Wolvesmoon Hogwarts von Plotchaser (Levs Story) ================================================================================ Prolog: Traum aus der Vergangenheit ----------------------------------- Irgendwo in einer Kabine im Hogwarts-Express saß ein 15-jähriges Mädchen. Ihr braunes Haar hing ihr halb ins Gesicht, während sie gedankenverloren ihre schwarz-weiße Katze streichelte. Das Tier lag zusammengerollt auf ihrem Schoß, während der Blick des Mädchens ziellos aus dem Fenster ging. Den beiden gegenüber machte es sich ein schwarzhaariger Junge bequem, der gerade äußerst vertieft in seine selbstgeschriebenen Aufzeichnungen zu sein schien. Seine Haare schlossen mit dem Gestell seiner Brille ab, die er sich gerade wieder weiter auf die Nase schob. Der Name des Mädchens war Leverence Lissette Shipley, kurz "Lev". Und sie würde nach der Ankunft im Schloss bereits das 5. Schuljahr antreten. Ihr Gegenüber war Dallin Jones, ihr bester Freund seit den vergangenen 4 Schuljahren. Doch kaum einer nannte ihn bei diesem Namen, zumeist wurde er einfach mit "Dale" abgekürzt. Das Buch, in das er vertieft war, war sein kleines Heiligtum. Ein Buch, das alles zu beinhalten schien, das ihn ausmachte. Ideen zu allen möglichen Dingen und Notizen als Erinnerungsstütze. Lev selbst behielt diese Dinge jedoch lieber in ihrem Kopf als auf Papier, weshalb sie diesen Fanatismus nicht verstand. Seufzend schloss das Mädchen nach einer Weile die Augen und nickte kaum später auch schon ein... Ein Schrei durchschnitt die himmlische Ruhe. Lev kannte die Stimme nur zu gut und kniff ihre Augen fester zusammen, im Versuch das Geschrei zu ignorieren. Doch funktionierte dies leider nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Denn als ihr Name zum fünften Mal durch den Express gebrüllt wurde, öffnete sie gereizt die Augen und blickte direkt in Dales dunkle Augen. „Lizbeth, ich denke, du solltest ihn zum schweigen bringen, bevor es ein anderer tut“, grinste er ihr frech entgegen. Zu diesem Kommentar konnte das Mädchen jedoch nur genervt seufzen. Sie hasste es, wenn er sie 'Lizbeth' nannte. Zumal sie ja 'Lissette' mit Zweitnamen hieß und nicht 'Lizbeth'. Kopfschüttelnd verdrehte die Braunhaarige die Augen, während sie aufstand. Immerhin wusste sie ja, dass seine Aussage – abgesehen von ihrem verhassten Kosenamen – begründet war. Als Lev die Kabine verließ, machte es sich ihre Katze auf dem Platz neben ihrem gemütlich. Während Lev sich der Waggontür näherte, hörte sie bereits die verschiedenen Stimmen der Jungen, die sich hinter der Tür befanden. Die Stimme ihres Cousins, Gabriel André Walles, hörte sie direkt aus dem Tumult heraus. Er hatte mittlerweile aufgehört nach Lev zu rufen, stattdessen lachte er auf eine bösartige Art und Weise. Lev lächelte matt, als sie durch die Tür trat und ihren kleinen Cousin mit erhobenem Zauberstab vorfand. Vor seinen Füßen entdeckte sie einen jungen Slytherin, der erschrocken zu Gabe aufsah. „Na, wer ist denn jetzt der kleine, hilflose Schwächling, hm?“ Gabe schlug sich sanft mit seinem Zauberstab in die Handfläche und stellte seinen Fuß auf den Zauberstab seines Gegners. Lev beobachtete das Geschehen noch ein wenig, ehe sie sich schließlich zwischen die beiden stellte und Gabe direkt in die Augen blickte. Seine fiese Art sagte ihr, dass er mal wieder nicht er selbst war. Seine Multiple-Persönlichkeit 'Ian' hatte gerade übernommen. So wie sie es einschätzte, musste der Slytherin ihn mit irgendetwas zu sehr gestresst haben, sodass Ian freie Bahn hatte. Vermutlich war der Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hatte, die Tatsache gewesen, dass er Lev nicht hatte rechtzeitig erreichen können. „Hallo, Ian. Lange nicht gesehen“, lächelte Lev müde und zog ihren Zauberstab, um ihn dem Jungen unters Gesicht zu halten. „Oh! Hi, Schwesterchen!“ Ians Grinsen wurde breiter, als er die grünen Augen erblickte und den Zauberstab betrachtete, der sich nun vor seinen Augen befand. Seinen eigenen Zauberstab hielt er in der rechten Hand und klopfte sich damit ungeduldig gegen den Oberschenkel. „Ian... Du sollst es gefälligst lassen, diesen Zauberstab gegen irgendjemanden zu erheben. Vollkommen egal, wieso Gabe dir die Oberhand gelassen hat.“ „Aber du darfst das, oder was?“ Ians Grinsen wurde provokant, ebenso wie die Tonlage seiner Stimme. „Ja, das darf ich. Immerhin ist dies mein eigener Körper und ich versaue nicht das Leben eines Anderen, so wie du es mit Gabes Image machst.“ Bereits nach diesen wenigen Worten mit Ian, war Lev schon wieder auf 180. Also trat sie zwei Schritte auf ihn zu, während sie die Spitze ihres Zauberstabs in seine Wange bohrte, um ihn zum Zurückweichen zu zwingen. Mit anfänglichem Zögern trat Ian dann schlussendlich doch zurück. Als er vom Zauberstab des Slytherins herunter trat, kickte Lev diesen kurzerhand zu seinem Besitzer zurück. Ohne weiter darüber nach zu denken, ergriff der Jüngere seine Chance, schnappte sich seinen Zauberstab und trat hastig die Flucht an. „Und was hast du nun vor, Schwesterchen?