Constant Craving von Phoenix_Michie (~alone no more~) ================================================================================ Kapitel 5: Welcome to the Jungle II ----------------------------------- Dem nächsten Tag sah er nervös entgegen. Er würde die Buchhandlung nur zur Kündigung betreten. Aber natürlich, wie sollte es anders sein, war der stellvertretende Chef da und machte ihm deswegen die Hölle heiß. Wenn er den Lohn des Monats erhalten wolle, sollte er den Monat bei der Arbeit bleiben und sie beenden, statt einfach, wie er lustig sei, alles hinzuschmeißen. Zähneknirschend fügte er sich dem. Ob das überhaupt legal war, so wie der Mann ihn behandelte, bezweifelte er. Aber es interessierte hier sowieso keinen. Verklagen konnte er den nicht, woher sollte er das Geld für einen Anwalt nehmen? Am Ende der Woche war er kaputt und stinkwütend. Am Montag war alles zu Ende. Zero schickte ihm und seinen Bandkollegen eine Nachricht, dass er nicht würde zur Probe kommen können. Es täte ihm leid und er wisse nicht, ob es in der Woche darauf überhaupt klappen würde. Einen Grund nannte er nicht. Da Karyu eh die Woche über mal wieder nicht hatte Gitarre spielen können, bliesen sie die Probe ganz ab. Sauer, niedergeschlagen, ratlos und übermüdet saß Karyu abends auf seinem Bett. Er hatte Zero versucht anzurufen, aber er war nicht rangegangen. Er hatte ihm Nachrichten geschickt und nachgefragt, was los sei. Wann würden sie sich mal wiedersehen? Keine Antwort. Nichts. Karyu fühlte sich leer und allein. Auf Arbeit war viel zu tun, ein Danke erhielt er nie. Nicht mal mehr proben konnte er. Und Zero sah er auch nicht. Dabei war es schön gewesen, mit ihm abends noch zusammen zu sitzen. Seine Hände zitterten. Ihm war kalt. Und gerade verlor er alle Hoffnung. Solche Phasen hatte er öfter. Gerade wenn es dunkel wurde, war es leicht, sich den negativen Gedanken hinzugeben. Er ließ sich aufs Bett sinken und starrte ins Leere. Vielleicht würde er nie aus dem Würgegriff seiner Arbeitsstelle finden. Und wenn, woher bekam er neue Arbeit? Bald war Ende des Monats, und dann müsste eine Überweisung seiner Eltern anstehen. Es würde ihn nicht wundern, wenn die ausblieb, einfach um sein Leben noch komplizierter zu machen. Das Proben brachte ohne Zero erst recht nichts. Dessen Nachricht nach hatte der Bassist selbst keine Ahnung, wann sie wieder zusammen kommen könnten. Wahrscheinlich stand eine Trennung bevor... Es verletzte ihn zutiefst, dass Zero ihm nicht mal im Ansatz erklärt hatte, was überhaupt vorgefallen war. Er hatte mittlerweile gedacht, dass sie sich vertrauen würden und einander viel erzählen würden, wenn auch nicht alles. Er hatte sich ihm nahe gefühlt, aber das war wohl nur eine Illusion gewesen. Im nächstbesten Moment ließ Zero ihn fallen. Er war unwichtig geworden.. Er strich sich die Tränen vom Gesicht und stand langsam auf. Ihm war klar, dass er unendlich schwach war. Von jedem kleinsten Fissel ließ er sich fertig machen. Es war doch eh alles seine Schuld. Er nahm es viel zu schwer. Er war ein emotionaler, ängstlicher Mensch, der schnell überfordert war. Das hasste er an sich am meisten. Blind griff er in die Schublade und holte irgendein Messer hervor. Es war ihm so egal. Er starrte im Halbdunkel auf seine zitternde Hand, die den Griff fest packte. Der erste Schnitt, den über seinem Knie tat, brachte überhaupt nichts. Er spürte es nicht mal wirklich. Im nächsten Moment hatte er den Drang, sich einfach den Bauch aufzuschlitzen. Allem ein Ende zu bereiten. Aber nicht mal dazu war er fähig. Stattdessen blieb er bei seinen Oberschenkeln, leckte das Blut