf eine Antwort zu warten. Es war Nachmittag. Bis dahin dürfte der Junge das geschafft haben. Er war doch so talentiert. „Kannst du diese Befehle nicht sein lassen?“ Kakuzu gab sich nicht mal die Mühe, verbal zu antworten. Ein Blick reichte, um Shouta zum Schweigen zu bringen. Der Junge trat sogar noch einen Schritt zurück. „Ich komme die Nacht noch zurück.“ Er grinste. In Ordnung. Kakuzu hatte sich zu früh gefreut. „Du kannst ruhig auf mich warten.“ Sie sahen sich einige Momente lang an, dann drehte sich der Dieb um und verschwand aus ihrem Sichtfeld. Hidan, der sich an die felsige Wand gelehnt hatte, zog eine Augenbraue hoch. „Was war denn das jetzt?“ Das hätte Kakuzu auch gerne gewusst. Kapitel 6: Der Platz der Bettler -------------------------------- Shouta war schnell und er kannte die Umgebung Arashis. Er hatte tatsächlich nicht vor, Kakuzu warten zu lassen – zumindest nicht lange – und hatte selbst keine Lust bei der Kälte stundenlang durch die Gegend zu laufen. Es würde schon schnell gehen und vielleicht konnten sie zumindest die nächste Nacht in einem Gasthaus schlafen. Mal wirklich im Warmen und ohne Ratten, die einen über den Körper kletterten. Nur für sich. Alleine war er schneller, brauchte nicht lange, bis er Arashis Stadtmauern erreicht hatte.  Als er sich aus dem Schutz des Waldes herauswagte, formte er Fingerzeichen und tarnte sich mit einem Jutsu. Es war keine komplette Unsichtbarkeit, aber er passte sich seiner Umgebung perfekt an und das reichte für die Dämlichkeit der Stadtwachen. Warum auch mehr Chakra verschwenden, wenn es auch so ging? Ein kurzer Blick über die Schulter, ein Sprung an einen Vorsprung der Stadtmauer, seinen Schatten verstecken und dann weiter herauf. Eine Leichtigkeit, natürlich. Als könnten einige Wachen und eine lächerliche Mauer ihn aufhalten! Shouta grinste, blieb nur für wenige Sekunden auf der Stadtmauer knien, um die Lage unter sich zu beachten und war schon einen Sprung später in Arashi. In Ordnung. Jetzt musste er nur noch herausfinden, wie weit sich die Aufstände ausgebreitet hatten. Die Morinos hatten nur etwas vom Norden erzählt, doch wenn schon hier Wachen waren, waren es weit mehr Probleme. Verdammtes Fuyu und seine Abgeschiedenheit! Aber gut... er wäre kein Meisterdieb, würde er nicht mit ein paar kleinen Verzögerungen klarkommen. Er würde schon den Auftrag und zusätzlich sein Ziel erfüllen. Sorgen machte er sich keine. Höchstens darüber, dass Kakuzu doch die Geduld verlor und ihm die Nase brach. Dass das ein viertes Mal passierte, musste nicht sein.   Shouta löste das Jutsu auf, fuhr sich durch seine Haare und sah sich interessiert um. Es hatte sich kaum was verändert. Arashi war dreckig, stank und Leute sah man kaum auf den Straßen. Entweder waren sie in den Häusen,  um der Kälte ein wenig zu trotzen, bei dem Vieh oder beim Ernten des letzten angebauten Getreides, das widerlich aussah und noch widerlicher schmeckte. Genau so wie das Fleisch des Viehs.... wenn er eine Gaststätte suchen würde, dann eine, in der die wenigen Jäger hier das Wild verkauften. Dann gab es zumindest etwas, was nicht schmeckte wie altes Leder.  Dürfte auch seinen Begleitern recht sein. Er musste nicht lange überlegen, wohin er gehen sollte. Wenn es einen Ort gab, an dem Diebe ungestört ihrer Geschäfte nachgehen konnten, dann war es der zweite Marktplatz. Einer der wenige Orte, an denen Menschen unterwegs waren. Dort – und in der Taverne, die dort angrenzte.  Wie alles in Arashi war der zweite Marktplatz kein Platz, an dem man gerne war. Für gewöhnlich wurden hier Ausschussware, die nach dem Wochenmarkt übrig geblieben war und Dinge mit zweifelhafter Herkunft verkauft. Ansonsten trafen sich hier die Ärmsten der Armen, der Abschaum. Shouta kam nicht gerne hier her, aber damit war er nicht alleine. Auch wenn Soldaten hier waren, diesen Teil der Stadt mied man mit Sicherheit. Natürlich behielt er recht. Bettler – mehr als sonst – saßen am Rand, ansonsten war es leer. Einen von ihnen, weil er Shouta an irgendwen erinnerte, warf er einige Ryo, genügend für eine warme Mahlzeit, vielleicht auch mehr, zu. Ein dankbares Lächeln war die Antwort und das reichte ihm. Damals hatte er oft weniger zurückgegeben. Schon als Kind war das Betteln nie seine Stärke gewesen, auch, wenn man oft Mitleid mit ihm gehabt hatte. Nicht, dass er das je gewollt hatte – Mitleid ließ ihn sich schwach fühlen –, aber es gab Zeiten, da war er froh darüber gewesen. Eigentlich hatte er es sogar manchmal genossen.   Er erinnerte sich gerne an die Zeit, in der ihn eine Frau, ein Mitglied eines wichtigen Clans, ihn zu sich eingeladen hatte.  Dort zu sein, warmes Essen zu bekommen und sogar etwas mitnehmen zu dürfen, das Gefühl zu haben, keine Straßenratte zu sein, war damals unbeschreiblich gewesen. Es hatte Tage gegeben, da hatte sich Shouta gewünscht, dass diese Frau, die stets streng, aber gütig und aufmerksam gewesen war, seine Mutter gewesen wäre und nicht eine Frau, die zu unfähig war, um alleine zurecht zu kommen. Niemals hatte er es ausgesprochen, sich dessen geschämt, aber aus heutiger Sicht war der Wunsch vollkommen verständlich. Es war gut so, dass er niemals aufgenommen wurde, er hätte auch gar nicht in den Clan gepasst, nicht einmal rein optisch, alle Mitglieder waren blond gewesen, nur so, war er überhaupt nach Ōrora gekommen, aber die ersten Jahre seines Lebens wären bei weitem schöner gewesen.   Mit einem Kopfschütteln stieß er die Gedanken beiseite, seufzte leise und öffnete die Tür zu der Taverne. Das Schild, Zur alten Eiche, wo auch immer hier mal eine gestanden haben sollte, quietsche bedenklich über seinem Kopf und Shouta verzichtete darauf, noch mal tief Luft zu holen, bevor er in das Gebäude trat.   Sofort schlug im eine Wand aus schlechter, zu warmer und verbrauchter Luft entgegen. Genau der Grund, warum er nicht hier rein wollte. Shouta verzog sein Gesicht einen Moment lang und sah sich im Raum um.  Es waren nur wenige Personen da, er kannte die meisten von ihnen, aber er ließ sich das nicht anmerken, sondern ging nur auf einen der Männer zu. Wenigstens etwas Glück, das man ihm heute gönnte. Der Mann war ein wenig größer als Shouta, besaß breite Schultern und ein markantes Gesicht. „Sensei“, sagte Shouta und setzte sich zu ihm an den Tisch, der an einem schmutzigem Fenster stand, „was machst du in Arashi?“ Sein Sensei, er hieß Tsuneo, grinste, bestellte mit einem Handzeichen Met für sie beide und wandte sich dann Shouta zu. „Dasselbe könnte ich dich fragen.“ „Ich habe zuerst gefragt.“ Die Wirtin, eine Frau, deren beste Tage schon einige Jahre und noch mehr Zigaretten und Drogen zurücklagen, stellte zwei Gläser auf den Tisch. Sie verschwand schweigend in einem anderen Teil der Gaststätte. „Ich habe beruflich in der Nähe zu tun und muss für einige Tage hier bleiben.“ Tsuneo trank einen Schluck. Shouta tat es ihm gleich. „Dann kann ich dich ja um einen Gefallen bitten.“ „Was gibt es? Ein Auftrag?“ Shouta nickte. „Ja. Ich muss mit zwei Ninjas in die Hauptstadt, eine Nacht hier um die Lage zu beobachten wäre gut, vielleicht auch mehr, je nachdem, wie das Wetter mitspielt.“ Tsuneo zog eine Augenbraue hoch und seufzte. „Es ist also dieser Auftrag.“ Das hatte sich natürlich herum gesprochen. Er hatte auch mit nichts anderem gerechnet. Diebe konnten widerliche Plappermäuler sein, wenn es um die Aufträge anderer ging. „Ja. Was ist hier überhaupt los? Ich dachte die Regierung hätte die Widerständler im Griff.“ Ein Auflachen seines Gesprächspartner. „Wann hatte die Regierung je etwas im Griff?“ „Akira zumindest.“ „Auch der einzige Mann am Hofe ist nicht allmächtig.“ Tsuneo lachte auf, trank einen großen Schluck des Alkohols. „Nein? Wirklich?“ Shouta verdrehte die Augen. „Erzähl mir jetzt einfach, was los ist und wo ich die Nacht verbringen kann.“ Er schwieg kurz, setzte dann noch mal an: „Ohne mit Ratten ein Bett teilen zu müssen.“ „Anspruchsvoll bist du auch noch.“ „Tsuneo, bitte. Ich will nicht im Dunklen zurücklaufen müssen.“ „Ist gut. Ich habe was für euch.“ Shoutas Gesicht hellte sich auf. „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen konnte.“ Ein Glück, dass er ihn getroffen hatte. „Und du hast sicher keine allzu großen Bedingungen, oder?“ „Nein. Der Widerstand kommt uns da sogar recht.“ „Interessant. Erzähl mir mehr.“ Tsuneo grinste. Entblößte dabei einen goldenen Eckzahn. „Die Bürger hier sind unzufrieden mit der Situation und haben schon lange vor dem Norden angefangen, sich zusammenzuschließen. Die Soldaten können daran nichts ändern, Bauern sind schlauer als sie es einschätzen.“ Er deutete mit dem Kopf auf den Fenster. „Egal wen du fragen wirst, solange du kein Soldat bist, wirst du die gleichen Aussagen hören.“ „Nieder mit dem Thron?“ „Genau.“ Tsuneo sah aus dem Fenster. „Man wird euch helfen. Sie sind der Gilde wohlgesonnen.“ „Dann sollten sie unauffälliger Revolution spielen.“ Shouta schnaubte, blickte sich abwertend in dem Raum um. „Natürlich sollten sie das. Das wäre auch besser für sie.“ Mit einem Seufzen fuhr sich Shouta durchs Haar. „Ich will nicht wissen, was in der Hauptstadt los ist.“ Er stand auf. „Sag mir, wo wir hinkönnen und ich gehe die Ninjas holen.“ Für einen Moment spürte er einen skeptischen Blick auf sich ruhen. „In Ordnung, aber warte noch einige Momente.“ Shouta blieb stehen, sah aber seinen Sensei an. „Wieso?“ „Ich will es klären, solange du sitzt.“ Shouta ließ sich zurück auf den Stuhl fallen. „Machst du dir Sorgen?“ „Du solltest dich nicht überanstrengen.“ Ein leises Lachen folgte der Aussage. „Als würde ich das jemals machen.“ Dieses Mal war es Tsuneo, der lachte. Als er endlich wieder nach draußen kam, konnte Shouta wieder richtig atmen. Es war kälter geworden, vielleicht würde es bald schneien, dann würden sie hier bleiben müssen. Auf der freien Fläche zu dem Gebirgspass konnten sie nicht im Freien schlafen. Sonst würden sie wie Hidan am Anfang der Reise eingeschneit werden. War nicht so toll. Mehr warten allerdings auch nicht. Es war nicht gesagt, dass der Schnee wieder verschwinden würde. Vor allem nicht schnell genug. Scheiße. Warum musste Akatsuki auch ausgerechnet im Winter hierher kommen? Der Sommer in Ōrora war  angenehmer. Kurz, teilweise heiß, aber nicht unaushaltbar und die Gewitter sorgten für Abkühlung. Aber gut, das war eben so und Shouta wäre kein Meisterdieb, würde er sich so leicht von den Umständen unterkriegen lassen. Erstmal Akatsuki nach Arashi bringen, eine Unterkunft haben, eine Nacht schlafen und am nächsten Tag weiter denken.  Er war Shouta, er fand immer einen Weg oder suchte sich zumindest einen passenden Nebenpfad, der ihn auch zu seinem Ziel führte. Er würde seine Krone bekommen, Akatsuki den Kristall und alle würden glücklich und zufrieden sein. Bedenken hatte Shouta wirklich kaum. Einen kurzen Moment sah Shouta in den Himmel. Ruhig. Nur kurz drehte er sich zu Tsuneo, der ihm gefolgt war, sah ihn an und nickte ihm zu, bevor er sich auf den Weg machte, um seine Begleiter aus der Höhle zu holen. Kakuzu hatte sein Kommen bemerkt und stand schon am Eingang. Die Arme hatte er dabei vor der Brust verschränkt. „Du hast also wirklich auf mich gewartet“, sagte Shouta grinsend und blieb kurz vor ihm stehen. „Ich hoffe, nicht zu sehnsüchtig.“ Kakuzu schien ihm mit seinem Blick erdolchen und ausweiden zu wollen. „Also hattest du Sehnsucht. Tut mir Leid. Nächstes Mal bringe ich dir auch was Schönes mit. Ein nettes Spielzeug oder so.“  Kaum hatte Shouta das ausgesprochen, wusste er, dass es ein Fehler gewesen war. „Oh.“ Soweit kam er noch, bevor Kakuzus Faust seinen Magen traf. Nach Luft schnappend krümmte sich Shouta und musste sich an der Wand der Höhle festhalten. Weiter im Inneren hörte er Hidan lachen. Shouta nahm es ihm nicht übel, an seiner Stelle hätte er auch gelacht. „Oh Scheiße“, murmelte er und richtete sich wieder auf, sah Kakuzu dabei an. „Tut mir Leid.“ Tat es ihm höchstens um sich selbst, aber der Ausdruck Kakuzus Augen ließ ihn zu den Entschluss kommen, dass es die beste Idee war, sich jetzt zu entschuldigen. „Du strapazierst meine Nerven, Junge.“ Kakuzus Stimme erinnerte Shouta an Hässlichs Knurren, wenn sie Hunde sah, ein wirklich gruseliges und tiefes Geräusch. „Und das zeigst du mir, indem du meine inneren Organe zerfetzt?“ Und er hatte schon beim Schlag ins Gesicht gedacht, dass Kakuzu einen verdammt harten Schlag drauf hatte. „Anders scheinst du es nicht zu verstehen.“ Der Blick schien ihn zerreißen zu wollen. Shouta hielt lieber seinen Mund. Auf noch einen Schlag konnte er verzichten. „Gut, gut.“ Er fuhr sich kurz durchs Haare, grinste. „Ich werde mir Mühe geben.“ Hidan lachte wieder auf. „Das wird nicht genügen.“ „Dachte ich mir.“   Bevor sie sich weiter unterhalten konnten, wurden sie von Kakuzu unterbrochen. „Was hast du jetzt herausgefunden?“ „Wir haben einen Schlafplatz für die Nacht.“ Den Rest erklärte er in einigen Sätzen.  „Kommt mit. Im Gasthaus können wir alles besser besprechen.“ Und dort war es vor allem wärmer. Das war das wichtigste. Kakuzu starrte ihn zwar an, stimmte aber zu. Glücklicherweise. Der Weg zurück war lang genug, da musste er vorher nicht noch diskutieren. Tsuneo hatte sein Wort gehalten und ihnen eine anständige Unterkunft besorgt. Eine der wenigen reichen – oder eher verhältnismäßig reichen – Familien der Stadt besaß ein kleines Hotel. Sie waren der Gilde wohlgesonnen, hatten im Laufe der neuesten Unruhen öfter die Dienste in Anspruch genommen und schienen das Beste aus der Situation machen zu wollen. Wie auch immer sie das vor hatten. Shouta war das egal, Hauptsache, er war gleich alleine. Kaum hatte er sich von seinen Begleitern verabschiedetet, hatte er sich auf sein Zimmer begeben und die Tür hinter sich geschlossen. Müde blieb er gegen sie gelehnt stehen und sah auf das Bett. Warm, weich und ruhig. Er ließ sich auf darauf fallen, hatte die Stiefel davor achtlos ausgezogen und daneben geschmissen.   Eigentlich hatte er vorgehabt nachzudenken. Über Kakuzu, über den Auftrag und diese ganze Aufstände, doch war er zu müde, um die Augen überhaupt aufzulassen und fiel bereits nach wenigen Minuten in einen ruhigen, wenn auch nicht traumlosen Schlaf. In dieser Nacht verlor seine Schwester ihren Arm. Kapitel 7: Brüderchen und Schwesterchen --------------------------------------- Ein Schrei zerriss die Stille der Nacht. Flüche, hektische Schritte und das Geräusch von Metall, das auf Metall traf folgten. Der junge Mann, der vollständig in ein dunkles Grau gekleidet war, war der erste unter ihnen, der bei ihr war. Sie sah. Die Gestalt, die dort in der schimmernden Lache Blut lag, war seine Schwester. Klein, zierlich und die Haare so rot wie die Flüssigkeit, in der sie nun getränkt waren. Das fahle, flackernde Licht einer Laterne beleuchtete das Bild, das der junge Mann nicht hatte sehen wollen. Herzschläge lang starrte er sie an. Wie sie da lag. Sie darf nicht tot sein, dieser Gedanke hämmerte sich in seinem Gehirn fest. Sie durfte es nicht. Sie durfte nicht tot sein! Mit einem Schmerz, der ihn beinahe überwältigte, löste sich seine Lähmung und er stolperte neben die Frau, kniete in ihrem Blut, das sich in seine Kleidung sog. Sie lag auf der linken Seite, dem Rücken ihm zugewandt. Er griff an ihre Schulter, drehte sie auf ihren Rücken und gab mit einem widerlichen Knacken das, was von ihrem Arm übrig geblieben war preis. Der junge Mann würgte, erbrach sich aber nicht. Zwischen einer zerklüfteten Masse aus Fleisch und Blut blitzen weiße Knochen hervor. Nur wenige Sehnen hielten Arm an Schulter. Die Stellen der Haut, die noch als solche zu erkennen waren, waren schwarz. Die blauen Augen des jungen Mannes weiteten sich, während er zitternd an den Hals seiner Schwester griff. Schwach. Sie trug den Kampf gegen den Tod aus, schwach, aber gleichmäßig. Das Herz schlug noch. Und es war seine Pflicht, sie dort zu unterstützen. Bitte. Er weinte, merkte es aber nicht, als er sie mit der Sanftheit, die nur ein Bruder für seine Schwester aufbringen konnte, hochnahm und sie an sich heran zog. Das schmatzende Geräusch, als ihr Arm sich bewegte und Knochen und Sehnen aneinander rieben brannte sich in seine Gedanken. Er musste sie hier fortbringen. „Hideaki.“ Er hörte die Stimme, die seinen Namen rief nicht, sondern stand zitternd auf und stöhnte, als er sah, wie lose der Arm an dem Körper hing. Faktisch gesehen war er ab, das bisschen, was alles zusammenhielt war nichts. Würde er ihn nicht fest halten, würde er abfallen – bei dem Gedanken daran wurde ihm schwindelig. Irgendwo, weit, weit weg (vielleicht) hörte er wieder diese Stimme, die nach ihm rief. „Hideaki, verdammt!“ Taumelnd drehte er sich um, hatte Angst, sie fallen zu lassen. Er hatte keine Kraft mehr, aber er muss für sie da sein. Ein großer Mann mit langen schwarzen Haaren war bei ihnen. Hideaki hatte ihn gar nicht bemerkt. „Ihr müsst ihr weg. Hoshiko braucht Hilfe.“ Tsubasa legte eine Hand auf Hideakis Schulter, drückte ihn weiter weg. „Azarni wird euch helfen. Ich regle den Rest.“ Er wusste, dass er nicht viel Zeit hatte. Kapitel 8: Tätowierungen ------------------------ Kakuzu hatten den Dieb an diesem Tag erst zwei Mal gesehen, einmal morgens, als sie kurz besprochen hatten länger hier zu bleiben, um genaueres über die Lage zu erfahren und jetzt am Nachmittag. Sie hatten sich in einen privaten Raum zurückgezogen, um nicht von Fremden – auch wenn von diesen erstaunlich wenige hier waren – gestört zu werden. Hidan, der opfern gegangen war, kam zu spät. Zwar hatte der Junge ihm einen einfachen Weg aus der Stadt und wieder herein gezeigt, aber Kakuzu traute Hidan zu, nicht zurück zu finden. Shouta hatte geduscht, bevor er hergekommen war. Seine Haare waren noch ein wenig feucht, hingen ihm ins Gesicht und hinterließen einzelne Wassertropfen, die im fahlen Licht der Glühbirne schimmerten. Einer davon hatte sich auf seinen Lippen abgesetzt, wurde aber mit einer schnellen Bewegung der Zunge fortgewischt.   Kakuzu wandte seinen Blick ab. „Du sagtest, dass die Aufstände unsere Zeit rauben werden.“ Der Dieb nickte. „Ja. In dieser Jahreszeit kommen wir nicht um die Städte herum und die Kontrollen werden zunehmen. Gerade um die königliche Familie.“ Er fuhr sich durch Haar, verteile noch mehr Tropfen. „Die Ereignisse ändern sich schnell, ich kann nicht sagen, was noch passieren wird.“ Kakuzu nickte und betrachtete zum ersten Mal das Tattoo an Shoutas linkem Arm genauer. Zugegebenermaßen sah es schön aus, wenngleich ihm nicht sonderlich viel an solchen Dingen lag. Soweit er es beurteilen konnte, war es gut gemacht, es hatte etwas von einer Zeichnung. In der Armbeuge war eine Art stilisierte Sonne abgebildet, auf dem Arm verteilt Planeten, deren Monde und ein paar Sternbilder. Der Dieb folgte seinem Blick. „Ich mag den Nachthimmel. Die Sterne.“ Für einen Moment lächelte er, wirkte ein wenig ruhiger als er es sonst tat. Dann aber war das Grinsen wieder da. Hatte ja sehr lange gehalten. „Aha.“ Und das erzählte er ihm jetzt, weil? Shoutas Augen blitzen zu ihm herüber. „Sich mit den Sternen auszukennen, kann sehr nützlich sein.“ „Was du nicht sagst.“ Ein kurzes Auflachen. „Weißt du, dir würde ich dir sogar einen runterholen.“ Kakuzu sah ihn direkt an. „Du solltest deine Worte sorgfältiger wählen.“ „Das war sehr sorgfältig gewählt.“ Shouta beugte sich ein wenig vor. Ein Wassertropfen bahnte sich den Weg über seinen Hals zu dem Kragen des Oberteils. „Ich würde das sogar gerne tun.“ Noch bevor Kakuzu zum Antworten kam, flog die Tür auf und Hidan stand in der Tür. Er warf ihn einen genervten Blick zu, sah, wie sich der Junge amüsiert zurücklehnte. „Du kommst zu spät.“ Hidan schnaubte und ließ sich auf eines der Sitzkissen fallen. „Ich hab gebraucht, bis ich ein Opfer gefunden habe.“ Natürlich. Grandiose Ausrede und einer der Momente, in denen Kakuzu Hidan am liebsten umbringen würde.  „Du hättest dich beeilen sollen.“ „Ich bin doch da, reg dich ab.“ Hidan sah ihn verständnislos an. „Das waren keine zehn Minuten.“ Er warf ihm noch einen Blick zu, erklärte knapp, was sie besprochen hatten und wandte sich dann wieder an den Jungen. „Wann hast du vor weiterzugehen?“ Der Dieb legte den Kopf ein wenig schräg, grinste und sah ihm direkt in die Augen. „Übermorgen. Für den Fall, dass wir eine Stadt auslassen müssen, werde ich uns morgen mehr Vorräte verschaffen. Übermorgen können wir bei Sonnenaufgang los.“ Es war keine große Zeitverschwendung, zumindest das. „In Ordnung.“ Ein leises Auflachen seitens Shoutas. „Wie lieb von dir, dass du mir zustimmst.“ Zu Kakuzus Überraschung musste er feststellen, dass es den Jungen tatsächlich zu freuen schien. Zumindest lächelte er gerade anstatt zu grinsen. Er beschloss nicht darauf einzugehen. Natürlich nicht, weil er nicht wusste, was er darauf antworten sollte – das wäre ja lächerlich –, sondern einfach, weil er seine Gründe dafür hatte. Natürlich hatte er das. „Was sind das für Aufstände?“ Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Ōrora steckt im Dreck, während sich unser König fett frisst und schon längst nicht mehr weiß, was auf seinen Straßen passiert.“ Er stoppte kurz, schien zu überlegen und strich sich einige Haare – Wassertropfen, schon wieder – aus dem Gesicht. „Niemand vertraut seiner Regierung mehr und es scheint, als hätten sich die Ereignisse zugespitzt. Gleich darauf ist alles eskaliert. Die Mehrheit der Menschen hier ist ungebildet.“   „Verstehe.“ Das machte alles nicht einfacher. „Wie hängt ihr damit zusammen?“ „Die Gilde? Wir bestehlen die Reichen und haben durchaus Interesse daran, dass sie reich bleiben, dennoch sind wir nicht gut Freund mit dem Königshaus. Solange sie das Land nicht ins Chaos stürzen ist es uns egal.“ Er zuckte mit den Schultern. „Allerdings sieht es nicht danach aus.“ „Ihr werdet  unfreiwillig darin verwickelt“, stellte Kakuzu fest und bemerkte, dass Hidan zwischen ihm und Shouta hin- und hersah, genervt schnaubte und sich weiter zurücklehnte. Wahrscheinlich fragte er sich, warum er überhaupt hergekommen war. Der Dieb hingegen sah immer noch Kakuzu direkt an. „Warum interessiert dich das eigentlich?“ „Ich habe meine Gründe.“ Keiner der beiden sah weg bis Shouta wieder grinste. „Ich habe mit nichts anderem gerechnet.“ Natürlich hatte er das nicht. Eine andere Antwort hatte Kakuzu nicht erwartet. Das Gespräch war schnell zu ende. Hidan hatte sich schnell wieder verabschiedet, nachdem er festgestellt hatte, dass sich das Gespräch vollständig von der Planung entfernt hatte und Kakuzu besaß keine Ambitionen sich weiter mit einem Jungen, der gerade einmal Anfang zwanzig war, zu unterhalten.   Kaum war er aufgestanden und stand vor der Tür, wurde er von Shouta aufgehalten. „Du willst wirklich schon gehen?“ Er drehte sich langsam um. Der Dieb sah ihm in die Augen, schon wieder. „Du glaubst doch nicht, dass mir deine Blicke entgangen sind.“ Kakuzu erwiderte den Blick, wenn er es schon so direkt war… „Dann weißt du, was ich will.“ Mit einem Schritt war Shouta vor ihm, legte eine Hand auf seine Brust und eine an das Gesicht. Die Finger an den Stoff der Maske gelegt. Kakuzu ignorierte das Gefühl auf seiner Haut, als er das viel  zu deutlich wahrnahm. „Ja.“ Es überraschte ihn, dass Shouta tatsächlich nur mit einem Wort antworten konnte. „Du willst wissen, was unter der Maske ist.“ Ein Nicken. „Ich nehme an, ich darf.“ Er grinste, wartete keine Antwort ab sondern zog den Mundschutz langsam herunter. Erstaunlich sanft fuhr Shouta die Narben an seinen Mundwinkeln nach und Kakuzu spürte, wie sein Verstand sich immer weiter verabschiedete. Und das von der einfachen Berührungen...  „Und warum trägst du das Ding jetzt?“ In der Welt des Jun- Shoutas, zumindest für diesen Moment Shouta, sollte das wohl ein Kompliment sein. Die Augen musterten die Narben, blickten dann in Kakuzus. Er antwortete nicht, sondern beugte sich einfach zu ihm herunter und küsste ihn. Augenblicklich erwiderte Shouta den Kuss, legte die Hand, die eben noch am Gesicht geruht hatte in Kakuzus Nacken, die andere war in seinem Oberteil vergraben, suchte sich aber den Weg weiter herunter. Als sie sich von einander lösten, bemerkte Kakuzu, wie nahe Shouta ihm gerade schon war. Wann hatte er das gemacht? „Dein Zimmer ist näher.“ Er zog sich die Maske wieder selbst für den kurzen Weg wieder hoch. „Ich weiß.“ Shouta stieß sich von ihm ab, strich aber davor noch mit einer Hand über Kakuzus Schritt. „Interessant übrigens, dass du das weißt.“ Kakuzu antwortete nicht, reagierte in keinster Weise, sondern folgte ihm einfach in das Zimmer. Die Tür war gerade erst hinter ihnen geschlossen, da hatte er sich Maske komplett ausgezogen und drückte Shouta gegen die nächste Wand. Ohne weiter nachzudenken – das konnte er nun wirklich nicht mehr, wie auch immer er das mit ihm machte – hatte er seinen Mund geöffnet, spürte die andere Zunge an seiner und vergrub eine Hand in dessen Haaren. Ihre Unterleiber pressten sich fordernd aneinander und Shouta begann Kakuzu schon das Oberteil auszuziehen. Die schlanken Finger fuhren die Narben nach, tasteten sie genau ab. Scheinbar war Shouta, der mit ihn mit leichtem Druck von sich schob, genauso ungeduldig wie Kakuzu selbst. Gut, er hatte nicht vor unnötige Zeit zu verschwenden und so landete auch Shoutas Oberteil auf dem Boden, zog ihn dann schon Richtung Bett. Er saß auf seinen Hüften streichelte über seine Muskeln und grinste. Das war die erste Möglichkeit für Kakuzu Shoutas Körperbau zu betrachten. Dafür, dass er eher schmal war, war er doch erstaunlich muskulös. Die Raiton-Narbe zog sich nicht nur über den rechten Arm, sondern bedeckte auch einen Großteil der Brust – und wahrscheinlich auch des Rückens, das konnte er aber gerade nicht sehen. „Willst du starren oder ficken?“ Shouta grinste, fuhr mit einer Hand von Kakuzus Schlüsselbein hinunter zu der Hose, dessen Knopf er nun öffnete. Auch wenn sich seine Muskeln unter der Berührung anspannten, ließ sich Kakuzu nichts davon anmerken. „Halt den Mund.“ Shouta gab einen belustigten Laut von sich. „Bring mich dazu.“ Genau das  hatte Kakuzu vor. Mit einer ruppigen Bewegung zog er ihn zu sich herunter, küsste ihn aber nicht, sondern biss ihn in den Hals. Eine Aktion, die sofort mit einem Stöhnen quittiert wurde. Kakuzu hielt Shouta am Rücken fest, fuhr an seiner Seite entlang und ertastete eine kleine Unebenheit, eine Narbe, und weiter herunter, bis zum Hintern. Kakuzu hatte Shouta einen Großteil der Bewegungsfreiheit genommen, doch schien es ihn nicht zu stören. Er stöhnte, drückte sich ihm entgegen, mehr konnte er gerade auch nicht tun. Seine Arme mussten ihn abstützen und Kakuzu konnte in aller Ruhe seinen Hals bearbeiten, was Shouta mit weiterem Stöhnen belohnte. Kakuzu mochte das Geräusch. Er wollte mehr davon. Er wollte Shouta. Erst langsam, dann plötzlich schnell fuhr er zu der Vorderseite Shoutas Hose, strich einmal über den Schritt und öffnete sie dann auch schon. Momente später waren sie beide nackt und Shouta beugte sich zu dem Rucksack, der neben dem Bett lag herunter. Eine schöne Aussicht und nun konnte er auch sehen, was für ein Tattoo sich auf Shoutas Nacken befand. Tatsächlich ein Vogel, eine Schwalbe. „Du hast gesagt, dass du gut reiten kannst“, sagte Kakuzu, als sich Shouta wieder aufrichtete,  die Ringe, die er an der Hand trug auf den Nachtschrank gelegt hatte und Gleitcreme und eine Kondompackung in der Hand hielt, und lehnte sich selbst mit dem Oberkörper gegen die Wand, „beweise es.“ Ein Grinsen und er warf ihm Beides zu. „Und ich dachte, ich dürfte.“ Da war der Hohn wieder und Kakuzu ignorierte die Tatsache, dass diese Stimmlage sich das letzte Blut in seine tiefgelegene Regionen verabschieden ließ. „Komm her.“ Seine Stimme war rau, tief und kaum war Shouta – tatsächlich schweigend – dem Befehl gefolgt, hatte er ihn wieder an sich gezogen. Wieder biss er ihm in die Hals, leckte über die Stelle und strich mit einer Hand an seinem Körper herunter. Grinsend registrierte er, wie Shoutas Hüften ihm entgegen zuckten, als er nur seine Erektion streifte, verweilte dort aber nicht sondern drang gleich mit zwei Fingern in ihn ein. Er hatte keine Geduld mehr und würde ihn schon noch genug berühren. Er entzog die Finger, streifte sich selbst das Kondom über und griff nach der Gleitcreme, die er neben sich gelegt hatte. So, wie er Shouta einschätze, war er nicht der Typ Mensch, der viel Vorbereitung brauchte. Glücklicherweise. „Ungeduldig, hm?“ Shouta hatte sich zu seinem Ohr gebeugt, knabberte leicht daran, doch eine Hand war weiter unten, strich über die Narben – schon wieder – und erreichte dann seine Länge. Jetzt stöhnte auch Kakuzu auf, erst leise, dann ein wenig lauter, als Shouta seine Hoden leicht drückte, streichelte. Kakuzu packte ihn an den Hüften und Shouta verstand, legte nun beide Hände auf seine Schultern und rückte näher an ihn heran. Als er ihn Shouta eindrang, stöhnten sie beide auf. Nur kurz ließ Kakuzu Shouta sich alleine bewegen, beobachtete ihn dabei. Die geschlossene Augen, der leicht geöffnete Mund und die Haare, die ihm wirr ins Gesicht fielen waren ein beinahe göttlicher Anblick. Schließlich öffnete Shouta seine Augen, grinste anstrengt und beugte sich vor,  um Kakuzu in den Hals zu beißen. In diesem Moment bewegte Kakuzu sein Becken gegen Shoutas, der einen überraschten, aber eben so lusterfüllten Laut von sich gab. Diese Geräusche trieben Kakuzu dazu weiter zu machen, bewegte sich immer schneller, stärker und unterdrückte zu lautes Stöhnen, in dem er in Shoutas Hals biss – was mit weiteren dieser genialen Laute belohnt wurde. „Du bist verdammt geil, weißt du das?“ Kakuzu wunderte es, dass Shouta überhaupt noch fähig war zu sprechen. Er klammerte sich mittlerweile an seine Schultern, stöhnte und hatte den Kopf in den Nacken gelegt.  Er antworte mit einem weiteren, festen Stoß in ihn und wurde mit weiterem Stöhnen belohnt. „Oh Gott“, kam es dann noch leise von Shouta und auch, wenn Kakuzu nichts sagte, konnte er ihm zustimmen. Es war verdammt gut. Dennoch konzentrierte er sich lieber darauf, es zuende zu bringen, fasste nach Shoutas Erektion und begann sie zu pumpen.  Das Stöhnen wurde sogar noch lauter und Kakuzu vergaß alles um sich herum. Seine Stöße wurden schneller, Shouta lehnte sich zurück, bewegte sich ihm entgegen und sah dabei viel zu gut aus. Als Shouta kam – und verdammt noch mal es schaffte, Kakuzu allein durch den Anblick zum Stöhnen brachte – zog er ihn auf sich herunter, stieß selbst noch einige Male zu und ergoss sich in das Kondom. Einige Momente lehnte sich Shouta schwer atmend an ihn heran, umarmte ihn und küsste seinen Hals, genau auf eine Narbe, bevor er sich von ihm herunter schwang und sich auf das Bett fallen ließ. Kakuzu versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen, betrachtete dabei Shouta, der auf den Rücken lag, das eigene Sperma auf dem Bauch, die Haut am Hals deutlich gerötet und es wagte, immer noch verdammt gut auszusehen. Scheiße, Kakuzu hatte gehofft, dass sich das nach dem Sex erledigt hätte. Das letzte Mal war länger her gewesen und da Shouta durchaus seinen Geschmack traf, war er eine gute Möglichkeit gewesen gewisse Gefühle abzubauen. Dummerweise fand er Shouta nach wie vor extrem anziehend, aber das würde sich noch sicher legen. Nur kurz blieb Kakuzu noch sitzen, stand aber schließlich auf, entsorgte das Kondom in dem Mülleimer im angrenzenden Bad und begann sich wieder anzuziehen. Shouta beobachtete ihn dabei die ganze Zeit, machte sich aber nicht die Mühe, sich selbst wieder anzuziehen. Jetzt, wo er sich wieder unter Kontrolle hatte, war sein Blick wieder amüsiert, allerdings nicht spöttisch. Vielleicht sollte er öfters mit Shouta schlafen, wenn es dann Ruhe und das Verschwinden des Hohns zur Folge hatte. „Das nächste Mal werde ich dich vögeln, denke ich.“ Shouta klang entspannt, nachdenklich, vielleicht sogar verträumt. Kakuzu zog eine Augenbraue hoch. „Wenn es ein nächstes Mal gibt.“ Das war nie gesagt worden. „Ich glaube, das wird es.“ Für einen Moment sahen sie sich in die Augen. Shouta lächelte. „Mich würde es zumindest freuen.“ „Ich weiß.“ Es war weder zu überhören, noch zu übersehen gewesen, dass es ihm gefallen hatte. Shouta lachte leise auf. „Dich auch, nehme ich an?“ Kakuzu schwieg, zog sich die Maske wieder in das Gesicht. „Ich denke, wir werden es wiederholen.“ Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern verließ den Raum in Richtung seines Zimmers. Eine halbe Stunde später besprach sich Akatsuki mit dem Gentōshin no Jutsu, dem Versammlungsjutsu. Kakuzus Hologramm tauchte noch vor Hidans auf. Etwa die Hälfte von ihnen war  anwesend, neben ihrem Anführer und Konan, noch Sasori und Deidara.   „Wo ist Hidan?“  Es wunderte Kakuzu nicht, dass diese Frage kam. Sasoris Ungeduld stand Kakuzus in keiner Weise nach. „Er kommt gleich.“ Zumindest war es das Gesündeste, was er  tun konnte. Sterben konnte Hidan nicht, aber die Knochen konnte man ihm trotzdem brechen. Doch war das nicht nötig, und nach dem auch die restlichen Mitglieder erschienen waren, stellte Pain die Frage, die der Grund der Versammlung war.  „Wie läuft es?“ „Zwischen dem Dieb und Kakuzu wie es aussieht, ausgezeichnet.“ Hidan antwortete, bevor es Kakuzu tun konnte. Großartig. „Halt den Mund.“ Kakuzu hatte keine Lust, sich jetzt darüber zu unterhalten. Hidan hingegen schon. „Was denn?“ Er lachte auf. „Es war nicht zu überhören, dass du ihn gerade flachgelegt hast.“   Kakuzu verheimlichte seine Sexualität nicht, doch war er der Meinung, dass das jetzt garantiert keine Rolle spielte. Zumal es Privatsache war, ob er nun Männer oder Frauen flachlegte. „Genug. Ich will von der Mission erfahren“, unterbrach Pain den kurzen Dialog und Kakuzu gab den verlangten  Bericht. „Genauere Informationen zu dem Kristall können wir nicht geben.“ Kakuzu sah seinen Anführer an. „Laut dem Dieb gibt es viele Legenden um ihn, doch alle sprechen dafür, dass er nützlich ist.“ Pain nickte.  „Verstehe. Wie sieht es mit der Dauer der Mission aus?“ „Der Dieb meinte, es könnte bis Januar, vielleicht Februar dauern.“ Nichts, was Kakuzu freute. Pain ebenfalls nicht, doch abbrechen konnten sie die Mission auch nicht. Sie musste jetzt zuende geführt werden, egal, wie lange es dauerte. „Geht danach nach Yukigakure. Ihr müsst jemanden aus dem Weg räumen.“ Er gab ihnen noch weitere Informationen, die Kakuzu und Hidan schweigend zur Kenntnis nahmen und nachdem einige Dinge mit den restlichen Teams besprochen worden waren, lösten sie das Jutsu  auf.  Kakuzu blieb auf dem Stuhl, auf den er sich zuvor gesetzt hatte, sitzen, um die vor ihm ausgebreitete Karte zu begutachten. Bis zu der Hauptstadt, in dessen Nähe sich der Kristall befinden sollte, war es noch weit und tatsächlich schien Shouta die beste Route gewählt zu haben. Vielleicht war der Junge doch zu etwas zu gebrauchen. Kapitel 9: Tätowierungen (zensiert) ----------------------------------- Kakuzu hatten den Dieb an diesem Tag erst zwei Mal gesehen, einmal morgens, als sie kurz besprochen hatten länger hier zu bleiben, um genaueres über die Lage zu erfahren und jetzt am Nachmittag. Sie hatten sich in einen privaten Raum zurückgezogen, um nicht von Fremden – auch wenn von diesen erstaunlich wenige hier waren – gestört zu werden. Hidan, der opfern gegangen war, kam zu spät. Zwar hatte der Junge ihm einen einfachen Weg aus der Stadt und wieder herein gezeigt, aber Kakuzu traute Hidan zu, nicht zurück zu finden. Shouta hatte geduscht, bevor er hergekommen war. Seine Haare waren noch ein wenig feucht, hingen ihm ins Gesicht und hinterließen einzelne Wassertropfen, die im fahlen Licht der Glühbirne schimmerten. Einer davon hatte sich auf seinen Lippen abgesetzt, wurde aber mit einer schnellen Bewegung der Zunge fortgewischt.   Kakuzu wandte seinen Blick ab. „Du sagtest, dass die Aufstände unsere Zeit rauben werden.“ Der Dieb nickte. „Ja. In dieser Jahreszeit kommen wir nicht um die Städte herum und die Kontrollen werden zunehmen. Gerade um die königliche Familie.“ Er fuhr sich durch Haar, verteile noch mehr Tropfen. „Die Ereignisse ändern sich schnell, ich kann nicht sagen, was noch passieren wird.“ Kakuzu nickte und betrachtete zum ersten Mal das Tattoo an Shoutas linkem Arm genauer. Zugegebenermaßen sah es schön aus, wenngleich ihm nicht sonderlich viel an solchen Dingen lag. Soweit er es beurteilen konnte, war es gut gemacht, es hatte etwas von einer Zeichnung. In der Armbeuge war eine Art stilisierte Sonne abgebildet, auf dem Arm verteilt Planeten, deren Monde und ein paar Sternbilder. Der Dieb folgte seinem Blick. „Ich mag den Nachthimmel. Die Sterne.“ Für einen Moment lächelte er, wirkte ein wenig ruhiger als er es sonst tat. Dann aber war das Grinsen wieder da. Hatte ja sehr lange gehalten. „Aha.“ Und das erzählte er ihm jetzt, weil? Shoutas Augen blitzen zu ihm herüber. „Sich mit den Sternen auszukennen, kann sehr nützlich sein.“ „Was du nicht sagst.“ Ein kurzes Auflachen. „Weißt du, dir würde ich dir sogar einen runterholen.“ Kakuzu sah ihn direkt an. „Du solltest deine Worte sorgfältiger wählen.“ „Das war sehr sorgfältig gewählt.“ Shouta beugte sich ein wenig vor. Ein Wassertropfen bahnte sich den Weg über seinen Hals zu dem Kragen des Oberteils. „Ich würde das sogar gerne tun.“ Noch bevor Kakuzu zum Antworten kam, flog die Tür auf und Hidan stand in der Tür. Er warf ihn einen genervten Blick zu, sah, wie sich der Junge amüsiert zurücklehnte. „Du kommst zu spät.“ Hidan schnaubte und ließ sich auf eines der Sitzkissen fallen. „Ich hab gebraucht, bis ich ein Opfer gefunden habe.“ Natürlich. Grandiose Ausrede und einer der Momente, in denen Kakuzu Hidan am liebsten umbringen würde.  „Du hättest dich beeilen sollen.“ „Ich bin doch da, reg dich ab.“ Hidan sah ihn verständnislos an. „Das waren keine zehn Minuten.“ Er warf ihm noch einen Blick zu, erklärte knapp, was sie besprochen hatten und wandte sich dann wieder an den Jungen. „Wann hast du vor weiterzugehen?“ Der Dieb legte den Kopf ein wenig schräg, grinste und sah ihm direkt in die Augen. „Übermorgen. Für den Fall, dass wir eine Stadt auslassen müssen, werde ich uns morgen mehr Vorräte verschaffen. Übermorgen können wir bei Sonnenaufgang los.“ Es war keine große Zeitverschwendung, zumindest das. „In Ordnung.“ Ein leises Auflachen seitens Shoutas. „Wie lieb von dir, dass du mir zustimmst.“ Zu Kakuzus Überraschung musste er feststellen, dass es den Jungen tatsächlich zu freuen schien. Zumindest lächelte er gerade anstatt zu grinsen. Er beschloss nicht darauf einzugehen. Natürlich nicht, weil er nicht wusste, was er darauf antworten sollte – das wäre ja lächerlich –, sondern einfach, weil er seine Gründe dafür hatte. Natürlich hatte er das. „Was sind das für Aufstände?“ Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Ōrora steckt im Dreck, während sich unser König fett frisst und schon längst nicht mehr weiß, was auf seinen Straßen passiert.“ Er stoppte kurz, schien zu überlegen und strich sich einige Haare – Wassertropfen, schon wieder – aus dem Gesicht. „Niemand vertraut seiner Regierung mehr und es scheint, als hätten sich die Ereignisse zugespitzt. Gleich darauf ist alles eskaliert. Die Mehrheit der Menschen hier ist ungebildet.“   „Verstehe.“ Das machte alles nicht einfacher. „Wie hängt ihr damit zusammen?“ „Die Gilde? Wir bestehlen die Reichen und haben durchaus Interesse daran, dass sie reich bleiben, dennoch sind wir nicht gut Freund mit dem Königshaus. Solange sie das Land nicht ins Chaos stürzen ist es uns egal.“ Er zuckte mit den Schultern. „Allerdings sieht es nicht danach aus.“ „Ihr werdet  unfreiwillig darin verwickelt“, stellte Kakuzu fest und bemerkte, dass Hidan zwischen ihm und Shouta hin- und hersah, genervt schnaubte und sich weiter zurücklehnte. Wahrscheinlich fragte er sich, warum er überhaupt hergekommen war. Der Dieb hingegen sah immer noch Kakuzu direkt an. „Warum interessiert dich das eigentlich?“ „Ich habe meine Gründe.“ Keiner der beiden sah weg bis Shouta wieder grinste. „Ich habe mit nichts anderem gerechnet.“ Natürlich hatte er das nicht. Eine andere Antwort hatte Kakuzu nicht erwartet. Das Gespräch war schnell zu ende. Hidan hatte sich schnell wieder verabschiedet, nachdem er festgestellt hatte, dass sich das Gespräch vollständig von der Planung entfernt hatte und Kakuzu besaß keine Ambitionen sich weiter mit einem Jungen, der gerade einmal Anfang zwanzig war, zu unterhalten.   Kaum war er aufgestanden und stand vor der Tür, wurde er von Shouta aufgehalten. „Du willst wirklich schon gehen?“ Er drehte sich langsam um. Der Dieb sah ihm in die Augen, schon wieder. „Du glaubst doch nicht, dass mir deine Blicke entgangen sind.“ Kakuzu erwiderte den Blick, wenn er es schon so direkt war… „Dann weißt du, was ich will.“ Mit einem Schritt war Shouta vor ihm, legte eine Hand auf seine Brust und eine an das Gesicht. Die Finger an den Stoff der Maske gelegt. Kakuzu ignorierte das Gefühl auf seiner Haut, als er das viel  zu deutlich wahrnahm. „Ja.“ Es überraschte ihn, dass Shouta tatsächlich nur mit einem Wort antworten konnte. „Du willst wissen, was unter der Maske ist.“ Ein Nicken. „Ich nehme an, ich darf.“ Er grinste, wartete keine Antwort ab sondern zog den Mundschutz langsam herunter. Erstaunlich sanft fuhr Shouta die Narben an seinen Mundwinkeln nach und Kakuzu spürte, wie sein Verstand sich immer weiter verabschiedete. Und das von der einfachen Berührungen...  „Und warum trägst du das Ding jetzt?“ In der Welt des Jun- Shoutas, zumindest für diesen Moment Shouta, sollte das wohl ein Kompliment sein. Die Augen musterten die Narben, blickten dann in Kakuzus. Er antwortete nicht, sondern beugte sich einfach zu ihm herunter und küsste ihn. Augenblicklich erwiderte Shouta den Kuss, legte die Hand, die eben noch am Gesicht geruht hatte in Kakuzus Nacken, die andere war in seinem Oberteil vergraben, suchte sich aber den Weg weiter herunter. Als sie sich von einander lösten, bemerkte Kakuzu, wie nahe Shouta ihm gerade schon war. Wann hatte er das gemacht? „Dein Zimmer ist näher.“ Er zog sich die Maske wieder selbst für den kurzen Weg wieder hoch. „Ich weiß.“ Shouta stieß sich von ihm ab, strich aber davor noch mit einer Hand über Kakuzus Schritt. „Interessant übrigens, dass du das weißt.“ Kakuzu antwortete nicht, reagierte in keinster Weise, sondern folgte ihm einfach in das Zimmer. Die Tür war gerade erst hinter ihnen geschlossen, da hatte er sich Maske komplett ausgezogen und drückte Shouta gegen die nächste Wand. Ohne weiter nachzudenken – das konnte er nun wirklich nicht mehr, wie auch immer er das mit ihm machte – hatte er seinen Mund geöffnet, spürte die andere Zunge an seiner und vergrub eine Hand in dessen Haaren. Ihre Unterleiber pressten sich fordernd aneinander und Shouta begann Kakuzu schon das Oberteil auszuziehen. Die schlanken Finger fuhren die Narben nach, tasteten sie genau ab. Scheinbar war Shouta, der mit ihn mit leichtem Druck von sich schob, genauso ungeduldig wie Kakuzu selbst. Gut, er hatte nicht vor unnötige Zeit zu verschwenden und so landete auch Shoutas Oberteil auf dem Boden, zog ihn dann schon Richtung Bett. Er saß auf seinen Hüften streichelte über seine Muskeln und grinste. Das war die erste Möglichkeit für Kakuzu Shoutas Körperbau zu betrachten. Dafür, dass er eher schmal war, war er doch erstaunlich muskulös. Die Raiton-Narbe zog sich nicht nur über den rechten Arm, sondern bedeckte auch einen Großteil der Brust – und wahrscheinlich auch des Rückens, das konnte er aber gerade nicht sehen. „Willst du starren oder ficken?“ Shouta grinste, fuhr mit einer Hand von Kakuzus Schlüsselbein hinunter zu der Hose, dessen Knopf er nun öffnete. Auch wenn sich seine Muskeln unter der Berührung anspannten, ließ sich Kakuzu nichts davon anmerken. „Halt den Mund.“ Shouta gab einen belustigten Laut von sich. „Bring mich dazu.“ Genau das  hatte Kakuzu vor. Mit einer ruppigen Bewegung zog er ihn zu sich herunter, küsste ihn aber nicht, sondern biss ihn in den Hals. Eine Aktion, die sofort mit einem Stöhnen quittiert wurde. Kakuzu hielt Shouta am Rücken fest, fuhr an seiner Seite entlang und ertastete eine kleine Unebenheit, eine Narbe, und weiter herunter, bis zum Hintern. Kakuzu hatte Shouta einen Großteil der Bewegungsfreiheit genommen, doch schien es ihn nicht zu stören. Er stöhnte, drückte sich ihm entgegen, mehr konnte er gerade auch nicht tun. Seine Arme mussten ihn abstützen und Kakuzu konnte in aller Ruhe seinen Hals bearbeiten, was Shouta mit weiterem Stöhnen belohnte. Kakuzu mochte das Geräusch. Er wollte mehr davon. Er wollte Shouta. Erst langsam, dann plötzlich schnell fuhr er zu der Vorderseite Shoutas Hose, strich einmal über den Schritt und öffnete sie dann auch schon. Momente später waren sie beide nackt und Shouta beugte sich zu dem Rucksack, der neben dem Bett lag herunter. Eine schöne Aussicht und nun konnte er auch sehen, was für ein Tattoo sich auf Shoutas Nacken befand. Tatsächlich ein Vogel, eine Schwalbe. „Du hast gesagt, dass du gut reiten kannst“, sagte Kakuzu, als sich Shouta wieder aufrichtete,  die Ringe, die er an der Hand trug auf den Nachtschrank gelegt hatte und Gleitcreme und eine Kondompackung in der Hand hielt, und lehnte sich selbst mit dem Oberkörper gegen die Wand, „beweise es.“ .... Kakuzu versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen, betrachtete dabei Shouta, der auf den Rücken lag, das eigene Sperma auf dem Bauch, die Haut am Hals deutlich gerötet und es wagte, immer noch verdammt gut auszusehen. Scheiße, Kakuzu hatte gehofft, dass sich das nach dem Sex erledigt hätte. Das letzte Mal war länger her gewesen und da Shouta durchaus seinen Geschmack traf, war er eine gute Möglichkeit gewesen gewisse Gefühle abzubauen. Dummerweise fand er Shouta nach wie vor extrem anziehend, aber das würde sich noch sicher legen. Nur kurz blieb Kakuzu noch sitzen, stand aber schließlich auf, entsorgte das Kondom in dem Mülleimer im angrenzenden Bad und begann sich wieder anzuziehen. Shouta beobachtete ihn dabei die ganze Zeit, machte sich aber nicht die Mühe, sich selbst wieder anzuziehen. Jetzt, wo er sich wieder unter Kontrolle hatte, war sein Blick wieder amüsiert, allerdings nicht spöttisch. Vielleicht sollte er öfters mit Shouta schlafen, wenn es dann Ruhe und das Verschwinden des Hohns zur Folge hatte. „Das nächste Mal werde ich dich vögeln, denke ich.“ Shouta klang entspannt, nachdenklich, vielleicht sogar verträumt. Kakuzu zog eine Augenbraue hoch. „Wenn es ein nächstes Mal gibt.“ Das war nie gesagt worden. „Ich glaube, das wird es.“ Für einen Moment sahen sie sich in die Augen. Shouta lächelte. „Mich würde es zumindest freuen.“ „Ich weiß.“ Es war weder zu überhören, noch zu übersehen gewesen, dass es ihm gefallen hatte. Shouta lachte leise auf. „Dich auch, nehme ich an?“ Kakuzu schwieg, zog sich die Maske wieder in das Gesicht. „Ich denke, wir werden es wiederholen.“ Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern verließ den Raum in Richtung seines Zimmers. Eine halbe Stunde später besprach sich Akatsuki mit dem Gentōshin no Jutsu, dem Versammlungsjutsu. Kakuzus Hologramm tauchte noch vor Hidans auf. Etwa die Hälfte von ihnen war  anwesend, neben ihrem Anführer und Konan, noch Sasori und Deidara.   „Wo ist Hidan?“  Es wunderte Kakuzu nicht, dass diese Frage kam. Sasoris Ungeduld stand Kakuzus in keiner Weise nach. „Er kommt gleich.“ Zumindest war es das Gesündeste, was er  tun konnte. Sterben konnte Hidan nicht, aber die Knochen konnte man ihm trotzdem brechen. Doch war das nicht nötig, und nach dem auch die restlichen Mitglieder erschienen waren, stellte Pain die Frage, die der Grund der Versammlung war.  „Wie läuft es?“ „Zwischen dem Dieb und Kakuzu wie es aussieht, ausgezeichnet.“ Hidan antwortete, bevor es Kakuzu tun konnte. Großartig. „Halt den Mund.“ Kakuzu hatte keine Lust, sich jetzt darüber zu unterhalten. Hidan hingegen schon. „Was denn?“ Er lachte auf. „Es war nicht zu überhören, dass du ihn gerade flachgelegt hast.“   Kakuzu verheimlichte seine Sexualität nicht, doch war er der Meinung, dass das jetzt garantiert keine Rolle spielte. Zumal es Privatsache war, ob er nun Männer oder Frauen flachlegte. „Genug. Ich will von der Mission erfahren“, unterbrach Pain den kurzen Dialog und Kakuzu gab den verlangten  Bericht. „Genauere Informationen zu dem Kristall können wir nicht geben.“ Kakuzu sah seinen Anführer an. „Laut dem Dieb gibt es viele Legenden um ihn, doch alle sprechen dafür, dass er nützlich ist.“ Pain nickte.  „Verstehe. Wie sieht es mit der Dauer der Mission aus?“ „Der Dieb meinte, es könnte bis Januar, vielleicht Februar dauern.“ Nichts, was Kakuzu freute. Pain ebenfalls nicht, doch abbrechen konnten sie die Mission auch nicht. Sie musste jetzt zuende geführt werden, egal, wie lange es dauerte. „Geht danach nach Yukigakure. Ihr müsst jemanden aus dem Weg räumen.“ Er gab ihnen noch weitere Informationen, die Kakuzu und Hidan schweigend zur Kenntnis nahmen und nachdem einige Dinge mit den restlichen Teams besprochen worden waren, lösten sie das Jutsu  auf.  Kakuzu blieb auf dem Stuhl, auf den er sich zuvor gesetzt hatte, sitzen, um die vor ihm ausgebreitete Karte zu begutachten. Bis zu der Hauptstadt, in dessen Nähe sich der Kristall befinden sollte, war es noch weit und tatsächlich schien Shouta die beste Route gewählt zu haben. Vielleicht war der Junge doch zu etwas zu gebrauchen. Kapitel 10: Met und Gold ------------------------   Shouta betrachtete die Decke, während er noch immer nackt auf den Rücken lag, sich aber jetzt zumindest zugedeckt hatte und nachdachte. Okay. Er hatte gerade mit einem Mann, der knapp siebzig Jahre älter als er war, geschlafen. Das war seltsam. Also nicht, dass es überhaupt ein Mann gewesen war, das hatte er oft genug getan, aber siebzig Jahre  Altersunterschied waren doch was anderes. Aber es war gut gewesen. Verdammt gut. Grinsend richtete er sich schließlich auf, griff nach den Ringen, die noch auf den Nachttisch lagen und zog sie sich über die Finger. Gut, es waren noch alle sieben da. Eigentlich legte er sie nicht so einfach weg, aber sein Gehirn war in dem Moment auf ganz andere Sachen, als die Ringe fixiert gewesen. Ganz, ganz andere. Eigentlich wollte er gar nicht aufstehen, jetzt, nach dem Sex, war er einfach entspannt. Nach so gutem war das auch verständlich. Sicher war Kakuzu auch nicht gerne aufgestanden, nicht, dass er ihn für den Kuschel-Typ, aber zu übersehen, dass ihm das ebenso gut wie Shouta gefallen und die Lust, sich fortzubewegen in Grenzen gehalten hat, war auch nicht möglich gewesen. Darum herum, aufstehen zu müssen, kam Shouta trotz allem nicht. Seufzend fuhr er sich durchs Haar, setzte sich auf die Bettkante und griff nach der Kleidung, die um das Bett herum verstreut lag. Okay, sie waren ungeduldig gewesen. Kein Wunder. Mit einer geschmeidigen Bewegung stand er vom Bett auf, zog sich an und lief noch einmal kurz ins Bad. Ein kurzer Blick in den Spiegel verriet ihm, dass seine Haare ziemlich abstanden. Dabei hatte Kakuzu sie gar nicht so oft berührt. Glücklicherweise. So reichte das auch vollkommen aus, unordentlich genug waren sie gerade trotzdem. Er kämmte sie kurz durch, bevor er sich den Rest der Kleidung anzog und aus dem Zimmer verschwand.  Er band sich vorher noch einen Schal um den Hals, bei dem Wetter nichts Verwunderliches und er konnte auf Kommentare zu den deutlichen blauen Flecken verzichten. Tsuneo begrüßte ihn mit einem ernsten Gesichtsausdruck und das Grinsen, das Shoutas Gesicht bis jetzt geziert hatte, verschwand schlagartig. „Was ist passiert?“ Eigentlich hatten sie sich nur treffen wollen, um etwas zu besprechen, doch diesen Gesichtsausdruck hatte er nur wenige Male gesehen. „Es geht um Hoshiko.“ Shouta schluckte. „Was ist mit ihr?“  Er bemerkte, dass seine Stimme seltsam trocken klang. Tsuneo seufzte leise, nickte dann auf die Sitzecke. Sie setzten sich, bevor er weitersprach. „Sie wurde verletzt. Schwer.“ Und noch bevor Shouta weiter nachfragen konnte, fügte er noch etwas hinzu: „Sie lebt und ist nicht in Gefahr, aber ...“ Er brach ab und fuhr sich durch das dunkle Haar. „Warum müsst ihr euch immer wieder in solche Situationen bringen?“ Shouta starrte ihn an. „Wie ist das passiert? Und was überhaupt genau?“ Er griff nach einem Glas, das auf den Tisch stand. Passenderweise mit Met gefüllt.  Er trank zügig einige Schlücke, bevor er Tsuneo wieder ansah. Nun hatte er sich wieder gefangen, sein Blick hatte sich gefestigt. „Hat es was mit den Aufständen zu tun?“ „Ryozo wahrscheinlich.“ Beinahe hätte Shouta das Glas fallen lassen. „Das ist nicht dein Ernst.“ „Doch, natürlich.“ Ein abfälliges Schnauben folgte. „Es hat ihr fast den Arm abgetrennt, sieht ganz nach ihm aus, aber dieser feige Bastard ist abgehauen, bevor Tsubasa ihn verfolgen konnte.“ „Scheiße.“ Shouta trank noch einen Schluck.  „Verdammte Scheiße.“ „Das trifft es sehr gut.“ Tsuneo klopfte ihm kurz auf die Schulter. „Sie wird es auf jeden Fall überstehen.“ Das Glas war mittlerweile leer getrunken und Shouta stellte es auf den Tisch. Er spürte den Alkohol, aber nach der Nachricht, dass seiner kleinen Schwester der Arm beinahe abgetrennt worden war, konnte er das auch gebrauchen. „Ist noch wer verletzt oder...?“ Er ließ das Ende der Frage im Raum stehen. Tsuneo schüttelte seinen Kopf. „Nicht schwer zumindest.  Sie haben gegen Soldaten gekämpft, das Übliche eben und Hoshiko war bei Ryozo, was passiert ist, kann sie noch nicht sagen. Sie schläft noch.“  Er zuckte mit den Schultern, griff nach einer Metflasche und goss beiden noch etwas ein. „Azarni meinte, sie wäre sich sicher, dass er es war. Bis jetzt ist er nicht mehr aufgetaucht und seine Wohnung sieht danach aus, als habe er sie verlassen.“ Auch der neu eingeschenkte Alkohol war schnell zur Hälfte geleert. „Bastard. Warum hat Tsubasa ihn überhaupt entkommen lassen? So schnell ist der Wichser doch auch nicht.“ Er schnaubte abfällig. Tsuneo klopfte ihm auf die Schulter. „Er musste vorher die Soldaten aus dem Weg räumen. Bis dahin war er schon weg.“ „Scheiße.“ Mit einer schnellen Bewegung trank er den letzten Met aus. Er bekam einen mitleidigen Blick geschenkt. „Das hast du schon einmal gesagt.“ „Es ist eben auch scheiße.“ Genervt verdrehte Shouta die Augen, griff nach der Flasche und sah seinen Sensei fragend an. „Noch was?“ „Ich weiß.“ Tsuneo nickte. „Das können wir jetzt beide gebrauchen. Und ich dachte, nach dem ihr beide euch fast habt umbringen lassen, lässt es Hoshiko bleiben.“ Shouta lachte, aber trocken auf und fuhr sich über die rechte Schulter. „Ja, hat ganz schön wehgetan damals.“  Er ließ seinen Arm wieder sinken. „Aber sie hätte sich auch was neues einfallen lassen können. Bei mir war es ja auch schon der Arm gewesen.“ „Vielleicht wollte sie Hideaki etwas Besonderes bleiben lassen.“ Kurz blitzte der Goldzahn durch ein trauriges Grinsen auf. „Das wäre sehr lieb von ihr.“ Shouta fuhr sich durch das Haar. „Ich kann also noch mal alles umstellen, was die Planung angeht.“ „Weil du nicht weißt, wen du vertrauen kannst“, schloss Tsuneo. „Ja.“ Sie wechselten einen kurzen Blick. „Der Zirkel wird sein besten tun, die Spreu vom Weizen zu trennen.“ Erneut lachte Shouta kurz auf. Dieses Mal noch sarkastischer, noch trockener, als zuvor. „Und wer sagt, dass der Zirkel der Weizen ist?“ Tsuneo zuckte mit den Schultern. „Was willst du sonst machen?“ „Alleine klar kommen. Wie immer.“ Das folgende Grinsen war, im Gegensatz zu dem Lachen, tatsächlich fröhlich. „Ich habe nichts anderes erwartet, aber pass' auf dich auf.“ Tsuneos goldgelbe Augen, deren Farbe Shouta immer an Met erinnerte, wurden ernst. „Das meine ich wirklich so. Du bist mit den meist gesuchten Verbrechern der Ninja-Reiche unterwegs und ich kenne dich.“ „Ach, keine Sorge. Ich glaube, ich weiß, wie ich mit ihnen umgehen kann.“ Tsuneo blinzelte. „Mit wem der beiden hast du geschlafen?“ „Kakuzu. Der mit der Maske.“ Er grinste ihn an und ignorierte des resignierende Seufzen gekonnt.  „Schau nicht so. Ich darf schlafen, mit wem ich will.“ Tsuneo rieb sich die Schläfen. „Ich sollte dir wohl noch mal erklären, was vorsichtig bedeutet.“ „Ich bin vorsichtig, wir haben sogar ein Kondom benutzt.“ Shouta duckte sich unter den Schlag seines Senseis und hob beschwichtigend seine Hände. „Im Ernst. Ich passe auf mich auf. Mach dir keine Sorgen.“ „Es wäre einfacher sich keine Sorgen zu machen, wenn du beweist, dass man es nicht machen musst. Ihr alle.“ Der Blick war dem eines strengen Lehrers würdig. „Ich weiß, ich bin der Letzte, der sich darüber aufregen sollte, aber du hast gerade mit einem Auftragsgeber geschlafen.“ Shouta seufzte leise, sah Tsuneo dann direkt an. „Ich weiß und ich wusste, was ich tue. Ich hab das gemacht, weil ich es wollte.“ „Daran habe ich nie gezweifelt.“  Ihre Blicke trafen sich einige Momente. „Dann ist ja gut. Mach dir keine Sorge, nicht wegen Akatsuki zumindest. Das ist mein kleinstes Problem.“ Und Tsuneo wusste, dass Shouta wirklich weitaus größere Probleme hatte, als sich nicht von irgendwelchen Nukenin umbringen zu lassen. Sehr viel größere. „Hilf' mir lieber mir alternative Routen zu überlegen,  falls wir ausweichen müssen.“ In Anbetracht der Lage war das wahrscheinlicher als ein plötzlicher Mordversuch Akatsukis. Das ganze Land war in Unruhe und die Diebe standen auf vielen Abschusslisten ganz weit oben. Er wurde noch einige Momente eingehend gemustert, bevor Tsuneo nickte. „In Ordnung. Ich will vorher nur noch eine Sache klären.“ Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Und die wäre?“ „Was versprichst du dir von diesem Auftrag?“ Tsuneo war leiser geworden, sah ihn eindringlich an. „Was Akatsuki vorhat, ist mir egal, aber ich verstehe nicht, wieso du deinen Kopf für das bisschen Geld riskierst.“ Mit dieser Frage hatte er schon gerechnet, aber Shouta zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe meine Gründe dafür.“ Er grinste. „Vielleicht will ich ja nur Geschichte schreiben.“ „Ist es wegen der Krone? Wegen dieser lächerlichen Legende?“ Die goldgelben Augen weiteten sich überrascht. „Shouta, du bist kein Kind mehr.“ „Ich weiß. Vielleicht habe ich ja auch andere Gründe, aber ich werde sie dir nicht nennen.“ Er lehnte sich zurück, sah Tsuneo an. „Es geht dich auch nichts an.“ „Weißt du, diese Antwort habe ich befürchtet.“ Er seufzte, musterte Shouta noch einmal und beschloss dann anscheinend das Thema fallen zu lassen. „Zeig die Karten her, verdammter Sturkopf.