“ Ians Augen blitzten überlegen auf, trotzdem steckte er seinen eigenen Zauberstab wieder weg. Er wusste, was nun geschehen würde, weshalb er einfach still stehen blieb und seiner Gegenüber stumm in die Augen starrte. „Du weißt es doch, Gabriel André Walles. Du weißt es doch...“ Levs Blick wurde, im Gegensatz zu ihrer Stimme, eiskalt. Wobei das grün ihrer Augen wieder sanfter wurde, als sich auch die Augen ihres Cousins aufhellten. Und im nächsten Augenblick schüttelte der Junge seinen Lockenschopf und blinzelte Lev kurz drauf auch schon verwirrt an. „Leverence?“ Kaum dass sie ihren eigenen Zauberstab in ihre Halterung gesteckt hatte, warf er sich ihr an den Hals. Ja. Gabe war wieder ganz er selbst. Ihr kleiner, vertrottelter, anhänglicher Cousin... „Schläft Lev?“ Hastig riss das Mädchen die Augen auf und erfasste im Bruchteil einer Sekunde ihre Umgebung: Dale saß ihr Gegenüber, Yin – ihre Katze – lag auf ihrem Schoß und Gabe stand in der Tür und hatte seine eigene Katze auf dem Arm. „Jetzt nicht mehr“, Dale schaute gar nicht erst auf, um seine Aussage bestätigt zu bekommen. Er kannte sie lange genug, um zu wissen, dass sie vom kleinsten Geräusch erwachte, das nicht in ihre Umgebung passte. Während Lev klar wurde, dass sie eben geträumt hatte, hob das Mädchen ihren Blick an und beobachtete, wie ihr Cousin Yang – die das genaue Spiegelbild ihrer eigenen Katze darstellte – auf dem Polster neben ihr absetzte. „Sorry, Lev. Ich wollt' dich nicht aufwecken.“ Gabes Lächeln war leicht schief, was die Braunhaarige gleich etwas beruhigte. Die Erinnerung an Ians Auftritt vor einem Jahr hatte sie im Moment nach dem Erwachen noch etwas verunsichert, doch war sie sich nun sicher, dass ihr der richtige Gabe gegenüberstand. „Als gäbe es eine Möglichkeit, mich nicht zu wecken“, Levs Lächeln war müde. „Wo hast du dich eigentlich herumgetrieben, Gabe?“ Während der Junge sich auf den letzten freien Platz neben Lev setzte, deutete er mit dem Finger auf seine Katze. „Yang fand es witzig, dass ich sie erst mal durch den ganzen Express jagen musste, bevor ich sie dann doch noch in jedem einzelnen Abteil suchen durfte.“ Levs grüne Augen huschten über Gabes Gesicht und blieben schließlich an seiner schiefen Brille hängen. Kurzerhand beugte sie sich zu ihm hinüber und schob sie ihm richtig auf die Nase. „Bist du gegen eine Tür gelaufen?“ Dass der Junge eine Augenbraue anhob, war eigentlich schon Antwort genug. „Ich kann doch nichts dafür, dass der Zug um eine Kurve fährt, wenn ich gerade durch die offene Tür will und diese dann zu fällt.“ Kichernd lehnte Lev sich wieder zurück. „Tja, du solltest Yang besser erziehen, das sag' ich dir doch schon seit einer Ewigkeit. Yin würde so etwas niemals tun.“ Während das Mädchen ihre Katze hochhob und ihre Nase gegen die des Tieres stupste, ertönte das Horn des Hogwarts-Express, das die Ankunft in Hogsmeade ankündigte. Kapitel 1: Der Neuankömmling ---------------------------- Endlich waren sie alle wieder in Hogwarts. Das Abendessen, die übliche Ansprache und die Häusereinteilung der neuen Erstklässler waren bereits beendet und die meisten Schüler waren nun damit beschäftigt entweder ihre Koffer auszuräumen oder sich über die vergangenen Sommerferien zu unterhalten. Lev selbst saß jedoch abseits von dem ganzen Trubel, auf einer Fensterbank am Ende des Ganges, von dem die Schlafsäle abgingen, und betrachtete die hereinbrechende Nacht. Währenddessen war Gabe dabei Ordnung in seine Sachen zu bringen. Nach einer Weile sprang Yin zu dem Mädchen aufs Fensterbrett und schaute sie eine Weile einfach nur an. Als Lev jedoch die Hand nach ihr ausstrecken wollte, wich die Katze ihr aus und sprang wieder zu Boden. Erst nach einem Moment folgte Lev ihrer Katze nach unten in den Gemeinschaftsraum der Gryffindor, wo sie das Tier auch schon wieder aus den Augen verlor. Es waren doch noch viel zu viele Menschen im Raum. Kurzerhand schob sie den Gedanken an Yin und wo sie sich schon wieder herumtrieb beiseite und lies ihren Blick neugierig über ihre Mitschüler wandern. Es waren viele Erstklässler und einige Ältere, die ihnen ihre Hilfe anboten und ein paar Dinge erklärten. Außerdem entdeckte sie auch Dale, bei dem sie sich genau denken konnte, was er dort suchte. Vermutlich drehte er den Neuen irgendwelche Scherzartikel an. Kopfschüttelnd schlich sich die Braunhaarige an den anderen vorbei, nur damit sie nicht von Dale ertappt wurde, wie sie sich mal wieder davon machte. Und kaum war sie draußen, entspannte sich das Mädchen direkt wieder. Sie hatte einfach das Bedürfnis, die Neuen zu beschützen, doch musste sie sich jedes Mal davon abhalten, wie eine psychopathische Glucke um sie herum zu wuseln. Immerhin war ihr im letzten Jahr genug zugestoßen, um zu wissen, was es für Gefahren gab und dass sie alle hier nicht immer so geschützt waren, wie sie es glauben wollten. Aus Reflex fuhr Lev mit ihren Fingerspitzen über die Narbe an ihrer Wange, während sie gerade die letzten Stufen zur Eulerei erklomm. An ihre Ohren drang das Geflatter von Flügeln, was sie aus ihren Erinnerungen an