auf, das seine Gedanken nach und nach betäubte. Er dachte gar nicht mehr darüber nach, was er tat. Er wollte sich einfach nur besser fühlen. Im nächsten Moment lag er in einer Blutlache. Als er das nächste Mal zu sich kam, drehte sich seine Welt. Er lag auf dem Boden, fühlte sich benommen. Etwas war passiert, das spürte er. Ihm war gar nicht wohl und er hatte den metallischen Geschmack von Blut im Mund. Blinzelnd hob er etwas den Kopf. Wo war sein Handy...? Vielleicht war es besser, jemanden anzurufen...Zero...? Als er mit der Hand nach dem Bett tastete, versuchen wollte, sich hochzuziehen, sah er erst das dunkle Blut an seinen Fingern. Er schluckte und hielt inne. Ein dumpfes Pochen machte auf sich aufmerksam, aber so ganz sicher war er sich nicht, woher das kam. Vielleicht sein Unterleib? Er stöhnte leise und gab es auf, sich auf das Bett ziehen zu wollen. Stattdessen robbte er etwas vorwärts und hob die blutverschmierte Hand erneut, um auf den Nachttisch zu greifen. Sobald er das Handy unter seinen Fingern erfühlte, nahm er es zu sich auf den Boden und wählte Tsukasas Nummer. Denn Zero würde ihm ja nicht antworten. Er fror furchtbar, weswegen er mit der anderen Hand langsam die Bettdecke zu sich herab zog. Der Drummer ging zwar nicht ran, aber die Mailbox. "Mh, Tsuka...mir gehts nicht gut, kannst du...bitte..vorbei kommen? Bitte..", murmelte er und kniff die Augen zusammen. Shit, da tat irgendwas ganz furchtbar weh, und es waren mal nicht die Oberschenkel. Diese brannten etwas, aber noch lange nicht so schlimm. Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen, während er sich gegen das Bett sinken ließ und die Augen schloss. Er war schnell eingeschlafen und selbst das Klingen seines Handys eine Stunde später weckte ihn nicht auf. Als es Stunden später an seiner Wohnungstür klingelte, wachte er davon auch nicht auf. Er hatte Glück, dass Tsukasa früher viel Zeit auf den Straßen verbracht hatte und ohne mit der Wimper zu zucken die Tür aufbrach, um nach ihm zu sehen, da er sich doch große Sorgen machte. ~~~ "VERDAMMTE SCHEIßE, was soll das?! Ich sagte, ich habe ihn halbtot in seiner Wohnung gefunden! Zero, wir reden hier nicht nur davon, dass er sich mal am Oberschenkel ritzt, er hat sich selbst den Bauch mit einem Messer-..." Tsukasa biss sich auf die Unterlippe und seufzte. "Ok, schön. Ich sag ihm, dass du anderweitig beschäftigt bist. Das wird ihm sicher bei der Genesung helfen", knurrte er, hörte noch Zeros Erwiderung, schnaubte und legte dann auf. Hizumi sah ihn aus zusammengezogenen Augen an, weswegen er sich zu ihm setzte. "Zero tut es leid, aber er kann einfach nicht zu uns kommen." Hizumi schüttelte verständnislos den Kopf. "Tsuka, ich sag es nicht gern, aber...ich meine, sie müssen ihn sogar operieren. Er könnte ihnen auf dem Tisch sterben", sagte er leise. "Zero wird sich das nie verzeihen.." Doch der Drummer schüttelte den Kopf. "Mal bitte nicht gleich den Teufel an die Wand...das wird schon wieder. Der Arzt sagte doch dass sie es aus Sicherheitsgründen so machen, damit sie wirklich nichts übersehen.." Stumm lehnte Hizumi sich an den Drummer. "Ich weiß gar nicht, warum er das getan hat. Es war wieder mal so still um ihn herum, dass ich den Grund für..seinen Ausbruch nicht kenne.." "Und erzählen wird er es uns wohl kaum", murmelte Hizumi und schloss erschöpft die Augen. Mit ihrem Gitarristen hatten sie es nicht leicht. Aber mit ihrem Bassisten, sonst immer so besonnen und beherrscht, nun auch nicht. ~~~ 5 Stunden später bekam Tsukasa eine SMS. Seufzend wandte er sich an Hizumi. "Das ist eine Nachricht von Zero.. Er will wissen, wie es Karyu geht." Hizumi nickte und hob sein eigenes Handy in die Höhe. "Mir hat er auch geschrieben." "Hast du ihm geantwortet?", wollte der Drummer wissen, woraufhin er seufzend nickte. "Ja, natürlich. Er ist unser Freund, und er wird seine Gründe haben, warum er nicht kommen kann." Grummelnd tippte Tsukasa eine Nachricht an Zero. "Was ist denn aber wichtiger als Karyu? Er hätte sterben können, dieser Idiot. Beides Idioten", zischte der Drummer und sah zu Hizumi. "Weißt du, die beiden hatten einen Draht zueinander. