Nur wer frei ist, ist ein König von Die_Katzenhai (Frei zu sein bedarf es wenig [KakuzuxOC]) ================================================================================ Kapitel 34: Der Weg ------------------- Akira stieß die Türen zum Thronsaal auf und marschierte mit ihrem schweren Gang, der laut und hohl im beinahe leeren Raum hallte, zu der einzigen anwesenden Person. Hikos rotes Haar glänzte im Licht der untergehenden Sonne wie Feuer und ihre orangefarbene Tunika war wie ein Docht. Sie war ein hübsches Mädchen, was Akira missfiel, aber sie war eine der stärksten Kämpfer Ōroras und naiv. Eine leicht zu lenkende und nützliche Schachfigur. „Du wolltest mich sprechen.“ Hikos Kornblumenaugen ruhten nur kurz auf Akira, flackerten dann zu den Bogenfenstern hinaus. Eisblumen hatten sich auf ihnen abgesetzt und weit draußen konnte man die Lichter der Stadt sehen. Vereinzelt nur. Ein düsterer Anblick. „Ja“, antwortete Akira, „aber nicht hier.“ Auf Akiras verständnislosen Blick deutete sie mit dem Kopf zu einem Gang, in dem sich selten andere Königsdiener verirrten. „Was gibt es?“ Hiko sah sie neugierig an. Sie war ein Stück kleiner als Akira und musste ihren Kopf leicht in den Nacken legen, um sie anzusehen. „Meine Liebe“, fing Akira an, „ich wollte dir fragen, wie es dir geht. Ich habe von den Zusammenstoß mit diesem Dieb gehört. Geht es dir gut?“ Sie musterte ihren Arm, dort, wo man sie verletzt hatte. Hiko runzelte ihre Stirn. „Meine Wunden sind geheilt, du musst dir keine Sorgen machen.“ „Es ist eine Schande, dass man sie nicht unter Kontrolle bringt. Die Schattenkriecher machen seit so vielen Jahren Ärger.“ „Ja, aber der König ist machtlos gegen sie.“ Hiko verzog ihr hübsches Gesicht verächtlich. Sie machte es Akira einfacher als erwartet. Sehr gut. Akira behielt ihren ernsten Gesichtsausdruck bei. So hässlich ihr Körper auch sein mochte, sie hatte ihn unter Kontrolle. „Der König, ja.“ Die folgende Pause war verheißungsvoll. „Aber es gäbe Leute, Frauen, die in der Lage wären, es zu schaffen. Die Diebe haben weniger macht als sie es einst hatten. Sie sind zu schlagen, wenn man einen mächtigen Anführer hat.“ „Wie meinst du das?“ „Zusammen würden wir viel erreichen können.“ Hiko legte ihren Kopf schief, schien aber zu verstehen, was Akira sagen wollte. Sie schwieg abwartend. „Die Königsfamilie regiert viel zu lange.“ Akira lächelte und legte eine Hand auf Hikos Schulter. „Und wir beide haben viel gemeinsam.“ „Das haben wir, nehme ich an.“ Wie ein Mädchen sah sie Akira an. Neugierig und voller Hoffnung, weil sie ein neues Spielzeug bekommen würde. Es war so einfach. Akira hob ihre Hand. „Ich denke, wir sollten uns bei einem Becher Wein darüber unterhalten. Findest du nicht auch?“ Hiko nickte. Shouta erwachte aus einem Traum über Alter und Tod. Mit aufgerissenen, grünen Augen starrte er auf die Decke über sich, lag flach auf dem Rücken und musste gegen Tränen, die er nicht mehr seit dem Tod seiner leiblichen Mutter geweint hatte, ankämpfen. Es gelang ihm, doch der Anblick, den er beinahe verdrängt hatte, war wieder in seinem Gedächtnis eingebrannt. Im Grunde war er froh darüber. Er war falsch, das wusste er, aber die Gedanken an seine tote, leibliche Mutter waren einfacher zu ertragen als das Chaos, das ansonsten in ihm wütete. So lag er also da, dachte nach und wusste nicht wohin er mit allen Erinnerungen sollte, bis er schließlich mit pochenden Schädel aufstand. Er hatte einen Kater. „So eine Scheiße“, murmelte er und