das vergangene Jahr riss, bevor sich diese doch noch an die Oberfläche kämpfen konnten. Ihr Blick traf auf die angelehnte Holztür. Wenn sie sich nicht irrte, würde sie Yin hier oben gleich wiederfinden. Lev wusste nicht warum, aber ihre Katze mochte die Eulen und diese störten sich schon gar nicht mehr daran, dass Yin ihnen regelmäßige Besuche abstattete. Ohne zu zögern schob Lev die Tür zur Eulerei auf und fand dort tatsächlich ihre Katze vor. Jedoch lag Yin auf dem Schoß eines Jungen, den Lev noch nie zuvor gesehen hatte. Skeptisch betrachtete sie den Jungen, dessen blondes Haar ihm in Strähnen ins Gesicht hing. Das Bild, das sich ihr gerade bot, mit dem Wissen, dass ihre Katze sich eigentlich von niemandem außer ihr selbst oder von Dale und Gabe berühren lies, gefiel Lev ganz und gar nicht. Also verschränkte sie die Arme und stellte die 2 Millionen Sickel Frage: „Wer bist du?“ Der Junge hatte Levs Ankunft bis jetzt noch nicht bemerkt und hob nun ruckartig den Kopf an, um ihr in die Augen zu schauen. „Ehm, hallo... Ich bin Jason Carver.“ Yins Ohren zuckten kurz, ehe sie die Augen aufschlug und mit einem erfreuten Maunzen zu ihrem Frauchen schaute. Genüsslich streckte sich die Katze, dann erst tapste sie zu Lev und schmiegte sich an ihre Beine. „Oh, ist das etwa deine Katze?“ Jason beobachtete Yin überrascht, während Lev nickte. „Ja, sie heißt Yin. Und ich heiße im übrigen Leverence“, erneut musterte Lev ihren Gegenüber misstrauisch. „Eine Frage hab' ich da aber noch... Wie hast du sie herumbekommen?“ Das Mädchen ging in die Hocke und Yin nutzte es direkt aus, um ihr auf den Schoß zu springen und sich kraulen zu lassen. „Wie meinst du das? Ich kam hier hoch, um einen Brief zu verschicken, da war sie schon hier. Und als die Eule mit dem Brief weg war, hat sie sich zu mir gesellt“, fragend blickte er die beiden an. „Das ist seltsam... Normalerweise mag sie keine Fremden... Apropos... Woher kommst du eigentlich?“ „Meine Familie ist in den Sommerferien umgezogen. Wir wohnen nun in Canterbury. Aber eigentlich kommen wir aus Newcastle, Australien. Deswegen musste ich die Schule wechseln“, schulterzuckend hielt er kurz inne. „Nun ja, und jetzt bin ich hier in Hogwarts um ins 5. Schuljahr einzusteigen. Vielleicht hab' ich ja Glück und ich kann auch bis zum Abschluss hier bleiben und muss nicht wieder wegen des Jobs meines Vaters umziehen.“ Lev konnte es sich nicht vorstellen, wegen ihres Vaters jemals diese Schule verlassen zu müssen, weshalb sie diesen Gedanken schnell verdrängte. „Du bist in Gryffindor, hab ich Recht?“ Eigentlich sah man es dem Jungen nicht an, da er weder eine Schulrobe noch ein Wappen auf seinem Pullunder trug. Doch irgendetwas an seiner Art lies sie darauf tippen. Was Jason mit einem Nicken bestätigte. „Okay. Dann will ich mal 'Herzlich willkommen in meinem Haus und meiner Klasse' sagen.“ Der Blondhaarige schien mit dieser freundlichen Aufnahme nicht gerechnet zu haben, denn er starrte sie sprachlos an, während Lev sich bereits zum Gehen wandte. Doch blieb sie vor der Tür noch einmal stehen und schaute über die Schulter zu Jason zurück. „Kommst du mit in den Gemeinschaftsraum?“ Erneut bekam Lev nur ein Nicken als Antwort, ehe er aufstand und ihr nacheilte. Als die beiden das Portal zum Gryffindorturm erreichten, lies Lev dem Jungen den Vortritt. Die Fette Dame schaute zu dem Blonden hinab und musterte ihn. „Oh! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich habe dich schon einmal gesehen, Junge!“ Da Lev hinter Jason stand, konnte sie seine Reaktion nicht sehen, doch klang etwas in seiner Stimme seltsam, als er diese Aussage mit einem „Wie gut, dass wir beide wissen, dass wir uns nicht kennen“ abtat und dann prompt das aktuelle Losungswort nannte, um den Gang hinter dem Gemälde frei zu legen. „An dieser Schule passieren genug seltsame Dinge. Es würde mich nicht wundern, wenn mein Gedächtnis mich nicht täuscht. Denn-... Oh! Aber... Wollt ihr mir denn gar nicht zuhören? So eine Unverschämtheit! Also wirklich...“ Da Jason einfach kommentarlos in den Gang hinein trat, folgte Lev ihm kurzerhand und drückte Yin an ihre Brust, da sie verhindern wollte, dass diese die Flucht ergriff, während die Fette Dame ihre Schimpftirade los lies. „Da hast du dir ja direkt einen Feind gemacht, Jason“, schmunzelte das Mädchen, als sie im Gemeinschaftsraum ihre Katze zu Boden lies. Doch wurde die Stille in dem – mittlerweile – leeren Raum plötzlich unterbrochen, da Gabe aus einem der Sessel aufsprang und zu den beiden hastete, als er sie erblickte. „Lev! Da bist du ja! Wo warst du? Ich hab' dich gesucht!“ Kurz hielt er inne und warf Jason einen irritierten Blick zu, ehe er wieder seine Cousine anblickte. „Und wer ist das?“ Lev seufzte leise, ehe sie antwortete. „Das ist Jason Carver. Er ist ab heute in unserer Klasse. Ich hab ihn oben in der Eulerei getroffen“, dann wandte sie sich an Jason und deutete mit der Hand zu Gabe. „Und das ist mein jüngerer Cousin Gabriel.“ Jason musterte Gabe eindringlich mit einem Blick, den man nicht deuten konnte. „Aha... Und? Woher kommt er? Und wieso taucht er gerade jetzt auf?