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass Zero etwas in Karyu berührt. Die beiden haben sich schon immer gut verstanden. Sie waren einander nahe und sie sind so richtig auf einer Wellenlänge, weißt du. Ich glaube, sie erzählen einander mehr als sie uns erzählen würden. Wenn wir wissen wollen, was Karyu sich bei seiner Aktion gedacht hat, dann wird es wahrscheinlich nur Zero herausbekommen, aber dieser lässt sich nicht mehr blicken. Wollen wir wissen, was Zeros Problem ist, könnte Karyu das herausfinden. Zumindest eher als wir. Wir können gar nichts tun." Tsukasa knurrte. Er war richtig angefressen. Hizumi betrachtete ihn traurig und legte stumm einen Arm um ihn. Denn im Grunde sah er es genauso. Und er war ratlos. ~~~ Schweigend starrte Karyu aus dem Fenster. Jetzt war er also im Krankenhaus gelandet. Hätte er sich doch wenigstens gleich richtig umgebracht, als nur so halb den Versuch im Delirium zu starten. Wenn er ehrlich war, konnte er sich nicht mal dran erinnern, was passiert war. Er hatte den Ärzten und auch Tsukasa sowie Hizumi gegenüber von einem Unfall gesprochen. Mehr oder weniger stimmte das auch. Er wusste es ja nicht mehr so genau. Natürlich wirkte seine Aussage vor dem Hintergrund seiner eindeutigen Verletzungen an den Beinen fragwürdig. Aber ihm war es egal, und den Ärzten auch. In 5 Tagen würde er vorzeitig entlassen werden. Er bekam eine Bestätigung seiner Arbeitsunfähigkeit, und damit war seine Arbeitsstelle hoffentlich gezwungen, ihn auszubezahlen auch wenn er den Monat über nicht mehr arbeitete. Ach, eigentlich war es ihm auch egal. Tsukasa und Hizumi hatte er bereits kurz sehen können. Natürlich hatten sie wissen wollen, warum er sich das angetan hatte, doch er war ihnen ausgewichen. Als er nach Zero gefragt hatte, hatten sie einen kurzen, unsicheren Blick ausgetauscht und geantwortet, dass der Bassist verhindert war und ihn nicht besuchen kommen konnte, aber dass er sich erkundigt hatte, wie es ihm ging. Dann hatten sie arbeiten gehen müssen. Nun war Karyu wieder allein. Er seufzte. Was hielt ihn eigentlich davon ab, sich mit dem Kopfkissen selbst zu ersticken, dachte er niedergeschlagen. Aber das wäre den Ärzten gegenüber unfair, die ihn gerade erst operiert und gerettet hatten. ~~~ Wütend und traurig zugleich stapfte er die Straßen entlang. Seit über einer Woche war er wieder aus dem Krankenhaus raus, aber von Zero hatte er nichts mehr gehört. Tsukasa und Hizumi waren schon soweit gewesen, den Bassisten besuchen zu gehen, aber niemand hatte auf gemacht. Jetzt versuchte er sein Glück. Erst machte Zero ihm Hoffnungen, dass aus ihnen richtige, enge Freunde werden könnten oder sogar mehr als das, und dann ließ er sowohl ihn als auch die ganze Band fallen. So mies hatte er ihn nicht eingeschätzt. Würde niemand aufmachen, dann würde er eben warten, bis Zero mal durch die Tür kam. So einfach war das. Als er am Reihenhaus ankam, machte er sich nicht die Mühe, schon unten beim Bassisten zu klingeln. Stattdessen wartete er an der Ecke des Hauses, bis die Tür aufging und er schlüpfte hindurch in das Haus. In der