fuhr sich durch das Haar. Gähnend rappelte er sich auf, schleppte sich zu seiner Kleidung und zog sie sich an. Er war nackt, wie ihm erst auffiel, als er seine Unterhose in den Händen hielt, also hatten Kakuzu und er wieder gefickt, wahrscheinlich zumindest. Die Flasche, über die Shouta plötzlich stolperte, hatte er wohl mit ins Zimmer geholt, vermutlich (und hoffentlich) vor dem Ficken. Shouta wollte nicht nachsehen, was in dieser Flasche gewesen war. Vermutlich hatte er nicht nur die getrunken, sondern bei weitem mehr, sonst hätte er keinen Filmriss. Es wunderten ihn sogar, dass er überhaupt geträumt hatte. Aber wenigstens gab es schlimmere Träume. Seine Gedanken fixierten sich auf Kakuzu. Sie sollten es sein lassen, es war eine beschissene Idee, dass sie dauernd gemeinsam im Bett landeten und das wussten sie beide. Besonders hier war das viel zu deutlich geworden. Sie hätten schon lange vorher damit aufhören sollen, gar nicht erst damit anfangen. Aber sie taten es und sie würden es weiter tun. Es ging nicht einmal darum, dass sie beide neunundsechzig Jahre trennte, Kakuzu sah nicht aus wie einundneunzig. Es war natürlich dennoch seltsam, wenn man darüber nachdachte, weswegen Shouta das weitestgehend verdrängte, zumindest solange sie vögelten. Es hatte ja auch Vorteile, Kakuzu war erfahre und konnte die Erfahrung nutzen. Tatsächlich erwischte sich Shouta bei anderen Gedanken, wenn es um Kakuzu ging und nach den Tagen hier, war er sich sicher, dass Kakuzu ähnliche hatte. Das war es, was schlimm an der Sache war. Was sie davon abhalten sollte, das zu tun, was sie schon die ganze Zeit taten. Shouta strich die Gedanken bei Seite. Nur in Boxershorts gekleidet schlurfte er ins Bad und betrachtete sich für Sekunden im alten Spiegel, der seine besten Zeiten schon lange hinter sich hatte. Ein Riss ging quer hindurch und spaltete Shoutas Spiegelbild in zwei Hälften. Er musste sich bücken, um sein Gesicht komplett sehen zu können. Er sah gar nicht so scheiße aus, hatte sich das schlimmer vorgestellt und begnügte sich damit, sein Gesicht zu waschen und sich die Zähne zu putzen. Mittlerweile konnte er sich auf wichtige Dinge konzentrieren. Den Diebstahl. Er kannte die genauen Voraussetzungen vor Ort nicht, wusste aber, dass er Akatsuki als Köder benutzen musste. Den Kristall würde er vielleicht noch alleine besorgen können, doch sicher nicht die Krone. Es würde ihn nicht wundern, würde man sie besser schützen als den Kristall, egal, wie dämlich es war. Ōrora lebte seinen König mehr als alles andere – zumindest offiziell. Die Realität zeichnete ein ganz anderes Bild. Was Shouta wusste war, dass er keine Pläne bekommen würde, er hatte schon im Vorfeld nach welchen gesucht schon Monate, bevor er überhaupt von dieser Mission überhaupt erfahren hatte. Er würde sich also erst vor Ort einen Weg suchen müssen. Es war wirklich riskant, aber er glaubte und vertraute auf Hisokas Worte. Er würde es schaffen. Daran zweifelte er nicht im geringsten. Das Stehlen lag ihm in Blut und gerade dieser Auftrag war so unglaublich wichtig, dass sich Shouta schlicht weigerte, zu versagen. Shouta schmiss die Zahnbürste auf das Waschbecken zurück, spritzte sich noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht, sah sich selbst in die Augen und versuchte sich einzureden, dass er weder müde war, noch Kopfschmerzen hatte. Dass ihm das nicht gelang, wurde ihm sofort bewusst, als er in der weiträumigen Küche vor einem Tee saß und Yosuke mit einem Grinsen in den Augen hereinspaziert kam. „Hat Kakuzu dir das Hirn rausgevögelt?