“ Jasons Blick blieb weiterhin nicht zu deuten, während sich eine bedrückende Stille zwischen den beiden Jungen ausbreitete. Auch wenn es ihr ein wenig seltsam vor kam, so versuchte Lev sich Jasons Verhalten schön zu reden. Vermutlich war er nur überrumpelt. So musste es sein... „Gabe, mach' mal langsam, ja? Du kannst ihn doch nicht einfach zwischen Tür und Angel überfallen.“ Gabe verzog motzend das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust, doch blieb er still. Während im selben Moment Dale die Treppe von den Schlafsälen hinunter kam und kurz seinen Blick über die drei schweifen lies. „Kann man nicht? Wenn ich mich recht entsinne, bist du doch diejenige, die das liebend gerne macht, oder etwa nicht, Lizbeth? Was hältst du davon, wenn wir es uns gemütlich machen und was futtern? Dann erfahr' ich vielleicht auch mal, wer der Kerl ist.“ Als Lev den Blick zu Dale anhob, entdeckte sie eine große Tüte Chips in seiner Hand, was sie schief grinsen lies. „Du denkst doch auch nur ans Essen, Dale.“ „Natürlich, ich muss ja auch noch wachsen, also brauch' ich viel zu essen“, der Schwarzhaarige zwinkerte frech, was Lev nur den Kopf schütteln lies. „Na dann...“ Als das Mädchen wieder zu Jason schaute, grinste auch er und deutete ihr an, dass er nichts gegen den Vorschlag einzuwenden hatte. Also hakte sie sich bei ihrem Cousin unter und dirigierte ihn zu den Sofas und Sesseln, wo sie es sich dann zusammen gemütlich machten und sich unterhalten konnten. Kapitel 2: Entzweit ------------------- Wenige Wochen waren vergangen, seit das neue Schuljahr begonnen hatte. Der Unterricht verlief wie immer und auch sonst war alles ganz normal. In der Zwischenzeit hatte sich Lev bereits an Jasons dauernde Anwesenheit und seine manchmal etwas seltsame Art gewöhnt und sich mit ihm angefreundet. Dass sie sich nicht mehr in Dales Streiche involvieren lies, lag weniger daran, dass Jason da war. Es war eher ein bitterer Nachgeschmack dessen, was alles im letzten Jahr passiert war. Immerhin wollte sie ihre Aufmerksamkeit auf alles gerichtet haben, ehe sie wieder überrascht wurde. Doch sah Dale das nicht so. Und als er Lev eines Nachmittags mal alleine in den Gängen antraf, sprach er sie auch direkt darauf an. „Sieht man dich auch mal ohne blonden Anhang?“ Irritiert zog das Mädchen die Augenbrauen zusammen und musterte ihren Gegenüber. Den sarkastischen Tonfall in seiner Stimme hatte sie sehr wohl bemerkt. Ebenso seine abweisende Haltung, wie er die Hände in den Hosentaschen hatte und sie kühl musterte. „Ja. Als würde das so selten vorkommen.“ „Oh doch. Dich alleine anzutreffen ist zu einer Seltenheit geworden.“ „Was willst du mir damit sagen, hm? Bist du etwa eifersüchtig, Dale?“ Lev konzentrierte sich darauf, ihre Anspannung zu verbergen und gelassen zu wirken. Bis Dale lachte. „Ich und eifersüchtig? Ha! Auf den? Niemals! Dieser Blondie kann doch sowieso nichts!“ Und schon war es mit ihrer Gelassenheit geschehen. „Ach ja? Jason ist im Unterricht um einiges besser als du! Und... Was kümmert dich das überhaupt?“ „Was es mich kümmert? Ich kann diesen Volldepp nicht ab! Und dass ihr ständig zusammenhängen müsst!“ Einen Moment lang blinzelte Lev irritiert, ehe Wut ihren Blick verfinsterte. „Hör' auf ihn zu beleidigen, Dale! Was kann er dafür, dass du so eifersüchtig bist?“ „Wieso sollte ich diesen Depp nicht als das bezeichnen, was er ist? Ist doch meine Sache!“ „Hör' auf!“ „Wieso? Bist wohl in ihn verknallt, was?“ „Dale!“ „Passt ja! Haben sich zwei Idioten gefunden!“ Mit einem Knurren sprang das Mädchen nach vorne und riss ihren besten Freund zu Boden. Zeitgleich riss dieser jedoch die Hände aus seinen Taschen und unwillkürlich auch ein paar angerissene Tütchen, deren Inhalt sich als feiner Staub in der Luft verteilte. Und noch bevor einer dem anderen etwas antun konnte, verfielen beide in heftiges Husten und lösten sich auch schon wieder voneinander, um aus der Puderwolke heraus zu kommen. Erst als sie wieder atmen konnten, öffneten beide ihre Augen wieder und schauten sich misstrauisch an. Wobei Dale die Situation mit einem arroganten Schnauben quittierte, ehe er sich abwandte und mit einem „Geschieht dir Recht“ verschwand. Stutzig schaute Lev ihm einen Moment hinterher. Er hatte wohl nicht bemerkt, dass seine Haare knallig blau waren. Doch wieso sollte ihr etwas Recht geschehen sein? Sie dachte gar nicht daran, dass mit ihren Haaren das selbe passiert sein konnte, also schüttelte sie nur den Kopf und wandte sich selbst zum Gehen. „So ein starrköpfiger, eifersüchtiger Idiot...! Hoffentlich bekommt er die Farbe nicht so schnell wieder raus...“ Doch kam sie nicht weit, da ertönte auch schon eine Stimme in ihrem Rücken. Die Stimme, die zu ihrem Hauslehrer Felix Felicis gehörte. „Miss Shipley? Bleiben Sie mal stehen.“ Abrupt blieb das Mädchen stehen und wandte sich mit unverhohlen wütendem Blick zu ihrem Hauslehrer um, während dieser kritisch ihre Haare begutachtete. „Was ist mit deinen Haaren passiert?