obersten Etage angekommen, klopfte und klingelte er, nachdem er eine Weile gelauscht hatte - er hatte was gehört, Schritte und eine Stimme. Zero war also da! Zuerst tat sich nichts. "Mach auf, ich weiß, dass du da bist..", sagte er und klopfte erneut. "Ich geh hier auch nicht weg. Irgendwann musst du mal rauskommen." Es dauerte eine Minute, und er wollte sich gerade schon vor Zeros Tür setzen, als eben jene aufging und der Bassist ihn aus funkelnden Augen ansah. "Was willst du?" Langsam hob Karyu eine Augenbraue. "Das ist eine freundliche Begrüßung.." Der Bassist brummte und nagte an seiner Unterlippe. "Es ist grad ungünstig." "Das scheint es immer zu sein, Zero. Denkst du nicht, dass du uns mal erzählen solltest, was das Problem ist? Wir sind deine Freunde..wir haben eine Erklärung verdient. Danach lassen wir dich vielleicht auch in Ruhe.", meinte er leise. "Vielleicht?" Der Bassist seufzte. "Es tut mir wirklich sehr leid. Aber..." Er schüttelte leicht den Kopf. "Wie geht's dir eigentlich?" Karyu verschränkte die Arme. "Tut mir leid, das kann ich dir nicht sagen.", erwiderte er bissig, weswegen Zero ihn böse ansah. Aber er gab nicht nach. "Schön, dann nicht." "Ok." "Nii-chan, ich hab Hunger!" Zero fuhr zusammen und wandte sich kurz um. "Ich komm ja gleich. Sei still.", rief er zurück und drehte sich sichtlich unwohl wieder zu Karyu. "Könntest du jetzt gehen? Bitte?" Leicht runzelte er die Stirn und öffnete den Mund. Eigentlich wollte er nicht. Unvermittelt lief ein Kind durch den Hintergrund. "Ehm...da rennt ein Kind durch dein Wohnzimmer", murmelte er. Kurz wandte Zero sich um und knurrte. "Ja...ich weiß." Das Kind lief wieder durchs Bild, blieb stehen und kam in den Flur. "Wer ist das?" Es war ein Junge, höchstens 9 Jahre alt. Aber da konnte Karyu sich auch irren, er war nicht sehr gut im Schätzen. "Aki, ich hab dir doch gesagt, du sollst in der Küche bleiben!" Der Junge verzog das Gesicht und starrte zu Karyu hoch. "Du bist aber groß...wer bist du?" Karyu guckte nicht schlecht. Was war denn hier nur los? "Ich bin ein Freund", meinte er und hockte sich hin, damit das arme Kind nicht noch Nackenstarre bekam. "Ich heiße Yoshitaka. Und wer bist du?" "Ich bin Aki, Mi-chans Bruder!" Er lächelte den Kleinen an, anstatt geschockt zu Zero zu schauen, während der Junge zum Bassisten aufsah. "Machst du mir jetzt was zu essen?" "Ja, sofort, ich will nur noch Yoshi verabschieden..", erwiderte Zero und wuschelte ihm durch die Haare, schob ihn dann hinter sich, damit er ging. "Wenn ich es mir recht überlege", sagte Karyu, "dann hab ich auch Hunger. Ich darf doch bestimmt mitessen." Das war weniger eine Frage. Zeros Gesichtszüge entgleisten. "Was? Aber...nein..." Er klopfte ihm auf die Schulter. "Bleib locker." Mit diesen Worten drängte er sich an Zero vorbei. Unter normalen Umständen hätte er sich das nicht getraut, aber jetzt war er neugierig. Zero hatte einen Bruder?! Das war ihm neu. Entgeistert sah der Bassist ihm hinterher, sagte aber nichts. Resigniert seufzend folgte er dem Gitarristen. "Ich mach Nudeln, ja?" "Mit ganz viel roter Soße?", wollte Aki wissen. "Ja, mit ganz viel roter Soße..." "Ich will dir helfen!" "Dabei kannst du mir nicht helfen, Aki." "Mir fällt da was ein", schaltete sich Karyu ein, woraufhin der Junge begeistert in die Küche sprang. Er lief ihm nach und hob ihn hoch. "Wo hast du die Töpfe?", erkundigte er sich bei Zero, der ihm sofort einen aus einem der Schränke holte. "Hier.." "Danke.." Zusammen mit Aki füllte er den Topf mit Wasser und stellte ihn auf den angeschalteten Herd, dann drückte er ihm die Packung Nudeln in die Hand