Bonsai von DonquixoteRosinante ================================================================================ Kapitel 1: Bonsai ----------------- "Du bist ein Depp." "Danke sehr, gleichfalls." "Du bist langweilig und benimmst ich wie ein alter Sack." "Komm du erst einmal in mein Alter, dann reden wir noch mal darüber." Seufzend lasse ich die kleine Schere zuschnappen und der winzige Ast fällt auf den dunklen Holztisch. Behutsam nehme ich das Stück Holz auf, lege es auf ein kleines Schälchen, in dem sich schon anderen winzige Holzstücke, welke Blätter und vertrocknete Blüten befinden. Mein quengelnder 'Gast' neben mir beobachtete dabei jede meiner Bewegungen und auch wenn er vorgibt sich zu langweilen weiß ich, er mag es mir dabei zuzusehen. Immer noch empfinde ich es als seltsam, dass gerade ER hier ist und mich dabei beobachtet und noch viel seltsamer empfinde ich es, dass es mich gar nicht stört. Nur aus dem Augenwinkel heraus sehe ich, wie mein nun verstummter ‘Gast’ nähe heran rückt und mir über die Schulter blickt. "Wie alt ist der?", fragt er mich und zieht dabei wie so oft eine Schnute, während er den kleinen Bonsai vor mir mustert. "Den hier hab ich seit 8 Jahren.", erkläre ich ihm und linse zur Seite, sehe schemenhaft seine Umrisse. "Aha....", kam die gemurmelte Reaktion. "Darf ich auch mal?" Beinahe wäre mir nun die Schere aus die Hand gefallen, aber ich kann mich noch rechtzeitig fassen. Er will an meine Bonsais? Gerade er? Gerade will ich dem widersprechen, als auch schon mir ein kleines Schmollgesicht mit großen Hundeaugen entgegen gehalten wird, so dass ich nur mit großer Kraftanstrengung widerstehen kann, ihn auf ganz andere Art und Weise zu trösten. "Ähm... Also...", haspel ich vor mich her, doch da hat sich mein Gast bereits auf meinen Schoß gesetzt und die Schere in die Hand genommen. "Nun bleib mal locker. Leg einfach deine Hand auf meine und sag mir genau, was ich tun soll.", wies er mich knallhart an und unterbindet damit jegliche Widerworte. Eigentlich wäre das der Moment, um ihm eins über zu ziehen, aber als ich den warmen Körper so dicht an meinem spüre, überkommt mich ein Wohlgefühl, so stark, dass ich mich dagegen einfach nicht wehren konnte. "N-Na gut...", murmel ich leise, legte meine Hand um seine, worin er nun die Schere hielt. "Lass ein bisschen lockerer.", weise ich ihn an, denn es fällt ein bisschen schwer ihn zu lenken. Wahrscheinlich hat er selbst Angst, etwas falsch zu machen, auch wenn er versucht völlig gelassen zu wirken, so als würde er nie etwas anderes machen als hier so dicht bei mir zu hocken und mit mir meine Bonsais zurecht zu schneiden. Meine andere Hand legt sich wie von selbst auf seinen Bauch, ertastet mit den Fingerspitzen die Muskelatur und ich konnte spüren, wie er dort leicht erzittert und höre ihn scharf die Luft einziehen. "Wenn... Du damit weiter machst, dann... Kann ich mich nicht darauf konzentrieren.", beschwerte er sich halbherzig, aber ich kann seine verräterische Röte auf den Wangen erahnen und weiß, dass es ihm gefällt. Allerdings bin ich nicht unbedingt scharf darauf, dass er mir hier meine jahrelange Arbeit zerstört und halte mich zurück, meine Hand noch ganz woanders hingleiten zu lassen. Zwar legte er seine Eigene auf meine, doch war mir klar, dass er mich nicht aufhalten würde. Langsam lenke ich ihn zu dem kleinen Baum, lasse ihn die Spitze der Schere behutsam zwischen die Äste schiebe und ein angewelktes Blatt anvisieren. Schnapp- Anscheinend fand es mein neuer Schüler sehr faszinierend, wie das Blatt herunter purzelte und dann am Stamm des Bäumchens zum Liegen kam, denn er sah es eine ganze Weile einfach nur an, ohne zu reagieren. Anschließend hob er es behutsam auf und legte es ordentlich ins Schälchen zu den anderen. "Sakazuki..." "Hm?" Doch außer dem Flüstern meines Namens kam nichts mehr über seine Lippen, ehe er den Kopf zu mir wand und sie auf meine legte, mich sanft küsste und mir sogleich ein Seufzen entlockte. Ich liebte es, seine Lippen zu spüren und wie in Trance nahm ich ihm die Schere ab, legte sie beiseite und ließ mich mit ihm auf den Rücken gleiten. Die Arbeit konnte auch warten... Was habe ich getan? Was habe ich nur getan?! Er ist tot und ich bin schuld! Vor meiner Zimmertüre kann ich Schritte hören, es ist sicherlich wieder Borsalino, der mit mir reden will. "Sakazu-" "Verschwinde!", fahre ich ihm dazwischen, zusammengekrümmt auf dem Bett liegend und den Kopf mit den Händen umfasst. Mein ganzer Körper fühlt sich an, als würde er unter Druck stehen und drohen, darunter zu zerbrechen. Ich wollte den Strohhutjungen, nicht ihn treffen! Wieso musste er sich einmischen? Er hatte doch gewusst, wozu ich gezwungen war! Wieso war er nicht einfach liegen geblieben? Warum war er nicht einfach gegangen? Ich hatte ihn nicht beleidigen wollen, mein Groll galt einzig und allein seinem Käpt´n. Doch nun war nicht nur dieser, sondern auch Ace tot! Ace, der sich immer zu mir geschlichen hatte, der ohne ein Wort zu sagen zu mir ins Bett kam und mir einfach nur Gesellschaft leistete. Mein Blick fällt auf den Bonsai, der Einzige, an den er selbst auch mal Hand anlegt hatte. Ich sehe ihn wieder vor mir, wie er auf meinem Schoß hockt, die Schere in der Hand und wie er sich dann zu mir dreht und mich küsst. Das Bäumchen fällt zu Boden, die Schale zerbricht und Erde verteilt sich auf dem Boden, als ich danach ausgeschlagen und es vom Tisch gefegt habe. Ich stehe im Zimmer, keuche wie nach einem Marathonlauf und ungehindert fließen mir heiße Tränen über die Wangen, doch ich beachte sie nicht, seh nur wieder ihn vor mir, mit seinem frechen Grinsen und den kecken Funkeln in den Augen. Meine Beine geben nach, ich gehe vor der zerbrochenen Schale in die Knie, sehe auf das Bäumchen hinab und erkenne eine einzelne Knospe mit feuerroten Blütenblättern an einem Ast hängen. Mit zitternden Händen hebe ich das Bäumchen auf, mein Blick verschwimmt erneut und ich nehme das Bäumchen behutsam in den Arm. "Ace... Es tut mir leid..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)