“ Da niemand außer ihnen beiden anwesend war, lies er die unpersönliche Scharade sein, um so vielleicht eher eine Antwort zu bekommen. Doch blickte sie ihn noch fragend an, ehe sie zum Fenster schaute und ihr Spiegelbild in der Scheibe entdeckte. „Was zur...!? Dieser verdammte...!“ Ihre Haare hatten eine ebenso knallige Farbe angenommen, wie Dales. Nur waren ihre grün und nicht blau. „Was ist passiert?“ Hastig wandte Lev sich wieder an den Mann, der sie kritisch musterte. „Das war ein Missgeschick!“ „Und das bemerkst du erst jetzt?“ „Ehm... ja...?“ Kleinlaut lies das Mädchen den Blick sinken. „Das glaubst du doch selbst nicht, Lev. Wer ist daran schuld?“ Doch wich Lev dem Blick des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste weiter aus. „Professor... Felix... Das ist etwas... persönliches... Kannst du nicht einfach ein Auge zu drücken...?“ Noch einen Moment lang betrachtete der blonde Lehrer seinen Schützling, dann seufzte er und wandte sich ab. „Wie du willst. Dann sieh' zu, dass du dieses Problem schnellstens aus der Welt schaffst.“ Und kaum war er außer Hörweite, hatte sich Lev auch schon wieder um gedreht und war auf dem Weg zum Gryffindorturm. Ihr Weg führte sie geradewegs durch den Gemeinschaftsraum hindurch, die Treppe hinauf, bis vor die Tür von Dales Schlafsaal. Wutschnaubend hämmerte sie mit der Faust gegen das Holz, da ihr bewusst war, dass die Räume geschützt waren und sie nicht in den Jungenschlafsaal hinein gehen konnte. Doch als nach einem Moment immer noch niemand geöffnet hatte, klopfte sie noch energischer gegen das Holz. „Dallin Jones! Mach' die verdammte Tür auf! Ich weiß, dass du dich dort drinnen versteckst!“ Sie lies ihm gerade genug Zeit, dass er vom Bett auf stehen, zur Tür zu gehen und diese öffnen konnte, ehe sie mit dem Fuß aus holte und gegen die Tür trat. „Mach. Die. Tür. Auf!!“ Gerade, als Lev der Tür einen weiteren Tritt verpassen wollte, wurde sie von hinten gepackt und ein paar Schritte zurück gezogen. Erschrocken riss das Mädchen die Augen auf, da sie so fest gehalten wurde, dass sie gerade so über ihre Schulter hinweg zu ihrem Angreifer schauen konnte. „Jason...?“ Hauchte sie leise und irritiert, während sie die Situation endlich begriff. „Lass' mich los!“ „Beruhig' dich erst mal, Lev.“ Auch wenn ihr Blick anfeindend war, so ignorierte Jason dies kurzerhand und hielt sie weiterhin fest. „Lass' mich los, hab' ich gesagt!“ Kam es erneut von der Kleineren, wobei dieses Mal ein Knurren in ihrer Stimme mitschwang. Seufzend wegen des Knurrens blickte Jason ihr in die Augen. „Dann versprich mir wenigstens, dass du deine Wut nicht am Schulinventar auslassen wirst, wenn ich dich los lasse.“ In seinen Augen konnte Lev erkennen, dass er es ernst meinte, also nickte sie leicht, ehe sie einen leises „Versprochen“ murrte. Und kaum hatte er sie los gelassen, war Lev auch schon auf Abstand gegangen. „Was suchst du hier, Jason?“ Grimmig musterte sie den Blonden, während sie die Arme vor der Brust verschränkte. „Ich halte dich davon ab, Schuleigentum zu zerstören.“ Diese Antwort kam so selbstverständlich, dass Lev stutzig wurde. „Du bist also wegen mir hier?“ „Ja.“ „Und wegen dem Schuleigentum?“ „Ja.“ „Also wegen der Tür?“ „Ja.“ „Das ist der einzige Grund?“ „Ja... Nein!“ „Wusst' ich's doch!“ Mürrisch kniff Lev die Augen zusammen. Diese Taktik war beinahe unübertrefflich, um jemandem aus dem Konzept zu bringen und dann ehrliche Antworten zu bekommen. „Wer hat dich her geschickt?“ „Lev, es ist nicht so, wie du denkst...“ Mit einem Mal wirkte Jason ein wenig verunsichert, was Lev in ihrem Misstrauen bestärkte. „Ach? Was denke ich denn, Jason?“ Der Blonde fühlte sich sichtlich unwohl, während er mit sich selbst um eine Antwort rang. Bis er sich schließlich mit einem Seufzen geschlagen gab. „Okay... Professor Felicis hat mich zu dir geschickt, da er befürchtet hat, dass du irgendeine Tür einreißen würdest“, schulterzuckend blickte er ihr in die Augen, die seinen Blick finster begegneten. „Ach so... Natürlich... Ich brauch' also einen Aufpasser...“ Und kaum hatte sie das gesagt, hatte sie sich auch schon umgedreht, um in Richtung Treppen davon zu stapfen. „H-Hey! Lev...!“ Auch wenn Jason die Hand nach ihr ausstreckte, so war er doch schlau genug, sie nicht zu berühren. „Lass' mich einfach in Ruhe. Immerhin bin ich jetzt keine Gefahr mehr für das Schulinventar.“ Mit enttäuschtem Blick lies Jason die Hand wieder sinken, während er Lev hinter her schaute. Doch erst, als sie außer Sichtweite war, flüsterte er leise eine Antwort auf ihren letzten Satz. „Nein, nicht für das Inventar... Aber für dich selbst...“ Kapitel 3: Überraschende Begegnung ---------------------------------- Erst als Lev das Gemäuer des Schlosses verlassen hatte und auf der weiten, abschüssigen Wiese zwischen Schloss und Wald ankam, blieb sie endlich stehen. Während ihr Blick über die Landschaft streifte, atmete die 15-jährige tief durch und entspannte ihre Finger wieder, die sie zu Fäusten geballt hatte, ehe sie über das Geschehene nachdachte. „Irgendwie hat Dale ja Recht... Seit Jason aufgetaucht ist, läuft ständig etwas schief...