und passte auf, dass ihnen der Inhalt nicht gleich komplett um die Ohren flog. Zero kümmerte sich währenddessen um die Soße, behielt sie beide aber misstrauisch im Blick. Als das Wasser kochte, ließ er den Jungen die Nudeln in den Topf schütten und den Deckel drauflegen. "So, was machen wir in der Zwischenzeit?", wollte er wissen, während er Aki runterließ. Der flitzte gleich ins Wohnzimmer. Zero seufzte und wollte ihm hinterher, aber er winkte ab. "Ich kümmer mich um ihn." Argwöhnisch beobachtete der Bassist sie kurz, dann wandte er sich wieder dem Essen zu. Bis das Essen fertig war, spielte Karyu mit Zeros Bruder. Dieser zeigte ihm ein paar seiner Bilderbücher. "Hast du denn auch welche mit Schriftzeichen? so zum Lesen?", erkundigte Karyu sich nebenbei, aber Aki schüttelte den Kopf. "Ich kann noch nicht lesen." Verwundert sah er ihn an. "Wie alt bist du denn?" "Acht Jahre und..4 Monate", antwortete der Kleine ihm stolz. "Hm..hast du denn in der Schule noch nicht lesen gelernt?" "Ich durfte nie zur Schule gehen", sagte Aki leise und sah ihn ein wenig traurig an. Karyu war verwirrt. Warum durfte er nicht zur Schule?! Gerade wollte er nachfragen, als Zero in der Tür erschien und ihn streng ansah. "Das Essen ist fertig. Helft ihr mir, den Tisch zu decken?", lenkte der Bassist ab, woraufhin sie beide nur nickten. Nachdem der flache, kleine Tische im Wohnzimmer gedeckt war, knieten sie sich ganz in japanischer Manier davor und schlangen ganz unjapanisch die Pasta herunter, die dem Bassisten hervorragend gelungen war. Unauffällig beobachtete er Zero ab und an. Er schien müde zu sein... "Ich helf dir beim Abwaschen", bot er Zero an, welcher ihm dankbar zunickte. "Aki, warum malst du nicht ein bisschen?", schlug der Bassist dem Jungen vor, der begeistert nickte und aufsprang, um seine Malsachen zu suchen. Beim Abspülen sah er Zero vorsichtig an. Sollte er ihn fragen, was das hier sollte? Der Bassist seufzte. "Starr mich nicht so an. Ist irgendwas?" Er schüttelte nur stumm den Kopf. Er wollte ihm jetzt nicht auf die Nerven gehen. Zero sah so schon gestresst aus. "Gehst du jetzt?", wollte der Dunkelhaarige dann unvermittelt wissen, woraufhin er mit den Schultern zuckte. "Ich weiß nicht..ich bin gern bei dir." "Hm, ja...bei mir vielleicht.. Aber ich hab jetzt ein Kind im Gepäck, falls du das nicht bemerkt hast." "Ja und..?", erwiderte Karyu nur leise und trocknete das Geschirr ab. Zero sah ihn zwar schief an, sagte aber nichts weiter und sie machten stumm weiter mit Abwaschen und Abtrocknen. Als sie zu Aki ins Wohnzimmer gingen, saß dieser am Tisch und war dieser noch fröhlich am Malen. Karyu setzte sich neben den Jungen und Zero nahm ihnen gegenüber Platz, beobachtete Aki dabei, wie dieser irgendwelche Bäume und bunte Striche aufs Papier kritzelte. Während Karyu dann auch begann, zu malen, achtete er nicht darauf, dass Zero irgendwann am Tisch einschlief. "Onii-chan...?" Fragend beugte Aki sich vor und tippte dem Bassisten gegen den Kopf, welchen dieser mit den Armen auf den Tisch gebettet hatte. "Mach dir keine Sorgen, er schläft nur. Hey, mal ihn doch mal", schlug Karyu vor und Aki zeigte sich ganz begeistert. Als es um die Haare ging, hielten sie prüfend verschiedene braune Wachsmalstifte gegen sein Haar. "Lieber schwarz", meinte Aki schließlich und griff nach der Farbe, bevor er die Haare von Zero malte. Karyu grinste. Das Bild des Jungen von Zero war schon süß. Als es fertig war, sah Aki zu ihm auf. "..wie schreibt man Nii-chan?", wollte er wissen, woraufhin er es ihm in Hiragana auf das Blatt schrieb. "So sieht das aus. Ganz einfach." Aki nickte und