Auf den Sieg! von DreamerInHeaven ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Auf den Sieg!“ Er merkte selbst, wie dumpf seine Stimme klang, als er seinem Spiegelbild zu prostete, das sich schwach im Fenster reflektierte. Shinichi schnaubte, bevor er sein Glas in einem Zug leerte. Kurz verzog er das Gesicht. Es war ewig her, seit der 20-Jährige das letzte mal etwas härteres als Bier getrunken hatte. Doch es hatte etwas vertrautes, etwas beruhigendes. Auf den Sieg. Auf die großartige  Allianz mit Suna-Gakure. Bastarde, elende Feiglinge, Opportunisten, Verräter... Er schenkte sich ein zweites Glas ein. Vor fünf Jahren hatte Orochimaru Konoha angegriffen. Zusammen mit Suna. So viele Tote. So viele auseinandergerissene Familien. Und Konohas Elite -  diese Arschlöcher  – hatte bereits kurz nach dem Krieg Frieden mit Suna geschlossen. Hatte auf die Gräber der Gefallenen gespuckt. Einfach so, vermutlich ohne auch nur ein mal kurz inne zuhalten und es in Frage zu stellen. Alles für den Frieden und das größere Wohl, natürlich. Heute vor fünf Jahren war dieser Vertrag vom Kazekage und Tsunade-sama unterschrieben worden. Und diese Allianz, dieser Frieden, wurde heute gefeiert. „Shinichi?“ Er seufzte. Das hätte er sich doch denken können. „Ich bin beschäftigt, Kiba...“ „Das  sehe ich...“, kommentierte sein bester Freund trocken und setzte sich neben ihn. Dann schnappte er ihm das Glas aus der Hand. Zumindest versuchte er es. Shinichi kannte den Inuzuka und hatte das Glas bereits außerhalb seiner Reichweite gezogen. „Ich trinke noch, Kiba!“ Das Glas wurde ihm trotzdem aus der Hand genommen. Gereizt drehte er sich zur Seite und sah gerade noch, wie seine kleine Schwester den Inhalt des Glases in den Abguss schüttete. Das erklärte zumindest, wie Kiba in seine Wohnung gelangt war. „Aiko....“, begann er, ein warnender Unterton in der Stimme. Die 15-Jährige wusste, dass er es hasste  wenn sie so tat, als sei sie diejenige, die auf ihn aufpassen musste. Er warf einen kurzen Blick auf die halbleere Flasche Scotch. Na gut, manchmal stimmte das vielleicht. „Was?“, fauchte seine kleine Schwester, als hätte sie seine Gedanken erraten, atmete dann tief durch und fuhr dann wesentlich versöhnlicher fort: „Mir gefällt dieser Feiertag auch nicht, Shinichi...aber du solltest nicht hier drin sein und dich betrinken...du solltest...“ Sie stockte und als sie nach wenigen Sekunden weiter sprach zitterte ihre Stimme kaum merklich, doch Shinichi nahm es dennoch wahr. „Du solltest mit kommen und Blumen an das Grab von Mama und Papa legen...“ Shinichi zuckte zusammen, als hätte das blonde Mädchen ihn geohrfeigt. Er wollte  dort nicht hin, nicht heute und auch sonst nicht. „Geh allein, ich bin nicht in der Stimmung...“ Er wusste, dass er ungerecht war. Er wusste, dass seine Schwester es nicht verdient hatte, so angeknurrt zu werden, aber verdammt  er wollte heute nicht nett sein. Der nette Kerl hatte heute Sendepause. Aikos Blick verfinsterte sich und zu seiner eigenen Überraschung kümmerte es ihn heute nur wenig. Nur einen einzigen Tag lang wollte er nicht der Retter in der Not sein. Der verständnisvolle Zuhörer, das Stehaufmännchen, der Beschützer. Der, der irgendwie alles wieder ins Lot brachte. Nur einen einzigen, beschissenen Tag lang  wollte er nicht der Held sein müssen. „Shinichi....“, begann Aiko behutsam. Er kannte diesen Tonfall. Es war ihr jetzt reg' dich doch nicht so auf  Ton, den er schon in normalen Situationen nervig fand. Und das hier war keine normale Situation. „Sag' mal, willst du es nicht begreifen?