“ Seufzend lies sie sich auf das Gras plumpsen und schlug die Beine im Schneidersitz übereinander. „Aber... Was soll ich denn machen...? Es gibt keinen Beweis, dass er daran Schuld ist... Natürlich ist er an Dales Eifersucht schuld, aber das ist was anderes. Aber“, seufzend legte Lev sich auf den Rücken und streckte alle Viere von sich, „seit wann schickt Felix mir einen Schüler hinterher? Und dann auch noch einen, der erst seit kurzem an dieser Schule ist? Einen... Fremden...“ Um diese Gedanken endlich zu vertreiben, schüttelte das Mädchen den Kopf, ehe sie sich auf den Bauch rollte und sich in ihre Animagusgestalt verwandelte. Über den Rücken des gräulichbraunen Wolfes verlief ein grüner Streifen, der sich im restlichen Fell verlor. Doch kümmerte sie das im Moment reichlich wenig, weshalb sie ihr Fell schüttelte und aufstand. Ihr Blick ging hinunter zum Verbotenen Wald und ein spitzbübisches Glitzern war in ihren Augen zu erkennen. Zwar war es den Schülern verboten, den Wald zu betreten, doch konnte man es einem Wolf wohl kaum verbieten, oder? Also sprang sie los und jagte den Hügel hinunter, auf den Verbotenen Wald zu. Was Lev jedoch nicht wusste, war, dass sie von einem anderen, helleren, Wolf beobachtet wurde. Kaum war sie aufgesprungen, tat es ihr der fremde Wolf gleich und eilte ihr unauffällig und mit etwas Abstand hinterher, als wollte er sie auf jeden Fall im Auge behalten, allerdings nicht dabei gesehen werden. Mitten im Wald verlangsamte Lev ihren Schritt erst wieder, wobei sie nun in einen gemütlichen Trab verfiel. Es war einfach wunderbar, wenn man im Wald seine geschärften Sinne nutzen konnte. Zumindest war dies einer der Gründe, weshalb sie in den Wald ging. Neben dem Fakt, dass man hier auf keine Menschen traf und man somit seine Ruhe hatte. Levs Weg führte sie zielsicher an einen riesigen, uralten Baum, dessen Wurzeln wuchtig und verschlungen aus der Erde heraustraten. Ohne zu zögern suchte sie sich eine Kuhle zwischen den großen Wurzeln, in welcher sie sich direkt zusammenrollte und zum Dösen die Augen halb schloss. Sie wusste, dass man sie zwischen den Wurzeln nicht ausmachen konnte. Und ehe jemand nahe genug sein würde, dass er sie entdecken könnte, wäre sie schon lange auf und davon. Also entschied sie sich dazu, die Augen doch mit einem Seufzen ganz zu schließen. Immerhin konnte sie sich auf ihr super sensibles Gehör verlassen. Währenddessen drang auch der weizenblonde Wolf tiefer in den Wald vor. Doch wohin er sich auch wandte, seine Nase hatte Levs Fährte verloren, da sich ihre frische Spur mit älteren, ebenfalls von ihr stammenden Spuren vermischte und überschnitt. Und trotz dass die anderen Spuren älter waren, war es ihm nicht möglich, die richtige heraus zu finden. „Ich bin einfach nicht zum Spürhund gemacht...“, knurrte er leise in Gedanken und schnaubte aufgebracht. „Wie soll ich sie in diesem verdammten Wald denn finden? Sie könnte überall sein, so wie ihre Spuren von überall her kommen...“ Mürrisch schaute der Rüde sich um, ehe er sich kurzerhand für eine Richtung entschied und schnüffelnd weiter schlich. „Hmm... Soll ich es nun als Pluspunkt für sie verbuchen, dass ich sie nach all den Wochen jetzt zum ersten Mal aus den Augen verloren habe? Oder als Minuspunkt für mich, da gerade ich sie dazu gebracht habe, nach all der Zeit, wieder in diese Gestalt zu schlüpfen?“ Lev döste derweil vor sich hin, während ihre Ohren jedes noch so kleine Geräusch auffingen. Doch als ein ungewohntes Geräusch zu den üblichen Waldgeräuschen hinzu kam, war sie schlagartig hellwach. Aufmerksam richteten sich ihre Ohren in die Richtung aus, aus der das Geräusch kam. Es waren Schritte! Menschliche Schritte! Hastig richtete sich die Fähe auf und lugte vorsichtig über ihren Schutz aus Wurzeln hinweg, doch sah sie den Verursacher der Schritte nicht. Trotzdem konnte sie hören, dass er näher kam, weshalb sie die Flucht in die entgegengesetzte Richtung antrat. Sie hatte keine Lust, auf einen Lehrer oder schlimmeres zu treffen. Jedoch endete ihre Flucht ziemlich abrupt, als sie um einen Baum herum jagte und direkt in einen anderen Wolf hinein lief. Unsanft gingen die beiden zu Boden, doch war Lev blitzschnell wieder auf den Beinen, die Zähne gebleckt, dass Fell gesträubt. Automatisch huschte ihr Blick zu seinen Augen, die ihr überrascht entgegen starrten. Allerdings wich die gräulichbraune Fähe langsam zurück, als der fremde Wolf aufstand. Gerade in diesem Moment drangen die Schritte auch an seine Ohren, weshalb er sich einen Moment lang ablenken und in die andere Richtung schauen lies. Und genau diese Chance nutzte Lev und schoss davon, in Richtung schloss. Doch da die Option zwischen „Lev nachlaufen“ und „herausfinden was Lev aufgeschreckt hat“ lag, entschied sich der Rüde für Letzteres. Immerhin lief er bei dieser Wahl weniger Gefahr, aufs Maul zu bekommen und enttarnt zu werden. Also verschwendete er keine unnötige Zeit daran, Lev hinterher zu schauen, sondern machte sich direkt auf, in Richtung Schritte. Aufmerksam pirschte er sich an die Person heran, bis sie in sein Blickfeld trat. Neugierig zuckten seine Ohren, während er den Kopf schief legte. „Was sucht der denn hier?