Die Wahrheit über Wölfe von Idris ([Stiles / Derek]) ================================================================================ Kapitel 10: Die nackte Wahrheit ------------------------------- Vorwort: Oh man ... ich bin wirklich so gar nicht glücklich mit dem Kapitel. Ugh. Aber ich konnte es einfach nicht noch einmal umschreiben. Ähm... hasst mich nicht? Barbie Wolfs Nägel drücken sich fester in seine Kehle. Stiles‘ Füße strampeln hilflos in der Luft und er sieht Sterne. Oh man. Er will noch nicht sterben. Vor allem nicht so. „Lass ihn los“, sagt Derek. Seine Stimme vibriert vor lauter Wut und Hilflosigkeit. „Lass ihn los oder ich werde…“ „Du wirst was?“ Barbie lacht. „Komm noch einen Schritt näher und ich breche sein Genick.“ Der Griff um seinen Nacken wird fester. Sie kann es tun, wird Stiles klar. Mit einem beiläufigen Fingerschnippen kann sie es tun, genauso wie man eine Fliege zerquetscht. Und er könnte sie nicht davon abhalten. Ihm ist noch nie vorher so deutlich bewusst gewesen wie sehr Werwölfe ihm körperlich überlegen sind. Dieser Gedanke ist erschreckend und erniedrigend zugleich. Er möchte noch nicht sterben. Nicht jetzt. Nicht so. Genau in dem Moment als er schon das Gefühl hat sich jeden Augenblick von seinem Bewusstsein verabschieden zu können, passiert etwas. Etwas zischt durch die Luft, wenige Meter an seinem Gesicht vorbei. Es bohrt sich mit einem surrenden Geräusch in einen Baumstamm. „Was zum…“ Kyle gibt einen überraschten Laut von sich. Barbies Griff um seine Kehle lockert sich beinah unmerklich als sie zurückstolpert, und Stiles Fußspitzen berühren den Boden. Er japst nach Luft. „Stiles!“ Bevor Stiles überhaupt mitschneidet, was plötzlich los ist, wird er auch schon gepackt, aus Barbies Klauen gezerrt und zu Boden gestoßen. Etwas Schweres landet auf ihm. Es ist Derek. Er hat sich auf ihn geworfen und drückt ihn mit seinem ganzen Gewicht zu Boden. Eine große Hand legt sich über Stiles Gesicht und bedeckt seine Augen. „Hey, was…“, keucht Stiles. Ein greller Lichtblitz explodiert und Stiles presst reflexartig die Augen fest zusammen. „Jäger!“ hört er Barbie brüllen und Kyle gibt ein Jaulen von sich, als ob er genauso unvorbereitet von dem grellen Licht erwischt wurde wie Stiles. Schüsse ertönen und das Gebüsch um sie herum raschelt. Jemand brüllt Befehle. Barbie grollt: „Verschwinden wir!“ Stiles klammert sich blindlings an Derek. Er sieht rote Blitze hinter seinen Augenlidern, sogar durch Dereks Finger hindurch. „Lass mich…“ „Bleib unten!“ befiehlt Derek. Seine Stimme ist schneidend. „Bleib unten!“ Stiles gehorcht. Ausnahmsweise. Adrenalin pumpt durch seinen Körper und es klingelt in seinen Ohren. Er fühlt sich wehrlos, schutzlos, aber Derek ist warm und schwer über ihm wie eine Decke. Er ist außerdem sehr, sehr nackt. Und wenn Stiles nicht gerade um Angst, um seine Leben hätte, würde er das eventuell sogar wertschätzen. Es fühlt sich an, als ob der Boden unter ihm bebt, aber vielleicht ist das nur sein eigener hämmernder Herzschlag, der Blut durch seinen Körper pumpt wie eine anschwellende Sturmflut. Unterholz knistert um sie herum. Und Stiles denkt, so müssen sich Rehe fühlen, wenn die Jäger kommen, eingekesselt und wehrlos, bevor sie sterben. Seine Kehle schmerzt und er japst verzweifelt nach Sauerstoff, als ob auf einmal nicht mehr genug davon vorhanden ist. Schritte treten auf sie zu und Stiles spürt mehr als dass er sieht, wie Dereks gesamter Körper sich anspannt, als ob er sich innerlich auf einen Angriff einstellt. Zu seiner Überraschung ist es eine sehr vertraute Stimme, die über ihm ertönt: „Stiles? Oh mein Gott, Stiles!“ Er reißt die Augen auf und schiebt Dereks Hand von seinem Gesicht. Überrascht starrt er nach oben in den schwarzen Nachthimmel. „Allison…?