“, fragte er und schwang sich auf einen Stuhl gegenüber von Shouta. „Oder hast du es dir ausgesoffen?“ Shouta trank einen Schluck aus der Tasse. Eigentlich sollte das Gesöff nach Pfefferminz schmecken, aber es schmeckte eher nach heißem Wasser mit der Ahnung eines frischen Geschmacks. „Weder noch, mein guter Freund“, sagte Shouta mit weicher, jedoch nicht großartig schmeichelnden Stimme. „Wieso fragst du?“ Scheinbar neugierig musterte er Yosuke. Seine dunkelgrauen Augen kniffen sich zusammen und schienen dann wieder zu grinsen. Die unter Hälfte des Gesichts war, wie immer, von einem Tuch verdeckt und die Mimik war nicht zu lesen, doch gewöhnte man sich schnell daran, wenn man Yosuke kannte und konnte seine Stimmung gut einschätzen. Im Gegensatz zu Kakuzu, der sein Gesicht ebenfalls grundsätzlich verbarg, legte es der Dieb auch nicht darauf an, seine Emotionen im Alltag zu verstecken. „Weil es seltsam ist, dass du einen Kater hast, ohne feiern gewesen zu sein.“ Yosuke wurde ernster. Er seufzte tief und röchelnd. Shouta zuckte nur mit den Schultern. „Das ist mir bewusst.“ Sie wechselten einen Blick, sahen dann aneinander vorbei in die Stille der grauen Fliesen und verblassten Musterungen an den Wänden. Vier Minuten, vielleicht auch fünf oder sechs, herrschte Wortlosigkeit. Es war Yosuke, der zuerst sprach und das erschien ihnen beiden seltsam: „Pass auf dich auf, Shouta.“ Shouta, der mit Vielem, aber nicht damit gerechnet hatte, sah verwundert auf. Dann musste er leise lachen. Es war ein trockenes Lachen, nicht traurig aber auch nicht fröhlich. Es balancierte auf dem Grad dazwischen. „Ihr macht euch zu viele Sorgen um mich.“ „Wir?” Das folgende Schulterzucken war vom Kater und Kopfschmerz beeinträchtigt. „Ich höre das in letzter Zeit oft.“ „Dann würde ich mir an deiner Stelle Gedanken machen.“ Yosuke legte eine Hand auf Shoutas Unterarm. Eigentlich hätte Shouta seinen Arm wegziehen wollen, doch er tat es nicht, sondern blickte seinem Gegenüber in die Augen. „Mein Herz wird schon nicht plötzlich aufhören zu schlagen, noch habe ich vor, meinen Kopf abschlagen zu lassen. Ich werde nicht sterben.“ Er grinste schief. „Dass ich noch lebe ist der beste Beweis. Du kannst mich also gerne loslassen.“ Nun lachte Yosuke, er allerdings nicht fröhlich. Er zog seine Hand weg. „Du hast dich verändert.“ „Kannst du mir auch etwas sagen, dass ich nicht weiß? Menschen tun das, wenn sie älter werden, wie du weißt.“ Shouta klang nicht unfreundlich, höchstens distanziert, aber es schien Yosuke noch mehr zu verwirren. „Shouta.“ „Yosuke?“ Sie fochten ein Blickduell aus und Shouta bemerkte, dass seine Kopfschmerzen schlimmer wurden, je mehr er sich versuchte zu konzentrieren. Wenigstens war ihm nicht schlecht. Es war wieder Yosuke, der zuerst die Stille beendete. „Du weißt, wie ich es meine.“ Shouta nickte, bereute es aber, weil es eine unangenehme Kopfbewegung war. Der Schmerz raste sofort in seine Schläfen und sein Magen meldete sich nun doch. Er sich über die schmerzenden Stellen und seufzte. „Ja, verdammt, das weiß ich.“ „Das hast du vermutlich auch öfter gehört.“ „Ja.“ Yosuke wechselte das Thema. Shouta vermutete, dass er die Sinnlosigkeit seiner ersten Intention erkannt hatte. Es war gut so, denn Shoutas Lust, sich über die Änderung der letzten Jahre zu halten hielt sich stark in Grenzen. „Wann wollt ihr heute los?“ „Bald. Ich wollte noch einmal mit Yuki und Hisoka sprechen, dann gibt es hier nichts mehr zu klären.