“ Während sich die beiden weiter unterhielten, öffnete Tsubasa das Schloss, das in die Stadtbibliothek Pōtos führte. Mit der Lautlosigkeit, die neben Katzen nur Dieben vergönnt war, landete er auf dem steinernen Boden und blickte in die Dunkelheit, die ihn umhüllte. Er kannte das Gebäude gut, immerhin war er oft genug bei Tag hier, und wusste, wohin er gehen musste. Er verschmolz mit den Schatten, huschte zwischen den meterhohen Regalen entlang und mied das Mondlicht, das durch die riesigen Fenster hineinfiel, konsequent. In kurzer Zeit hatte er die schweren Eisentüren, die den Bereich des Königshauses von denen des allgemeinen Pöbels abtrennte, erreicht. Tsubasa musste die Vorrichtung nicht lange ansehen, um zu wissen, wie er sie öffnen musste. Wann immer er hier war, und es kam häufig vor, warf er einen kurzen Blick darauf, also konnte er durch jahrelang geübte Bewegungen das Schloss knacken. Uma, Hitsuji, Tori. Tsubasa wartete kurz ab, sah, wie das Jutsu zu wirken begann und formte die weiteren Fingerzeichen: Tora, Saru, Ne, Mi, Tori, I. Es folgte ein leises Knacken, die Barriere löste sich und er konnte den Riegel mühelos zur Seite schieben. Mit einem Blick über die Schulter öffnete er die Tür und trat in die geschützte Abteilung. Es war sein Glück, dass die königlichen Schoßhunde immer darauf achteten, dass alles, was die höchsten Tiere des Landes betraf, sauber und rein war. In Staub hinterließ man Fußspuren und die verrieten. Natürlich war es kein Problem ihn zu beseitigen, aber es kostete Zeit und die wollte er gerade nicht verschwenden. Tsubasa ahnte, dass das einfache Schloss aus Eisen nicht alles war. Man misstraute ihnen viel zu sehr. Seine Vorahnung wurde bestätigt, als er die Fallen entdeckte. Dass man sich tatsächlich diese ganze Arbeit hier machte, nur, um die weniger wichtigen Dokumente zu schützen... Na, wenn sie meinten. Ihn sollte das  nicht von seiner Arbeit abhalten. Mit leichten Schritten wich er den Druckplatten, die sich nur minimal in Farbe und Höhe von den anderen Steinen unterschieden, aus. Er wusste nicht, was sie auslösten und hatte noch weniger Lust, es heraus zu finden. Ein guter Dieb hinterließ so wenig Spuren wie möglich und Tsubasa verstand sein Handwerk gut. Ohne zu übertreiben, oder sich höher zu stellen, konnte er behaupten, er verstand mehr als die meisten anderen der Gildenmitglieder davon. Eine weitere Tür versperrte seinen Weg, doch auch die war kein Problem. Herzschläge nachdem er  die Fingerzeichen, andere als zuvor, geformt hatte, und davor natürlich seine Umgebung kontrolliert hatte,  war auch sie offen und er zog eine Taschenlampe, deren Licht mit einem Stück Stoff gedämmt wurde, hervor. Das reichte, um den Raum zu durchqueren, ihn zu analysieren und endlich das gesuchte Diebesgut in den Händen zu halten. Tsubasa überflog das Schriftstück. Wenn es wirklich die Informationen in sich trug, die er brauchte, war es Gold wert und wenn nicht konnte er es dennoch gut gebrauchen. Es waren sie und auf seinen Lippen breitete sich ein schwaches Lächeln aus, bevor er sich die Schriftrolle in eine Manteltasche steckte und aus der Stadtbibliothek verschwand, ohne eine einzige Spur zu hinterlassen. Es war immer gut, mehr über das Königshaus zu wissen. Kapitel 11: Königliches Blut ---------------------------- Akira war nicht schön. Das Gesicht war kantig, aber nicht von klaren Linien gezeichnet, sondern unförmig und plump. Die Haut spannte über das grobe Kinn, auf dem trotz der über vierzig Lebensjahre ein Pickel leuchtete und sich nicht verdecken ließ. Das Gesamtbild schien einfach nicht zusammenzupassen. Die Schultern waren breit, die Arme waren dünn und nicht lang genug für den Oberkörper, die Beine dick, viel dicker, als der Rest ihrer Körpers und die Ober- und Unterschenkel waren nicht voneinander zu unterscheiden. Der Rest des Körpers eine quadratische Masse. Doch am meisten hasste sie ihre Brüste. Sie waren groß, erinnerte an die Kürbisse, die in den Herbstmonaten die Hauptnahrungsquelle der Bauern darstellten, doch waren sie unförmig. Hingen wie die Brüste, einer alten Frau und waren zu allem Überfluss nicht einmal gleich groß. Es war furchtbar und sie wusste es. Und dennoch war es nicht der Hass auf sich selbst, der sie gerade übermannte, als sie in den großen Spiegel vor sich starrte. Es war die elfenhafte Schönheit der Königin, die vor ihr saß. Die goldblonden Locken fielen ihr über die schmalen, blassen Schultern und die Augen, die die Farbe eines gefrorenen Sees hatten, sahen zu Akiras Spiegelbild. Akira kannte den Ausdruck. Hinter der königlichen Zurückhaltung verbarg sich kein Ekel, das hätte sie noch ertragen können, es war Mitleid. Sie hatte Mitleid mit ihrer Hässlichkeit. Doch Akira zwang sich zu der ruhigen Maske, die sie immer auflegte, wenn sie in ihrer Nähe war. „Ich mache mir Sorgen.“ Die Stimme der Königin war so hell, so zierlich wie ihr Äußeres. „Was ist mit den Aufständen, mit den Dieben?“ Ihre Augen wurden groß und Akira legte ihr eine Hand auf die Schulter. Schon wieder fiel ihr auf, wie grob sie im Vergleich zu der Königin wirkte. „Die Palastwache wird ihr Bestes tun, um Euch und Eure Familie zu schützen.“ Sie schwieg kurz. „Wenn Ihr es wünscht, werde ich für Euch eine Sondereinheit der Palastwache bereitstellen.“ Akira lächelte weich. Für einen Augenblick wirkte sie weniger hässlich, sanfter. Vielleicht weiblich. „Eure Sicherheit liegt mir am Herzen.“ Die Königin lächelte eines ihres bezaubernden Lächeln, das selbst die kältesten Herzen erwärmen sollte – und meistens tat. „Aber was ist mit dem Volk? Dieser Angriff.“ Akira ließ ihre Hand sinken, suchte einige Momente nach Worten um dieser widerlichen Gutherzigkeit und Naivität – das war noch das Schlimmere daran – etwas entgegnen zu können. „Die Armee tut ihr Bestes, um das Volk zu schützen. Glaubt mir.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ihr müsst mir vertrauen.“ Und noch bevor sie sich weiteren dieser Dämlichkeiten stellen musste, fügte sie noch etwas hinzu: „Verzeiht mir, aber ich muss los. Es gibt noch viel zu besprechen, wenn Ihr versteht.“ Akira verneigte sich kurz, wartete das bezaubernde „Ich verstehe“ ab und war dann schon auf den Gängen. Wie alle Gebäude in diesem Teil der Stadt war auch der Palast aus dem dunklen, rauen Stein erbaut worden um den rauen Klima der Küste standzuhalten. Das und den hohen Ansprüchen der königlichen Familie. Akira mochte es nicht. Für die zarten Geschöpfe, die diese Familie hervorbrachte, war es anders, sie wirkten nur noch schöner, wenn sie von dieser Rauheit umgeben waren. Akira jedoch fühlte sich schlechter. Doch gerade lenkten sie andere Gedanken ab. Sie musste mit dem König reden. Es war schön und gut, dass er seiner ehrenwerten Gemahlin nichts von seinen Plänen erzählte, aber war es so schwer, sie zumindest einige Tage von Informationen fern zu halten? Sie schnaufte, fuhr sich durch die dunklen und, obwohl sie lang waren, borstigen Haare. In Ordnung. Sie konnte nur hoffen, dass die Informationen nicht noch weiter durchgesickert waren, vor allem nicht so. Es würde nur zu mehr Unruhen, die sie nicht gebrauchen konnten, führen. Nicht viel weiter entfernt, in derselben Stadt, aber in einem völlig anderen Viertel, hatte sich Hoshiko im Bett aufgerichtet. Unter ihrer Kleidung, konnte man einen rotgefärbten Verband sehen und ihre Haut war nicht viel dunkler, als die einer Leiche. Ihre Augen waren trüb, aber wach und der Blick war auf die Diebe, die mit im Zimmer waren gerichtet. „Gesehen habe ich ihn nicht, aber er war es. Ganz sicher.“ Sie rieb sich mit der rechten Hand die Augen. „Ist noch wer verschwunden?“ Azarni, eine junge Frau mit weißblonden Korkenzieherlocken und grünen Augen, zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ein paar Wohnungen stehen leer, aber das kann alles heißen.“ Natürlich konnte es das. Hoshiko wusste selbst am besten, dass die Diebe sich auch untereinander oft in Schweigen hüllten. „Ich denke nicht, dass vorerst Grund zur Sorge besteht. Ryozo war schon immer“, Tsubasa, der das Wort ergriffen hatte, hielt kurz inne um nach der passenden Formulierungen zu suchen, „anders. Ich werde jedoch ein Auge auf die Sache halten.“ Hoshiko schloss kurz ihre Augen, verzichtete darauf zu nicken. Es war auch so offensichtlich, dass sie verstanden hatte. „Azarni? Hast du schon eine Antwort von Tsuneo?“ „Ja. Shouta war übrigens auch in Arashi, soll euch schöne Grüße ausrichten.“ Azarni sah auch zu Hideaki, der an dem Fußende des Bettes saß. „Tsuneo kommt hier her, sobald er mit seinen Geschäften durch ist.“ „Wenigstens eine gute Nachricht“, murmelte Hideaki. Davon gab es in letzter Zeit viel zu wenig. Kapitel 12: Verdachtsmomente ---------------------------- Den vergangenen Tag hatte Kakuzu damit verbracht, sich in Arashi umzuhören, hatte jedoch, bis auf die Tatsache, dass die Gerüchte um das zerstörte Bergdorf und eine unschöne Form der Grippe sich ausbreitete, nichts von Bedeutung herausgefunden. Und das, obwohl er wirklich lange unterwegs war. Aber Arashi war eine dreckige Stadt und noch ärmer als Fuyu. Kakuzu hatte so viel heraushören können, dass dieser Teil des Landes nie von Unruhen betroffen gewesen und in Folge dessen vergessen worden war. Zusätzlich zu der miserablen Lage und der wirtschaftlichen Situation machte das Arashi zu dem unbeliebtesten Platz des Landes. Kakuzu konnte das nachvollziehen. Er war froh, wenn er hier endlich weg war. Und so störte es ihn nicht, dass sie an diesem Morgen noch im Morgengrauen Arashi verließen. Den Tag davor hatte er den Dieb kaum gesehen und selbst diese Begegnungen waren, vergleichsweise, harmlos verlaufen. Zwar hatte der Junge verdammt viel und auf diese überhebliche Art gegrinst, aber das war besser als diese dämlichen Sprüche. Das Grinsen konnte man ignorieren. Zumindest irgendwie. Es hatte sich nichts geändert, aber Shouta schien ein wenig besänftigt zu sein, soweit er das in dieser kurzen Zeit beurteilen konnte. Lange würde es nicht anhalten, das war Kakuzu klar. Tatsächlich war Shouta auch jetzt noch still. Doch lag das eher an der Müdigkeit. Die dunklen Augenringe und die Haare, die zu einem unordentlichen Zopf verbunden waren, sprachen  dafür. Nicht, dass er dennoch nicht grinste, aber er schwieg. Hidan nicht. Es war endlich Ruhe und dann redete er! Schlagartig erreichte Kakuzus Laune einen neuen Tiefpunkt. „Es sieht nach schlechtem Wetter aus.“ Großartige Erkenntnis! Das war so schwer zu erkennen, wenn der Himmel von dicken Wolken bedeckt war. Shouta gab ein Seufzen, das nur schlecht die Genervtheit verbergen konnte, von sich. „Ich weiß, aber das macht uns keine Probleme, wenn wir schnell genug sind.“ „Aha.“ Kurzes Schweigen. „Woher weißt du das?“ Hidans Misstrauen in allen Ehren, aber Kakuzu hatte gerade keine Lust, sich über irgendetwas zu unterhalten. Die Gefahr zu erfrieren bestand vor allem für den Dieb, nicht für Kakuzu oder Hidan und so viel Verstand, nicht sich selbst in eine tödliche Wetterfront zu bringen, traute er auch ihm zu. Hoffentlich. „Erfahrung. Ich kenne das Wetter hier gut.“ Shouta drehte sich kurz um. „Wir sind schnell genug, um im Flachland nicht von dem Schnee eingeholt zu werden.“  Kurz sah er zu Kakuzu, grinste ihn an und drehte sich  zurück. Wie er das jetzt werten sollte, wusste Kakuzu nicht, also beließ er es dabei weiterhin zu schweigen. Auch Hidan schwieg. Endlich war wieder Ruhe und das sogar für einige Zeit. Auf dieser Seite Arashis war das Land die ersten Stunden des Laufens ziemlich flach, stieg aber mittlerweile langsam wieder an. Schließlich sprach der Dieb doch. „Ihr nehmt viel auf euch für eine Legende.“ Shouta sah zu ihnen, lief dabei ruckwärts.  „Das ist verrückteste Auftrag, den ich je angenommen habe.“ Er grinste kurz. „Und der, der am längsten dauernd wird.“ Kakuzu schwieg beharrlich. Das interessierte ihn nicht einmal im Ansatz. Dennoch sprach Shouta weiter. Natürlich. „Ich würde vorschlagen in etwa einer Stunde eine Pause zu machen.“ Er lernte, wie interessant. „Nicht zu lange, aber wir müssen bis zur Nacht ein gutes Stück geschafft haben. Hier gibt es keine Hütten für uns oder so, dank der Regierung.“ Er zuckte mit den Schultern, hatte sich dann aber auch wieder umgedreht und seine Schritte sogar ein wenig beschleunigt. „In Ordnung“, sagte Kakuzu bevor der Junge beschloss  weiterzureden oder, das wäre sogar  schlimmer, Hidan sich einzumischen. Schließlich überwand er sich dennoch dazu, eine Frage zu stellen. Wenn der Dieb schon reden wollte, dann wenigstens über Dinge, die Kakuzu auch etwas angingen. „Du hast gestern nicht nur Vorräte besorgt. Warst du wegen der Aufstände unterwegs?“ Shouta warf einen Blick über seine Schulter. „Richtig erkannt und ja, ich kann es dir sogar erzählen, wenn du schon so lieb fragst.“ Kakuzu bereute seine Aussage sofort. Er hätte nicht darauf vertrauen sollen, dass der Junge normal antwortete. „Riskiere nichts“, knurrte er und für einen Moment schien der Dieb zu verstehen. Das Grinsen war noch immer da, aber es war abgeschwächt. Beinahe zurückhaltend. „Ist gut, ist gut, ich bin daran interessiert, meine Organe zu behalten.“ Doch wartete er kurz, bis er etwa auf der gleichen Höhe wie Kakuzu war, um ihn ansehen zu können. Das war Kakuzu sogar lieber. „Ich hab versucht etwas über das Dorf in Erfahrung zu bringen. Das, was zerstört wurde.“ Er sah zu ihm hoch und auch Hidan hatte die Aufmerksamkeit auf das Gespräch gelenkt. „Sie hatten oft Kontakt mit der Gilde und wie es aussieht gerade in den letzten Monaten.“ „Und das reicht bei euch, um ein Dorf von oberster Stelle auszulöschen?“ Hidan gab einen belustigten Laut von sich. „Als ich das gemacht habe, wurde ich zum Nukenin.“ Shouta schüttelte seinen Kopf. „Nein, da es noch geheim gehalten, oder zumindest das versucht wird, gehe ich davon aus, dass man es irgendwem in die Schuhe schieben will. Den Dieben, den Aufständlern.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wie es ihnen gerade passt.“ „Dann gehen sie nicht sonderlich geschickt dabei vor.“ Kakuzu sah den Dieb nur kurz an, blickte dann wieder geradeaus. „Natürlich nicht. Das machen die nie, aber es wird uns Ärger machen.“ Der Junge schien kurz zu überlegen. „Jedenfalls wird man-“ Er brach plötzlich ab, blieb stehen und drehe sich um. „Oh“, sagte er dann überrascht. Widerwillig folgte Kakuzu seinem Blick und sah wie eine kleine, helle Gestalt auf sie zuflog. Sie hatte die Größe eines kleinen Vogels, schien aber schon mit der Landschaft zu verschmelzen. Dieser Vogel – mangels an anderen Bezeichnungen, beließ er es bei diesem Wort – schlug nicht mit den Flügeln, schien sich nicht zu bewegen, auch, wenn er näher kam und schlussendlich auf Shoutas ausgestreckter Hand sitzen blieb und in dem typischen Rauch, der sich nach einem Jutsu ausbreitete, verpuffte. Zurück blieb eine kleine Schriftrolle, die der Dieb öffnete. „Scheiße.“ Der Junge lief einige Schritte von ihnen weg, wieder in Richtung  Arashi und blieb kurz stehen.  „Bevor du mich jetzt umbringst: Das ist nicht weitergegeben worden. Zumindest, wenn alles nach Plan gelaufen ist.“ Kakuzu ging einen Schritt auf ihn zu und sah, wie der Dieb zurück wich. „Was soll das heißen?“ „Wir sind gesehen worden, als wir die Stadt verlassen haben.“ Großartige Nachricht. Der Junge sprach aber noch weiter: „Tsuneo hat den Botenvogel abgefangen, außerhalb von Arashi weiß niemand davon und mit etwas Glück hat er auch verhindert, dass es überhaupt jemand weiß, außer na ja…“ „Außer wer?“ Er kam ihm noch einen Schritt näher und bemerkte, wie sich der Dieb anspannte. Scheinbar war auch diese Antwort keine gute. „Man hat uns einen Trupp Soldaten nachgeschickt, keine Ahnung wieso, bringen uns wohl mit den Morden an den Soldaten in Zusammenhang.“ Er machte eine Pause, musterte Kakuzu skeptisch. „Sie sind uns nicht direkt gefolgt, aber sie haben Spürhunde und Pferde, sie werden uns einholen.“ Der Junge hatte sein Kekkei Genkai aktiviert, doch dieses Mal schien es ihm nichts zu nützen, denn anstatt eine Antwort kam nur ein: „Scheiße. Nicht gut.“ Etwas anderes kam nicht. Gar nichts. Kakuzu reichte es.  Ehe Shouta antworten konnte, packte er ihn am Oberarm und riss ihn herum.  „Was soll das heißen?“ Der Junge stieß einen Fluch aus, versuchte sich loszureißen, was jedoch kläglich scheiterte.  Natürlich, verglichen mit ihm war der Dieb ein Schwächling. „Ist ja schon gut, ist alles in Ordnung. Ich weiß nicht, wo genau die sind.“  Kakuzu stieß ihn von sich weg und Shouta sah zwischen ihm und Hidan, der gerade zu ihnen trat und nach der Sense griff, hin und her. „Es sind nur Soldaten, also kommt runter, außerdem habt ihr auch nichts bemerkt.“   Dieses Mal musste der Dieb nicht nur Kakuzu, sondern auch Hidan ausweichen. Nicht, dass er vorhatte, ihn zu töten, doch still sein sollte er dennoch. Die Situation war nicht gefährlich, aber unpraktisch. Shouta seufzte, fuhr sich durch die Haare. Das Kekkei Genkai war noch immer aktiv und glühte schwach. „Okay, okay. Mein Fehler dann eben. Jedenfalls müssten die uns bald eingeholt haben, dann erledigen wir sie und niemand wird wissen, wen sie nun verfolgt haben und alles ist in Ordnung.“ Er trat einen weiteren Schritt zurück. „Das ist doch sicher nicht das erste Mal, dass ihr verfolgt werdet.“ „Halt den Mund.“ Hidan hatte die Sense zwar losgelassen, weniger bedrohlich dürfte ihn das aber nicht für Shouta machen. Er drehte sich um und deutete auf eine Hügelkette östlich von ihnen. „Sie können nur dort entlang sein.“   Damit hatte Hidan Recht. Das war der einzige Punkt, den sie von hier aus nicht im Überblick hatten.  Kakuzu musterte den Jungen einige Momente, sah dann aber gen Osten. „Das kostet uns Zeit.“ Es wunderte ihn, dass von Shouta kein Wort kam. War auch gesünder für ihn. Ganz abgesehen davon, dass Kakuzu es nicht bevorzugte, einfach zu fliehen, würde es ihnen sicher nichts nützen. Wenn sie ihnen einen ganzen Trupp nachschickten, würden sie sich nicht damit zufrieden geben, sie nicht zu finden.  „Wie schnell sind die Soldaten?“ Der Dieb trat näher zu ihm. „Schnell, zumindest ihre Pferde. Kann gut sein, dass sie, wenn wir warten uns in einer halben Stunde eingeholt habe.“   Das Kekkei Genkai war nun deaktiviert. „Schätze ich, genaues kann ich nicht sagen.“ „Dann kommen wir ihnen entgegen“, meinte Hidan. „Selbst mit Rückweg dürfte es schneller gehen.“ Kakuzu nickte. Kaum fünfzehn Minuten später starb der erste Soldat. Kakuzu hatte den Dieb im ersten Moment noch im Auge gehabt, gesehen, dass er einige Fingerzeichen formte  –  erkennen, welche es waren, konnte selbst er nicht – und mit der Umgebung zu verschmelzen schien. Ein Tarnjutsu, durch dass er aus weiterer Entfernung (und wahrscheinlich auch bei Dunkelheit) nicht zu erkennen war. Was er aber erkannte, war der Pfeil, den er abschoss und sich in den Hals eines der Soldaten bohrte. Mit einem erschrocken Griff an den Hals fiel er von seinem Pferd. Das letzte Leben, was noch in diesem war, erlosch, als die Hufe seinen Kopf zerschmetterten. Sie ließen ihnen keine Zeit, sich auf den Angriff vorzubereiten. Während Kakuzu ebenfalls noch erst aus der Ferne angriff, mit seinen abgetrennten Unterarmen Genicke brach, stürmte Hidan nach vorne, reagierte gar nicht auf die Geschosse, die ihm entgegen  geworfen wurden. Kakuzu bemerkte wie die Pferde, die noch einen Reiter hatten, nervös wurden – die anderen waren schon längst geflüchtet -  und als Hidan schließlich einen Soldaten zerteilte, warf eines den Soldaten ab. Er kam gar nicht dazu, noch einmal aufzustehen, denn Kakuzu, der sie nun auch erreicht hatte, durchbohrte seinen Oberkörper. „Wage es nicht, jetzt zu opfern“, knurrte er noch Hidan  zu, der sich noch die Zeit nahm, genervt die Augen zu verdrehen, aber dennoch nickte. Er schwang seine Sense, ließ Blut spritzen und warf Kakuzu einen kurzen Blick über die Schulter zu. „Ja, ja. Ich weiß, keine Zeit verschwenden.“ Für einen Moment überlegte Kakuzu, Hidan das Genick zu brechen, beließ es dann aber dabei, einen der Soldaten, deren Anzahl beachtlich geschrumpft war und tatsächlich immer noch angriffen, den Brustkorb zu zertrümmern. „Wo ist der Dieb überhaupt?“, fragte Hidan plötzlich nach. Das war eine gute Frage. Seit dem Pfeil hatte Kakuzu nichts mehr von dem Jungen gesehen, allerdings hatte er nicht auf ihn geachtet. Gegen die Soldaten sollte er kämpfen können, ohne dabei zu sterben oder sich ernsthaft zu verletzen. Dennoch traute er ihm nicht gut genug, um ihn aus den Augen verlieren zu wollen. Kakuzu beschloss sich nach dem Kampf darum zu kümmern, sollte Shouta nicht wieder auftauchen.   „Ich weiß es nicht“, antwortete Kakuzu, ging einen Schritt zur Seite, um einen Speerstoß auszuweichen, zertrat das Holz dann und sah zu dem Soldaten, der ihn mit schreckensweiten Augen ansah. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch Kakuzu ließ ihn nicht dazu kommen. Ebenso wie das Holz splitterten auch seine  Knochen unter Kakuzus Kraft und der Mann fiel tot zu Boden. Hidan holte mit der Sense aus, schlitzte einen der Soldaten auf und sah in einer kurzen Bewegung zu Kakuzu. „Solange er nicht verschwunden ist.“ „Das wagt er nicht.“ Für so dumm hielt Kakuzu selbst den Jungen nicht. Er schien nicht zu wissen, wann es klüger war, den Mund zu halten, aber er würde nicht fliehen. Vor allem nicht in so einem Moment. Der letzte Soldat starb durch einen Pfeil. Kakuzu wandte seinen Kopf in die Schussrichtung. Der Dieb hatte ein Pferd an den Zügeln gepackt, das einzige, was noch hier war, und führte es zu ihnen. „Es ist das Botenpferd“, erklärte er schnell, „die tragen immer die Schriftrollen am Sattel.“ Er klopfte auf die passende Stelle. „Wenn es einer von euch hält, kann ich es durchsuchen.“  Er drückte Hidan die Zügel in die Hand. „Sonst geht es durch und ich will wissen, was sie über uns wissen.“ Das Pferd schnaubte, warf den Kopf nach hinten und wurde von Hidan zurück gerissen. „Wo warst du die ganze Zeit?“, fragte er nebenbei, während er das Pferd, das sich aufbäumen wollte, zurück zog. „Hab das Pferd hier einfangen müssen.“ Er sah  zwischen Kakuzu und Hidan hin und her. „War mein Fehler, hab den Boten als erstes erledigt, natürlich ging es dann durch.“ Er zuckte mit den Schultern, klang nicht im geringsten danach und zog eine Schriftrolle hervor. „Interessant.“  Eine seiner Augenbrauen war in die Höhe gewandert. Kakuzu starrte zu ihm herüber. „Was ist interessant?“ In der Zeit hatte Hidan das Pferd losgelassen. Es nutze die Chance um in bemerkenswerter Geschwindigkeit davonzueilen. Niemand sah ihm  nach, aber sie konnten davon ausgehen, dass es zumindest in die Nähe von Arashi lief. „Die Gesetze wurden geändert“, erklärte Shouta und reichte Kakuzu die Schriftrolle. „Das erklärt, warum sie uns gefolgt sind. Jedem Verdacht muss nachgegangen werden und Fremde sind grundsätzlich verdächtig.“ Kakuzu überflog die Schriftrolle kurz, steckte sie aber dann wieder ein. Währenddessen sprach der Junge weiter: „Das ist aber nicht, was interessant ist. Nicht direkt zumindest. Sie haben die Strafen erhöht.“ Er runzelte die Stirn, zuckte dann mit den Schultern. „Es wird uns nicht betreffen.“ Damit schien die Sache sich für ihn erledigt zu haben und auch Kakuzu fragte nicht weiter nach, sondern sprach das an, was nun wichtig war. „Wir haben genug Zeit verschwendet, gehen wir weiter.“ Hidan befestigte die Sense an seinem Rücken und Shouta nickte. Sie setzen sich schweigend in Bewegung, schneller als zuvor, sie mussten weit kommen, bevor es Nacht wurde. Noch ahnte Kakuzu nicht, wie sehr ihn die Probleme betreffen würden. Kapitel 13: Nächtliche Gedanken ------------------------------- Es war dunkel und kalt geworden. Sie hatten ein kleines Feuer gemacht, das nicht wärmen konnte während der Wind über die Ebene fegte und Shouta zog seinen Mantel näher um seinen Körper. Das hasste er an dem Flachland. Keine Wälder, keine Felsen, kein Schutz und das im Winter. Ein Blick zu Seite verriet ihm, dass es den beiden Akatsukimitgliedern nicht anders ging. Hidan blies sich in die Hände, schien ein wenig zu zittern und Kakuzu … na ja, Shouta vermutete zumindest, dass ihm kalt war. Jedenfalls sah es nicht danach aus, als würde er schwitzen. Schließlich trafen sich ihre Blicke und Shouta grinste. Er hatte bemerkt, dass Kakuzu auf seinen Hals sah, der noch immer von einem Schal verdeckt war. Vielleicht sollte er ihm mal zeigen, wie er nach wie vor aussah. Doch bevor er das tat, griff Shouta zu seinem Rucksack und zog einen kleinen Beutel hervor. „Dunkelpulver“, erklärte er auf die Blicke seiner Begleiter, „es dämpft den Schein des Feuers ein wenig, gibt weniger Rauch. Dann können wir es weiter entfachen.“ Er hatte keine Lust mehr auf diese Kälte. „Warum hast du es nicht vorher benutzt?“ Hidan fragte zwar nach, hatte aber schon nach dem Feuerholz gegriffen. „Das Zeug ist verdammt teuer.“ Shouta holte die passende Menge mit einem kleinen Löffel hervor und warf sie in das Feuer, das sich sofort abdunkelte. „Ich verwende es nur, wenn es absolut notwendig ist.“ Und bevor sie erfroren war es notwendig, er fing das Holz, das ihm Hidan zu warf, auf und legte es nach. „Ich übernehme die erste Nachtwache, wenn ihr wollt.“ Er konnte wach bleiben und Akatsuki war einverstanden damit. Immerhin vertrauten sie ihm jetzt so weit, dass sie nicht glaubten, er würde ihnen nachts die Kehle durchschneiden – was sowieso keinen Sinn hätte – oder sie ausrauben und verschwinden. Oder sonst etwas, was ihnen einfiel. Dennoch konnte es Shouta nicht lassen noch einmal zu Kakuzu zu sehen und zu grinsen. „Träume süß.“ Er hatte keine Ahnung, wieso er das sagte, er rechnete schon damit, irgendetwas gebrochen zu bekommen, oder mit einem Schlag in den Magen. Zu seinem Erstaunen passierte nichts davon. Nur den typischen Blick, der ihm das Rückgrat rausreißen zu wollen schien und sonst nichts. Nicht mal eine ausgesprochene Drohung. Gut, Shouta wandte lieber seinen Blick ab, hin zu der Umgebung – und spürte, nebenbei erwähnt, dass Hidan verwirrt zwischen ihm und Kakuzu hin und her blickte. Er musste sein Glück nicht überanstrengen. Shouta war sich durchaus im Klaren darüber, dass es eine dumme Idee war, Kakuzu zu reizen, aber er konnte es auch nicht lassen. Es machte den Auftrag interessanter und er fand es lustig, wie er reagierte. Nun gut, er tat es nicht nur deswegen, es lag auch an Kakuzu an sich. Shouta fand ihn auf eine amüsante Art interessant. Das und noch andere Dinge. Die Nacht schritt noch weiter fort und Shouta ließ seine Gedanken schweifen ohne die Umgebung aus den Augen zu verlieren. Es war schon fast vierzehn Jahre hier, als er das erste Mal hier gewesen war. Sogar die Jahreszeit passte, wenn es auch damals das Ende, nicht der Anfang, des Winters gewesen war. Ein milder Februar, in dem der Schnee geschmolzen war und die Kälte selbst für ein Straßenkind nicht mehr tödlich war. Die Zeit, in der Tsubasa ihn nach Ōrora gebracht hatte und sie das Land durchqueren mussten. Sie waren zu Pferd unterwegs gewesen, Tsubasa zumindest. Für Shouta war es ein kleines, dickes und nicht sonderlich intelligentes – dafür aber liebenswertes – Pony, das auf den Namen Kuchen hörte, gewesen. Das Feuer, das sie gemacht hatten war größe, damals war es hier noch nicht gefährlich gewesen, erst recht nicht, wenn man mit einem Kind unterwegs war und Shouta hatte unter Decken und Fell vergraben gegen Kuchen gelehnt dagesessen. Tsubasa hatte für das Essen gesorgt, Shouta konnte sich noch gut daran erinnern, wie unvorstellbar gut es ihm vorgekommen war, obwohl es sich nur um Brot, eine seltsame Käseart, die er zu diesem Zeitpunkt keinem Geschmack hatte zu ordnen können und ein wenig mageres Fleisch bestanden hatte. Und er erinnerte sich noch gut an die Frage, die ihm Tsubasa gestellt hatte: „Du hast nie von deinen Eltern erzählt.“ Er hatte ihn nachdenklich gemustert, vorsichtig. „Was ist mit ihnen?“ Shouta hatte nicht lange überlegen müssen – das würde er auch heute nicht tun – um eine Antwort zu finden. „Meinen Papa habe ich nie kennen gelernt, vermutlich ist er aber tot, meinte Mama immer.“ Dann hatte er den Käse, nein, ein Stück vom Fleisch, gegessen. „Und Mama ist tot. Ich hab sie sterben sehen.“ Etwas, was Shouta damals nicht hatte beschreiben können, aber es musste Erstaunen gewesen sein, war in Tsubasas Augen aufgeflackert. „Das tut mir Leid.“ Shouta hatte seinen Kopf geschüttelt. „Das muss es dir nicht.“ Er hatte sein Essen nicht aus der Hand gelegt, hatte immer noch zu Tsubasa gesehen. „Es war besser so, musst du wissen. Für mich und für sie.“ Tsubasa hatte darauf nichts erwidert. Heute konnte es Shouta ihm nicht übel nehmen, er würde auch nicht wissen, was man auf so eine Aussage antworten sollte. Doch hatte Shouta einfach weiter gesprochen: „Sie war oft krank und ich glaube, sie hat sehr gelitten.“ Ein Geräusch ließ Shouta plötzlich aufhorchen. Sofort griff er nach einem Pfeil, aktivierte sein Kekkei Genkai und starrte in die Dunkelheit, in der er nun ein wenig besser sehen konnte. Es war nur ein Fuchs, der irgendein Tier, vermutlich einen Hasen, erlegt hatte. Shoutas Blick ging gen Himmel, die Augen wieder so, wie sie es zuvor gewesen war. Es wäre an der Zeit, Kakuzu oder Hidan zur Ablösung zu wecken, aber er ließ es noch bleiben. Er konnte nicht schlafen. Der nächste Tag kam und die Landschaft begann sich zu verändern. Die Hügel wurden steiler, das Gras wich rauem, grauen Stein und am Horizont, nördlich und damit auf der rechten Seite von ihnen, konnte man die Spitzen des Nordlichtsgebirges, das südliche Gebirge Ōroras erkennen. Shouta überlegte, ob er von den Legenden, die über die auffälligste Bergkette erzählt wurde, ansprechen sollte, entschied sich aber dagegen. Zwar mochte Shouta die Geschichte über die Drachen, die im einen Kampf den Felsen geformt hatten faszinieren, aber er wollte keine unnötigen Schläge provozieren. Nicht, wo es gerade so schön friedlich war. Vielleicht würde er später mal darauf zurückkommen. „Wir kommen übrigens gut voran“, sagte er stattdessen, seinen Blick auf die beiden Akatsuki-Mitglieder gerichtet. „Ich schätze, dass wir noch etwas weniger als einen Tag brauchen, bis wir das Gebirge erreichen.“ Es folgte Schweigen. Shouta entschloss sich weiter zu reden: „Die Hütte liegt am Bergfuß, wir müssten uns also nicht einmal beeilen.“ Er bemerkte Kakuzus Blick. „Natürlich können wir das dennoch tun.“ Das war ja auch nicht die Welt. Ansonsten war alles geklärt. Sie würden einen gefährlichen, aber schnellen Weg über die Berge wählen. Drei, vielleicht vier Nächte und sie wären wieder draußen. Je nach Wetterlage, wenn alles gut ging. Dennoch war es besser, als den Ausläufer des Gebirges, der weit in das Landesinnere hineinragte, zu umlaufen und in Gefahr zu geraten, Konflikte mit Soldaten zu schaffen. Die würden so oder so auf sie zukommen, dann musste es nicht provoziert werden. Ganz davon abgesehen, dass diese Hütten vor allem im Bergland standen, mittlerweile zumindest, und die Kälte würde kommen. Vor wenigen Jahren war das anders gewesen, doch war Akira da noch nicht einflussreich gewesen, mit ihrem Machtaufstieg allerdings war der Hass gegen die Gilde gestiegen und ihre Hütten gesucht und vernichtet worden. Shouta wusste, warum er diese Person, die aussah als sei sie als Kind zu oft vom Wickeltisch gefallen und mehrmals unter die Hufe von Pferden geraten, nicht leiden konnte. An sich war es kein Problem diesen Teil des Gebirges zu passieren, nicht als Ninja, aber im Winter war es anders. Der Schnee überdeckte Felsspalten, Lawinen waren an der Tagesordnung und die Kälte war schwer zu ertragen, selbst die Kleidung der Morinos würde nicht vor Erfrierungen schützen könnten, würde man sich ihr zu lange aussetzen. Kein Ort, an dem man gerne war. „Junge.“ Kakuzus Stimme klang lieblich wie eh und je. Shouta drehte sich um, hob abwartend eine Augenbraue und schwieg, lief jedoch weiter. Er sollte ruhig wissen, dass er durchaus in der Lage war, zu schweigen, es nur selten tun wollte. „Beeile dich. Es gibt noch Dinge, die ich ansprechen will.“ Er konnte ein Grinsen nicht verkneifen. „Natürlich gibt es das.“ Einige Momente herrschte Schweigen. „Um was geht es? Den Kristall? Eine Landschaftsbeschreibung? Ich bin kein sonderlich guter Touristenführer und so interessant ist die Gegend auch nicht, aber-“ Kakuzu unterbrach ihn. „Wie lange werden wir brauchen?“ Shouta seufzte, blieb stehen, bis er mit Kakuzu auf einer Höhe war und sah dann zu ihm hinauf. „Du willst genauere Zahlen wissen, nehme ich an.“ „Ja.“ „Für die gesamte Mission.“ „Ja.“ „Kann ich nicht sagen. Nicht genau zumindest.“ Kakuzu antwortete nicht, stattdessen liefen sie weiter. Shouta musterte ihn. Wahrscheinlich erwartete er jetzt einen groben Zeitraum, dem war sich Shouta bewusst, aber er hatte Zeit. „Bis wir in Umamaru sind, brauchen wir, wenn alles gut läuft, sechs oder sieben Tage. Eher sieben.“ Er verstummte, um nachzurechnen. „Bis nach Pōto sind es dann noch mal einige Tage, bis ich mir sicher bin, wann wir zugreifen können. Zwei bis drei Wochen Zeit müsst ihr mindestens einplanen.“ Es kam keine Antwort, allerdings nickte Kakuzu ihm kaum merklich zu. „Ich zeige euch nachher die Karten, hab auch eine von Pōto dabei, dann wisst ihr, was ich meine, wenn ich sage, dass es wir dort einige Zeit brauchen wird.“ Shouta beschleunigte seine Schritte erneut. „Wolltest du nicht, dass wir uns beeilen?“ Er grinste, sah Kakuzu dabei an und war zu schnell aus der näheren Reichweite, als dass sich dafür ein Schlag lohnen würde. Mittlerweile konnte er ihn einigermaßen einschätzen, soweit zumindest, dass ihm die Nase nicht gebrochen wurde. Oder andere Knochen. Trotzdessen hielt es Shouta für klüger, nicht langsamer zu werden, sondern noch ein wenig an Geschwindigkeit zuzulegen. Hinter sich hörte er, dass Hidan schnaubte – er unterdrückte wahrscheinlich ein Auflachen – und sah in den Himmel. Es schneite. Shouta hatte damit gerechnet, er kannte Ōroras Klima gut genug um es einschätzen zu können, dennoch hätte er darauf verzichten können. In der Höhe, auf der die Hütte lag, einige Höhenmeter mussten sie dann dennoch überwinden, könnte schon Schnee liegen, gemeinsam mit dem nun fallenden könnte es dazu kommen, dass – Mit einem stolpernden Schritt konnte Shouta es noch verhindern, auf den Boden zu fallen. Eines der Akatsukimitglieder, peinlicherweise konnte er gerade wirklich nicht sagen, wer, hatte ihn gestoßen. Er unterdrückte einen Fluch, sah, dass beide schon vor ihm waren und verstand, dass er wohl stehen geblieben sein musste. „Noch nie Schnee gesehen?“, fragte Hidan belustigt. Kakuzu war weniger freundlich. „Du wolltest dich beeilen.“ Und den Klang seiner Stimme nach zu urteilen, war es ein Befehl, den er besser Folge zu leisten hatte. Was tat man denn nicht alles für seine Auftraggeber? Shouta verdrehte die Augen, was weder Kakuzu noch Hidan sah, lief an ihnen vorbei und hielt dabei vorsichtshalber Abstand. „Was war das?“ Hidan schien die Situation immer noch unglaublich lustig zu finden. Da sollte noch einmal jemand sagen, dass Shouta höhnisch war. Gut, war er ja auch, gab er auch zu, aber trotzdem nervte ihn das im Moment. „Ist doch egal.“ Schon wieder verdrehte er die Augen. Auch dieses Mal konnte es keiner der beiden sehen, nun war er schon wieder vor ihnen. „Hab' nachgedacht.“ Weitere Aussprüche dazu schluckte er herunter. Hidan setzte an, um noch etwas zu sagen, wurde aber von Kakuzu unterbrochen. „Seid still.“ Die Stimme war wie das Grollen eines Vulkans. Was sollte das denn jetzt? Shouta warf einen Blick zurück, fing Hidans belustigen auf und entschied das einfach auf Kakuzus grimmigen Charakter zu schieben. Als der Abend kam, kam auch die Hütte in Sicht. Wie Shouta vermutet, oder befürchtet, hatte lag hier schon länger Schnee und ein Teil der Fenster bereits verdeckt. Für Menschen, die Chakra nicht kontrollieren konnten, wäre alleine der Aufstieg zu ihr schwer gewesen. Der Boden war felsig und brach ohnehin schon oft genug unter den Füßen einfach weg und auch mit Chakra war das nervig, ohne würde es Shouta nicht probieren wollen. Schweigend stieß er die Tür auf. Schnee folgte ihm, als er hinein trat und sich umsah. Die Luft war furchtbar schlecht, muffig und das Feuerholz neigte sich auch dem Ende zu. Sie würden sparsam sein müssen. Großartig. Hinter den Wolken tanzten in dieser Nacht die Nordlichter. Kapitel 14: Märchenstunde ------------------------- Kakuzu bemerkte die Nordlichter nicht. Das tat keiner der Männer, von denen er nur ungern zwei überhaupt als solche bezeichnete. Er hatte darauf verzichtet, sich genauere Pläne Shoutas anzuhören, nur die Route und die Karte hatte er sehen wollen. Jetzt war es Morgen geworden, selbst, wenn er das auf den ersten Blick nicht hatte erkennen können.   Es war dunkel in der Hütte geworden, nur das Feuer und ein kleiner Spalt an einem der Fenster, die ansonsten vollständig vom Schnee bedeckt waren, spendeten ein wenig Licht. Kakuzu sah sich um. Hidan lag in einer anderen Ecke des Raums und Shouta zusammengerollt in der Nähe des Fensters, das ein wenig Sicht nach draußen preisgab oder in Shoutas Fall würde. Er dürfte zu klein sein, um dort hinausschauen zu können. Kakuzu richtete sich auf. Er würde es niemals zugeben, garantiert nicht, aber er hatte es nach gut achtzig Jahren Ninja-Dasein satt, auf dem Boden zu schlafen. Es war unbequem und er fühlte sich älter als er es, rein körperlich gesehen, war – das würde er erst recht nie zugeben. Und da seine Begleiter noch schliefen, konnte er sich in aller Ruhe strecken, ohne an Würde zu verlieren. Er bezweifelte, dass der Junge ihn dann noch ernst nehmen würde,  noch weniger, als er es schon tat. Die Sturheit wäre bemerkenswert, wäre es nicht so nervig. Oder gefährlich für den Jungen. Durch Zufall fiel Kakuzu Blick  auf diesen. Er hatte sich zusammengerollt, sich unter seine Decke vergraben und wirkte erstaunlich ernst. Kakuzu hatte damit gerechnet, dass er noch jünger aussah, als er sowieso tat, doch war er angespannt und zuckte zusammen als Kakuzu aufstand. Mit einer Geschwindigkeit, die Kakuzu selbst von dem Jungen nicht erwartet hatte, griff er nach einem Messer und kniete auf den Decken. „Was soll das werden?“ Kakuzu zog eine Augenbraue hoch. Shouta starrte ihn einige Momente mit einem dämlichen Gesichtsausdruck an. „Äh“, brachte er hervor, „ist doch egal. Hab nicht damit gerechnet, dass du dich bewegst.“ Er sah von ihm weg, packte seine Sachen zusammen. „Weck' Hidan, wir müssen heute einen weiten Weg schaffen. Je früher wir aufbrechen, desto besser ist es.“ Natürlich fragte Kakuzu nicht weiter nach.  Es war ihm auch egal, welche Gründe der Dieb für solche Reaktionen hatte, er war  nur selbst ein wenig irritiert darüber gewesen. Schon wieder eine Tatsache, die er nicht so zugeben würde. Hidan wecken musste er allerdings nicht. Dieser war bereits durch das Gespräch wach geworden, oder hatte beschlossen, seine Augen erst jetzt zu öffnen, und sah nun verwirrt zu dem Jungen, der seine Sachen zusammensuchte, befand die  Situation nicht als interessant genug und tat es ihm gleich. Kakuzu tat dies erst, nachdem er den Dieb noch einmal gemustert hatte.  Das Grinsen war wieder auf seinen Lippen und an diesem Tag konnte man ihm die Müdigkeit nicht ansehen. Doch er traute dem Frieden nicht. Etwas stimmte nicht. Kaum hatte Kakuzu seinen Mantel angezogen, öffnete  Shouta die Tür und ließ einen Schwall kalter Luft und vor allem Schnee herein. Wenige Fingerzeichen später wirbelte der Schnee durch ein Fuuton-Jutsu von der Tür weg und gab den Weg frei. Der Junge ließ keine Zeit verstreichen, um heraus zu kommen und Kakuzu folgte ihm, wenn auch deutlich langsamer. Dass Hidan gerade fluchte – er hatte sich noch nicht vollständig angezogen – ignorierte er. Hätte er sich beeilen sollen und so kalt war es nicht. Kakuzu war gereizt. Der Dieb hatte versucht ihm Befehle zu erteilen und er war müde. Da brauchte er nicht noch Hidans Lautstärke. Draußen wurde er von dem amüsieren Aufblitzen Shoutas Augen begrüßt. „Mich wundert es, dass du mich nicht zurechtgewiesen hast. Keine Drohung, kein Schlag.“ Er grinste und Kakuzu versuchte den Unterton, der sich in Shoutas Stimme gemischt hatte, zu identifizieren. Neben den Hohn und Spott hatte sich etwas Weiteres hinein gemischt… Shouta war seltsam. Vorlaut, dämlich und auf diese unerträgliche Art, die alle jungen Leute gemein hatten, arrogant. Doch konnte Kakuzu nicht leugnen, dass das nicht alle Charaktereigenschaften des Meisterdiebs waren und auch nicht, dass er an dessen Fähigkeiten interessiert war. Sie schienen nützlich zu sein. „Bild' dir nichts darauf  ein.“ Kakuzu hatte das Gefühl, zu lange für die Antwort gebraucht zu haben, aber der Dieb schien nichts bemerkt zu haben – oder ließ sich nichts anmerken.   Er lachte stattdessen leise auf. „Das würde mir nicht im Traum einfallen.“ Und er sah ihn direkt an. Kakuzu erwiderte den Blick ruhig. „Übertreibe nicht.“ „Auch das nicht. Wirklich niemals.“ Shouta wirkte kindlich. Die Art, wie er es ausgesprochen hatte. Wie er fröhlich grinste. „Was du nicht sagst.“ Seine Erfahrung hatte ihm anderes gezeigt, aber Kakuzu hatte keine Lust, es den Jungen zu sagen. Wahrscheinlich wusste er es selbst.  Auch er war nicht ganz dumm. Shouta öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, wurde jedoch von Hidan unterbrochen: „Wie lange wollt ihr noch flirten?“ Kakuzu antwortete vor dem Dieb. „Sei still. Du hast zu lange gebraucht.“ „Aber zum Flirten sagst du nichts?“ Kakuzu schloss für einen Moment die Augen. „Eines Tages bringe ich dich wirklich um.“ Er drehte sich um, sah zu Shouta. „Junge, los jetzt.“ „Natürlich. Wir machen später weiter, was?“ Der Dieb lachte leise auf, zwinkerte ihm zu und lief voran. „Wir werden schon Zeit für uns finden.“ Kakuzu war von Idioten umgeben. Von zwei Idioten. Den einen davon konnte man nicht umbringen und der andere war zu nützlich, um es zu tun. Das Schlimme war, dass sie auf zwei Arten dämlich waren. Schwieg der eine, redete der andere und die Themen wechselten von diesem hinterwäldlerischen Land und einer Religion, die Kakuzu nervte. Großartig. „Wenn er noch mal so etwas macht…“, fing Hidan an, als sie vielleicht zehn Meter von der Stelle gekommen waren. „Was macht?“  Kakuzu verfluchte es, nachgefragt zu haben. Natürlich nahm Hidan das als Vorlage, weiter zu reden. Das hatte er sich denken können. „Einfach so die verfickte Tür aufreißen.“ „Und was hast du dann vor? Ihn töten?“ Hidan stieß einen ungewöhnlichen Laut, etwas zwischen Belustigung und Hohn, aus. „Als würde ich dir deinen Fick-Partner nehmen. Die Laune will ich mir nicht antun.“ Kakuzu überlegte, ihm den Kopf abzureißen, beließ es aber bei einem Blick, der als Morddrohung zu werten war und Hidan schwieg daraufhin. Endlich Ruhe. Die Berge waren beeindruckend. Kakuzu, der seit über achtzig Jahren Ninja war, hatte selten etwas so Gewaltiges gesehen – und sich so klein gefühlt. Rechts von ihnen, im Norden, türmten sich Berge aus rauem dunklem Stein und im Süden konnte man immer wieder in eine Tiefe, die die meisten Menschen in Schrecken versetzen würde, hinabblicken. Kakuzu war sich nicht sicher, ob er einen Sturz überleben würde, trotz seines Jutsus. Manche Klippen stürzten über hundert Meter in die Tiefe. Und sie hatten noch nicht den höchsten Punkt erreicht. Noch lange nicht. Ihre Geschwindigkeit hatte sich verständlicherweise verlangsamt. Zwar schien Shoutas Kekkei Genkai ihm mehr Informationen über die Umgebung zu geben, als es Kakuzu und Hidan sehen konnten, aber an das übliche Ninja- Tempo war nicht zu denken. Immer wieder mussten sie stoppen, einen Umweg nehmen, weil sich eine Schlucht vor ihnen auftat – und sie waren, das musste man Shouta lassen, schwer zu erkennen – oder weil der Junge eine Lawine absichtlich auslöste, um ein gefahrloses Weitergehen zu garantieren.  Er schien die Berge und ihre Eigenheiten zu kennen, zögerte nie, überlegte höchstens. Er beeindruckte Kakuzu nicht, aber die Leistung erkannte er an. Shouta war in diesen Bergen der ideale Führer, wenn auch seine Ausdauer ab Mittag zu schwächeln begann. Die Bewegungen des Jungens wurden träger, die Reaktionen verzögerten sich – wenn auch nur minimal –  und der Abstand zwischen ihnen verringerte sich nach und nach.  Kein Wunder. Kakuzu wusste nicht, was für ein Kekkei Genkai es war, doch musste es zwangsläufig Chakra verwenden, ebenso das Laufen auf dem Schnee und die Kälte, der eisige Wind und die Jutsus brauchten Kraft. Selbst Hidan und Kakuzu kostete alles Anstrengung und der Dieb war weder unsterblich noch hatte er fünf Herzen. Und fairerweise musste man sagen, dass er trotzdem den größten Chakraverbauch im Moment hatte. Eine Pause konnten sie nicht machen. Nicht in dieser Kälte, nicht ohne Feuerholz. Es kam keine Beschwerde, weder von Shouta noch von  Hidan und Kakuzu überlegte, ob ihnen vielleicht wirklich der Mund zugefroren war. Zwar hatte sich der Junge einen Schal über das Gesicht gezogen, aber die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.   Doch genau diese Hoffnung wurde ihm zerstört, als es dunkel wurde. Noch dunkler als es der dunklen Wolken wegen schon war. Shouta sah mit grünglühenden Augen zu ihnen zurück. „Wenn ich mich nicht irre, müssten wir in nicht mal einer Stunde an der nächsten Hütte sein.“ „Wenn du dich nicht irrst?“ Hidans leider auch nicht. Aber er zitterte, hoffte wahrscheinlich auf die Wärme und den Schutz und Kakuzu tat es auch. Es war widerlich kalt, der Wind schnitt durch die Kleidung und der aufwirbelnde Schnee tat in den Augen weh. „Ich war lange nicht mehr hier und nie im Winter.“ Damit hatte Kakuzu nicht gerechnet, doch war der Junge anscheinend immer für eine Überraschung gut. Interessant. Shoutas Augen normalisierten sich und das Glühen wich in die Iriden, schließlich in die Pupillen, die langsam wieder sichtbar wurden, zurück.  „Es war eine beschissene Idee, bei Schnee hierher zu kommen.“ Das fasste die Situation gut zusammen. Hidan ersparte es Kakuzu, etwas zu sagen: „Und deswegen sind wir hier.“ Er klang sarkastisch, Shouta im Gegensatz zu ihm nicht. Tatsächlich nicht. „Für einen Meisterdieb ist nichts unmöglich und die ganze Mission ist sowieso eine beschissene Idee, da macht das auch nicht mehr.“ Er lachte leise auf, meinte das jedoch ernst. Glaubte Kakuzu zumindest. In Shoutas Welt war alles anders als in seiner eigenen. „Eine beschissene Idee?“ Hidan zog eine Augenbraue hoch. Der Dieb zuckte mit den Schultern.  „Na ja, wir jagen einer Legende hinterher. Kenne ich sonst nur von Kindern.“ Kakuzu überlegte, ihn darüber aufzuklären, dass er selbst noch ein Kind war, ließ es aber bleiben. Es hatte keinen Sinn.  „Und es ist gefährlich, dauert lange und meine Bezahlung ist wirklich mies.“ Kakuzu wollte nicht nachfragen, tat es dennoch, bevor er überlegen konnte. „Wieso machst du es dann?“ „Wieso sucht ihr nach einem Märchen?“ Ihre Blicke kreuzten sich, Shouta grinste herausfordernd und sah kurz weg, um die Umgebung zu kontrollieren. Kakuzu ließ ihn nicht aus den Augen. „Dafür gibt es Gründe.“ „Und genau die habe ich auch.“ Shouta aktivierte sein Kekkei Genkai, beschleunigte seine Schritte wieder. „Beeilen wir uns? Ich will die Hütte noch bei Tag erreichen.“ Davon war nicht mehr allzu viel übrig, also nickte Kakuzu. Jedes freiwillige Schweigen des Jungens war ein Segen. Kakuzu stieß die Tür zu der Hütte auf. Muffige, abgestandene Luft und der Geruch nach altem Stoff kamen ihn entgegen und er rümpfte die Nase, während er hineintrat. Hinter sich hörte er Shouta fluchen. „Großartige Luft“, murmelte der Dieb, fuhr sich durch das leicht gefrorene, hellbraune Haar, in denen sich einige Schneeflocken befanden und lief auf den Kamin zu. „Wenn ihr nichts dagegen habt, lasst die Tür noch auf.“ Er stapelte das Feuerholz, das neben den Kamin lag hinein. Viel war nicht davon übrig und Kakuzu beschloss, einfach die spärliche Einrichtung zu verbrennen. Er hatte keine Lust, die Nacht im Kalten zu verbringen und den Tisch brauchten sie nicht. Im Gegensatz zu der Wärme. „Mach das Feuer nicht an, so lange die Tür offen ist“, wies er den Junge an. Er hatte nichts dagegen, dass hier frische Luft herein kam, aber sie mussten das Feuerholz nicht verschwenden. „Darauf wäre ich auch von alleine gekommen.“ Er ließ sich neben den Kamin gegen die Wand sinken, grinste. Verdammtes Kind… Es dauerte nicht lange, bis sie die Tür geschlossen und das Feuer entfacht hatten. Shouta saß noch immer neben dem Kamin, hatte die Augen geschlossen und war ziemlich blass. Schließlich öffnete er seine Augen aber. „Also, was haltet ihr davon, wenn wir uns ein wenig kennenlernen?“ Er legten den Kopf ein wenig schief, musterte Kakuzu. „Ich erzähle euch was ihr wollt, wenn ihr mir erzählt, warum ihr diesen Kristall wollt.“ Kakuzu ließ sich neben ihn, wenn auch mit Abstand, sinken. Nahe des Kamins war es eben am wärmsten und Hidan hatte sich schon an die andere Seite gelehnt. „Was hast du für ein Kekkei Genkai?“  Wenn er Informationen bekam, konnte er auch ein wenig erzählen. „Ganz genau kann ich dir das gar nicht sagen.“ Shouta zuckte mit den Schultern. „Habe keine lebenden Verwandten mehr, aber meine Mutter meinte einmal, in unserem Clan gäbe es das Takaragan.“ Kakuzu zog eine Augenbraue hoch. Schatzauge?* War das sein Ernst? „Ich habe es nicht so genannt. Meine Vorfahren haben es so genannt, weil man damit Schätze finden kann. Wurde mir zumindest so erzählt.“  Er schüttelte grinsend seinen Kopf. „Jedenfalls kann ich damit bewusst wahrnehmen, was ich oder auch andere Menschen sonst nur unterbewusst wahrnehmen. Deswegen ist es für mich gefahrlos, bei Schnee in die Berge zu gehen.“ „Verstehe.“ In Ordnung, sein Kekkei Genkai, er weigerte sich, es bei diesem kitschigen Namen zu nennen, war interessant und wirklich nützlich. „Deswegen auch das gute Spurenlesen.“ „Genau.“ Er sah ihn direkt an. „Ich kann im Dunklen sehen, sie reflektieren das Licht... wie bei Katzen. Aber ansonsten verbessern sich meine Sinne nicht.“ Das war also das Leuchten. Shouta schien kurz zu überlegen. „Ich kann mich auch besser erinnern, wenn ich es aktiviert habe. Nicht immer hilfreich, aber ich weiß, wie ich es kontrollieren kann.“ Na dann... „Du hast es auch bei Kämpfen aktiviert“, sagte Hidan plötzlich. Er sah nicht zu ihnen, sondern aus einem der Fenster. „Was nützt es dir dort?“ „Ich kann doch nicht meine Tricks verraten“, sagte Shouta und lachte leise auf, „aber gut: Es hilft mir einzuschätzen, was sie meine Gegner vorhaben zu tun.“ „Also eine Art weniger nützliche Version des Sharingans“ schloss Hidan. Der Junge richtete sich ein wenig auf. „Hey“, protestierte er, „mein Kekkei Genkai ist nützlich und garantiert nicht so beschissen wie das Sharingan. Was auch immer das ist.“ Er schnaubte beleidigt, irgendwie trotzig, wie es sonst nur kleine Kinder waren und ließ sich wieder ganz an die Wand sinken. Hidan grinste nun. „Das hätte Deidara jetzt gefallen zu hören.“ „Wer ist Deidara?“ Kakuzu unterbrach die beiden. Schon wieder: „Nicht wichtig. Ich will wissen, was du über den Kristall weißt.“ Shouta sah überrascht zu ihm. „Na ja, ich schätze mal, nicht mehr als ihr. Man erzählt sich, dass es die mächtigste Waffe es Nordens, wenn nicht sogar der ganzen Welt ist und es gibt tausende Geschichten, woher er kommt. Angefangen bei der Schale von Dracheneiern, das Herz einer Göttin oder das Erzeugnis eines mächtigen Zaubers.“  Er fuhr sich kurz durch die Haare. „Jedenfalls wird erzählt, dass er jede Menge Charka in sich birgt, oder dem Träger – wie auch immer man ihn tragen soll – dieses Chakra verleiht. Man redet auch davon, dass er ein eigenständiges Leben hat.“ „Du weißt also nichts.“ Kakuzu sah, dass sich Shoutas Grinsen ein wenig veränderte, konnte es aber nicht beschreiben. „Sieht so aus, aber ich weiß, wo er sein soll und wie ich an ihn heran komme und das ist doch das Einzige, was wichtig für euch ist.“ Er lachte leise auf. „Na ja, ich kann euch die tausenden Märchen davon erzählen, aber das wird euch nicht weiterhelfen.“ „Da hast du Recht.“ „Ich weiß. Darf ich dir eine Frage stellen?“ „Stelle sie, dann überlege ich.“ Kakuzu sah ihn eindringlich ein und Shoutas Grinsen wurde wieder zu dem höhnischen. „Akatsuki jagt Bijuus und die besitzen jede Menge Chakra.“ „Ja.“ „Also reicht euch entweder das Chakra nicht, dass ihr durch sie bekommt oder ihr bekommt einen nicht.“ „Das hast du nun gesagt.“ „Ich gehe dennoch von aus.“ Manchmal fragte sich Kakuzu, wer es verpasst hatte diesem Jungen Respekt beizubringen. „Wieso dann eine Legende? Gäbe es dann nicht andere Lösungen?“ „Du mischst dich in Dinge ein, die dich nichts angehen.“ Shouta öffnete seinen Mund, um eine Gegenantwort zu geben, doch Kakuzu sprach schnell weiter. „Es gibt ähnliche Legenden in unseren Reichen, alte.“ Shouta schien zu verstehen. „Also geht ihr davon aus, dass es nicht nur ein Märchen ist. Zumindest vielleicht und ansonsten scheint ihr keine andere Wahl zu haben?“ „Auch das hast du gesagt.“ Dem Dieb schien das genug Informationen zu sein. Er fragte nicht weiter nach. In dieser Nacht schlief Shouta wieder an dem Fenster. Kakuzu wurde einfach nicht aus ihm schlau. _______________________________ *Laienhaft übersetzt. Ich garantierte für nichts. Kapitel 15: Diebeswege ---------------------- Der erste Tag in den Bergen war ein Spaziergang gewesen. Am nächsten Morgen waren sie von Schneegestöber, peitschendem Wind und klirrender Kälte begrüßt worden und hatten erst in der Nacht die nächste Hütte erreicht. Shouta hatte damit gerechnet, dass es anstrengend werden würde und musste zugeben - zumindest vor sich selbst, Akatsuki würde er es nicht sagen -, dass er sich verschätzt hatte. Es zerrte mehr an seiner Kraft, als er es geplant hatte. Es half nichts, sich jetzt darüber zu beklagen und er würde es ins Flachland schaffen, ohne die Mission aufzuhalten und was danach kam würde er sehen. Im Flachland war das Vorankommen weniger anstrengend und notfalls würde er eben doch Pferde nehmen, Akatsuki bekam er sicher irgendwie überzeugt. Hoffte Shouta, der gerade eine Lawine löste, zumindest. Donnernd suchte sie sich einen Weg in die Tiefe, riss alles mit sich, was ihr in den Weg kam und stürzte in eine der Klippen. Sein Kekkei Genkai hatte er aktiviert. Natürlich. Es war nicht unmöglich die gefährlichen Stellen ohne es zu sehen – auch wenn es bei diesem Schneefall erheblich schwerer sein dürfte –, es gab erfahrene Wanderer, Bergführer und das ein oder andere Dorf in diesem Teil des Landes. Diese Menschen waren hier aufgewachsen, wussten auf was sie achten mussten und kannten den Schnee besser als jeder andere. Shouta hatte dieses Wissen nicht und musste sich auf das Takaragan verlassen. Kitschiger Name hin oder her – so schlimm fand er den  gar nicht und Sharingan war  nun auch kein toller Name. Kreativ war sowieso kein Name eines Kekkei Genkai. Gut, von so vielen hatte er nicht gehört, aber dabei war noch nie einfallsreicher gewesen. Außerdem war es sicher nicht nützlich. Vor allem nicht für so eine Mission.  Shouta hatte ja nie behauptet, dass es ein Kekkei Genkai war, was einem im Kampf voranbrachte. Natürlich tat es das auch, aber nicht mit irgendwelchen krassen Jutsus, sondern auf viel elegantere Art. Eine Art, die viel mehr Stil hatte. Und überhaupt- „Junge.“ Kakuzu brachte Shouta aus seiner Konzentration. Ohne ein genervtes Aufschnauben unterdrücken zu können, drehte er sich um. „Was?“   Er bemerkte das gefährliche Funkeln Kakuzus Augen. „'Tschuldigung.“ Er hob beschwichtigend seine Hände. „Ich meine: Was gibt es?“  Shouta bemühte sich freundlich zu sein und Kakuzu könnte das auch gerne anerkennen, fand er. Scheinbar tat er das auch. Jedenfalls machte er keine Anstalten, ihn schlagen zu wollen. Langsam hatte er es drauf, Kakuzu einschätzen zu können. Sehr gut. „Der Schneesturm wird stärker.“ Shouta biss sich auf die Zunge, um einen dummen Spruch herunter zu würgen. „Ja. Tut er.“ Er stoppte kurz. „Es gibt hier einige Höhlen, wir könnten dort eine Pause machen, wenn du das meinst. So lange wird der Sturm nicht anhalten.“ Er kam sich zwar wie ein dressiertes Hündchen vor, aber es war wohl besser, Kakuzus Gedanken zu erahnen und ihn nicht noch weiter zu nerven. Zumindest so lange sie hier oben waren. Shouta hatte keine Lust auf Stress, nicht, wenn er von Kälte und ziemlich tiefen Klippen umgeben war. „Führe uns zu der nächsten.“ „Geht klar.“ Shouta fand es seltsam, musste er zugeben, aber dagegen hatte er nichts. Sich nun hinzusetzen erschien ihm eine gute Aussicht. Die Höhle, wenn man sie überhaupt als so eine bezeichnen konnte, war klein und durch den großen Eingang nicht sonderlich gut geschützt, aber es reichte Shouta. Er saß an die Wand gelehnt, direkt neben Kakuzu – berührte ihn aber nicht, was in dieser Enge gar nicht so einfach war. Direkt im Wind wollte Shouta auch nicht setzen und Kakuzu nahm viel Platz ein.  Er war groß. Nicht unbedingt was die Körperhöhe betraf, Tsubasa war größer, aber die Muskelmasse war beeindruckend.  Generell war Kakuzu ein gewaltiger Mensch. Alleine der Körperbau zeigte, dass er selbst für einen Ninja verdammt gut trainiert war und – das hatte Shouta auch erfahren müssen – ebenso stark war. Doch war es nicht das, was Shouta vielleicht sogar faszinierte. Es war seine Präsenz. Kakuzu gab einem das Gefühl, um zwei Köpfe geschrumpft und mindestens zehn Jahre jünger worden zu sein. Natürlich reizte es ihn deswegen erst recht seine Klappe aufzureizen, zu sehen, wie weit er gehen konnte, aber Shouta konnte verstehen, dass andere einen ganz anderen Weg, als er einschlugen. Und soweit er aus den Gesprächen zwischen Hidan und Kakuzu heraus gehört hatte, war es dennoch nicht garantiert, nicht umgebracht zu werden. „Du bekommst Kopfschmerzen.“ Schon wieder brachte Kakuzu Shouta aus seinen Gedanken.   „Ja.“ Shouta fuhr sich durch die Haare. „Kekkei Genkai.“ „Dachte ich mir.“ Shouta sah aus dem Augenwinkeln, dass Hidan belustigt zu ihnen sah, reagierte aber nicht darauf sondern schloss seine Augen. Er antwortete auch gar nicht auf Kakuzus Aussage. Die Kopfschmerzen waren der größte Nachteil, den das Takaragan mit sich brachte. Es hatte einen Grund, dass der Mensch nicht alles bewusst wahrnahm, was um ihn herum geschah. Es waren zu viele Eindrücke auf einmal und es fiel Shouta schwer, sie zu ordnen. Er hatte keine Ahnung, wie er das überhaupt anstellen sollte. Wie denn auch, wenn er niemanden fragen konnte? Er hatte bis vor zehn Jahren nicht einmal gewusst, dass er es überhaupt besaß. Natürlich hatte seine Mutter ihm damals ab und an darüber erzählt, aber da sie es nicht besaß – oder es nie hatte aktivieren können –, war er davon ausgegangen, dass es bei ihm genauso war.  Als es sich dann tatsächlich aktiviert hatte, hatte es Shouta für mehrere Tage ans Bett gefesselt. Die Sommersonne schickte ihre ersten Strahlen auf den Trainingsplatz, eine kleine Lichtung in mitten eines der Kieferwäldern der Küste. Shouta wehrte die Kunais, die Hideaki nach ihm warf, mit seinem Dolch ab, grinste und sah, wie sie sich neben ihn in die Erde bohrten. „War das alles?“ Er lachte, als Hideaki weitere Kunais warf, musste jedoch mit einem Sprung nach hinten ausweichen. „Ich werde gerade erst warm!“, rief Hideaki ihm zu, griff in eine Tasche seiner Weste und zog etwas, was Shouta nicht erkennen konnte, hervor. Einen Moment später sah Shouta es im Sonnenlicht aufblitzen und brachte sich mit einem weiteren Sprung – diesen zur Seite – in Sicherheit. Was nun passierte war äußerst seltsam: Im ersten Moment wurde alles um ihn herum klar. Shouta erkannte am anderen Ende der Lichtung einen Strauch Preiselbeeren. Sah die weißen, glockenförmigen Blüten und hörte gleichzeitig, wie Hoshiko, die neben Tsuneo stand und den Probekampf beobachtete, einen erstaunten Laut von sich gab. Eine Hummel flog an ihm vorbei. Vögel über seinem Kopf. Und er erkannte, was Hideaki aus der Hosentasche gezogen hatte. Es waren Nadeln von denen er noch einmal welchen ausweichen musste. Dieses Mal war es leichter. Viel leichter. Hideakis – er schien beschlossen zu haben, weiter anzugreifen –  Wurfrichtung war leichter zu lesen, er erkannte die Muskeln, die zuckten und - Die ersten Momente waren vorbei. Shoutas Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren. Er konnte noch die Augen schließen, versuchen, die vielen Eindrücke zu ordnen. Dann verlor er die Kontrolle über seine Beine und einen Herzschlag später auch über sein Bewusstsein. Als er es wieder erlangte, lag er auf dem Boden. Blinzelnd öffnete Shouta seine Augen, sah direkt in Tsunseos, der ihm half, sich aufzurichten, stütze ihn dabei am Rücken. „Was war das?“ Shouta zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, auf einmal war alles komisch und-“ Er hatte wirklich vorgehabt, sich noch wegzudrehen, schaffte es aber nicht und übergab sich. Direkt auf Tsuneo. „Sehr genaue Beschreibung. Wirklich großartig.“ „Tut mir Leid.“ Shouta sah schuldbewusst – und peinlich berührt – zur Seite. Das war nicht geplant gewesen. „Halt lieber den Mund, bevor du mir noch mal dein Frühstück zeigen willst.“ Er zog ihn hoch, damit er stehen konnte. „Kannst du laufen?“ Shouta schüttelte schweigend seinen Kopf, drehte sich dann plötzlich von seinem Sensei weg, stolperte auf die Knie und übergab sich noch einmal. „Oh Scheiße.“ Er würgte noch schon wieder, behielt aber seinen Mageninhalt dieses Mal bei sich. So viel war auch nicht mehr übrig. „Shouta.“ Jemand hatte ihm am Arm gepackt. Zu verwirrt um zu reagieren, öffnete Shouta seine Augen und erkannte, dass dieser jemand Kakuzu war... Moment. Hatte er ihn gerade bei seinem Namen genannt? Seit wann machte er das? Langsam löste er sich aus seinem Griff, trat einen Schritt zurück und stolperte über einen Stein, der am Höhleneingang lag. Glücklicherweise fiel er nicht, das hätte ihm gerade noch gefehlt. „Was ist lost?“ „Du hast nicht reagiert.“ „Oh.“  Shouta wusste, dass er dämlich klingen musste. Hidan lachte, das war in Ordnung. Irgendwie. Aber nicht, dass Kakuzu  deutlich amüsiert war. Und gleichzeitig genervt. Kakuzu konnte wohl alle Gefühlsregungen mit genervt sein verbinden. Schaffte auch nicht jeder.  „Das Takaragan. Nebenwirkung.“  Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, fuhr sich durch das Haar und strich es über seine Ohren, die verdächtig heiß wurden. Scheiße. Hätte Kakuzu ihn nicht hochgezogen... „Nicht so wichtig. Gehen wir weiter.“ Der Schneefall hatte immerhin aufgehört. Hidan lief an ihm vorbei, grinste. Shouta sah ihm nicht nach, sondern immer noch zu Kakuzu. Er musste seinen Kopf ein wenig in den Nacken legen. Warum musste er so verdammt groß sein? „Sicher, dass du die Konzentration behältst?“ „Ja.“ Shouta wusste, dass er trotzig klang, aber dagegen konnte er gerade nichts tun. „Das war eine Ausnahme.“ Er reckte sein Kinn. Kakuzu trat einen Schritt auf ihn zu. „Dann gibt es keinen Grund, weiter rot zu werden.