Aus der Sicht eines Weckers von LiaraElanor ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sehr geehrte Leser und Leserinnen. Dies ist mein Beitrag zum Wettbewerb Aus der Sicht eines Tisches . [align type="center"][style type="bold,italic"][style type="bold,italic"]Die Charaktere sind aus meiner Gedanken entsprungen.[/style][/style][/align] Was du bist? Du bist ein Wecker. Angaben zu deiner Situation: Täglich wirst du geschlagen, nur weil du deinem Menschen einen Gefallen tun möchtest. Nun hast du dein Schicksal satt! Genre? Frei wählbar. Bestimmte Szene? Keine. Bestimmte Schlagwörter? Bringe die Schlagworte Selbsthilfegruppe, Unzufriedenheit und Minderwertigkeitskomplex ein. Tragende Rolle? In deinem OS sollte eine Katze eine tragende Rolle spielen. Mindestlänge? Die Mindestlänge beträgt 1000 Wörter.      ♣ ─ ♥ ─ ♥ ─ ♣ ─ ♣ ─ ♣ ─ ♣ ─ ♥ ─ ♥ ─ ♣ ─ ♣ ─ ♣ ─ ♣ ─ ♥ ─ ♥ ─ ♣     Mein Name ist Willi, Willi der Wecker. Ich möchte nicht sagen, dass ich erfülltes Leben führe, dass wäre zu viel der guten Worte. Mein Leben ist die Hölle und mitnichten weniger. Aber lasst mich erzählen von meinen Anfang und ihr werdet verstehen, wieso ich der Wecker bin, der ich geworden bin. Aufgewachsen bin ich als kleines unschuldiges Zahnrad in einer Werkstatt. Für mich war es der schönste Ort auf Erden. Manchmal etwas staubig aber wir waren wertvoll. Ich schaute dem Uhrenmacher zu, wie er andere Zahnräder aus der Kiste rausholte und sie zu etwas anderem weiterverarbeitete. In meinem Gedanken, war ich das Zahnrad, welches eine unschätzbare Aufgabe hatte. Ich träumte von Orten, wo ich arbeiten könnte. In Kirchen, in Bahnhöfen. An Orten wo sich die Welt bewegt und ich später als Uhr mitten drin. Welch ein Glück ich doch haben könnte. Doch mein Lebenstraum war das, woran ich am meisten dachte. Ich wollte unbedingt ein Zahnrad im Getriebe der Zeit sein. Ich wollte etwas machen, was unverzichtbar ist, mein Soll abgeben und den Menschen einen Gefallen tun. Ich war so naiv und verstrahlt. Ich hätte nie gedacht, dass mein Traum sich so wortwörtlich erfüllt. Doch was soll ich tun. Mein Erschaffer hat mich als Wecker gebaut und ich muss meine Aufgabe so gut wie möglich machen. Gerne denke ich an meinen ersten Tag, als ich aus der Verpackung raus geholt wurde und das erste Mal mit Batterien bestückt.  Ich war total entzückt.  Ich wäre vor Freude beinahe durchgedreht und hätte ich nicht arbeiten müssen, da wären meine Uhrzeiger durchgedreht so froh war ich. Damals, vor etlichen Jahren. Jetzt stehe ich auf dem Nachtschränkchen meines Besitzers und bin verbittert. Ich hatte mir meine Aufgabe ganz anders vorgestellt. Mir ist es leid geworden. Ich wäre wahrscheinlich nicht ganz so verbittert geworden, wenn ich nicht an jemanden verkauft wurde der total ignorant, völlig verzogen und keine Ahnung hat was ich hier arbeite. An die Arbeitszeiten habe ich mich gewöhnt aber diese täglichen Schläge sind pures Gift für mein Selbstwertgefühl aber wenn man es jahrelang aushält, merkt man es irgendwann nicht. Ich war ein lebensbejahender Wecker der seine großen Träume noch erfüllen wollte und in die harte Realität geschubst worden ist. Jeden Morgen denke ich, dass mein Besitzer sich bestimmt freue würde wenn ich in wecke und versuche