“ Langsam schweifte die Rute des Wolfs hin und her, was die Andeutung eines freudigen Wedelns war. Und schon machte er sich nichts mehr aus der Deckung, als er auch schon auf den dunkelhaarigen Mann zu tapste. Überrascht hob dieser eine Augenbraue an und blieb stehen, als er ihn sah. „Was suchst du denn hier, Jason?“ Kapitel 4: Wolfsohren --------------------- Levs Herz raste noch immer, als sie den Gemeinschaftsraum betrat. Hastig huschte ihr Blick hin und her und ihre beiden Wolfsohren zuckten dabei aufgeregt. Niemand war im Raum, also hastete sie durch diesen hindurch, die Treppe hinauf und in ihren Schlafsaal. Dort angekommen begab sie sich direkt ins Badezimmer, um sich einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Jedoch hielt sie vor dem Spiegel inne und starrte ihr eigenes Spiegelbild verwirrt an. Denn erst jetzt bemerkte sie selbst die bräunlichen Wolfsohren auf ihrem Kopf, die durch die grünen Haare besonders hervor stachen. „Verflucht... Wie konnte das jetzt schon wieder passieren...?“, kurz betastete das Mädchen ihre Ohren, ehe sie genervt seufzte und zurück in ihren Schlafraum ging. Sie schaute nur einen Moment in ihren Kleiderschrank, dann hatte sie auch schon einen schwarzen Kapuzenpulli hervor geholt und diesen mit ihrem eigenen ausgetauscht. Als sie die Kapuze aufgesetzt hatte, warf sie vorsichtshalber einen Blick in einen Wandspiegel und stellte fest, dass sie so zwar ihre Ohren verstecken konnte, ihre grünen Haare ihr jedoch weiterhin ins Gesicht fielen. Erneut seufzte das Mädchen, ehe sie sich ihre Umhängetasche schnappte. Es war zwar Zeit für das Abendessen, doch hatte sie gerade keine große Lust darauf. Weder auf das Essen, noch auf Dale, Jason oder Gabe. Doch noch weniger hatte sie Lust darauf, mit diesen überempfindlichen Ohren in eine Halle zu gehen, in der sich zig Schüler aufhielten und sich lautstark unterhielten. Zumindest wäre es für diese Ohren mehr als lautstark. Auch wenn sie für gewöhnlich nie dem Essen fern blieb oder sonst irgendwie absichtlich negativ auffiel. Im Moment war ihr das so ziemlich egal. Gerade hatte sie genügend andere Probleme. Probleme, die mit Jasons Auftauchen angefangen hatten. „Nein“, Lev schüttelte vehement den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. „Nicht seit er da ist. Es läuft ja irgendwie heute sowieso alles schief...“, murmelte sie vor sich hin, während sie den Weg zur Eulerei einschlug und die Treppen dorthin erklomm. In der Eulerei brauchte Lev den Blick nur kurz schweifen zu lassen, um ihre Katze zu finden. „Hey, Yin“, ihre Stimme war sanft, was das Tier augenblicklich aufspringen und zu ihr laufen lies. Während das Mädchen sich im Schneidersitz an die Wand lehnte, krabbelte das schwarz-weiße Tier auf ihren Schoß und maunzte fragend. Sachte streichelte Lev ihr über den Kopf und lächelte sanft. „Was willst du denn wissen, Yin? Warum ich nicht beim Essen bin?“ Ein leises Schnurren war ihre Antwort, was Lev schief grinsen lies, ehe sie ihre Kapuze zurück schlug und ihre Ohren aufstellte. „Sind die Haarfarbe und die Ohren Antwort genug?“ Neugierig setzte sich die Katze auf die Hinterbeine und streckte sich, um mit den Vorderpfoten an eines der Wolfsohren zu tippen. Einen Augenblick lang musterte das Tier die Ohren aufmerksam, dann huschte ihr Blick in Levs grüne Augen und sie gab ein leises Maunzen von sich, in welches sich ein Schnurren mischte. „Ich kann nichts dafür.“ Levs Ohren zuckten leicht, als sie Schritte vernahm, die die Treppe hinauf kamen. Doch da sie die Schritte eindeutig zuordnen konnte, legte sie lediglich den Kopf leicht schief und wartete darauf, dass die Person den Raum betrat. Jedoch genügte ein Blick in Gabes Augen, um ihre Gewissheit lügen zu heißen. Denn vor ihr stand nicht die erwartete Person. „Ian?“, fragend hob sie eine Augenbraue an, während der Junge sie eindringlich musterte. „Schwesterchen? Was treibst du hier oben? Abgesehen davon“, er wedelte vage mit der Hand in Richtung ihres Kopfes. Langsam legte Lev ihren Kopf in die andere Richtung schief, während ihre Ohren unruhig zuckten. „Seit wann stört es dich, dass ich nicht zum Essen komme?“ „Seit Dallin Gabriel in den Ohren liegt, wie blöd du doch bist und was für ein Idiot Jason ist. Seit Jason von Gabriel wissen will, wo du steckst und ob du sauer auf ihn bist, weil du nicht zum Essen kommst. Seit irgend so ein seltsamer Kerl vom Ministerium meinte, Gabriel so eingehend zu mustern, dass ihm der Appetit vergangen ist. Und seit ich kurzerhand beschlossen habe, dass mich alle in der Großen Halle gerade mal kreuzweise können.“ Überrascht hob das Mädchen die Augenbrauen an. Um ihre Mitschüler machte sie sich keine Gedanken, doch dieser Kerl vom Ministerium lies sie hellhörig werden. „Was für ein seltsamer Kerl vom Ministerium?