“ Er streckte tatsächlich seinen Arm aus, strich Shoutas Haar hinter das Ohr. Shouta starrte ihn an. Auch jetzt wusste er, dass anders handelte als geplant. Und auch, dass er verdammt dämlich aussehen musste. Großartig. Kakuzu erwiderte den Blick, zog seine Hand zurück. Nur kurz blieb er vor ihm stehen, dann verließ auch er die kleine Höhle. Shouta schnaubte, richtete seine Haare und fluchte leise. Was war das gewesen? Egal. Einfach weiter machen,  sich nichts anmerken lassen. Er zog sich den Schal tief ins Gesicht, schlug die Kapuze hoch.   „Beeilung. Wir müssen die Zeit in der Höhle nachholen.“ In dieser Nacht donnerten Pferdehufen durch die Straßen Pōtos. Beobachtet von einem Paar grauer Augen, die wohl verborgen im Schatten lagen. Der junge Mann zog sich den Stoff, der sein Gedicht vermummte, höher, presst sich an die Mauer hinter sich und sprintete in den nächsten Schatten, sobald die Soldaten an ihm vorbei geeilt waren. Er runzelte die Stirn. Um diese Uhrzeit waren für gewöhnlich keine Soldaten mehr unterwegs und wenn, dann nicht zu Pferd. Es musste etwas passiert sein. Er wartete noch einige Momente ab, lief schließlich ihnen nach. Wie jeder Dieb, und er war selbstverständlich einer, kannte er Pōto besser, als die Mitglieder des Königshaus. Den Soldaten war es eben nur gestattet, die offiziellen Wege zu gehen und so war es kein Problem den Pferden zu folgen. Kurze Abkürzungen, Wege durch Seitengassen und über Dächer und er behielt sie immer im Blick. Die Jutsus der Gilde machten ihn beinahe unsichtbar. Er verschmolz mit den Schatten und suchte hinter jeder sich bietenden Möglichkeit Schutz. Selbst für die Spürhunde wäre er nicht zu orten, aber diese waren nicht dabei. Die Soldaten waren zu Pferd, zwar bewaffnet, aber nicht in höchster Eile. Es war also keine Suche nach Verbrechern, weiteren Mitgliedern der Gilde … oder Aufständlern. Es konnte auch kein offizieller Auftrag sein. Nicht bei Nacht, das Königshaus wollte gesehen werden. Er folgte ihnen einige Zeit lang, vielleicht fünf Minuten und bemerkte, welchen Weg sie einschlugen. Das Adelsviertel. Nicht jeder der Bewohner hier gehörte tatsächlich zu den großen Familien, doch hatten sie genug Geld – durch welche Geschäfte auch immer – um sich hier einzukaufen. Hier zu leben. Und als sie durch die edleren, besser gebauten Gebäude aus Stein ritten, wurden sie langsamer. Würde man nicht zufällig aus dem Fenster schauen, oder in die Nacht hinein lauschen – und wer tat dies um diese Uhrzeit? - würde man sie nicht mehr bemerken. Schließlich hielten sie auf dem leergefegten Marktplatz. Umgeben von großartigen Läden, Restaurants, von denen er selbst nur träumen konnte und keine Menschen. Keine Häuser. Um diese Uhrzeit, zumindest in dieser Jahreszeit, war niemand hier. Der junge Mann kauerte sich dem Schutz eines, nun leeren, Blumenkübels einer Dachterasse und lauschte.  Er hatte etwas, jemanden bemerkt. „Ich weiß, dass du da bist. Komm heraus.“ Er flüsterte nur, doch war es deutlich genug, dass die Person, die sich nun langsam aus dem Schatten löste, es hören konnte. „Das dachte ich mir.“  Hätte man ihre Stimme nicht gehört, so wäre es nicht möglich gewesen zu erkennen, dass sie eine Frau war. Der dicke Mantel verbarg ihre Figur und ihr Gesicht war, bis auf ein käferschwarzes Auge, komplett unter Stoff verborgen. „Wie lange verfolgst du sie schon?“  Die junge Frau, ein Jahr jünger als er selbst, ging neben ihm die Hocke. Das Auge stur in Richtung der Soldaten gelenkt. „Einige Minuten. Als sie noch laut waren. Du?“ Geduckt lief er weiter, erreichte die perfekt platzierte Mauer und drückte sich gegen sie. Die Frau folgte ihm. „Seit dem sie in Pōto sind. Kamen aus Westen.“ Er wollte ihr noch antworten, doch stiegen einige Soldaten von Pferden. „Wo zum Teufel wollen die hin?“ Die Frau kniff das Auge zusammen. „Folgen wir ihnen.“ Ein kurzes Nicken, ein Tarnjutsu und sie waren von dem Dach herunter, folgten den Soldaten, die nun eine Seitengasse entlang liefen und schon nach kurzer Zeit die Tür zu einem der prunkvollen Wohnhäusern, die in diesem Bereich alle gleich aussahen, auf. Sie stürmten hinein, nicht lautlos, doch leise genug,  um nicht aufzufallen. Was passierte, konnten die Diebe erst sagen, als sich auf das Dach des Gebäudes begaben und durch eines der Oberlichter – ihm fiel abwertend auf, dass die eisernen Streben vergoldet waren – sahen. Die junge Frau fluchte leise. „Warum? Ich dachte, dass sie...“ Sie ging einen Schritt von dem Oberlicht zurück. „Was soll die Scheiße?“ Der Mann zuckte mit den Schultern, hatte die Stirn in Falten gelegt, während er zusah, wie die ein Soldat eine Frau erschlug. Das Knacken, das entstand, als ihr Schädel brach, konnte er zwar nicht hören, sich jedoch vorstellen. Das spritzende Blut tat das Übrige, um ihn dazu zu bringen, den Blick abzuwenden und sich noch einmal auf dem Dach umzusehen. Nicht, dass es ihm Leid um sie tat, das hatten die wenigstens Diebe mit dem Königssympathisanten, doch musste er zu geben, dass das Vorgehen äußerst brutal war. „Sie haben Kinder, oder?“ Sie war wieder neben ihn getreten, beugte sich jedoch nicht vor, sodass man sie nicht erkennen konnte. „Ja. Denk nicht mal daran, sie zu retten. Das gibt nur Ärger.“ Die Soldaten würden die Kinder suchen, zuerst bei der Gilde anfangen und wenn welche getötet werden sollte, würden sie vorsichtiger werden und das erschwerte die Arbeit. „Vielleicht können sie uns sagen, was los ist.“ Sie legte den Kopf ein wenig schief. „Außerdem kennst du mich.“ Er wusste, dass sie unter den dunklem Stoff, der ihr Gesicht verbarg, grinste. Manchmal wünschte er sich wirklich, sie nicht zu kennen. Kapitel 16: Zum Rattenspuck --------------------------- „Beeilung. Wir müssen die Zeit in der Höhle nachholen.“ Der Dieb lief an ihm vorbei, sah nicht zurück, sondern stur nach vorne. Kakuzu vermutete, dass er noch immer rot war. Das war auch der Grund, warum er den Jungen nicht darauf hinwies, dass sie vor allem seinetwegen die Pause eingelegt hatten und er dabei noch einige Zeit lang einfach ins Nichts gestarrt hatte. Es war zu interessant zu wissen, dass Shouta erstaunlich ruhig wurde, wenn ihm etwas unangenehm war. Das konnte man sich merken, könnte vielleicht noch nützlich werden. Jede Möglichkeit, Shouta zum Schweigen zu bekommen, war eine, die genutzt werden musste. Das viele Gerede war anstrengend. Und nervig. Vor allem nervig. Sie beeilten sich tatsächlich. Den restlichen Tag kamen sie gut und ohne weitere Zwischenfälle voran. Die Wolkendecke war zwar immer noch geschlossen, doch schneite es nicht mehr. Die Welt um sie herum war in ein trübes, erdrückendes Grau getaucht und die Belustigung über Shoutas geistige Abwesenheit war schnell verflogen. Kakuzu erwähnte es noch einige Male, aber auch er wurde müde und hatte besseres zu tun, als sich mit einem vorlautem Jungen zu unterhalten, wenn er stattdessen schlafen konnte. Den Plan konnten sie am folgenden Tag fortführen. Sie konnten das Gebirge, wenn auch erst bei Nacht, verlassen und in einer Höhle am Fuße des Bergs gefunden übernachtet hatten. Keine erholsame Nacht, zu kalt und nass, doch waren sie weit genug gekommen, um den Zeitplan einzuhalten. Besonders der Dieb schien kaum geschlafen zu haben, doch ohne die Verwendung seines Kekkei Genkais schien das kein Problem für ihn zu sein. Er wirkte erholter, schien keine Kopfschmerzen mehr zu haben und war allgemein mehr bei sich.   Die nächsten zwei Tage zogen sich hin. Die Landschaft blieb rau und hügelig und der Schnee wurde von einer geschlossenen, glatten Decke zu einem Flickenteppich, aus dem Felsen und graue Grasflecken herausstachen. Das Wetter wurde nicht angenehmer. Der Schneefall fiel zwar aus, aber der Regen, der sich manchmal mit Schneeflocken vermischte, machte ihnen das Weiterreisen schwer, doch blieben die Tage, bis auf Shoutas unablässiges Geplapper, ereignislos. Zugegebenermaßen war dieses Mal nicht vollkommen sinnlos. Der Junge erzählte ihnen, dass der Nordwesten dieses Landes viel reicher war als der Süden. Hier war das Klima, gerade an der Küste, milder und der Erdboden ertragreicher. Auch hier würde der Winter bald alles in seinen eisigen Griff genommen haben, doch bis dahin wären alle Arbeiten erledigt, die Vorräte für die kommenden Monate gesammelt und die Häuser winterfest gemacht. Zusätzlich zu dem besseren Boden hatten die Menschen hier mehr Zeit. Kein Wunder, dass diese Region bevölkerungsreicher war. Nun hatten sie Schutz in einem alten Stall gesucht. Der Wind peitschte durch die Löcher, ließ das kleine Feuer, über dem ein von Shouta erlegter Hase briet,  flackern. Manchmal war der Junge praktisch, da konnte man nichts sagen. Die Jagd hatte keine zehn Minuten gedauert und frisches Fleisch war Kakuzu lieber als Trockenfleisch oder Nahrungspillen, so, wie sie sich die letzten Tage ernährt hatten. Nicht, dass ein magerer Hase genug war für drei erwachsene Männer – ob er es zugeben wollte oder nicht, sowohl Hidan als auch Shouta waren zumindest körperlich keine Kinder – genug war, aber sie würden damit schon auskommen. „Der Hase dürfte bald fertig sein“, sagte Shouta, nachdem er eine Weile schweigend verbracht und in die Flammen gestarrt hatte. Erstaunlich ernst wirkend. Jetzt, wo Kakuzu  weniger müde war,hatte er mehr Zeit hatte ihn zu beobachten, fiel ihm wieder auf, wie gut der Dieb aussah.   Obwohl er gerade mitgenommen von der Reise war und man erkennen konnte, wie bei Kakuzu und Hidan, dass er länger nicht mehr geduscht hatte. Es wieder nötig hätte. Sein Haar war nicht fettig geworden, jedoch trocken, strohig und die Lippen an den Mundwinkeln eingerissen. Unter den Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet, die ihn, ganz im Gegensatz zu dem Ausdruck – das Grün war wach und neugierig –  müde erschienen ließen. Kakuzu bemerkte, dass er Shouta in die Augen starrte. Dass Shouta zurück starrte, seine Mundwinkel kurz nach oben zuckten, bevor er sich wieder dem Hasen zuwandte. Hidan schnaubte belustigt, doch Kakuzu ignorierte ihn geflissentlich, sah Shouta nicht mehr an und ließ seinen Blick durch den Stall schweifen. Unter Schimmel, verrottendem Holz und Pflanzen, die sich ihren angestammten Platz zurück erkämpften, konnte man einst prunkvolle Schnitzereien erkennen.  Die Besitzer schienen reich gewesen zu sein, hatten sich aber seit Jahren nicht mehr gekümmert oder irgendetwas in Stand gehalten. Die Gründe dafür konnte Kakuzu nur erahnen. „Die Familie hat bis vor zehn Jahren Schlachtrösser für den König gezüchtet“, erriet Shouta seine Gedanken. „Gab dann Ärger mit dem Adel und als es zu dem Putschversuch kam und hier alles in Chaos versank ist ein Großteil der Familie durch einen Zufall gestorben.“ Sobald Kakuzu sich zu ihm drehte, reichte er ihm ein Stück des Fleischs. Am Hasen war nicht viel dran, es war nicht einmal sonderlich schmackhaft – Kräuter und Gewürze sucht man in dieser Jahreszeit vergeblich – doch reichte es, um den größten Hunger zu stellen. „Ein Konkurrenzkampf  also“, schloss Kakuzu, während er zu Shouta sah. Aus den Augenwinkeln bekam er mit, wie sich Hidan über sein Stück Fleisch hermachte. Der Dieb brauchte einen Moment zum Antworten, musste erst schlucken. „Ja. Ziemlich dumm, wenn du mich fragst, wurde nämlich vergessen, dass es dennoch bessere Pferde gab.“ Er zuckte mit den Schultern, aß noch einen Bissen. „Und dass man allen Pferden ein Brand-“  Er brach ab. „Scheiße. Da kommt jemand.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung – das Hasenbein immer noch in der Hand, was den eleganten Eindruck deutlich milderte – stand Shouta auf und öffnete im nächsten Moment schon die Tür. „Ich schaue eben nach.“ Kakuzu blieb sitzen. Sollte der Dieb machen, würde es Problem geben, würde er eingreifen, aber seine Ambition aufzustehen ging gegen Null. Der Junge konnte sich gut unsichtbar machen, würde nicht auffallen und Kakuzu konnte in Ruhe weiteressen. Auch Hidan blieb sitzen, vollkommen glücklich mit dem Fleisch, und sah nur kurz zu der Tür. Dann zu Kakuzu. „Tu mir einen Gefallen und leg' ihn nicht flach, solange ich dabei bin.“ Er lachte leise auf, als Kakuzu ihm einen genervten Blick zu warf, wechselte aber das Thema. „Wir kommen besser voran als befürchtet, was?“ „Aber schlechter als ursprünglich geplant.“ Sie hatten schneller vorankommen wollen als die Planung des Jungens zuließ. Er konnte nichts dafür, das sah selbst Kakuzu ein, aber nervig war es dennoch. „Du findest, dass wir hier Zeit verschwenden.“ „Ja.“  Natürlich taten sie das. Hidan schmiss den abgenagten Hasenknochen in das Feuer. „Ich verstehe sowieso nicht, was wir mit diesem beschissenen Kristall sollen.“ Kakuzu gab einen genervten Laut von sich. „Es ist unsere Mission.“  Damit war die Sache für ihn erledigt. Sie hatten es aufgetragen bekommen, wie alle anderen Missionen davor. Da war es egal, wie sinnvoll oder unnötig man sie fand. Hidan verstand, verdrehte die Augen und wandte sich einem weiteren Stück Fleisch zu. Sie schwiegen, bis Kakuzu sich erhob. „Ich schaue nach dem Dieb.“ Der war lange fort und Kakuzu wurde ungeduldig. Er ignorierte Hidans belustigten Blick, öffnete die Tür nach draußen und sah sich in der Dunkelheit um. Shouta war nicht zu sehen, aber damit hatte er auch gerechnet, nachdem er ihn einmal mit den Schatten hatte verschmelzen sehen. Sogar sein Chakra konnte er von hier aus nicht spüren.  Kakuzu trat weiter ins Freue, wich einer dreckigen Pfütze aus und musterste seine Umgebung,  zu dem Wald, in dessen Nähe der Stall lag. „Hattest du Sehnsucht nach mir?“ Kakuzu hatte nicht mitbekommen, dass der Dieb in seiner Nähe war. Geschweige denn, aus welcher Richtung er gekommen war, doch ließ er sich nichts anmerken, drehte sich zu ihm und sah auf ihn hinab. Sie standen dicht beieinander, berührten sich jedoch nicht. „Du hast zu lange gebraucht.“ Der Junge grinste. „Das tut mir leid.“ Aber es klang nicht danach. „War  nichts Ernstes, hoffe ich zumindest. Ein Trupp Ritter auf den Weg zur nächsten Stadt, Uma no Mura.“ „Ritter?“ Kakuzu hatte schon einmal, vor vielen Jahren, etwas davon gehört, konnte den Begriff jedoch nicht zuordnen. „Eine Art Spezialeinheit, aber nicht mit Oi-nin oder so vergleichbar. Sie sind weitaus auffälliger.“ Er fuhr sich durch die Haare, verzog das Gesicht und warf noch einen Blick zurück  zu dem Wald. „Werdet früher oder später Bekanntschaft mit ihnen machen.“ Kakuzu nickte. „Eine Ahnung, was das zu bedeuten hat?“ Der Junge schüttelte seinen Kopf.  „Nein, nicht die geringste. Normalerweise reisen sie nicht nachts, auch nicht so schnell.“  Er stieß einen leisen Seufzer aus. „Aber gut wird es garantiert nicht sein.“ Auch Kakuzu ging davon aus. Der nächste Tag begann mit Schneeregen und frostigem Wind, der über die Ebene peitschte. Kakuzu hasste dieses Wetter. Sie waren nicht mal zehn Minuten aus dem Stall heraus und vollkommen durchnässt. Der Junge zitterte erbärmlich. Wäre Kakuzu ein Mensch, der Mitleid empfinden konnte, hätte er vielleicht sogar welches gehabt. So fand er es allerdings erbärmlich. Auch, wenn selbst er Mühe hatte, sich die Kälte nicht anmerken zu lassen. Es war unangenehmer als die Kälte im Gebirge, dafür war das Vorankommen leichter und sie erreichten schon gegen Abend, als die Sonne am Untergehen war und der Regen sich in Schneeflocken verwandelt hatte, die Stadtmauern. Uma no Mura war reicher als Arashi oder Fuyu. Das weiße Gestein der Mauern leuchtete sogar im matten Schein des Sonnenuntergans in einem hellen Rot und eine breite, gepflasterte Straße führte zu den gewaltigen Toren. Von hier aus konnte es Kakuzu nicht genau erkennen, doch sah es so aus, als seien zwei sich aufbäumenden Gestalten zu ihren Seiten. Vermutlich Pferde.* Zugebenermaßen wussten die Einwohner Ōroras wie man Eindruck mit Städten schindete. Ob es nützlich war oder nicht war eine andere Frage. Sonderlich gut bewacht war Uma nicht. Der Dieb führte sie den Mauern der Ostseite entlang. Sie lagen im Schatten, waren von Hügeln und kleineren Waldstücken umgeben. Ein schmaler Spalt in dem Gestein, von Pflanzen verdeckt, gewährte ihnen ungesehen Einlass. „Die Wachen sind für gewöhnlich nicht hier. Es ist das Armenviertel“, erklärte Shouta, der als erstes im Inneren der Stadt verschwand. Kakuzu folgte ihm. Im Gegensatz zu den anderen Städten, sah es hier zumindest in Ordnung aus. Die Straßen waren aus Stein – nicht aus festgestampften Dreck und die Häuser waren größtenteils aus Holz, doch schon wenige Straßen weiter wurden sie steinern, jedoch aus dunklerem Material als die Mauern. Doch auch hier huschten Ratten über den Boden und der Gestank war zu penetrant, um ihn ignorieren zu können. Mit einem dumpfen Geräusch landete Hidan neben ihnen, richtete die Sense auf seinem Rücken. „Schicke Gegend.“ Er zog eine Augenbraue hoch, wandte sich an den Jungen. „Wo gehen wir hin?“ „Zum Rattenspuck, dauert nicht lange. Ist ein Gasthaus.“ Shouta bog in eine kleine Seitengasse ab, führte sich durch ein Labyrinth an immer kleiner werden Straßen und Hinterhöfen, bis er auf einem besonders abgewetzten stehen blieb. Ein magerer, grauer Hund lag in einer Ecke, hob den hässlichen Kopf müde und ließ ihn dann wieder auf die Pfoten sinken. Kakuzu fragte sich, ob der Hund vielleicht Erbärmlich hieß oder einen ähnlich kreativen Namen hatte. Schien in diesem Land ja Gang und Gebe zu sein den Tieren vollkommen offensichtliche Namen zu geben. „Ich weiß, es sieht schäbig aus. Die Zimmer sind aber in Ordnung. Besser als die in Arashi zumindest.“ Der Junge trat auf eine Tür, die aussah, als würde sie beim nächsten Windstoß zusammenbrechen, zu und klopfte drei Mal laut. Kurz darauf noch ein weiteres Mal, als wäre er sich nicht sicher, gehört worden zu sein. Erst geschah nichts, dann wurde die Tür aufgerissen  und ein Mann in dunkler Kleidung und einer Kochschürze, starrte Shouta an. „Tori, nicht du auch noch.“ „Ich freue mich auch furchtbar dich zusehen, Ochi. Jetzt lass uns rein.“ Shouta verdrehte die Augen, grinste aber höhnisch. Anscheinend hatte er nichts anderes erwartet. „Mach ich ja.“ Er sah zu Kakuzu und Hidan, verneigte sich leicht, wobei ihm sein dunkelbraunes Haar ins Gesicht fiel. Ein schmieriger Kerl. „Ich hoffe nur, ich habe noch Zimmer für euch.“ Sie traten an ihm vorbei, liefen durch einen schmalen Flur in das Innere des Gasthauses. Der Rattenspuck war dreckig, nur von wenigen Kerzen beleuchtet wurde und stank nach Alkohol. Shouta deutete mit dem Kopf auf einen Tisch am Raumende. Ochi verschwand derweil in einem Hinterzimmer. „Das ist Tarnung.  Für uns Diebe ist es die beste Möglichkeit, hier zu übernachten und wir wollen nicht, dass man sich in unsere Angelegenheiten einmischt, also wird das hier als dreckige Abstiege getarnt.“ Der Junge ließ sich auf einen Stuhl fallen, ignorierte das unheilverkündete Knarzen. Irgendwo im hinteren Teil zerbrach ein Glas. Hidan zog skeptisch eine Augenbraue hoch, sah abwartend zu dem Jungen. „Dass hier tatsächlich Abschaum hinein und hinaus marschiert, macht es nur noch besser.“ Ein weiteres Glas zerschellte und die Stimmen angetrunkener Männer überschlugen sich für einen Streit, der jedoch schnell durch einen Schlag beendet wurde. Niemand schenkte ihnen Beachtung, weswegen Kakuzu einfach abwartete. Sein Blick blieb an einem ausgestopften Greifvogel, der seine besten Tage schon vor langer Zeit gesehen haben musste, hängen, ging dann zu Shouta, der zu ihm herüber grinste. Ochi erschien wieder, setzte sich ungefragt mit an den Tisch. „Ich hab kaum noch freie Zimmer“, fing er an, wurde allerdings von einem Brüllen – vermutlich von einem der betrunkenen Männer – unterbrochen. „Maul halten!“, rief er nach hinten bevor sich in aller Seelenruhe wieder zu ihnen wandte. „Ein Einzelzimmer habe ich auf jeden Fall für euch. Ansonsten wäre das Doppelzimmer unterm Dach frei, aber-“ „Danke. Kakuzu und ich nehmen das Doppelzimmer.“ Shouta unterbrach ihn mit zu Kakuzu herüber blitzenden Augen. „Wenn nichts anderes frei ist. Ich hoffe, es ist okay für dich.“ Kakuzu starrte den Jungen an, nickte dann aber. Wieso auch nicht? Im Grunde war es ihm egal, mit wem er in einem Zimmer schlief, so lange er nicht genervt wurde und er wusste nun, wie er den Dieb schnell ruhigstellen konnte. Ochi runzelte die Stirn, musterte Shouta einen Moment, zuckte aber schließlich mit den Schultern. „Wie du willst“  Er sah Shouta an.  „Die Zahlung wie immer?“ „Wie immer. Wie lange wir bleiben, kann ich noch nicht sagen.“ Ochi nickte. „Ihr bekommt das Essen auf die Zimmer“. Er legte zwei Schlüssel auf den Tisch. „Ansonsten weißt du Bescheid.“ Damit war Ochi schon wieder verschwunden, dieses Mal jedoch zu den Betrunkenen. „Ein Doppelzimmer also“, sagte Hidan grinsend. „Ich glaub’s nicht.“ Er schüttelte seinen Kopf. Kakuzu starrte ihn an, ein Blick, der jeden Sterblichen, der einigermaßen bei Verstand war, zum Schweigen gebracht hätte. Hidan natürlich nicht. „Was? Ich bin mir sicher, dass euch die Nacht nicht kalt sein wird.“ Er lachte auf. Kakuzu stand auf, blickte zu dem Dieb. „Zeig uns, wo die Zimmer sind.“ Und seine Stimme ließ keine Widerrede zu. Er wollte jetzt auf das Zimmer. Seine Ruhe. Shouta sprang auf – der Stuhl knarzte erneut – und grinste fröhlich. Er warf Hidan einen Schlüssel zu, behielt den anderen in der Hand und führte sie durch eine Tür. Der Flur war eng, ebenfalls nur von Kerzen beleuchtet und komplett fensterlos. Das Treppenhaus war sogar noch schlimmer. Kakuzu musste aufpassen, nicht ausversehen in eine Kerzenflamme zu fassen und der Dieb wartete schon oben auf sie, lehnte sich über das Geländer, zwei Stockwerke über ihnen, und sah nach unten. „Hidan, dein Zimmer ist im ersten Stock auf der rechten Seite.“ Damit war er schon wieder von dort verschwunden. Man hörte, wie er noch weiter hinaufging. Der Rattenspuck war größer, als es von außen den Anschein hatte. „Viel Spaß“, rief ihm Hidan noch nach, während Kakuzu ihm schweigend den Rücken gekehrt hatte und Shouta in das Zimmer gefolgt war. Den Spaß hatten sie an diesem Abend nicht mehr. Nachdem sie gegessen und geduscht hatten – das selbstverständlich einzeln – war Shouta sofort eingeschlafen und Kakuzu hatte beschlossen, die unerwartete Ruhe ebenfalls mit Schlaf zu nutzen.   Es war seltsam, direkt neben dem Dieb im selben Bett zu schlafen. Eigentlich war es nichts, was Kakuzu bevorzugte, doch konnte er damit leben, so war es auch nicht. Shouta schlief auch ruhig, bewegte sich nicht übermäßig oder sprach – wenigstens im Schlaf war er still.  Er betrachtete ihn eine Weile skeptisch. Im Gegensatz zu dem Morgen im Gebirge, sah er nun tatsächlich friedlich aus, vielleicht sogar ein wenig jünger, als er es eigentlich war. Ein Eindruck, der noch dadurch, dass er zusammengerollt unter den Decken lag, bestärkt wurde. Schließlich war aber auch Kakuzu eingeschlafen, zufrieden damit, endlich wieder in einem richtigen Bett schlafen zu können und sogar seine Ruhe zu haben. Viel besser konnte er es gerade nicht haben. Der Morgen kam viel zu früh. Irgendwo auf der Straße, unter dem Fenster, ertönte ein lauter Knall, Geschrei folgte und Kakuzu hatte sich sofort im Bett aufgerichtet. Shouta kniete bereits am Fenster – das Bett stand direkt darunter – und schaute hinaus. „Das sieht nicht gut aus, Kakuzu. Ich glaube, ich brauche deine Hilfe.“ Kapitel 17: Die Stadtarchive ---------------------------- Schon lange vor Sonnenaufgang war Shouta wach. Erinnerungen an Ereignisse, die Jahre zurücklagen, entrissen ihm immer wieder den Schlaf und so verbrachte er die endende Nacht damit, aus dem Fenster zu schauen. Dabei zuzusehen, wie der Himmel heller wurde. Er traute sich nicht, sich zu bewegen, aus Angst, Kakuzu zu wecken. Nicht seiner Laune wegen – dass die schlecht wäre, konnte Shouta nachvollziehen – sondern weil er nicht erklären wollte, warum er um diese Uhrzeit nicht schlief. Es schneite. Einzelne dicke Flocken, die an der Fensterscheibe hängen blieben, sich an ihr auftürmten und vom Wind fortgeweht wurden. Es hatte etwas Hypnotisches. Es beruhigte Shouta, selbst wenn es zunehmend kälter wurde. Das Dachzimmer hatte keinen eigenen Kamin, wurde nur durch die aufsteigende Wärme der restlichen Zimmer beheizt. Bis zu einer gewissen Temperatur war das kein Problem, auch jetzt fror Shouta nicht, doch war es unangenehm worden und die Luftzüge, die durch die Ritzen im Mauerwerk zogen, machten es nicht besser. Irgendwann zog Shouta die Beine enger an seinen Körper und versuchte sich, so gut es möglich war, unter der Decke zu vergraben. Für einen Moment überlegte er sogar, Kakuzus Decke zu nehmen. Immerhin schlief dieser vollkommen ruhig neben ihm, zitterte nicht und schien sich an gar nichts zu stören. Nun, er hatte es nicht wirklich vor – dann würde Kakuzu sicher aufwachen –  die Blöße wollte er sich dann doch nicht geben, aber es wäre angenehmer. Irgendwann nach weiterem, langen Starren, ertönte das Geräusch von Pferdehufen. Erst wollte es Shouta ignorieren, doch als zusätzlich hektische Schritte zu hören waren, richtete er sich im Bett auf und sah auf dem Fenster. Glücklicherweise schlief er grundsätzlich am Fenster, wenn das Bett direkt unter einem stand. Auf der Straße hetzten zwei in schwarz gekleidete Gestalten entlang, bis sich die eine umdrehte, eine Waffe zog und stehen blieb. Die andere von ihnen blieb hinter ihm, lief aber auch nicht weiter. Einen Herzschlag später sah Shouta das Pferd, zu dem die Hufgeräusche gehörten. Metall glänzte dumpf und ein Speer durchbohrte die Brust der Gestalt, noch bevor sie zum Gegenangriff ausholen konnte. Die andere, noch lebende, Gestalt schien ein Mädchen zu sein, zumindest dem Schrei nach zu urteilen, den sie ausstieß. Dennoch formte sie Fingerzeichen und ein Brocken Gestein schoss aus dem Boden. Der Reiter, ein Mann in einer Rüstung, die im Licht der aufgehenden Sonne leuchtete, wehrte es mit seinem Schild ab. Ein lauter Knall und Shouta spürte, wie sich Kakuzu hinter ihm aufrichtete. „Das sieht nicht gut aus, Kakuzu. Ich glaube, ich brauche deine Hilfe.“  Shouta drehte sich um und blickte direkt in Kakuzus Augen. Sein Blick schien ihn ermorden zu wollen. Was für ein herrlicher Anblick direkt am frühen Morgen und das war nicht einmal ein sarkastischer Gedanke. Nicht komplett zumindest. Kakuzus Körper könnte er durchaus länger angucken, wäre da nicht die Tatsache, dass sie los mussten. „Ich wünschte auch, wir könnten schlafen“, sagte er ruhig, „aber da draußen ist ein Ritter, ein Bote und er hat wahrscheinlich Informationen, die uns nützen könnten.“ Kakuzu schien zu überlegen, musterte ihn skeptisch. Shouta hatte das Gefühl, dass er nicht wirklich über die Möglichkeiten nachdachte, nach draußen zu gehen, sondern über Shoutas Körper, aber das sollte ihm recht sein, so lange eine Entscheidung getroffen wurde. Draußen ertönte ein weiterer  Schrei. Dann war es still, bis das Pferd lief weiter und Kakuzu entschied sich: „Wohin willst du?“ Shouta stieß das Fenster, nun vollständig bekleidet, auf und schwang sich heraus, landete auf einen kleinen Vorsprung und sprang auf das nächste Dach. Kakuzu folgte ihm. Shouta fiel auf, wie geschmeidig er sich für einen so großen und muskulösen Mann bewegte, doch blieb sein Blick nicht auf ihm liegen, sondern ging nach unten. Auch das Mädchen lag in einer Blutlache auf dem Boden, doch darum konnte er sich nicht kümmern.   Bevor er noch weiter ging, griff er in eine seiner Taschen und holte ein dunkles Tuch hervor, das er sich um das Gesicht band. Sicher war sicher, es war besser, wenn man sein Gesicht nicht einmal durch Zufall sah. Dann aktivierte er das Takaragan. „Er ist nicht weit entfernt, scheint, als wolle er aus der Stadt.“ Er sprintete los. Kakuzu würde ihm  folgen können, kompliziert war das hier nicht. Auch ein Ninja konnte von Dach zu Dach springen. Die Stadtmauern kamen in Sicht und mit ihnen der Ritter. Einer der Boten, die wichtigen. Shouta hasste sie. Die Rüstungen waren leichter und anschmiegsamer als die der Ritter, die in der ersten Reihe kämpften. Dafür hielten sie weniger aus, aber immer noch mehr Schaden als Shouta ausrichten konnte, zumindest ohne aufzufallen. „Dafür brauchst du mich?“, fragte Kakuzu genervt. Sie hielten sich im Schatten eines Schornsteins versteckt, während der Ritter sein Pferd durch die unbelebten und engen Straßen führte. Es hatte wohl auch seinen Sinn, dass er nicht die Hauptstraße nahm. „Wenn ich ihn töten würde, würde es nicht schnell genug gehen.“ Auf die hochgezogene Augenbraue Kakuzus verdrehte Shouta die Augen. „Okay. Vielleicht auch gar nicht, ich hab keine Zeit einzuschätzen, wie stark er ist.“ „Natürlich. Halte das Pferd in Zaum.“ Shouta hätte sein gesamtes Geld darauf gewettet, dass er unter der Maske grinste, nickte aber gehorsam und folgte Kakuzu vom Dach. Bis jetzt all das unbemerkt. Was dann passierte, passierte zu schnell als das Shouta reagieren konnte. Er sah noch, wie Kakuzu den Ritter vom Pferd riss – Shouta hastete zum Pferd und hielt die Zügel fest – und sich seine Hand dunkel verfärbte. Ein Krachen ertönte, Metall verbog sich und Blut spritzte. Shouta starrte Kakuzus an, brauchte einige Momente um sich zu fangen. „Wie?“ Er hatte den Brustpanzer und den Brustkorb des Ritter mit einem Schlag durchdrungen, ohne, dass dieser auch nur irgendetwas hatte tun können. „Es ist erstaunlich, dich sprachlos zu sehen.“ Kakuzu klang amüsiert und wischte sich das Blut an der Hose des Ritters von der Hand. „Wo ist die Information?“ Shouta fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, durchsuchte dann erst den Sattel des Pferdes, an dem er nichts fand, und kniete kurz darauf neben der Leiche. Das Tier lief in der Zeit fort, wahrscheinlich würde es bald einer der Wachen begegnen und der Ritter gefunden werden. Wie die meisten Boten, obgleich sie Ritter waren wie alle anderen, trug er nur einen Brustpanzer, der in mehrere Platten unterteilt war, damit sie sich besser bewegen konnten, Ketten an den Armen und einen einfachen Helm. Die schweren Rüstungen waren nicht für längere Reisen geeignet und dieser junge Mann, der kaum älter als Shouta selbst sein konnte, war für so eine gerüstet gewesen. „Wenn ich die erledigen will, muss ich ich erst nach Lücken in der Rüstung suchen oder die sonst wie umgehen“, murmelte Shouta, während er die Lederbänder, die die Rüstung an Ort und Stelle hielten durchschnitt. Das verbeulte Metall warf er bei Seite, tastete die Taschen darunter ab und umfasste eine kleine Schriftrolle. Den Schriftzeichen nach zu schließen eine, die vom Königshaus kam. Er würde also Zeit brauchen, um das Siegel zu brechen. „Ich hab sie. Hoffe ich.“ Shouta richtete sich auf. „Hoffst du?“ Shouta grinste. „Er ist angegriffen worden und Boten werden nur angegriffen, wenn sie Informationen bei sich tragen, sonst tragen sie nichts Wertvolles bei sich und großartig Ärger machen sie auch nicht.“ Er zuckte mit den Schultern, lief dann los. „Die, die ihn angegriffen haben waren jung. Ich schätze, dass sie gesehen haben, wie er die Schriftrolle in Empfang genommen hat und wollten sie selbst holen. Keine gute Idee.“ „Und du bist nicht jung?“ Kakuzu folgte ihm, beachtete die Leiche des Ritters keinen Moment mehr. Shouta sprang auf eines der Dächer. Sie würden einen kleinen Umweg nehmen müssen, damit die Spürhunde sie nicht verfolgten. „Doch, vor allem im Vergleich zu dir, aber ich bin nicht dumm. Ich weiß, dass ich keinen Ritter ohne Plan angreifen sollte. Gerade die Boten machen mir immer Ärger.“  Er drehte seinen Kopf zu Kakuzu. Nachdem er gesehen hatte, wie er Metall, Knochen und Muskeln durchstoßen hatte, war es ein komisches Gefühl, wenn er hinter ihm lief, also wartete er bis sie auf gleicher Höhe waren. „Nicht dumm?“ Kakuzu sah auf ihn herab. „Es verletzt mich, dass du mir nicht glaubst.“ Shouta lachte leise auf. „Dass ich lebe, ist doch Beweis genug, dass ich kein Idiot bin.“ „Die dümmsten Personen haben oft das meiste Glück.“ Mit einem Mal erstarb Shoutas Grinsen. „Wenn ich etwas in meinem Leben nicht hatte, dann war es Glück.“ Daraufhin schwieg Kakuzu. Ochi und ein weiterer Mann, den Shouta nicht kannte, waren schon bei den Leichen, als sie wieder vor dem Rattenspuck waren. „Welche von uns?“, fragte Shouta nach während Ochi die Hände des Mädchens beobachtete. Sie war noch jünger als Shouta vermutet hatte. Höchstens vierzehn Jahre, der Junge vielleicht ein wenig älter. „Ja. Sie trugen die Ringe.“ Er hob die Leiche des Mädchens hoch. „Schaff den Jungen rein, sie sollten nicht hier liegen.“ Der Mann gehorchte und Shouta folgte ihnen. Den Respekt war man ihnen schuldig, ob sie dumm gehandelt hatten oder nicht. Viele Ringe hatte er Junge nicht, nur drei insgesamt und seinem Aussehen nach zu urteilen – er hatte glatte schwarze Haare und hellblaue Augen – stammte er aus einer der Adelsfamilien. Gerade die sollten es besser wissen. Sie brachten die Leichen in ein Zimmer, abseits des Gastraums. Später würde Ochi sie wohl in den Keller bringen oder zu den Familien, doch damit hatte Shouta nichts mehr zu tun. „Wo wart ihr, habt ihr den Ritter verfolgt?“ „Hatten wir vor“, sagte Shouta, „aber er war schon aus  der Stadt. Schien es eilig zu haben.“ Er zuckte betont beiläufig mit den Schultern, wandte sich dann schon zum Gehen und ließ Ochi zurück. Er hatte keine Lust darauf, ausgefragt zu werden. Zurück in ihrem Dachzimmer zog sich Shouta den Mantel auf, schmiss ihn auf einen Stuhl und ließ sich auf das Bett fallen. Kakuzu setzte sich neben ihn. Die Maske hatte er ausgezogen und gab Shouta somit die Gelegenheit sein Gesicht genauer zu mustern. Ihm gefielen die Narben, sie hatten etwas Faszinierendes an sich. Es fiel Shouta schwer, sie nicht zu berühren. „Von welchen Ringen war die Rede?“ Kakuzus Blick fiel auf Shoutas Hände. Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Seit wann interessiert du dich für mich?“ „Nicht für dich. Für die Ringe.“ „Die ich an meinen Fingern trage.“ Kakuzu antwortete daraufhin nicht und Shouta lachte leise auf. „Ist schon gut, ich erzähle dir ja, was es mit ihnen auf sich hat.“ Er zog sich einen Ring von einen der Finger und hielt ihn hoch. Das Metall glänzte nicht mehr, war bereits angelaufen und grau. Shouta wusste nicht mal, was für ein Metall es war, aber das war auch nicht so wichtig. „Eine Art Erkennungszeichen der Gilde, wir stehlen sie uns gegenseitig. Der da war mein erster.“ Shouta grinste leicht. „Jedenfalls ist es ein Zeichen von Talent, wenn man viele Ringe hat. Mit sieben liege ich sehr gut im Rennen muss ich sagen.“ Er versuchte Kakuzus Gesichtsausdruck zu deuten, scheiterte aber. „Und zufällig passen sie alle?“ „Nein. Manche haben Metall in ihnen, das sich mit der Hilfe von Chakra anpasst, aber manche müssen eben am kleinen Finger oder so getragen werden. Wenn es gar nicht passt muss man die eben umändern lassen.“ Shouta zog sich einen weiteren Ring vom Finger. „Da sieht man das  ganz gut, hab den damals verkleinern lassen müssen.“ Er deutete auf eine kleine Unebenheit im Metall. Daraufhin antwortete Kakuzu nicht mehr, sondern legte sich auf den Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Die Augen schloss er. „Ich würde dich gerne etwas fragen“, sagte Shouta und wartete gar nicht auf eine Antwort. Die würde er sowieso nicht bekommen. „Was hat das mit den Masken auf sich? Also die auf deinem Rücken?“  Er hatte sie bis jetzt nur gesehen, als miteinander geschlafen hatten und die letzte Nacht. Wirklich schlau wurde er nicht aus ihnen. Kakuzu öffnete eines seiner Augen. „Das geht dich nichts an.“ Mit einer anderen Antwort hatte Shouta auch nicht gerechnet. „Dann lass mich zumindest fragen, ob es nicht verdammt unbequem ist auf denen zu liegen.“ „Man gewöhnt sich daran.“ „Du hast sie also länger.“ Kakuzu drehte sich zu ihm. „Hältst du jemals deinen Mund?“ Er wirkte definitiv genervt, aber Shouta wertete als gutes Zeichen, dass er sich überhaupt zu ihn gedreht und ihn nicht einfach aus dem Bett geworfen hatte.  Damit hätte Shouta gerechnet, aber so lief die ganze Sache besser. Er grinste. Als die Nacht über die Stadt hinein gebrochen war, war Shouta alleine unterwegs. Das Siegel hatte er gelöst und das, was in der Schriftrolle stand, war alles andere als gut und doch zu wenig Information, um sicher zu sein. Scheinbar hatte man zwei Boten losgeschickt und Shouta musste sehen, woher er die übriggebliebenen nahm. Im Schatten verborgen kletterte er an der Fassade des Rathauses. Alle Befehle wurden schriftlich im Archiv gelagert und Shouta hoffte darauf, dass er die der Boten hier fand. Notfalls würde er auch jemanden belauschen können. Oder bestechen. Oder erpressen.  Je nachdem, was sich anbot. Mit einer geübten Bewegung hebelte er ein Fenster auf und glitt lautlos hinein. Wo das Archiv war, wusste er. Er war schon einige Male hier gewesen und so brauchte er nicht lange, bis er vor der Tür stand. Sie war nicht bewacht, zumindest waren keine Wachen in der Nähe. Uma, Hitsuji, Tori. Er formte die Fingerzeichen und wartete mit klopfenden Herzen – der Ruhe traute er nicht – ab, bis er sah, wie das Chakra langsam in das Innere des Schlosses floss. Shouta seufzte leise, das Schloss war komplizierter, als er gedacht hatte und er meinte hinter sich Schritte zu hören.  Uma, Inu, Tatsu. Noch immer zeigte sich keine Regung, nichts, was ihm verriet, wie es geschützt war. Und nun war er sich sicher, dass er Schritte hörte. Gerade noch rechtzeitig erkannte er die passenden Zeichen, formte sie  - es waren tatsächlich zwölf  - und schlüpfte durch die Tür in das Archiv. Es war nur schwach beleuchtet aber dafür einer der wenigen Orten Ōroras mit elektrischem Licht. Dafür brannte es dann dauerhaft, als Beweis für den Reichtum dieser Stadt. Oder so ähnlich, Shouta hatte sich darum nie großartig Gedanken gemacht und hatte jetzt auch Besseres zu tun.  Er aktivierte sein Kekkei Genkai und unterdrückte einen leisen Fluch. Das Licht blendete nachdem er so lange im Dunkeln gewesen war. Die Regale waren hoch, vollgestopft mit allen möglichen Daten über Befehlen und Informationen über die Bürger und links von ihm lag eine dicke Staubschicht auf allen Regalen. Hier lagerten Akten, die schon seit Jahren nicht mehr angesehen wurden. Shouta wusste nicht, wieso sie überhaupt noch aufbewahrt wurden, hier in Ōrora hatte das sowieso keinen Sinn. Sein Weg führte aber von dem Alten weg, hin zu den aktuellen Akten. Innerhalb von wenigen Sekunden – sein Kekkei Genkai sei Dank, von wegen nutzlos! - fand er auch schon den gesuchten Ordner. Grau und unscheinbar wie alle,  aber er stand ein wenig schief, als hätte man ihn Eile heraus gezogen und wieder hineingestellt. Schnell blätterte Shouta ihn durch und musste leise fluchen. „Das kann nicht wahr sein.“ Was er da las war alles andere als gut. Shouta kaute einige Momente auf der Unterlippe, überlegte und kramte ein Stück Papier aus seiner Tasche hervor. Die Informationen würde er sich nicht merken können und er musste hier nicht noch einmal hinein. So wohl fühlte er sich nicht hier, gerade weil er kaum Wachen gefunden hatte.  So schlecht bewacht war normalerweise keines der Archive. Beinahe stellte sich das als Fehler heraus. Die Tür öffnete sich und Shouta stopfte den Ordner zurück zu den anderen und flüchtete sich mit Hilfe eines Jutsus in den Schatten zwischen zwei Regalen, die nicht beleuchtet wurden. Von hier aus konnte er erkennen, wer hinein trat. Schon wieder musste Shouta einen Fluch unterdrücken. Es war ein großer Mann mit dunklen Haaren und Augen, dafür erstaunlich heller Haut. Ryozo, der Kerl, der Hoshiko angegriffen hatte. Eigentlich hätte Shouta ihm am liebsten ein Messer in den Hals gerammt, aber das Blut und die Leiche würde er nicht so schnell weggeschafft bekommen. Wenn er ihn überhaupt töten würde. Doch etwas war anders als sonst. Auf Ryozos Arm konnte er das stilisierte Schwert, das Zeichen der Armee sehen. Was zum? „Ich weiß, dass jemand hier ist.“ Shouta wurde bewusst, was für ein Idiot dieser Bastard war. Wenigstens wusste er jetzt, dass er sich beeilen musste. Er kroch durch die Schatten weiter zu irgendeinem Regal, warf einen Blick über die Schulter und ging sicher, dass Ryozo nicht in seine Nähe schaute. Er griff nach einem Ordner, lauschte und sah sich um. Shoutas Herz begann zu pochen, während er versuchte die Schrift auf den Ordnerdeckeln zu identifizieren. Koduku. Klang nicht schlecht. Koduku lag an der Ostküste, umgeben von einem kleineren Gebirge und Meer. Wenn er es schaffte, die Spur nach dort zu lenken, war alles in Ordnung. Ryozo schien nun mit dem Königshaus in Kontakt getreten zu sein und würde sicher über einen Einbruch berichten, wenn er ihn fand. Ryozo kam in seine Nähe und Shouta drückte sich gegen die Regale, weiter in den Schatten hinein und geduckt. Er stand direkt vor ihm, bemerkte ihn nicht und es wäre ein Leichtes ihn zu töten. Shouta zögerte. Es war verlockend und seine Hand schloss sich um einen Dolch – obwohl er wusste, dass es dumm war. Leider war es so einfach, wie es dumm war. Erneute Schritte ließen Shouta beinahe zusammenzucken. Er hörte, wie man Ryozos Namen rief und dieser sich genervt abwandte. Er war noch einen Blick in den Raum, sah genau in Shoutas Richtung – für einen Moment glaubte er, er würde ihn sehen – und verschwand dann endlich. Shouta entspannte sich und legte den Ordner zurück ins Regal, blieb jedoch vorerst in seinem Versteck, versuchte zu verstehen, was vor der Tür besprochen wurde. Einzelne Wortfetzen, laute Stimmen, jedoch noch kein Steit. Schließlich wurde die Tür dennoch aufgestoßen, ein Soldat kam herein und der Lichtkegel einer Taschenlampe verdrängte den Schatten nur wenige Zentimeter von Shouta entfernt. Er hielt den Atem an, machte sich kleiner und umfasste seinen Dolch. Kein Kampf. Bitte kein Kampf... Das Licht der Taschenlampe entfernte sich von ihm, suchte weiter und Ryozo ging wieder an am ihm vorbei. „Irgendwer muss hier sein.” „Aber ich sehe keinen.“ Des Soldat klang genervt. „Wo sollte sich hier wer verstecken?“ Ryozo sah sich um. „Im Schatten.“ Er trat an Shouta vorbei und weiter in den Raum hinein, hinter eines der Regale. „Ich habe euch gesagt, wie die Diebe arbeiten.“ „Ich weiß, was die Diebe machen, aber ich habe alle Schatten beleuchtet. Du kannst dich auch geirrt haben.“ Die Taschenlampe wurde ausgeschaltet und Shouta beschloss seine Chance zu nutzen. So lange sie sich unterhielten, stritten – und er wusste, wie reizbar Ryozo war – konnte er fliehen. Beinahe lautlos kroch er weiter nach vorne, huschte in einen weiteren Schatten und schließlich unbemerkt aus der Tür hinaus. Er nutzte das erste Fenster, um hinaus in die kalte Nacht zu steigen. Kakuzu und Hidan, gerade ersterer, würden sicher nicht gut auf die Neuigkeiten reagieren. Immerhin änderten sie die gesamte Mission. Kapitel 18: Winterworte ----------------------- „Du hast schon wieder verloren“, sagte Hoshiko und schlug Tsubasas König. Stumm stand die weiße Figur aus Glas da, bevor sie wieder mit den anderen auf seinen angestammten Platz gesetzt wurde, jedoch ohne das Vorhaben, ein erneutes Spiel zu beginnen. „Wo sind deine Gedanken?“ Tsubasa, dessen Gesicht im flackernden Licht des Feuers ungewöhnlich ernst und alt erschien, ließ seinen Blick auf dem Schachbrett ruhen und sah schließlich zu Hoshiko auf. „Sie sind nicht bei den Spielen.“ Ein Holzscheit knackte im Feuer, Funken stoben nach oben. „Ist es, weil er Ōrora verlassen wird?“ Sie war selbst erschrocken darüber, die schwer diese Worte im Raum lagen. Dabei wusste sie es schon lange. Doch war es etwas Anderes es auszusprechen, sich dem wirklich bewusst zu werden. Sie wollte es nicht, daran zu denken war schmerzhaft, aber es war kein Geheimnis mehr. Nicht für Hoshiko. Tsubasa schüttelte seinen Kopf. „Nein.“ Er stand auf um zum Kamin zu laufen. „Ich weiß seit fünf Jahren, dass Ōrora nicht mehr seine Heimat ist.“ Und seine Stimme verriet, dass er sich nicht mal sicher war, ob es sie jemals gewesen war. Er legte einige Scheite nach, beobachtete die Flammen, die das Holz auffraßen und trat zu einem Schrank. Tsubasa kam mit einem kleinen Glas und einer Flasche zurück. „Dein Schmerzmittel.“ Hoshiko nickte, goss sich etwas von der bläulichen, hellen Flüssigkeit in das Glas. „Danke.“ Ihr Arm schmerzte noch immer und im Laufe der Tage war ihr bewusst geworden, dass er nicht zu retten gewesen war. Sie war ein Krüppel. Sie wusste nicht, ob der Schmerz darüber noch kommen würde oder nie, im Moment war es eine einfache Tatsache. So, wie der Himmel blau war und Dinge auf den Boden fielen. Tsubasa räumte das Glas wieder beiseite, kam jedoch mit zwei weiteren und einer Flasche Wein zurück. „Wissen es Tsuneo und Hideaki?“ Er schüttete ihnen beiden ein, bevor er sich setzte. Erst wollte sie mit der Schulter zucken, eine natürliche Reaktion, dachte aber früh genug daran, dass das keine gute Idee war. Ausnahmslos jede Bewegung schmerzte. „Ich weiß es nicht genau. Ich denke, dass Tsuneo nichts davon ahnt. Du kennst ihn.“ Sie trank einen Schluck. „Und Hideaki“, Hoshiko machte eine hilflose Pause, „vielleicht weiß er es, will es aber nicht wahrhaben.“ „Ihr sprecht nicht darüber“, stellte Tsubasa fest. „Nein. Genauso wenig wie du mir nicht sagst, was los ist.“ Sie trank einen Schluck des Weins. „Und mir scheint es, als seien deine Gedanken weitreichender als ein Dieb, der uns verlässt.“ Tsubasa sah eine Zeit lang in den Raum hinein. „Das sind sie“, er trank einen Schluck, „auch, wenn wir es uns eigentlich nicht leisten können, noch mehr von uns zu verlieren.“ Sie schwiegen und der Wind ließ die Fensterläden klappern. Schließlich ergriff Tsubasa erneut das Wort. „Ich werde euch früh genug sagen, welche Gedanken ich habe. Bis dahin gedulde dich. Bis jetzt ist sowieso nichts sicher.“ Er blickte in die Augen der jungen Frau vor sich, sah, dass sich ihre Stirn runzelte und sie zu verstehen schien. Mit einer Bewegung, die fließend gewesen wäre, wäre nicht der steife Arm gewesen, stand sie auf. „Ich muss los.“ Sie drehte ihren Kopf zu Tsubasa. „Wir sehen uns.“ Sie verschwand lautlos aus dem Wohnzimmer und Tsubasa blieb zurück. Und dachte nach. Hidan war nicht dumm und so war es ein Leichtes zu bemerken, was zwischen Kakuzu und Shouta ablief. Es war auch nicht zu übersehen, dass sie aufeinander standen, um es dezent auszudrücken. Selbst in diesem Moment, in dem sie in einem abgesonderten Raum im Rattenspuck saßen und sich unterhielten. Shouta war den ganzen Tag lang fort gewesen, ohne zu sagen, wieso und wie für wie lange er wegblieb. Er war erst gegen Abend gekommen, um ihnen irgendetwas zu erzählen und saß nun auf einem abgewetzten Sofa, hatte ein Bein angewinkelt und warf Kakuzu immer wieder einen Blick zu. An sich wäre das nichts Seltsames. Kakuzu wurde oft angestarrt, kein Wunder, bei den Augen, der Maske und diesem Auftreten. Jedoch waren das hier andere Blicke und wurden sogar noch von diesem erwidert. Das war sehr seltsam. Generell war es einfach nur komisch Kakuzu und Shouta zu beobachten. Nicht, weil es beide Männer waren – um ehrlich zu sein würde es ihn mehr irritieren, wäre Shouta eine Frau – sondern weil er noch nie dabei zugesehen hatte, wie Kakuzu längerfristiges Interesse an jemandem gehabt hatte. Gut, dafür war auch nie Zeit gewesen. Er hatte Kakuzu ab und an mal mit einem Mann verschwinden sehen (jetzt, wo er darüber nachdachte, erinnerten die meisten davon zumindest grob an Shouta), aber das war selten vorgekommen. Kakuzu war keine Person, die flirtete und als Nukenin hatte man sowieso nicht immer die Möglichkeit dazu, mit irgendwem zu schlafen. Jetzt hatte er diese eben beinahe dauerhaft. Zumindest theoretisch. Und das schien er auszunutzen, wie es aussah – und sich anhörte – war der Sex ja gut. Hidan konnte das ja auch nachvollziehen, irgendwie zumindest, seltsam war es dennoch. Schließlich, bevor die beiden doch vergaßen, dass sie nicht alleine waren und übereinander herfielen, brach Hidan das Schweigen: „Was wolltest du uns jetzt sagen?“ Shouta hob seinen Blick, wirkte einen Moment sogar irritiert, bevor er sich durchs Haar fuhr und seufzte. „Ich fürchte, ich bringe euch schon wieder schlechte Neuigkeiten.“ Es war still. Kakuzu wirkte jedoch äußerst angespannt und Shouta fuhr fort. „Sie haben den Kristall aus der Hauptstadt geschafft, hinein ins Gebirge.“ „Und was heißt das?“ Es wunderte Hidan nicht, dass Kakuzu das nachfragte. Ihn selbst interessierte das ja auch. „Wir müssen quasi zurück. Der Ort befindet sich nordöstlich von hier, wenn wir Glück haben, wird das unseren Zeitplan nicht großartig ändern, aber es sieht nicht danach aus. Ich werde versuchen, was ich kann.“ Shouta zuckte mit den Schultern, sah dann abwechselnd Kakuzu und Hidan an. „Wenn ich es schaffe, können wir den Handelsweg nehmen, das wäre einfacher.“ Hidan glaubte nicht, dass es tatsächlich funktionieren würde, nicht bei dem Glück, das sie hatten. Und das stimmte ihn nicht besonders fröhlich. Ōrora war ein Drecksland. Es war kalt, arm und seine Lust, noch mehr Zeit hier zu verbringen hielt sich stark in Grenzen. Shouta, der zu spüren schien, wie die Stimmung sank, seufzte leise. „Ich bekomme das hin. Keine Sorge. Es ist sogar einfacher so, es weniger drumherum und wir können besser mit dem Kristall fliehen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich gehe morgen noch mal los, kläre alles, dann gebe ich euch wieder Bescheid.“ „Wie lange brauchst du dafür?“ Auch diese Frage wunderte Hidan nicht im Geringsten. Das war eben Kakuzu. Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich das wüsste, hätte ich es dir schon gesagt“, er beugte sich ein Stück nach vorne, und Hidan wusste, was jetzt kommen würde, „und so wie du das sagst, klingt es, als sei es furchtbar mit mir in einem Zimmer zu schlafen.“ „Das ist es auch.“ Hidan war sich ziemlich sicher, dass Kakuzu das ernst meinte. Den Sex mal ausgenommen, da war er sich auch sicher: Darauf würde Kakuzu ungern verzichten, wenn er dann schon die Möglichkeit hatte. Unberührt von der Aussage, sprach Shouta in dem selben höhnischen und arroganten Tonfall, in dem er sonst immer sprach, weiter: „Das klang gestern ganz anders.“ Er lachte leise auf und Hidan bereute es, nicht gegangen zu sein. So genau hatte er das nicht wissen wollen. „Ich habe vielleicht einen Händler, bei dem wir mitreisen können, das wäre komfortabler und schneller, allerdings müssten wir die Kontrollen irgendwie umgehen.“ „Sonst noch was?“, fragte Hidan nach, bevor er mehr Details über das Sexleben seines Teampartners erfuhr. Dieser warf Shouta nun einen Blick zu, der sagte, dass guter Sex kein Grund war, jemanden nicht zu töten, worauf hin Shouta ein Lachen, das zu schnell kam, um selbstsicher zu wirken, ausstieß. „Kommt nicht wieder vor.“ Irgendetwas sagte Hidan, dass es doch wieder vorkommen würde und auch Kakuzu schien davon überzeugt. „Das erwarte ich.“ Kakuzu ließ es darauf beruhen, fixierte jedoch weiterhin Shouta, der sich nun wieder an Hidan wandte: „Nein, ich gebe morgen gegen Mittag Bescheid, was wir tun.“ Er sah ihn jedoch nur kurz an, blickte dann wieder zu Kakuzu und ließ sich von der unausgesprochenen Morddrohung nicht mehr beeindrucken. In Ordnung, daran würde er sich noch gewöhnen müssen. Er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was man so unglaublich geil an Kakuzu finden konnte. Vor allem nicht, wenn man wusste, dass er einundneunzig Jahre alt war und nicht … na ja, wie auch immer man sein Alter schätzen wollte. Vielleicht zwischen vierzig und fünfzig. Oder älter. Auf den ersten Blick war das wegen der Maske sowieso nicht zu sagen. Hidan wartete nicht ab, ob jemand noch etwas sagte, sondern lief einfach aus dem Zimmer, zurück auf den Gang und in den Hauptraum des Rattenspucks hinein. Er ließ sich an einen Tisch am Raumende fallen und blickte umher. Abschaum war wirklich die passende Bezeichnung für die Personen, die sich hier aufhielten. In einer Ecke saß eine Frau mit langen, fettigen Haaren, aus deren Mund nur einzelne Zähne heraus blickten und ihr gegenüber eine Person, dessen Geschlecht Hidan nicht einschätzen konnte. Oder wollte. Irgendwo weiter hinten lallte jemand betrunken ein seltsames Trinklied, von dem Hidan bis auf die Wörter 'saufen' und 'Met' nichts verstand. Ein weiterer Mann stürmte plötzlich in den Flur, Richtung Toiletten. Na lecker... Hidan beschloss wieder zu gehen, verdrehte die Augen und verließ den Rattenspuck. Draußen wurde er von Schnee, Kälte und einer unheilschwangeren Stille empfangen. Kapitel 19: Narben ------------------ Ōrora und seine Einwohner waren seltsam und diejenigen, die im Rattenspuck ein und aus gingen, gehören erst recht dazu. Shouta eingeschlossen. Doch musste Kakuzu zugeben, dass der Junge im Gegensatz zu den meisten Gestalten hier normal erschien. Zumindest normaler. Er stank nicht oder sah mehr lebendig, denn tot aus. Und das ewige Geplapper war eher zu ertragen als das Grölen der Betrunkenen. Und solange man wusste wie, konnte man den Jungen auch ganz gut zum Schweigen bringen. Und jetzt, wo er ihnen noch ein neues Zimmer besorgt hatte, hatten sie sogar mehr Platz, Shouta musste also nicht über das gesamte Bett klettern, um sich hineinzulegen. Außerdem – und das war wirklich das Beste an diesem Tag – war der Dieb seit dem Morgen nicht hier gewesen. Auch nach der vorherigen Nacht war es seltsam, direkt neben ihm zu schlafen. Neben irgendeinem Menschen. Tatsächlich konnte sich Kakuzu nicht mal an das letzte Mal erinnern, bei dem er neben jemand anderem geschlafen hatte, es war schon einige Jahre her. Schließlich kam man als Nukenin nicht oft dazu. Allerdings konnte Kakuzu nicht sagen, dass es angenehm war. Es war seltsam, aber Shouta verhielt sich ruhig und weckte ihn nicht auf oder machte etwas, was ihn störte, das Geplapper nicht ausgeschlossen. Das war immerhin gut zu ignorieren. Doch änderte das nichts daran, dass seine Laune sich deutlich verschlechterte, als der Dieb ihm die Nachricht über den Kristall brachte. Und noch schlimmer wurden die Dinge, die er von sich gab, als sie zusammen mit Hidan in diesem verdammten Hinterzimmer saßen. Glücklicherweise ging der Dieb nicht weiter darauf ein, als er ihm einen passenden Blick zuwarf. Zumindest so lange wie Hidan dabei war, kaum war dieser weg, änderte sich das wieder. „Manchmal würdest du mich gerne umbringen, oder?“ Shouta schien seine Sprache und seinen Mut (oder war es Dummheit?) wiedergefunden zu haben. Er grinste zwar, wirkte aber ansonsten ernst. „Und ich kann mich wohl glücklich schätzen, zu leben.“ Kakuzu nickte. „Ja. Bis auf Hidan habe ich jeden meiner Teampartner umgebracht..“Er ließ die Aussage im Raum stehen, beobachtete die Reaktion des Jungens, die weniger offensichtlich ausfiel als erwartet. Seine linke Augenbraue zuckte nach oben und in den Augen war etwas zu sehen, was Kakuzu nicht deuten konnte. „Und wieso erzählst du mir das?“ Die Arroganz aus der Stimme des Diebes war verschwunden, stattdessen wirkte er interessiert... Komischer Junge. „Ich habe mein Gründe dafür.“ Und die würde er ihm garantiert nicht preisgeben, es war seine Sache, wen er vorwarnte und wen nicht. Bei den meisten Menschen machte er sich nicht einmal Mühe, sie vorzuwarnen, weil es weder Sinn noch Nutzen hatte. Dem ein oder anderen Teampartner hatte er eine Chance gegeben, weil sie talentiert gewirkt hatten und von Hidans Talent war er erst überzeugt gewesen, als er mit abgeschlagenen Kopf weitergesprochen hatte. „Weil wir ficken?“ Auch, wenn er damit hätte rechnen müssen, kam diese Aussage unerwartet für Kakuzu. Der Junge schien es einfach nicht verstehen zu wollen oder überhaupt zu können. Er stand also wortlos aus und ließ einen überraschten Shouta zurück.... und wurde verfolgt. Denn natürlich blieb der Dieb nicht sitzen sondern folgte ihm in das Zimmer. „Was lässt du mich alleine?“,fragte Shouta. Das Grinsen. Dieses verdammte Grinsen!  Kakuzus Arm war schon angespannt, bereit, dem Jungen ein weiteres Mal die Nase zu brechen. Doch dazu kam es nicht. Stattdessen umgriff er Shoutas Oberarm, zog sich selbst die Maske herunter und küsste ihn. Der Dieb wehrte sich erst gegen den Griff, legte eine Hand auf Kakuzus, erwiderte den Kuss jedoch dann. Der Kuss intensivierte sich, allerdings vergrub Shouta nun seine Fingernägel in Kakuzus Hand und öffnete die Finger mit erstaunlichem Kraftaufwand. Sie lösten sich und starrten sich an. „Was soll der Scheiß?“ Shouta rieb sich den Arm, wirkte ansonsten aber nicht sonderlich beeindruckt, vielmehr verwirrt. Kakuzu schwieg einen Moment. „Du solltest lernen, deinen Mund zu halten.“ Shoutas Mundwinkel zuckten. „Das sagtest du bereits.“ „Und du hast es immer noch nicht gelernt.“ „Weißt du, ich glaube,das Gesprächen führen wir nicht zum letzten Mal.“ Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Aber vorher hätte ich gerne geklärt, was das sollte. Das hat wehgetan.“ Der Kuss irritierte ihn anscheinend gar nicht. „Sei froh, dass ich dir nicht die Nase gebrochen habe.“ „Du hattest es vor?“ „Ja.“ „Oh.“ „Ich habe es noch vor.“ Hatte er eigentlich nicht, aber er wollte sehen, wie Shouta reagierte. Er konnte ihn leider nicht töten und das Schlagen schien nichts zu nützen – zumal er ihn leider bei voller Gesundheit brauchte – also wählte er den Weg, mit dem er die Aggressionen gegen diesen nervigen Dieb am besten los wurde. Schon wieder zuckten dessen Mundwinkel, er schien etwas sagen zu wollen, es sich dann anders zu überlegen. „Oh.“ Statt zu antworten, zog sich Kakuzu die Maske komplett vom Kopf, schmiss sie auf einen Tisch und gab Shouta einen kleinen Stoß. Dieser stolperte einige Schritt zurück und stieß mit den Kniekehlen gegen das Bett, grinste aber plötzlich und ließ sich auf die Matratze fallen, rutschte ein Stück zurück. Einen Moment später kniete Kakuzu schon über ihn, drückte ihn aufs Bett und küsste ihn. Augenblicklich spürte er, wie Shouta die Beine um seinen Körper schlang und die Hände in Kakuzus Haaren vergrub, von dort aus langsam über den Rücken strichen. Shouta schien schon ganz vergessen zu haben, was Kakuzu gerade angedroht hatte – oder hoffte, dass er es tat. Und dieses Vorhaben war auf dem besten Weg erfüllt zu werden. Der Kuss wurde intensiver, stürmischer und löste sich abrupt. Shoutas Lippen waren einen Spalt breit geöffnet, glänzten leicht. Er schien etwas sagen zu wollen, bevor das geschah, zog Kakuzu ihm ruppig das Oberteil aus und schmiss es achtlos zur Seite. Er betrachtete ihn kurz, biss ihm gleich darauf in den Hals. Einmal, zweimal. Dann wartete er ab, atmete gegen die nun feuchte Haut und biss noch einmal zu. Dieses Mal keuchte Shouta auf und Kakuzu presste seinen Unterleib gegen seinen, bewegte sich leicht. Er musste selbst ein Stöhnen unterdrücken, als Shouta die Bewegung erwiderte, die Beine noch enger an seinen Körper drückte und den Kopf in den Nacken legte. Gleichzeitig wurde an seinem Oberteil gezogen, irgendwie von seinem Körper gezerrt und neben Shoutas geschmissen. Kakuzu biss ein weiteres Mal zu, nun in die Halsbeuge und begann sich weiter nach unten zu arbeiten, biss immer wieder in Shoutas Haut, die von der Kälte rau war. Nun hörte er ein unterdrücktes Stöhnen und fuhr mit einer Hand über Shoutas Seite, über die kleine Narbe, die er schon einmal gespürt hatte. Dort ließ er sie vorerst ruhen, hielt ihn fest und drückte ihn dabei weiter auf das Bett. Er spürte, wie sich der Körper unter ihm an ihn drückte, grinste dann sogar, als Shouta seine Hand packte und weiter nach unten drückte. Kakuzu rückte ein Stück nach unten, zwackte in Shoutas Haut, knapp unter dem Bauchnabel und leckte über die Stelle, bevor er begann, ihm die Hose auszuziehen, gleich darauf sich selbst. Shouta richtete sich halb auf, musterte ihn dabei mit einem Blick, der Kakuzu wahnsinniger machte, als er je zugeben würde. „Und ich hab schon mit einem Blowjob gerechnet“, murmelte er grinsend. „Vergiss es.“ Shouta lachte leise auf. „Und wenn ich die nächste Zeit ganz brav bin?“ Er legte den Kopf leicht schief. Kakuzu warf seine Hose beiseite. „Dann überlege ich es mir vielleicht noch.“ Er beugte sich herunter, stützte sich neben Shouta ab und ließ sich von ihm auf den Rücken drehen. Er stöhnte auf, als sich Shoutas Körper gegen seinen drückte und zog ihn sogar noch weiter an sich heran, als er ihm in den Hals biss. Es fühlte sich gut an, verdammt gut sogar und an Shoutas Atem erkannte er, dass es ihm nicht anders dabei ging. Shouta fuhr die Narben an Kakuzus Körper nach – er spannte die Muskeln noch weiter an – und zog schließlich an den Fäden mit den Zähnen, biss gleich darauf wieder zu. Scheiße, fühlte sich das gut an! Er war dort nicht zwingend empfindlicher als an anderen Körperstellen, in den Fäden selbst hatte er nicht einmal ein Gefühl, doch spürte er die Berührungen intensiver an der umherliegenden Haut und Shouta bemerkte das, blieb immer irgendwie an den Narben und sei es nur mit der Zunge oder den Lippen. Ihre Körper pressten sich aneinander, rieben sich und die Bisse wurden fester. Teilweise schon fast schmerzhaft, aber auf eine gute Weise. Irgendwann richtete sich Shouta wieder auf, sah schwer atmend auf Kakuzu herunter und wurde gleich darauf von dessen Oberkörper befördert. Er schien nicht sonderlich überrascht, im Gegenteil, er grinste und stützte sich auf die Ellenbogen und deutete mit den Kopf auf den Nachttisch. „Ich nehme an, du willst wieder.