“, fragte er scharf, „Unsere Eltern sind nur wegen Sunas Verrat gestorben! Genau wie viele andere auch! Die hängen ihre Fahne nur nach dem Wind, oder denkst du die hätten ein Bündnis mit uns geschlossen, wenn Orochimaru gewonnen hätte? Und als Dank für ihren Verrat wird ihnen auch noch der rote Teppich ausgerollt, während wir nur darauf warten können, wann ihnen wieder jemand was dafür bietet, uns in den Rücken zu fallen!“ Unter seinen Worten zuckte Aiko zusammen und biss sich auf die Unterlippe; Shinichi wusste, dass er sich deshalb schlecht fühlen sollte, aber irgendwie tat es gut, das ganze endlich einmal auszusprechen anstatt es immer nur in sich hineinzufressen. „Wir wissen, dass es dir scheiße geht...aber wir wollen dir auch nur helfen.“, erklärte Kiba schnell, ehe Aiko etwas sagen konnte und bevor die Geschwister noch anfingen, sich zu streiten. „Wenn Mia wüsste, dass du wieder in alte Muster verfällst...“, merkte Aiko scheinbar gedankenversunken an, ohne ihn anzusehen. Sie hatte einen merkwürdigen Unterton und Shinichi ballte unbewusst die Hand zur Faust. „Halt Mia da raus!“, knurrte er unwirsch, „Sie hat damit nichts zu tun.“ „Oh, eine Reaktion !“ Täuschte er sich, oder hörte er da einen Funken von Eifersucht aus Aikos Stimme heraus? Eifersucht auf Mia? Doch gleichgültig, warum Aiko auf Mia zu sprechen gekommen war – sie hatte recht. Shinichi wollte unter keinen Umständen, dass Mia ihn jemals wieder so sehen würde. So wie früher. Er wollte, dass sie ihm glauben konnte, wenn er sagte, dass er sich geändert hatte. Er merkte nicht, wie Kiba Aiko kurz einen warnenden Blick zuwarf und sie in einer für sie eigenen Mischung aus Trotz und Schuldbewusstsein mit den Schultern zuckte. Doch ihre manchmal noch so kindlichen, grünen Augen sprachen eine eigene Sprache. Ich habe meine Eltern damals auch verloren  schienen sie zu sagen und dieses mal war es Kiba, der zuerst den Blick senkte. „Ich...lasse euch dann mal allein...“, murmelte er schließlich nach einem langen Moment der Stille und klang dabei mehr als überfordert. Natürlich hatte er seine eigenen Probleme mit seiner Familie, aber das... Der 18-Jährige klopfte Shinichi kurz auf die Schulter, umarmte Aiko zum Abschied und verschwand dann schnell aus der Wohnung der Geschwister. Diese saßen sich eine Weile schweigend gegenüber. Schließlich stand Shinichi auf und stellte sich ans Fenster, mit dem Rücken zu Aiko. Scheinbar gedankenversunken spielten seine Finger mit der Gardine, sein Blick huschte rastlos umher. Tausend wirre Gedanken tobten durch seinen Kopf, doch er konnte nicht einen davon ausformulieren. Als er fühlte, wie Aiko ihren Kopf an seine Schulter lehnte, zuckte er zusammen. Himmel, er hatte ja nicht einmal bemerkt, dass sie aufgestanden war. „Ich weiß, dass es weh tut... mir gehts genauso...aber Shinichi, ich schaff das nicht allein.“ Ihre Stimme bebte und der Jagdninja wusste auch ohne sich umzudrehen, dass sie weinte. Automatisch drehte er sich um und nahm sie in den Arm, strich ihr behutsam über den Rücken. „Tut mir leid...“, murmelte er, „Ich hab mich wie 'n ziemlicher Arsch benommen, was?“ Aiko machte ein Geräusch, von dem Shinichi nicht genau wusste ob es ein Lachen oder ein Schluchzen war. Vermutlich beides. Und er tröstete sie schon wieder. Shinichi grinste leicht. Ja, manchmal wünschte er sich, nicht der Held sein zu müssen. Sich den Luxus der Schwäche erlauben zu können. Doch er wusste auch, dass er das niemals auf Kosten seiner Schwester könnte. Gleichgültig, was mit ihm war – für sie würde er in jeder Situation den Retter in der Not spielen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)