schrieb es selbst noch mal daneben, dann betrachtete er das stolz und machte Anstalten, den Bassisten zu wecken. "Lass ihn sich ausruhen. Lass ihm das Bild doch hier liegen, wenn er aufwacht, sieht er es gleich, hm?" Aki summte und schien drüber nachzudenken, dann nickte er und gähnte. "Bist du müde?" Der Kleine nickte. "Oh..ok. Wo schläfst du denn?" "Im Bett, wo denn sonst?" Karyu kratzte sich am Kopf. Viel Platz hatte Zero in der Wohnung nicht und soweit er wusste, gab es hier nur ein Bett - im Schlafzimmer. Schlief er dann mit seinem Bruder im gleichen Bett? "Na komm, dann ziehen wir dich um und putzen dir die Zähne." Er nahm Aki an der Hand und machte ihn bettfertig. Als er ihn ins Bett steckte, bat Aki ihn um eine Gute-Nacht-Geschichte. So spontan kannte er keine, aber er räusperte sich und dachte sich was aus. Darin schien er ganz gut zu sein, denn Aki gefiel es und er machte wenig später zufrieden die Augen zu. Lächelnd schaltete Karyu das Nachtlicht aus und schloss die Tür hinter sich. Zero schlief immer noch und saß in eher unbequemer Position über den Tisch gebeugt. Schief lächelnd wollte er eine Decke um seine Schultern legen, aber genau da wachte Zero auch schon auf. "Was..wie...wo...." Er rieb sich verschlafen über die Augen. "Aki?" "Ich hab Aki ins Bett gebracht", informierte er den Bassisten und setzte sich ihm gegenüber. Verwirrt sah ihn der Andere an. "Er war halt müde..ich hab ihn umgezogen, mit ihm Zähne geputzt...damit er das auch freiwillig gemacht, haben wir das Zahnfee-Lied gesungen.." "Es gibt ein Zahnfee-Lied?" Er zuckte mit den Schultern und grinste. "Jetzt schon. Ich hab ihm auch eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt..und jetzt dürfte er schlafen." Zero richtete sich auf. "Wow...danke.." Der Bassist fuhr sich durchs Haar und gähnte leise. "Vielleicht solltest du auch ins Bett?" Zero lächelte schwach. "Eher auf die Couch. Ich lass Aki allein im Zimmer. Nicht, dass er sich daran gewöhnt, immer jemanden bei sich zu haben. Dann kann er irgendwann nicht mehr einschlafen, wenn niemand mehr bei ihm ist.." Leise summte er darauf. Das klang logisch. "Darf ich hier bleiben?" Verwirrt sah der Bassist ihn an, weswegen er seufzte. "Sieh mich nicht so an. Ich habe dich sehr vermisst und würde gern bei dir bleiben, über Nacht.." "Hmm...wenn du unbedingt willst." Zero stand auf und zögerte kurz. "Ich hab dich auch vermisst...und es tut mir ehrlich leid, dass ich..nicht zu dir kommen konnte, aber..." Doch er winkte ab. "Ist okay. Vergessen wir das." Kurz musterte der Bassist ihn, dann ging er zur Couch. "Brauchst du Schlafsachen?", wollte er wissen, während er die Couch auszog und Decke sowieso Kissen darauf warf. "Nein, geht auch so..", murmelte er. Wenig später legte er sich auf die gemachte Couch, hatte sich gewaschen und Zähne geputzt. Nun war Zero im Badezimmer. Abwesend starrte er an die Decke hinauf. Woher kam dieses Kind nur plötzlich? Ob sich der Bassist seit Tagen nun schon um es kümmerte und deswegen keine Zeit mehr hatte? Aber eigentlich gehörte es auch in die Schule..das würde Zero durchaus etwas Zeit verschaffen. Er seufzte. Er würde ihn fragen müssen! Ob Zero nun gestresst war oder nicht. "Hey..worüber denkst du nach? Du hast da wieder diese Sorgenfalte..", meinte Zero und fuhr ihm mit dem Finger über die Stirn. Er lächelte nur leicht. "Über dich.", antwortete er schlicht, während Zero sich zu ihm legte, sie beide aber noch nicht zudeckte. Der Dunkelhaarige seufzte und kuschelte sich an ihn. "Tut mir leid.." "Hör auf dich zu entschuldigen", erwiderte er leise. "Erklär mir lieber, was eigentlich los ist.." Zero