“ haucht er. - Stiles hat nicht mehr besonders viel Schamgefühl übrig. Das hat etwas mit einer langen Reihe an Missgeschicken, Peinlichkeiten und öffentlicher Demütigung zu tun, die einem passieren wenn man ein schlaksiger Junge mit unkoordinierten Gliedmaßen, schlecht eingestelltem ADHS und einer viel zu großen Klappe ist. Aber unter einem nackten Derek Hale zu Allisons Vater hochzublinzeln, der mit erhobenen Augenbrauen auf ihn hinabsieht, gehört definitiv zu den Augenblicken in seinem Leben, auf die er gerne verzichtet hätte. Wow. Danke. NEIN. Auch wenn er nicht bestreiten kann, dass die Argents ihn und Derek offenbar gerade gerettet haben. Vor Killerbarbie und Baywatch-Stuntdouble, die sich offenbar mit eingezogenem Schwanz von dannen gemacht haben. „Hi?“ krächzt er. Seine Stimme klingt wie durch die Mangel gedreht und vor seinen Augen flimmert es immer noch. Sauerstoffmangel macht keinen Spaß. „Stiles“, wiederholt Allison. Sie steht neben ihrem Vater, eine Armbrust in der Hand und mit wehenden Haaren. Sie sieht schön und kriegerisch und sehr beherrscht aus. Nur ihre Augen flackern unsicher zwischen ihrem Dad, Derek und Stiles hin und her. Stiles kann es ihr nicht verdenken. Derek funkelt sie an. Langsam steht er auf, und Stiles rechnet es Allison hoch an, dass sie nicht mal mit der Wimper zuckt, als er plötzlich in voller Größe vor ihr steht. Nur Chris Argent räuspert sich vielsagend. „Derek“, sagt er. „Chris“, gibt Derek zurück, die Zähne so fest zusammen gebissen, dass er das Wort kaum hervorbringt. Chris Argent lächelt und entblößt weiße, durch und durch menschliche Zähne, die ihn trotzdem aussehen lassen wie ein Raubtier. „Irgendetwas, was du mir sagen möchtest?“ „Nein.“ Wenn Derek eine Betonwand wäre, hätte er nicht emotionsloser sein können. Stiles öffnet den Mund, nur um ihn gleich wieder zu schließen. Es ist Dereks Territorium. Dereks Feindschaften. Dereks Entscheidungen. Sein Blick flackert zu Allison. Sie nickt ihm zu und er fühlt sich wie ein geheimer Verschwörer. „Stiles“, sagt Chris und wendet den Kopf zu ihm. Sein Gesichtsausdruck sieht beinah interessiert aus, so als revidiert er gerade seine innere Einschätzung über Stiles Stilinski. Oder als ob er gerade überrascht feststellt, dass er überhaupt eine innere Einschätzung hat über Stiles Stilinski. Stiles kann ihm das nicht verdenken. In einer Gruppe bestehend aus Werwölfen, Jägern. Kanimas und Lydia Martin, ist es klar, dass er nicht weiter auffällt. „Hi Mr. Argent“, erwidert er und krabbelt hastig auf die Füße. Ohne Vorwarnung leuchtet Argent ihm mit einer Taschenlampe ins Gesicht, und Stiles presst überrascht die Augen zusammen gegen das grelle Licht. Ugh, was soll das denn? Derek gibt ein warnendes Geräusch von sich und stellt sich vor ihn. „Er ist kein Werwolf.“ Chris zuckt mit den Schultern. „Es schadet nicht auf Nummer sicher zu gehen. Alles in Ordnung mit dir, Stiles?“ Stiles blinzelt verwirrt und blickt zwischen ihnen hin und her und wartet bis die leuchtenden Blitze vor seinen Augen nachlassen. Es dauert einen Augenblick, bis er kapiert was gerade passiert ist. Natürlich. Die Augen. Er erinnert sich an Dereks Augen auf dem Fahndungsfoto und die Lichtreflektionen, die es beinah unmöglich gemacht haben sein Gesicht zu erkennen. Das muss ein Werwolf-Kurzcheck sein oder sowas. „Stiles, bist du okay?“ Er winkt vage in Allisons Richtung. „Ich… ja. Klar. Alles super. Es könnte gar nicht besser sein.“ „Möchtest du, dass wir dich nach Hause bringen?“ fragt sie und ihre Augen flackern erneut hinüber zu Derek, ohne wirklich auf seinem Gesicht hängen zu bleiben. Stiles schüttelt den Kopf, im selben Moment als Derek sagt: „Ja.“ „Was? Nein!“ „Ja“, wiederholt Derek. „Das wäre besser.“ „Das dachte ich auch gerade.“ Chris hebt eine vielsagende Augenbraue. „Derek!“ zischt Stiles. Chris lächelt süffisant. „Vielleicht möchtet ihr das in Ruhe ausdiskutieren, während wir einen Perimetercheck machen. Allison.“ Sie nickt folgsam. Derek beißt erneut die Zähne zusammen. „Eine Sekunde“, sagt er und packt am Stiles am T-Shirt, um ihn einige Schritte mit sich in den Schatten der Bäume zu zerren. „Geh mit ihnen nach Hause“, befiehlt er, sobald sie außer Hörweite sind. „Du bist nackt“, bemerkt Stiles und blickt mannhaft nicht nach unten. Nicht, dass man in der Dunkelheit viel erkennen könnte. „Was?“ Stiles gestikuliert an ihm hoch und runter. „Ich finde es schwer Vorschläge von jemandem anzunehmen, der nicht mal Hosen anhat.