“ Er machte keine kurze Pause. „Ihr werdet wahrscheinlich auch bald nach Pōto gehen, nehme ich an?“ Yosuke nickte. „Wir wollen morgen los. Hisoka bleibt vorerst, will uns aber dann folgen.“ Die Gespräche kamen und gingen und es wurde Mittag. Shouta schulterte seinen Rucksack und sah noch einmal zu seiner Adoptivmutter, die ihm in sein Zimmer gefolgt war. „Sag bitte nicht, dass ich auf mich aufpassen soll“, murmelte er und fuhr sich durch die Haare. Yuki schüttelte ihren Kopf und reichte ihm eine Tablette. „Nein, ich wollte dir etwas gegen die Kopfschmerzen geben.“ Shouta musste grinsen. „Das ist das erste Mal, dass du mir etwas gegen 'nen Kater gibst.“ „Das ist das erste Mal, dass du danach auf eine wichtige Mission mit Schwerverbrechern musst.“ „Du machst dir also doch Sorgen.“ Yuki umarmte ihn kurz, berührte ihn dabei kaum. „Du bist wie mein Sohn. Natürlich mache ich das, das ist das Los aller Mütter.“ Sie musterte ihn. Mit einem Seufzen nahm Shouta die Tablette, richtete sich die Riemen seines Rucksacks und wurde ernster. Er fühlte sich plötzlich schlechter und wusste nicht, was er sagen sollte. Er seufzte. „Das musst du nicht. Ich verspreche auch, mich zu melden, sobald ich kann.“ Er zwang sich zu einem Grinsen, das sogar einigermaßen echt wirkte. „Aber nun muss ich wirklich los.“ „Ich weiß.“ Yuki lächelte nicht einmal. „Wir werden uns in Pōto sehen.“ „Das werden wir.“ Er umarmte sie seinerseits noch einmal, dieses Mal ein wenig länger als zuvor. Doch auch nun berührten sie sich kaum. Er ließ sie hinter sich, ohne, dass sie noch etwas sagten. Es war ein komisches Gefühl und hatte einen unglaublich bitteren Nachgeschmack. Er verdrängte es, nahm die Treppe schneller als ursprünglich geplant und erreichte die beiden Mitglieder Akatsukis, die wahrscheinlich viel zu lange auf ihn warteten. Bis auf die Männer war nur noch Schneegestöber in der Halle. Der riesige Wolf stützte seinen Kopf auf seinen Pfoten ab. Seine Augen waren geschlossen, aber Shouta war sich sicher, dass er nicht schlief. „Wir können los“, sagte er überflüssigerweise und in dem Wissen, dass Akatsuki schon einige Zeit auf ihn warten musste. Kakuzu warf ihm einen Blick zu, der jemand anderen mit Sicherheit zum Weinen gebracht hätte „Was du nicht sagst“, knurrte er. Hidan schulterte seine Sense. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren.“ Er war ebenfalls genervt, nicht in den Ausmaß, das Kakuzu zeigte, jedoch genug, um ihn nicht weiter verärgern zu wollen. Shouta konnte darauf verzichten, Bekanntschaft mit den Klingen zu machen. Er trat als erster der drei aus dem Gebäude und atmete die kalte Luft ein. Es schneite nicht und der Himmel war von hellen Wolken verhangen. Er sah zu seinen Begleitern. „Vermutlich wird uns Schneegestöber folgen.“ Hisoka war weder dumm und erst recht nicht naiv. Sie traute mochte Akatsuki nicht vollkommen misstrauen und hatte sich oft mit Kakuzu unterhalten, doch würde sie das von einer Kontrolle abhalten. „Vielleicht werden wir es nicht mal mitbekommen, er kann sich gut unsichtbar machen.“ „Aha“, kam es von Kakuzu. Shouta lief rückwärts, um ihn besser ansehen zu können. „Du könntest auch begeisterte sein“, sagte er fröhlich und machte sich bereit, einen Schlag auszuweichen. Es kam keiner, nur ein weiterer, böser Blick. Er drehte sich um und straffte seine Schultern. Shouta wusste, wohin sein Weg ihn führen würde.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)