“ Kakuzu nickte, beugte sich zur der Schublade und holte Gleitcreme und Kondome heraus, die er jedoch erstmal auf das Bett schmiss. Er griff nach Shoutas Hüfte, packte ihn recht fest an und drehte ihn um. Shouta warf ihm einen Blick über die Schulter zu, grinste und schien deutlich zufrieden mit der Situation zu sein. Wenig später vergrub Shouta die Hände in der Decke vor sich, stöhnte und bewegte sich ihm so gut es ging entgegen. Kakuzu hatte somit einen guten Ausblick auf seinen Rücken, erkannte nebenbei einige Narben, die sich teilweise deutlich auf der Haut hervor hoben. Er zog Shouta noch näher an sich heran, stöhnte nun selbst und versuchte ein wenig leiser zu sein, als er es war. Schließlich stützte er sich am Bett ab, beugte sich weiter vor und biss Shouta in die Halsbeuge. Verdammt! Warum musste sich das Stöhnen nur so gut anhören? Es fiel ihm schwer, sich zu beherrschen, nicht sofort zu kommen oder zu laut deutlich zu machen, wie sehr ihm das hier gefiel. Die Hand, die sich nicht abstützte krallte sich in Shoutas Hüfte, hinterließ sogar einige rote Striemen, die ihn nicht zu stören schienen, wenn er es überhaupt mitbekam. Und das bezweifelte Kakuzu im Moment. Irgendwann richtete er sich wieder auf, griff um Shouta herum, umfasste seine Erektion und begann seine Hand zu bewegen. Erst wollte er seine Stöße unterbrechen, entschied sich dann dagegen, da Shouta nicht aufhörte, Kakuzu näherzukommen. Das Stöhnen beider wurde nun doch noch einmal lauter, angestrengter und Kakuzu legte den Kopf in den Nacken, hatte die Augen dabei halb geschlossen und erhöhte seine Geschwindigkeit und die Kraft der Stöße, bis Shouta letztlich und recht plötzlich in seiner Hand kam. Kakuzu selbst brauchte ebenfalls nicht mehr lange. Er stützte sich neben Shouta, der noch auf allen Vieren auf dem Bett saß, ab, bekam seinen Atem langsam unter Kontrolle und ignorierte, dass er die Bettdecke beschmutzte. Viel dreckiger konnte sie hier sowieso nicht werden. Leise keuchend hob er seinen Arm um Shouta Platz zu geben, sich zur Seite zu legen. Dieser ließ sich darauf einfach auf das Bett fallen, blieb jedoch mittig liegen. Für einen Moment betrachtete Kakuzu Shoutas entblößten Rücken, der sich deutlich hob und senkte und gab ihn einen leichten Klaps auf den Hintern, als er sich immer noch bewegen schien wollte. „Beweg' dich.“ Shouta gab einen genervten – und wenn sich Kakuzu nicht irrte auch einen leicht erregten – Laut von sich, robbte sich aber ungalant auf seine Seite. „Und deswegen musst du mich schlagen?“ „Schlagen?“, wiederholte Kakuzu und zog eine Augenbaue hoch. Shouta wandte seinen Kopf zu ihm, die Haare fielen ihm dabei über die Augen. „Ja, schlagen.“ Er grinste. „Aha.“ Er stand auf und hatte nicht vor, weiter darauf einzugehen. „Ich gehe ins Bad.“ Später, nachdem Shouta ebenfalls im Bad gewesen war und nur mit einem Handtuch bekleidet zurückgekommen war, schlief Kakuzu. Doch diese Nacht war es ihm nicht vergönnt, durchzuschlafen. Wahrscheinlich war nicht viel Zeit vergangen, als er spürte, wie ihn etwas im Gesicht, dann auf der Brust berührte. Moment mal! Das war an seine Narben, also... Kakuzu schlug die Augen auf und sah direkt in Shoutas. „Was soll das?“ Kakuzus Stimme war ein einziges Grollen und Shouta wich ein wenig zurück. „A-also“, fing er stotternd an und selbst in der Dunkelheit konnte Kakuzu erkennen, dass seine Wangen gerötet waren. Unter anderen Umständen hätte ihn das amüsiert, jetzt wollte er nur wissen, warum der Dieb mitten in der Nacht seine Narben betatschte. „Ich warte.“ „Na ja... ich habe nicht nachgedacht.“ Der Junge kratzte sich am Hinterkopf, grinste nervös. „Das ist etwas ganz Neues...“ Kakuzu richtete sich ein wenig auf, gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie Shouta weiter zurückweichen wollte, dabei ins Leere griff und vom Bett fiel. Und das nackt. Er hatte sich also nicht wieder angezogen. Er konnte nicht verhindern, kurz zu grinsen und in Richtung Bettrand zu rutschen. „Und was sollte das jetzt?“ Shouta öffnete und schloss seinen Mund, ohne etwas zu sagen, starrte Kakuzu einfach weiter mit roten Wangen an. „Warum bist du nackt?“ Kakuzu sah an dem Körper des Diebes herunter. Dieser schnaubte nur, packte sich die Decke und legte sie über seine Hüfte. „Glotz' nicht so.“Zum ersten Mal, seit dem er Shouta kennen gelernt hatte, klang seine Stimme kleinlaut und bei weitem nicht so selbstsicher wie sonst. Amüsant... „Beantworte meine Fragen.“ Das tat Shouta jedoch nicht. Er schien sich dazu entschieden zu haben, wie ein trotziges Kind zu schweigen. Das war fast noch amüsanter. Noch wussten sie nicht, dass die Stadt brannte. (http://www.fanfiktion.de/s/52b6d6b00001d78c3a05ff8d/19/Nur-wer-frei-ist-ist-ein-Koenig) Kapitel 20: Narben (zensiert) ----------------------------- Ōrora und seine Einwohner waren seltsam und diejenigen, die im Rattenspuck ein und aus gingen, gehören erst recht dazu. Shouta eingeschlossen. Doch musste Kakuzu zugeben, dass der Junge im Gegensatz zu den meisten Gestalten hier normal erschien. Zumindest normaler. Er stank nicht oder sah mehr lebendig, denn tot aus. Und das ewige Geplapper war eher zu ertragen als das Grölen der Betrunkenen. Und solange man wusste wie, konnte man den Jungen auch ganz gut zum Schweigen bringen. Und jetzt, wo er ihnen noch ein neues Zimmer besorgt hatte, hatten sie sogar mehr Platz, Shouta musste also nicht über das gesamte Bett klettern, um sich hineinzulegen. Außerdem – und das war wirklich das Beste an diesem Tag – war der Dieb seit dem Morgen nicht hier gewesen. Auch nach der vorherigen Nacht war es seltsam, direkt neben ihm zu schlafen. Neben irgendeinem Menschen. Tatsächlich konnte sich Kakuzu nicht mal an das letzte Mal erinnern, bei dem er neben jemand anderem geschlafen hatte, es war schon einige Jahre her. Schließlich kam man als Nukenin nicht oft dazu. Allerdings konnte Kakuzu nicht sagen, dass es angenehm war. Es war seltsam, aber Shouta verhielt sich ruhig und weckte ihn nicht auf oder machte etwas, was ihn störte, das Geplapper nicht ausgeschlossen. Das war immerhin gut zu ignorieren. Doch änderte das nichts daran, dass seine Laune sich deutlich verschlechterte, als der Dieb ihm die Nachricht über den Kristall brachte. Und noch schlimmer wurden die Dinge, die er von sich gab, als sie zusammen mit Hidan in diesem verdammten Hinterzimmer saßen. Glücklicherweise ging der Dieb nicht weiter darauf ein, als er ihm einen passenden Blick zuwarf. Zumindest so lange wie Hidan dabei war, kaum war dieser weg, änderte sich das wieder. „Manchmal würdest du mich gerne umbringen, oder?“ Shouta schien seine Sprache und seinen Mut (oder war es Dummheit?) wiedergefunden zu haben. Er grinste zwar, wirkte aber ansonsten ernst. „Und ich kann mich wohl glücklich schätzen, zu leben.“ Kakuzu nickte. „Ja. Bis auf Hidan habe ich jeden meiner Teampartner umgebracht..“Er ließ die Aussage im Raum stehen, beobachtete die Reaktion des Jungens, die weniger offensichtlich ausfiel als erwartet. Seine linke Augenbraue zuckte nach oben und in den Augen war etwas zu sehen, was Kakuzu nicht deuten konnte. „Und wieso erzählst du mir das?“ Die Arroganz aus der Stimme des Diebes war verschwunden, stattdessen wirkte er interessiert... Komischer Junge. „Ich habe mein Gründe dafür.“ Und die würde er ihm garantiert nicht preisgeben, es war seine Sache, wen er vorwarnte und wen nicht. Bei den meisten Menschen machte er sich nicht einmal Mühe, sie vorzuwarnen, weil es weder Sinn noch Nutzen hatte. Dem ein oder anderen Teampartner hatte er eine Chance gegeben, weil sie talentiert gewirkt hatten und von Hidans Talent war er erst überzeugt gewesen, als er mit abgeschlagenen Kopf weitergesprochen hatte. „Weil wir ficken?“ Auch, wenn er damit hätte rechnen müssen, kam diese Aussage unerwartet für Kakuzu. Der Junge schien es einfach nicht verstehen zu wollen oder überhaupt zu können. Er stand also wortlos aus und ließ einen überraschten Shouta zurück.... und wurde verfolgt. Denn natürlich blieb der Dieb nicht sitzen sondern folgte ihm in das Zimmer. „Was lässt du mich alleine?“,fragte Shouta. Das Grinsen. Dieses verdammte Grinsen!  Kakuzus Arm war schon angespannt, bereit, dem Jungen ein weiteres Mal die Nase zu brechen. Doch dazu kam es nicht. Stattdessen umgriff er Shoutas Oberarm, zog sich selbst die Maske herunter und küsste ihn. Der Dieb wehrte sich erst gegen den Griff, legte eine Hand auf Kakuzus, erwiderte den Kuss jedoch dann. Der Kuss intensivierte sich, allerdings vergrub Shouta nun seine Fingernägel in Kakuzus Hand und öffnete die Finger mit erstaunlichem Kraftaufwand. Sie lösten sich und starrten sich an. „Was soll der Scheiß?“ Shouta rieb sich den Arm, wirkte ansonsten aber nicht sonderlich beeindruckt, vielmehr verwirrt. Kakuzu schwieg einen Moment. „Du solltest lernen, deinen Mund zu halten.“ Shoutas Mundwinkel zuckten. „Das sagtest du bereits.“ „Und du hast es immer noch nicht gelernt.“ „Weißt du, ich glaube,das Gesprächen führen wir nicht zum letzten Mal.“ Shouta zog eine Augenbraue hoch. „Aber vorher hätte ich gerne geklärt, was das sollte. Das hat wehgetan.“ Der Kuss irritierte ihn anscheinend gar nicht. „Sei froh, dass ich dir nicht die Nase gebrochen habe.“ „Du hattest es vor?“ „Ja.“ „Oh.“ „Ich habe es noch vor.“ Hatte er eigentlich nicht, aber er wollte sehen, wie Shouta reagierte. Er konnte ihn leider nicht töten und das Schlagen schien nichts zu nützen – zumal er ihn leider bei voller Gesundheit brauchte – also wählte er den Weg, mit dem er die Aggressionen gegen diesen nervigen Dieb am besten los wurde. Schon wieder zuckten dessen Mundwinkel, er schien etwas sagen zu wollen, es sich dann anders zu überlegen. „Oh.“ Statt zu antworten, zog sich Kakuzu die Maske komplett vom Kopf, schmiss sie auf einen Tisch und gab Shouta einen kleinen Stoß. Dieser stolperte einige Schritt zurück und stieß mit den Kniekehlen gegen das Bett, grinste aber plötzlich und ließ sich auf die Matratze fallen, rutschte ein Stück zurück. Einen Moment später kniete Kakuzu schon über ihn, drückte ihn aufs Bett und küsste ihn. Augenblicklich spürte er, wie Shouta die Beine um seinen Körper schlang und die Hände in Kakuzus Haaren vergrub, von dort aus langsam über den Rücken strichen. Shouta schien schon ganz vergessen zu haben, was Kakuzu gerade angedroht hatte – oder hoffte, dass er es tat. Und dieses Vorhaben war auf dem besten Weg erfüllt zu werden. Der Kuss wurde intensiver, stürmischer und löste sich abrupt. Shoutas Lippen waren einen Spalt breit geöffnet, glänzten leicht. Er schien etwas sagen zu wollen, bevor das geschah, zog Kakuzu ihm ruppig das Oberteil aus und schmiss es achtlos zur Seite. Er betrachtete ihn kurz, biss ihm gleich darauf in den Hals. Einmal, zweimal. Dann wartete er ab, atmete gegen die nun feuchte Haut und biss noch einmal zu. Dieses Mal keuchte Shouta auf und Kakuzu presste seinen Unterleib gegen seinen, bewegte sich leicht. Er musste selbst ein Stöhnen unterdrücken, als Shouta die Bewegung erwiderte, die Beine noch enger an seinen Körper drückte und den Kopf in den Nacken legte. Gleichzeitig wurde an seinem Oberteil gezogen, irgendwie von seinem Körper gezerrt und neben Shoutas geschmissen. Kakuzu biss ein weiteres Mal zu, nun in die Halsbeuge und begann sich weiter nach unten zu arbeiten, biss immer wieder in Shoutas Haut, die von der Kälte rau war. Nun hörte er ein unterdrücktes Stöhnen und fuhr mit einer Hand über Shoutas Seite, über die kleine Narbe, die er schon einmal gespürt hatte. Dort ließ er sie vorerst ruhen, hielt ihn fest und drückte ihn dabei weiter auf das Bett. Er spürte, wie sich der Körper unter ihm an ihn drückte, grinste dann sogar, als Shouta seine Hand packte und weiter nach unten drückte. Kakuzu rückte ein Stück nach unten, zwackte in Shoutas Haut, knapp unter dem Bauchnabel und leckte über die Stelle, bevor er begann, ihm die Hose auszuziehen, gleich darauf sich selbst. Shouta richtete sich halb auf, musterte ihn dabei mit einem Blick, der Kakuzu wahnsinniger machte, als er je zugeben würde. „Und ich hab schon mit einem Blowjob gerechnet“, murmelte er grinsend. „Vergiss es.“ Shouta lachte leise auf. „Und wenn ich die nächste Zeit ganz brav bin?“ Er legte den Kopf leicht schief. Kakuzu warf seine Hose beiseite. „Dann überlege ich es mir vielleicht noch.“ Er beugte sich herunter, stützte sich neben Shouta ab und ließ sich von ihm auf den Rücken drehen. Er stöhnte auf, als sich Shoutas Körper gegen seinen drückte und zog ihn sogar noch weiter an sich heran, als er ihm in den Hals biss. Es fühlte sich gut an, verdammt gut sogar und an Shoutas Atem erkannte er, dass es ihm nicht anders dabei ging. Shouta fuhr die Narben an Kakuzus Körper nach – er spannte die Muskeln noch weiter an – und zog schließlich an den Fäden mit den Zähnen, biss gleich darauf wieder zu. Scheiße, fühlte sich das gut an! Er war dort nicht zwingend empfindlicher als an anderen Körperstellen, in den Fäden selbst hatte er nicht einmal ein Gefühl, doch spürte er die Berührungen intensiver an der umherliegenden Haut und Shouta bemerkte das, blieb immer irgendwie an den Narben und sei es nur mit der Zunge oder den Lippen. Ihre Körper pressten sich aneinander, rieben sich und die Bisse wurden fester. Teilweise schon fast schmerzhaft, aber auf eine gute Weise. Irgendwann richtete sich Shouta wieder auf, sah schwer atmend auf Kakuzu herunter und wurde gleich darauf von dessen Oberkörper befördert. Er schien nicht sonderlich überrascht, im Gegenteil, er grinste und stützte sich auf die Ellenbogen und deutete mit den Kopf auf den Nachttisch. „Ich nehme an, du willst wieder.“ Kakuzu nickte, beugte sich zur der Schublade und holte Gleitcreme und Kondome heraus, die er jedoch erstmal auf das Bett schmiss. Er griff nach Shoutas Hüfte, packte ihn recht fest an und drehte ihn um... Er stützte sich neben Shouta, der noch auf allen Vieren auf dem Bett saß, ab, bekam seinen Atem langsam unter Kontrolle und ignorierte, dass er die Bettdecke beschmutzte. Viel dreckiger konnte sie hier sowieso nicht werden. Leise keuchend hob er seinen Arm um Shouta Platz zu geben, sich zur Seite zu legen. Dieser ließ sich darauf einfach auf das Bett fallen, blieb jedoch mittig liegen. Für einen Moment betrachtete Kakuzu Shoutas entblößten Rücken, der sich deutlich hob und senkte und gab ihn einen leichten Klaps auf den Hintern, als er sich immer noch bewegen schien wollte. „Beweg' dich.“ Shouta gab einen genervten – und wenn sich Kakuzu nicht irrte auch einen leicht erregten – Laut von sich, robbte sich aber ungalant auf seine Seite. „Und deswegen musst du mich schlagen?“ „Schlagen?“, wiederholte Kakuzu und zog eine Augenbaue hoch. Shouta wandte seinen Kopf zu ihm, die Haare fielen ihm dabei über die Augen. „Ja, schlagen.“ Er grinste. „Aha.“ Er stand auf und hatte nicht vor, weiter darauf einzugehen. „Ich gehe ins Bad.“ Später, nachdem Shouta ebenfalls im Bad gewesen war und nur mit einem Handtuch bekleidet zurückgekommen war, schlief Kakuzu. Doch diese Nacht war es ihm nicht vergönnt, durchzuschlafen. Wahrscheinlich war nicht viel Zeit vergangen, als er spürte, wie ihn etwas im Gesicht, dann auf der Brust berührte. Moment mal! Das war an seine Narben, also... Kakuzu schlug die Augen auf und sah direkt in Shoutas. „Was soll das?“ Kakuzus Stimme war ein einziges Grollen und Shouta wich ein wenig zurück. „A-also“, fing er stotternd an und selbst in der Dunkelheit konnte Kakuzu erkennen, dass seine Wangen gerötet waren. Unter anderen Umständen hätte ihn das amüsiert, jetzt wollte er nur wissen, warum der Dieb mitten in der Nacht seine Narben betatschte. „Ich warte.“ „Na ja... ich habe nicht nachgedacht.“ Der Junge kratzte sich am Hinterkopf, grinste nervös. „Das ist etwas ganz Neues...“ Kakuzu richtete sich ein wenig auf, gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie Shouta weiter zurückweichen wollte, dabei ins Leere griff und vom Bett fiel. Und das nackt. Er hatte sich also nicht wieder angezogen. Er konnte nicht verhindern, kurz zu grinsen und in Richtung Bettrand zu rutschen. „Und was sollte das jetzt?“ Shouta öffnete und schloss seinen Mund, ohne etwas zu sagen, starrte Kakuzu einfach weiter mit roten Wangen an. „Warum bist du nackt?“ Kakuzu sah an dem Körper des Diebes herunter. Dieser schnaubte nur, packte sich die Decke und legte sie über seine Hüfte. „Glotz' nicht so.“Zum ersten Mal, seit dem er Shouta kennen gelernt hatte, klang seine Stimme kleinlaut und bei weitem nicht so selbstsicher wie sonst. Amüsant... „Beantworte meine Fragen.“ Das tat Shouta jedoch nicht. Er schien sich dazu entschieden zu haben, wie ein trotziges Kind zu schweigen. Das war fast noch amüsanter. Noch wussten sie nicht, dass die Stadt brannte. Kapitel 21: Die Stadt in Flammen -------------------------------- Shouta fand keinen genauen Grund, wieso er aufwachte. Vielleicht hatte es einen gegeben, aber war zu schnell vergessen. Er lag nahe an Kakuzu. Verdammt nahe. Sie berührten sich nicht, doch Shouta konnte schon die Wärme des anderen Mannes spüren. In Ordnung, das war nicht geplant gewesen. Er begann vorsichtig zurückzurutschen und richtete sich auf.  Kakuzu lag auf dem Rücken, eine Hand unter dem Kissen die andere lag neben ihm und die Decke war ein gutes Stück heruntergerutscht, gab einen interessanten Blick auf die Brust preis. Und auf die Narben. Kakuzus Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. Beinahe sah er friedlich aus, entspannt. Einige Sekunden – Shouta war sich jedenfalls sicher, dass es Sekunden waren – betrachtete er ihn einfach, wandte aber schließlich seinen Blick auf die Narben. Er hatte sie schon einmal angefasst, jedes Mal, wenn sie Sex hatten, aber das änderte nichts daran, dass er sie faszinierend fand. Mittlerweile konnte Shouta einschätzen, wie die Fäden reagierten und wie es mit den Narben zusammenhing. Gut, er wusste nicht, was für ein Jutsu damit zusammenhing und wie es im Genauen funktionierte, aber das würde er noch herausfinden. Und vielleicht war das hier die perfekte Gelegenheit dazu, wenn er sie abtaste … außerdem wollte er sie einfach wieder berühren, es fühlte sich schön an. Shouta dachte nicht weiter nach, streckte seine Hand aus und strich vorsichtig über Kakuzus Narben an der Wange. Er ertastete die einzelnen Unebenheiten zwischen Fäden und Haut und fuhr bis zu Kakuzus Haaren. Langsam zog er die Hand zurück. Kakuzu schlief weiter und Shouta wurde von einer Welle noch größerem Übermuts gepackt. Seiner Fingerspitzen streichelten über die Narben, erst erneut an den Wangen, dann den Hals herunter bis zur Brust. Dann schlug Kakuzu seine Augen auf und Shouta spürte, wie seine Ohren und Wangen schlagartig rot anliefen. „Was soll das?“ Seine Stimme erinnerte Shouta an das Grollen eines Donners. „A-also...“ Zwar fing Shouta an zu reden, aber er hatte keine Ahnung, was er überhaupt sagen sollte. „Ich warte.“ Das machte es nicht besser. Es war verdammt peinlich und Shouta wollte gar nicht wissen, was Kakuzu nun dachte. „Na ja... ich habe nicht nachgedacht.“ Er kratzte sich am Hinterkopf, grinste nervös. Vielleicht würde Kakuzu nicht weiter nachfragen, wenn er sich Zeit genug ließ. „Das ist etwas ganz Neues...“Jetzt richtete er sich auch noch auf! Shouta unterdrückte einen Fluch, wollte zurückrutschen und machte die Situation noch peinlicher. Statt weiter auf dem Bett zu bleiben, rutschte er ein Stück zurück, wollte sich abstützen und erwischte nur Luft – er fiel vom Bett. Dabei hatte er nicht mal mehr die Zeit sich irgendwie abzufangen, sondern landete mit Rücken und Hinterkopf auf dem Steinboden. „Und was sollte das jetzt?“ Kakuzu blickte ihn von der Bettkante aus an. Shouta wollte etwas erwidern, öffnete seinen Mund vergeblich. Stattdessen kam eine weitere Frage Kakuzus: „Warum bist du nackt?“ Oh... Stimmt. Shouta schnaubte, griff nach der Decke und zog sie sich hastig über die Beine. „Glotz' nicht so.“ Nur, weil Kakuzu ihn schon nackt gesehen hatte, hieß das noch lange nicht, dass er das grundsätzlich durfte. Oder sollte. Schon gar nicht jetzt. „Beantworte meine Fragen.“ Shouta starrte Kakuzu an, schwieg einfach. Ihm war durchaus bewusst, dass er gerade wie ein trotziges Kind wirken musste und es nicht besser machte, mit glühenden Ohren zu schweigen, aber was sollte er tun? Er war sprachlos. Vollkommen sprachlos. „Ich warte.“ „Darf ich wenigstens wieder ins Bett?“ Für einen Moment zuckten Kakuzus Mundwinkel, aber er begab sich auf seine Hälfte zurück. „Und ich dachte, du magst den Boden.“ Shouta ging gar nicht darauf ein, sondern setzte sich wieder ins Bett, achtete darauf, möglichst weit weg von Kakuzu zu sitzen (und nicht wieder herauszufallen). „Ich hab sie anfassen wollen“, murmelte er und sah ihm dabei direkt in die Augen. Das war weniger peinlich als wie ein Schuljunge zur Seite zu blicken. Er ahnte, dass sich Kakuzu nicht damit zufrieden geben würde und so kam es: „Wieso?“ „Na ja... I-ich wollte es eben.“ So genau konnte er das selbst nicht erklären, es hatte sich gut angefühlt und deswegen hatte er es gemacht, dass das keine normale Reaktion war, wusste er auch. „Und das tust du nackt.“ Er musterte ihn wieder, doch Shouta sah es nicht ein, die Decke noch höher zu ziehen, sie bedeckte seine Beine und Hüfte. Den nackten Oberkörper konnte man sehen, das war kein Problem oder wäre es nicht, wäre Kakuzu nicht so eindeutig belustigt. Er schnaubte erneut. „Ja. Problem damit?“ Kakuzu kam nicht dazu, zu antworten. Ein Schrei durchriss die Nacht. Laut, gellend und voller Schmerzen. Froh, abgelenkt zu sein, sah Shouta zum Fenster. „Das kam von draußen“, murmelte er und runzelte die Stirn. „Treffend erkannt.“ Kakuzu schien sich auf das Bett zurücklegen zu wollen, als aus dem Gastraum unten aufgeregte Stimmen zu hören waren. „Hat man denn hier nie seine Ruhe?“, knurrte er und starrte dabei Shouta an, als hätte er dafür gesorgt, dass sich mitten in der Nacht die Leute im Rattenspuck versammelten und rumkrakeelten. „Dafür kann ich nichts“, Shouta fuhr sich durchs Haar, „klingt nach 'ner ernsten Sache.“ „Es brennt.“ Shouta brauchte einige Momente, um Kakuzus Aussage verstehen zu können. „Was?“ Er blickte wieder aus dem Fenster und jetzt erkannte er den rötlichen Schein, der sich an den hellen Stein der Häuser abzeichnete. Was zum? Er schlug die Decke beiseite, eilte zu seiner Kleidung und zog sie sich über.  „Ich gehe nachsehen, was los ist.“ Er wusste nicht, wie weit das Feuer ausgebreitet war. Über die Schulter hinweg sah er zu Kakuzu, der sich ebenfalls anzog. Allerdings ohne ein Wort zu sagen, was Shouta recht war. Er konnte vorübergehend darauf verzichten, mit Kakuzu zu sprechen. Er wusste, dass es moralisch verwerflich war, aber in diesem Moment war Shouta froh, dass die Stadt brannte. Das lenkte ihn von der Peinlichkeit ab. Er zog sich das Oberteil hoch, während er zur Tür lief und trat hinaus, ohne Kakuzu noch einmal anzusehen, dass er ihm folgte, würde er merken. Der Gastraum war fast leer, als sie eintraten, doch stand die Tür offen und man konnte den Geruch von Feuer wahrnehmen. Nur noch Ochi stand dort hinter dem Tresen. Seine Haare standen ab, die Kleidung war unordentlich angezogen. Der Blick war starr zu geöffneten Tür gerichtet. „Was ist los?“, fragte Shouta sofort. „Keine Ahnung. Brennt.“ Shouta verdrehte die Augen. „Stell dir vor, das haben wir ebenfalls bemerkt. Ich wollte wissen, wieso es brennt.“ Doch wartete er nicht auf eine Antwort. Ochi schien betrunken zu sein, da war es sinnlos, mehr aus ihm herausbekommen zu wollen. Nicht, dass Shouta mit etwas anderem gerechnet hatte, immerhin floss jier jede Nacht eine riesige Menge an Alkohol. Kakuzu lief direkt an ihm vorbei, raus in die rotglühende Nacht und Shouta, der noch einen Blick auf Ochi warf, folgte ihm. Er sah sich kurz nach Hidan um, doch er war nicht zu sehen. Wahrscheinlich schlief er nicht mehr, wenn er überhaupt geschlafen hatte. Mittlerweile war es auf den Straßen laut geworden, das Feuer war von der halben Stadt entdeckt worden. Irgendwo ertönten Geräusche eines Kampfes und hektische Schritte. Gleich darauf sah er in zwei bekannte Gesichter. „Keine Sorge, sind auf meiner Seite“, sagte Shouta schnell zu Kakuzu. „Weitere Diebe.“ Er kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er schnell tötete. „Aha.“ Kakuzu musterte die beiden. Eine junge Frau und ein Mann, der im selben Alter war – Azarni und Masayuki. Sie sahen sich ähnlich, helle Haut, blonde Locken und die dunkle Kleidung, die viele Diebe trugen. Tatsächlich könnte man auf den ersten Blick meinen, sie wären Geschwister, aber Shouta kannte die Unterschiede. Angefangen bei der Augenfarbe – sie hatte grüne, er blaue – herüber zu den Gesichtszügen, die sich viel zu deutlich unterschieden, waren das alleine genügend Zeichen, aus welcher Art von Familie beide stammten. „Was macht ihr hier? Ich dachte, ihr wärt beide in Pōto.“ Masayuki schritt auf ihn zu. „Was für eine freudige Begrüßung.“ Er lächelte ein Lächeln, das sein ganzes Gesicht auszufüllen schien. Shouta hatte sich schon immer gefragt, wie er das anstellte. „Wir sind auch sehr erfreut, dich zu sehen.“ Shouta verdrehte die Augen. „Das nächste Mal rolle ich dir einen Teppich aus, jetzt beantworte meine Frage.“ „Du weißt, wie du Menschen glücklich machst.“ Ein süffisantes Lachen folgte. „Wir sind hier auf Anraten des Zirkels.“ Sein Blick ging zu Kakuzu. „Einer deiner Begleiter?“ „Ja. Wisst ihr, was los ist?“ Es kam ihm seltsam vor, einen kleinen Plausch zu halten während um ihn herum Chaos ausgebrochen war, aber er wusste, dass Drängeln bei Masayuki keinen Sinn hatte. Er bekam so oder so nur ein „Ja“ von diesem zurück, doch bevor Shouta etwas sagen konnte, tat es Kakuzu mit grollender, gefährlicher Stimme: „Dann sag es.“ Masayuki zog beide Augenbrauen hoch und stoppte in seiner Begegnung. „Ihr wisst von dem Jungen und dem Mädchen, die gestorben sind?“ Er wartete keine Antwort ab, wahrscheinlich hatte Ochi oder sonst wer davon berichtet. Unter Dieben blieben solche Dinge nicht geheim, gerade, wenn Kinder – oder jede Person, die wichtig genug war – starben, verbreitete sich diese Kunde mit erstaunlicher Geschwindigkeit. „Freunde von ihnen meinten sich rächen zu können. Sie haben sich mit den Stadtwachen angelegt und mit Katon-Jutsus um sich geschlagen. Scheint, als hätte ein Baugerüst in Brand geraten.“ „Und deswegen brennt alles?“ Shouta sah zweifelnd zum Feuer. Azarni, die sich an Masayuki vorbei drängte und an Kakuzu und Shouta vorbeilief, direkt in die Richtung des Feuers, schüttelte ihren Kopf. „Genau wissen wir es nicht, vielleicht wollen sie sich an der gesamten Stadt rächen, vielleicht wurde noch nichts gelöscht, um die Gerüchte über uns weiter anzuheizen.“ Sie drehte sich um, runzelte kurz die Stirn über das unabsichtliche Wortspiel. „Wo wolltet ihr hin?“ „Wir hatten kein genaues Ziel“, sagte Shouta, „wollten nur wissen, was los ist.“ Azarnis Mundwinkel hoben sich ein Stück. „Das trifft sich-“ Plötzlich wirbelte sie herum und sprang zur Seite. Gerade noch rechtzeitig, Shouta sah noch, wie ihre blonden Locken zurückgerissen wurden und etwas – vermutlich ein Kunai – direkt an ihrer Wange vorbeischoss. Ihre Hände schossen zueinander, formten ein Fingerzeichen und ein Felsbrocken wurde in die Richtung des Angriffs geschmettert. Sofort aktivierte Shouta sein Kekkei Genkai, griff nach Bogen und Pfeilen und ließ sie Sehne sofort los, nachdem er das Ziel anvisiert hatte. Sekunden später war der Angreifer, ein Soldat, tot. „Idiot“, sagte Masayuki und setzte zu einem weiteren Satz an, wurde jedoch ruppig von Kakuzu unterbrochen. „Halt den Mund. Da kommen noch mehr.“ Shouta war sich ziemlich sicher, dass Kakuzu nichts daran lag, jemanden zu retten, sondern lediglich wollte, dass Ruhe herrschte und sich nicht weiter in die Situation einmischen wollte. Er hatte sowieso viel mehr mit den Dieben und Ōrora zu tun als geplant.  Dennoch vermutete er, dass Kakuzu mitkämpfen würde, er kannte ihn nun gut genug um zu wissen, dass es ihm sonst zu langsam gehen würde. Shouta steckte seinen Bogen zurück, formte passende Fingerzeichen, verschwand in den Schatten und zog einen kleineren Dolch. Die klügste Entscheidung, die er in diesem Moment treffen konnte. Er legte sich nicht gerne mit Rittern an, nicht einmal, wenn es nur zwei waren – zusätzlich zu den Soldaten. Ohne Vorbereitung würde er niemals eine offene Konfrontation eingehen.  Beide trugen zwar dünne und leichte Rüstungen, die dafür den gesamten Körper bedeckten und auch für die Augen nur einen Schlitz freiließen. Ein Raiton-Jutsu schoss direkt an ihm vorbei, dort, wo Shouta verschwunden war. Er beschleunigte seine Schritte, sprang in einen weiteren Schlupfwinkel und analysierte mit aktiviertem Takaragan die Rüstungen.  Und grinste. Noch bevor sie in die Nähe der anderen kamen, sprintete Shouta aus seiner Deckung hervor, beugte sich herunter und durchschnitt dem hinteren Ritter die Achillessehne. Ein kleiner Spalt, gerade breit genug für die dünne Scheide es Dolches. Der Ritter sackte sofort auf das Knie und Shouta wollte noch triumphieren. Viel schneller als erwartete wirbelte der Ritter herum, ein Schwert in der Hand. Die Klinge riss den Mantel auf, schnitt über Haut und Fleisch. Shouta fluchte, sprang zurück, rollte sich über den Rücken ab und wich einem erneuten Angriff aus. Er formte die Fingerzeichen für ein Tarnjutsu, hatte allerdings nicht vor, länger versteckt zu bleiben. Er wollte sichergehen, nicht noch häufiger getroffen zu werden. Er hasste es, wenn Ritter schnell waren. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, sein Kekkei Genkai sei dank, wie Azarni einen Soldaten niederschlug und ebenfalls in der Dunkelheit verschwand. Kakuzu hatte den zweiten Ritter schon erledigt, es wunderte Shouta kaum. Masayuki hatte sein Schwert gezogen und wehrte ein paar Angriffe ab, bevor er ein spektakuläres Katon-Jutsu die Nacht in einen noch helleren Schein tauchte. Leider ließ das die Schatten kleiner werden. Shouta stieß einen Fluch aus, wirkte dann selbst ein Jutsu, ein plötzlich auftauchender Wind, auf den Ritter. Er wurde zurückgerissen, schien Schmerzen zu haben und Shouta nutzte seine Chance, um auf ihn loszustürmen. Die nächste Schwachstelle hat er er am Hals entdeckt. Doch wieder kam ihm der Ritter zuvor, er trat nach Shouta, erwischte ihn mit einem Tritt am Bein. Er stand. Dieser verdammte Kerl stand noch, wenn auch unsicher und Shouta war gegen die nächste Hauswand gestoßen worden. Dem nächsten Angriff, einen Schwertschlag, konnte er ausweichen, wieder in seine Sicherheit – das Dunkle – verschwinden und einen Pfeil ziehen. Wenn er ihn von vorne erwischen konnte, würde er ihm vielleicht durch ein Auge schießen können. Nicht, dass es einfach war, aber nicht unmöglich. Shouta würde nicht dazu kommen, ihn zu töten. Kapitel 22: Von Kämpfen und Rittern ----------------------------------- Kakuzu durchschlug die Brust des Ritters mit Leichtigkeit und zog seine Hand mit einem Ruck zurück. Metall und Knochen knirschten, während ein letzter Schwall Blut folgte. Er sah der fallenden Leiche nicht hinterher, sondern sondierte seine Umgebung. Die junge Frau war verschwunden – wahrscheinlich so, wie es Shouta oft genug machte, während der Mann mit einem Schwert kämpfte. Nicht interessant, aber sie hielten die Soldaten fern und Kakuzu musste nicht unnötig Zeit verschwenden. Leider konnte er das nicht von Shouta behaupten. Mit einem Tritt wurde dieser gegen die nächste Wand befördert und konnte sich mit einem Futon-Jutsu retten. Für kurze Zeit beobachtete er die Misere, entschloss sich aber schnell dazu, einzugreifen. Er formte einige Fingerzeichen, auf die hin Steinspeere aus dem Boden schossen und die Rüstung einfach durchbohrten. „Was kannst du eigentlich?“ Sein Blick war spöttisch, als der Junge aus den Schatten trat und den Pfeil, den er gezogen hatte, zurück in den Köcher stopfte. „Ich hätte ihn noch erledigt.“ Kakuzu konnte es nicht sehen, aber er war sich sicher, dass seine Ohren rot waren. „Hättest du?“ Darauf bekam er keine Antwort und musste Shouta, der zu den anderen beiden Dieben lief, hinterhersehen. Er hatte wenig Lust, sich an dem Gespräch zu beteiligen, folgte aber, um mitzubekommen, was die Diebe nun besprachen. „Was sollte das?“ Shoutas Stimme klang genervt, aggressiver, als sonst, war aber noch weit vom Brüllen entfernt. „Du weißt, dass deine Jutsus scheiße sind. Was sollte das?“  Er ging weiter auf Masayuki, der deutlich größer als er war – es war gut ein Kopf Unterschied – zu. „Ist doch alles gut verlaufen“, sagte Masayuki gelassen, „du wurdest gerettet.“ Shouta schnaubte. „Ich wurde nicht gerettet und du hast dafür gesorgt, dass ich den Schatten nicht mehr nutzen konnte.“ Masayuki streckte die Hand aus, um Shoutas Kopf zu tätscheln, doch schlug dieser sie genervt bei Seite. „Lass das.“ „Jetzt spiel' doch nicht beleidigt.“ Bevor Shouta antworten konnte, warf Azarni, deren Locken vom Blut rot gefärbt waren, etwas ein: „Könnt ihr das bitte wenigstens einmal sein lassen?“ Sie machte eine scharfe Handbewegung und trat zwischen die beiden und Kakuzu bereute es, dass er sich das alles mitanhören musste. Die Streitereien zwischen zwei Jungen interessierten ihn nicht. Er wandte sich von ihnen ab, ging von ihnen weg, blieb aber noch in Hörweite. „Ist ja gut.“ Shouta seufzte leise. Es breitete sich ein kurzes Schweigen aus und Kakuzu konnte sich seinen Gesichtsausdruck vorstellen, mittlerweile kannte er ihn gut genug. Shouta verzog das Gesicht mit Sicherheit, guckte genervt und höhnisch, aber dieser Ausdruck verschwand kaum aus seinem Gesicht. „Ich frage mich, wieso sie uns einfach so angegriffen haben, ganz ohne Vorwarnung.“ Kakuzu drehte sich wieder zu ihnen um, sah, wie Azarni ihre Augenbrauen zusammenkniff. „Sie könnten die Waffen gesehen haben, das reicht als Grund.“ „Das wird es wohl gewesen sein“, murmelte Shouta und fuhr sich durch die Haare. „Oder unsere Kleidung.“ „Dann hätten sie auf Verdacht gekämpft.“ Masayuki, der gerade sein Schwert vom Blut reinigte, sah kurz auf. „Nicht, dass das verwunderlich wäre.“ „Kommt zum Punkt.“ Kakuzu hatte keine Lust weiter darüber zu reden oder dabei zuzuhören, wie andere es taten. Während sich Masayuki und Azarni anstarrten, sehr verwirrt, reagierte Shouta äußerlich nicht. „Wir wissen es nicht“, war seine schlichte Antwort. Kakuzu antwortete daraufhin nicht. An einem anderen Ort, abseits des Feuers und in einer Seitengasse, lag Hidan aufgespießt auf dem Boden. Vor ihm einer der Ritter, tot. Es war verhältnismäßig schwer gewesen, an das Blut heranzukommen. Die Rüstungen waren stark und es brauchte viel mehr Kraft, um mit der Sense die Haut zu erreichen. Es war nicht unmöglich, das auf keinen Fall, aber der Stoff der Ninjaausrüstung war viel schneller durchgeschnitten, wenn das überhaupt nötig war. Es war interessant, gegen die Ritter zu kämpfen, anders. Es war nicht schwieriger, nicht direkt zumindest, denn die Rüstungen hatten Nachteile – die meisten, die er bisher gesehen hatte, auch, wenn es nicht sehr viele waren, schränkten die Bewegungen ein – aber es war eine neue Art zu kämpfen und er spürte, dass Jashin damit zufrieden war. Schlussendlich zählte nur das für Hidan. Er schloss die Augen, um zu beten. Nach dreißig Minuten, als das Ritual vollendet war und er sich den Schmutz vom Mantel geklopft und die Sense auf seinem Rücken befestigt hatte, lief Hidan in aller Ruhe weiter durch die verrußten Gassen. Die Feuer waren gelöscht und er hörte noch vereinzelte Kampfgeräusche, die jedoch stetig näher kamen. Interessant. Er lief einfach weiter und blieb erst stehen, als er die Kämpfenden sah. Oder zumindest ihre letzten Atemzüge. Ein Mann, vermutlich ein Soldat taumelte auf die Straße, ein Pfeil im Hals. Gleich darauf folgte Shouta, der einen tiefen Kratzer an der Seite trug, ansonsten aber unverletzt schien. Er warf einen Blick über die Schulter, Hidan vermutete, dass er zu Kakuzu sah, und sagte etwas, was er von hier aus nicht verstand. „Ihr habt also auch gekämpft“, stellte er fest. Shouta sah ihn an, nickte. „Ja.“ „Kämpfen konnte man das nicht nennen.“ Kakuzu klang genervter als er sonst tat – das war eine beachtliche Leistung – und Hidan erkannte schnell, wieso: sie waren nicht alleine, es waren zwei weitere Personen dabei, vermutlich ebenfalls Diebe. „Müsst ihr jetzt alle darauf herumreiten?“ Shouta befestigte den Bogen auf seinem Rücken, schnaubte und wandte sich zum Gehen. Eigentlich wollte Hidan nicht wissen, was vorgefallen war. „Ich gehe zum Rattenspuck zurück.“ Er schwieg, sah dann zu den beiden anderen Dieben und überlegte, ob es einen Sinn hatte, sich vorzustellen. Er entschied sich dagegen, er wusste nicht, wie viel Zeit er mit ihnen verbringen musste und als Mitglied Akatsukis, selbst als unsterbliches, musste man nicht alles von sich Preis geben. Und er wollte sowieso schlafen, sich nicht weiter unterhalten. Diese Nacht hatte er noch kein Auge zugetan. „Du warst opfern.“ Kakuzu blickte nicht zu ihm, lief aber auf gleicher Höhe, also hinter den Dieben. „Ja“, er blickte nicht zur Seite, „weißt du, was los war? Und wieso habt ihr gekämpft?“ Er hatte es tun müssen, allerdings war er davon ausgegangen, dass Kakuzu eher darauf bedacht war, keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Wir wurden angegriffen.“ Hidan nickte. „Verstehe.“ Der Morgen kam zu früh. Grelle Sonnenstrahlen fielen durch die Vorhänge, die nicht vollständig zugezogen waren. Aus dem Gastraum ertönte Stimmengewirr. Kakuzu hasste es. Das Licht fiel ihm direkt in die Augen und er musste mehrere Male blinzeln, um überhaupt etwas sehen zu können. Shouta lag direkt vor ihm, ohne Oberteil – oder wieder komplett nackt, das konnte er gerade nicht sehen – und hatte die Muskeln angespannt, schlief jedoch. Großartig. Er hatte gehofft sich nicht bewegen zu müssen, aber das konnte er nun vergessen. Er streckte seinen Arm aus, löste seine Hand und zog die Vorhänge zu. Als er die Hand zurückholte, zuckte der Junge plötzlich zusammen, schlug die Augen auf und sah ihn direkt an. Einen Moment erschrocken, dann verwirrt. „Was is' los?“ „Ich habe die Vorhänge zugemacht.“ Kakuzu wusste nicht, was er von dieser Reaktion halten sollte, sprach für seine Verhältnisse jedoch recht entspannt. „Schlaf weiter oder verhalte dich still.“ Shouta wirkte noch verwirrter. „Okay...“ Er drehte sich um, griff nach der Decke und verschwand unter ihr. Er rollte sich zusammen und Kakuzu schloss seine Augen. Sie konnten noch ein wenig schlafen, es gab keinen Grund aufzustehen. Es war angenehmer als gedacht, sich mit dem Dieb ein Bett zu teilen. Shouta war still, wenn er müde war und es hatte … weitere Vorteile, die er vielleicht später noch ausnutzen würde. Nachdem er weiter geschlafen hatte. Doch daraus schien nichts zu werden. Es klopfte an der Tür. Kakuzu beschloss es einfach zu ignorieren, Shouta ebenso, wenn er nicht schon eingeschlafen war. Es schien erst zu wirken, als erneut geklopft wurde. Nun regte sich Shouta neben ihm, drehte sich auf die Seite und blickte zur Tür. Er sagte nichts, verdrehte genervt die Augen und ließ sich wieder in das Bett fallen. Sie lagen sich recht nahe, berührten sich aber nicht. Der Dieb schloss seine Augen wieder, rollte sich ein Stück zusammen. „Jetzt steht auf.“ Es war Ochis Stimme. Kakuzu wusste, warum er ihn sofort nicht hatte leiden können. „Ich muss mit euch sprechen.“ Shouta gab einen widerwilligen Laut von sich, richtete sich aber auf. „Verdammte Scheiße, was gibt es?“ „Ihr müsst von hier verschwinden.“ Kapitel 23: Von Lumpen und Zelten --------------------------------- Shouta starrte die Tür an, spürte Kakuzus Blick auf seinem Rücken und drehte sich zu ihm um. Er zog eine Augenbraue hoch, gab mit einem Schulterzucken zu verstehen, dass er keine Ahnung hatte, wieso das jetzt passierte. „Warum? Ich habe bezahlt, noch bis morgen.“ Er hörte, wie die Decke zurück geworfen wurde und Kakuzu zu ihm trat. „Das bekommst du wieder, aber ich will, dass ihr in zehn Minuten unten seid.“ Gleich darauf hörte man sich entfernende Schritte. Sie kamen nicht dazu, etwas darauf zu antworten und Shouta, noch verschlafen und ausnahmsweise nicht in der Laune zu sprechen, blickte zu Kakuzu hinauf, zuckte dann mit den Schultern. „Ich gehe duschen, Ochi wird länger warten können.“ Er drehte sich um, lief in das Bad und ließ die Tür einen Spalt offen. Nicht um Kakuzu die Gelegenheit zu geben, hinterher zu kommen, wenn er ehrlich war, wollte er einfach duschen und möglichst wach werden, sondern weil er das oft tat. Zu müde, um sich irgendwelche Gedanken um Ochis Gründe wegen des Rausschmisses zu machen oder überhaupt über irgendetwas nachzudenken. Es war ein Wunder, dass er daran dachte zu warten, bis das Wasser warm wurde. Er hasste es, kalt zu duschen. Gerade morgens. Shouta schloss seine Augen, blieb für einige Momente einfach unter dem warmen Wasser stehen, bevor er nach dem Duschgel griff. Wenn er jetzt Pech hatte war es das erstmal mit duschen, zumindest unter diesen vergleichsweise angenehmen Umständen und Pläne, wie es weitergehen sollte, hatte er keine konkreten. Eigentlich gar keine. Er hatte vorgehabt hier zu bleiben, bis er wusste, wie sie am besten in das Gebirge kamen, ob sie nun wirklich den Handelsweg gehen konnten und wenn nicht, was sie sonst taten. Er konnte versuchen bei dem Händler, von dem er gesprochen hatte, vorbeizusehen, doch es war keine Garantie. Vielleicht sollte er vorher zu Azarni und- „Junge. Beeile dich.“ Shouta schnaubte genervt, ließ die leere Shampooflasche auf den Boden fallen und stellte das Wasser ab. „Ich komme schon.“ Er seufzte noch einmal, fuhr sich durch die nassen Haare und blieb stehen. Musste wirklich alles bei dieser Mission schief gehen? Jeder Plan durchkreuzt werden, sobald er ihn erdacht hatte? Es nervte. Und nicht nur Shouta, sondern auch Akatsuki, was weitaus schlimmer war. Nicht, dass er das nicht verstehen konnte, aber es war gefährlich für ihn, wenn Massenmörder genervt von ihm (oder seinen Plänen) waren. Shouta seufzte. Es hatte keinen Sinn sich darüber Gedanken zu machen, er würde das geregelt bekommen, irgendwie. Bis jetzt hatte er es immer geschafft. Er trocknete sich schnell ab, band die Haare zurück und lief nackt zurück in das Zimmer. Kakuzu kannte ihn so gut genug und solange er ihn nicht anstarrte, wie er es in der Nacht gemacht hat, war das in Ordnung. „Jetzt stört es dich nicht, wenn ich glotze?“ Kakuzu beobachte ihn, wahrscheinlich jede Bewegung, das wusste Shouta, aber er ging nicht darauf ein, sondern zog sich schnell Unterwäsche und Hose an und schaute über die Schulter zu Kakuzu. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sich mittlerweile komplett angezogen und seine Sachen gepackt. „Du meinst wegen der Nacht?“ Shouta schnaubte. „Das war etwas vollkommen anderes.“ Er zog sich sein Oberteil an, richtete sich nochmal seinen Zopf. Er stopfte seine restlichen Sachen in den Rucksack und hoffte, dass es sich damit erledigt hatte. Hatte es aber nicht. War ja nicht anders zu erwarten gewesen. „War es?“ Shouta konnte es natürlich nicht sehen, Kakuzu trug die Maske, aber er war sich sicher, dass er grinste. Das spürte er. „Ja, war es.“ Shouta kletterte auf das Bett, um nach einer Hose zu fischen, die bei den anderen Kleidungsstücken ihren Platz fand. „So?“ Kakuzu trat näher an das Bett heran, die Arme nach wie vor verschränkt. „So“, bestätigte Shouta und blieb auf der Matratze sitzen, „und was soll das jetzt überhaupt? Wir müssen langsam mal runter.“ „Seit wann interessiert dich das?“ Kakuzu regte sich nicht, musterte ihn. Shouta seufzte, richtete sich auf dem Bett auf und blickte zu Kakuzu hoch. „Seitdem ich nicht mehr über das Thema sprechen will.“ Er grinste. Es war ihm  immernoch unangenehm, schließlich war er aus dem Bett gefallen, doch er sah keinen Grund dazu, rot anzulaufen. „Und seit wann interessiert du dich für meine Meinung?“ „Seitdem ich gelernt habe, dass du kleinlaut werden kannst.“ Kakuzu schien amüsiert, genervt und müde, aber eindeutig amüsiert. Shouta fiel auf, dass er Kakuzu bis jetzt nur in diesem Zustand gesehen hatte, wenn er sich über ihn lustig machte. Sehr nett. Gut, sie kannten sich nicht sonderlich lange, aber man hätte ja zumindest mal von Hässlich belustigt sein können. Oder von Dingen, die normale Menschen toll fanden. Nukenin waren seltsam. „Ist ja gut, das ist ein Argument.“ Shouta grinste, stand mühsam vom Bett auf und schulterte seinen Rucksack. „Dennoch ist es etwas anderes, nackt vor dir auf dem Boden zu sitzen als sich vor dir umzuziehen.“ Kakuzu tat es ihm gleich. „Woran du nicht unschuldig warst.“ Shouta seufzte. „Ja, ich habe verstanden.“ Er blickte sich kurz im Raum um, ob er etwas vergessen hatte, und trat auf die Gänge des Rattenspucks. Muffige Luft, ein Geruch, der noch an das Feuer der Nacht erinnerte und an Dinge, die Shouta nicht genau definieren konnte (oder wollte) schlug ihm sofort entgegen. Er verzog das Gesicht. Es war noch schlimmer als sonst. Wie schön. Er beeilte sich, um in den Gastraum zu kommen. Hidan war da, ebenso wie Ochi und dessen Hund, der seinen hässlichen Kopf auf den Pfoten abgelegt hatte. Shouta war sich nicht ganz sicher, ob er schlief oder tot war. Bei seinem Alter wäre beides wahrscheinlich. „Was gibt es jetzt?“ Er ließ sich auf einen quietschenden Stuhl fallen und blickte Ochi mit hochgezogener Augenbraue an. „Das würde ich auch gerne wissen.“ Hidan lehnte an der Wand, hatte eine Hand an der Sense. Mit der anderen pulte er in einem Loch im Stein. Seine Haare waren unordentlicher als sonst, sie waren nass, also hatte er ebenfalls geduscht. Wunderte Shouta nicht. Ochi war schwer ernst zu nehmen, wahrscheinlich besonders dann, wenn man ein gesuchter und gefürchteter Nukenin war. Kakuzu, der im Raum stehen blieb, die Arme vor der Brust verschränkt und fixierte den Wirt mit den Augen. Ochi blickte sich nervös um. „Ihr müsst verschwinden. Nach dem Feuer sind Durchsuchungen angekündigt worden um die Schuldigen zu finden. Wenn die hier Nukenin aus den Ninjareichen finden, drehen die Soldaten hohl.“ Aha. Das war es? „Bist du vollkommen übergeschnappt?“ Shouta starrte Ochi an. „Hier gehen tagtäglich die gesuchtesten Verbrecher Ōroras ein und aus und jetzt regst du dich wegen Nukenin aus einem anderen Reich auf?“ „Du weißt genau, dass sie misstrauisch gegenüber Ausländern sind.“ Ochi sah zu Shouta, vermied es, die beiden Akatsukimitgliedern anzusehen.  „Und die anderen Diebe trauen ihnen nicht.“ Jetzt ging das wieder los. Shouta erinnerte sich noch zu gut, wie er angesehen wurde, als er diesen Auftrag angenommen hatte. Natürlich war es ein Risiko. Alleine das Reisen mit den gesuchten Mördern, jedoch er war nicht der einzige Dieb, der solch einen Auftrag angenommen hatte und würde nicht der letzte bleiben. „Und wo sollen wir bitte hin? Wo anders gibt es erst recht Kontrollen.“ „Das ist mir egal. Verschwindet von hier.“ Er machte eine kurze Pause, schluckte. „Und ihr könnt mir nichts, tötet ihr mich oder droht ihr, werden die anderen davon erfahren und ich schwöre euch, ihr werdet nirgendwo mehr unterkommen.“ So sehr Shouta Ochi nicht leiden konnte, so sehr ihm das alles nervte, er hatte recht. Und das schien Akatsuki ebenfalls zu wissen. Sie schwiegen beide, durchbohrten Ochi dabei mit ihren Blicken.  Noch bevor jemand etwas sagen konnte, warf Ochi Shouta einen Beutel mit Geld zu und drehte sich um. „Tori, sorg' dafür, dass ihr in einer halben Stunde weg seid, heute Mittag soll hier kontrolliert werden.“  Dann war er durch eine Tür verschwunden. „Scheiße“, stellte Shouta fest, „ich suche uns gleich eine neue Unterkunft. Ich weiß, wo Azarni ist, ich kann sie fragen. Sie kennt Händler und alles, vielleicht können wir heute Abend weiterreisen.“ Er sprach schnell, um Akatsuki nicht die Möglichkeit zu geben, sich über eine fehlende Möglichkeit zu beschweren. „Das wäre sogar schneller als geplant.“ „Wie toll“, murmelte Hidan und stieß sich von der Wand ab. „Bei euch läuft auch nie etwas nach Plan, oder?“ Shouta schüttelte seinen Kopf. „Gut erkannt, aber dafür kann ich nichts, nicht für diese Sache zumindest. Sonst werden hier ganz andere Verbrechen abgewickelt.“ Er zuckte mit den Schultern und stand auf. „Tut mir ja wirklich leid, wir müssen gehen.“ Doch davor ließ er sich auf die Knie sinken, direkt vor Ochis Hund und wartete ab. Der Hund öffnete die Augen, also war er doch nicht tot. War auch besser so. Shouta kramte ein Leckerli aus seinem Mantel. „Hier, Lumpen, hab dir noch gar nichts gegeben.”  Er tätschelte ihm den hässlichen Kopf. „Und ich werde nicht dazu kommen, dir nochmal etwas zu geben, also genieße das, ja?“  Er reichte einen weiteren Hundekuchen, der mit einem Schmatzen verschluckt wurde, nach. „Lumpen?“ Kakuzu starrte zu ihm herüber. „Ja“, sagte Shouta, „wie sollten wir ihn sonst nennen? Du musst gestehen, dass er zerlumpt aussieht.“ Daraufhin schwieg Kakuzu, ebenso Hidan. Beide wirkten ziemlich verständnislos, was Shouta nicht  störte. Er war die seltsamen Namen der Haustiere Ōroras zwar gewohnt, konnte aber durchaus verstehen, dass man irritiert war. Lumpen gab ein Schnauben von sich, stand auf wackeligen Beinen auf und lief zu der Tür hinaus als hätte er gemerkt, dass man über ihn sprach und es ihm nicht passen würde. Allerdings war sich Shouta nicht sicher, ob er überhaupt noch richtig hören konnte... Er blieb noch solange auf dem Boden knien, bis der Hund verschwunden war. „Bis zu Azarni ist es nicht weit. In zehn Minuten sind wir da, ist in 'nem besseren Viertel.“ Was keine sonderliche Leistung war. Beinahe jedes Viertel war schöner als dieses hier. Azarnis derzeitiger Aufenthaltsort befand sich in dem Teil der Stadt, in dem die Häuser aus Stein gebaut waren und zunehmend prunkvoller wurden. Hier und da fand man nun Verzierungen oder kleinere, jedoch umso schönere, Vorgärten. Die drei Reisenden passten hier nicht hinein. Hier, wo alles ordentlich und nett schien, waren sie, als Kriminelle, keine typischen Einwohner, doch allzu lange würden sie sich hier nicht aufhalten. Schon nach kurzer Zeit blieben sie vor einem vergleichsweise kleinem Haus stehen. Shouta klopfte und nach einer halben Minute wurde die Tür von Azarni aufgestoßen. Ihre Locken hingen ihr wirr ins Gesicht, standen ab und waren verknotet. „Shouta? Was machst du … ihr hier?“ Sie blinzelte gegen das Licht an. „Weißt du, wie früh es noch ist?“ „Ochi hat uns rausgeschmissen, ich brauche deine Hilfe.“ Azarni kniff ihre grünen Augen zusammen. „Was hat der jetzt schon wieder für Probleme?“ „Ich erzähle es dir gleich. Jetzt lass uns rein, okay?“ Zehn Minuten später saßen sie in einer hellen Küche. Azarni hatte sich eine Strickjacke und eine Stoffhose übergezogen und saß mit einem Kaffeebecher in den Händen den Männern gegenüber. „Und wie soll ich helfen?“  Azarni trank einen Schluck, stützte ihren Kopf auf einer Hand ab. Shouta fuhr sich durchs Haar. „Du wohnst doch derzeit hier bei Nagori, nicht wahr?“ „Ja, und?“ „Ihr Vater ist Händler? Wir bräuchten jemanden, mit dem wir ins östliche Gebirge reisen können. Wegen der Kontrollen und so weiter, wir fallen in einer Gruppe nicht so auf.“ Hoffentlich würden sie jetzt Glück haben. Ausnahmsweise... „Das trifft sich gut.“ Sie trank einen Schluck Kaffee. „Ich kann euch wirklich helfen.“ Diese Hilfe stellte sich als eine kleine Handelskarawane, die sich in das östliche Gebirge aufmachte, um Vorräte vor dem Winter dort hinzubringen. Es war dunkel, als sie sich in Bewegung setze. Es waren zwölf weitere Männer, zusätzlich zu Azarni und Masayuki, die sie ein Stück lang begleiten würden, etwa bis zum Fuße des Gebirges. Shouta kannte die Gründe nicht, hatte aber auch nicht nachgefragt. Vermutlich irgendeine Anweisung, die in der letzten Nacht gefallen war. Zu seinem Bedauern hatte Shouta weder Kakuzu noch Hidan dazu überreden können, auf einem Pferd zu reiten und er hielt es für klüger, nicht während der gesamten Reise auf sie herunter zu gucken. Etwas sagte ihm, dass Kakuzu es gewohnt war, auf ihn herabzublicken und es auf eine gewisse Art genoss. Erst spät in der Nacht, im Schutze einiger Felsen, hielten sie für die Nacht an. Feuer, größere als sie es alleine hätten wagen können, wurden entfacht und nachdem die meiste Zeit über geredet wurde, war es nun still geworden. Nur noch leise Wortfetzen drangen hier und da zu einem herüber. Während einige der Händler sich in ihren Kutschen zwischen Waren zum Schlafen legten, Hidan fand ebenfalls in einer Platz, bauten die anderen Zelte auf. Auf dem Boden schlafen war unmöglich geworden, er war gefroren und mit Schnee bedeckt.  Shouta zog seine Arme an den Körper, rieb sich einmal über die Oberarme und beobachtete seinen Atem, der in kleinen Wölkchen nach oben stieg. Weiter hinten im Lager wurden die Pferde festgebunden und Decken über ihre Körper gelegt. Er erkannte noch Azarni, die ihrem einige Male über den Kopf strich, bevor sie in ihrem Zelt verschwand. Shouta ließ seinen Blick über das restliche Lager schweifen, beobachtete, wie die ersten Männer in ihren Zelten verschwanden oder noch einmal Holz in die Feuer nachlegte. Bis zum Morgen würden sie dennoch nicht wärmen können, solange niemand Nachtwache hielt und auf die Feuer aufpasste. Allerdings war das in den Zelten nicht sonderlich wichtig, sie hielten warm genug, gerade, wenn man zu zweit in einem schlief. Kurz ging sein Blick gen Himmel. Keine Wolken. Das hieß, es würde noch kälter werden, doch wenigstens nicht schneien. Dann konnten sie morgen besser los. ss Er hörte, wie Kakuzu näher kam und neben ihm stehen blieb. Shouta sah zur Seite, ließ seine Arme langsam sinken. „Ich schätze, es wäre besser, wenn wir ein Zelt teilen würden. Ist wärmer und wir müssen es nicht alleine aufbauen.“ Kakuzu nickte schweigend. Das Zelt war schnell aufgebaut und Shouta versuchte sich mit den Fellen und Decken so zu arrangieren, dass sie beide genügend Platz hatten. Sonderlich groß war das Zelt nicht, Kakuzu hingegen schon. Und jetzt konnten sie noch nicht einmal sehen. „Sollte ich die Nacht treten tut es mir leid, ignoriere das am besten einfach“, flüsterte Shouta und hatte absichtlich nicht die Option offen gelassen, zurückzutreten. Das wäre in Schmerzen geendet und er wäre aufgewacht. Kakuzu gab ein leises Grummeln von sich, schwieg dann einige Zeit. „Solltest du das tun, schmeiße icht aus dem Zelt.“ Shouta wusste, dass Kakuzu das ernst meinte. „Du bist so nett.“ Er lachte geräuschlos auf, drehte sich auf die Seite zu ihm hin. „Dass wir ficken ändert nichts.“ „Du zitierst mich oft.“ „Du sprichst viel.“ Shouta grinste. „Touché.“ Er rückte ein Stück von Kakuzu weg, um sich zusammenrollen zu können. „Ist dir gar nicht kalt?“ Soweit er erkennen konnte, zitterte Kakuzu nicht und er hatte weniger Decken als er selbst. „Nein.“ Er hörte, wie Kakuzu sich kurz bewegte, konnte jedoch nicht erkennen, was genau er machte. Im Dunklen konnte man nur die Umrisse erkennen. „Faszinierend“, murmelte Shouta amüsiert, ließ jedoch offen, wie er das meinte. „Schlaf gut.“ Natürlich antwortete Kakuzu daraufhin nicht. Als Shouta erwachte, war es noch dunkel und, bis auf das gelegentliche Schnauben der Pferde und dem Wind, der an den Zelten zog, still. Er wischte sich mit einer Hand übers Gesicht, richtete sich die Decken erneut und zog sie enger um seinen Körper. Seufzend aktivierte Shouta sein Kekkei Genkai, sah zu Kakuzu, der schlief. Anscheinend ziemlich fest. Gut, dann hatte er ihn nicht geweckt. Er deaktivierte das Takaragan, versuchte die Augen zu schließen, öffnete sie erneut nach einigen Sekunden. Plötzlich erschienen ihm die Umgebungsgeräusche und Kakuzus gleichmäßiges Atmen lauter. Unüberhörbar. Irgendwo knackte ein Holz, vielleicht im Feuer, vielleicht das einer der Kutschen. Shouta zog seine Beine näher an den Körper, legte noch eine Decke über sich. Es waren nicht seine eigenen, rochen unangenehm, aber es war besser als zu frieren. Für einige Minuten, vielleicht auch eine halbe Stunde oder eine ganze, das konnte er nicht sagen, bewegte sich Shouta nicht. Dann rutschte er näher an Kakuzu heran, nur ein kleines Stück, aber nahe genug, damit es wärmer wurde. Er wusste, dass es kindisch war und Kakuzu das besser nie herausfinden würde, aber soweit musste es nicht kommen. Es könnte genauso gut sein, dass er ihm näher gekommen war. Es gab keine Beweise und so schlimm war es nicht, ein wenig dichter zusammenzuliegen. Würde ihn schon nicht stören und er hatte andere Dinge im Kopf, über die er nachdachte. Wenn auch nicht freiwillig. Shouta schloss seine Augen, versuchte die Gedanken, die sich in sein Bewusstsein schlichen, zu verdrängen. Er wünschte sich nur, dass er wenigstens diese Nacht weiterschlafen konnte. Kapitel 24: Durch den Schnee ---------------------------- Als Kakuzu aufwachte, spürte er, wie etwas seinen Oberarm berührte. Nur leicht, schwach wahrnehmbar. Noch bevor er die Augen öffnen konnte, drehte sich Shouta weg. Es war wahrscheinlich seine Hand, oder ein anderes Körperteil, gewesen. Zu müde, um sich darüber Gedanken zu machen, richtete sich Kakuzu auf und sah auf den Dieb hinab, der zusammengerollt neben ihm lag. Draußen hörte er leise Geräusche, rüttelte an Shoutas Schulter, der daraufhin seine Beine weiter an den Oberkörper zog und einen unwilligen Laut von sich gab. „Steh auf“, sagte Kakuzu, „es ist morgen.“ „Ich weiß“, kam es, gedämpft durch Kissen, Decken und Fellen, von dem Jungen, „aber es ist kalt.“ Kakuzu zog eine Augenbraue hoch. Ernsthaft? Shouta war Anfang Zwanzig – zumindest schätze er das, genau wusste er es nicht – und wollte nicht aufstehen, weil es kalt war? Hier in Ōrora, generell ein raues und kaltes Klima herrschte? „Das ist dein Ernst“, stellte Kakuzu fest, nachdem sich der Dieb immer noch nicht bewegt hatte. Der Junge hob seinen Kopf, blickte zwischen einem Vorhang aus Haaren zu ihm hinauf. „Ja.“ Dennoch richtete er sich langsam auf, legte sich aber zugleich die Decke um die Schulter. „Heißt nicht, dass ich nicht aufstehe.“ Er krabbelte zu seinem Rucksack, kramte eine Bürste hervor und kämmte sich in aller Seelenruhe die Haare. Kakuzu verdrehte die Augen, ließ Shouta aber machen und zog sich seinen Mantel, den er über Nacht abgelegt hatte, an. Er musterte den Dieb, der sich ebenfalls daran machte, sich anzuziehen. Er hatte Augenringe, wirkte, jetzt wo er ihn eindringlicher beobachtete, fahrig und brauchte lange, bis er alle Schnallen des Mantels geschlossen hatte. „Was ist?“, fragte Shouta, als er Kakuzus Blick auffing. „Du hast kaum geschlafen.“ „Ich hab gesagt, dass es kalt ist.“ Shouta zog sich die Stiefel an, begann seine Sachen in den Rucksack zu stopfen und die Decken zusammenzurollen. „Du wolltest aufstehen.“ Mit diesen Worten war der Junge aus dem Zelt getreten und Kakuzu blieb verwirrt zurück.  Er zog sich die Stiefel über und machte sich keine Gedanken über Shoutas plötzlichen Stimmungsumschwung. Wer wusste schon, was in dem Kopf des Diebes vorging? Sollte der Junge reagieren, wie er wollte, Hauptsache, sie würden schnell weiterreisen. Er hatte wenig Lust, allzu lange mit den Händlern unterwegs zu sein. Hidan und Shouta reichten ihm schon, sie waren nervig genug, da machte das Geschwätz von diesen Hinterwäldlern es nicht besser. Draußen sah der Junge ihm direkt ins Gesicht. Erst schien er sprechen zu wollen, ließ es dann bleiben und wandte sich ab, um die Heringe aus dem Boden zu ziehen. Kakuzu half ihm schweigend. Gegen Nachmittag begann es zu schneien und die Landschaft veränderte sich. Sie wurde hügelig und weitläufige Ebenen wurden von dichten Wäldern aus Nadelbäumen abgelöst. Die Händler blieben auf einem Weg, der zwar zugeschneit, doch Dank der Kufe, die man unter die Kutschen spannte, noch zu bewältigen war. So kamen sie in einem angenehmen Tempo voran. Alleine würde Kakuzu schneller laufen, solange er auf der Straße blieb. Abseits dieses Wegs konnte man das vergessen und dieser hier wurde überwacht. Tatsächlich war Kakuzus Laune nicht furchtbar schlecht. Es wurde geschwiegen oder sich leise miteinander unterhalten und er genoss es, die Landschaft zu betrachten. Sie war selbst für ihn neu, ganz anders als das, was er bis jetzt gesehen hatte. Er war weit herum gekommen, hatte viel gesehen, doch die weitläufigen Nadelwälder mit den dichten Gebüsch und dem Geruch, der trotz der Kälte in der Luft lag, waren seltsam friedlich. Es faszinierte ihn zu sehen, wie ähnlich Ōrora seiner alten Heimat war und sich trotz dessen in vielen Arten unterschied. Alles schien hier rauer zu sein, grober und wilder. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass es schön war. Auf eine eigene, bizarre Weise. Er erwischte sich bei der Frage, wie es hier im Sommer aussah. Kakuzu hörte leise Schritte hinter sich und wurde überrascht. „Die Regierung mag hier ebenso schlecht sein, aber im Gegensatz zu Kiri ist es hier wenigstens schöner.“ Shouta war neben ihn getreten, seinem Blick gefolgt und sah zu ihm auf. Hohn und Spott waren nicht aus seiner Stimme heraus zu hören. Er wirkte nachdenklich. Kakuzu schwieg und zu seiner Überraschung tat das auch Shouta. Er musterte ihn skeptisch, entschied sich nach mehreren Minuten, in denen er sich von ihm abgewandt hatte, zu sprechen: „Du kennst Kirigakure?“ Er hatte die Oi-nins erwähnt, wenn sich Kakuzu recht erinnerte. Shouta nickte. „Ich bin dort geboren und lebte da, bis ich acht war.“ „Aha.“ „Nach dem Tod meiner Mutter bin ich der Gilde quasi in die Arme gelaufen.“ „Verstehe.“ Zu seinem Erstaunen kam nichts mehr von Shouta. Er sah sich um, verfolgte einen Hasen, der durch das Unterholz huschte, mit den Augen und zog sich den Kragen seines Mantels über die Nase, die von der Kälte und dem Wind gerötet war. „Ist dir schon wieder kalt?“ Kakuzu wusste nicht, wieso er das fragte, es war ihm einfach rausgerutscht. Der Junge zog eine Augenbraue hoch. „Ein wenig, ja.“ Da war der Hohn zurück, wenn auch schwächer als sonst ausgeprägt. „Dir nicht, was?“ „Nicht sonderlich.“ Warm war ihm nicht und es wäre einfältig, das zu behaupten, doch fror er nicht. Danach war es still. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, ab und an brach ein Ast unter der Last des Schnees ab. Es war merkwürdig friedlich, ruhig. Kakuzu sah zu Shouta herunter. Er grinste, das war keine Überraschung, sah aus wie immer, doch er sprach nicht. In diesem Moment sah Shouta auf und sie blickten sich in die Augen. „Darf ich etwas fragen?“ Kakuzu brauchte eine Weile um zu realisieren, dass Shouta, dieser kleine, nervige Dieb, darum gebeten hat, sprechen zu dürfen. Erst überlegte er, zu verneinen, entschied sich jedoch dagegen. Man konnte ein Kind durchaus für wünschenswertes Verhalten belohnen. Vielleicht würde Shouta daraus lernen, die Hoffnung starb bekanntlicher Weise zuletzt. Kakuzu nickte. Shoutas Augenbrauen hoben sich verblüfft in die Höhe. „Was ist aus Kiri geworden?“ „Es ist arm.“ Das dürfte Shouta nicht überraschen. „Vor knapp acht Jahren gab es einen Putschversuch durch Momochi Zabuza, der scheiterte. Mittlerweile ist eine Frau Mizukage. Terumi Mei.“ Shouta zog die Augenbrauen zusammen. „Momochis Name sagt mir etwas.“ Natürlich, Zabuzas Name wurde nicht vergessen, wenn man in Kirigakure aufgewachsen war. Man kannte seinen Namen weit über die Grenzen des Wasserreiches hinaus. „Der Dämon Kirigakures.“ Kaum hatte er den Titel genannt, nickte Shouta. „Der Junge, der alle seine Mitanwärter getötet hat. Als ich Kiri verlassen habe, war er noch sehr jung.“ Er stoppte, runzelte die Stirn und schaute zu Boden, bevor er weitersprach: „Ich glaube, ich habe ihn ein paar Mal gesehen, aber so viele Möglichkeiten hatte ich dazu nie.“ Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, wahrscheinlich dachte er über seine alte Heimat nach, sonderlich herzliche Gedanken schien er aber nicht zu ihr zu hegen. „Vermutlich würdest du Kiri so wiederfinden, wie du es verlassen hast.“ „Großartig.“ Shouta fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. „Ich hätte gehofft, dass ich es reicher wiedersehe.“ Das wiederum wunderte Kakuzu. „Du willst zurück?“ Nach dem ganzen Geschwätz über dieses Reich war er davon ausgegangen, dass der Dieb es hier mochte und keinen Grund sah, in die Ninjareiche zurückzukehren. „Na ja“, Shouta sah geradeaus, „irgendwann bestimmt. Nicht dauerhaft, aber ich will Kiri wiedersehen. Ich komme von dort.“ Er schwieg kurz, öffnete seinen Mund, als würde er weitersprechen wollen und ließ es doch bleiben. Tatsächlich konnte Kakuzu Shouta verstehen. Er war vor langer Zeit aus Takigakure verschwunden und wusste dennoch einiges über die Geschehnisse dort. Nicht über die aktuellsten. Dazu kam er zu selten in die Nähe Takis und es wurde wenig über es berichtet. Es war klein und unbedeutend. Für die meisten. Den restlichen Nachmittag unterhielten sie sich weiter über die Ninja-Reiche. Der Junge wusste nicht viel über sie, war aber interessiert und hörte zu, wenn Kakuzu etwas erklärte. Konnte es nicht immer so sein? Wenn Shouta still war, war er auszuhalten. Jener friedliche Tag wurde gestört. Es wurde dunkel und sie erreichten den ersten Kontrollpunkt der Soldaten. Er war stärker bewacht als Kakuzu angenommen hatte und wusste, dass es mit den Aufständen zusammenhängen musste. Neben sich hörte er den Jungen einen leisen Fluch ausstoßen. „Das kann dauern, wenn die schlecht genug gelaunt sind, kontrollieren sie jeden Wagen.“ Er zog die Augenbrauen zusammen, musterte einen Soldaten, der zwei Hunde an der Leine führte und sichtlich mit diesen zu kämpfen hatte. Er rutschte beinahe aus, bevor er neben den anderen Soldaten, augenscheinlich ranghöher als der letzte, zum Stehen kam. Was für ein Idiot. Das Geräusch von schweren Hufen, die auf Schnee traten, erklang neben ihn und Kakuzu musste nach oben sehen, um den Reiter, Azarni, anzusehen. Das Pferd war riesig und vollkommen schwarz, sodass die blonde Diebin, die nur wenige Zentimeter kleiner als Shouta und für eine Frau muskulös war,  klein erschien. „Die Köter machen die Pferde nervös“, zischte sie. Auf ihres traf dies nicht zu, es stand stumm da und blickte nach vorne, die anderen jedoch schnaubten nervös und warfen die Köpfe in den Nacken. Unter ihren Hufen wurde Schnee aufgewühlt. Masayuki eilte an ihnen vorbei und auf die Soldaten zu, um mit ihnen zu sprechen. „Weiß er, was er tut?“, fragte Kakuzu misstrauisch. Azarni sah auf ihn herunter und zuckte mit den Schultern. „Sein Status dürfte ausreichen. Wenn er sagt, wer seine Eltern sind, frisst man ihn für gewöhnlich aus der Hand.“ Sie klang, als wüsste sie nicht, ob sie darüber belustigt oder verärgert sein sollte. Das Gespräch verlief positiv. Weitestgehend. Einige der Kutschen wurden trotzdem durchsucht und die Pferde zunehmend nervöser, als die Hunde ihnen zu nahe kamen. Ihre Hufe wühlten den Schnee auf, ließen teilweise gelbe Grasbüschel zum Vorschein kommen. Kakuzu wandte seinen Blick ab, Pferde fand er nicht  interessant, und sah wieder zu Shouta, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte. „Und das wird uns noch häufiger erwarten“, murmelte er dann und sah zu Kakuzu hinauf. Er antwortete nicht, das wusste er  und brauchte dafür nicht die überflüssigen Kommentare des Jungen. Stattdessen schweifte sein Blick genervt über die Umgebung, die ihm mittlerweile weniger spektakulär und schön erschien, bis er schließlich zu Hidan sah. Die Sense war von Frost bedeckt und Hidan machte widerwillig Platz, damit der jüngere Soldat an die Kutsche direkt neben ihm konnte. Einer der Hunde, Kakuzu fiel auf, wie hässlich diese Viecher waren, knurrte Hidan an. Dieser ließ sich allerdings nicht davon stören, bewegte sich kein Stück weiter. Für einen Moment sah es aus, als würde er dem Soldaten sagen, er solle den Hund unter Kontrolle halten, schien sich aber dagegen zu entscheiden. War die Anstrengung wohl nicht wert.  Hidan wusste, dass die Kontrolle dann noch länger dauern würde. Kakuzu wusste nicht, was Masayuki erzählt hatte, damit man die Waffe ohne weiteres Kommentar akzeptierte, aber es passierte nichts weiter und nachdem wenige Minuten, die sich wie Stunden anfühlten, vergangen waren, wurden sie weiter gelassen. „Was hast du denen erzählt?“, fragte Shouta, während er bis zu Masayuki aufholte. Dieser machte eine erwartungsschwangere Pause, bevor er mit einer Hand in der Luft herumwirbelte als wolle er eine besonders nerv tötende Fliege verscheuchen. „Das Übliche“, antwortete er, „gesagt, wer meine Eltern sind und die beiden Ausländer als Leibwächter der Händler verkauft. Bei den Unruhen muss das eben sein.“ „Nützlich wie eh und je.“ Shouta klang spöttisch, aber Kakuzu glaubte, dass es nicht so gemeint war, sondern der gewöhnliche Tonfall des Diebs. Es war schwer zu unterscheiden, aber nach der Reise, die er mit dem Dieb verbracht hatte, bekam er langsam ein Gespür dafür, wie er was meinte. Masayuki störte sich daran nicht und sprach weiter, vollkommen unbeeindruckt von dem, was Shouta sagte: „Natürlich“, er fuchtelte weiter herum, „was erwartest du denn Anderes?“ Shoutas Antwort fiel trocken aus: „Nichts.“ „Siehst du? Mit mir kommt man hier am besten durch.“ Masayuki machte eine erneute, unnötig lange Pause. „Das Wanderzeug und die Wildnis kannst du übernehmen. Wo wir dabei sind: Du kannst doch sicher jagen gehen, was?“ „Vergiss es.“ Masayuki sagte etwas, was Kakuzu nicht verstand, woraufhin Shouta ein leises Lachen ausstieß. „Dafür muss ich nichts jagen.“ „Das dachte ich mir.“ Kakuzu wusste, über was – oder wen – die beiden sprachen. Was für dumme Kinder. Der Schneefall nahm am Abend deutlich zu, sodass sie sich nicht lange draußen aushielten, sondern sich schnell in die Zelte zurückzogen. Der Dieb, in Decken und Fellen eingewickelt, sah zu Kakuzu und reichte ihm ein Stück Brot und einen Becher, mit dampfender Flüssigkeit. „Warmer Met“, erklärte er, „wenn du nichts gegen Alkohol hast.“ Er deutete auf ein Tablett vor ihm. „Das, was ich an Belag und Fleisch abstauben konnte.“ „Du beklaust die Händler“, stellte Kakuzu fest und griff nach dem Met, trank einen Schluck. Es schmeckte ihm und es wärmte, was wichtig war. Denn ihm war mittlerweile kalt geworden. Nur zeigte er es nicht so deutlich wie der Junge, der zitterte und sich eine weitere Decke überlegte. Beinahe schien er unter dem Stoff zu verschwinden. Der Dieb trank einen Schluck des Mets. „Ja, aber so wenig, dass es ihnen nicht auffällt. Außerdem steht das dir als Leibwächter doch zu, nicht wahr?“ Er grinste. „Du hältst es für eine gute Ausrede?“ Kakuzu zog sich die Maske komplett vom Kopf, legte sie sorgsam auf seine Seite des Zeltes. Der Junge kannte ihn ohne und es war bequemer, ohne sie zu essen. Die Blicke, die ihm zugeworfen wurden war er  mittlerweile gewöhnt und möglicherweise musste er zugeben, dass sie seinem Ego gut taten. Nur ein wenig, versteht sich.   Shouta zuckte mit den Schultern. „Mehr oder weniger, es erklärt zumindest Hidans Sense und ein wenig, warum ihr Ausländer seid. Bis auf die Soldaten und Ritter gibt es hier keine wirklichen Kämpfer, offiziell zumindest.“ Wahrscheinlich meinte er damit, dass die Diebe Ninjafähigkeiten beherrschten.   Kakuzu nickte schweigend, aß und der Junge sprach weiter. Mit einer anderen Aussage hatte er nicht gerechnet. „Und Masayuki mag dich noch mehr nerven als ich“, damit hatte er Recht, „aber er weiß für gewöhnlich, was er tut. Verhandlungen sind echt seine Sache.“ Zwischen durch aß er einen Bissen, griff ungeniert zu dem größeren Fleischstück und grinste auf diese typische, leicht kindliche Weise. „Und solange sind wir gar nicht mit ihm unterwegs. Noch einige Tag, dann dürften die Kontrollen aufhören, mitten im Gebirge will keiner der Soldaten noch kontrollieren.“ „Vergiss nicht zu atmen“, kommentierte Kakuzu das unaufhörliche Geplapper und griff nach einem Stück Brot, es schmeckte tatsächlich gut. Shoutas Augen blitzen auf. „Machst du dir etwa Sorgen um mich?“ Er wartete nicht auf eine Antwort, sprach nicht weiter, weil er aß. Es war verwunderlich, wie viel er Junge bei seiner Größe essen konnte. Mit einem genervten Blickt brachte Kakuzu Shouta dazu, entschuldigend zu grinsen. „Du lernst“, stellte er fest. Kauend sah der Dieb zu ihm herüber und schluckte. „Liegt nicht daran, dass du ein sonderlich guter Lehrer bist.“ „Sondern aus dem Grund, aus dem du nicht jagen gehen musst?“ Shouta kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Das hast du gehört?“ Kakuzu beschränkte sich darauf zu nicken. „Oh.“ Wie erwartet bekam sich Shouta jedoch schnell wieder ein. „Wenn du mich schon ehrlich fragst, ja, das kommt wohl eher hin.“ Die dunkelgrünen Augen sahen in Kakuzus. „Du hast mir ein Versprechen geben, das du einlöst, wenn ich brav bin.“ Damit hatte Kakuzu gerechnet. Seine Mundwinkel zuckten kurz nach oben, mehr belustigt, als gut gelaunt.                                                                                                                                                                                                                                                                                                               In dieser Nacht schliefen sie miteinander, während Ōrora seinen eigenen Untergang plante. Kapitel 25: Die Schattenkriecher -------------------------------- Die untergehende Sonne über Pōto spiegelte sich in der Klinge ihrer Hellebarde wieder und ihre Rüstung glänzte vor Blut. Sie kämpften in einer verwinkelten Gasse, die von Frost und Blut rutschig war. Der Schaft krachte, als sie den Schwerthieb abwehren musste und sie stolperte einen Schritt zurück. Sie stieß zu und fluchte, als das Metall den Stein anstatt von Fleisch traf. Die Person vor ihr war größer als sie, in den dunklen Farben der Diebe gekleidet und bis auf die nebelgrauen Augen komplett verhüllt. Vermutlich war es ein Mann, doch konnte sie das nicht zweifelsfrei bestimmen. Wie bei allen Schattenkriechern. Sie, eine junge Frau, drehte ihren Kopf zur Seite und erkannte die zweite Gestalt, die sich aus den Schatten zu ihrer Seite löste und konnte sie mit einem Tritt abwehren. Die Gestalt war kleiner als die Erste, jedoch größer als sie selbst und gab nur eines ihrer Augen preis. Sie trug ein Beil in der Hand und warf dem grauäugigen Schattenkriecher einen absprechenden Blick zu. Die junge Frau spannte ihre Muskeln an. Beide Diebe stürmten los und die junge Frau schwang die Hellebarde. Die Kleinere konnte nicht ausweichen und der Stahl schnitt mühelos den Stoff, Haut und Fleisch. Sie gab ein Knurren von sich – vermutlich war sie weiblich – und flüchtete in den Schatten zurück, während der andere Dieb ein Schwert zog und schneller zuschlug als man bei seiner großen Statur erwartet hätte. Doch die Rüstung schützte die junge Frau, der Angriff würde höchstens Kratzer und Hämatome mit sich führen. Sie riss ihre Hellebarde nach oben, erwischte diesen Dieb und wich einem erneuten Angriff des anderen Schattenkriechers aus. Die junge Frau gab ein Schnauben von sich und sparte sich die Frage, seit wann sie nicht verschwanden, sobald sie verletzt worden waren. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass keiner von ihnen sprach, wenn sie kämpften. Jeder dieser Diebe legte Wert darauf, dass man ihn nicht erkannte. Stattdessen leitete sie Chakra in das Metall, schaffte sich genügend Platz, um ein Stück nach hinten weichen zu können und formte Fingerzeichen. Inu, Tora, Hitsuji, Ushi, Tatsu. Die Flammen des Jutsus verbanden sich mit der Abendröte und ließen die Welt für einen Moment rot werden. Die junge Frau sah wie die Diebe wie Ratten zurückwichen. Tora, Hitsuji, Inu, Saru, Uma, Tatsu. Das folgende Feuer war größer und zerstörender. Als sie verschwanden, roch es nach verbranntem Fleisch. Der Größere der beiden klopfte sich das Feuer an der Kleidung aus und sie konnte die Arme eines Mannes erkennen. Die Haut schälte sich ab und warf Blasen, doch hielt er das Schwert noch immer in der Hand und rannte auf sie zu. Der andere Dieb war nicht zu erkennen. Noch einmal prallte Metall auf Metall und durch die Rüstung, an einen der Schwachpunkte, bohrte sich die Klinge hinein, erwischte die Seite der jungen Frau. Sie hatte keine Zeit zu reagieren, als der andere Schattenkriecher ihr in den Rücken sprang und sie zum Stolpern, jedoch nicht zum Fallen, brachte. Sie rammte den Hellebardenschaft in den Boden, stützte sich ab und drückte sich nach vorne, wobei sie sich drehte und den Schwung nutzte, um einen Rückangriff zu starten. Die andere Gestalt musste eine Frau sein und war an ihren Armen vom Feuer verbrannt. Auch sie kämpfte weiter, schwang ihr Beil, das unheilverkündend auf der Rüstung donnerte. Die Augen der jungen Frau funkelten bösartig auf und sie schaffte sich mit einem Hellebardenhieb genügend Platz für ein erneutes Feuerjutsu, das die Dunkelheit für Sekunden verdrängte. Und die Schattenkriecher waren fort. Hinter sich hörte die junge Frau das Klirren von Rüstungen und die tiefe Stimme einer Frau. „Hiko.“ Sie drehte sich langsam um und zog sich den Helm von ihrem Kopf. Ihre roten Locken fielen ihr auf die Schultern. „Ja?“ Mit kornblumenblauen Augen starrte sie zu ihrem Gegenüber. Akira, begleitet von zwei weiteren Rittern, die an ihnen vorbei liefen, den Dieben hinterher. Hiko sah ihnen nicht hinterher, sondern weiterhin zu Akira. Sie kam zu ihr, legte ihre Hand auf die Schulterrüstung Hikos. „Komm mit, der König erwartet uns.“ „Wieso das?“ Hikos Stirn legte sich in Falten während Akira lächelte. „Weil man auf deine Ratschläge hört“, sagte sie und strich eine der Locken aus Hikos Gesicht, „und du hast doch gesehen, wie schwer es wird, gegen die Aufständler vorzugehen, nicht wahr?“ Hiko griff nach Akiras Hand und zog sie aus ihrem Gesicht. „Verstehe.“ Sie lief an ihr vorbei, in Richtung des Schlosses und Akira folgte ihr. Der Stoff, der den König kleidete, war dunkel und schwer und ließ ihn noch schmaler erscheinen. Er war blond, hatte die gleichen hellblauen Augen wie die Königin und starrte in das Kaminfeuer. Er schien jung zu sein, vielleicht gerade dreißig Jahre. Neben Akira, fiel Hiko auf, wirkte er beinahe wie ein Junge. Wie ein Kind. „Was ist passiert?“ Seine Stimme war hell. Heller als Akiras und so zerbrechlich wie Glas. „Was haben sie getan?“ Hiko ekelte sich vor ihm. „Die Schattenkriecher sind unter den Aufständlern, mein König“, sagte Hiko, ohne sich etwas von ihrer Abscheu anmerken zu lassen, „sie wollten das Ratshaus niederbrennen und haben die Wachen getötet.“ Der Kindskönig ließ sich auf einen Stuhl fallen, sank unter den königlichen Gewändern zusammen. „Wie viele?“ Akiras Blick traf Hikos, bevor sie den König ansah. „Das wissen wir noch nicht, morgen werden wir mehr sagen können.“ Er nickte, hob seinen Kopf. „Sie haben euch verletzt, Hiko.“ Er betrachtete die Stelle, an der ihre Wunde lag. Sie hatte die Rüstung abgelegt und unter ihrer einfachen Kleidung aus Leinen hatte man sie verarztet. „Es ist meine Pflicht, Ōrora zu schützen.“ Und die Verletzung war ein Kratzer, mehr nicht. „Ich würde für das Land und Euch sterben.“ Der König lächelte. „Ihr seid ein wahrer Ritter.“ Hiko verneigte sich. „Euer Lob ist mir eine Ehre.“ „Ich weiß, was für schwere Zeiten es sind, doch müssen wir handeln“, unterbrach Akira sie, „wir müssen daran denken, was das Ziel der Aufständler ist.“ Mit der Ausstrahlung von Kompetenz und Ruhe durchschritt sie den Raum und trat an das Fenster, blickte nach draußen in die Dunkelheit. „Es wird nicht reichen, den Kristall und Euer Jutsu zu schützen, Ihr müsst an Euch und Eure Familie denken, an Eure engsten Diener.“ „Ja.“ Die gebrochene Stimme des Kindkönigs wurde leiser. „Ich werde veranlassen, dass man meine Frau in Sicherheit bringen wird.“ Er erhob sich mit einer plötzlichen Bewegung, die an ein scheues Reh erinnerte. „Ruft die Berater und ihren Arzt her.“ Für einen Moment sah Hiko Triumph in Akiras Augen aufblitzen. Das war der Anfang des Endes. Schwer atmend stützte sich Shouta über Kakuzu ab, lauschte dessen Atem, der sich langsam beruhigte, und grinste zufrieden. Langsam neigte er sich nach unten, berührte mit den Lippen Kakuzus Brust, spürte Wärme und schmeckte frischen Schweiß, wanderte langsam zu seinen Brustwarzen. Unter der Berührung spannten sich die Muskeln an, verhärteten sich noch mehr. Shoutas Grinsen wurde breiter, als er Kakuzus rechte Brustwarze erreichte, er umspielte sie mit der Zunge, biss vorsichtig hinein. Sofort hörte er ein leises, unterdrücktes Stöhnen. „Hätte nie gedacht, dass du hier so empfindlich bist“, murmelte Shouta, den Mund einen, vielleicht zwei Zentimeter von Kakuzus Haut entfernt, „scheiße, da stehe ich drauf.“ Er schmiegte sich dichter an den anderen Körper heran, neigte seinen Kopf nach unten und wurde mit einem unsanften Ruck vom Oberkörper gerissen. Er lachte leise, fuhr sich erschöpft durch die Haare und wandte seinen Blick zu Kakuzu. Er erkannte nur seine Umrisse, sah und hörte aber noch, dass er es noch immer nicht geschafft hatte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. „Schon gut, schon gut. Ich hab auch keine Lust auf 'ne zweite Runde“, sagte Shouta leise. Er war viel zu erschöpft dafür und hätte nicht das weitere Durchhaltevermögen, nicht, nachdem er den ganzen Tag in der Kälte gelaufen war. Außerdem war der Sex mit Kakuzu bis jetzt jedes Mal erschöpfend gewesen. Sehr erschöpfend. Nach wie vor fand es Shouta seltsam, mit einem Mann zu schlafen, der 69 Jahre älter als er war. Andere Menschen sahen in diesem Alter hässlich und faltig aus, Kakuzu war aber nichts anzusehen und – bis auf einige Eigenschaften – fand er nicht einmal sein Verhalten alt. Es war alles wie sonst, nur das Wissen, dass Kakuzu 91 war, machte es komisch, also versuchte Shouta den Gedanken daran zu verdrängen. Sie schwiegen, bis Kakuzu das Wort erhob: „Du bist überall so empfindlich.“ Shouta versuchte Kakuzus Stimme zu deuten. Er klang nicht genervt, damit hatte er nicht gerechnet, und amüsiert. Und vielleicht bildete sich Shouta das ein, aber er meinte ein verstecktes Lob heraus zu hören. Nicht unbedingt aus den Worten, vielmehr aus der Tonlage, doch genau konnte er es nicht sagen. Es könnte genauso gut sein, dass sein Gehirn noch nicht wieder richtig arbeitete. Umständlich richtete sich Shouta auf, kramte nach Taschentücher, die er Kakuzu zuwarf, und Kleidung. „Ich will ja nicht anmaßend wirken, aber mit dir zu ficken war eine meiner besten Ideen seit Langem.“ Im Dunklen erkannte er, dass sich Kakuzu auf den Ellenbogen abstütze. „Ausnahmsweise muss ich dir zustimmen.“ Shouta rutschte ein Stück näher an Kakuzu heran, strich mit einer losen Bewegung über seine Brust – streifte dabei eine der Brustwarzen – und sagte, mit einer belustigend, jedoch seltsam anschmiegsam Stimme: „Freut mich, das zu hören.“ Der nächste Morgen war kalt und es schneite. Nur widerwillig hatte sich Shouta aus dem Zelt gequält und es abgebaut. Kakuzus Laune schien sich jedoch in einem einigermaßen positiven Bereich zu befinden. Er schien zwar genervt zu sein, aber den Umständen entsprechend zufrieden. Eine Gefühlslage, die wohl alleine Kakuzu zu Stande brachte, aber Shouta beschwerte sich nicht darüber. Es war angenehmer, wenn er nicht wegen Kleinigkeiten in Mordlust geriet. Und das ließ Shouta mutiger werden. Ob es klug war, wusste er nicht, aber er konnte den Drang, mehr mit Kakuzu zu sprechen, ihn etwas zu fragen, nicht widerstehen. Und es tat gut, mehr von seiner alten Heimat zu erfahren. „Was gibt es sonst noch Neues aus den Ninja-Reichen?“, fragte er also gegen Mittag nach, als sie Rast machten und vor einem Feuer saßen. Die Schneeflocken schmolzen und verdampften bevor sie die Flammen erreichten. Kakuzu saß Shouta gegenüber und sah auf, sobald die Frage gestellt wurde. „Nicht viel“, sagte er, „die gleichen Probleme wie vor Jahren. Konoha und Suna haben ebenfalls neue Kage.“ Shouta wusste nicht, wer die alten waren, fragte dennoch nach den neuen. Es konnte ja nie schaden, das zu wissen. „Sagen dir die Sanin etwas?“ Shouta zuckte mit den Schultern. „Nicht so richtig. Sind starke Ninja aus Konoha, oder?“ Er wandte sich seinem Essen – ein Stück Brot, Käse und Hammelfleisch – zu, beobachtete dabei Kakuzu weiterhin. „Das sagt man“, bestätigte dieser, „Tsunade, eine Nachfahrin der Senju ist nun Hokage.“ Unwillkürlich fragte sich Shouta, was es mit den Senjus auf sich hatte, denn Kakuzus Stimme veränderte sich. Was genau es war, konnte er nicht herausfiltern. Es klang … alt. Vielleicht verbittert. Shouta zog eine Augenbraue hoch, beschränkte sich darauf, zu nicken, anstatt verbal zu antworten und kam auch gar nicht mehr dazu. Selbst, wenn er gewollt hätte. Hidan ließ sich mit ans Feuer fallen. „Flirtet ihr wieder?“ Kakuzus Augen verengten sich zu Schlitzen. „Du störst.“ Hidan war sich bewusst, worauf sich diese Aussage bezog, doch sah Shouta voraus, wie er reagieren würde. Wahrscheinlich hätte er es nicht anders getan, aber jetzt fühlte er sich genervt und konnte verstehen, wie sich Kakuzu oft fühlen musste. „Ihr müsst nicht vor aller Augen übereinander herfallen“, er biss ein Stück von seinem Essen, es war ebenfalls Fleisch, ab, „reicht schon, dass man euch die Nacht so gut hören konnte. Ich will gar nicht wissen, was und wie ihr es treibt.“ Shouta zuckte mit den Schultern. „Hatten wir auch nicht vor.“ „Du spricht für euch beide?“ Ein amüsiertes Schnauben entwich Hidan. „In diesem Fall zu Recht“, knurrte Kakuzu. Nun lachte Hidan richtig auf. „Er tut es wirklich!“ Kakuzus Blick hätte Shoutas augenblicklich zum Schweigen gebracht, Hidan jedoch störte es nicht und er grinste weiter, amüsiert über die Situation und scheinbar zufrieden mit seinen Aussagen. Shouta verdrehte die Augen und brach nachdenklich ein Stück vom Brot ab. „Was du erzählt hast“, er sah Kakuzu an, „klingt nach politischen Spannungen, oder?“ Er wusste nicht, ob er sich von Kakuzus überraschten Gesichtsausdruck beleidigt oder geschmeichelt fühlen sollte. „Ja“, sagte er, „damit liegst du richtig.“ Shouta nickte. „Verstehe.“ Dann schwiegen sie erneut und Hidan stand auf, verschwand irgendwo in einem anderen Teil des Lagers. Shouta schaute ihm nicht nach. „Du kannst tatsächlich die Klappe halten.“ Kakuzus Augenbraue wanderte nach oben, während er Shouta musterte. „Ich stecke eben voller Geheimnisse.“ Er lächelte Kakuzu an, fuhr sich mit einer kurzen Bewegung durch die Haare und seine Lippen verzogen sich zu seinem Grinsen. „Aber das solltest du mittlerweile wissen, nicht wahr?“ Funken stoben nach oben, als ein Holzspalt im Feuer brach und sie sahen sich für Momente an. Worauf Kakuzu seinen Blick fokussierte, konnte Shouta aufgrund der fehlenden Pupillen nicht sagen. „Ja“, sagte Kakuzu. Vielleicht ahnten sie, was auf sie zukam. Vielleicht fürchteten sie es auch. Kapitel 26: Der Hunger der Wölfe -------------------------------- Mit der zunehmenden Kälte wuchs das Misstrauen der Händler. Kakuzu vermutete, dass sich unter ihnen herumgesprochen hatte, wer Akatsuki war und die aktuelle Stellung der Diebe machte es nicht einfacher. Es waren die Blicke, die man ihnen zuwarf, die Wortfetzen, die er mitbekam, die ihm dies mitteilten. Nicht bedrohlich, sie störten Kakuzu auch nicht weiter, aber es könnte Probleme machen. Er vertraute den Händlern ebenso wenig wie sie ihnen. Shouta bemerkte es auch, schien darüber jedoch mehr amüsiert als besorgt und Hidan war genervt. Tatsächlich konnte Kakuzu beides verstehen. Hidan, weil er grundsätzlich genervt war und Shouta, weil es lächerlich war. Die Händler waren keine Gefahr und würden es auch nicht sein. Sie konnten sie nicht einmal verraten. Sie hatten diese Möglichkeit nur bei den Kontrollen, würden aber garantiert in die Sache mit eingezogen werden, zumal Kakuzu bezweifelte, dass alle Handelsware legal war. „Vielleicht haben sie Angst, dass ihr sie nachts tötet“, mutmaßte Shouta und sah zu Kakuzu. Sie liefen abseits der anderen. In seinen nussfarbenen Haaren hatten sich Flocken abgesetzt, denn es schneite erneut. Wie die ganze Zeit über waren seine Lippen spröde und von kleinen Rissen durchzogen. „Ihnen die Kehle aufschneidet oder so.“ Er grinste. Kakuzu schwieg. Es gab nichts, was er darauf antworten wollte und hatte auch keine Lust sich zu unterhalten. Außerdem war es kalt. Selbst Kakuzu fror und hatte große Mühe, sich zusammenzureißen, um nicht zu zittern. Shouta hingegen hatte seine Arme um seinen Körper gelegt und die Schultern hochgezogen. Er zitterte. Der Junge redete weiter: „Sie sind nicht klug“, er zuckte mit den Schultern, „aber das dürftest du mittlerweile bemerkt haben.“ Auch jetzt sprach Kakuzu nicht, gab jedoch einen genervten Laut von sich, den Shouta allerdings mit funkelnden Augen und einem Grinsen ignorierte. Trotz der aufgeplatzten Lippen fiel Kakuzu auf, wie gut Shouta aussah, wenn er grinste. Würde er jetzt die Klappe halten, wäre Kakuzu sogar zufrieden mit seiner Anwesenheit. Doch das tat er nicht. Natürlich nicht. „Masayuki und Azarni verlassen uns morgen“, sprach er also unbeirrt weiter, „und ein paar Tage später sind wir die Händler dann auch los. Uns bis dahin können wir die Zeit im Zelt genießen. Du weißt schon...“ Das Grinsen verstärkte sich sogar und bevor er weitersprechen konnte, unterbrach Kakuzu ihn. „Shouta.“ „Ja?“ „Halt die Klappe.“ Der Junge schnaubte trotzig. „Kann man auch netter sagen.“ Kakuzu zog eine Augenbraue hoch, hob einen Arm und gab dem Jungen einen leichten Stoß, sodass dieser einen Schritt zur Seite stolperte.n Die Mundwinkel noch immer gehoben, tat er nun wie gewünscht und eine herrliche Stille breitete sich aus. Nur ab und an wurde sie unterbrochen, wenn sich der Dieb über die Arme rieb. Fast wäre Kakuzu dazu verleitet etwas zu sagen, doch würde der Junge das wieder als Aufforderung nehmen weiter zu sprechen, also beließ er es dabei sich im Stillen darüber zu amüsieren. Shouta würde schon früh genug wieder warm werden... Auch die nächste Kontrolle überstanden sie ohne Zwischenfälle, doch mit kläffenden Hunden, die es besonders auf Hidan abgesehen hatten. Hässliche Dinger mit hängenden Lefzen, an denen der Geifer herablief und stellenweise gefror. Laut Shouta waren es Züchtungen, die für die Soldaten und das Aufspüren von Feinden gezüchtet worden waren und schon einigen jüngeren Dieben, vor allem Kindern, das Leben genommen hatten. Vor Hidan wichen sie allerdings zurück, sobald dieser knapp vor ihnen mit der Sense aufstampfte. Die Soldaten wechselten verwunderte Blicke, verwundert darüber, dass Hidan keine Angst zeigten – scheinbar waren diese Viecher gefürchtet – reagierten aber nicht weiter darauf sondern schickten den Trupp ohne Kontrolle weiter. Kakuzu vermutete, dass ihnen einfach kalt war und sie zurück in die Hütte wollten, in der sie vorübergehend lebten. Kein Wunder, dass dieses Land vor die Hunde ging. Ein Blick zu dem Jungen, der amüsiert eine Augenbraue hochgezogen hatte, verriet ihm, dass er die selben Gedanken hegte. Schließlich zuckte der Junge mit den Schultern, schüttelte sich Schnee aus dem Haar und lief weiter. „Es ist einfacher als gedacht.“ Masayuki trat neben Shouta. Dieses Mal fuchtelte er allerdings nicht mit den Händen durch die Luft, sondern war ernst. „Ich frage mich, ob sie schon aufgegeben haben.“ Auch Azarni gesellte sich zu den beiden, ihre ohnehin schon hellen Haare waren nun beinahe weiß und starr gefroren. „Vielleicht sind sie auch auf der Seite des Widerstands, auch Soldaten haben Hunger. Könnte mir nicht weiß machen, dass die gerne hier sind.“ Stumm stimmte Kakuzu ihr zu. Er glaubte es ebenfalls nicht, nicht bei diesem Wetter und nicht so abgelegen. Sicher gab es Menschen, denen es gefiel, aber das waren zwei junge Männer gewesen, vermutlich noch jünger als Shouta, die garantiert andere Dinge im Kopf hatten. Es wunderte ihn aber nicht, dass sie hier waren. Shouta sah über die Schulter zurück und für einen Moment trafen sich ihre Blicke, bevor Shouta sich zu der Hütte wandte. „Wenn ihr mich fragt“, sagte er, als er sich wieder herumgedreht hatte, zu den anderen Dieben, „sind die weg, sobald der letzte Kontrollbesuch bei ihnen gemacht wurde. Was sollte sie schon hier halten?“ Kakuzu kannte die Antwort und nannte sie nicht, während sich die drei jungen Diebe weiter unterhielten und Hidan zu ihm trat. „Ich muss bald opfern“, sagte er, leise genug, damit es die Händler nicht hörten. „Du musst noch warten, wir sind hier mitgekommen um weniger Aufsehen zu erregen.“ Kakuzu sah nicht zu ihm hin, sondern weiter nach vorne. „Das weiß ich“, knurrte Hidan, „es reicht auch noch, aber ich kann keine Wochen lang warten.“ Kakuzu wusste das, doch was sollte er tun? Hidan würde noch einige Tage nicht opfern müssen, immerhin hatte er es erst in Uma no Mon getan. Natürlich kam er im Laufe der Mission seltener als sonst dazu, aber es würde noch gehen, davon ging Kakuzu zumindest aus. So, wie er Hidan einschätzte opferte er mehr als nötig war. „Du wirst es überleben.“ „Ach, halt die Fresse“, murrte Hidan unwirsch, „du hast sowieso keine Ahnung davon.“ Einer der Händler, ein hinkender Mann in seltsam bunter Kleidung, dessen Namen sich Kakuzu nicht merken konnte (doch musste man sagen, dass er es auch nicht versuchte), drehte sich ihnen zu, die buschigen Augenbrauen, in denen sich vereinzelt graue Haare befanden, zusammengekniffen. Kakuzu brachte ihn mit einem Blick dazu sich abzuwenden. „Sprich leiser“, wies er Hidan an, „man hört dich sonst. Sie sind misstrauisch genug.“ Mit einem Schnauben beschleunigte Hidan seine Schritte und verschwand an das vordere Ende der Karawane. Kakuzu schwieg. An diesem Abend verzog er sich schnell in das Zelt zurück. Der Wind war eisig, sodass das Feuer kaum nützte und Kakuzu war froh, dass er sich die Decken um den Körper legen konnte, ohne dabei beobachtet zu werden. Außer von dem Jungen, doch damit konnte Kakuzu leben. Blieb ihm ja nichts anderes übrig. Der Dieb kam gerade in das Zelt und verschloss den Reißverschluss mit zitternden Händen. „Scheiße, wenn das so weiter geht, frieren mir noch die Finger ab.“ Er ließ sich neben Kakuzu fallen und zog die Decke über sich. „Sag mal spinne ich, oder zitterst du wirklich?“ Im schwachen Licht der kleinen Laterne, die sie mitgebracht hatten, konnte man das erkennen. „Sieht so aus.“ „Also ist dir kalt.“ „Das kommt vor.“ Shouta blinzelte einige Male und schien nach zudenken. Zu Kakuzus Überraschung schwieg Shouta, den Kopf leicht schief gelegt und mit einem Grinsen auf den Lippen. Er wusste, was er dachte. Viele Kilometer südwestlich von ihnen sahen die mitleidigen Augen der Königen auf ihren Bruder, der alt und war und aus dem Fenster starrte. Er schaukelte mit dem Oberkörper vor und zurück, klopfte in regelmäßigen Abständen gegen die Schreibe, auf der sich Eisblumen abzeichneten und ein Muster erschufen, das die Königin faszinierte. Ihr Bruder summte ein Lied, das ihre Mutter einst gesungen hatte, immer, wenn sie Angst gehabt hatten. Es war ein Lied über einen hungrigen Wolf, dem die Mutter Nahrung gab, damit er ihre Familie in Ruhe ließ. „Was tust du da?“ , fragte die schöne Königin, die dem Schauspiel lange zugesehen hatte, bevor sie den Mut aufbringen konnte, zu sprechen. Sie legte eine Hand auf seine gebrechliche Schulter und fühlte sich viel zu groß und kräftig. Verabscheute es. Verzweifelte daran. „Sie kommen“, sagte ihr Bruder, „die Wölfe kommen immer, wenn sie Hunger haben. Sie haben ihn schon lange.“ Ein schreckliches Schweigen entstand. „Schon lange. So lange, lange, lange.“ Er schlug gegen die Scheibe und die Königen zuckte zurück. „Lange!“ Ein weiterer Schlag ließ das Glas erzittern. „Lange, lange, lange, lange, lange, lange!“ Hilflos wie ein kleines Mädchen, dabei war sie so lange keines mehr, stand die Königin neben ihrem Bruder. „Liebling“, flüsterte sie mit zarter Stimme, „Liebling, lass das lieber. Du tust dir noch weh.“ „Die Wölfe!“ Mit erschreckender Kraft schlug ihr Bruder den Kopf gegen das Glas und die Königin stieß einen Schrei aus, der hell und klar und zerbrechlich war. „Sie kommen! Schon lange! Lange! Lange!“ Der graue Stein warf die Worte, die die graziöse Königen zu erdrücken schienen, als Echo zurück.Wie ein waidwundes Reh wich sie zurück, zitterte und starte auf das Blut, dass die Eisblumen auf der Schreibe überdeckte. Es war so viel... Ihre Hand griff in den weichen, edlen Stoff ihres Kleides und vergrub sich über ihrem Herzen, als hätte sie Angst, es würde ihr sonst aus der Brust springen. Sie zerreißen. „Wieso tust du das?“ Ihr Bruder hörte sie nicht, übertönte sie mit seinen 'Lange!'-Rufen und schlug weiter zu. Immer und immer wieder. mmer und immer wieder. Sein faltiges Gesicht war geschwollen und rot verschmiert. Die Rufe wurden leiser und er verschluckte sich an seinem eigenen Blut. Hustete es aus. Es war widerlich. Und die Königin stand da und sah zu. „Wölfe!“, schrie er, hustete. „Lange! So lange!“ Ihr Bruder stieß ein Heulen aus und der Königin wurde schwindelig. Die Welt schien sich zu drehen und verschwinden zu wollen. Sie nahm nichts mehr war, konnte nur noch das Blut sehen und es nicht mehr sehen wollen. Hatte Angst. Erst die ertönenden Schritte rissen sie aus ihrer Angststarre. Ein Ritter, ein schöner junger Mann, der einem Engel glich, eilte an ihr vorbei, umfasste die Schultern ihres Bruders und zog ihn ohne Mühe zurück. „Mein Herr“, sagte er ruhig, „mein Herr, hören sie auf damit.“ „Lange!“ Er weinte, ließ sich aber mitziehen. „Wölfe! Sie kommen!“ Das Blut spritzte in die blonden Haare des Ritter, als ihr Bruder sich schüttelte, doch reagierte er nicht. „Ist gut, mein Herr. Sie werden nicht kommen.“ Er zog ihn sanft mit sich und warf einen Blick über die Schulter. „Ich bringe ihn zu seinem Arzt, seid unbesorgt.“ Erst in diesem Moment realisierte die Königin, dass Akira neben ihr stand und spürte, dass sie weinte. Große Träne flossen über ihre Wangen, ließen sie viel jünger und kleiner wirken als sie es in Wirklichkeit war. „Es wird schlimmer“, schluchzte sie und vergaß jedes Protokoll, das sie einst auswendig gelernt hatte und warf sich in ihre Arme. Weinte wie ein kleines Kind. „Wir hätten es versuchen sollen, wir hätten es wagen sollen.“ Akira tätschelte ihr den Rücken. „Meine Königin“, sagte sie mit ihrer rauen Stimme, „vergesst Euch nicht.“ Doch die Königin hatte sich vergessen und konnte sich nicht beruhigen. „Er wäre gestorben, denkt an die Schwestern eures Königs und an Eure eigenen.“ „Aber“, fing die Königin an und schluchzte, „nur ein Versuch. Vielleicht hätte er es doch überlebt, dann wäre er bei uns und nicht ... so.“ Akira lief langsam los, zog die Königen dabei ruhig mit sich und in einen anderen Raum, in dem sie sich auf einen Stuhl sinken lassen konnte. Das dunkle, grobe Holz mit den eingeschnitzten Hundsköpfen als Verzierung betonte ihre Zierlichkeit. „Ihr müsst es einsehen“, sagte Akira schließlich und legte ihren Mantel um die Schultern der Königen, die nicht den angewiderten Ausdruck in Akiras Augen sah, sondern nur die Angst, die sie umschlossen hatte, „nie hätte er es überstanden. Ihr seid gesünder und kräftiger als er und selbst Ihr wärt damals beinahe gestorben. Bei eurem Gemahl ist es nicht anders.“ „Nein“, sagte die Königin und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, „nein, nein. Wir haben ihn den Tod überlassen ohne zu kämpfen. Er ist schwachsinnig geworden und tut sich weh.“ Akira seufzte. „Er hat es selbst gewählt.“ „Weil ihm keiner Mut gemacht hat.“ Die Königen zog den Mantel enger um ihren schmalen Körper und schwieg. „Es gehört unserer Familie.“ Sie brach ab und weinte. Erst viel zu spät würde sie erkennen, was sie gesagt hatte. Und zu spät, was ihr Bruder meinte. Kapitel 27: Nähe ---------------- Ihr Atem war synchron und schwer und trotz der Kälte perlten kleine Schweißtropfen über ihre Körper. Shouta lag auf Kakuzus Oberkörper, konnte weder Wille, noch Kraft aufbringen, sich von ihm herunter zu bewegen und auch Kakuzu machte keine Anstalten, ihn von sich herunter haben zu wollen. Einer seiner Hände lag auf Shoutas unteren Rücken, die andere neben ihnen. Ganz langsam hob Shouta seinen Oberkörper und beobachtete Kakuzu in der Dunkelheit so gut es ihm möglich war – die Lampe war mittlerweile aus. Nun sah er nur Kakuzus Umrisse, hörte seinen Atem und spürte ihn auf seiner Haut, als er sich vorbeugte. Shouta erstarrte, rollte sich von Kakuzu herunter und wühlte in seinem Rucksack nach Taschentüchern, die er ihm zuwarf und behielt selbst eines in der Hand. Er wischte sich das Sperma ab, seines und Kakuzus – und scheiße, würde er länger darüber nachdenken, wäre er gleich wieder auf ihm drauf – und zog sich schließlich wieder an. Jetzt, wo er ohne Kleidung und Decken im Zelt saß, war ihm furchtbar kalt. Den Geräuschen hinter sich nach zu urteilen, tat es ihm Kakuzu gleich und wenn selbst ihm kalt war, dann hatte Shouta erst recht kein Problem damit hemmungslos zu frieren. Shouta wickelte sich in einer Decke ein, breitete einige der Lammfelle, die er von den Händlern tatsächlich gekauft hatte, unter sich aus, richtete sich das bisschen, was er an Kissen (oder viel mehr Kissenersatz, es war eine kleine, zusammengerollte Decke) hatte und schmiss sich darauf. „Was?“ Shouta sah irritiert zu Kakuzu, der aufgehört hatte sich zu bewegen und in seine Richtung sah. Vermutlich sah er skeptisch aus, oder amüsiert bis spöttisch... irgendwie kam das Shouta bekannt vor. „Hast du es bald?“ Shouta legte sich noch eine Decke über, rollte sich dann zusammen, die Beine so dicht an den Körper gezogen, wie es möglich war. „Jetzt ja.“ Er wusste, wie Kakuzu ihn anblickte und stieß einen kurzen, amüsierten Laut aus. „Lass mich doch, mir ist halt kalt.“ Kakuzu schien beschlossen zu haben, darauf nicht zu antworten. „Du hast auch mehr Decken als sonst“, sagte Shouta, ohne zu wissen wieso, „und du hast gezittert, bevor wir gevögelt haben.“ „Deine Ausdrucksweise ist bemerkenswert.“ So trocken klang Kakuzu selten. „Danke, ich weiß.“ Shouta versuchte, sich weiter unter den Decken zu vergraben, begann nun wieder zu zittern und griff schließlich doch noch nach dem Mantel und legte ihn auf den Deckenstapel. Es war einer der Momente, in denen Shouta froh war, dass er nicht sonderlich groß war, dadurch konnte er zumindest die größte Decke falten, was nötig war, denn sie war verdammt dünn, und darunter verschwinden. Er wusste, dass es lächerlich aussehen musste, aber es war ihm egal. War ja sowieso dunkel. Und Kakuzu hatte gezittert! Das rechtfertigte dann doch irgendwie ziemlich viel, fand Shouta. Die Kälte kroch durch den Stoff und das Fell hindurch. Shouta hatte das Gefühl, sie würde ihn packen und nicht mehr loslassen wollen. Er wälzte sich einige Male hin und her, rieb seine Hände aneinander und lag noch nach langer Zeit und trotz der Erschöpfung ohne einzuschlafen da. Am liebsten hätte er geflucht, doch wollte er Kakuzu nicht unnötig nerven. Nicht mit Flüchen zumindest. „Kakuzu?“, fragte er in Stille und Dunkelheit, die sie umgaben, hinein. „Ist dir noch kalt?“ Es war solange still, dass Shouta dachte, Kakuzu schliefe bereits. „Welche Antwort erwartest du?“ Das war Shouta Antwort genug, er wusste, was Kakuzu damit ausdrücken wollte und ohne ein weiteres Wort zu sagen, kam er näher an Kakuzu heran, berührte ihn schließlich und drückte sich gegen seinen Körper. Die Decken lagen über ihnen beiden und zu seiner Verwunderung legte Kakuzu einen Arm um Shouta. Er lag auf der Seite, ihm zugewandt. Seine Haut war kühler als Shouta erwartet hätte, besonders die Stellen am Hals, die er mit seiner Stirn berührte. Shouta wollte nicht mehr sprechen. Das hier war ein seltsames Gefühl. Einerseits war es ihm unangenehm, er kam sich wie eine nervige Klette vor und wusste nicht, was er davon halten sollte, sich im Schlaf nicht so bewegen zu können, wie er wollte, doch anderseits … Kakuzu roch gut Es war warm und Kakuzus Arm lag angenehm schwer auf seinem Körper. Vorsichtig schob er sich noch ein weiteres, kleines Stück an ihn heran und Kakuzu verstärkte minimal seinen Griff um ihn und zog ihn ein wenig näher an sich heran. Verwirrt und überfordert entspannte sich Shouta, spürte, wie ihm warm wurde und brauchte nicht lange, um im Schlaf zu versinken. Du musst nicht weinen, kleiner Vogel. Ich bin doch gut zu dir. Weg. Er wollte weg. Shouta schnappte lautlos nach Luft, die er nicht bekam und zuckte zusammen. Mit geweiteten Augen starrte er gegen Kakuzus Brust. Sein Arm war zu schwer. Viel zu schwer. Er erdrückte ihn! Sekunden lang blieb er liegen. Ganz und gar erstarrt. Dann drehte er sich weg, unnötig heftig und konnte doch nicht wieder atmen. Verzweifelt versuchte er an Sauerstoff zu gelangen, verschluckte sich, musste husten und zog seinen Unterarm über sein Gesicht, um es zu verdecken. Beide Hände vergruben sich in seinen Haaren, direkt über den Ohren als könnte er die Gedanken, die Worte, die fünf Jahre zurücklagen, verdrängen. Doch es war sinnlos. Alleine die Hoffnung darauf war lächerlich. Erbärmlich. Umsonst. Durch das Rauschen der Gedanken hindurch hörte er seinen Namen und Kakuzus Stimme, doch Shouta reagierte nicht. Konnte es nicht. Er konnte nur liegen bleiben, atmen und hoffen, dass es vorbei ging. Dass diese Schmerzen aufhörten. Bewegungen neben sich. Angst. Shouta zog die Beine noch weiter an seinen Körper, fasste sich mit der unteren Hand, der rechten, an seine Seite und presste sie an sich heran. Schützte die Stelle, die niemand berühren durfte. Es tat so unglaublich weh. Wieder sagte jemand, vermutlich Kakuzu, doch konnte er es nicht zuordnen, seinen Namen. Die Stimme wurde lauter und stoppte dann. Erneute Bewegungen neben ihm, Rascheln von Decken. Dann war da Ruhe. Und auch sie schien Shouta zu erdrücken. Sein Mund war geöffnet, versuchte so viel Luft wie möglich aufzunehmen und konnte es nicht. Es war wie Ersticken. Nur schlimmer. Viel schlimmer. Die bekannten – viel zu bekannten! – Gefühle übermannten ihn. Die Welt um ihn herum drehte sich, schneller, schneller und schneller und seine Arme und Beine wurden taub, waren bald kaum noch zu spüren. Shoutas Kräfte schwanden. Der Griff in seinem Haar wurde schwächer, löste sich immer weiter und fiel schlussendlich neben sein Gesicht auf die Decken. Und Shouta lag da und weinte. Man hörte ihn nicht, er konnte weinen, ohne ein Geräusch zu machen, und kam langsam wieder an Luft. Konnte atmen. Doch war es nicht gut, nicht wirklich. Jetzt, wo er nicht mehr erstickte, konnte er nachdenken. Und er wollte es nicht. Nicht darüber. Nicht jetzt. Nie. Shouta wischte sich Tränen bei Seite, legte die Hände auf sein Gesicht und unterdrückte ein Schluchzen. Scheiße... Gottverdammte Scheiße! Er zitterte, ohne zu merken, dass ihm kalt war und verlor jedes Gefühl für die Zeit. Er versuchte es wirklich, wollte sich gegen die all das, was auf ihn einstürzte wehren, doch er konnte es nicht und schließlich ergab er sich seiner Erinnerungen. Was nützte es jetzt noch zu kämpfen? Kakuzu hatte es bemerkt und selbst wenn nicht … Shouta war zu erschöpft. Auch in dieser Nacht schlief er nicht. Kakuzu wurde von leisen Geräuschen außerhalb des Zeltes geweckt. Es schien Morgen zu sein, denn es waren die Händler, die das Lager abbauten. Genervt fuhr er sich durch die Haare und richtete sich auf. Da er nicht bemerkte, dass sich Shouta bewegte, streckte er seinen Arm aus um ihn durch Anstoßen aufzuwecken – und griff ins Leere. Verwirrt drehte sich Kakuzu zur Seite. Der Junge war verschwunden. Seine Seite war leer und sein Rucksack war weg. Was zum? War er etwa schon aufgestanden? Kakuzu musste an die Nacht denken... er wusste nicht, was mit ihm passiert war. Die ersten Momente hatte er geglaubt, dass Shouta einen Krampfanfall oder Ähnliches gehabt hatte, dann war es ein Albtraum, den er vermutete. Doch auch das wäre seltsam. Shouta war jung, aber kein kleines Kind mehr. Er war volljährig. Da riss einen ein Albtraum nicht so aus der Bahn. Im Grunde war es Kakuzu aber egal was es nun gewesen war, er zog sich in Ruhe an, packte seine Sachen zusammen und trat aus dem Zelt. Auch hier war der Dieb nicht zu sehen. Großartig. Kakuzu begann das Zelt alleine zusammenzubauen. Wehe, der Junge hatte keine gute Erklärung, warum er nicht da war... Hidan, seinen Rucksack geschultert, trat zu ihm. „Wo ist Shouta?“, fragte er nach, eine Augenbraue hochgezogen. „Woher soll ich das wissen?“ Kakuzu hob den Beutel, in dem das Zelt verstaut war und schmiss ihn auf die nächste Kutsche. Vielleicht zerstörte er damit Ware, aber warum sollte ihn das interessieren? „Ihr schlaft in einem Zelt.“ Hidan ließ seinen Blick über das Gelände schweifen, „und vögelt anscheinend jede Nacht. Ihr seid laut.“ Mit verengten Augen und zusammengezogenen Augenbrauen blickte Kakuzu Hidan an. „Und warum sollte ich wissen, wo er hin ist?“ Er hielt nicht Händchen mit ihm oder hatte ein sonderlich großes Interesse an seinen Gedanken.Was der Junge machte oder nicht ging ihm im Grunde nichts an. Nur diese Mission war wichtig und deswegen war es schlecht, dass er nicht da war. Hidans Kommentare machten es nicht besser. „Hey“, verteidigte sich Hidan, „sonst steht ihr zusammen auf. Darf mich wohl doch noch wundern.“ Er verdrehte die Augen. „Er ist nirgendwo im Lager, hätte ihn sonst gesehen.“ Kakuzu knurrte. Der Junge war also wirklich verschwunden. Und Kakuzu ahnte, dass es mit der Nacht zu tun haben musste. Er konnte nur hoffen, dass Shouta vernünftig genug war, bald zurückzukommen. Was sie tun sollten, wenn er es nicht tat, wusste Kakuzu nicht. Die Mission mussten sie dennoch beenden. Stumm wandte er sich von Hidan ab, marschierte durch das Lager, das immer näher zusammenrückte, sich komprimierte, um dem Wetter besser trotzen zu können, und erreichte Azarni. Sie sattelt gerade ihren Rappen, der sich ruhig über den Kopf streicheln ließ und auf Kakuzus Ankommen nur mit einem Zucken der Ohren reagierte. „Wo ist der Dieb?“ In Azarnis Gesicht legte sich eine Miene der Verwunderung. „Wen...“, fing sie stirnrunzelnd an und verstand. „Ich weiß nicht, wo Shouta ist. Ich dachte, er sei bei dir.“ Sie schnürte einen Beutel an dem Sattel fest und warf einen weiteren über das Pferd. „Offensichtlich ist er das nicht“, knurrte Kakuzu. Azarni sah über ihre Schulter zu ihm herüber. Sie klopfte ihrem Pferd auf den Hals und fuhr ihm durch die Mähne. „Ist er weg?“ Sie wirkte nicht sonderlich überrascht, sondern sprach es wie eine ganz normale Tatsache aus. „Ja.“ Azarni drehte sich nun vollends zu ihm um. „Das ist normal für ihn. Er taucht sicher wieder auf.“ An was für einen Dieb waren sie geraten? Der Junge war vorlaut, frech und verschwand dann, wenn es ihm passte. Wunderbar. Großartig! „Normal?“, wiederholte er ohne es zu planen. „Ja“, sagte Azarni, „Shouta ist ein Eigenbrödler. Er verschwindet häufiger von Zeit zu Zeit, machte er schon immer gerne.“ Er überlegte sie auf die Nacht anzusprechen, um herauszufinden, ob sie etwas wusste, ließ es jedoch bleiben. Kakuzu war im Inbegriff sich umzudrehen, als Azarni noch einmal das Wort erhob: „Masayuki und ich wollten schon los, alleine sind wir schneller und wir haben alles geklärt.“ Sie schwang sich, und das musste Kakuzu zugeben, mit müheloser Anmut auf den Rücken des Rappen. Nun sah sie auf ihn herunter ... und das störte Kakuzu. Er war es zu gewohnt es sonst immer selbst tun zu können. „Kannst du Shouta bitte von uns grüßen und ihm sagen, dass wir in Pōto auf ihn warten?“ Kakuzu wandte sich von ihr ab. „Wir werden sehen.“ Und Azarni war klug genug nichts weiter zu sagen. Auch die Händler fragten nach dem Jungen und wurden zunehmend nervöser. Beide Mitglieder Akatsukis liefen abseits der anderen Männer. Sie tuschelten und Kakuzu fragte sich, ob sie glaubten, sie hätten den Jungen ermordet. Anbetracht der Tatsache, dass sie beinahe jede Nacht im Zelt miteinander schliefen – und laut Hidan man das hörte – war das eine lächerliche Annahme, aber Kakuzu wusste nicht, was in den Köpfen dieser Hinterwäldern vor sich ging. Er beachtete sie nicht weiter, beobachtete stattdessen die Umgebung. Sie waren nun am Fuße des Gebirges angekommen. Kakuzu kannte seinen Namen nicht, würde auch keinen der Händler danach fragen, aber er hatte Ōroras Karte noch im Kopf und wusste, dass es das Selbe war, wie das, das sie schon durchkreuzt hatten, nur an einer anderen Stelle. Hier waren die Felsen weniger schroff und die Steigung war weniger steil. Die Nadelbäume wurden größer und grober, standen weiter auseinander und da es am heutigen Tag einigermaßen klar war, konnte er weiter oben die Baumgrenze erkennen. Über seinen Kopf flog ein kleiner Vogel hinweg und aus dem Gebüsch folgten noch weitere. Er sah ihnen nach. Der Weg wurde steiler und die Kutschen blieben, trotz der Kufen, die man unter die Räder gespannt hatte, immer wieder stecken. Kakuzu half – obwohl er es sicher können würde – nicht. Es war nicht seine Arbeit und er vermutete, dass man seine Hilfe nicht annehmen würde. Ohne den Jungen war es seltsam still. Zwar sprach Hidan ebenfalls viel, doch nicht so viel wie der Dieb und oft genug über seinen Gott. Da waren die Erzählungen des Jungen über das Reich, in dem er sich befand, zumindest ein wenig interessanter. Doch vielleicht war nützlicher das passendere Wort. Hidan schnaubte verächtlich, als einer der Händler stolperte. „Mich wundert es nicht, dass dieses Land so am Arsch ist.“ Kakuzu gab durch eine Kopfbewegung zu verstehen, dass er zuhörte und zustimmte. „Und was ist jetzt mit Shouta?“ Es war Kakuzu klar gewesen, dass Hidan auf das Thema zu sprechen kam, jedoch erfreute es ihn nicht. „Warum sollte ich nun mehr wissen als heute morgen?“ „Hattet ihr Streit?“, feixte Hidan. Es klang nach einem Vergleich mit einem alten Ehepaar oder ähnliches. Ganz große Klasse. Kakuzus Laune steigerte sich ins Unermessliche. „Ich weiß nicht, was in den Kopf eines kleines Diebes vorgeht“, sagte Kakuzu schlicht und hoffte, dass er es damit auf sich beruhen lassen könnte. Nur, weil er mit Shouta schlief – und das zugegebenermaßen oft – hieß das nicht, dass er sein Innerstes kannte. Seine Handlungen und Gedankensprünge waren für Kakuzu nach wie vor nicht nachvollziehbar. Hidan zuckte mit den Schultern und richtete sich die Kapuze seines Mantels. Sie war steif gefroren und die Sense war beschlagen und vom Frost stellenweise überzogen. „Keine Ahnung“, sagte er nach der Prozedur, „ich weiß ja nicht, was ihr so miteinander treibt..“ Er setzte an um noch etwas zu sagen, wurde jedoch von Kakuzu unterbrochen. „Halt den Mund“, er beschleunigte seine Schritte ein wenig, er bekam mit, wie die Händler besprachen, dass sie den nächsten Lagerplatz besprachen, der sich in der Nähe befand. Je schneller sie da waren, desto besser. Kakuzu hatte genug davon, sich dem nervigen Geplauder zu widmen. Weder Hidans, noch das der anderen Männer. Und er wollte wissen, wie es mit dieser verfluchten Mission weiterging! Und all der Ärger nur wegen eines kleinen Jungen, der Meisterdieb spielen wollte. Eben jener Meisterdieb folgte den Spuren des Zugs mühelos, ohne, dass er sein Kekkei Genkai überhaupt nutzen musste, nachdem er vor einer knappen halben Stunde auf sie gestoßen war. Seine Schritte waren leise, nahezu lautlos. Es war nicht einmal nötig, aber er fühlte sich so besser. Sicherer. Er musste sich noch Gedanken machen, wie er Akatsuki erklären sollte, warum er verschwunden war ohne ein Wort zu sagen... und Kakuzu, was in der Nacht überhaupt los war. Shouta stieß jäh einen Fluch aus. Hoffentlich fragte er nicht. Er hatte keine Erklärung. Keine, die er Kakuzu nennen würde. Es wurde bereits dunkel und wahrscheinlich machten sie schon lange Rast, bevor es daran ging, den Berg zu erklimmen. Es war anstrengend und sie würden das komplette Tageslicht brauchen um den nächsten geeigneten Platz zu erlangen. Aber er hatte einen Plan, den er vielleicht sogar noch diese Nacht durchsetzen konnte, sollten Kakuzu und Hidan mitspielen, wovon er jedoch ausging. Er erreichte das Lager noch bevor Kakuzu das Zelt hatte errichten können. Glücklicherweise. Shouta schluckte, fuhr sich mit eiskalten Fingern – trotz der Handschuhe, die er trug – durch die Haare und schluckte hart, bevor er auf ihn zulief. „Kakuzu?“ Der Angesprochene drehte seinen Kopf bedrohlich ruhig zu ihm. Shouta spürte, wie er nervös grinste. „Du bist wieder da.“ Es war ein einziges Grollen, das ihm entgegen schlug, aber damit war zu rechnen gewesen. „Bevor du mir alle Knochen brichst, ich habe Neuigkeiten.“ Er wusste nicht, wie Kakuzu nun handeln würde. Natürlich war Shouta aufgefallen, dass er sich mittlerweile ein wenig mehr herausnehmen konnte – hatte sich aber gleichzeitig besser benommen. Er spannte die Muskeln an, jede einzelne Muskelfaser und starrte zu Kakuzu herüber. Bevor er sich irgendetwas brechen ließ, achtete er lieber darauf, dass ihm nichts geschah. „Welche?“ Kakuzu trat auf ihm zu. Die Händler sahen auf, gafften zu ihnen herüber und Shouta warf ihnen einen genervten Blick zu, und auch Hidan drängte sich nach vorne, um sehen zu können. Shouta wandte sich Kakuzu komplett zu. „Gute, denke ich“, antwortete Shouta schnell, „einen schnelleren Weg weiterzukommen. In ein paar Tagen können wir los.“ Kakuzu stoppte in seiner Bewegung, sah ihn abwartend an. Es war schwer im Feuerschein seinen Gesichtsausdruck zu erkennen und die Maske machte es nur noch schlimmer, jedoch war sich Shouta da sicher. Zumindest so sicher er sich da sein konnte. „Ich habe mich über eine alternative Route informiert.“ Tatsächlich hörte er einen der Händler erleichtert ausatmen, aber darum ging es Shouta nicht. Er wollte schneller voran kommen und hatte keine Lust mehr darauf, weiter so eng mit so vielen Menschen auf einen Raum umher zu wandern.Es nervte. Hidan trat ebenfalls nach vorne. Konnte Akatsuki nicht mal ein wenig weniger bedrohlich auftreten? Er schwieg allerdings, stattdessen hatte Kakuzu das Wort: „Wir reden abseits, kommt mit.“   Unter anderen Umständen hätte Shouta gezögert, doch sie würden ihn nicht umbringen können, sie brauchten ihn. Hoffte Shouta. Er folgte Akatsuki gehorsam, sah zu Kakuzu hinauf und sprach, bevor man ihn dazu auffordern musste. „Wir müssen sowieso uns irgendwann von denen trennen und im Gebirge werden wir von ihnen eher aufgehalten. Es gibt nur noch eine Kontrolle auf dem Weg und die können wir leicht umgehen, ich weiß wie. Es ist kein Problem die Hütten passend zu erreichen, einfacher als beim letzten Berg.“ Kakuzu und Hidan wechselten skeptische Blicke. „Woher kommt die Idee?“, fragte Kakuzu. Shouta schnaubte leise. „Ich hatte sie halt, bin deswegen die Nacht weg.“ Er wusste, dass Kakuzu ihm die Lüge nicht abkaufte. Nicht mal Hidan schien das zu tun und er wusste nicht, was passiert war. „Gibt in der Nähe ein Dorf, in dem ich oft war. Habe mich dort umgehört. Die Hütten stehen noch und das Beheizen ist kein Problem, einige der Jäger nutzen sie.“ Auch hiermit log er, doch dieses Mal schien man ihm zu glauben. „Und wir werden garantiert schneller sein?“ Kakuzu sah ihm direkt in die Augen. Dieses Mal war es Shouta unangenehm den Blick zu erwidern, doch er tat es. „Ja.“ „Dann nehmen wir diesen Weg.“ Hidan hatte vor Kakuzu gesprochen. „Mich nerven diese Idioten“, erklärte er schulterzuckend, „je schneller wir sie los sind, desto besser ist es.“ Shouta war sich nicht sicher, ob er damit nicht doch einen Fehler machte. Kapitel 28: Wolfsspuren ----------------------- „Wehe, ihr treibt es hier miteinander.“ Hidan ließ sich neben dem Kamin der kleinen Hütte fallen, in der sie sich nun befanden. Sie war noch schäbiger als die, in der sie schon Schutz gesucht hatten. Es roch seltsam hier, trotz der Kälte muffig und nach Schimmel. Er verzog sein Gesicht und blickte zu Kakuzu und Shouta, die es sich auf der anderen Kaminseite bequem gemacht hatten. Shouta verdrehte die Augen. „Glaub es oder nicht, ich stehe nicht so darauf, beim Ficken beobachtet zu werden.“ Hidan bezweifelte dies nicht im Geringsten, jedoch traute er ihm und Kakuzu einiges zu. Dennoch ging er nicht weiter darauf ein, sondern besah sich die Einrichtung der Hütte genauer. Sie war heruntergekommen und Hidan würde nicht versuchen, irgendetwas auf den niedrigen Tisch, der etwas abseits vom Kamin stand, zu stellen. So wie er aussah, würde er augenblicklich in sich zusammenfallen. Eines der Fenster war mit kümmerlichen Holzbrettern und dünnem, fast durchsichtigen Stoff zugenagelt. Bei jedem Windstoß dehnten sich die Latten nach innen und knackten mit einem unangenehmen Geräusch, das an das verzerrte Schreien eines verletzenden Tieres erinnerte. Das Feuer war klein und beleuchtete den Raum nur unzureichend. Hidan stand schweigend auf, trat nach dem Tisch und das Holz barst, ohne, dass er massig Kraft aufwenden musste. Nicht überrascht davon griff nach den Bruchstücken und schmiss sie in den Kamin. Die Flammen stürzten sich sofort auf das trockene Holz, nahmen es innerhalb von Sekunden ein. „Die Hütte hier ist nicht zu gebrauchen“, murmelte Hidan, als er sich wieder gegen den Kamin lehnte. Durch die Ritzen drang von draußen eisige Luft hinein, die er selbst durch den Mantel noch spürte. „Viel wärmer war es im Zelt auch nicht gewesen.“ Shouta zog die Achseln hoch. „Mag sein, aber wir sind nicht mehr mit denen unterwegs und schneller bei Hisoka.“ „Wer ist sie?