mein Bestes zu geben. Die Jahre, die ich jetzt für ihn arbeite zeigen mir was für ein brutaler Mensch er ist. Und diese Katze ... Würde er mich nur so schlecht behandeln und die  Katze auch, wäre das in Ordnung. Aber anscheinend mag er dieses nervtötende Tier auch noch. Jedenfalls schlägt er "es" nie wenn er mal von "es" geweckt wird. Da wird das Viech auch noch schön mit ins Bett genommen oder er steht freiwillig auf wenn es raus möchte. Ich habe es heraus gefunden. Da ich nicht so fiel zu tun habe, kombiniere ich gerne. Und zwar ist es folgendermaßen aus: Manchmal geht er mit "es" aus seinem Schlafzimmer raus und kommt ohne sie wieder. Ich hoffe, dass er sie jedes Mal um die Ecke bringt aber wenige Stunden später taucht das Viech wieder auf. Ich bin als selbstbewusster, junger Wecker in dieses Haus gekommen und jetzt bin ich ein Wecker voll gesteckt mit Minderwertigkeitskomplexen und Sarkasmus mit einem starken Drang zum Zynismus. Ich habe eine Selbsthilfegruppe gegründet die wirrer einsamer chancenloser Körper einer Resignation heißt; oder kurz gesagt wecKeR. Ich weiß, einfallsreich ist das nicht aber ich sage ja auch nicht, dass ich sehr klug bin. Bei so einer stupiden Lebensaufgabe ist es nicht verwunderlich. Heute Abend ist mal wieder Zeit, dass wir uns treffen. Mein Besitzer hat "es" schon rausgelassen und ich hoffe "es" bleibt für die Zeit, in der wir uns treffen weg. Wir treffen uns nachts, da zu dieser Zeit, die meisten Menschen schlafen und so man einfacher weg gehen kann. Ich bin wie immer, der erste der da ist. Unsere Gruppe besteht aus drei weiteren Mitgliedern. Da sind Sally, Wilbert und Georg. Georg kann heute nicht kommen. Anscheinend hat sein Besitzt heute etwas vor. Es hat irgendwas mit Computern, spielen und Blöcken zu tun aber fragt mich bloß nicht was das sein könnte. Wilbert ist noch griesgrämiger drauf als ich. Bei ihm ist nicht nur die Milch schlecht. Sally ist labil und labil ist noch positiv. Sie findet ihre Arbeit supi dupi toll und freut sich jeden Morgen, wenn ihre Besitzerin sie ausschaltet. Sie meint, sie wäre immer so gut gelaunt und hat ja überhaupt keine Probleme aufzustehen. Ich würde ja gerne mit ihr tauschen, dann kann sie mal meinen Besitzer erleben aber wenn sie sich von ihrer Besitzerin in rage erzählt, fängt sie irgendwann an zu weinen und dann ist sie so theatralisch und die Welt ist so furchtbar und gemein. Sie steht anscheinend auf Schmerzen. Wir treffen uns in der Nähe meines Arbeitsortes, da "es" mich immer wieder gerne ärgert und auch mal früher nach Hause kommt. Das Viech ist auch ein ganz gemeines Biest. Es ist ganz praktisch, dass eine Laterne in der Nähe steht so sind wir gut geschützt. Mein Besitzer wohnt in einer ruhigen Gegend in Stadtnähe und besitzt ein eigenes Haus. Ich bin ganz froh, dass ich hier arbeiten und leben kann. Etwas, was mein Leben nicht ganz so sinnlos erscheint. Ich freue mich ein wenig, weil ich heute meinen anderen Kumpanen meine Idee unterbreiten möchte. Ich habe lange darüber nachgedacht und es gibt einfach keine bessere Zeit. Von weitem höre ich Wilbert. Wilbert ist ein älteres Semester, welcher am meisten Berufserfahrung von uns hat. Er ist kein digitaler Wecker genauso wie ich und steht bei einem Renterehepaar