“ Achselzuckend blickte Ian auf sie hinab. „Woher soll ich das denn wissen, Schwesterchen? Ich weiß nur, dass er etwas Unheilvolles an sich hat. Oder zumindest sein Blick, den er mir zugeworfen hat, als ich das Glas auf den Tisch geknallt hab', bevor ich abgehauen bin.“ „Du hast die Flucht ergriffen, Ian?“ Ein ungläubiges Lächeln legte sich auf Levs Lippen, während sie beobachtete, wie der Junge die Arme vor der Brust verschränkte und mit dem Rücken an die Wand lehnte. „Als ob ich vor irgendjemandem fliehen würde. Ich hatte nur keine Lust mehr, für dich gerade stehen zu müssen.“ „Ach? Du hast keine Lust das Auszubaden, was ein Anderer verursacht hat? Dann weißt du ja jetzt, wie es mir jedes Mal geht, wenn ich dich und nicht Gabe vor mir stehen habe.“ „Das, Schwesterchen, ist was vollkommen anderes“, auf Ians Lippen legte sich ein überlegenes Grinsen. „Und nun sag' mir endlich, was zwischen euch Dreien abläuft, weswegen sich Gabriel hinter meinem Rücken verstecken muss und ich somit alles abbekomme.“ Seufzend legte Lev ihren Kopf in den Nacken und schloss die Augen, während sich ihre Ohren eng an ihr Haar legten. „Was soll ich dir denn bitte erzählen? Dale ist eifersüchtig auf Jason. Und Jason wurde mir von Felix auf den Hals gehetzt, damit ich eure Schlafsaaltür nicht eintrete.“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute das Mädchen zur Seite. „Wobei mich das ziemlich wurmt. Wieso hat er gerade Jason hinter mir her geschickt? Und wieso hat er überhaupt jemanden geschickt, wenn ich meine Angelegenheiten selbst regeln soll?“ „Und was ist mit den Ohren?“ Kurzerhand ignorierte der Junge ihre Ausschweife, um dieses Thema zu übergehen, was Lev seufzen lies. „Ich weiß nicht, warum sie da sind. Bis jetzt hatten sie jedenfalls noch keine Lust, wieder zu verschwinden, seit ich aus dem Wald zurück bin.“ Augenblicklich wich sie Ians Blick aus, um ihm nicht zu zeigen, dass mehr mit dem Wald zusammenhing, als sie zugeben wollte. Doch deutete Ian ihr Ausweichen genau richtig. „Schwesterchen? Was ist im Wald passiert?“ Erneut schloss Lev die Augen und verschränkte nun ebenfalls die Arme vor der Brust. „Nichts weiter.“ „Schwesterchen“, in diesem Wort lag so viel Nachdruck, dass das Mädchen doch den Blick wieder anhob und ihren Gegenüber prüfend anblickte. „Lüg' mich nicht an“, war jedoch die einzige Erwiderung auf ihren Blick, was sie zum seufzen brachte. „Ist ja schon gut, Ian.“ Kopfschüttelnd verdrehte Lev die Augen, ehe sie zur Wand schaute. „Irgendjemand war dort draußen im Wald. Irgendein Erwachsener. Aber ich weiß nicht, wer es gewesen ist. Da ich eigentlich mit einem Lehrer gerechnet habe, hab' ich es nicht darauf angelegt, dieser Person zu begegnen.“ Als sie den Blick dieses Mal anhob, war Ians Blick auffordernd, also fuhr sie fort: „Auf dem Rückweg zum Schloss bin ich in einen anderen Wolf hineingelaufen. Er wirkte ziemlich überrascht. Aber irgendetwas an ihm hat mich gestört, ich kann nur nicht sagen, was...“ Da Ian erkannte, dass nun nichts mehr kommen würde, ging er vor Lev in die Hocke und betrachtete die Wolfsohren eingehender. „Du warst aufgeschreckt durch das Ganze. Vielleicht liegt es ja daran, dass du sie nicht los wirst? Du warst zu gestresst, um die Rückverwandlung richtig durch zu führen.“ Kritisch musterte Lev ihren Gegenüber. Manchmal waren seine Aussagen gar nicht so anfeindend. Nein, ab und an waren sie sogar verdammt clever und hilfreich. Etwas, was sie oft genug vergaß. Und trotz allem zuckte sie lediglich mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie nicht weg gehen und ich so schlecht den Rest meines Lebens herum laufen kann“, bei diesen Worten schnipste sie sich an eines ihrer Ohren. „Dann geh' doch zu Felix und frag' ihn um Rat.“ Augenblicklich verfinsterte sich Levs Blick. „Er scheint mir gerade nicht sonderlich zu vertrauen, weshalb sollte ich ihm dann vertrauen?“ Etwas überrascht über diese Aussage, hob Ian die Augenbrauen an. Seit wann konnte etwas Levs Vertrauen in Felix erschüttern? „Denk' zumindest darüber nach, Schwesterchen. Er weiß, was du bist und auf welche besondere Art und Weise du es bist.“ Schulterzuckend schloss er die Augen und als er sie wieder öffnete, waren sie viel weicher, jedoch ein wenig verwirrt. In letzter Zeit hatte Ian es sich angewöhnt, selbst zu verschwinden und sich nicht mehr von Lev zurück drängen zu lassen. Zumindest ab und an. „Lev?“ In Gabes Augen blitzte Erkennen auf, als er sich umschaute, während Yin maunzend um ihn herum streifte. „Gabe?“, war jedoch die einzige Antwort, die das Mädchen ihm gab. Sie hatte keine Lust, ihm zu erklären, über was sie eben mit Ian gesprochen hatte. Wissend nickte der Junge, ehe er lächelte. „Wie wär's mit Essen?“ Neugierig hob Lev eine Augenbraue an, während sie den Kopf schief legte. „Ich mein' die Lehrerküche.“ Kaum hatte er das gesagt, war er auch schon aufgestanden und hatte Lev auf die Beine gezogen. „Du sollst das nicht immer ausnutzen, Gabe!“ „Ich nutz' es ja nicht für mich selbst aus, sondern für dich“, sein Grinsen wurde breiter, als er seine Cousine mit sich zog. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)