“ Hidan sah verblüfft zu Kakuzu. Seine Augen waren geschlossen und so hatte Hidan nicht damit gerechnet, dass er noch etwas sagen würde. „Sie ist die einzige Diebin von der man weiß, dass sie zum Zirkel gehört“, fing Shouta an, ohne zu überlegen, „also eine Art Rat, der die Gilde leitet. Für gewöhnlich agieren sie nur untereinander und geben nicht zu erkennen, wer von ihnen Mitglied ist und wer nicht.“ „Wieso?“ Hidan runzelte die Stirn. „Weil Diebe es vorziehen, nicht erkannt zu werden. Hisoka hat es auch nie ausgesprochen oder dergleichen, aber sie ist ein Mitglied. Wenn ihr sie seht, wisst ihr wieso. Jedenfalls besitzt sie ein Anwesen und wir können dort bleiben. Sie hat keine Angst, erst recht nicht vorm Königshaus. Vor euch auch nicht. Von dort aus können wir besser planen und bekommen Hilfe. Um diesen Kristall zu bekommen, werden wir die brauchen. Gerade jetzt, wo sich alles ändert.“ Er lehnte sich zurück, spielte mit einem Holzstück, das er in den Händen hielt und warf es in die Flammen. „Kann sein, dass noch einige Diebe da sind. Sie wollen zwar in den Westen, aber ich weiß nicht, ob sie schon aufgebrochen sind.“ Eine heftige Windböe schallte gegen die provisorischen Fenster. Die drei Männer schwiegen, bis Shouta sich erhob und zu dem noch, mehr oder weniger, intakten Fenster lief. Auch in ihm waren Risse zu sehen. Shouta sah hinaus. „Man sagt, dass Hisoka die stärkste Frau Ōroras ist. Und stärker als alle Männer.“ Hidan bemerkte, dass Kakuzu Shouta mit dem Blick folgte. Es war der Blick, mit dem er sonst seine Feinde im Kampf fixierte. Hidan wusste, keine Bewegung würde ihm entgehen, nichts ihn überraschen. Und das war seltsam, verblüffte ihn aber nicht. „Wieso sagt man das?“ Shouta begann zu grinsen. „Weil sie Macht und Intelligenz besitzt. Ihr werdet erkennen was ich meine, wenn ihr sie seht.“ Durch den Ritz unter der Tür wurde Schnee hineingeweht. Shouta sah darauf. „Sie hat ihre Ringe am längsten, seit Jahren hat ihr die keiner abgenommen.“ Die Nacht verbrachte Hidan neben dem Kamin, aber weit genug von den anderen beiden entfernt. Ihm war aufgefallen, dass sie ungewöhnliche nahe beieinander lagen, aber er machte sich keine großen Gedanken darüber. Nachdem sie die letzten Nächte nicht zu hören gewesen waren und auch erst an diesem Tag, drei Nächte, nachdem Shouta verschwunden war, wieder miteinander gesprochen hatten, war er zwar verwirrt über das Verhalten, aber es war ihm zu egal, um sich näher damit zu beschäftigen. Es war nicht wirklich hell, obgleich schon morgen sein musste, stattdessen wurde Hidan von der Kälte, die sich seit dem Erlöschen des Feuers ausgebreitet hatte, geweckt. Schlaftrunken richtete er sich auf, versuchte sich die Haare einigermaßen glatt zurückzustreichen, was ihm nicht gelang, und musterte seine Umgebung. Kakuzu schlief, wie es den Anschein hatte, noch und lag auf der Seite. Er verdeckte somit Shouta, doch ausgehend davon, dass er noch liegen musste, ging Hidan davon aus, dass er es auch tat. Schlaftrunken zog sich Hidan an, brauchte dafür länger als gewöhnlich, um sich anzusehen. Ein jähes Rascheln riss ihn aus seiner Morgenroutine. „Was soll das?“ Vermutlich hatte Shouta irgendetwas getan, denn Kakuzu hörte sich genervt an. Und das schon so früh am Morgen. Hidan verzog sein Gesicht. „Was soll was?“ Gedämpft klang Shoutas Frage durch den Raum. Decken wurden umgewühlt und ein Murren folgte. „Du weißt, was ich meine.“ Kakuzu setzte sich auf und warf Hidan einen mahnenden Blick zu. Man sah ihm seine Belustigung wohl deutlicher an als er es beabsichtigt hatte. Gleich darauf tauchte Shoutas blasses Gesicht, auf dem sich deutliche Augenringe abzeichneten, in seinem Gesichtsfeld auf. Er sah aus, als hätte er die gesamte Nacht nicht geschlafen, griff aber sicher nach seiner Kleidung. „Wenn wir uns beeilen, können wir heute zu der übernächsten Hütte kommen. Sie sind nicht weit voneinander entfernt.“ Das taten sie auch und auch den Tag danach. Sie kamen gut voran, doch Hidan merkte, dass etwas nicht stimmte. Shouta lief voran, aber er stoppte öfter als zuvor, überlegte mehr. Am dritten Tag, nachdem sie die Händler verlassen hatten, war es noch deutlicher. Shouta blieb vor einer Absenkungen stehen, musterte sie mit aktiviertem Kekkei Genkai und legte die Stirn in Falten. „Was ist los?“ Hidan folgte seinem Blick, erkannte aber nichts, was ihm irgendwie seltsam erschien. Kakuzu, der neben sie trat, strahlte Gereiztheit aus. Shouta sah zu ihnen. „Ich kenne mich hier nicht sonderlich gut aus“, sagte er, „der Schnee hier ist seltsam, der Wetterbedingungen wegen, weiß ich nicht so recht, ob wir darüber laufen können, ohne, dass wir 'ne Lawine auslösen. Selbst mit Takaragan schwer zu sagen.“ „Sagtest du nicht, dass dieser Weg kein Problem ist?“ Hidan richtete sich seine Sense. Er ließ es spöttisch klingen, doch war er zeitgleich genervt, verstand es nicht. Die Händler hatten genervt, ja, aber die Nächte in kalten Hütten zu verbringen und jetzt nicht zu wissen, wo lang sie gehen mussten, war nicht besser. „Es ist nicht mehr lange bis zu Hisoka.“ Shouta sprach schneller als sonst. Seine Nervosität, gleich zwei Mitglieder Akatsukis zu reizen, stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Was heißt das?“ Nun sprach Kakuzu und natürlich – wie man es nicht hätte anders erwarten können – war er mehr als genervt Shouta zuckte einen Schritt zurück. „Ich finde den Weg schon.“ „Also kennst du ihn nicht.“ Selbst Hidan fand die Drohung in Kakuzus Worten beeindruckend. „Ja ... also nein. Ich kenne die Karte und war in der Nähe. Schon oft.“ Kakuzu ging einen weiteren Schritt auf ihn zu. „Du hast die Karte also nicht einmal?“ „Keine genaue, aber ich habe sie gesehen. Mit dem Takaragan kann ich mich auch erinnern, aber der Schnee ...“ Er wurde unterbrochen „Die Hütten kanntest du ebenfalls nicht. Sie sind halb zerfallen. Jede von ihnen.“ In diesem Moment änderte sich Shoutas Gesichtsausdruck schlagartig, er grinste, und Hidan wusste schon, was gleich passieren würde. Es war wirklich nicht schwer vorauszusehen. Nur die Worte, die Shouta von sich gab, verwunderten ihn: „Als hättest du nicht ausgenutzt, dass es kalt war. Du bist doch angekro-“ Der Schlag kam unvermittelt und heftig. Ein Knacken. Shouta wurde zur Seite gerissen und landete im Schnee, auf dem sich eine Spur Rot abzeichnete. Kakuzu hatte ihm die Nase gebrochen. „Scheiße.“ Shouta stöhnte vor Schmerz und hielt sich die Nase, aus der ein Strom Blut herausbrach. Erst glaubte Hidan, Shouta würde noch etwas Dummes sagen, doch er rang es herunter. „Ist ja gut, ich find' den Weg ja.“ Darum ging es Kakuzu sicher nicht, aber er schwieg und sah Shouta nur mahnend an. Dieser saß noch immer im Schnee, hatte sich aber mittlerweile ein Tuch, das sich mit Blut vollgesogen hatte, gegen die Nase gepresst. Er rappelte sich auf und griff in den Schnee, um sich damit den Bruch zu kühlen. Dass es durchaus lächerlich wirkte, schien ihm egal zu sein. Bevor noch einer der Akatsukimitglieder etwas sagen konnte, fing Shouta wieder an zu sprechen: „Ich habe ihn gefunden.“ Er hob seine freie Hand und deute auf Spuren, die einige Meter von ihnen entfernt im Schnee zu sehen waren. Vielleicht von einem Hund, oder einen Wolf. Was auch immer ein einzelner hier draußen machen sollte. „Wir müssen nur den Spuren folgen.“ Kapitel 29: Die Augen der Wölfe ------------------------------- Shoutas Blut färbte den Schnee rot und Kakuzu wunderte sich, dass er erst jetzt, nachdem sie mehrere Wochen unterwegs waren, dem Jungen die Nase gebrochen hatte. Natürlich war er die letzte Zeit vorsichtiger geworden, doch schien er Kakuzus Ruhe falsch interpretiert zu haben. Es war kein Zeichen von Verständnis oder mehr Toleranz gewesen. Er war nicht netter geworden, nicht freundlicher oder gar sanfter geworden. Aber es ging Kakuzu nicht darum, dass Shouta schneller gesprochen hatte als gut für ihn war, auch nicht darum, dass er sie hier her geführt hatte, ohne die Umgebung zu kennen. Sondern darum, dass er meinte, eine bestimmte Sache aussprechen zu müssen. Idiot. Der Dieb sah zu keinem der beiden Akatsukimitgliedern, nur weiterhin auf diese dämlichen Spuren. „Was hat es damit auf sich?“ Kakuzu grollte, beobachtete Shouta das Tuch zurücksteckte und nach einem neuen zu suchen schien. „Hisokas vertrauter Geist ist ein Wolf.“ Shouta sprach als wäre er erkältet. „Das sind seine Spuren.“ Kakuzu nickte, sah auf die Blutspur, die der Junge nun hinter sich herzog. Man konnte ihnen so oder so schon leicht genug folgen, da machte es das nicht besser. Er knurrte, wühlte dann aber in einer seiner Taschen und drückte dem Dieb ein Taschentuch in die Hand. Shouta starrte zu ihm herüber, hielt es sich aber zugleich an die Nase. „Danke“, kam es gedämpft zu ihm herüber. „Ich habe es nicht getan, um nett zu sein.“ Der Junge gab ein genervtes Geräusch von sich. Trotzig. Wie es sonst nur pubertierende Teenager machten. Er war ein Kind. Zugegeben war er intelligent und das nicht nur für Maßstäbe, mit denen man Kinder maß. Er schätzte den Dieb nicht nur als unfassbar dreist, sondern auch als ausgesprochen klug ein. Dummerweise machte es den Umgang mit ihm nicht leichter. Es war schwer einzuschätzen, wann er etwas aus Kalkulation heraus sagte und wann es ihm einfach herausrutschte. Und wenn er etwas berechnete, war es noch viel schwerer herauszufinden, wieso er es sagte. Was er damit bezwecken wollte. Generell war dieser Junge, dieses Kind, ein Buch, das in einer Sprache geschrieben war, die Kakuzu weder verstehen, noch lesen konnte. Und zusätzlich mit sieben Siegeln verschlossen war. Kaum etwas von dem, was er tat, schien einen Sinn zu ergeben. Er war seltsam. „Ich weiß“, sagte der Dieb nach einiger Zeit. Die Blutung schien endlich gestoppt zu haben, denn er legte das Taschentuch bei Seite, schien sich gleichzeitig die Nase richten zu wollen. „Hättest du nett sein wollen, hättest du sie mir nicht gebrochen.“ Er schien es ihm nicht sonderlich übel zu nehmen, so leicht, wie er daher redete. Kakuzu hob eine Augenbraue. „Was du nicht sagst...“ „Ist sie sehr schief?“ Fast wäre Kakuzu amüsiert. Machte sich Shouta sorgen um sein Erscheinungsbild? War er doch so eitel? Für einen Moment überlegte er, ihn anzulügen, doch würde das nur zu einer noch nervigeren Situation führen. „Nein. Sie ist nur geschwollen.“ „Dann bleibt das hoffentlich so. Ist schon schief genug.“ Mit vorsichtigen Bewegungen wischte er sich das Blut aus dem Gesicht. „Glaub ja nicht, dass ich deswegen nicht wütend bin.“ Dunkles Grün funkelte zu Kakuzu hinauf. „Das hat weh getan.“ „Das war Sinn und Zweck.“ Er war zu nachsichtig. Selbst jetzt noch. Er sollte dem Jungen nicht mit dem Geplauder davon kommen lassen. Doch was sollte er tun? Noch mehr Brüche würden Shouta behindern. Er war schon jetzt von dem Blutverlust deutlich blasser geworden – das dies noch ging war schwer zu glauben, immerhin hatte Shouta ohnehin helle Haut – und er wirkte zerstreut. Schien seine Bewegungen nicht so gut wie sonst kontrollieren zu können. Dass er ihnen hier kollabierte wollte Kakuzu nicht riskieren. Es wäre zwecklos. Und das schien der Dieb zu wissen, was wiederum Kakuzu ärgerte. Und zu all dem dazu, war Hidan von der Situation belustigt. Sehr deutlich. Nicht, dass Kakuzu, außerhalb des Kampfes, etwas auf die Meinung von Hidan hielt, aber es war nervig. „Ihr flirtet selbst jetzt noch?“ Shouta drehte sich halb um. „Das ist kein Flirten.“ Kakuzu verdrehte die Augen. „Haltet die Klappe. Alle beide. Oder es rollen Köpfe.“ Letzteres war vor allem an Hidan gerichtet. Den Jungen konnte er schlecht köpfen, immerhin brauchten sie ihn, um diesen gottverdammten Kristall zu besorgen. Aber Hidan würde es nicht umbringen (und selbst wenn, sein Überleben war nicht essenziell dafür) und ihm zum Schweigen bringen, würde er noch schaffen. Shouta schwieg auf die Drohung hin, allerdings schmollend und nicht Angst oder der Erkenntnis, einen Fehler begannen zu haben und Hidan hielt, nachdem er noch einige Zeit lang Nonsens von sich gegeben hat, seine Klappe. Nach überraschend kurzer Zeit beschleunigte der Junge seine Schritte und bog auf einen kleinen Pfad, den Kakuzu zugegebenermaßen übersehen hätte, ein. Er schlängelte sich an schroffen Felsen entlang und war steil und durch den Schnee schwer zu begehen. Immer wieder lösten sich kleine Lawinen unter ihren Füßen und ganze Schneeplatten verrutschten. Schließlich aber flachte er sich ab und die Kurven wurden weniger steil. „Sind gleich da“, gab der Junge von sich, „vielleicht noch fünf Minuten.“ Rechts von ihnen türmte sich eine Felswand auf. Sie war hoch und wirkte, wie mit einem stumpfen Messer abgeschnitten. Sie war rau und es zeigten sich Felsvorsprünge, doch vom Weiten wirkte sie glatt und in Anbetracht de gewaltigen Höhe, waren die Unebenheiten zu vernachlässigen. Unter anderen Umständen, ohne gebrochene Nase, die ihm Probleme zu machen schien, hätte Shouta wahrscheinlich eine Geschichte dazu erzählen gewusst. Vielleicht eine über die Drachen, oder Riesen, die sicher einen guten Grund dafür gehabt haben, einen Felsen zu schneiden. Ōroras Mythologie voll von solchen aberwitzigen Märchen zu sein. Und der Junge schien sie alle zu kennen. Es würde Kakuzu nicht wundern, würde der Dieb mehr als die meisten Hiergeborenen über diese Erzählungen wissen. Doch Kakuzu fragte nicht nach, musterte den Jungen, ob er noch durchhielt oder wegen der Nase doch plötzlich zusammenbrach. Aber er hielt beachtlich gut. Nachdem die Blutung gestoppt war, kam langsam ein wenig Farbe in sein blutverschmiertes Gesicht zurück. Gering, nach und nach, verschwand die ungesunde Blässe und wich der Rötung, die durch die Kälte ausgelöst wurde. Von einem gesunden Äußeren war der Junge aber noch bei Weitem entfernt. Abgesehen davon, dass die Schwellung ihn sicher nicht attraktiver machte, denn langsam hatte sie sich in seinem weiteren Gesicht ausgebreitet und unter seinem linken Auge, die Seite, auf die Kakuzu geschlagen hatte, färbte sich die Haut dunkler und bläulich. Ein schöner Anblick war das nicht, aber Mitleid hatte Kakuzu keines. Wer nicht hören wollte, musste fühlen und der Junge, dieser verdammte Dieb, verstand es wie kein Zweiter, Drohungen, Befehle und Anweisungen zu überhören. Für diese Dinge war er taub. Nun, das war Hidan zumeist auch, doch war dieser nicht zu töten und bei Weitem robuster als der Junge, der Meisterdieb spielte. Ein Schlag war für Hidan keine große Sache, Shouta hätte ein festerer mit Sicherheit das Genick gebrochen. Eigentlich war es ein Wunder, dass er noch lebte, wenn man es aus dieser Sichtweise betrachtete. „Da ist es.“ Sie bogen um eine Kurve und traten auf ein Plateau, dass von drei Seiten, außer der, aus der sie kamen, von der Felswand eingerahmt wurde. Gerade aus, wenn sich Kakuzu nicht irrte, musste dir Nordseite sein, war sie sogar noch höher und überragte die umliegenden um mindestens zehn Meter, wenn nicht mehr. Doch war dies nicht das, was so beeindruckend an diesem Anblick war. Es war das Gebäude, dass in den Stein hinein gemeißelt war. Obwohl es mehrere Stockwerke hoch in den Stein ragte, erreichte es nicht mal die Hälfte der Felswand, doch konnte Kakuzu gerade Striche in ihr erkennen. Was genau sie waren, konnte er nicht sagen, aber er vermutete, dass es Wege waren, die man hinein geschlagen hatte, vielleicht auch Tunnel, die weiter in den Berg hinein ragten. Aus den vielen Fenster des Anwesens drang schwaches Licht. Kamine konnte Kakuzu keine erkennen, obgleich es sicher welche geben musste. Doch, so schätze er eine Diebin ein, wusste sie, wie man verhindern konnte, dass man sie vom Weiten erkannte. Man musste ihnen wohl zu gute halten, dass sie, im Gegensatz zu den Shinobi und ihren Dörfern wussten, wie man sich versteckte und unsichtbar machen konnte. Alleine die Lage war schwer zu erreichen und aus reiner Neugier würden die wenigstens hier entlang gehen, es wäre zu gefährlich und zu anstrengend. Und mit solch einem großen Anwesen rechnete man nicht mitten in der Wildnis. In einem Gebirge, das lebensfeindlich war, dass in diesem Teil nicht mal mehr Bäume wuchsen. Direkt vor ihnen tat sich eine Mauer, die auf ihrer halben Höhe von Stahl, der sich in die Höhe wand und in selbst im trüben Licht blitzenden Spitzen endete. Das Tor war doppelt so hoch wie Kakuzu und aus dem selben dunklen Metall wie die Stäbe. An seiner Seite saßen zwei steinerne Wölfe, die mit starren Blick geradeaus blickten. In ihre Augenhöhlen waren Saphire eingesetzt. „Ganz schön beeindruckend, was?“ Shouta sprach leise. Ein Hauch Ehrfurcht mischte sich dabei in seine Stimme. Kakuzu sah zu ihm herunter. „Sind die Augen kein Risiko?“ Shouta schnaubte belustigt, verzog aber gleich darauf sein Gesicht vor Schmerzen und fluchte leise vor sich hin. Als er sich beruhigt hatte – tatsächlich hatten seine Augen getränt, wie Kakuzu belustigt feststellte – blickten sie sich an. „Glaub nicht, dass ich nicht versucht habe, sie zu stehlen. Das haben viele getan.“ „Und warum hat es keiner geschafft?“, wollte Hidan wissen, der die Wölfe skeptisch betrachtete. „Sie reagieren immer anders. Einen Dieb sollen sie angeblich den Arm abgebissen haben, aber das glaube ich nicht.Das schlimmste, was mir passiert ist war ein gebrochenes Handgelenk. Aber meist habe ich sie einfach nicht berühren können oder, wenn ich es konnte, sie nicht herausnehmen. Es war seltsam.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wie gesagt, Hisoka wird nicht zu Unrecht von den meisten Dieben bewundert.“ Aus den Augenwinkeln glaubte Kakuzu zu sehen, wie einer der Wölfe blinzelte, aber es war sicher nur der fallende Schnee gewesen, der ihm diesen Eindruck verschaffen hatte. Hidan streckte die Hand nach dem rechten Wolf aus, runzelte die Stirn und zog sich den Handschuh aus, bevor er noch ein weiteres Mal über die Brust strich. „Er ist warm.“ „Ich weiß, deswegen habe ich als Kind geglaubt, sie wären lebendig. Meine Adoptivschwester schwor, dass sie sie sich mal bewegen gesehen hätte. Ist aber Jahre her.“ Man sah dem Jungen an, dass ihm das Sprechen Probleme bereitete. Dass ihn das dennoch nicht davon abhielt, war kein Wunder. Es wäre eher eines gewesen, hätte es das getan. „Oh. Da kommt sie.“ Über den schmalen Weg, der vom Schnee befreit war und dunklen Stein preis gab. Die eine von ihnen war ein großes Tier, ein Wolf, dessen Fell die Farbe von Schnee hatte. Die andere war eine große, schlanke Frau. Auch ihr Haar war weiß, doch war es bei ihr das Alter, das dafür verantwortlich war. Das Tor öffnete sich von selbst und die Frau sprach, bevor es einer der Männer tun könnte. „Shouta“, sagte sie, ihre Stimme war jung und von den Jahren, die hinter ihr lagen, nicht beeinflusst, „du hast dir wieder die Nase brechen lassen.“ Zu seinem Erstaunen, kam keine trotzige Antwort von dem Jungen, stattdessen verneigte sich dieser vor der Frau. „Hisoka-sama.“ Kakuzu war verwirrt. Er hatte hier noch keine Verwendung der Suffixe mitbekommen und Shouta war die Respektlosigkeit in Person. Dennoch verneigte er sich und sprach Hisoka ehrfürchtig an. Hatte er durch den Schlag etwa sein Hirn beschädigt? Hisoka nickte ihm zu. „Das sind deine Begleiter?“ Kakuzu musterte sie einen einen Moment. Sie war alt, vermutlich fünf, höchstens zehn Jahre jünger als er selbst. Es zogen sich tiefe Falten durch ihr Gesicht und ihr war die Dünne, die viele alte Menschen mit sich brachten, eigen. Sie stand aufrecht, doch umschloss ihre linke Hand einen Gehstock, dessen Knauf ein Wolfskopf war, mit festem Griff. Ihre Augen jedoch waren nicht trüb und schwach geworden. Sie strahlten blau zu ihm herüber. Und sie war groß. Einst, als das Alter noch nicht auf ihren Schultern gelastet hatte, war sie vielleicht so groß wie er gewesen. Nun aber war sie in etwa so groß wie Hidan, nur ein minimal größer. „Das sind Kakuzu und Hidan“, stellte Shouta sie vor, bevor er auf den riesigen Wolf, seine Schultern lagen bei weitem höher als Shoutas Kopf, zu trat und ihm über den Kopf strich. „Schneegestöber, es freut mich, dich wieder zu sehen.“ Als Antwort bekam der Junge ein tiefes Brummen und einen sanften Stoß mit der Schnauze gegen die Brust. „Es freut mich, euch kennen zu lernen“, sagte Hisoka und neigte ihren Kopf leicht. „Kommt rein, es ist kalt.“ Sie wandte sich um und lief, ohne auf sie zu warten, los. Der Wolf folgte ihr auf den Fuß. Das Innere Hisokas Anwesen war nicht weniger beeindruckend als das Äußere. Der Boden war mit Holz ausgekleidet und die Wände hier schienen gemauert, nicht komplett in den Stein gemeißelt zu sein. Breite, gewaltige Teppiche bedeckten den Boden und ließe das Innere noch beeindruckender erscheinen. Der Eingangsbereich war eine riesige Halle und Kakuzu musste sich unwillkürlich fragen, wie viele Angestellte diese alte Frau haben musste. Und wie viel Geld. Alleine, diese Halle zu beheizten – es war nach der langen Kälte und mit der kälteresistenten Kleidung viel zu warm hier – musste ein Vermögen und viel Arbeit kosten. Ōroras Technik war rückständig und hier, inmitten des Gebirges, war es noch schwieriger das nötige Material überhaupt zu erlangen. Der Wolf, vermutlich Hisokas vertrauter Geist, folgte ihnen und ließ sich einem Kamin sinken. Die blauen Augen schloss er. Nicht nur sein Name war seltsam, auch, dass er hier blieb und nicht verschwand, wie es bei den vertrauten Geistern üblich war. Doch was wunderte sich Kakuzu hier überhaupt noch? „Shouta“, sagte Hisoka ohne den Jungen anzusehen, „im Ostflügel wird dir jmand mit deiner Nase helfen können. Du wirst erfreut sein, sie zu sehen, hoffe ich.“ Mit einem müden Nicken verschwand der Dieb, offensichtlich froh darüber, dass es sich um die Verletzungen gekümmert wurde. In diesem Fall war es kein Wunder, dass er schwieg und ohne zu Murren den Befehl folgte. Denn auch, wenn Hisoka ruhig sprach, in ihrer Stimme lag eine Autorität, die man nicht leugnen konnte und sie hätte keinen Widerspruch erlaubt. Vielleicht war es doch seltsam, dass der Junge nicht aus purem Trotz widersprochen hatte. „Ich bringe euch zu den Gästezimmern. Momentan befinden sich einige von uns hier, ich nehme an, euch wäre es lieber, abseits von ihnen zu nächtigen.“ Mit Schritten, die zu jung und kräftig für ihren alten Körper erschienen, überwand Hisoka die Stufen. Ihr Gehstock musste Gewicht abnehmen, sah man genauer hin, erkannte man, dass ihr Gewicht ein kleines Stück nach rechts verlagerte, wenn sie ihr linkes Bein nach vorne setzte, aber er machte keinerlei Geräusche. Hidan und Kakuzu wechselten einen kurzen Blick, doch keiner von ihnen kam dazu, etwas zu fragen. „Shouta hat mir einen Vogel geschickt, ich wusste, dass ihr kommt.“ Sie warf ihnen einen Blick über die Schulter zu. „Außerdem sind alle Gäste der Diebe meine Gäste.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde freundlicher, aber sie lächelte nicht. „Wie viele von euch sind noch hier?“ Hidan sah sich in der Halle um, bevor er zu Hisoka blickte. Sie liefen durch einen breiten Flur. An einer Seite befanden sich in regelmäßigen Abständen Türen. Auf der linken waren ab und an welche zu sehen, die schwerer und gesicherter waren als die auf der anderen Seite. Kakuzu vermutete, dass sie in den Berg hineinführten. Er fragte sich, wie weit es hinein ging, aber vielleicht würde er es noch herausfinden. Vermutlich würden sie nicht nur diese Nacht hier verbringen. „Abgesehen von Shouta und mit sind es noch acht weitere, aber es sind noch andere hier. Meine Angestellten werdet ihr vermutlich vor den Dieben sehen, wenn euch nach Ruhe ist.“ Und wie es Kakuzu danach war. Nachdem Hisoka Hidan sein Zimmer zugewiesen hatte und Kakuzu mit ihr vor seiner Tür stand, wollte er nichts mehr, als in Ruhe gelassen zu werden. „Du bist alt“, sagte Hisoka, bevor er in das Zimmer gehen konnte. Ohne sich seine Überraschung anmerken zu lassen, nickte Kakuzu. „Ja.“ „Deine Augen verraten dich“, fuhr die alte Frau mit einem Ausdruck von Weisheit in den ihren fort, „sie sehen die Welt anders.“ Er wusste, was sie damit ausdrücken wollte. Es war vollkommen logisch, eine unumstößliche Tatsache. Sie waren beide alt und das Altern veränderte jeden. Es hinterließ Spuren, abgesehen von dem Äußerlichen, die bei ihm nicht zu sehen waren. Und diese konnte man nur lesen, wenn man sie selbst kannte. „Das tun sie.“ Es war vielleicht vermessen, seine Sichtweise mit Hidans zu vergleichen. Hidan war gläubig und diesem Glauben komplett verschrieben. Nicht sein Alter, sondern der Jashinismus prägte ihn. Alle Sichtweisen waren darauf ausgelegt zu sein und alles andere war Zweitrangig. Bei dem Dieb, bei Shouta, war es anders. Er war unbestritten volljährig und selbstständig, aber jung. Nicht naiv, nicht dieser Junge, aber unbedarft und nicht durch den Filter der Zeit sehend. Hisoka nickte, sagte aber solange nichts, bis Kakuzu das Wort erhob. Mit Abstand war sie der ertragbarste Mensch, den er in den letzten Wochen erlebt hatte. Jemanden, der schwieg, war immer eine Erholung, gerade jetzt, wo er mit dem Jungen und Hidan unterwegs war und kaum eine ruhige Minute hatte. „Wir unterhalten uns morgen weiter.“ Er war nicht bedeutungsvoll genervt, wollte jedoch nun alleine sein. Ein Gespräch, mit einer Person, die in seinem Alter und gesund war, war eine angenehme Abwechslung. Sie senkte ihren Kopf zum wiederholten Male. Dabei löste sich einer ihrer weiten Strähnen und fiel ihr ins Gesicht. „Natürlich.“ Sie wandte sich zum Gehen, blieb jedoch noch stehen. „Tu nur bitte mit und dir einen Gefallen und bringe Shouta nicht um.“ Ohne zu antworten öffnete Kakuzu die Tür zu seinem Zimmer und trat hinein. Es war ein wenig kühler als auf dem Flur, doch war ein, momentan erloschener, Kamin neben dem Holz aufgestapelt war, würde im Notfall Abhilfe verschaffen. Eine weitere halb geöffnete Tür führte zu einem Bad, doch nun war ihm nicht danach. Er öffnete einfach seinen Mantel, ließ ihn auf einen Stuhl fallen und setzte sich auf das Bett. Es war still. Endlich war es still. Wahrscheinlich würde er sich erst hinlegen, ein wenig schlafen. Auf dem harten Boden in den Hütten war es schwer, sich zu erholen. Die Gedanken an die Worte der alten Frau strich er bei Seite. Sich selbst einen Gefallen tun. Den Jungen nicht umbringen. Schwachsinn. Kapitel 30: Ertrinken --------------------- Seine Nase pochte. Und das bei jedem Schritt, gerade jetzt auf den harten Boden anstatt auf dem Schnee. Es war nicht so, dass er es nicht hätte wissen können – viel mehr wissen müssen. Er wusste, wie aggressiv sowohl Kakuzu als auch Hidan waren und vorzuhaben zu sagen, was in der letzten Nacht passiert war, war dämlich gewesen. Er war wütend auf Kakuzu, ziemlich sogar, aber er war keine Überraschung und Shouta wusste, dass er es ihm nicht lange übel nehmen würde. Damit, dass er ihm die Nase brach, hatte er von Anfang an gerechnet und immerhin war sie nicht schief. Außerdem war es Shouta schlicht gewohnt, dass er für seine große Klappe aufs Mal bekam. An der Wut darüber, dass es passiert war, änderte das Ganze aber nichts. Es tat weh und sein Gesicht würde für die nächsten Tage geschwollen sein. Großartig. Und es war Kakuzu gewesen, der kuscheln hatte wollen. Shouta hatte keinen Arm um ihn gelegt oder einen ähnlichen Scheißdreck abgezogen! Gut, wahrscheinlich war es nicht Kakuzus Absicht gewesen, tatsächlich zu kuscheln. Es war sicher einfach passiert, weil ihm während des Schlafs kalt geworden war und Shouta neben ihm gelegen hatte und warm war. Dem praktischen Nutzen zu trotz war es seltsam. Sie hatten das jetzt einmal gemacht und am Ende war es einer der Nächte, die Shouta als schlechte Nacht bezeichnete. Seine Lust das zu wiederholen hielt sich dementsprechend in Grenzen. Nicht, weil es nicht schön war, alleine die Wärme war angenehm gewesen, aber das Risiko wieder auf diese Weise zu reagieren war zu groß. Seufzend hielt er sich davon ab, durch seine Haare zu fahren – seine Hände waren noch blutig und würden seine Haare verschmutzen – und klopfte an die Tür, vor der er nun stand. Ees war noch nicht all zu lange her, seitdem er das letzte Mal hier gewesen war. Es musste der Aufenthaltsraum sein, in dem sich Gäste Hisokas tagsüber aufhielten. Eine Stimme, die er gut kannte, bat ihn herein. Es war ein gemütlicher, offener Saal, der von einen Kamin und einem Kerzenleuchter erhellt und erwärmt wurde. Um den Kamin herum standen drei Sessel und ein großes Sofa, auf denen sich zwei weitere Diebe es sich bequem gemacht hatten. Einer von ihnen, ein junger Mann, dessen untere Gesichtshälfte von einem Tuch verdeckt wurde, saß ihm am nächsten. „Das Vögelchen ist eingeflogen.“ Er sprach schleppend und mit großer Mühe. Vor zwölf oder elf Jahren (es war zu lange her, um sich genau daran zu erinnern), wäre er beinahe gestorben, als er gestürzt und ein Pferd auf sein Gesicht getrampelt war. Shouta würde niemals das Geräusch der berstenden Knochen und den verzerrten Schrei vergessen können. Und noch weniger wie sein bester Freund und er versucht hatten, den Bewusstlosen im Ganzen zu den anderen zu bringen. Man hatte sich die größte Mühe gegeben, sein Gesicht wieder herzustellen, doch war es nicht zu retten gewesen. Es sah nicht mehr schön aus und er versteckte es unter einer Maske, um nicht angestarrt zu werden. „Yosuke“, begrüßte Shouta grinsend und wurde von einer Frau unterbrochen. „Ich habe gehofft, dich noch hier zu treffen.“ Sie lächelte. Das hieß, eine Seite ihres Gesichts lächelte. Die andere blieb starr und wegen der riesigen Narbe, die sich über ihre gesamte rechte Körperhälfte ausbreitete. Ihr dunkles Haare verdeckte die kahle Stelle an ihrer Stirn so gut es ging und nur eines ihrer Augen war auf ihn gerichtet. „Aber nicht damit, dass du dir schon wieder deine Nase hast brechen lassen.“ Shouta verdrehte die Augen. „Da sehe ich meine Mutter monatelang nicht und das erste, was sie mir sagt, sind Vorwürfe.“ Sie war die Frau, die ihn aufgenommen hatte, nachdem Tsubasa ihn nach Ōrora gebracht hatte und im Laufe der Zeit zu seiner Mutter geworden war. Er erwiderte ihr Lächeln. „Wärst du wenigstens so freundlich, mir den Bruch zu behandeln?“ „Aber natürlich, irgendeiner muss es ja tun, nicht wahr? Komm her.“ Wie aufgefordert, ließ er sich neben sie auf das Sofa sinken und knöpfte sich den Mantel auf, schmiss ihn über die Lehne. „Wie ist es passiert?“ Yosuke setzte sich auf die Armlehne und musterte Shouta neugierig mit dunkelgrauen Augen, die in seinen tiefen Augenhöhlen schwarz wirkten. „Welcher Spruch hat das dieses Mal verursacht?“ „Das würde ich auch gerne wissen.“ Seine Ziehmutter, Yuki, zog ihre vorhandene Augenbraue in Richtung Gesichtsmitte. „Wann lernst du endlich, dich zu benehmen?“ Shouta spürte, wie seine Ohren warm wurden. „Mutter“, sagte er peinlich berührt, „das ist doch jetzt egal.“ Yosuke schnaubte belustigt. „Als würde das jemals ohne die Schuld des Vögelchens passieren.“ „Hab einen von denen provoziert, sind beide furchtbar empfindlich.“ Es war nicht seine Schuld, dass sich Kakuzu schnell angegriffen fühlte! Yuki zog ihm an der Schulter zurück. „Leg' den Kopf in den Nacken und halte still.“ Missbilligten schürzte sie ihre Lippen. „Andere sind nicht empfindlich, Shouta, du bist zu provokant.“ Ein wenig grober als nötig, tastete die seine Nase ab. „Autsch“, entfuhr es Shouta, beschwerte sich jedoch nicht weiter. Schmerzfreier würde sie die Behandlung ohnehin nicht durchführen. „Das hat dir noch nie gut getan.“ Yuki lächelte ihn an. „Aber es tut mir leid, dass ich dir wehtue. Ich will sicher gehen, dass alles gerade ist. Noch schiefer soll sie ja nicht werden.“ „Noch schiefer? Kakuzu hat gesagt, dass sie nicht schief ist, nur geschwollen.“ Wehe er hatte ihn angelogen! Yosuke brach in dumpfes, euphorisches Gelächter aus. „Und Kakuzu ist? Ein neuer Liebhaber?“ „Einer meiner Auftraggeber.“ Er wurde von einem erneuten Schmerz im Gesicht unterbrochen. Er war sich ziemlich sicher, dass Yuki das mit Vorsatz machte, aber er ging nicht darauf ein. Für solche Erziehungsmaßnahmen fühlte er sich zu alt. „Ist hierfür“, er deutete auf seine Nase, „verantwortlich.“ „Du hast nachgefragt, ob deine Nase schief ist?“ Yosuke hatte sichtliche Mühe dabei, sein Gelächter zu unterdrücken. „Was dagegen?“ Er wusste, dass es ihm Yosuke nicht übel nahm. Immerhin war eine krumme Nase nicht mit einem entstelltes Erscheinungsbild zu vergleichen, doch Yosuke warf keinem Menschen vor, eitel zu sein. „Nein, ich finde es lustig.“ Yuki gab ein schlecht verborgenes Kichern von sich. „Ich wollte sicher gehen, dass alles aufeinander liegt, aber sei unbesorgt, das tut es.“ Shouta spürte das angenehme Gefühl von heilendem Chakra sich in seinem Gesicht auszubreiten und erschloss seine Augen. Es tat gut. Sie stand auf, ging zum Fenster und kam mit einem Tuch, gefühlt mit Schnee zurück, dass sie Shouta reichte. „Kühl nicht zu lange, das hier hilft nur gegen die Schmerzen. Ich kann mich später aber nochmal um die Schwellung kümmern.“ „Danke.“ Yuki fuhr ihm durch die Haare und durchwühlte sie somit. „Wann hört ihr endlich auf, mir solche Sorgen zu machen?“ „Mutter, bitte.“ Neben sich hörte er, wie Yosuke damit kämpfte, nicht zu laut zu lachen. „Wir sind alle Diebe, da passiert das eben mal.“ Yuki schien noch etwas sagen wollen, ließ es aber bleiben und lehnte sich zurück. „Du willst vermutlich wissen, wer ansonsten noch hier ist.“ „Natürlich.“ Einige von den Namen kannte er nur vom Hören, doch waren Haruka und Isao in seinem Alter und mit ihm aufgewachsen. Rei und Kobe hingegen waren in Yukis Alter. Rei, vermutete Shouta, war ein Mitglied des Zirkels. Es schien passend, sie war intelligent und erfolgreich, aber einen Beweis dafür gab es nicht – Shouta hatte jedoch nie danach gesucht. Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Shouta beschloss, in sein Zimmer zu gehen. Vielleicht würde er einfach versuchen, den verlorenen Schlaf der letzten Tage nachzuholen. Gebrauchen konnte er es definitiv. An diesem Abend sah er Kakuzu nicht mehr und war froh darüber. Es war sicher besser, wenn sie ein wenig Abstand zwischen den Vorfall brachten. Der nächste Tag begann für Shouta ungewöhnlich spät und entspannt. Alleine, in einem weichen, warmen Bett zu schlafen war nach der Reise eine Wohltat. So gut hatte er lange nicht geschlafen, die meisten Gasthäuser waren nicht mit diesem Luxus ausgestattet, den Hisoka bieten konnte und das, obwohl sie hier weitab jeder Zivilisation wohnte. Aber bei diesem Schlaf würde es nicht bleiben. Der weitere Verlauf war friedlich und ruhig, dennoch hatte er viel planen können und war auf dem neuesten Stand, was die aktuellen Ereignisse Ōroras anging. Es gab nicht viel Neues, ein paar Aufstände hier, etliche korrupte Ritter und Politiker da, das Übliche in diesem Reich. Aber er hatte in Erfahrungen bringen können, dass Hoshikos Verletzungen am Verheilen waren. Komplikationen gab es, richtig bewegen konnte sie den Arm nicht. Die Bewegungen waren eingeschränkt, wie man ihm erzählte. Von hier aus konnte er nichts für sie tun und damit blieben ihm die Gedanken darüber und das Gewissen, nichts machen zu können. Kein schönes Gefühl, gewiss nicht. Es fühlte sich erdrückend an. Doch wäre Shouta nicht er selbst, wenn er sich davon unterkriegen lassen würde. Es war nicht schön, jedoch nicht zu ändern und Hoshiko war stark. Sie würde mit der Einschränkung weiter kämpfen und stehlen können. Außerdem hatte sie Hideaki, der für sie da war und Yuki würde sich bald auf den direkten Weg nach Pōto begeben. Beachtete er dies, gab es keinen Grund sich zu sorgen. Auch Hisoka war dieser Ansicht. Gegen Abend gesellte er sich zu ihr, während sie vor dem Kamin eines der Aufenthaltsräume saß. Es war warm hier, doch Hisoka hatte eine Steppdecke über ihre Beine gelegt und trug lange Kleidung, während Shouta die Ärmel seines Pullovers hochkrempelte. „Darf ich dich stören?“ „Das hast du schon.“ Sie sah ihn mit stechend blauen Augen an. Um sie herum zogen sich tiefe Falten, die Shouta nie so sehr aufgefallen waren. „Setzt dich.“ In ihrer Stimme lag nicht nur eine Erlaubnis, es war ein Befehl, den Shouta von einer anderen Person mutmaßlich nicht angenommen hätte. Er ließ sich auf das Sofa fallen und sank ein Stück weit in das weiche Polster hinein. „Ich möchte mit dir sprechen.“ „Natürlich willst du das.“ Sie legte das Buch auf dem Beistelltisch aus Eichenholz neben sich. Die Maserung war über die Jahre hinweg verblichen, jedoch war es immer noch massiv und beständig. Wie alles, in diesem Anwesen. Fast alles. „Ich auch mit dir, es gibt noch mehr, dass ich dir sagen muss, aber sprich du erst.“ „Wie groß schätzt du meine Chancen ein, den Kristall lebend zu erlangen?“ Es blieb still. Nur das Knistern des Feuers und das Heulen des Windes waren noch zu hören. Vielleicht mischte sich darunter das Geheul der Wölfe, die hier zahlreich lebten. „Mit Akatsukis an deiner Seite wirst du in die Festung gelangen und den Kristall erreichen.“ Hisoka seufzte und wirkte zerbrechlich alt auf eine Art, die Shouta Angst machte. „Du bist klug und fähig, wenn das Glück auf deiner Seite ist, wirst du ihn erlangen, doch darum geht es dir nicht.“ Shouta nickte wortlos. „Was willst du wirklich?“ Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. „Die Königskrone stehlen.“ Mit Hisokas Reaktion hatte er gerechnet. Ihr Blick wurde scharf und misstrauisch. „Wenn du den Kristall erlangen kannst, dann auch die Krone.“ Shouta seufzte. „Sei so gut und sag Niemanden etwas davon.“ Und er hoffte, dass sie nicht weiter nachfragen würde. Er hatte Gründe. Gute Gründe. „Du fürchtest den Tod nicht“, äußerte sie und sah zu dem Kamin, „ich frage mich, wieso du sie dann haben willst.“ „Du wirst keine Antwort darauf bekommen.“ „Ich weiß.“ Totenstille füllte den Raum. Shouta blickte lange auf seine Finger und auf die Ringe, die sich dort befanden, dann aus dem Fenster. „Was wolltest du mir sagen?“ Ohne jegliches Umschweifen kam die Antwort: „Sie haben den Kristall gespalten, um die Macht zu schützen. Du wirst in Pōto die zweite Hälfte besorgen müssen.“ „Das ist ein Scherz, oder?“ Fassungslos blickte Shouta zu ihr herüber. Zwei Einbrüche dieser Art? Alleine einer war risikoreich genug. Aber gleich zwei? Und das musste er noch Kakuzu beibringen, wo er momentan solch gute Laune hatte. „Darüber würde ich keine Scherze machen.“ Sie legte eine Hand auf seine Schulter. Es war eine schwache und ernsthafte Berührung. „Wenn du in Pōto bist solltest du mit Tsubasa sprechen, er hat Pläne von der Stadt.“ Shouta rieb sich die Schläfen. „Großartig.“ „Du bist kein Kind mehr, Shouta.“ „Das weiß ich selbst.“ Ungewollt klang er trotziger als es seiner Glaubwürdigkeit gut getan hätte. „Es ist … ich muss nicht unbedingt mit ihm reden.“ Hisokas Augen fixierten ihn und Shouta rutschte unruhig auf dem Polster hin und her. „Du solltest darüber stehen, du hast die Mission mit allen Konsequenzen gewählt. Und mit allen Gefahren.“ „Sag mir etwas, was ich noch nicht weiß“, sagte er seufzend und stand auf. „Aber danke für das Gespräch, ich denke, ich werde Kakuzu und Hidan suchen. Muss ihnen noch Bescheid sagen.“ Hisoka sah ihm nicht nach. „Ich bin mir sicher, dass sich Kakuzu über das Gespräch freuen wird.“ „Ich frage nicht nach, was du damit ausdrücken wolltest“, sagte Shouta mit hochgezogenen Augenbrauen und verabschiedete sich mit einem Nicken in den Flur. Kakuzu war der erste der beiden Akatsukimitglieder, das er traf. „Gut, dass ich dich treffe. Ich muss mit euch etwas besprechen.“ Seine Augen verengten sich. „Um was geht es?“ Shouta musste einen dummen Spruch herunter schlucken. „Wo ist Hidan? Er sollte das mitbekommen.“ „Opfern. Es sollen Soldaten hier in der Nähe sein und er wollte sie suchen.“ Shouta war sich sicher, dass Hidan im Notfall Diebe geopfert hätte. Das hier war jetzt ein glücklicher Zufall, jedoch hätte Shouta die Tatsache über den Kristall gerne beiden gleichzeitig erklärt. „Gehen wir in mein Zimmer, dann können wir das in besprechen, ohne, dass man mithört.“ Das Gespräch stellte sich als einfacher als gedacht heraus. Natürlich war Kakuzu genervt, aber das war kein großes Wunder. Kakuzu war das immer. Grundsätzlich. „War es das jetzt?“, fing er an, nachdem Shouta beendet hatte. Sie saßen sich an einem kleinen Tisch gegenüber. „Ja.“ Zu seinem Erstaunen bewegte sich Kakuzu nicht, schaute stattdessen in sein Gesicht. „Dein Gesicht ist nicht mehr geschwollen.“ „Das habe ich nicht dir zu verdanken.“ Shouta ließ sich auf sein Bett fallen. „Glaube ja nicht, dass ich vergessen habe, dass du mir die Nase gebrochen hast.“ „Du hast es verdient.“ Shouta verdrehte die Augen. „Wieso?“ Okay. Er wusste, dass das hier wieder zu den Aktionen gehörte, die nicht klug waren. Es war sogar sehr dumm, Kakuzu schon wieder zu provozieren. „Du bist in der Nacht auf Kuschelkurs gegangen. Nicht ich.“ Und verdammt, es tat gut, das auszusprechen. Kakuzu erhob sich von dem Stuhl und blieb ihm Raum, zwei Meter von Shouta entfernt, stehen. „Und für dich war das schrecklich? Ich kann mich nicht erinnern, dass es dich gestört hat. Bis zum Morgen.“ Schnaubend setzte sich Shouta ein Stück zurück. „Darum geht es nicht. Was ich habe sagen wollen, stimmt. Du hast damit angefangen und dafür, dass ich dir Wahrheit sage, schlägst du mich gleich.“ „Dir kommt nicht in den Sinn, dass es nicht der passende Zeitpunkt und Ort war?“ Shouta seufzte. „Ja gut, war nicht passend, zufrieden? Aber es stimmt doch. Du hast die Kälte ausgenutzt.“ Kakuzu kam einen Schritt auf ihn zu. Die Muskeln angespannt und scheinbar bereit, ihm erneut irgendetwas zu brechen. Oh... „Ausgenutzt“, wiederholte er grollend. Bevor er realisieren konnte, dass er sprach ohne zu denken, sprach Shouta da aus, was ihm als erstes in den Sinn kam: „Ich habe keinen Arm um dich gelegt.“ Entgegen seiner darauffolgenden Vermutung, machte Kakuzu nichts. Er wandte sich nicht ab, sagte nichts, sondern stand da und blickte auf ihn drauf. Augenblicklich wurde Shouta bewusst, wie viel sie trennte. Er war nicht klein, aber Kakuzu war deutlich größer und muskulöser als er. Rein körperlich war er ihm haushoch überlegen. In jedem Kampf, den sie bestreiten würden, würde Shouta als Verlierer hervorgehen. Das war ein unumstößlicher Fakt. Und es war erschreckend und anziehend zugleich. „Was ist?“, hörte er sich trotz dieser Erkenntnis sagen. „Warum sagst du nichts mehr?“ Kakuzu bewegte sich. Weiter auf ihn zu. Shouta musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn weiter ins Gesicht blicken zu können. „Ich bezweifle, dass es Sinn hat, sich mit dir zu unterhalten.“ „Du tust es gerade aber.“ Er kam noch näher, stand nun beinahe direkt vor dem Bett. Ihre Blicke begegneten sich und in Kakuzus Augen erkannte Shouta Wut. Und mehr. „Lerne endlich deinen Mund zu halten.“ Shouta lachte. Das war erst recht dumm, aber er konnte nicht anders. „Sind wir jetzt wieder hierbei?“ Herzschläge lang war es still. Dann schoss Kakuzu mit der Geschwindigkeit einer Raubkatze auf ihn zu, schubste ihn weiter auf das Bett, drückte ihn auf die Matratze und küsste ihn. Shouta hatte keine Zeit zu reagieren, Kakuzu war zu nahe, als das er hätte ausweichen können und er war zu überrascht. Und kaum hatten sich ihre Lippen berührt, war es Shouta egal. Er öffnete seinen Mund für einen Zungenkuss, legte die Hände auf Kakuzus Rücken und presste seinen Körper gegen Kakuzus. Innerhalb von Sekundenbruchteilen war sein Kopf wie leergefegt. Sie küssten sich, fingen an ihre Körper gegeneinander zu drücken und berührten gegenseitig die nackte Haut. Shouta wusste nicht, warum sie das machten. Er wollte es, obwohl er es eigentlich nicht wollen wollte. Eigentlich musste er noch wütend auf Kakuzu sein, zumindest beleidigt. Er war es auch, aber es hielt ihn nicht davon ab, jetzt mit ihm schlafen zu wollen. Und das nur nach einem Kuss. Sie lösten sich von einander, kamen aber in der Zeit nicht zu Atem, denn Kakuzu zog Shouta noch ein Stück weiter auf das Bett und beugte sich herunter, um ihn in den Hals zu beißen. Ziemlich fest, wie er feststellen musste, doch im Bereich des Ertragbaren. In einem Bereich, der Shouta gefiel, was er mit einem Keuchen ungewollt kund machte. Gleichzeitig fuhren Kakuzus rauen Hände über seinen Oberkörper, packten dann den Stoff seines Pullovers und zog ihn ihm ruppig aus. Deutlich spürte er die Ungeduld, die hinter dieser Aktion lag. Shouta tat es ihm gleich, nun war es endgültig (und das nach so kurzer Zeit) klar, worauf das hinaus lief. Sie küssten sich erneut. Wild und einnehmend. Kakuzu schien noch wütend zu sein. Seine Bewegungen waren unkontrolliert, weniger geschmeidig als die Male im Zelt (oder in den Gasthäusern) und die Kraft, die er alleine für den Kuss aufwandte, war von Aggression getränkt. Kakuzu wandte sich wieder Shoutas Hals zu. Er biss hinein, leckte über die Haut und wiederholte den Vorgang immer wieder. Mit einer Hand stützte er sich links von ihm ab, die andere fuhr über seinen Körper, glitt über die Brustmuskeln und umkreiste eine seiner Brustwarzen grob mit den Daumen. Auch dieses Mal keuchte Shouta, bäumte sich auf und vergrub eine Hand in Kakuzus Haaren. Plötzlich küssten sie sich erneut. Dieser Kuss war ruhiger, dafür umso intensiver. „Kakuzu“, setze Shouta an, sobald sich ihre Münder voneinander lösten und Speichelfäden, sie verbanden. Schneller, gleichzeitig schwerfälliger Atem. „Halt den Mund.“ Die Haare hingen Kakuzu ins Gesicht, berührten Shoutas. Der Ausdruck der sich in seinen Augen widerspiegelte, konnte Shouta nicht deuten, jedoch erahnen. Und es gefiel ihm nicht. „Aber-“ Kakuzu unterbrach ihm mit einem brüsken Kuss. „Halt die Klappe.“ Shouta gab auf, zu sprechen, spannte jedoch seine Muskeln an, um sie beide umzudrehen. Nicht mehr eingeengt unter dem schweren, anderen Körper konnte Shouta seine Bewegungsfreiheit nutzen. Wenn Kakuzu ihn nicht ausreden ließ, würde er ihn wenigstens um den Verstand bringen. Sofort widmete er sich mit dem Mund Kakuzus Brustwarzen, die Hand, die ihn nicht stützte, fuhr die Narben nach. Die einzelnen Unebenheiten zwischen den Fäden, die leichte Rauigkeit, die sich dort an der Haut gebildet hatte. Er mochte dieses Gefühl. Er mochte Kakuzus Narben. Und Kakuzu mochte es, wenn Shouta an seine Nippel ging. Er knabberte an der einen Brustwarze, leckte über sie und hörte selbstzufrieden, wie Kakuzu einen Stöhnen zu einem Keuchen unterdrückte. Ganz deutlich konnte er spüren, wie sich Kakuzus Muskeln anspannten und löste sich nach und nach von den Nippeln und bahnte sich seinem Weg über Kakuzus Bauch, entlang seines Haarstreifens unter dem Bauchnabel bis hin zu dem Hosenbund, an dem er gemächlich entlang leckte. Er öffnete die Hose, grinste, als Kakuzu einen erregten Laut von sich gab und begab sich wieder nach oben, küsste Kakuzu. Unter anderen Umständen hätte Kakuzu mit einer betörenden Überraschung rechnen können, aber nicht jetzt. Wenn er einfach mit Kakuzu fickte, dann würde er ihm wenigstens den Blowjob verweigern. So gut, wie man etwas nicht Verlangtes eben verweigern konnte. Kakuzu vergrub nun eine Hand in Shoutas Haaren, fuhr mir der anderen entlang Shoutas Körper, bis zu seinem Hintern und drückte ihn an sich heran. Er mochte es nicht, wenn man ihn einfach so an die Haare fasste, jedoch gewöhnte sich Shouta langsam daran, dass es Kakuzu tat. Er stöhnte in den Kuss hinein, wollte diesen unterbrechen, um Kakuzu weiter zu reizen, wurde jedoch auf den Rücken gedreht und auf die weichen Decken gedrückt. Am Rande bemerkte er den Geruch des Bettes. Blumig, aber alt. Er schloss seine Augen, konnte Kakuzus Atem nachspüren, wie sich die einzelne Muskeln sich anspannten. Die Fäden rieben über Shoutas Haut, er konnte die Narben genau fühlen, spüren, wo sie entlang liefen. Scheiße, fühlte sich das gut an! Ohne es richtig mitzubekommen wurde seine Hose ausgezogen und landete irgendwo außerhalb seines Sichtfelds. Kakuzu war ebenfalls nackt und entfernte sich vom Bett. „Liegen im Nachtschrank, obere Schublade“, murmelte Shouta ohne, dass Kakuzu fragen musste. Schweigend warf Kakuzu Gleitgel und Kondompackung auf das Bett, war gleich darauf wieder bei Shouta und presste ihre Lippen aufeinander. „Bleib so liegen.“ Kakuzu war heiser und Shouta nickte. Zunehmend wurde alles um ihn herum belanglos. Sollte passieren, was wollte, er wollte ficken. Mit Kakuzu. Rascheln von Bettdecken, Hände an seinen Oberschenkeln, die sie mit sanften Druck auseinander schoben. Shouta stütze sich für den Moment, in dem sich Kakuzu das Kondom überstreifte und nach dem Gleitgel griff, auf, mustere ihn eindringlich. Sah er immer so aus, wenn sie miteinander schliefen? „Was?“ Kakuzu fing seinen Blick auf. Shouta ließ sich auf das Bett zurückfallen. „Ich sehe dich gerne an.“ Er grinste. „Wie du mich.“ Kakuzu antwortete nicht, griff aber nach seiner Hüfte und zog ihn ein Stück zu ihm und hob sein Becken ein Stück an. Nicht unbedingt Shoutas Lieblingsposition, aber er zog seine Beine an sich heran. Kakuzus Aggression schien wieder aufzukommen, entlud sich sich jedoch recht schnell in einem Biss in Shoutas Halsbeuge, der schmerzhaft war. Doch kaum drang Kakuzu in ihn ein, stöhnte er und vergaß alles andere. Er drückte seine Beine gegen Kakuzus Körper und griff nach einer seiner Masken, gleichzeitig in den Nacken. Er hielt sich fest, krallte sich in einer Mischung aus Revanche und Lust in das Fleisch an dieser Stelle. „Kakuzu.“ Keuchen. Stöhnen. „Sei endlich still.“ Kakuzu bewegte sich schneller und fester in ihn und Shouta bewegte sich ihm entgegen. Es war gut. Verdammt gut. Und Kakuzu wusste schon, was er tat. Weitere Bisse. Shouta legte seinen Kopf halb in den Nacken, halb zur Seite und gab ihn somit Kakuzu preis, der die freigewordene Fläche zugleich nutzte. Er leckte über Halsbeuge und Hals, biss zu (noch immer fest) und schien somit sein eigenes Stöhnen unterdrücken zu wollen. Shouta tat es nicht. Es war sinnlos und in diesem Moment war er viel zu überwältigt. Scheiße. Kakuzus Stöhnen wurde mit der Zeit tiefer. Unkontrollierter. Sie küssten sich. Ungebändigt und leidenschaftlich. Und lange. Shouta kam Kakuzu noch näher, schlang seine Beine um dessen Oberkörper und verringerte so jeden Abstand zwischen ihnen. Nur eine von Kakuzus Händen wand sich zwischen sie und umfasste Shoutas Erektion. Nun war es sein Stöhnen, das an Intensität zunahm. Sie unterbrachen den Kuss, sahen sich an und küssten sich erneut. Noch währenddessen wurden Kakuzus Stöße härter und er kam mit einem animalischen Stöhnen. Mit schnellen und schweren Atem bewegte er seine Hand, ohne sich aus ihm zu ziehen – was Shouta recht kam. Mit geschlossenen Augen suchte er an Kakuzus Masken nach Halt, krallte sich fest und ergoss sich schlussendlich in Kakuzus Hand, verteilte das Sperma zwischen ihnen. Erschöpft ließ er seine Beine sinken, berührte Kakuzu, der sich nun aus ihm zog, sich jedoch nicht fortbewegte, sondern über ihn gestützt liegen blieb, weiterhin. Schweiß und Sperma zwischen ihnen. Und die Frage, was das hier sollte. Shoutas Körper entspannte sich. Unter seinen Fingern spürte er das harte Material der Maske. Er tastete sie nach, wissend, dass Kakuzu das nicht spüren würde. Sie fühlten sich interessant an, faszinierend. Schleppend fuhr von ihnen weg, stockte kurz und runzelte die Stirn. Wenn er sich nicht irrte – und das tat er selten, sein Tastsinn war gut ausgeprägt – hatte er gerade Herzschläge gespürt. Am Rücken, nicht einmal gegenüberliegend vom eigentlichen Standpunkt des Herzens bei normalen Menschen. Kakuzu rollte sich von ihm herunter, blieb auf den Rücken liegen und fuhr sich durch die dunklen Haare. Shouta richtete sich auf, robbte sich zum Bettende und den Nachttisch und warf Kakuzu eine Packung Taschentücher hin. Er wischte sich selbst das Sperma vom Bauch und tastete seine Halsbeuge ab. Tatsächlich konnte man noch die Zahnabdrücke an seinem Hals leicht spüren, es tat noch ein wenig weh. Kakuzu hatte sogar in seinen Bissen verflucht viel Kraft. „Das hat wehgetan“, murmelte Shouta und zog sich eine Decke über die Beine, „seit wann machst du das so fest?“ Kakuzu drehte seinen Kopf zu ihm, sein Haar fiel ihm über die Augen und an der Nase hängen. Er sah so jünger aus und wenn Shouta es sich nicht einbildete, hoben sich seine Mundwinkel einen winzigen Moment lang. „Seit wann bist du so empfindlich?“ „Du bist kein Hund und ich bin kein Knochen.“ „Was?“ Zum ersten Mal wirkte Kakuzu aufrichtig überrascht. Fast fassungslos. Shouta grinste. „Das war der erste Vergleich, der mir eingefallen ist“, entschuldigte er sich. „Aha.“ Kakuzu richtete sich auf und suchte sich seine Sachen zusammen. Er zog sich allmählich an, beinahe hatte Shouta das Gefühl, er mache es mit Absicht, damit Shouta die Möglichkeit blieb, ihn zu besehen. Und er nutzte es. Er konnte nicht wegsehen. Die Schweißtropfen, die an den Fäden hängen blieben, seinen Körper entlang liefen und am Bund der Hose sich verflüchtigend. Stillschweigend warf Kakuzu ihm noch seine Kleidung, die auf den Boden gefallen war zu und verließ das Zimmer und hinterließ seinen verwirrten Shouta. Wie um alles in der Welt sollte er das nun einschätzen? Mit einem Seufzen rollte er sich zusammen und zog die Decken enger um sich. Er schlief schnell ein. Und wachte schnell wieder auf. Das Bett war zerwühlt und das Kissen von Tränen feucht. Shoutas Atem war flach und hektisch. Und die Gedanken, die Erinnerungen hörten nicht auf. Er rollte sich zusammen, vergrub die Hände in seinen Haaren und unterdrückte einen verzweifelten Schrei. Nicht in Panik verfallen, es war alles gut. Er war hier alleine. Niemand war hier. Niemand fasste ihn an. Und vor allem war das Monster nicht hier. Keine Panik... keine Angst. Das war nicht nötig. Es war absolut nicht nötig. Er schluchzte richtete sich auf und warf in einem Anfall von Wut das Kissen gegen die Wand. Mit schweren, schleppenden Atem blieb Shouta sitzen, starrte auf das weiße Kissen, das im Mondschein zu leuchten schien. Man konnte sogar das Muster, das auf ihm gestickt war, erkennen. Margeriten und Efeu. Es war hässlich. Dennoch starrte Shouta es an, wischte sich geistesabwesend die Tränen vom Gesicht und wartete so lange mit dem Aufstehen, bis das Zittern einigermaßen nachgelassen hatte. Er musste etwas trinken. Vielleicht würde er dann wieder schlafen können. Wenn nicht, würde er duschen müssen, auch, wenn es andere aufwecken könnte... Im Dunklen tastete er nach der erst besten Kleidung, die ihm in die Hände fiel und zog sich an. Er wusste, dass sich am Ende des Ganges ein kleiner Aufenthaltsraum befand, in dem immer irgendwelche Flaschen Alkohol standen. Tatsächlich fand er einige Met- und Schnapsflaschen vor. Sehr gut. Blindlinks griff er nach der ersten Schnapsflasche, verzichtete gleich auf ein Glas und setzte sie an seine Lippen, ließ sich auf den Sessel fallen, der vor einem kleinen Tisch stand. Hastig trank er tiefe Schlücke und versuchte einen Hustenreiz zu unterdrücken. Das Zeug brannte in seiner Kehle, aber er spürte den Alkohol, das war wichtig, alles andere war zweitrangig. Er trank weiter, stellte die Falsche auf den Tisch und fuhr sich zittrig durch die Haare. Wieso versucht zu zu fliehen, kleiner Vogel? Du weißt, es hat keinen Sinn. Die Gedanken sollten aufhören. Aufhören! Er sackte auf den Sessel zusammen, schluchzte leise ohne zu weinen und griff erneut nach der Flasche, riss dabei aber noch weitere mit. Sie landeten auf den Teppich, zerbrachen nicht, machten aber Lärm, auf den hin Shouta zusammenzuckte. „Scheiße“, murmelte er, trank hastig weiter. Der Schnaps war ekelhaft, er schmeckte auf eine seltsame verfault, selbst wenn Alkohol nicht schlecht werden konnte. Ein wenig erinnerte der Geschmack Shouta an Mottenkugeln. Er verzog den Mund, ließ es aber bei diesen Schnaps. Es war egal, wie er schmeckte. Vielleicht war es sogar besser, wenn es nicht schmeckte. Du gehörst mir, vergiss das nicht. Shouta stieß einen leisen Fluch aus, wollte die heruntergefallen Flaschen aufheben, doch rutschte eine ihm aus der Hand. Klirren von Glas. Shouta fluchte erneut. Trinken. Nicht an die Erinnerungen denken. An alles, aber nicht daran. Die Tür wurde geöffnet. Augenblicklich zuckte Shouta erneut zusammen und starrte zu der Tür. „Was tust du hier?“ Kakuzu trug seine Maske nicht und wirkte genervt. Shouta fragte sich, ob er ihn aufgeweckt hatte. „Trinken“, antwortete er schlicht und hob zur Bekräftigung die Flasche. Der Schnaps brannte noch immer, aber langsam, wo der Alkohol wirkte, gewöhnte er sich daran. Er wusste, dass es ihm nicht gefallen sollte, wenn Kakuzu ihn so sah. Der Alkohol verhinderte, dass ihn das zu sehr beschäftigte. Mittlerweile war ein gutes Stück der Flasche geleert und das auf die Schnelle... natürlich merkte er das. „Du warst zu laut.“ Er starrte auf die Flaschen. Shouta beugte sich nach unten, um zumindest eine Flasche zu nehmen, griff einmal daneben und hatte sie erst dann in den Händen. Er war sie Kakuzu zu, der einen Schritt nach vorne machen musste, um sie aufzufangen. Ja okay, das war vielleicht keine so gute Idee gewesen. „Trink' auch etwas.“ Kakuzu trat in den Raum hinein und blieb ihm gegenüber stehen. Schon wieder. Shouta stand schwankend auf und lief zum Fenster, damit Kakuzu sein Gesicht nicht sehen konnte. Zwar war es hier dunkel, aber er wollte sicher gehen. Mittlerweile hatte er die Flasche zur Hälfte geleert (und er vertrug nicht viel) und sah nicht zu Kakuzu, als dieser zu sprechen begann. „Was soll das?“ Kakuzu konnte seine Verblüffung nicht vollkommen verbergen – und klang erschreckend genervt. Die Flasche stellte er mit unnötig viel Kraft zurück auf den Tisch. Shouta zuckte mit den Schultern, trank weiter. „Ich trinke halt.“ Es ist sinnlos. „Du bist seltsam.“ Kakuzus Aussage blieb im Raum stehen. Lange. „Und du schläfst kaum.“ Shouta spürte, wie er in sich zusammenzuckte. „Das kann sein.“ Er wollte gehen, einfach aus den Raum heraus, aber er blieb stehen und trank. Er wollte nicht, dass Kakuzu ihm nur eine Sekunde lang ins Gesicht blicken konnte. „Es ist so.“ „Dich geht das aber ni-“, setzte Shouta an und verstummt. „Du willst nicht wissen wieso.“ Wer wird dir schon helfen können? Shouta hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Nicht wegen des Alkohols, zumindest nicht vorrangig, sondern weil diese Gedanken nicht aufhörten. Sie brannten sich in ihn hinein. Hielten ihn fest und ließen ihn nicht los. Zaudernd fuhr er sich durch das Haar, rieb über die Augen und trank wieder. Ihm war so schwindelig. Noch nicht schwindelig genug, er dachte noch zu viel nach. Shouta starrte auf die Flasche. Weniger als die Hälfte. Und das in so kurzer Zeit. Er war höchstens seit einer halben Stunde hier... „Du antwortest nicht.“ „Hä?“ „Ich habe dich etwas gefragt.“ Unter anderen Umständen wäre Shouta deutlicher aufgefallen, wie genervt und gefährlich Kakuzu klang, aber jetzt war es ihm egal. Es wunderte ihn, dass er noch hier war und nicht wieder gegangen war. Es war nicht gut, dass er hier war. Es war still, bis Shouta einfiel, dass er antworteten musste: „Und was was hast du mich gefragt?“ Er lehnte seine Stirn gegen das Glas des Fensters. Es war angenehm kühl und seltsam beruhigend. „Gefährde die Mission nicht.“ Shouta blinzelte angestrengt, trank mehr Schnaps. Die Flasche leerte sich zunehmend. Sie war anfangs nicht ganz voll gewesen, nun war sie aber fast leer. Scheiße. Shouta wollte nicht wissen, wie es ihm am nächsten Morgen gehen würde. „Werde ich nicht“, nuschelte er, „die is' mir wichtiger als dir. Ich brauch' die Krone. Sonst wär' ich gar nich' mehr in diesem verfickten Land.“ Grabesstille. „Ich hasse Ōrora.“ „Aha.“ Den Geräuschen nach zu urteilen wollte sich Kakuzu umdrehen, stoppte aber. „Da kommt etwas?“ Shouta hob seinen Kopf. „Hm?“ „Draußen.“ „Oh.“ Ein schwaches Glimmen in der Dunkelheit. Einer der Botenvogel-Jutsus, die die Diebe verwendeten. Zerfahren öffnete Shouta das Fenster, stolperte dabei um ein Haar nach hinten und umfasste die kleine Schriftrolle, die der Vogel bei sich trug. Das Jutsu verpuffte noch während er das Fenster wieder schloss und die Rolle öffnete. Er brauchte lange, bis er sie sie gelesen hatte. Die Schriftzeichen verschwammen vor seinen Augen und er musste eine große Menge Konzentration aufnehmen. „Oh“, sagte er erneut, „sie haben den Rattenspuck abgebrannt.