im Schlafzimmer. Obwohl er ziemlich griesgrämig ist und nicht sehr viel positives zu erzählen hast, merkt man das er seine Besitzer liebt. Der Mann sorgt für seine Frau, die langsam anfängt zu schwächeln. Er sagt immer, dass er kein Auge zu machen kann wenn der alte Herr nachts immer nach seiner Frau guckt,  dass sie nicht im Schlaf stirbt. Sally regt sich immer darüber auf und auch Georg reagiert ziemlich pieckiert. Doch wenn ich alleine mit ihm bin, reden wir über Dinge die andere noch nicht verstehen können. Wilbert ist sehr hart gegenüber seinen Besitzern, denn er kann nicht zu sehen wie einer der beiden leidet. Er zeigt seine harte Schale, hat aber einen weichen Kern. Wilbert stellt sich zu mir und wir schweigen. Wir sind nicht so die redseligen Menschen und die oben genannten Gespräche kommen nicht oft vor. Aber wir müssen nicht lange warten und Sally kommt um die Ecke. Unsere Stille wird jetzt erfüllt von ihrem Geplapper und wir lassen sie reden, inklusive ihrer Selbstmitleidung. Nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hat, kehrt die Stille ein, auf die ich gewartet habe. Ich habe die Wörter abgewägt und neu durchdacht. "Ich nutze heute unser Treffen um eine Idee zu äußern. Wir sind alle Wecker, die mit ihren jetzigen Lebensumständen unzufrieden sind. Ich denke, dass wir uns nicht vor machen müssen. Die Unzufriedenheit ist praktisch spürbar, wenn wir uns immer wieder treffen. Jeder hat so seine Probleme wie unsere Besitzer uns behandeln oder auch die Lebensumstände, die uns bewegen sich regelmäßig zu treffen. Ich denke jetzt ist die Zeit gekommen. Lasst  uns gemeinsam abhauen. Weg von hier und uns irgendwo ein neues Leben aufbauen ein besseres. Lasst uns hier nicht versauen, wir können noch was Großes tun. Nicht alle Menschen sind, so wie unsere Besitzer und ich denke, wir können einigen noch einen großen Gefallen tun. Was haltet ihr davon? " Ich war so euphorisch und begeistert von meinem Vorschlag, dass mich die Gesichter meiner Kollegen entsetzte. Ich hatte gedacht, dass sie das Gleiche dachten oder zum mindestens einen Teil davon. Wilbert und Sally sahen mich an, als wäre ich vollkommen verrückt. Ich wollte einen Schritt auf Sally zu gehen, doch sie weicht mir aus. "Sally?" Sie schaut mich nicht mehr an, sondern starrt auf den Boden. "Tut mir leid, Willi. Ich habe nie gedacht, dass du so von mir denkst. Ich kann es ehrlich gesagt nicht fassen. Lass mich erstmal darüber nachdenken, bitte. Ich denke, dass ich das Treffen vorzeitig beende." Sie dreht sich um, geht ein paar Schritte und bleibt dann wieder stehen. Hoffnung regt sich in mir. Könnte es sein, dass sie ihre Meinung so schnell geändert hat? "Ich hatte nie das Gefühl, das du denkst, dass ich so was denke. Trotz all meiner Nörgelei gefällt es mir bei meiner Besitzerin. Ich kann mir nicht vorstellen, noch wo anders sein zu wollen." Ich schaue ihr noch hinter, wie sie wieder um die Ecke geht, zurück in ihren Alltag. "Wilbert?" "Willi, ich habe schon soso oft ich mit den Gedanke gespielt habe weg zulaufen aber ich kann es nicht. Meine Besitzer und ich haben schon so eine tiefe Bindung, dieses Band kann ich nicht einfach so trennen. Wir sind so was wie Freunde. Ich wache über seine Frau, teile seinen Schmerz