Feder und Schwert von Hoellenhund (Ein Hörspiel) ================================================================================ Kapitel 17: Szene 17 -------------------- ~Kulisse: Der Verwaltungsbezirk bei Nacht, sehr ruhig. Rennende Schritte auf Asphalt, eine eiserne Feuerleiter hinauf. Hörbarer Wind. Erzähler: Seths Beine hatten ihn auf direktem Wege auf das Dach der Stadtbibliothek geführt. Nicht eine Sekunde lang hatte er gezögert; die Gewissheit, hier auf Matthäus zu treffen, hatte ihn geleitet, ohne die Reaktion seines Verstandes abzuwarten. Lilian (ruft): Seth! Seth (schnaubt): Du wirst durchschaubar, Matthäus.  Matthäus (überheblich): Ich hoffe doch, du hast nicht geglaubt, ich versuchte mich vor dir zu verstecken, Seth? Lilian (ängstlich, irritiert): Wer ist dieser Kerl? Doch nicht etwa dieser Stalker? Matthäus (lacht böse): Stalker... Lilian (wütend): Lass mich los, du Fiesling! Geräusch, als Lilian gegen Matthäus' Schienbein tritt. Matthäus (stöhnt schmerzerfüllt auf). Geräusch, als ein Buch zu Boden fällt. Erzähler: Lilian hatte ihrem Peiniger mit voller Kraft gegen das Schienbein getreten. Vor Schreck und Pein hatte dieser von ihr abgelassen und während er sich nun das schmerzende Bein rieb, entglitt ihm auch das Buch, welches er unter den Arm geklemmt getragen hatte und fiel zu Boden. Und noch ehe sich Matthäus versah, hatte Seth es bereits aufgelesen. Seth (fordernd): Dieses Buch...! Was hat es damit auf sich? Ist das deine Verbindung zur Realität? Kannst du deshalb in unserer Welt existieren? Blättern von Seiten. Seth (denkt): Kritzeleien... Die gedruckte Schrift der Fiktion hat sich mit der Handschrift der Wirklichkeit vermischt... (nach kurzer Pause) Was steht da...? Matthäus (leise, böse): Händige es mir aus...! Kurze Pause. Handgemenge. Erzähler: Jäh stürzte Matthäus auf Seth zu und suchte ihm das Buch zu entreißen. Immer und immer näher rückte der bedrohliche Abgrund, der erst viele Meter weiter unten auf dem Bürgersteig vor der Stadtbibliothek sein Ende fand. Matthäus (perplex): Nein...! Erzähler: Im Handgemenge hatte sich das Buch dem Griff entwunden und stürzte in die Tiefe. Nur einen Lidschlag später löste sich Matthäus' Körper auf, zerbröckelte wie totes Gewebe zu Asche und wurde vom nächtlichen Wind davongetragen. Geräusch, als Matthäus zu Staub zerfällt. Seth (erschrocken): Was...? Geräusch eines abrutschenden Schuhs. Dramatisches Geräusch, als Seth stürzt. Lilian (schreit): Seth! Rennende Schritte, Geräusch, als sich Lilian auf den Boden wirft, um Seths Hand zu erreichen. Erzähler: Mit einem Hechtsprung gelang es Lilian, Seths Hand zu packen und ihn so davor zu wahren, dem Buch in den Abgrund zu folgen. Herzklopfen. Seth (ruft): Lass mich los! Lilian (wütend): Du spinnst wohl! Seth (entschlossen): Du kannst mich nicht halten! Lilian (angestrengt): Warte... Hier, nimm auch meine andere Hand...! Seth (warnend, in böser Erwartung): Beug' dich nicht so weit vor...! Geräusch, als auch Lilian den Halt verliert. Erzähler: Doch zu spät. Die Hände noch immer eng umschlungen stürzten Seth und Lilian vom Dach, folgten dem Buch, bis alles um sie her in Dunkelheit verschwamm. Platschen, als das Buch ins Wasser stürzt. Lauteres Platschen, als Lilian und Seth folgen. ~Kulisse: Unter Wasser. Längere Pause. Seth (denkt): Nanu...? Ich lebe noch? Obwohl... Wasser? Geräusch einer Bewegung unter Wasser. Seth (denkt): Das Buch! (kurze Pause) Was ist das...? Erzähler: Das lädierte Exemplar von „Der Sünder“ wurde von Wellen umtrieben. Um es her hatte sich eine schwarze Wolke gebildet, die stetig anzuwachsen schien. Seth (murmelt): Tinte... Die handschriftlichen Notizen lösen sich auf... Geräusch einer Bewegung im Wasser. Seth (denkt, perplex): Wieso muss ich keine Luft holen? Bin ich etwa doch...? (kurze Pause) Lilian! Erzähler: Erst jetzt, da Seth den Blick von dem Buch losgerissen hatte, entdeckte er Lilian. Sie trieb ganz nahe bei ihm im Wasser; die Augen geschlossen, als würde sie schlafen. Geräusch einer Bewegung im Wasser. Erzähler: Vorsichtig legte er die Arme um ihre Brust und zog sie an sich, um mit ihr gen Wasseroberfläche zu streben. Geräusch, als die beiden die Wasseroberfläche durchstoßen. ~Kulisse: Das Meer, ein Sandstrand. Völlige Stille, nur das Rauschen der Wellen. Denice (schluchzt leise). Seth (irritiert): Denice...? Hall, Szene 16, letztes Take Denice: Denice (jähzornig): Nenn' mich nie wieder so! Denice (schluchzt): Hallo...? Seth (sanft): Wieso weinst du...? Denice (beruhigt sich ein wenig): Ist da jemand...? Seth (irritiert): Kannst du mich nicht sehen? Kurze Pause. Denice (seufzt, zu sich selbst): Du bist unerreichbar... Geräusch, als Denice etwas mit dem Finger in den Sand schreibt. Erzähler: Die Augen der Lektorin waren auf die Weiten des Meeres gerichtet; ihr Blick schien geradewegs durch Seth hindurchzugehen, während sie sich langsam vorbeugte und mit dem Zeigefinger einen Namen in den feinen Sand schrieb. Denice (leise): Seth.... (den vorigen Satz fortsetzend) Seth (perplex): Was...? Soundeffekt, als sich die Szenerie auflöst (quasi zerbröselt). Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)