legte eine Hand an seine Wange und strich darüber, während er sich dichter an ihn schmiegte und ihm einen Kuss auf die andere Wange gab. "Es ist kompliziert", seufzte er. "Ich werde es dir erklären, ja? Aber nicht heute.." Karyu summte leise und nickte schließlich. "Na gut..." "Danke", hauchte Zero in sein Ohr und richtete sich ein Stückchen auf, um ihn auf die Lippen zu küssen. Sofort erwiderte er den Kuss und vergrub eine Hand in Zeros dunklen Strähnen, zog ihn näher an sich. Zeros Zungenspitze leckte über seine Lippen, welche er gleich öffnete um den Kuss gierig zu vertiefen. Zero beugte sich mehr über ihn, hielt ihn fest. Da war es wieder, das warme Gefühl, das diese Nähe und Vertrautheit zum Bassisten auslöste. Leise seufzte er in den Kuss und leckte langsam über die Zunge des Anderen. Das genoss er jetzt richtig. Aber unvermittelt fummelte Zero an seiner Hose. "Ich will es sehen..", murmelte er gegen seine Lippen, weswegen er ihn verwirrt anschaute. "Die Narbe.." Karyu machte große Augen. "Was..? Wieso denn? Ist nur eine Narbe.." Aber der Bassist zerrte unbarmherzig an seiner Hose und zog sie ein großzügiges Stück hinab, schob dann sein Shirt etwas höher. Und schon war die langgezogene, frisch verheilte Narbe auf Karyus Bauch zu sehen. Zero schnappte nach Luft. "Sie haben das nett ausgedrückt...", murmelte er, während er die rote Narbe betrachtete. "Tsukasa und Hizumi haben das runtergespielt... Das..das ist..." Er hob den Blick und sah Karyu an. "Warum hast du das gemacht?" Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich und er sah beiseite, wich dem Blick aus. Schon wieder diese Frage. "Bitte, frag mich das nicht." "Du hast auch keine Antwort, hm?" Er schüttelte nur stumm den Kopf. "Karyu, das ist..schlimmer, das weißt du? Du darfst das nicht noch mal machen. Versprichst du mir das?" Er zuckte nur mit den Schultern und wünschte sich, der Bassist würde das nicht von ihm verlangen. "Hey...versprich es mir." "Meinetwegen", rang er sich durch, doch damit war Zero nicht zufrieden. "Meinetwegen?! Karyu, da hättest dich beinahe umgebracht! Ist es das, was du willst? Sterben?" Immer noch sah er beiseite. "Keine Ahnung. Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass alles schief läuft." "Deswegen willst du das Handtuch werfen. Dir ist es egal, ob du stirbst oder nicht, stimmts?" Er hob eine Schulter. Wahrscheinlich war das so. "Schön, aber mir ist das nicht egal! Ist das nichts wert? Bin ich dir egal?" "Nein", erwiderte er gequält und sah ihn kurz an. "Du bist mir nicht egal.." "Dann hör auf, so eine Scheiße zu reden. Sicherlich ist es momentan schwer, aber es kann nur besser werden. Und du bist auch nicht alleine." "Da wäre ich mir nicht so sicher", gab er zurück und sah ihn ernst an. "Wäre ich heute nicht bei dir aufgetaucht, würde ich dich wahrscheinlich im nächsten Jahr noch nicht wiedergesehen haben." Zero zuckte zurück, schnaubte und rutschte zurück, bevor er sich auf die Seite drehte und sich zudeckte. Damit war das Gespräch wohl beendet. Kurz betrachtete er im Halbdunkeln den Rücken des Bassisten, dann seufzte er lautlos. Wirklich ungerecht gewesen war er jetzt doch gar nicht! Auch wenn er neben Zero lag, konnte er nicht so schnell einschlafen. Er war ihm zwar nahe, aber nun war es eine unsichtbare Barriere, die sie trennte. Irgendwann drehte er sich zu ihm auf die Seite und schlang einen Arm um Zeros Mitte, kuschelte sich an dessen Kehrseite, sog den vertrauten, angenehmen Duft von dessen Haaren ein. Er wurde etwas ruhiger und konnte wenig später doch endlich einschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)