“ Seufzend formte er die passenden Fingerzeichen und erschuf einen neuen Vogel, der verhältnismäßig unförmig aussah und sich langsam fortbewegte, der die Schriftrolle in einen anderen Teil des Gebäudes brachte. Er wollte jetzt nicht Treppen laufen. Dazu fühlte er sich gerade zu betrunken. Ohne ein Wort zu sagen (aber vielleicht bekam es Shouta auch einfach wieder nicht mit), verschwand Kakuzu aus dem Zimmer. Schon wieder. Und Shouta begab sich taumelnd in sein Zimmer und ließ sich dort einfach auf das Bett sinken. Prompt sank er ein, richtete sich das Kissen, das noch im Bett geblieben war und wickelte die Decke um sich. Sie hatten den Rattenspuck abgefackelt. Ein Großteil der Diebe hatte fliehen können, einige waren gestorben, andere noch festgenommen worden. Keiner der Namen hatte ihm etwas, bis auf flüchtige Erinnerungen, gesagt. Dementsprechend hielt sich sein Mitgefühl in Grenzen, es passierte dauernd, dass Diebe in die Hände des Königshaus fielen. Aber es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass dieses altes Gebäude, in dem er oft genug als Kind gewesen war, den Erdboden gleichgemacht worden war. Nicht mehr existierte. Doch auch diese Gedanken verloren sich im Alkohol und Shouta fiel in einem nicht erholsamen, aber wenigstens traumlosen Schlaf. Kapitel 31: Ertrinken (Zensiert) -------------------------------- eine Nase pochte. Und das bei jedem Schritt, gerade jetzt auf den harten Boden anstatt auf dem Schnee. Es war nicht so, dass er es nicht hätte wissen können – viel mehr wissen müssen. Er wusste, wie aggressiv sowohl Kakuzu als auch Hidan waren und vorzuhaben zu sagen, was in der letzten Nacht passiert war, war dämlich gewesen. Er war wütend auf Kakuzu, ziemlich sogar, aber er war keine Überraschung und Shouta wusste, dass er es ihm nicht lange übel nehmen würde. Damit, dass er ihm die Nase brach, hatte er von Anfang an gerechnet und immerhin war sie nicht schief. Außerdem war es Shouta schlicht gewohnt, dass er für seine große Klappe aufs Mal bekam. An der Wut darüber, dass es passiert war, änderte das Ganze aber nichts. Es tat weh und sein Gesicht würde für die nächsten Tage geschwollen sein. Großartig. Und es war Kakuzu gewesen, der kuscheln hatte wollen. Shouta hatte keinen Arm um ihn gelegt oder einen ähnlichen Scheißdreck abgezogen! Gut, wahrscheinlich war es nicht Kakuzus Absicht gewesen, tatsächlich zu kuscheln. Es war sicher einfach passiert, weil ihm während des Schlafs kalt geworden war und Shouta neben ihm gelegen hatte und warm war. Dem praktischen Nutzen zu trotz war es seltsam. Sie hatten das jetzt einmal gemacht und am Ende war es einer der Nächte, die Shouta als schlechte Nacht bezeichnete. Seine Lust das zu wiederholen hielt sich dementsprechend in Grenzen. Nicht, weil es nicht schön war, alleine die Wärme war angenehm gewesen, aber das Risiko wieder auf diese Weise zu reagieren war zu groß. Seufzend hielt er sich davon ab, durch seine Haare zu fahren – seine Hände waren noch blutig und würden seine Haare verschmutzen – und klopfte an die Tür, vor der er nun stand. Ees war noch nicht all zu lange her, seitdem er das letzte Mal hier gewesen war. Es musste der Aufenthaltsraum sein, in dem sich Gäste Hisokas tagsüber aufhielten. Eine Stimme, die er gut kannte, bat ihn herein. Es war ein gemütlicher, offener Saal, der von einen Kamin und einem Kerzenleuchter erhellt und erwärmt wurde. Um den Kamin herum standen drei Sessel und ein großes Sofa, auf denen sich zwei weitere Diebe es sich bequem gemacht hatten. Einer von ihnen, ein junger Mann, dessen untere Gesichtshälfte von einem Tuch verdeckt wurde, saß ihm am nächsten. „Das Vögelchen ist eingeflogen.“ Er sprach schleppend und mit großer Mühe. Vor zwölf oder elf Jahren (es war zu lange her, um sich genau daran zu erinnern), wäre er beinahe gestorben, als er gestürzt und ein Pferd auf sein Gesicht getrampelt war. Shouta würde niemals das Geräusch der berstenden Knochen und den verzerrten Schrei vergessen können. Und noch weniger wie sein bester Freund und er versucht hatten, den Bewusstlosen im Ganzen zu den anderen zu bringen. Man hatte sich die größte Mühe gegeben, sein Gesicht wieder herzustellen, doch war es nicht zu retten gewesen. Es sah nicht mehr schön aus und er versteckte es unter einer Maske, um nicht angestarrt zu werden. „Yosuke“, begrüßte Shouta grinsend und wurde von einer Frau unterbrochen. „Ich habe gehofft, dich noch hier zu treffen.“ Sie lächelte. Das hieß, eine Seite ihres Gesichts lächelte. Die andere blieb starr und wegen der riesigen Narbe, die sich über ihre gesamte rechte Körperhälfte ausbreitete. Ihr dunkles Haare verdeckte die kahle Stelle an ihrer Stirn so gut es ging und nur eines ihrer Augen war auf ihn gerichtet. „Aber nicht damit, dass du dir schon wieder deine Nase hast brechen lassen.“ Shouta verdrehte die Augen. „Da sehe ich meine Mutter monatelang nicht und das erste, was sie mir sagt, sind Vorwürfe.“ Sie war die Frau, die ihn aufgenommen hatte, nachdem Tsubasa ihn nach Ōrora gebracht hatte und im Laufe der Zeit zu seiner Mutter geworden war. Er erwiderte ihr Lächeln. „Wärst du wenigstens so freundlich, mir den Bruch zu behandeln?“ „Aber natürlich, irgendeiner muss es ja tun, nicht wahr? Komm her.“ Wie aufgefordert, ließ er sich neben sie auf das Sofa sinken und knöpfte sich den Mantel auf, schmiss ihn über die Lehne. „Wie ist es passiert?“ Yosuke setzte sich auf die Armlehne und musterte Shouta neugierig mit dunkelgrauen Augen, die in seinen tiefen Augenhöhlen schwarz wirkten. „Welcher Spruch hat das dieses Mal verursacht?“ „Das würde ich auch gerne wissen.“ Seine Ziehmutter, Yuki, zog ihre vorhandene Augenbraue in Richtung Gesichtsmitte. „Wann lernst du endlich, dich zu benehmen?“ Shouta spürte, wie seine Ohren warm wurden. „Mutter“, sagte er peinlich berührt, „das ist doch jetzt egal.“ Yosuke schnaubte belustigt. „Als würde das jemals ohne die Schuld des Vögelchens passieren.“ „Hab einen von denen provoziert, sind beide furchtbar empfindlich.“ Es war nicht seine Schuld, dass sich Kakuzu schnell angegriffen fühlte! Yuki zog ihm an der Schulter zurück. „Leg' den Kopf in den Nacken und halte still.“ Missbilligten schürzte sie ihre Lippen. „Andere sind nicht empfindlich, Shouta, du bist zu provokant.“ Ein wenig grober als nötig, tastete die seine Nase ab. „Autsch“, entfuhr es Shouta, beschwerte sich jedoch nicht weiter. Schmerzfreier würde sie die Behandlung ohnehin nicht durchführen. „Das hat dir noch nie gut getan.“ Yuki lächelte ihn an. „Aber es tut mir leid, dass ich dir wehtue. Ich will sicher gehen, dass alles gerade ist. Noch schiefer soll sie ja nicht werden.“ „Noch schiefer? Kakuzu hat gesagt, dass sie nicht schief ist, nur geschwollen.“ Wehe er hatte ihn angelogen! Yosuke brach in dumpfes, euphorisches Gelächter aus. „Und Kakuzu ist? Ein neuer Liebhaber?“ „Einer meiner Auftraggeber.“ Er wurde von einem erneuten Schmerz im Gesicht unterbrochen. Er war sich ziemlich sicher, dass Yuki das mit Vorsatz machte, aber er ging nicht darauf ein. Für solche Erziehungsmaßnahmen fühlte er sich zu alt. „Ist hierfür“, er deutete auf seine Nase, „verantwortlich.“ „Du hast nachgefragt, ob deine Nase schief ist?“ Yosuke hatte sichtliche Mühe dabei, sein Gelächter zu unterdrücken. „Was dagegen?“ Er wusste, dass es ihm Yosuke nicht übel nahm. Immerhin war eine krumme Nase nicht mit einem entstelltes Erscheinungsbild zu vergleichen, doch Yosuke warf keinem Menschen vor, eitel zu sein. „Nein, ich finde es lustig.“ Yuki gab ein schlecht verborgenes Kichern von sich. „Ich wollte sicher gehen, dass alles aufeinander liegt, aber sei unbesorgt, das tut es.“ Shouta spürte das angenehme Gefühl von heilendem Chakra sich in seinem Gesicht auszubreiten und erschloss seine Augen. Es tat gut. Sie stand auf, ging zum Fenster und kam mit einem Tuch, gefühlt mit Schnee zurück, dass sie Shouta reichte. „Kühl nicht zu lange, das hier hilft nur gegen die Schmerzen. Ich kann mich später aber nochmal um die Schwellung kümmern.“ „Danke.“ Yuki fuhr ihm durch die Haare und durchwühlte sie somit. „Wann hört ihr endlich auf, mir solche Sorgen zu machen?“ „Mutter, bitte.“ Neben sich hörte er, wie Yosuke damit kämpfte, nicht zu laut zu lachen. „Wir sind alle Diebe, da passiert das eben mal.“ Yuki schien noch etwas sagen wollen, ließ es aber bleiben und lehnte sich zurück. „Du willst vermutlich wissen, wer ansonsten noch hier ist.“ „Natürlich.“ Einige von den Namen kannte er nur vom Hören, doch waren Haruka und Isao in seinem Alter und mit ihm aufgewachsen. Rei und Kobe hingegen waren in Yukis Alter. Rei, vermutete Shouta, war ein Mitglied des Zirkels. Es schien passend, sie war intelligent und erfolgreich, aber einen Beweis dafür gab es nicht – Shouta hatte jedoch nie danach gesucht. Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Shouta beschloss, in sein Zimmer zu gehen. Vielleicht würde er einfach versuchen, den verlorenen Schlaf der letzten Tage nachzuholen. Gebrauchen konnte er es definitiv.   An diesem Abend sah er Kakuzu nicht mehr und war froh darüber. Es war sicher besser, wenn sie ein wenig Abstand zwischen den Vorfall brachten.   Der nächste Tag begann für Shouta ungewöhnlich spät und entspannt. Alleine, in einem weichen, warmen Bett zu schlafen war nach der Reise eine Wohltat. So gut hatte er lange nicht geschlafen, die meisten Gasthäuser waren nicht mit diesem Luxus ausgestattet, den Hisoka bieten konnte und das, obwohl sie hier weitab jeder Zivilisation wohnte. Aber bei diesem Schlaf würde es nicht bleiben. Der weitere Verlauf war friedlich und ruhig, dennoch hatte er viel planen können und war auf dem neuesten Stand, was die aktuellen Ereignisse Ōroras anging. Es gab nicht viel Neues, ein paar Aufstände hier, etliche korrupte Ritter und Politiker da, das Übliche in diesem Reich. Aber er hatte in Erfahrungen bringen können, dass Hoshikos Verletzungen am Verheilen waren. Komplikationen gab es, richtig bewegen konnte sie den Arm nicht. Die Bewegungen waren eingeschränkt, wie man ihm erzählte. Von hier aus konnte er nichts für sie tun und damit blieben ihm die Gedanken darüber und das Gewissen, nichts machen zu können. Kein schönes Gefühl, gewiss nicht. Es fühlte sich erdrückend an. Doch wäre Shouta nicht er selbst, wenn er sich davon unterkriegen lassen würde. Es war nicht schön, jedoch nicht zu ändern und Hoshiko war stark. Sie würde mit der Einschränkung weiter kämpfen und stehlen können. Außerdem hatte sie Hideaki, der für sie da war und Yuki würde sich bald auf den direkten Weg nach Pōto begeben. Beachtete er dies, gab es keinen Grund sich zu sorgen.   Auch Hisoka war dieser Ansicht. Gegen Abend gesellte er sich zu ihr, während sie vor dem Kamin eines der Aufenthaltsräume saß. Es war warm hier, doch Hisoka hatte eine Steppdecke über ihre Beine gelegt und trug lange Kleidung, während Shouta die Ärmel seines Pullovers hochkrempelte. „Darf ich dich stören?“ „Das hast du schon.“ Sie sah ihn mit stechend blauen Augen an. Um sie herum zogen sich tiefe Falten, die Shouta nie so sehr aufgefallen waren. „Setzt dich.“ In ihrer Stimme lag nicht nur eine Erlaubnis, es war ein Befehl, den Shouta von einer anderen Person mutmaßlich nicht angenommen hätte. Er ließ sich auf das Sofa fallen und sank ein Stück weit in das weiche Polster hinein. „Ich möchte mit dir sprechen.“ „Natürlich willst du das.“ Sie legte das Buch auf dem Beistelltisch aus Eichenholz neben sich. Die Maserung war über die Jahre hinweg verblichen, jedoch war es immer noch massiv und beständig. Wie alles, in diesem Anwesen. Fast alles. „Ich auch mit dir, es gibt noch mehr, dass ich dir sagen muss, aber sprich du erst.“ „Wie groß schätzt du meine Chancen ein, den Kristall lebend zu erlangen?“ Es blieb still. Nur das Knistern des Feuers und das Heulen des Windes waren noch zu hören. Vielleicht mischte sich darunter das Geheul der Wölfe, die hier zahlreich lebten. „Mit Akatsukis an deiner Seite wirst du in die Festung gelangen und den Kristall erreichen.“ Hisoka seufzte und wirkte zerbrechlich alt auf eine Art, die Shouta Angst machte. „Du bist klug und fähig, wenn das Glück auf deiner Seite ist, wirst du ihn erlangen, doch darum geht es dir nicht.“ Shouta nickte wortlos. „Was willst du wirklich?“ Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. „Die Königskrone stehlen.“ Mit Hisokas Reaktion hatte er gerechnet. Ihr Blick wurde scharf und misstrauisch. „Wenn du den Kristall erlangen kannst, dann auch die Krone.“ Shouta seufzte. „Sei so gut und sag Niemanden etwas davon.“ Und er hoffte, dass sie nicht weiter nachfragen würde. Er hatte Gründe. Gute Gründe. „Du fürchtest den Tod nicht“, äußerte sie und sah zu dem Kamin, „ich frage mich, wieso du sie dann haben willst.“ „Du wirst keine Antwort darauf bekommen.“ „Ich weiß.“ Totenstille füllte den Raum. Shouta blickte lange auf seine Finger und auf die Ringe, die sich dort befanden, dann aus dem Fenster. „Was wolltest du mir sagen?“ Ohne jegliches Umschweifen kam die Antwort: „Sie haben den Kristall gespalten, um die Macht zu schützen. Du wirst in Pōto die zweite Hälfte besorgen müssen.“ „Das ist ein Scherz, oder?“ Fassungslos blickte Shouta zu ihr herüber. Zwei Einbrüche dieser Art? Alleine einer war risikoreich genug. Aber gleich zwei? Und das musste er noch Kakuzu beibringen, wo er momentan solch gute Laune hatte. „Darüber würde ich keine Scherze machen.“ Sie legte eine Hand auf seine Schulter. Es war eine schwache und ernsthafte Berührung. „Wenn du in Pōto bist solltest du mit Tsubasa sprechen, er hat Pläne von der Stadt.“ Shouta rieb sich die Schläfen. „Großartig.“ „Du bist kein Kind mehr, Shouta.“ „Das weiß ich selbst.“ Ungewollt klang er trotziger als es seiner Glaubwürdigkeit gut getan hätte. „Es ist … ich muss nicht unbedingt mit ihm reden.“ Hisokas Augen fixierten ihn und Shouta rutschte unruhig auf dem Polster hin und her. „Du solltest darüber stehen, du hast die Mission mit allen Konsequenzen gewählt. Und mit allen Gefahren.“ „Sag mir etwas, was ich noch nicht weiß“, sagte er seufzend und stand auf. „Aber danke für das Gespräch, ich denke, ich werde Kakuzu und Hidan suchen. Muss ihnen noch Bescheid sagen.“ Hisoka sah ihm nicht nach. „Ich bin mir sicher, dass sich Kakuzu über das Gespräch freuen wird.“ „Ich frage nicht nach, was du damit ausdrücken wolltest“, sagte Shouta mit hochgezogenen Augenbrauen und verabschiedete sich mit einem Nicken in den Flur.   Kakuzu war der erste der beiden Akatsukimitglieder, das er traf. „Gut, dass ich dich treffe. Ich muss mit euch etwas besprechen.“ Seine Augen verengten sich. „Um was geht es?“ Shouta musste einen dummen Spruch herunter schlucken. „Wo ist Hidan? Er sollte das mitbekommen.“ „Opfern. Es sollen Soldaten hier in der Nähe sein und er wollte sie suchen.“ Shouta war sich sicher, dass Hidan im Notfall Diebe geopfert hätte. Das hier war jetzt ein glücklicher Zufall, jedoch hätte Shouta die Tatsache über den Kristall gerne beiden gleichzeitig erklärt. „Gehen wir in mein Zimmer, dann können wir das in besprechen, ohne, dass man mithört.“ Das Gespräch stellte sich als einfacher als gedacht heraus. Natürlich war Kakuzu genervt, aber das war kein großes Wunder. Kakuzu war das immer. Grundsätzlich. „War es das jetzt?“, fing er an, nachdem Shouta beendet hatte. Sie saßen sich an einem kleinen Tisch gegenüber. „Ja.“ Zu seinem Erstaunen bewegte sich Kakuzu nicht, schaute stattdessen in sein Gesicht. „Dein Gesicht ist nicht mehr geschwollen.“ „Das habe ich nicht dir zu verdanken.“ Shouta ließ sich auf sein Bett fallen. „Glaube ja nicht, dass ich vergessen habe, dass du mir die Nase gebrochen hast.“ „Du hast es verdient.“ Shouta verdrehte die Augen. „Wieso?“ Okay. Er wusste, dass das hier wieder zu den Aktionen gehörte, die nicht klug waren. Es war sogar sehr dumm, Kakuzu schon wieder zu provozieren. „Du bist in der Nacht auf Kuschelkurs gegangen. Nicht ich.“ Und verdammt, es tat gut, das auszusprechen. Kakuzu erhob sich von dem Stuhl und blieb ihm Raum, zwei Meter von Shouta entfernt, stehen. „Und für dich war das schrecklich? Ich kann mich nicht erinnern, dass es dich gestört hat. Bis zum Morgen.“ Schnaubend setzte sich Shouta ein Stück zurück. „Darum geht es nicht. Was ich habe sagen wollen, stimmt. Du hast damit angefangen und dafür, dass ich dir Wahrheit sage, schlägst du mich gleich.“ „Dir kommt nicht in den Sinn, dass es nicht der passende Zeitpunkt und Ort war?“ Shouta seufzte. „Ja gut, war nicht passend, zufrieden? Aber es stimmt doch. Du hast die Kälte ausgenutzt.“ Kakuzu kam einen Schritt auf ihn zu. Die Muskeln angespannt und scheinbar bereit, ihm erneut irgendetwas zu brechen. Oh... „Ausgenutzt“, wiederholte er grollend. Bevor er realisieren konnte, dass er sprach ohne zu denken, sprach Shouta da aus, was ihm als erstes in den Sinn kam: „Ich habe keinen Arm um dich gelegt.“ Entgegen seiner darauffolgenden Vermutung, machte Kakuzu nichts. Er wandte sich nicht ab, sagte nichts, sondern stand da und blickte auf ihn drauf. Augenblicklich wurde Shouta bewusst, wie viel sie trennte. Er war nicht klein, aber Kakuzu war deutlich größer und muskulöser als er. Rein körperlich war er ihm haushoch überlegen. In jedem Kampf, den sie bestreiten würden, würde Shouta als Verlierer hervorgehen. Das war ein unumstößlicher Fakt. Und es war erschreckend und anziehend zugleich. „Was ist?“, hörte er sich trotz dieser Erkenntnis sagen. „Warum sagst du nichts mehr?“ Kakuzu bewegte sich. Weiter auf ihn zu. Shouta musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn weiter ins Gesicht blicken zu können. „Ich bezweifle, dass es Sinn hat, sich mit dir zu unterhalten.“ „Du tust es gerade aber.“ Er kam noch näher, stand nun beinahe direkt vor dem Bett. Ihre Blicke begegneten sich und in Kakuzus Augen erkannte Shouta Wut. Und mehr. „Lerne endlich deinen Mund zu halten.“ Shouta lachte. Das war erst recht dumm, aber er konnte nicht anders. „Sind wir jetzt wieder hierbei?“   Herzschläge lang war es still.   Dann schoss Kakuzu mit der Geschwindigkeit einer Raubkatze auf ihn zu, schubste ihn weiter auf das Bett, drückte ihn auf die Matratze und küsste ihn. Shouta hatte keine Zeit zu reagieren, Kakuzu war zu nahe, als das er hätte ausweichen können und er war zu überrascht. Und kaum hatten sich ihre Lippen berührt, war es Shouta egal. Er öffnete seinen Mund für einen Zungenkuss, legte die Hände auf Kakuzus Rücken und presste seinen Körper gegen Kakuzus. Innerhalb von Sekundenbruchteilen war sein Kopf wie leergefegt. Sie küssten sich, fingen an ihre Körper gegeneinander zu drücken und berührten gegenseitig die nackte Haut. Shouta wusste nicht, warum sie das machten. Er wollte es, obwohl er es eigentlich nicht wollen wollte. Eigentlich musste er noch wütend auf Kakuzu sein, zumindest beleidigt. Er war es auch, aber es hielt ihn nicht davon ab, jetzt mit ihm schlafen zu wollen. Und das nur nach einem Kuss. Sie lösten sich von einander, kamen aber in der Zeit nicht zu Atem, denn Kakuzu zog Shouta noch ein Stück weiter auf das Bett und beugte sich herunter, um ihn in den Hals zu beißen. Ziemlich fest, wie er feststellen musste, doch im Bereich des Ertragbaren. In einem Bereich, der Shouta gefiel, was er mit einem Keuchen ungewollt kund machte. Gleichzeitig fuhren Kakuzus rauen Hände über seinen Oberkörper, packten dann den Stoff seines Pullovers und zog ihn ihm ruppig aus. Deutlich spürte er die Ungeduld, die hinter dieser Aktion lag. Shouta tat es ihm gleich, nun war es endgültig (und das nach so kurzer Zeit) klar, worauf das hinaus lief. Sie küssten sich erneut. Wild und einnehmend. Kakuzu schien noch wütend zu sein. Seine Bewegungen waren unkontrolliert, weniger geschmeidig als die Male im Zelt (oder in den Gasthäusern) und die Kraft, die er alleine für den Kuss aufwandte, war von Aggression getränkt. Kakuzu wandte sich wieder Shoutas Hals zu. Er biss hinein, leckte über die Haut und wiederholte den Vorgang immer wieder. Mit einer Hand stützte er sich links von ihm ab, die andere fuhr über seinen Körper, glitt über die Brustmuskeln und umkreiste eine seiner Brustwarzen grob mit den Daumen. Auch dieses Mal keuchte Shouta, bäumte sich auf und vergrub eine Hand in Kakuzus Haaren. Plötzlich küssten sie sich erneut. Dieser Kuss war ruhiger, dafür umso intensiver. „Kakuzu“, setze Shouta an, sobald sich ihre Münder voneinander lösten und Speichelfäden, sie verbanden. Schneller, gleichzeitig schwerfälliger Atem. „Halt den Mund.“ Die Haare hingen Kakuzu ins Gesicht, berührten Shoutas. Der Ausdruck der sich in seinen Augen widerspiegelte, konnte Shouta nicht deuten, jedoch erahnen. Und es gefiel ihm nicht. „Aber-“ Kakuzu unterbrach ihm mit einem brüsken Kuss. „Halt die Klappe.“ Shouta gab auf, zu sprechen, spannte jedoch seine Muskeln an, um sie beide umzudrehen. Nicht mehr eingeengt unter dem schweren, anderen Körper konnte Shouta seine Bewegungsfreiheit nutzen. Wenn Kakuzu ihn nicht ausreden ließ, würde er ihn wenigstens um den Verstand bringen. Sofort widmete er sich mit dem Mund Kakuzus Brustwarzen, die Hand, die ihn nicht stützte, fuhr die Narben nach. Die einzelnen Unebenheiten zwischen den Fäden, die leichte Rauigkeit, die sich dort an der Haut gebildet hatte. Er mochte dieses Gefühl. Er mochte Kakuzus Narben. Und Kakuzu mochte es, wenn Shouta an seine Nippel ging. Er knabberte an der einen Brustwarze, leckte über sie und hörte selbstzufrieden, wie Kakuzu einen Stöhnen zu einem Keuchen unterdrückte. Ganz deutlich konnte er spüren, wie sich Kakuzus Muskeln anspannten und löste sich nach und nach von den Nippeln und bahnte sich seinem Weg über Kakuzus Bauch, entlang seines Haarstreifens unter dem Bauchnabel bis hin zu dem Hosenbund, an dem er gemächlich entlang leckte. Er öffnete die Hose, grinste, als Kakuzu einen erregten Laut von sich gab und begab sich wieder nach oben, küsste Kakuzu. Unter anderen Umständen hätte Kakuzu mit einer betörenden Überraschung rechnen können, aber nicht jetzt. Wenn er einfach mit Kakuzu fickte, dann würde er ihm wenigstens den Blowjob verweigern. So gut, wie man etwas nicht Verlangtes eben verweigern konnte. Kakuzu vergrub nun eine Hand in Shoutas Haaren, fuhr mir der anderen entlang Shoutas Körper, bis zu seinem Hintern und drückte ihn an sich heran. Er mochte es nicht, wenn man ihn einfach so an die Haare fasste, jedoch gewöhnte sich Shouta langsam daran, dass es Kakuzu tat. Er stöhnte in den Kuss hinein, wollte diesen unterbrechen, um Kakuzu weiter zu reizen, wurde jedoch auf den Rücken gedreht und auf die weichen Decken gedrückt. Am Rande bemerkte er den Geruch des Bettes. Blumig, aber alt. Er schloss seine Augen, konnte Kakuzus Atem nachspüren, wie sich die einzelne Muskeln sich anspannten. Die Fäden rieben über Shoutas Haut, er konnte die Narben genau fühlen, spüren, wo sie entlang liefen. Scheiße, fühlte sich das gut an! Ohne es richtig mitzubekommen wurde seine Hose ausgezogen und landete irgendwo außerhalb seines Sichtfelds. Kakuzu war ebenfalls nackt und entfernte sich vom Bett. „Liegen im Nachtschrank, obere Schublade“, murmelte Shouta ohne, dass Kakuzu fragen musste. Schweigend warf Kakuzu Gleitgel und Kondompackung auf das Bett, war gleich darauf wieder bei Shouta und presste ihre Lippen aufeinander. „Bleib so liegen.“ Kakuzu war heiser und Shouta nickte. Zunehmend wurde alles um ihn herum belanglos. Sollte passieren, was wollte, er wollte ficken. Mit Kakuzu.   Rascheln von Bettdecken, Hände an seinen Oberschenkeln, die sie mit sanften Druck auseinander schoben. Shouta stütze sich für den Moment, in dem sich Kakuzu das Kondom überstreifte und nach dem Gleitgel griff, auf, mustere ihn eindringlich. Sah er immer so aus, wenn sie miteinander schliefen? „Was?“ Kakuzu fing seinen Blick auf. Shouta ließ sich auf das Bett zurückfallen. „Ich sehe dich gerne an.“ Er grinste. „Wie du mich.“ Kakuzu antwortete nicht, griff aber nach seiner Hüfte und zog ihn  zu sich und hob sein Becken ein Stück an. Nicht unbedingt Shoutas Lieblingsposition, aber er zog seine Beine an sich heran. Kakuzus Aggression schien wieder aufzukommen, entlud sich sich jedoch recht schnell in einem Biss in Shoutas Halsbeuge, der schmerzhaft war... Erschöpft ließ Shouta seine Beine sinken, berührte Kakuzu, der sich nicht fortbewegte, sondern über ihn gestützt liegen blieb, weiterhin. Schweiß und Sperma zwischen ihnen. Und die Frage, was das hier sollte. Shoutas Körper entspannte sich. Unter seinen Fingern spürte er das harte Material der Maske. Er tastete sie nach, wissend, dass Kakuzu das nicht spüren würde. Sie fühlten sich interessant an, faszinierend. Schleppend fuhr von ihnen weg, stockte kurz und runzelte die Stirn. Wenn er sich nicht irrte – und das tat er selten, sein Tastsinn war gut ausgeprägt – hatte er gerade Herzschläge gespürt. Am Rücken, nicht einmal gegenüberliegend vom eigentlichen Standpunkt des Herzens bei normalen Menschen.   Kakuzu rollte sich von ihm herunter, blieb auf den Rücken liegen und fuhr sich durch die dunklen Haare. Shouta richtete sich auf, robbte sich zum Bettende und den Nachttisch und warf Kakuzu eine Packung Taschentücher hin. Er wischte sich selbst das Sperma vom Bauch und tastete seine Halsbeuge ab. Tatsächlich konnte man noch die Zahnabdrücke an seinem Hals leicht spüren, es tat noch ein wenig weh. Kakuzu hatte sogar in seinen Bissen verflucht viel Kraft. „Das hat wehgetan“, murmelte Shouta und zog sich eine Decke über die Beine, „seit wann machst du das so fest?“ Kakuzu drehte seinen Kopf zu ihm, sein Haar fiel ihm über die Augen und an der Nase hängen. Er sah so jünger aus und wenn Shouta es sich nicht einbildete, hoben sich seine Mundwinkel einen winzigen Moment lang. „Seit wann bist du so empfindlich?“ „Du bist kein Hund und ich bin kein Knochen.“ „Was?“ Zum ersten Mal wirkte Kakuzu aufrichtig überrascht. Fast fassungslos. Shouta grinste. „Das war der erste Vergleich, der mir eingefallen ist“, entschuldigte er sich. „Aha.“ Kakuzu richtete sich auf und suchte sich seine Sachen zusammen. Er zog sich allmählich an, beinahe hatte Shouta das Gefühl, er mache es mit Absicht, damit Shouta die Möglichkeit blieb, ihn zu besehen. Und er nutzte es. Er konnte nicht wegsehen. Die Schweißtropfen, die an den Fäden hängen blieben, seinen Körper entlang liefen und am Bund der Hose sich verflüchtigend. Stillschweigend warf Kakuzu ihm noch seine Kleidung, die auf den Boden gefallen war zu und verließ das Zimmer und hinterließ seinen verwirrten Shouta. Wie um alles in der Welt sollte er das nun einschätzen? Mit einem Seufzen rollte er sich zusammen und zog die Decken enger um sich.   Er schlief schnell ein. Und wachte schnell wieder auf.   Das Bett war zerwühlt und das Kissen von Tränen feucht. Shoutas Atem war flach und hektisch. Und die Gedanken, die Erinnerungen hörten nicht auf. Er rollte sich zusammen, vergrub die Hände in seinen Haaren und unterdrückte einen verzweifelten Schrei. Nicht in Panik verfallen, es war alles gut. Er war hier alleine. Niemand war hier. Niemand fasste ihn an. Und vor allem war das Monster nicht hier. Keine Panik... keine Angst. Das war nicht nötig. Es war absolut nicht nötig. Er schluchzte richtete sich auf und warf in einem Anfall von Wut das Kissen gegen die Wand. Mit schweren, schleppenden Atem blieb Shouta sitzen, starrte auf das weiße Kissen, das im Mondschein zu leuchten schien. Man konnte sogar das Muster, das auf ihm gestickt war, erkennen. Margeriten und Efeu. Es war hässlich. Dennoch starrte Shouta es an, wischte sich geistesabwesend die Tränen vom Gesicht und wartete so lange mit dem Aufstehen, bis das Zittern einigermaßen nachgelassen hatte. Er musste etwas trinken. Vielleicht würde er dann wieder schlafen können. Wenn nicht, würde er duschen müssen, auch, wenn es andere aufwecken könnte... Im Dunklen tastete er nach der erst besten Kleidung, die ihm in die Hände fiel und zog sich an. Er wusste, dass sich am Ende des Ganges ein kleiner Aufenthaltsraum befand, in dem immer irgendwelche Flaschen Alkohol standen. Tatsächlich fand er einige Met- und Schnapsflaschen vor. Sehr gut. Blindlinks griff er nach der ersten Schnapsflasche, verzichtete gleich auf ein Glas und setzte sie an seine Lippen, ließ sich auf den Sessel fallen, der vor einem kleinen Tisch stand. Hastig trank er tiefe Schlücke und versuchte einen Hustenreiz zu unterdrücken. Das Zeug brannte in seiner Kehle, aber er spürte den Alkohol, das war wichtig, alles andere war zweitrangig. Er trank weiter, stellte die Falsche auf den Tisch und fuhr sich zittrig durch die Haare.   Wieso versucht zu zu fliehen, kleiner Vogel? Du weißt, es hat keinen Sinn. Die Gedanken sollten aufhören. Aufhören! Er sackte auf den Sessel zusammen, schluchzte leise ohne zu weinen und griff erneut nach der Flasche, riss dabei aber noch weitere mit. Sie landeten auf den Teppich, zerbrachen nicht, machten aber Lärm, auf den hin Shouta zusammenzuckte. „Scheiße“, murmelte er, trank hastig weiter. Der Schnaps war ekelhaft, er schmeckte auf eine seltsame verfault, selbst wenn Alkohol nicht schlecht werden konnte. Ein wenig erinnerte der Geschmack Shouta an Mottenkugeln. Er verzog den Mund, ließ es aber bei diesen Schnaps. Es war egal, wie er schmeckte. Vielleicht war es sogar besser, wenn es nicht schmeckte.   Du gehörst mir, vergiss das nicht. Shouta stieß einen leisen Fluch aus, wollte die heruntergefallen Flaschen aufheben, doch rutschte eine ihm aus der Hand. Klirren von Glas. Shouta fluchte erneut. Trinken. Nicht an die Erinnerungen denken. An alles, aber nicht daran. Die Tür wurde geöffnet. Augenblicklich zuckte Shouta erneut zusammen und starrte zu der Tür. „Was tust du hier?“ Kakuzu trug seine Maske nicht und wirkte genervt. Shouta fragte sich, ob er ihn aufgeweckt hatte. „Trinken“, antwortete er schlicht und hob zur Bekräftigung die Flasche. Der Schnaps brannte noch immer, aber langsam, wo der Alkohol wirkte, gewöhnte er sich daran. Er wusste, dass es ihm nicht gefallen sollte, wenn Kakuzu ihn so sah. Der Alkohol verhinderte, dass ihn das zu sehr beschäftigte. Mittlerweile war ein gutes Stück der Flasche geleert und das auf die Schnelle... natürlich merkte er das. „Du warst zu laut.“ Er starrte auf die Flaschen. Shouta beugte sich nach unten, um zumindest eine Flasche zu nehmen, griff einmal daneben und hatte sie erst dann in den Händen. Er war sie Kakuzu zu, der einen Schritt nach vorne machen musste, um sie aufzufangen. Ja okay, das war vielleicht keine so gute Idee gewesen. „Trink' auch etwas.“ Kakuzu trat in den Raum hinein und blieb ihm gegenüber stehen. Schon wieder. Shouta stand schwankend auf und lief zum Fenster, damit Kakuzu sein Gesicht nicht sehen konnte. Zwar war es hier dunkel, aber er wollte sicher gehen. Mittlerweile hatte er die Flasche zur Hälfte geleert (und er vertrug nicht viel) und sah nicht zu Kakuzu, als dieser zu sprechen begann. „Was soll das?“ Kakuzu konnte seine Verblüffung nicht vollkommen verbergen – und klang erschreckend genervt. Die Flasche stellte er mit unnötig viel Kraft zurück auf den Tisch. Shouta zuckte mit den Schultern, trank weiter. „Ich trinke halt.“   Es ist sinnlos. „Du bist seltsam.“ Kakuzus Aussage blieb im Raum stehen. Lange. „Und du schläfst kaum.“ Shouta spürte, wie er in sich zusammenzuckte. „Das kann sein.“ Er wollte gehen, einfach aus den Raum heraus, aber er blieb stehen und trank. Er wollte nicht, dass Kakuzu ihm nur eine Sekunde lang ins Gesicht blicken konnte. „Es ist so.“ „Dich geht das aber ni-“, setzte Shouta an und verstummt. „Du willst nicht wissen wieso.“   Wer wird dir schon helfen können? Shouta hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Nicht wegen des Alkohols, zumindest nicht vorrangig, sondern weil diese Gedanken nicht aufhörten. Sie brannten sich in ihn hinein. Hielten ihn fest und ließen ihn nicht los. Zaudernd fuhr er sich durch das Haar, rieb über die Augen und trank wieder. Ihm war so schwindelig. Noch nicht schwindelig genug, er dachte noch zu viel nach. Shouta starrte auf die Flasche. Weniger als die Hälfte. Und das in so kurzer Zeit. Er war höchstens seit einer halben Stunde hier... „Du antwortest nicht.“ „Hä?“ „Ich habe dich etwas gefragt.“ Unter anderen Umständen wäre Shouta deutlicher aufgefallen, wie genervt und gefährlich Kakuzu klang, aber jetzt war es ihm egal. Es wunderte ihn, dass er noch hier war und nicht wieder gegangen war. Es war nicht gut, dass er hier war. Es war still, bis Shouta einfiel, dass er antworteten musste: „Und was was hast du mich gefragt?“ Er lehnte seine Stirn gegen das Glas des Fensters. Es war angenehm kühl und seltsam beruhigend. „Gefährde die Mission nicht.“ Shouta blinzelte angestrengt, trank mehr Schnaps. Die Flasche leerte sich zunehmend. Sie war anfangs nicht ganz voll gewesen, nun war sie aber fast leer. Scheiße. Shouta wollte nicht wissen, wie es ihm am nächsten Morgen gehen würde. „Werde ich nicht“, nuschelte er, „die is' mir wichtiger als dir. Ich brauch' die Krone. Sonst wär' ich gar nich' mehr in diesem verfickten Land.“ Grabesstille. „Ich hasse Ōrora.“ „Aha.“ Den Geräuschen nach zu urteilen wollte sich Kakuzu umdrehen, stoppte aber. „Da kommt etwas?“ Shouta hob seinen Kopf. „Hm?“ „Draußen.“ „Oh.“ Ein schwaches Glimmen in der Dunkelheit. Einer der Botenvogel-Jutsus, die die Diebe verwendeten. Zerfahren öffnete Shouta das Fenster, stolperte dabei um ein Haar nach hinten und umfasste die kleine Schriftrolle, die der Vogel bei sich trug. Das Jutsu verpuffte noch während er das Fenster wieder schloss und die Rolle öffnete. Er brauchte lange, bis er sie sie gelesen hatte. Die Schriftzeichen verschwammen vor seinen Augen und er musste eine große Menge Konzentration aufnehmen. „Oh“, sagte er erneut, „sie haben den Rattenspuck abgebrannt.“ Seufzend formte er die passenden Fingerzeichen und erschuf einen neuen Vogel, der verhältnismäßig unförmig aussah und sich langsam fortbewegte, der die Schriftrolle in einen anderen Teil des Gebäudes brachte. Er wollte jetzt nicht Treppen laufen. Dazu fühlte er sich gerade zu betrunken. Ohne ein Wort zu sagen (aber vielleicht bekam es Shouta auch einfach wieder nicht mit), verschwand Kakuzu aus dem Zimmer. Schon wieder. Und Shouta begab sich taumelnd in sein Zimmer und ließ sich dort einfach auf das Bett sinken. Prompt sank er ein, richtete sich das Kissen, das noch im Bett geblieben war und wickelte die Decke um sich. Sie hatten den Rattenspuck abgefackelt. Ein Großteil der Diebe hatte fliehen können, einige waren gestorben, andere noch festgenommen worden. Keiner der Namen hatte ihm etwas, bis auf flüchtige Erinnerungen, gesagt. Dementsprechend hielt sich sein Mitgefühl in Grenzen, es passierte dauernd, dass Diebe in die Hände des Königshaus fielen. Aber es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass dieses altes Gebäude, in dem er oft genug als Kind gewesen war, den Erdboden gleichgemacht worden war. Nicht mehr existierte.   Doch auch diese Gedanken verloren sich im Alkohol und Shouta fiel in einem nicht erholsamen, aber wenigstens traumlosen Schlaf. Kapitel 32: Tausend Trümmer --------------------------- Das Dorf war nicht klein und lag am Fuße eines Berges, dessen Spitze selbst im Hoch Sommer mit Schnee und Eis bedeckt war. Nun, im Winter, klafften nur wenige, kahle und steinige Flächen durch die Schneedecke. Doch das Dorf war auch nicht groß, nur das größte in dieser Region, was in Anbetracht der Tatsache, dass das Leben hier nicht ertragreich, sondern schwer und melancholisch war von geringer Bedeutsamkeit. Azarni lenkte ihren Rappen auf den Trampfelpfad, den die Einheimischen in den Pulverschnee getrateten hatten, gefolgt von Masayukis Schimmelstutue, deren Mähne sich nicht von der Umgebung abhob und vor Eiskristallen im trüben Winterlicht glitzerte. Beides waren stolze, schöne Tiere, und Masayukis Stute, die er auf den passenden Namen Frost hörte, war eines der schnellsten Pferde, die Azarni je gesehen hatte. Ihr eigenes im Gegenzug, sein Name war Moorruf, war ein kraftvoller Hengst, dessen Hufe Stein pulverisieren konnte, doch waren seine Bewegung sanft und fließend wie Wasser. Eien no Yuki*, das Dorf war nun noch wenige Minuten entfernt, würden sie sich beeilen, wären sie wohl innerhalb von einer dort. „Ich hoffe“, durchbrach Masayuki nun die Illusion der winterlichen Ruhe, „dass das Gasthaus uns einen guten Eintopf bieten kann.“ Azarni drehte ihren Kopf zu ihm, wobei ihr ihre Korkenzieherlocken ins Gesicht fielen und strich diese mit einer unnötig heftigen Bewegung zur Seite, doch fielen sie sofort wieder zurück. Manchmal hasste sie ihre Haare. „Hoffe lieber, dass es überhaupt etwas zu Essen gibt, nach diesen Sommer...“ Masayuki zuckte mit den Schultern, wobei ihn die Kapuze, die zusätzlich mit hellem Pelz, der einmal Kaninchen gehört haben musste, ins Gesicht rutschte. Er schob sie geistesabwesend mit einer Hand nach oben. „Sie werden schon genügend haben“, sagte er schlicht. Azarni sah ihn an. „Es ist nicht so, dass es mich nicht interessiert, aber ich kann das Wetter und die Jahreszeiten nicht ändern. Mein Geld würde ihnen nichts nützen und von Ackerbau habe ich keine Ahnung. Ich bin Dieb, kein Bauer.“ Er drückte seine Stute sanft in die Seite, worauf sie ihre Schritte beschleunigte und an Azarni auf Moorruf vorbei trabte. Azarni folgte Masayukis Beispiel und ihr Hengst setzte sich in kraftvolle Bewegung. „Das habe ich nicht bestritten. Du solltest deine Forderungen nur zurückschrauben, wenn du in solcher teuren Kleidung in ein armes Dorf reitest.“ Er trug nicht die normale, dunkelgraue Kleidung der Diebe, sondern einen Mantel, der mit edlem Pelz gefüttert und mit vergoldeten Schnallen verziert war. Er hielt sicher warm, wärmer als es Azarnis Kleidung tat, doch war er unpraktisch und engte seine Bewegungsfreiheit ein. Noch dazu fiel er auf. Das Blau des Mantels war zu dunkel, um im Schnee verblendet zu werden und zu hell, um Eins mit der Nacht zu werden. Für einen Mann wie Masayuki überwiegte stets Luxus über Nutzen, was Azarni verstehen konnte und gleichzeitig bereute sie es, es ihm nicht gleich getan zu haben. Anderseits war ihr Pflichtgefühl als Diebin passen gekleidet zu sein stärker gewesen – wenn man bei Menschen, die andere um ihr Hab und Gut brachten von Pflichtgefühl sprechen konnte. Als sie wenig später in das das einzige und namenlose Gasthaus des Dorfes traten, schlug ihnen eine Welle von Wärme, stickiger Luft und Geruch von alten Bier und Met entgegen. Vielleicht roch es auch ein wenig nach Tier, vielleicht nach Ziegen, die man sich hier in dieser Gegend oft hielt, da sie robust und mit wenig zufrieden waren. Azarni verkniff sich den Drang ihre Nase zu rümpfen und ein Seitenblick auf Masayuki zeigte ihr, dass er sich seine Abscheu ebenfalls nicht anmerken ließ. Schön war es hier nicht, aber wenigstens warm. Sie wurden von der Wirtin, eine kleine, zierliche Frau, der das Alter ins Gesicht gemeißelt war, begrüßt und an einen Tisch geleitet. Außer ihnen befanden sich nur noch fünf weitere Personen, allesamt Männer, in dem kleinen Gasthaus. Man versprach ihnen ein Zimmer und etwas zu Essen und die Wirtin war schon wieder verschwunden. „Schlafen ihre Ziegen mit in ihren Betten?“, flüsterte Masayuki Azarni zu und sah sich um. Azarni zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich nicht, aber in diesen Räumen könnten sie durchaus sein, Tiere wärmen.“ Oder es war einfach der Geruch, der vom Stall hier herüber zog.Der Stein, aus dem das Gasthaus bestand, war schlecht gemauert und viele Löcher ermöglichten Wind und somit Gerüchen hinein zu gelangen. Weiterhin hustete einer der Männer. Während sie warteten, musterte Azarni die Maserung auf den Tisch. Sie war verblichen und aus dem Holz standen Splitter ab. Der Tisch war wie das Dorf. „Was führt euch hier hin?“ Die Wirtin brachte sie aus ihren Gedanken. Auf dem Tisch stand nun ein Tablett mit zwei dampfenden Schüsseln Eintopfes – Masayuki hatte seinen Wunsch also doch bekommen – und einen kleinen Korb Brot, das trocken aussah. Zusätzlich zwei Krüge Bier. „Darf ich mich zu euch setzten?“ „Natürlich.“ Masayuki lächelte das umwerfende Lächeln, das er schon in jungen Jahren beherrschte und die Wirtin erwiderte es schwach. „Wir sind auf Durchreise“, erklärte Azarni, „und auf den Weg nach Pōto. Vielen Dank für das Essen, es riecht sehr gut.“ Sie griff zugleich nach einer der Schüsseln und nahm einen Löffel. Wahrscheinlich war es nur der Hunger und die Kälte in ihrem Körper, aber in diesem Moment konnte sie sich nichts Besseres vorstellen. Auch Masayuki schien es zu schmecken – oder er ließ sich nicht anmerken, dass es ihm nicht tat. „Ich habe zu danken, wir haben so selten Gäste hier“, sagte die alte Frau und seufzte, „ihr beide seid die ersten in diesem Winter, die von außerhalb kommen. Es nicht noch schlimmer als die vergangenen Jahre.“ Beide Diebe wussten darauf keine Antwort und so aßen sie schweigend, jedoch mit einem verständnisvollen Blick weiter, bis Masayuki beschloss, ein anderes Thema anzuschneiden, das angenehmer war. „Was ist das für ein Brot, es so anders als das, das ich kenne.“ Er wirkte neugierig und aufrichtig interessiert. Das Gesicht der Wirtin hellte sich auf. „Oh, es sind Bergkräuter mit vermengt“, wir trockenen sie über den Sommer, damit wir sie auch im Winter haben. Wir haben nicht viel andere Gewürze und müssen uns damit befehlen.“ „Aber es schmeckt ausgezeichnet“, sagte Masayuki und biss etwas ab. Natürlich war es hart, das fiel wahrscheinlich auch ihm selbst auf, aber es war überraschend schmackhaft. „Vielen Dank.“ Azarni musterte die Gastfrau unauffällig. Sie war doch jünger als sie auf den ersten Blick eingeschätzt hatte, aber es zogen sich tiefe Falten um ihre Augen und ihren Mund. Sie war erschöpft. „Darf ich euch etwas fragen?“ Überrascht legte Azarni ihren Kopf schief. „Natürlich.“ „Ich falle sonst nicht so mit der Tür ins Haus“, sagte die Wirtin, „aber ich sehne mich tagtäglich nach Neuigkeiten. Seid ihr beiden ein Paar?“ Masayuki schnaubte und Azarni grinste amüsiert. „Nein, sicher nicht. Er ist vergeben.“ Ihr Grinsen wurde noch ein Stück breiter. „Und absolut nicht mein Typ.“ Die Wirtin gab einen amüsierten Laut von sich. „Ich hätte es mir denken können, ihr – einen Moment.“ Sie sprang auf und lief zu einer Tür, die zu einem Flur führte. Ein kleines Mädchen, das noch zierlicher und zerbrechlicher wirkte als die Frau, stand dort. „Mama? Chichis Husten ist schlimmer geworden.“ Das restliche Gespräch wurde zu leise geführt, um es mitzuhören und Azarni wandte sich zu ihrem Begleiter. „Wir beide zusammen“, sagte sie mit hochgezogener Augenbraue, „ich würde dich umbringen.“ „Als würde ich dich Ima vorziehen.“ Masayuki trank einen Schluck Bier. Azarni verdrehte die Augen, sprach aber warmherzig „Du lässt keine Möglichkeit aus sie zu loben, was?“ „Niemals.“ Er lächelte, wurde dann aber ernster. „Es interessiert mich wirklich, was hier passiert.“ Er sah weiterhin zu der Tür, durch die Mutter und Kind verschwunden waren. Der nächste Tag barg Überraschungen. Tsuneo betrat Uma no Mon über den Weg, den auch Shouta und die Akatsukimitglieder genommen hatten. Er ahnte, dass er zu spät gekommen war. Die Luft war von Angst und Hass geschwängert und es roch nach verbranntem Holz und Fleisch. Nach den Ausschreitungen vor gut einanhalb Wochen hatten die Wachen die Kontrolle über die Staft an sich gerissen und auf das Geheiß des Königs – oder viel mehr Akiras, dieses verdammte Miststück – den Bürgermeister die Macht abgesprochen. Sie sollten die Diebe endlich vertreiben und den Rebellen ihre gerechte Strafe zuweisen. Ob dies von Erfolg gekrönt sein würde, wagte die meisten Bewohner zu bezweifeln. Und Tsuneos Sorge um die Gilde wuchs stetig. Gerade die jungen Diebe haben sich von dem Geschmack der Revolution verlocken lassen. Es würde nicht gut enden. Für keine der Seiten. Um das zu erkennen, musste man nicht alt werden oder über ein unendlich großes Ausmaß an Intelligenz verfügen. Es war Nacht, oder der Himmel leuchtete vor spielenden Nordlichtern. Tsuneo fühlte sich als würde der Himmel mit seiner Schönheit das Land verspotten. Er schnaubte, drückte sich durch den engen Spalt in den Stadtmauern und hetzte davon, durch die Gassen der Pferdestadt. Dabei getarnt durch eines der Jutsus, die alle Diebe beherrschten und geschützt von der Mutter und Geliebten Nacht. Der Geruch wurde stärker und brannte in seiner Nase. Scheiße. Mit einer geschmeidigen Bewegung, die man einem Mann seiner breiten Stur nicht erwarten würde, sprang er auf eine Mauer in einer engen Gasse und nahm den schnelleren Weg über die Dächer. Tsuneo kannte sie schon seit dem er ein Kind gewesen war und so war es ein Leichtes, nicht auszurutschen oder herunterzufallen, obwohl die Dächer vereist waren. Ein plötzliches Abrutschten verhinderte mit Chakra, das er in seine Füße leitete und einem kleinen Sprung auf eine sichere Fläche. Er brauchte wenige Minuten, bis er den Rattenspuck erreichte – und fand nur die Überreste. Trümmer lagen zerstreut auf dem gefroren Boden und Asche färbte den Schnee schwarz. Teile der Holzbalken brannten und der rote Schein malte die Szenerie grausam. Es stank nach Tod und nur wenige Schritte von ihm entfernt konnte er eine Hand sehen, die zu einer Frau gehören musste. Begraben unter Stein und blutig. Er wusste, dass er sie erkennen würde, würde das graue Gestein bei Seite räumen, dass er in ein vertrautes, totes Gesicht sehen und noch viel mehr finden würde. Momente lang war der Mann wie versteinert. Unser Ende, schoss es ihm mit furchtbarer Klarheit durch den Kopf, das ist unser Ende. Tsuneo holte tief Luft und schmeckte Ruß auf seiner Zunge. Es schmeckte nach Tod und verbrannter Hoffnung. Dann ging ein Ruck durch seinen Körper und er bewegte sich von der Stelle, an der sich einst der Eingang befunden hatte, hierdurch. Der Türbogen stand noch, doch die Tür selbst war aus den Angeln gerissen und nicht mehr aufzufinden. Vielleicht verbrannt, vielleicht zersplittert. Tsuneo glaubte, dass es, bis auf das Knistern der Flammen, vollkommen still war. Aber er irrte sich. Denn sobald er an einen umgestürzten Balken vorbei lief, hörte er ein leises Winseln. Er drehte sich um und er blickte das wohl jämmerlichste Bild, was er je gesehen hatte. Eingequetscht unter dem massiven Holz lag Lumpen, blutend und herzzerreißend wimmernd. Den ersten Augenblick wollte Tsueno ihn von seinen Qualen erlösen. So ein alter Hund würde sicher nicht gerettet werden können. Er war schon immer schwächlich gewesen und das dürfte ihm den Rest geben. Aber er tat es nicht. Er konnte es nicht. „Ich hole dich da raus, Kumpel.“ Von plötzlicher Entschlossenheit gepackt, hob er den Balken an, ignorierte die Splitter, die sich in seine Hand bohrten, und setzte ihn auf seiner Schulter ab. Er griff nach Lumpens altem, grauem Fell und zog ihn heraus, so vorsichtig es ihm möglich war. Kaum hatte er ihn heraus gezogen, krachte das Holz in sich zusammen und Tsueno musste einen Satz nach hinten machen, um seine Füße davor zu retten, zertrümmert zu werden. Zu seinem Trost schien Lumpen aufrecht stehen zu können, wenigstens war sein Rückgrat nicht gebrochen. „Und jetzt?“ Der Hund antwortete natürlich nicht, aber Tsuneo nahm ihn auf den Arm. „Hat wohl keinen Sinn, hier weiter herum zu stehen, was? Sie hätten hier keinen Dieb lebendig zurückgelassen.“ „Nein, aber ich bin zurückgekommen.“ Tsuneo wirbelte herum, griff zeitgleich nach einem kleinen Dolch und versuchte Lumpen weiter auf dem Arm zu behalten, aber es war nur Ochi, der Besitzer des Rattenspucks. „Danke, dass du ihn da raus geholt hast“, murmelte dieser und war bleicher als sonst, „ich musste vor Soldaten fliehen, konnte sie gerade erst abhängen.“ Langsam trat er auf ihm zu, nahm ihn den Hund ab und sprach nicht. Tsueno steckte den Dolch zurück. Sie wussten beide, was das Ende des Rattenspucks zu bedeuten hatte. Kapitel 33: Das sinkende Schiff ------------------------------- Vor fünf Tagen hatten sie Hisokas Anwesen erreicht und Kakuzu musste zugeben, dass er sich entspannter fühlte, wenn in einem Bett schlafen konnte. Die lange Zeit war nicht Teil des Plans, aber durch die Ereignisse im Rattenspuck verzögerte sich alles. Die Diebe unterhielten sich mit gedämpften Stimmen darüber und sogar Shouta schien, nachdem er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, betrübter über die Situation zu sein. Man merkte ihm nicht viel an, nicht auf den ersten Blick, sondern dann, wenn man sein Grinsen betrachtete. Es war weniger aufdringlich schien aber nach und nach zum Alten zurückzukehren. Vermutlich konnte nichts und niemand dieses Grinsen von den Lippen des Diebes wischen. Außerdem schlief Shouta schlechter. Nachts wanderte er auf den Gängen herum (und schmiss betrunken Dinge um) und an diesem Morgen, konnte es Kakuzu direkt miterleben. Ob Shouta auch in dieser Nacht im Anwesen herumgegeistert war, hatte er nicht mitbekommen, jedoch sah er nun, wie er angespannt neben ihm lag und von Zeit zu Zeit in sich zusammenfuhr. Kakuzu bereute es, ihm am vorangegangenen Abend nicht rausgeschmissen zu haben, wollte ihn aber auch nicht wecken. So störte er weniger als mit seinem Geschwätz. Seit einigen Minuten blickte Kakuzu nun in das viel zu alt wirkende Gesicht des Diebes. Er fragte sich nicht wirklich, was mit ihm war, jedoch war es schlicht bizarr den sonst so vitalen und dynamischen Jungen auf diese Art zu sehen. Kein Grinsen, keine überhebliche Leichtigkeit und keine Arroganz, sondern nur ein Ausdruck von einer Emotion, die Kakuzu nicht beschreiben konnte. Es war keine Angst, nicht nur. Es schien mehr so als sei er angeekelt – von was auch immer. Es war auf eine fast morbide Weise faszinierend. Nachdem der Schlaf des Jungen ruhiger geworden war und er, wie Kakuzu immer erwartete, nun jünger und unschuldiger aussah, drehte sich Kakuzu auf den Rücken und sah zu der Decke, auf der die ersten Sonnenstrahlen des Tages tanzten. Bald würden sie aufstehen müssen, es mussten Vorbereitungen getroffen und Gespräche geführt werden. Neben Kakuzu bewegte sich der Junge und er sah wieder zu ihm. Ein Gähnen, das Gesicht wurde in dem Kissen vergraben und Shouta rollte sich zu seiner Kugel zusammen. Er blieb lange so liegen, bis Kakuzu glaubte, er sei wieder eingeschlafen. „Morgen“, kam es dann überraschend von dem Jungen und gedämpft durch die Bettwäsche. Kakuzu antwortete ihm nicht, beobachtete ihn aber noch eine Zeit lang, bis er sich aufrichtete. Shoutas Haar stand ab, fiel ihm unordentlich ins Gesicht und verdeckte eines seiner Augen halb. Er sah nicht müde aus, vielmehr krank, und doch auf eine gewisse Weise anziehend. Attraktiv. Kakuzu wischte die Gedanken daran beiseite. Er verschwendete schon genug an ihn. Ohne weiter auf seinen Bettgenossen zu achten, stand Kakuzu auf, spürte, wie Shoutas Blick auf ihm lag – abwartend und misstrauisch, nicht erotisch angezogen - und begann sich anzuziehen. Kakuzu sah zu ihm und er wusste nicht, was in diesem Jungen vorging. Er wirkte verwirrt, viel weniger selbstsicher als sonst. War nervös. „Vergiss die Besprechung am Mittag nicht.“ Dann verschwand er aus dem Zimmer und ließ ihn zurück. Es kam noch eine Antwort, die er nicht mehr hörte und die ihn nicht interessierte. Er wurde nicht von Stille begrüßt, so wie er es annahm, sondern von Hisoka und ihrem ernsten Gesichtsausdruck. „Was willst du?“ Er lief an ihr vorbei, achtete dabei auf seine Geschwindigkeit, sodass sie ihm ohne große Mühe folgen konnte. Er war sich nicht sicher, inwieweit es zu anstrengend für sie wurde, wenn sie zu schnell laufen musste. Und auch, wenn er sich wenig aus der Meinung und den Schwierigkeiten anderer Menschen machte, so respektiere er Hisoka zu sehr um vor ihr wegzustürmen. „Mit dir reden.“ Ihre Antwort fiel schlicht aus und Kakuzu bemerkte, dass sie schlechter lief als am vorherigen Tag, Es war deutlicher zu sehen, wie sie sich abstützte. Kakuzu überlegte, ob es von der Kälte, die die letzten Tage noch zugenommen hatte und sogar im Inneren des Anwesens zu spüren war. Er wartete, bis sie auf einer Höhe waren. „Und über was?“ „Ich bin neugierig auf Fremdländer, besonders auf Shinobi.“ Ein schwaches Lächeln zierte die alten Lippen, bevor sie wieder ernst wurde. „Als ich jung war, reiste ich einmal nach Taki und in weitere Shinobi-Reiche.“ Sie blickten sich an, bis Hisoka ihren Blick höflich abwandte und sich Richtung Treppe begab. „Verstehe“, war Kakuzus knappe Antwort, willst du etwas Bestimmtes wissen?“ „Ja.“ Sie hielt sich am Geländer fest und ihr Stock schlug mit einem dumpfen Geräusch auf die Treppenstufen. „Ōrora ist am Ende. Tag für Tag hören wir Nachrichten, die den langen Untergang begleiten. Wie ist die Lage bei euch?“ „Willst du wissen, wie es für euch dort wäre?“ Hisoka gab ein sachtes Lachen von sich. „Es war so offensichtlich?“ „Ja.“ Sie betraten die Bibliothek, die selbst Kakuzu beeindruckend groß fand, und ließen sich vor einen Kamin auf die alten Sessel sinken. An den Armlehnen befanden sich seltsame Stickereien, die für ihn keinerlei Sinn ergaben. Damit waren sie in Ōrora aber nicht alleine. Kakuzu fuhr fort: „Für Kriminalität ist immer Platz.“ Hisoka setzte sich auf, sodass sie gerade saß. „Ich höre ein aber heraus.“ „Ihr solltet Akatsuki nicht in die Quere kommen.“ Tatsächlich lag Kakuzu nicht viel an der Organisation und deren Zielen, voranging hatte er nur einen Grund, dass er ihnen beigetreten war. Dass dieser finanziell war, war kein Geheimnis. Er wusste, dass kein Akatsukimitglied daran zweifelte, dass er es nicht für die Ideale tat. Das taten sowieso nur eine verschwinden geringe Anzahl der Mitglieder und aus diesem Grund zweifelte Kakuzu an der Loyalität einiger. Inklusive seiner eigenen. Hisoka schien erahnen zu können, was er dachte. „Ich nehme an, das war keine unumstößlich Drohung, mehr ein Hinweis.“ „Halte es für was du willst.“ „Nichts anderes habe ich vorgehabt.“ Anstatt ein Schweigen aufkommen zu lassen, beschloss Kakuzu weiter zu sprechen: „Was hast du vor?“ „Vieles“, Hisoka sah ihn direkt an, „ich will offen sein, die Zeit der Diebe ist in Ōrora verstrichen, du hast es mitbekommen, dass dieses Land am verenden ist. Wir müssen schauen, wo wir bleiben. Ich habe nicht vor, dass wir mit dem sinkenden Schiff untergehen.“ Kakuzu nickte ihr zu. „Das verstehe ich. Ich denke, ihr werdet euren Platz finden können, aber es wird schwer werden.“ Es gab viel Konkurrenz. Nicht nur Nukenin, sondern auch die Shinobi anderer Dörfer bestahlen sich unter Umständen gegenseitig, allerdings wusste Kakuzu nicht genügend über die Arbeit der Diebe, um eine haargenaue Einschätzung geben zu können. Er wagte zu bezweifeln, dass sie ausschließlich stahlen. Shouta hatte einmal etwas von Denunziationen und Fälschungen erwähnt, das dürfte nur ein kleiner Teil des Aufgabenbereichs der Gilde sein. Wenn er darüber nachdachte, konnte es gut sein, dass die Diebe ihre Lücke fanden. Abseits von Kämpfen und der Politik, die von den Ninjas bestimmt wurde. Vielleicht würde es sogar Veränderungen bringen, die notwendig waren. Wenn die Geschichte der Shinobi-Reiche ihm eins gelehrt hatte, dann war es, dass sich alle Kriege wiederholten und von Veränderungen gesprochen wurde und doch alles beim Alten blieb. Die Diebe würden sicher keinen Frieden bringen, aber Frieden war den Menschen ohnehin unmöglich. Hisoka schloss ihre Augen bedächtig. „Ich bezweifle, dass es schwerer wird als hier.“ „Das kann ich nicht beurteilen.“ „Ich weiß.“ Kakuzu fiel auf, wie alt Hisoka an diesem Morgen aussah. Ihre Falten waren tiefer und zogen sich wie Furchen in einem Acker durch ihr Gesicht. Er war froh, nicht auf diese Weise zu altern. Es war fremdartig und seltsam beängstigend. Ihre Augen waren geschlossen, schon wieder, und sie rieb sich die Schläfe mit verzerrtem Gesicht. Die Tür wurde aufgestoßen. Grüne Augen blickten in Kakuzus und er erkannte einen Ausdruck, den er vorher beim Eindringling, bei Shouta, nicht gesehen hatte. „Oh, Kakuzu, du bist hier.“ Dem Jungen schien der Teppich unter den Füßen weggerissen worden zu sein. Mit einer zittrigen Geste fuhr er sich durch das braune Haar, das daraufhin wieder so wirr wie noch im Bett war. Kakuzu zog eine Augenbraue hoch. „Gut erkannt.“ „Ich wollte mit Hisoka sprechen. Es gibt Nachrichten aus Pōto.“ Hisoka deutete auf einen freien Sessel. „Betreffen sie die Gilde?“ Shouta folgte ihrem stummen Befehl. „Nur teilweise.“ „Dann sprich.“ Der Junge musterte Kakuzu noch einmal, dieses Mal schwang Misstrauen in seinen Blick mit, aber er begann, als Hisoka sich auffordernd räusperte. „Sie haben einige von uns getötet, einige Jugendliche, die sich mit den Soldaten angelegt haben. Hiko kam hinzu und hat sie niedergemetzelt.“ Die Aussage lag schwer im Raum, aber Shouta fuhr fort: „Tsubasa hat einen Botenvogel geschickt, er ist sich nicht sicher, was genau passierte, aber es ist wahrscheinlich, dass sie eines unserer Versteckte plünderten. Gefangennahmen stehen in Raum, Anklagen. Er schrieb von Folterungen und davon, dass Akira strengere Gesetzte veranlasst hat. Genaues wollte er nicht schreiben, falls der Vogel abgefangen wird. Es sieht nicht gut aus.“ Nun war sich Kakuzu sicher, dass es die Diebe überall besser hatte als hier. Weit entfernt in Pōto entkam Tsubasa einer flammenden Wand nur um Haaresbreite. Nun, eigentlich stimmte diese Bezeichnung nicht, denn die Spitze seines langen Haares, dass er in der Hektik nicht hatte zusammenbinden können, glimmte leicht und er schlug aus mit einer Handbewegung aus, ohne den Blick von seiner Gegnerin zu wenden. Ihre roten Locken waren hässlich zerzaust und ihr sonst hübsches Gesicht verzerrt. Sie war ein Kind und in diesem Moment wirkte sie auch wie eines, sogar noch jünger als sie es eigentlich war, doch sie war gefährlich und Tsubasa wusste, dass er sie nicht unterschätzen durfte. Es wäre ein Fehler, der mit dem Tode bestraft werden würde. Er formte Fingerzeichen, rechtzeitig genug um ein erneuten Wall aus Feuer auszubremsen. Tsubasa nutzte den Dampf, um sich in Deckung zu bringen. Es waren denkbar schlechte Voraussetzungen. Er hatte nicht damit gerechnet, in einem Kampf zu geraten, was war ein dummer Zufall gewesen, und er trug keine Waffe bei sich, nur einen schwarzen Schal, den er sich um das Gesicht wickeln konnte und einen Dolch. Hikos Hellebarde leuchtete rot im Schein ihres Feuers und glänzte vor Schärfe. Der Kopf des Rittermädchens flog zu einer Schulterseite zu anderen und ihr Haar folgte in einem wirren Tanz. Sie suchte ihn und Tsubasa wusste, dass er in einer Falle saß. Von hier aus kam er entweder an ihr vorbei oder in Richtung der Soldaten, die den Weg zum Schloss bewachten oder an ihr vorbei. Und Hiko wusste das mit Sicherheit. „Ich weiß, dass du hier bist!“, rief sie und ihre Stimme überschlug sich schrill. „Ihr Ratten flieht immer in die Schatten!“ Flammen griffen nach ihm und Tsubasa musste seinen Schutz verlassen. „Was du nicht sagst.“ Er sprach ruhig und verbarg den Hohn in seiner Stimme nicht. Er hatte einen Plan gefasst und er würde ihn umsetzten. Das Kind war leicht zu durchschauen und noch leichter aus der Reserve zu locken. Riskant war sein Vorhaben trotz diesen Tatsachen weiterhin. Die Klinge der Hellebarde zischte an ihm vorbei, schlug in den Stein und hinterließ dort eine tiefe Kerbe, dabei hatte Hiko nicht ihre gesamte Kraft aufgewandt. Sie fing gerade erst an. Tsubasa richtete sich seinen Schal. Er wusste, dass er sie nicht töten würde – nicht heute – und er konnte darauf verzichten, dass sie sein Gesicht sah. Man kannte ihn und seinen. Sie erkannte seine Geste nicht, sondern war damit beschäftigt auszuholen und die Luft mit einem schneidenden, brennenden Hieb zudurchteilen. Tsubasa sprang zurück, zischte aber gleich für einen Dolchangriff nach vorne und schaffte es, ihr den Dolch in den Arm zu jagen. Genau dort, wo die Rüstung eine Lücke hatte, damit der Ellenbogen bewegt werden konnte. Er zog die Klinge aus ihrem Fleisch, brachte sich mit einem weiteren Satz nach hinten in Sicherheit und sah, wie das Blut auf dem Boden tropfte. Hiko brüllte vor Wut, riss an de, Stab ihrer Hellebarde und ließ sie einhändig auf Tsubasa zusausen. Im Grunde war er sogar beeindruckt davon, dass sie diese schwere und lange Waffe mit nur einer Hand verwenden konnte und nur wenig von der Geschwindigkeit einbüßte. „Ich werde dich umbringen!“ Ihr Atem ging zu schnell und hektisch. Sie würde nicht lange durchhalten können, nicht dann, wenn sie zusätzliche blutete. Tsubasa hatte gut getroffen – das tat er meistens – und ihre Blutung würde ihr gefährlich werden. Sie knurrte etwas von Ratten und Schattenkriechern, während sie ihn umkreiste, wie es Wölfe mit Rentieren taten. Doch im Gegensatz zu diesen fürchtete sich Tsubasa nicht vor seiner Wölfin. Dem Welpen, der scharfe Zähne, aber wenig Verstand hatte. Feuer und Wasser vereinigten sich zu dichten Dampf, der wie Morgennebel durch die Gassen zischte. Es brannte auf seiner Haut und Tsubasa schloss die Augen und rettete sich in kühlere Luft. Hikos Hellebarde war erneut direkt neben seinem Kopf. Sie schnitt ihm einige Haare ab und auch, wenn Tsubasa wusste, dass es in diesem Moment wichtigeres gab, tat es ihm und sein Haar leid. Doch er gab sich keinem Wutanfall hin. „Eine interessante Art mich zu töten.