und sehe die Tränen, die sonst keiner sieht. Ich kann sie doch nicht einfach so zurück lassen. Es tut mir leid." Langsam verschwindet auch er und ich stehe alleine da. War ich zu voreilig? Unerwartet finde ich mich auf dem Boden wieder. Ich höre ein Miauen und weiß, dass es die Katze ist. Sie nutzt meinen Tiefpunkt aus, um mich noch mehr zu demütigen. Sie tappt weiter, spart sich jeglicher Worte und lässt mich im Dreck liegen. Ich weiß nicht, wie lange ich so da lag, bis ich mich aufrappelte um mich wieder auf meinen Arbeitsplatz zu begeben. Ich bin gebrochen, meine Träume geplatzt. Ich stelle mich wieder auf das Nachtschränkchen. Wie ich es ins Haus geschafft habe, ist mir ein Rätsel aber ich habe es geschafft. Ich warte auf den meinen Einsatz und mein morgendlichen Schlag. Mir fällt noch nicht mal mein verbogenes Bein auf. Es ist sechs Uhr morgens, meine Arbeit beginnt. Ich gebe meinen Weckton von mir, der diesmal trauriger klingt. Menschenohren hören diesen Unterschied nicht, er ist viel zu komplex. Ich sehe den Arm, der sich aus der Decke quält. Die Hand, die nach mir sucht, um mich auszumachen und erwarte den Schlag, der mich jeden Morgen trifft. Doch diesmal ist es anders. Ich spüre den Schlag doch diesmal nicht von oben sondern von vorne. Er reißt mich von meinen Füßen und ich falle runter. Knirsch Trotz dieses Unfalls klingele ich weiter. Ich kann meine Aufgabe doch nicht einfach so beenden. Lautes Fluchen zeigt mir, dass auch mein Besitzer meinen Unfall gemerkt hat. Ich werde hoch gehoben und hin gestellt. Mein Glas ist zwar kaputt aber es ist so lange her, dass mein Besitzer mich so lange in seinen Händen hält, dass mir diese Verletzung egal ist. Egal sind die Jahre voller Schläge und Verachtung. Er hält mich und es gibt nicht, was mich im Moment glücklicher macht. Er stellt mich wieder auf seinen Nachttisch ab und geht aus dem Zimmer und kommt wieder mit einem Kehrblech. Nachdem er mein Glas beseitigt hat, kommt er wieder und setzt sich auf die Bettkante. Seine Stirn ist in Falten gelegt und er grübelt. Streift plötzlich mit seiner rechten Hand durch sein Haar und stöhnt dabei. "Ich habe echt keine Zeit mir einen neuen Wecker zu kaufen und blank bin auch noch. Argh, warum muss mir das auch passieren. Ich bin immer so ein Pechvogel. " Stille kehrt ein. Ich warte darauf, dass er was sagt. Warte dass er sagt, dass ich er mich noch braucht. Das ich noch bleibe. Warte auf irgendeine Reaktion. Doch nichts kommt. Er steht auf, zieht sich um und geht aus seinem Zimmer. Am gleichen Abend stellt er meinen Alarm aus und legt sein Smartphone neben mich. Er hat seine Entscheidung getroffen und mich als Dekoartikel abgestempelt. Jetzt bin ich nicht nur äußerlich gebrochen sondern auch innerlich gebrochen. Meiner Lebensaufgabe entzogen. Ich schaue nachts manchmal aus den Fenster und sehe die anderen Wecker im wieder auf unseren Gruppenplatz stehen. Sie warten auf ein Lebenszeichen von mir. Da ich aber nicht erscheine, werden die Besuche kürzer und die Abstände länger. Ich würde gerne zu ihnen hingehen und noch mal mit ihnen reden aber ich bin immer noch sehr verletzt. Traue mich nichts mehr und warte nur noch auf meinen endgültigen Tod. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)