“ Befriedigt sah er, wie sich die Kornblumenaugen verengten, wie sich das Mädchen empörte und ihn mit einer ungelenkten Bewegung des gesunden Armes zu treffen versuchte. Auch dieses Mal konnte Tsubasa dem Angriff entkommen, ohne große Mühe aufzubringen. Die Rüstung der Ritter war der Diebe größter Schwachpunkt und Stärke zu gleich. Sie machte die höchsten Krieger des Köngishaus geschützter, jedoch langsamer und wenn man sie verbeulte, konnten sie sich nicht einmal mehr richtig bewegen – und die Diebe waren vor allem eines: schnell. Tsubasa drehte sich, trat gegen den Stab der Hellebarde und beschwor ein Suiton-Jutsu, dass Hiko, die nicht damit gerechnet hatte, zwar nicht von den Beinen riss, jedoch stolperten ließ. Ihre Hellebarde behielt sie, entgegengesetzt zu seinem Plan, eisern in ihrer Hand. Ihr nächster Angriff erwischte ihm an der Brust und hinterließ einen tiefen Kratzer über seiner Haut. Seine Kleidung war mit einem Schnitt, auf den jeder Schneider eifersüchtig wäre, zerteilt. Das Blut rannte sofort über seinen Körper und verklebte den dunklen Stoff, in dem er gekleidet worden war. Hiko lachte. Es war ein helles, fröhliches Lachen, das nicht zu Pōto und seiner Kälte passte. „Ich bin immer noch nicht tot.“ Das Lachen erstarb und Hiko knurrte. „Das wirst du noch.“ Aber daran dachte er nicht. Es würde nicht passieren, doch beschloss er, dass es nun endgültig an der Zeit war, zu verschwinden. Während Hiko zu einem Katon-Jutsu ansetzte, formte er seine eigenen Fingerzeichen und ein Wasserstrahl brachte sie aus dem Konzept. Sie stolperte nicht einmal, aber sie war verwirrt und musste von Vorne anfangen – und Tsubasa, der während all dem Schritt für Schritt zurückgelaufen war, konnte mit dem Schatten verschmelzen und zur Flucht übergehen. Ein lautes Fluchen, das Klappern der Rüstung und Metall, dass Stein traf – aber sie fand ihn nicht mehr. Sie mochten die Diebe Schattenkriecher nennen, ab nur sie wussten, was für wunderbare Geliebte die Schatten sein konnten. Kapitel 34: Der Weg ------------------- Akira stieß die Türen zum Thronsaal auf und marschierte mit ihrem schweren Gang, der laut und hohl im beinahe leeren Raum hallte, zu der einzigen anwesenden Person. Hikos rotes Haar glänzte im Licht der untergehenden Sonne wie Feuer und ihre orangefarbene Tunika war wie ein Docht. Sie war ein hübsches Mädchen, was Akira missfiel, aber sie war eine der stärksten Kämpfer Ōroras und naiv. Eine leicht zu lenkende und nützliche Schachfigur. „Du wolltest mich sprechen.“ Hikos Kornblumenaugen ruhten nur kurz auf Akira, flackerten dann zu den Bogenfenstern hinaus. Eisblumen hatten sich auf ihnen abgesetzt und weit draußen konnte man die Lichter der Stadt sehen. Vereinzelt nur. Ein düsterer Anblick. „Ja“, antwortete Akira, „aber nicht hier.“ Auf Akiras verständnislosen Blick deutete sie mit dem Kopf zu einem Gang, in dem sich selten andere Königsdiener verirrten. „Was gibt es?“ Hiko sah sie neugierig an. Sie war ein Stück kleiner als Akira und musste ihren Kopf leicht in den Nacken legen, um sie anzusehen. „Meine Liebe“, fing Akira an, „ich wollte dir fragen, wie es dir geht. Ich habe von den Zusammenstoß mit diesem Dieb gehört. Geht es dir gut?“ Sie musterte ihren Arm, dort, wo man sie verletzt hatte. Hiko runzelte ihre Stirn. „Meine Wunden sind geheilt, du musst dir keine Sorgen machen.“ „Es ist eine Schande, dass man sie nicht unter Kontrolle bringt. Die Schattenkriecher machen seit so vielen Jahren Ärger.“ „Ja, aber der König ist machtlos gegen sie.“ Hiko verzog ihr hübsches Gesicht verächtlich. Sie machte es Akira einfacher als erwartet. Sehr gut. Akira behielt ihren ernsten Gesichtsausdruck bei. So hässlich ihr Körper auch sein mochte, sie hatte ihn unter Kontrolle. „Der König, ja.“ Die folgende Pause war verheißungsvoll. „Aber es gäbe Leute, Frauen, die in der Lage wären, es zu schaffen. Die Diebe haben weniger macht als sie es einst hatten. Sie sind zu schlagen, wenn man einen mächtigen Anführer hat.“ „Wie meinst du das?“ „Zusammen würden wir viel erreichen können.“ Hiko legte ihren Kopf schief, schien aber zu verstehen, was Akira sagen wollte. Sie schwieg abwartend. „Die Königsfamilie regiert viel zu lange.“ Akira lächelte und legte eine Hand auf Hikos Schulter. „Und wir beide haben viel gemeinsam.“ „Das haben wir, nehme ich an.“ Wie ein Mädchen sah sie Akira an. Neugierig und voller Hoffnung, weil sie ein neues Spielzeug bekommen würde. Es war so einfach. Akira hob ihre Hand. „Ich denke, wir sollten uns bei einem Becher Wein darüber unterhalten. Findest du nicht auch?“ Hiko nickte. Shouta erwachte aus einem Traum über Alter und Tod. Mit aufgerissenen, grünen Augen starrte er auf die Decke über sich, lag flach auf dem Rücken und musste gegen Tränen, die er nicht mehr seit dem Tod seiner leiblichen Mutter geweint hatte, ankämpfen. Es gelang ihm, doch der Anblick, den er beinahe verdrängt hatte, war wieder in seinem Gedächtnis eingebrannt. Im Grunde war er froh darüber. Er war falsch, das wusste er, aber die Gedanken an seine tote, leibliche Mutter waren einfacher zu ertragen als das Chaos, das ansonsten in ihm wütete. So lag er also da, dachte nach und wusste nicht wohin er mit allen Erinnerungen sollte, bis er schließlich mit pochenden Schädel aufstand. Er hatte einen Kater. „So eine Scheiße“, murmelte er und fuhr sich durch das Haar. Gähnend rappelte er sich auf, schleppte sich zu seiner Kleidung und zog sie sich an. Er war nackt, wie ihm erst auffiel, als er seine Unterhose in den Händen hielt, also hatten Kakuzu und er wieder gefickt, wahrscheinlich zumindest. Die Flasche, über die Shouta plötzlich stolperte, hatte er wohl mit ins Zimmer geholt, vermutlich (und hoffentlich) vor dem Ficken. Shouta wollte nicht nachsehen, was in dieser Flasche gewesen war. Vermutlich hatte er nicht nur die getrunken, sondern bei weitem mehr, sonst hätte er keinen Filmriss. Es wunderten ihn sogar, dass er überhaupt geträumt hatte. Aber wenigstens gab es schlimmere Träume. Seine Gedanken fixierten sich auf Kakuzu. Sie sollten es sein lassen, es war eine beschissene Idee, dass sie dauernd gemeinsam im Bett landeten und das wussten sie beide. Besonders hier war das viel zu deutlich geworden. Sie hätten schon lange vorher damit aufhören sollen, gar nicht erst damit anfangen. Aber sie taten es und sie würden es weiter tun. Es ging nicht einmal darum, dass sie beide neunundsechzig Jahre trennte, Kakuzu sah nicht aus wie einundneunzig. Es war natürlich dennoch seltsam, wenn man darüber nachdachte, weswegen Shouta das weitestgehend verdrängte, zumindest solange sie vögelten. Es hatte ja auch Vorteile, Kakuzu war erfahre und konnte die Erfahrung nutzen. Tatsächlich erwischte sich Shouta bei anderen Gedanken, wenn es um Kakuzu ging und nach den Tagen hier, war er sich sicher, dass Kakuzu ähnliche hatte. Das war es, was schlimm an der Sache war. Was sie davon abhalten sollte, das zu tun, was sie schon die ganze Zeit taten. Shouta strich die Gedanken bei Seite. Nur in Boxershorts gekleidet schlurfte er ins Bad und betrachtete sich für Sekunden im alten Spiegel, der seine besten Zeiten schon lange hinter sich hatte. Ein Riss ging quer hindurch und spaltete Shoutas Spiegelbild in zwei Hälften. Er musste sich bücken, um sein Gesicht komplett sehen zu können. Er sah gar nicht so scheiße aus, hatte sich das schlimmer vorgestellt und begnügte sich damit, sein Gesicht zu waschen und sich die Zähne zu putzen. Mittlerweile konnte er sich auf wichtige Dinge konzentrieren. Den Diebstahl. Er kannte die genauen Voraussetzungen vor Ort nicht, wusste aber, dass er Akatsuki als Köder benutzen musste. Den Kristall würde er vielleicht noch alleine besorgen können, doch sicher nicht die Krone. Es würde ihn nicht wundern, würde man sie besser schützen als den Kristall, egal, wie dämlich es war. Ōrora lebte seinen König mehr als alles andere – zumindest offiziell. Die Realität zeichnete ein ganz anderes Bild. Was Shouta wusste war, dass er keine Pläne bekommen würde, er hatte schon im Vorfeld nach welchen gesucht schon Monate, bevor er überhaupt von dieser Mission überhaupt erfahren hatte. Er würde sich also erst vor Ort einen Weg suchen müssen. Es war wirklich riskant, aber er glaubte und vertraute auf Hisokas Worte. Er würde es schaffen. Daran zweifelte er nicht im geringsten. Das Stehlen lag ihm in Blut und gerade dieser Auftrag war so unglaublich wichtig, dass sich Shouta schlicht weigerte, zu versagen. Shouta schmiss die Zahnbürste auf das Waschbecken zurück, spritzte sich noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht, sah sich selbst in die Augen und versuchte sich einzureden, dass er weder müde war, noch Kopfschmerzen hatte. Dass ihm das nicht gelang, wurde ihm sofort bewusst, als er in der weiträumigen Küche vor einem Tee saß und Yosuke mit einem Grinsen in den Augen hereinspaziert kam. „Hat Kakuzu dir das Hirn rausgevögelt?“, fragte er und schwang sich auf einen Stuhl gegenüber von Shouta. „Oder hast du es dir ausgesoffen?“ Shouta trank einen Schluck aus der Tasse. Eigentlich sollte das Gesöff nach Pfefferminz schmecken, aber es schmeckte eher nach heißem Wasser mit der Ahnung eines frischen Geschmacks. „Weder noch, mein guter Freund“, sagte Shouta mit weicher, jedoch nicht großartig schmeichelnden Stimme. „Wieso fragst du?“ Scheinbar neugierig musterte er Yosuke. Seine dunkelgrauen Augen kniffen sich zusammen und schienen dann wieder zu grinsen. Die unter Hälfte des Gesichts war, wie immer, von einem Tuch verdeckt und die Mimik war nicht zu lesen, doch gewöhnte man sich schnell daran, wenn man Yosuke kannte und konnte seine Stimmung gut einschätzen. Im Gegensatz zu Kakuzu, der sein Gesicht ebenfalls grundsätzlich verbarg, legte es der Dieb auch nicht darauf an, seine Emotionen im Alltag zu verstecken. „Weil es seltsam ist, dass du einen Kater hast, ohne feiern gewesen zu sein.“ Yosuke wurde ernster. Er seufzte tief und röchelnd. Shouta zuckte nur mit den Schultern. „Das ist mir bewusst.“ Sie wechselten einen Blick, sahen dann aneinander vorbei in die Stille der grauen Fliesen und verblassten Musterungen an den Wänden. Vier Minuten, vielleicht auch fünf oder sechs, herrschte Wortlosigkeit. Es war Yosuke, der zuerst sprach und das erschien ihnen beiden seltsam: „Pass auf dich auf, Shouta.“ Shouta, der mit Vielem, aber nicht damit gerechnet hatte, sah verwundert auf. Dann musste er leise lachen. Es war ein trockenes Lachen, nicht traurig aber auch nicht fröhlich. Es balancierte auf dem Grad dazwischen. „Ihr macht euch zu viele Sorgen um mich.“ „Wir?” Das folgende Schulterzucken war vom Kater und Kopfschmerz beeinträchtigt. „Ich höre das in letzter Zeit oft.“ „Dann würde ich mir an deiner Stelle Gedanken machen.“ Yosuke legte eine Hand auf Shoutas Unterarm. Eigentlich hätte Shouta seinen Arm wegziehen wollen, doch er tat es nicht, sondern blickte seinem Gegenüber in die Augen. „Mein Herz wird schon nicht plötzlich aufhören zu schlagen, noch habe ich vor, meinen Kopf abschlagen zu lassen. Ich werde nicht sterben.“ Er grinste schief. „Dass ich noch lebe ist der beste Beweis. Du kannst mich also gerne loslassen.“ Nun lachte Yosuke, er allerdings nicht fröhlich. Er zog seine Hand weg. „Du hast dich verändert.“ „Kannst du mir auch etwas sagen, dass ich nicht weiß? Menschen tun das, wenn sie älter werden, wie du weißt.“ Shouta klang nicht unfreundlich, höchstens distanziert, aber es schien Yosuke noch mehr zu verwirren. „Shouta.“ „Yosuke?“ Sie fochten ein Blickduell aus und Shouta bemerkte, dass seine Kopfschmerzen schlimmer wurden, je mehr er sich versuchte zu konzentrieren. Wenigstens war ihm nicht schlecht. Es war wieder Yosuke, der zuerst die Stille beendete. „Du weißt, wie ich es meine.“ Shouta nickte, bereute es aber, weil es eine unangenehme Kopfbewegung war. Der Schmerz raste sofort in seine Schläfen und sein Magen meldete sich nun doch. Er sich über die schmerzenden Stellen und seufzte. „Ja, verdammt, das weiß ich.“ „Das hast du vermutlich auch öfter gehört.“ „Ja.“ Yosuke wechselte das Thema. Shouta vermutete, dass er die Sinnlosigkeit seiner ersten Intention erkannt hatte. Es war gut so, denn Shoutas Lust, sich über die Änderung der letzten Jahre zu halten hielt sich stark in Grenzen. „Wann wollt ihr heute los?“ „Bald. Ich wollte noch einmal mit Yuki und Hisoka sprechen, dann gibt es hier nichts mehr zu klären.“ Er machte keine kurze Pause. „Ihr werdet wahrscheinlich auch bald nach Pōto gehen, nehme ich an?“ Yosuke nickte. „Wir wollen morgen los. Hisoka bleibt vorerst, will uns aber dann folgen.“ Die Gespräche kamen und gingen und es wurde Mittag. Shouta schulterte seinen Rucksack und sah noch einmal zu seiner Adoptivmutter, die ihm in sein Zimmer gefolgt war. „Sag bitte nicht, dass ich auf mich aufpassen soll“, murmelte er und fuhr sich durch die Haare. Yuki schüttelte ihren Kopf und reichte ihm eine Tablette. „Nein, ich wollte dir etwas gegen die Kopfschmerzen geben.“ Shouta musste grinsen. „Das ist das erste Mal, dass du mir etwas gegen 'nen Kater gibst.“ „Das ist das erste Mal, dass du danach auf eine wichtige Mission mit Schwerverbrechern musst.“ „Du machst dir also doch Sorgen.“ Yuki umarmte ihn kurz, berührte ihn dabei kaum. „Du bist wie mein Sohn. Natürlich mache ich das, das ist das Los aller Mütter.“ Sie musterte ihn. Mit einem Seufzen nahm Shouta die Tablette, richtete sich die Riemen seines Rucksacks und wurde ernster. Er fühlte sich plötzlich schlechter und wusste nicht, was er sagen sollte. Er seufzte. „Das musst du nicht. Ich verspreche auch, mich zu melden, sobald ich kann.“ Er zwang sich zu einem Grinsen, das sogar einigermaßen echt wirkte. „Aber nun muss ich wirklich los.“ „Ich weiß.“ Yuki lächelte nicht einmal. „Wir werden uns in Pōto sehen.“ „Das werden wir.“ Er umarmte sie seinerseits noch einmal, dieses Mal ein wenig länger als zuvor. Doch auch nun berührten sie sich kaum. Er ließ sie hinter sich, ohne, dass sie noch etwas sagten. Es war ein komisches Gefühl und hatte einen unglaublich bitteren Nachgeschmack. Er verdrängte es, nahm die Treppe schneller als ursprünglich geplant und erreichte die beiden Mitglieder Akatsukis, die wahrscheinlich viel zu lange auf ihn warteten. Bis auf die Männer war nur noch Schneegestöber in der Halle. Der riesige Wolf stützte seinen Kopf auf seinen Pfoten ab. Seine Augen waren geschlossen, aber Shouta war sich sicher, dass er nicht schlief. „Wir können los“, sagte er überflüssigerweise und in dem Wissen, dass Akatsuki schon einige Zeit auf ihn warten musste. Kakuzu warf ihm einen Blick zu, der jemand anderen mit Sicherheit zum Weinen gebracht hätte „Was du nicht sagst“, knurrte er. Hidan schulterte seine Sense. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren.“ Er war ebenfalls genervt, nicht in den Ausmaß, das Kakuzu zeigte, jedoch genug, um ihn nicht weiter verärgern zu wollen. Shouta konnte darauf verzichten, Bekanntschaft mit den Klingen zu machen. Er trat als erster der drei aus dem Gebäude und atmete die kalte Luft ein. Es schneite nicht und der Himmel war von hellen Wolken verhangen. Er sah zu seinen Begleitern. „Vermutlich wird uns Schneegestöber folgen.“ Hisoka war weder dumm und erst recht nicht naiv. Sie traute mochte Akatsuki nicht vollkommen misstrauen und hatte sich oft mit Kakuzu unterhalten, doch würde sie das von einer Kontrolle abhalten. „Vielleicht werden wir es nicht mal mitbekommen, er kann sich gut unsichtbar machen.“ „Aha“, kam es von Kakuzu. Shouta lief rückwärts, um ihn besser ansehen zu können. „Du könntest auch begeisterte sein“, sagte er fröhlich und machte sich bereit, einen Schlag auszuweichen. Es kam keiner, nur ein weiterer, böser Blick. Er drehte sich um und straffte seine Schultern. Shouta wusste, wohin sein Weg ihn führen würde.   Kapitel 35: Das kalte Herz -------------------------- Kakuzu beobachtete Shouta. Wachsam sah er den leichtfüßigen Bewegungen zu, die den jungen Dieb über eine Steinkante, die aus der Schneedecke herausstach, trugen. Sein Blick war auf den Horizont gerichtet und Kakuzu wunderte es wenig – und wirklich nur ein wenig! - dass er nicht stürzte, obwohl er unmöglich sehen konnte, was unter seinen Füßen geschah. Der Stein musste gefroren und rutschig sein, selbst mit Chakrakontrolle nicht leicht zu erklimmen und schon nicht mit dieser Leichtigkeit. Kakuzu zog es vor, auf dem Schnee zu gehen. Der konnte zwar abrutschen, jedoch war es leichter sich zu retten. „Über das Gebirge gibt es auch Legenden“, fing Shouta plötzlich an zu reden und durchbrach die wunderbare Stille. Hidan schnaubte belustigt. „Ach, ehrlich?“ Er sah nicht den Jungen, sondern Kakuzu an. Scheinbar neugierig, was er antworten würde. Kakuzu entschied sich, nichts zu sagen und sich in Schweigen zu hüllen. Er wusste nicht, was die beiden Kinder erwarteten. Was in Hidans Kopf vorging, konnte er zwar erahnen – er schien die Beziehung zwischen Kakuzu und Shouta lustig zu finden – aber was sich der Dieb dabei dachte würde ihm wohl für immer verschlossen bleiben. Vielleicht wollte er provozieren, was auch immer er sich dadurch erhoffte. Der Junge sprang von den Felsen, landete lautlos im Schnee und tauchte direkt vor Kakuzu auf, lief einige Schritte rückwärts (Kakuzu hoffte vergeblich, er würde stolpern). Die dunkelgrünen Augen glänzten vor Schalk. Die von der Kälte aufgeplatzten Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen. Kakuzu versuchte ihn nicht zu genau anzusehen. Er wollte ihn nicht sehen, aber der Dieb konnte seine Klappe nicht halten. Er begann zu sprechen und so sah Kakuzu ihn abschätzig, an. „Ich bin mir sicher, dass sie dir gefallen würden.“ Er schwieg. „Es ist eine traurige Legende, irgendwie tragisch.“ Er beließ es beim Schweigen. „Es geht um ein Herz, das man stahl.“ Kakuzu stockte. Ein gestohlenes Herz? Wusste der Junge etwa...? Es schien als hätte er sich seine Irritation zu lange anmerken lassen, denn die Lippen des Diebes verzogen sich zu einem feixenden Grinsen. Genau in diesem Moment wandte sich Shouta ab und sprang aus Kakuzus Reichweite. Rechtzeitig genug, dass Kakuzu ihn nicht zurückziehen konnte um zu fragen, wie man das gemeint hatte. Aber vielleicht war es gut, es hätte ihn mehr verraten als seine vorherige Reaktion. „Ich werde mich umsehen, ich glaube, wir müssen gleich die Richtung ändern.“ Dann war er auch schon weg und ließ die beiden Akatsukimitglieder zurück. „Was war das?“ Mit zusammengekniffenen Augen sah Hidan erst zu Kakuzu, dann dem Dieb hinterher. „Hast du ihm von Jiongu erzählt?“ Kakuzu gab ein Knurren von sich. „Wieso sollte ich?“ „Was weiß ich, über was ihr redet, wenn ihr alleine seid.“ Hidans Pause „Falls ihr sprecht.“ Was sollte man darauf antworten? Er hatte nie das Jutsu, das ihn nahezu unsterblich machte, erwähnt. Natürlich nicht. Kakuzu war nicht dumm und würde nicht einfach preisgeben, wie man ihn töten konnte. Wenn man wusste, dass er mehrere Herzen hatte, war es keine Meisterleistung zu erraten, dass man sie zerstören musste. Er musste es also erraten haben. Er wusste sicher nicht, dass es fünf Herzen waren, aber von mehr schien er zu wissen. Und der Rest war Zufall, vielleicht zielgerichtetes Raten. „Shouta ist klüger als er es sich anmerken lässt.“ Ob er es bewusst versteckte oder es nicht kontrollierte, wusste Kakuzu nicht. Vermutlich war es nicht geplant sondern lag schlicht an der vorlauten Art des Jungen. „Seit wann hat er 'nen Namen?“ Hidan schnaubte belustigt. „Steht ihr euch so nahe?“ Für Sekunden überlegte Kakuzu, Hidan irgendeinen Knochen zu brechen, ließ es aber bleiben, um sich nicht die Blöße zu geben auf diesen Spott reagiert zu haben. Stattdessen wandte er sich schweigend ab, ignorierte Hidans nächste Worte, und ließ seinen Blick über die weiße Landschaft gleiten. Sie befanden sich auf einem Plateau, über das sich die Steinkante, auf der Shouta gelaufen war, zog. Bis auf sie war die gesamte Ebene ohne jeden Makel. Wie sanfte Wellen lag der Schnee in Dünen auf den Felsen und kein einziger Baum trübte das Bild. Es war ein schöner Anblick, aber leer. Einsam. Kakuzu wusste nicht, wie er sich hier fühlen sollte. Er sah, wie Shouta erneut auf die Felskante kletterte und wie versteinert in eine Richtung blickte, schließlich seinen Kopf drehte und zur Seite geneigt hielt. Kakuzu ahnte, dass schon wieder irgendetwas war. Vielleicht war endgültig zum schlimmsten Pessimisten geworden, aber bei dieser Mission war jede Hoffnung verloren. „Was gibt es?“, grollte er zu dem Jungen hoch. Dieser drehte sich langsam um. „Da vorne sind Rentiere. Sie sind sonst nie hier.“ Rentiere? „Was?“, fragte knurrend nach. Der Dieb kletterte hinab, blieb aber auf einen Felsvorsprung stehen. „Rentiere. Sowas wie Hirsche.“ „Ich weiß was Rentiere sind, aber was hat es damit zu tun?“, unterbrach er ihn ruppig. „Was ist mit ihnen?“ „Das heißt, dass ihre Hüter da sind und bin mir nicht sicher, ob sie gut auf uns zu sprechen sind.“ Er richtete sich die Kapuze und runzelte nachdenklich die Stirn. Er sprach unaufgefordert weiter, natürlich waren das Kakuzu zu wenige Informationen. „Ein Großteil der Bevölkerung sind ursprünglich Einwanderer aus euren Reichen, vor ihnen lebte ein anderes Volk hier. Nennen sich Olmmos. Sie sind Rentierhirten, eigentlich friedlich, aber seit letztem Jahr hört man seltsame Geschichten über sie. Man sagt, sie wollen ihr Land zurückhaben.“ Er sah über seine Schulter als könne er sie so ausmachen, aber er war zu weit unten dafür. Es war nur eine unbewusste Geste. „Und das könnte ich verstehen.“ Kakuzu auch, aber das tat nun nichts zur Sache. „Und das heißt?“ Shouta zuckte mit den Schultern und Kakuzu musste den Drang, ihn herunter zu ziehen und ihm die Nase erneut zu brechen. Jetzt nicht. Er wollte Antworten. „Wir umlaufen sie, vielleicht brauchen wir dafür ein wenig länger aber mir ist das lieber als Stress mit ihnen.“ Auch Hidan war bei ihnen angelangt. „Sie sind so gefährlich, dass wir uns verpissen müssen?“ Hidans Unmut darüber war nicht zu überhören. „Nicht unbedingt“, Shouta seufzte, „aber wenn wir es vermeiden können, mit ihnen aneinander zu geraten, dann haben wir weniger Ärger. Wenn wir mit ihnen kämpfen sollten, haben wir vielleicht ein ganzes Volk im Nacken und wir brauchen die Flucht durch die Wildnis, sobald wir die erste Hälfte des Kristalls haben.“ Hidan schnaubte, schien aber zu verstehen, was Shouta sagen wollte. „Und was machen wir stattdessen?“ „Wir laufen weiter Richtung Norden und gehen erst dann gen Osten. Es wird uns kaum Zeit kosten, am Abend sind wir im Dorf.“ Shouta sprang nicht vom Felsen sondern lief die nächste Strecke weiter über ihnen, vermutlich traute er Hidan im Moment nicht über den Weg und so wie Kakuzu diesen kannte war es keine dumme Idee. Shouta behielt mit dem Plan recht und nicht nur das Dorf, sondern auch die nächsten Stationen auf der Strecke wurden erreicht. Es waren mehrere kleine Dörfer gewesen. Klein, arm und jämmerlich. Überall war die Kälte des Winters und des Lands zu spüren gewesen. So beeindruckend die Natur Ōroras war, so erbärmlich waren die Einwohner und aus diesem Grund war Kakuzu froh, dass sich ihr momentaner Aufenthaltsort abseits der Dörfer befand. Es war keine der üblichen Hütten sie war größer und diente eigentlich Soldaten, die in den Sommermonaten hier oben Wache hielten. Im Winter war niemand hier oben, Shouta erzählte, dass nur Verrückte während des Schneefalls hier hierauf gingen. Anscheinend waren sie es also. Kaum waren sie in der Hütte, hatte sich eine Lawine gelöst. Außerdem war es kalt hier. Selbst Kakuzu fror und das kleine Feuer, das sie im Kamin im Hauptraum entfacht hatten, half nicht die Kälte zu vertreiben. Wie der Berg hieß, hatte sich Kakuzu nicht gemerkt, aber auch zu ihm kannte Shouta selbstverständlich eine Legende, die er, so wie er meinte, bei Gelegenheit zum besten würde. Diese würde noch auf sich warten lassen. Der Junge war dabei, die Umgebung zu erkunden, um den besten Weg zu ihrem eigentlichen Ziel zu finden. Kakuzu stand am Fenster. Die Nacht war eingebrochen und am klaren Himmel konnte man die Nordlichter sehen. Ein leuchtendes Grün vermischte sich mit Lila und zog sich in pulsierenden Linien über den Himmel. Der Schnee reflektierte das Licht. Nicht nur der Himmel, sondern auch die Berge leuchtenden. Zurecht nannte man dieses Land das Nordlichtreich. Kein Name schien Kakuzu passender, wenn er diese Spektakel ansah. In der Entfernung konnte er die Umrisse von Menschen und Tieren, vermutlich Rentiere, sehen. Kakuzu verfolgte ihre Bewegungen, während die Polarlichter am Himmel wabernden. Die Gruppe hob die Arme in die Luft, deuteten mit wedelnden Händen in die Luft, hoch zu den Lichtern. Vermutlich waren es die Ureinwohner des Reiches, von denen der Junge erzählt hatte. Er fragte sich, wie sie waren. Es war eine komplett fremde Kultur, mit eigenen Grundsätzen, Moralvorstellungen und Religion. „Denkst du an Shouta?“ Hidans Stimme ertönte direkt neben ihm und Kakuzu wandte unwillig den Kopf vom Fenster ab. Mit der selbstüberzeugten Lässigkeit, die ihm eigen war, lehnte Hidan an der Wand und sah Kakuzu eindringlich an. „Was ist los mit euch?“ „Ich wüsste nicht, was es dich angeht“, murrte Kakuzu und lief in den Raum hinein, um einen Holzscheit in den Kamin zu werfen. Das Feuer durfte, trotz des Dunkelpulvers, das sie verwendeten, nicht zu groß werden. Sie war nicht in direkter Sichtweite für die Soldaten am Fuße des Berges, doch würden sie zu viel Rauch sehen. Hidan folgte ihm. „Du bist mein über alles geliebter Teampartner“, sagte Hidan vor Sarkasmus triefend, „ich bin nur an deinem persönlichen Wohl interessiert.“ „Du bist zu neugierig. Es geht dich nichts an.“ Hidan lachte. „Ich wusste nicht, dass du so gut zu Vögeln bist.“ „Ich wiederhole mich noch nicht einmal.“ „Also läuft bei euch mehr?“ Kakuzu warf einen weiteren Scheit ins Feuer. Funken stoben zur Seite und nach oben, leuchteten in der Dunkelheit. Als er sich von Hidan abwandte, wirbelte er Staub und Asche, die von Monaten ohne Rücksicht und Reinigung zeugte, auf. Er schnappte sich eines der Bücher, die auf einem alten, wackeligen Tisch lagen, und ließ sich auf den Sessel in der Nähe des Kamins sinken. Auch dieser war alt und gab unter Kakuzus Gewicht beachtlich nach. Das Buch hatte seine besten Tage hinter sich, aber der Titel sprach ihn an. Die Geschichte des Königshauses – Ein Sammelband. Es war nicht dumm, mehr über das Reich, in dem er feststeckte, zu erfahren. Hidan ließ nicht locker, kaum hatte Kakuzu die ersten Zeilen gelesen, ertönte die Stimme der einzigen Person, die Kakuzu nicht töten konnte – sehr zu seinem Bedauern. „Ich erwarte eine Antwort.“ Ein ungesundes Quietschen, dass Kakuzu an eine sterbende Katze erinnerte, folgte, Hidan hatte sich auf den zweiten Sessel gesetzt. „Es gibt nichts darauf zu antworten.“ Kakuzu begann zu lesen: Aufgezeichnet von Numachi Tokage, Historiker und Spezialist für die Ursprungsgeschichte Ōroras und Stammbaum des Adels. Vor über 400 Jahren erreichten die ersten Siedler unser Reich, in dem Willen, neues Land und Reichtum zu erlangen. Sie kultivierten das Land. Die einst unfruchtbaren Wiesen wurden ertragreich und unsere Vorfahren bauten die heutige, erfolgreiche Landwirtschaft auf. Sie bauten Städte und errichten unsere heutige Hauptstadt Fuyu. Dort- „Kakuzu.“ Er sah auf. „Was?“ Einen anderen hätte Kakuzu wahrscheinlich nun getötet, doch bei Hidan war es sinnlos das zu versuchen. Anfangs noch hatte er es versucht, bis er einsehen hatte müssen, dass er es versuchen könne so oft er wolle, bringen würde es nichts. „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“ „Das werde ich auch nie tun.“ Hidan lehnte sich zurück und der Sessel quietschte erneut und knackte. „Dann kenne ich die Antwort schon.“ „Wenn du das sagst.“ Shouta bekam von dem Gespräch nichts mit. Seine Arme um den Körper geschlungen, um zumindest das letzte bisschen Wärme bei sich zu behalten, lief er über den Schnee, bedacht darauf, sein Chakra so zu leiten, dass die Spuren so minimal wie möglich blieben. Wie Kakuzu hatte er die Olmmos gesehen, sich jedoch nicht weiter mit ihnen beschäftigt. Sie waren entfernt und somit ungefährlich. Wenn sie nähe wären, wären sie es auch wahrscheinlich dann. Shouta kannte sie, für gewöhnlich waren sie gastfreundlich und herzensgut, aber die Gerüchte machten ihn nervös. Dass sie ihr Land zurückwollten konnte er verstehen, sehr gut sogar. Was er nicht verstehen konnte war der angebliche Hass, der sich gegen jeden, der nicht zu ihnen gehörte, richtete. Unmöglich war er nicht, es war besser sie zu meiden solange er keine eindeutigen Informationen über sie hatte. Sie sollten nicht sein Problem sein. Nicht in dieser Nacht und vermutlich nie. Er musste die Umgebung absuchen, um den optimalen Weg zu finden. Heute würde er nicht alles finden können, es war dunkel, ihm war kalt und sein Chakra war, nachdem er das Takaragan den gesamten Tag verwendet hatte, beinahe aufgebraucht. Jetzt im Dunklen brauchte er es umso mehr, trotz der Nordlichter, durch die die Nacht nicht vollkommen düster war. Shouta ballte die Hände zu Fäusten, stapfte entschlossen weiter, um nicht Stehen zu bleiben. Nicht stehen bleiben, nicht weiter frieren. Die Dunkelheit brachte eine unglaubliche Kälte und einen noch heftigeren, beißenden Wind, mit sich. Zu seinen Füßen lag ein Tal, das im Frühling blühte und im Sommer saftig grün von Gras und goldgelb von den Feldern war. Nun aber war es weiß. Es funkelte in den Lichtern des Himmels. Es war ein schöner Anblick, aber keiner, der Shouta beruhigte. Es war sehr übersichtlich und Akashiro, das erste richtige Ziel dieser verdammten Mission lag mehrere Kilometer entfernt nördlich von ihm. Darum herum steile Klippen, die auch mit Chakra und Ninjakenntnissen schwer zu erklimmen waren. Es würde sehr schwer werden, so, wie er es jetzt sah, gab es keinen schnellen und sicheren Weg. Sie brauchten beides. Akashiro war eine Festung, die aus rotem Fels erbaut worden war. Damals, als die ersten Menschen aus den Ninja-Reichen hierher gekommen waren. Lange Zeit war sie außerhalb der Macht des Königshauses gewesen, nun aber hatten sie es, wie so vieles, an sich gerissen. Shouta lief weiter, bis zu einer Felskante, von der aus er einen besseren Überblick über das Tal hatte. Helfen tat es aber nicht, aber er konnte auch nicht viel weiter weggehen. Er wollte und musste die Nacht noch zurück zur Hütte. Alleine der Kälte wegen. Shouta war müde und erschöpft vom Tag, dem vielen Benutzen seines Kekkei Genkais. Er seufzte, strich die gefrorenen Haaren aus dem Gesicht und schmiegte seine Arme erneut um seinen Körper. Wahrscheinlich würde Akatsuki nicht mal mehr nachfragen, wenn sie noch wach waren, das war Shouta schon recht, er wollte jetzt nicht mehr reden, er wollte ins Bett und sich unter Decken begraben. Er brauchte lange, bis er wieder bei der Hütte war oder vielleicht fühlte es sich nur so an, doch als er die Tür endlich aufstieß, hatte er das Gefühl, dass er Tage unterwegs gewesen war. Warme Luft umfing ihn. Oh Gott. Endlich! Er schlug sich die Kapuze zu Seite, schloss die Tür hinter sich und atmete einige Momente die warme Luft ein. „Du siehst furchtbar aus.“ Kakuzu trat auf ihn zu. Shouta sah ihn direkt an. „Ach, wirklich?“ Er schnaubte, musterte sein Gegenüber. „Wo ist Hidan?“ Er sah ihn nirgendwo im Raum. „Schon schlafen gegangen. Komm mit.“ Mit diesen Worten drehte sich Kakuzu um und Shouta sah ihn verdattert nach. Es war von Anfang an klar gewesen, dass sie im selben Raum schliefen. Neben dem, in den Hidan schlief, waren alle anderen zu weit vom Kaminzimmer entfernt. Sie würden nicht warm werden und sie waren es nun gewohnt. Was ihn verwirrte war, dass Kakuzu ihn aufforderte mit zu kommen. Er folgte ihm in das Zimmer. Hier waren vier Betten, von denen sich zwei jeweils gegenüber standen. Einige Stapel von Wolldecken, einige Federdecken. Alte, ranzige Kissen und undefinierbare Flecke auf dem Boden. Hoffentlich nur vom Wasser, dass durch die Holzdecke tropfte. Kakuzu misstrauisch beobachtend zog sich Shouta die Stiefel und den Mantel aus, begann nun wieder zu zittern und klaubte sich eine Decke vom Bett, das ihm am nächsten stand, die er sich um die Schultern wickelte, bevor er sich auf es fallen ließ. Er sah zu Kakuzu herauf. „Muss morgen noch mal raus“, sagte Shouta bibbernd, „war zu kalt, musste zurück.“ „Das ist keine Überraschung, du warst länger als ich erwartet habe.“ Kakuzus Stimme klang genervt. Natürlich. Sogar ruppiger als sonst. Manchmal wurde Shouta nicht schlau aus diesem Mann. Wirklich nicht. Plötzlich legte ihm Kakuzu eine Decke um den Körper. Shouta sah ihn überrascht an. „Was wird das jetzt?“ „Wenn du krank wirst versaust du die Mission.“ Plötzlich lag auch noch Kakuzus Hand auf seiner Stirn, an den Wangen und schließlich am Hals, ein Stück unter seiner Kleidung. Shouta kam die Hand unglaublich warm, beinahe heiß, vor. Die andere Hand packte sein Handgelenk, tastete nach dem Puls. Erst jetzt spürte er, wie schnell er war. „Du bist unterkühlt.“ Shouta verdrehte die Augen. „Passiert in Ōrora öfter.“ „Du warst mehrere Stunden draußen, nach Sonnenuntergang ist die Temperatur stark gefallen.“ Er packte ihn an der Schulter und drückte ihn flach und ruppig auf das Bett. „Und der Wind war stark.“ Überrascht blinzelte Shouta zu ihm hoch. „Wenn du jetzt ficken willst ist es jetzt ganz schlecht.“ Für einen Moment zuckte Kakuzus Arm und Shouta befürchtete schon einen Schlag, der nicht kam. „Ich will verhindern dass du morgen ausfällst.“ „Das war also ein Nein.“ „Strapaziere meine Geduld nicht über.“ Mit einem Mal war die Stimme noch rauer, aggressiver. Tatsächlich lag Shouta eine dumme Antwort auf der Zunge. Er schluckte sie herunter, drehte sich zur Seite und zog die Beine an seinen Körper heran. Er schloss die Augen. „Es ist so kalt.“ Er spürte, wie ihm eine weitere Decke, dieses Mal schwerer, über den Körper gelegt wurde, hörte dann, wie sich Kakuzu fortbewegte und sich auf ein anderes Bett setzte. „Wie lange war ihr weg?“, fragte Shouta leise nach. Kakuzu machte eine Pause, antwortete erst so spät, dass Shouta dachte, dass er keine Antwort bekommen würde. „Fünf, sechs Stunden. Vielleicht mehr.“ Das überraschte ihn. Er hätte mit weniger gerechnet, aber das erklärte die Unterkühlung. „Verstehe.“ Shouta zog die Beine näher zu sich, bis sie ganz dicht an seinem Körper waren. Er umschlang sie mit einen Arm. Er schlief ein, ohne weiter mit Kakuzu zu sprechen. Kakuzu sah nicht zu dem Jungen, der zitternd einschlief, sondern an die Decke. Vielleicht hätte er ihn doch schlagen sollen. Shouta erlaubte sich zu viel. Nicht nur in den letzten Tagen, die ganze Zeit. Diese ganze verdammte Mission. Er war sich bewusst, dass das schon öfter festgestellt hatte, eben so wie die Tatsache, dass er ihn nicht (schwer) verletzten oder töten konnte. Shouta war zu wichtig. Gerade jetzt kurz bevor sie den ersten Teil ihrer Mission beenden konnten. Er seufzte, deckte sich selbst zu. Es war wirklich verdammt kalt, kein Wunder, dass Shouta erschöpft war, auch, wenn sich Kakuzu fragte, was er gemacht hatte, um diese ganze Zeit draußen bleiben zu müssen. War die Umgebung so unübersichtlich, die Festung, in die sie mussten, so weit entfernt? Was brachte es jetzt darüber nachzudenken? Er war müde und wollte schlafen. Er würde Shouta morgen fragen. Er legte noch eine Decke über sich, schloss dann seine Augen und schlief bereits nach einer kleinen Weile ein. Es kam ihn vor als hätte er nicht lange geschlafen, als sich die Matratze bewegte und er etwas Kaltes an seiner Hand spürte. Der Reflex gewann die Kontrolle über seinen Körper und Kakuzu richtete sich auf, griff nach dem, was sich auf sein Bett gesetzt hatte. „Ich bin's nur.“ Shouta flüsterte. Im Schein des Mondlichts erkannte er seine Umrisse. „Kann ich zu dir? Mir ist noch immer so kalt.“ Kakuzu verstärkte den Griff um Shoutas Oberarm. „Wecke mich nicht einfach so“, knurrt er gereizt. Doch zog er ihn zu sich. Er machte sich keine großen Gedanken über das Warum. Er war müde und wollte nicht diskutieren und ihm war selbst kalt, ein wenig Körperwärme wäre sicher angenehm. Er hob die Decke an, ließ Shouta los und spürte, wie sich dieser sofort unter sie und an ihn heran schmiegte. Er war kalt, jedoch wärmer als vorhin. Sein gesamter Leib zitterte, drückte sich näher an ihn heran. „Wehe du verschwindest morgen wieder.“ Ihm gefiel das Gefühl nicht, es war damals im Zelt seltsam gewesen und war es auch jetzt. Vor allem, weil es Gefühle auslöste, die ihm nicht gefielen. Der Dieb schnaubte, rieb sein Gesicht an Kakuzus Brust. „Mach ich nicht. Wenn ich morgen früh weg bin, dann um mich weiter umzusehen.“ Kakuzu antwortete nicht. Shoutas viel kleinerer Körper, der dicht an ihm lag, sich an ihm festhielt, war eine Erfahrung, die er viele, viele Jahre nicht mehr gemacht hatte. Abgesehen von der Nacht im Zelt konnte sich Kakuzu nicht mal erinnern, wann er auf diese Weise jemanden nahe gewesen war. Jeden Sexpartner, die in den Zeiten Akatsukis nicht mal häufig gewesen waren, hatte er aus dem Bett geschmissen. Einige von ihnen hatte er sogar umgebracht, wenn auch nie direkt nach dem Sex. Dieser verdammte Dieb war ihm näher gekommen als es die meisten anderen geschafft hatten, alleine hier mit. Allerdings musste er auch sagen, dass es andere Umstände waren. Noch nie hatte Kakuzu seine Arbeit mit dem Privaten vermischt. Nicht unbedingt, weil er es aus Prinzip nicht tat, es hatte sich nie ergeben und hier in Ōrora kam die Kälte und der praktische Nutzen von Körperkontakt hinzu. Er wärmte den Jungen und der Junge wärmte ihn. Es war nützlich. Nicht viel mehr. Ein leises Seufzen von Shouta. „Es ist so kalt.“ Kakuzu schnaubte. „Halt die Klappe.“ Dennoch legte er einen Arm um de Jungen. Er würde ihn nur weiter wach halten, würde er es nicht tun. Dass er fror, konnte er verstehen, nicht aber, dass er so leichtfertig auf diese Dauer draußen gewesen war. Er hätte mit der Unterkühlung rechnen müssen, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, um das anzusprechen. Er schlief schnell ein, Shouta an seiner Seite und zumindest in dieser Nacht friedlich. Kapitel 36: Nächte ------------------ Es war warm und Shouta zitterte nicht mehr, aber er konnte nicht schlafen. Er lag so nahe neben Kakuzu, dass er dessen Geruch wahrnehmen konnte. Es war praktisch, und auf eine seltsame Art angenehm. Es sollte alles in Ordnung sein – aber war es nicht. Shouta seufzte leise, rutschte näher an Kakuzu heran, kniff die Lider zusammen. Einfach schlafen. Wie sehr er sich das wünschte. Kakuzu bewegte sich im Schlaf. Für ihn schien die Sache zwar ungewohnt, aber erträglich zu sein. Eine körperliche Annäherung, die einen Zweck erfüllte. Wahrscheinlich hatte er in seinen einundneunzig Jahren Unangenehmeres erlebt, als neben einer Person, mit der man mehrmals geschlafen hatte, zu liegen. Shouta berührte vorsichtig Kakuzus Brust. Durch den Stoff durch konnte er die Muskeln spüren. Sie waren angespannt. Als Nukenin kam Kakuzu vermutlich niemals wirklich zur Ruhe. In diesem Reich mussten sie damit kaum rechnen, aber in seiner Heimat war es eine alltägliche Gefahr. Wenn Kakuzu überhaupt etwas gefährlich werden konnte. Shouta blieb liegen, ohne sich zu bewegen, lauschte Shouta Kakuzus Atem. Kakuzu wäre das sicher unangenehm, aber je länger Shouta seinem Atem zuhörte, desto mehr ging die Ruhe auf ihn über. Er lehnte seine Stirn gegen Kakuzus Brust. Wenn er sich auf den Herzschlag und die Wärme konzentrierte und nicht auf die Berührung, war es angenehm, sogar vertraut. Irgendwie. Er seufzte leise, atmete einmal tief ein und aus und konnte Kakuzus Geruch wahrnehmen, der sich über den der Reise legte. Shouta fragte sich, wie ein Mensch nach den Strapazen einer Reise noch so gut riechen konnte. Er fühlte sich dämlich, so zu denken, aber der Geruch erinnerte ihn an raue Wildnis. Ungeschliffen, gewaltig, aber schön. Irgendwie auch an Wärme. Er schnaubte leise. Die Kälte verwirrte . Das Beste wäre, zu schlafen. Shouta rückte näher an Kakuzu heran. Einfach nur schlafen. Nur schlafen... Doch Shouta schlief nicht. Eine Stunde. Zwei. Drei. Die Kälte war wieder da. Er zitterte, schmiegte sich an Kakuzu heran, rückte wieder ab. Seufzend drehte er sich mit dem Rücken zu Kakuzu. Vielleicht war es besser, wenn er nicht mit dem Gesicht zu ihm lag ... Shouta wollte nicht aufstehen. Es war zu kalt, und am nächsten Morgen würde er erklären müssen, wieso er nicht mehr im Bett war, wenn er doch herüber gegangen war. Shouta zuckte zusammen, als Kakuzus Arme sich enger um ihn schlossen. Wäre der Griff nicht so fest gewesen, wäre er aus dem Bett gefallen. „Was soll das?“, knurrte Kakuzu. Shouta starrte ins Leere. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Alle Antworten würden verletzbarer machen. Und Kakuzu würde sie nicht wissen wollen, durfte sie nicht wissen. „Ist egal“, sagte er, „hab nur nicht damit gerechnet.“ Das war eine kleinere Lüge. Kakuzus riesige Hand lag auf Shoutas Brust. Er spürte wahrscheinlich, wie schnell dessen Herz gerade schlug. „Aha.“ Natürlich glaubte Kakuzu ihm nicht, aber er ließ ihn nicht los und Shouta wünschte sich, es würde ihm nicht gefallen. Er wünschte, er könnte einfach gehen. „Warum?“, fragte er leise. Kakuzu schwieg, aber Shouta befürchtete, dass er die Antwort kannte. Er kam näher, und Shouta spürte seinen Atmen an seinem Hinterkopf. Shouta riss Kakuzus Hand von seiner Brust. „Mach das nicht!“ Er wollte genervt oder wütend klingen und klang ängstlich. „Ich kann dich wieder aus dem Bett schmeißen“, brummte Kakuzu und drehte sich, ohne auf eine Reaktion Shoutas zu warten, von ihm weg. Es wurde noch kälter, aber sie waren sich weniger nahe. Shouta wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte. Dieses Mal schlief er ein. Und träumte. Von gelblichgrauen Augen. Von Händen, die ihn nicht losließen. Von Schmerzen und Angst. Es war einer der Träume, die Shouta am nächsten Morgen als schlimmen Traum bezeichnen würde. Einer der Träume, derentwegen er Angst vor dem Einschlafen hatte. Einer der Träume, die ihn wahnsinnig machten. Es war einer der Träume von der schlimmsten Zeit. Er träumte von dem Monster. Von den Augen des Monsters und seinen Händen, die Shouta würgten. Er wollte es von sich stoßen, aber er schaffte es nicht. Das Monster war zu nahe bei ihm. Er hörte seinen schlürfenden, keuchenden Atem und sein Stöhnen. Shouta spürte, wie sich der Schmutz in seinen Körper brannte. Er versuchte zu schreien, aber er konnte nur weinen. Er wollte das Monster nicht ansehen, aber es tauchte immer wieder vor seinem Gesicht auf. Es war da. Immer. Egal, wohin er sah. Er begann zu flehen, dass es aufhörte, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war. Das Monster lachte ihn aus. Es würde nicht zulassen, dass Shouta ihm jemals entkam. Das Monster tat ihm weh. In dieser Nacht. In jeder Nacht. Kein Entkommen. Keine Luft. Nur Schmerz. Todesangst. „Shouta.“ Shouta schlug die Augen auf und rollte sich zur Seite, weg von dem anderen Körper. Er erkannte nicht, wer bei ihm lag, stürzte aus dem Bett, brachte möglichst viel Abstand zwischen sich und den anderen. Er starrte ins Halbdunkel. Und Kakuzu starrte zurück. Scheiße. Shouta wischte sich hektisch die Tränen aus dem Gesicht. Er versuchte, zu sprechen, aber konnte nicht. „Was ist los?“ Kakuzu saß aufrecht im Bett. Er klang müde und genervt. Shouta wich weiter zurück, stieß gegen das Bett gegenüber Kakuzus. Er zwang sich, langsam durch die Nase ein- und durch den Mund auszuatmen. „Albtraum“, murmelte er. Es war nicht zu leugnen. „Aha.“ Kakuzus Ton war undefinierbar. „Es ist Morgen. Willst du weiterschlafen?“ „Ich – was?“ Auch, wenn es nicht Kakuzus Plan gewesen war: Shouta war abgelenkt und vergaß die Angst für einen Moment. Weiterschlafen? Er konnte es versuchen, aber die Gefahr eines weiteren Albtraum war so groß ... Er wollte das nicht noch einmal träumen. Nicht diese Nacht. Am liebsten nie wieder. Kakuzu sagte nichts, und Shouta war ihm dankbar dafür. Vielleicht wusste er, dass Shouta nicht antworten würde; vielleicht erwartete er auch nicht, dass er ihm mehr erzählte. „Jeder hat Albträume“, sagte Shouta leise. Er sah auf den Boden, um Kakuzu nicht ansehen zu müssen. Shouta schämte sich, weil Kakuzu ihn hatte weinen sehen. Und er wusste nicht, ob er im Schlaf geredet hatte. Scheiße. „Ja“, sagte Kakuzu. Die Antwort blieb im Raum hängen. Sie schwiegen, bis Kakuzu aufstand und sich die wenigen abgelegten Kleidungsstücke wieder anzog. Er achtete nicht auf Shouta, der immer noch auf dem Boden saß und wegsah. Shouta seufzte. Auch Kakuzu hatte Albträume. Shouta sah es in der Nacht. Unter Kakuzus geschlossenen Lidern huschten die Augen, und seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Aber Kakuzu weinte nicht. Er schlug nicht um sich. „Du hast mich geweckt“, sagte Shouta leise, „danke.“ Geweckt zu werden war das beste, was ihm in dieser Situation passieren konnte. Kakuzu blieb vor der Tür stehen. „Nicht dafür.“ Dann verließ er das Zimmer. Shouta blieb zurück. Ein Zittern ging durch seinen Körper, und er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Er weinte leise, krallte sich in seinen Körper. Er fluchte leise: „Scheiße, scheiße, scheiße.“ Er presste sich die Hand auf den Mund, biss hinein, um weitere Laute zu unterdrücken. Solange, bis es weh tat. Er rang nach Luft und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. In seinem Rucksack war Schnaps. Für den Notfall. Aber hatte noch nie direkt bevor er etwas so Wichtiges erledigen musste, getrunken. Und er musste heute die Umgebung auskundschaften. Er konnte es sich jetzt nicht leisten, zu trinken. Shouta versuchte, sich unter Kontrolle zu bekommen. Anziehen. Er starrte auf das Fenster am Ende des Zimmers. Es war zu klein, um durchzupassen. „Scheiße.“ Den Schal ins Gesicht ziehen, um es nicht mehr als nötig preis zu geben. Bei der Kälte war es normal. Es würde nicht auffallen. Er stieß die Tür, in den Raum, in dem sich Kakuzu und Hidan befanden, auf und auch, wenn er sie nicht ansehen wollte, tat er es. Er konnte sie nicht aus den Augen lassen, aber er sah ihre Gesichter nicht an. Er sah, wie sich die Körper bewegten, spürte, wie sich seine eigene Muskeln anspannten. Bereit, loszusprinten. Hidan, der bisher mit dem Rücken zu Shouta vor dem Kamin stand, drehte sich zum. Kakuzu verschränkte die Arme vor der Brust und Shouta konnte sehen, wie er seine Bewegungen verfolgte. Sein Kopf ruckte kurzzeitig in Richtung Tür, so schnell, dass es ihm Genick weh tat. Ein paar Schritte noch. Nicht weit. Nicht weit. Einer der beiden sagte etwas, das Shouta nicht verstand. Er musste hier heraus. Hier konnte er nicht atmen. Es gab keine Luft. Er drehte sich zu Kakuzu und Hidan um, lief rückwärts weiter. Shouta versuchte zu sprechen, aber er war sich nicht einmal sicher, ob sich seine Lippen voneinander lösten. Es ging nicht. Die letzte Willenskraft darauf verwenden, sein Kekkei Genkai nicht zu aktivieren. Es wäre keine Hilfe. Es wäre der Untergang. Shouta stieß gegen Holz und ein grausamer, schreiender Gedanke lähmte ihn für Sekunden. Eingesperrt! Die Starre löste sich mit der Geschwindigkeit, mit der sie gekommen war und Shouta tastete nach der Klinke und fand sie. In dem Moment, in dem er sie herunter drückte, drehte er sich um und ließ Kakuzu und Hidan vollends aus den Augen. Als er die Tür öffnete und die kalte, klare Luft ihm entgegenschlug, konnte er wieder atmen. Er riss sie auf, trat über die Türschwelle und schloss sie hinter sich. Er nahm tiefe Atemeinzüge. Dann rannte Shouta, bis die Kälte in seinen Lungen brannte. Und selbst dann rannte er weiter. Es tat gut. Jetzt, da er nicht mehr eingesperrt war, klärten sich seine Gedanken. Er stoppte stolpernd und stütze sich auf den Oberschenkeln ab. „Alles gut“, murmelte er atemlos. Er war in den Bergen; die einzigen Menschen in seiner Nähe waren Kakuzu und Hidan. Mörder, ja; aber keine Monster. Er fickte mit Kakuzu. Oft. Auch, wenn sie das besser nicht tun sollten, war es in Ordnung. Es gab keinen Grund, Angst zu haben. Ihm würde nichts passieren. „Alles ist gut. Alles gut.“ Shouta unterdrückte ein Schluchzen, wischte sich genervt über das Gesicht und richtete sich auf. Er musste sich umsehen und planen. Keine Zeit, zu weinen. Keine Zeit für Angst, erst recht nicht für Panik. Er trat gegen eine Schneewehe , der unspektakulär zerstob und niederrieselte. Shouta fluchte: „Scheiße.“ Er fuhr sich durch die Haare und ging weiter. Wenn er zurückkam, würde er er sich beruhigt haben. Dann war alles gut. Kakuzu sah Shouta nicht hinterher, sondern ließ sich auf den alten Sessel sinken. Er griff nach dem Geschichtsbuch, dessen Buchdeckel ein unglückseliges Geräusch von sich gab und kleine Papierreste auf seinen Schoß regnen ließ, als er es aufschlug. Es war jahrzehntealt. Älter als Shouta, vermutete Kakuzu, obwohl er nie nach dessen Alter gefragt hatte. Wahrscheinlich war er nicht viel älter als Hidan, wenn überhaupt. Als Hidan etwas sagte, reagierte er nicht darauf. Er wollte jetzt nicht über Shouta reden. Was im Zimmer vorgefallen war, hatte Hidan nicht zu interessieren; Kakuzu war selbst nicht sicher, was passiert war. Der Junge hatte einen Albtraum gehabt. Das hatte Kakuzu nicht überrascht – Shouta schlief wenig und schlecht, er hatte damit gerechnet. Aber nicht damit, dass es so schlimm war, und erst recht nicht damit, dass er nach dem Aufwachen solche Angst hatte. Obwohl ... war es wirklich Angst? Shouta hatte gesagt, er hasse Ōrora. Er war betrunken gewesen, und nicht nur wegen des Alkohols durcheinander. Kakuzu wischte die Gedanken beiseite und konzertierte sich auf das Buch in seinen Händen. Während Hidan das Feuer anfachte, schlug Kakuzu das Kapitel über die Könige auf. Als dieses Buch geschrieben worden war, hatte es acht Könige gegeben. Laut Shouta war vor einem Jahrzehnt ein weiterer König dazugekommen. Die meisten Legenden von ihnen waren uninteressant. Aber die Geschichte des dritten Königs fesselte Kakuzu. Mit gerade neun Jahren war er inthronisiert worden und hatte darauf zweiundvierzig Jahre lang regiert. Wenn man dieser Geschichte glauben konnte, war er ein großartiger Herrscher gewesen – so wie alle König vor und nach ihm. Kakuzu bezweifelte aber, dass ein Kind ein guter Herrscher war. Die letzten beiden Könige regierten jeweils siebzig Jahre. Kakuzu war zwar selbst über neunzig, wusste aber, dass normale Menschen in diesem Alter nicht mehr zu viel imstande waren. Körperlich, häufig geistig. Dass zwei Könige hintereinander so lange regiert und ihre Vorgänger zumindest ein hohes Alter erreicht hatten, war interessant. Wahrscheinlich achtete man auf das Wohl der Monarchen mehr als auf das des Volkes. „Ich muss bald opfern.“ „Wenn wir den Kristall holen, werden wir kämpfen. Du musst nur fertig sein, bis Shouta ihn hat“, sagte Kakuzu ungehalten. Shouta hatte schon gesagt, dass ihr Diebstahl nicht lange unbemerkt bleiben würde. Wenn sie nicht mehr Ärger als nötig haben wollten, mussten sie danach fliehen- auch Akatsuki konnte sich nicht ewig gegen Heerscharen von Gegnern durchsetzen. Und zu kämpfen, wäre unnötig anstrengend. Verfolgt würden sie so oder so. „Die verfickte Mission hält mich zu oft davon ab!“ Hidan warf einen Scheit unnötig grob ins Feuer; Kakuzu hörte die Funken knistern. „Als du Akatsuki beigetreten bist, wusstest du, dass du nicht nach Lust und Laune töten kannst“, sagte Kakuzu, ohne aufzublicken. „Und wenn du Jashins Liebling bist, wirst du nicht plötzlich sterblich.“ „So eine Mission hatten wir noch nie. Und gerade du musst mir nichts übers Töten sagen- ich habe noch keinen meiner Teampartner umgebracht.“ „Nur, weil du mich nicht töten kannst“, erwiderte er und legte sein Buch beiseite. Wenn Hidan sprach, konnte er sich nicht konzentrieren. „Du weißt, was ich damit sagen wollte.“ Ja, wusste Kakuzu. „Was heißt überhaupt Jashins Liebling?“, fragte Hidan, ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich bin sein Diener. Wenn ich nicht opfern kann …“ Am Anfang der Mission hatte Shouta gesagt, Jashin sei gerecht. Ob er das jetzt immer noch glauben würde? Den treuesten Diener verstoßen? Kakuzu antwortete nicht. Er stand auf, um ein wenig Trockenfleisch und Brot aus seinem Rucksack zu holen, und verzog das Gesicht. Langsam konnte er solches Essen nicht mehr sehen, und insgeheim hoffte er, dass Shouta wieder jagen würde. Hier oben war das allerdings unwahrscheinlich.Vielleicht, wenn sie in einer weniger lebensfeindlichen Gegend waren. „Mir macht die Mission auch keinen Spaß“, sagte Kakuzu schließlich, „und deine Beschwerden machen es nicht besser.“ Er holte die Karte aus seinem Rucksack und breitete sie auf dem Tisch aus. „Wir müssen mehr über die Umgebung in Erfahrung bringen und unsere Route planen.“ Kakuzu hoffte, Hidan würde nicht weiter vom Jashinismus erzählen, wenn sie beide beschäftigt waren. Er sprach oft darüber, aber Kakuzu interessierte es nicht. Er brauchte keine Götter. Hidan beugte sich genervt über die Karte, und Kakuzu sah ihm an, dass er überlegte, einen Streit vom Zaun zu brechen; aber er entschied sich dagegen. „Die Feste liegt da oben,“ sagte Hidan. Er deutete auf den nördlichen Teil der Karte, wo Wellenlinien und kalte Farben ein Gebirge zeigten: „Verdammt, wie sollen wir da hinkommen?“ „Sterben wirst du dabei jedenfalls nicht“, erwiderte Kakuzu, obwohl er sich dasselbe frage. Der Weg bis hinauf zu dem Grat, an dem die Feste lag, war weit, steil, und wahrscheinlich eingeschneit. Keine zwei Stunden später war Shouta zurück. Kakuzu bemerkte, dass er zitterte und dass sein Blick unruhig durch den Raum wanderte. Er sah weder ihn noch Hidan ins Gesicht. „Wir gehen übermorgen los, gegen Mittag.“ Shouta schlug seine Kapuze zurück; seine Ohren waren von der Kälte gerötet. „Ich leg' mich nochmal hin, wir sprechen später den Plan ab.“ Damit verschwand er ins Schlafzimmer. „Was ist denn mit dem los?“ Hidan sah zu der Tür, dann zu Kakuzu, der nur genervt mit den Schultern zuckte. „Woher soll ich das wissen?“ Hidan antwortete mit einem eindeutigen Blick. Einem, der sagte, dass man von ihm erwarten konnte, den Dieb zu kennen, weil sie viel Zeit miteinander verbrachten. Mehr, als nur durch Sex drauf gehen würde. Kakuzu konnte nicht leugnen, dass er neugierig war. Und Shouta, der Gesprächen aus den Weg ging war ungewohnt. Nach dieser Nacht vielleicht verständlich, aber seltsam zu erleben. „Ich gehe raus. Vielleicht finde ich was zum Opfern“, sagte Hidan, schulterte seine Sense und verließ die Hütte. Kaum war Hidan verschwunden, beschloss Kakuzu, Shouta nachzugehen. Er fand ihn auf den Bett zusammengesunken vor, eine Flasche Schnaps in der Hand. Schon wieder. Kakuzu überlegte, wieder zu gehen- betrunken war Shouta schwer zu ertragen. Aber er blieb. „Was willst du?“, fragte Shouta, ohne aufzusehen. Er trank einen Schluck und hustete, als er sich verschluckte. Kakuzu fragte sich, warum er mit ihm schlief. Er setzte sich auf das Bett gegenüber. „Was ist los mit dir?“ Shouta antwortete nicht sofort. Vorher trank er. „Ich würde dich fragen, warum du das wissen willst, aber das würde nur darin enden, dass wir uns gegenseitig Fragen stellen.“ Kakuzu hätte ihm am liebsten die Flasche aus der Hand geschlagen. „Du versaust die Mission, wenn du so weiter machst.“ „Ich dachte, du könntest besser lügen“, erwiderte Shouta und lachte unglücklich. Stille, bis Shouta weitersprach: „Warum willst du das wissen, bevor du mich überhaupt kennst? Und bevor ich etwas über dich weiß.“ Es gurgelte in der Flasche, als Shouta sie an seine spröden Lippen setzte. „Du weißt nicht einmal wie alt ich bin.“ „Du weißt etwas über mich.“ „Das stimmt“, sagte Shouta. Seine Mundwinkel zuckten, und er sah Kakuzu endlich an. Seine grünen Augen waren blutunterlaufen und glasig. „ Ich vermute, dass du fünf Herzen hast; vermutlich ist das der Grund für dein langes Leben. Und ich denke, dass du aus Takigakure verbannt wurdest, weil du dieses Jutsu gestohlen hast.“ Er trank weiter, hustete wieder. Anscheinend brannte das Zeug. „Du bist einundneunzig Jahre alt, wenn du nicht in der Zwischenzeit Geburtstag hattest. Und du bist ein Mitglied bei Akatsuki. Bis auf Hidan hast du all deine Teampartner getötet. Mich auch nicht, obwohl ich dir genug Gründe gegeben habe.“ Kakuzu nickte langsam. „Du warst im Gefängnis“, fügte Shouta hinzu. Unwillkürlich sah Kakuzu die ringförmigen Tattoos auf seinen Unterarmen an. Er war gebrandmarkt. „Ja.“ „Das tut mir leid“, sagte Shouta, und zu Kakuzus Verwunderung klang er aufrichtig. „Es ist vorbei.“ Shouta schüttelte seinen Kopf. „Es ist niemals vorbei.“ Seufzen. Trinken. „Was weißt du über mich?“ Kakuzu musste überlegen. „Ich weiß nicht genau, wie alt du bist, aber ich schätze, Anfang zwanzig. Du bist in Kirigakure geboren. Du bist ein Dieb. Und ich glaube, du bist schwul.“ „Was für ein Genie.“ Shouta versuchte, zu grinsen. „Du könntest auch bi sein.“ Shouta zuckte mit den Schultern. „Ich wollte nur die Stimmung auflockern.“ Er klang nicht fröhlich, und sein Blick war leer. „Du bist klüger, als ich am Anfang gedacht habe.“ „Sollte das ein Kompliment sein?“ „Such es dir aus“, sagte Kakuzu und fuhr fort: „Du magst nicht, wenn man dein Haar anfasst. Du jagst anscheinend gerne und gut. Im Kampf bist du weniger nutzlos als erwartet, aber du suchst nicht die Konfrontation. Du trinkst oft, schläfst selten und wenn, dann schlecht.“ „Ich bin zweiundzwanzig. Im November geworden“, sagte Shouta nur. „Uns trennen neunundsechzig Jahre. Unter anderen Umständen fände ich das lustig.“ „Haben wir deinen Geburtstag verpasst?“, fragte Kakuzu. Über dieses Thema zu sprechen, war leichter. „Ja“, sagte Shouta, „schätze, du schuldest mir ein Geschenk.“ „Hatten wir an dem Tag Sex?“ „Ja.“ „Dann war das dein Geschenk.“ „Na, danke.“ Sie schwiegen. Draußen heulte der Wind und fuhr durch die Bäume, und ab und an nahm Shouta einen Schluck. Ansonsten Stille. Kakuzu schloss seine Hände zu Fäusten, lockerte sie wieder und sah aus dem zugefrorenen Fenster. Dann wieder zu Shouta, trank und bei jedem Schluck das Gesicht verzog. Bevor Kakuzu wusste, was er tat, riss er Shouta die Flasche aus der Hand, und der ließ es mit sich machen. Kakuzu hätte ihn gerne geschlagen, aber eigentlich wollte er das nicht. Kakuzu verstand es nicht. Er hatte Shouta völlig anders kennen gelernt: Fröhlich, vorlaut. Hatte er damals einfach besser verstecken können, wie er wirklich war? War das überhaupt wichtig? „Es wäre einfacher, wenn du mich in Ruhe lässt“, sagte Shouta unvermittelt. „Wieso?“ „Besser für dich.“ Kakuzu stellte die Flasche neben dem Bett auf dem Boden ab. „Und es wäre einfacher, dir zu folgen, wenn du nicht in Rätseln sprechen würdest.“ „Du würdest du mich hassen.“ Shouta seufzte. Kakuzu wusste nicht, wie er darauf antworten sollte. Die Situation war noch schwieriger als vorher geworden, und alle Antworten führten nur auf die Frage zurück, was mit Shouta los war. „Das weißt du nicht“, sagte er. „Wie kannst du das behaupten?“ Shouta sprach lauter, härter als zuvor. „Du hast dazu kein Recht.“ „Hassenswerter als deine Art kann es nicht sein.“ Kakuzu sah, wie Shoutas Mundwinkel zuckten. „Und was sollte mich noch schockieren?“ Shouta sah von Kakuzu zu der Flasche auf dem Boden, machte aber keine Anstalten, sie aufzuheben. „Monster“, sagte er dann. „Monster schockieren jeden, der noch ein bisschen menschlich ist.“ Kakuzu wollte protestieren, doch Shouta schnitt ihm das Wort ab: „Wärst du nicht menschlich, hättest du keine Albträume.“ Er antwortete nicht. Stattdessen sah er zu, wie Shouta gedankenverloren die Beine an seinen Körper zog und sich eine Decke um die Schultern legte. Sein Gesicht war ausdruckslos, und seine Augen fixierten einen Punkt weit, weit fort. „Ich will will nicht mehr reden“, murmelte Shouta, „ich will schlafen.“ Kakuzu seufzte. Das war nicht das Ende, das er sich erhofft hatte, aber heute war wohl nichts mehr zu machen. Wenigstens wusste er jetzt, wie alt Shouta war. „Was machst du jetzt?“ Shouta vergrub sich unter den Decken und rollte sich zusammen. Weil sein Gesicht nun im Schatten lag, wirkten seine Augenringen noch größer und seine Haut ungesund bleich. „Ich habe noch einige Schriftstücke, die ich durchgehen wollte.“ Er deutete auf einen Stapel Papiere. Wie das Buch hatte er sie hier gefunden. Taktiken der Soldaten, alte Pläne. Er war vor allem neugierig, inwiefern sie sich von denen der Ninja unterschieden. Er hatte sie in der Hütte gefunden, genau wie das Buch über die Könige. Kriegstaktiken, Schlachtpläne und Karten, auf denen die Truppenbewegungen verzeichnet waren. Kakuzu war neugierig, inwiefern sie sich von ihren Shinobi-Äquivalenten unterschieden. „Aha … Kannst du-“, begann Shouta, unterbrach sich, „ … vergiss es.“ Er drehte sich von Kakuzu weg. „Na ja. Mit dir zu reden, war okay, schätze ich.“ „Gleichfalls.“ Kakuzu wartete, bis Shoutas Atem ruhig und gleichmäßig wurde. Als dieser schlief, nahm er die Papiere und ging, doch an diesem Tag konnte er nicht mehr arbeiten. Er starrte nur auf die Schrift, ohne zu lesen, und dachte nach.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)