“ Derek sieht ihn an, als ob er ihn erwürgen möchte. „Das ist dein Problem? Du hast versucht mit einem Zirkel auf einen Werwolf loszugehen“, faucht er zurück. „Mit einem Zirkel!“ „Was soll das denn heißen?“ „Dass ich an deiner Fähigkeit zweifle sinnvolle Entscheidungen zu treffen! Ich hatte dir befohlen wegzulaufen! Und stattdessen gehst du unbewaffnet auf einen Werwolf los?“ „Entschuldige mal, du alles miesmachende Miesmuschel, ein Zirkel ist eine Waffe!“ „Nein, ist er nicht.“ „Im Flugzeug dürfte ich ihn nicht im Handgepäck transportieren, also ist er damit offiziell eine Waffe.“ „Seit wann ist das ein Kriterium…?! Stiles!“ Derek atmet tief durch. Er gibt ein wütendes Geräusch von sich und macht eine fahrige Geste in Richtung von Stiles‘ misshandelter Kehle. „Du bist verletzt. Geh mit ihnen nach Hause.“ „Wieso?“ „Kapierst du es nicht? Es sind Alphas im Wald! Bitte. Lass dich von Argent nach Hause bringen. Ich kann dich nicht…“ Er beißt die Zähne zusammen und bricht ab. Ich kann dich nicht gebrauchen, vervollständigt Stiles in Gedanken. Ich kann dich nicht ertragen. Oder vielleicht: Ich kann dich nicht beschützen. Es ist so typisch Derek, dass es beides sein könnte und dass sein Tonfall in keinster Weise verrät, ob er Stiles am liebsten gerade den Hals umdrehen möchte oder einfach nur seine gesamten Alpha-Beschützerinstinkte auspackt. Aber er sieht gestresst aus, zermürbt und zerrissen, als ob Stücke von ihm in alle Richtungen gezerrt werden. „Was ist mit dir…?“ fragt er leise und wiederholt Dereks eigene Worte: „Es sind Alphas im Wald.“ „Ich werde ihnen aus dem Weg gehen. Peter und ich…“ Er macht eine vage Handbewegung. „Wir haben einen Treffpunkt im Wald. Geh mit den Argents, okay?“ Fabelhaft, denkt Stiles. Verlass dich auf deinen psychopathischen Pädo-Onkel, der dir bei erstbester sich bietender Gelegenheit ein Messer in den Rücken rammen wird. Aber das sagt er nicht. Er hat immer noch Peters Gesicht vor Augen, als er ihm im Krankenhaus aufgelauert hat. Stiles hat immer noch keine Ahnung, ob er ihm auch nur ein Wort glauben kann, aber zumindest aktuell scheint es Peters Interessen zu dienen Derek am Leben zu halten. Zumindest hofft er, dass es so ist. „Du hast nicht mal Hosen an“, sagt er stattdessen. „Ich kann dir so nicht zuhören.“ „Stiles!“ „Das ist die nackte Wahrheit, okay?“ „Oh mein Gott!“ Derek rollt mit den Augen. Wortlos verschwindet er in der Dunkelheit und kommt nach weniger als zwei Sekunden mit seinen Klamotten zurück. Sein Hemd hat die Verwandlung nicht überlebt, aber seine Jeans sieht relativ unbeschadet aus. „Hilft das?“ fragt er mit zusammengebissenen Zähnen, während er sie hochzieht. „Und jetzt geh mit ihnen nach Hause.“ „Okay“, sagt Stiles. Er blickt überall hin, nur nicht auf Dereks Finger, die damit beschäftigt sind, seine Hose zuzuknöpfen. „Das war kein Vorschlag, Stiles! Ich will, dass…oh.“ Derek pausiert. Und runzelt die Stirn. „Das war zu leicht.“ Stiles zuckt mit den Schultern. „Ich bin ja nicht absichtlich kompliziert.“ Er wirft über Dereks Schulter hinweg einen Blick hinüber zu den Silhouetten von Chris und Allison, die die Köpfe zusammengesteckt haben und so leise miteinander reden, dass er sie nicht verstehen kann. „Seit wann traust du ihnen?“ fragt er. Denn das ist ja ganz neu. Derek schweigt einen Augenblick. „Nicht unbedingt mit meinem Leben“, sagt er schließlich. „Aber mit meinem?“ „Nur mit deinem Heimweg.“ „Bist du gerade sarkastisch?“ „Was denkst du?“ Stiles verdreht die Augen, aber er kann nicht verhindern, dass ein Lächeln an seinen Mundwinkeln zerrt. „Und jetzt? Wenn wir uns nicht mehr sehen, wie…“ „Stiles.“ Derek sieht ihn an, als ob er den Verstand verloren hat. „Ich werde nicht zulassen, dass dir was passiert. Natürlich werden wir uns sehen.“ „Oh. Klar. Okay.“ Seine Ohren glühen und sekundenlang ist er froh über die Dunkelheit. „Aber… Scott? Ich meine…“ Er hält inne. Ein Gedanke durchfährt ihn, so plötzlich und schmerzhaft wie ein Stromschlag. „Oh mein Gott…“, haucht er. „Shit. Shit!“ „Was?“ fragt Derek alarmiert. „Was ist los?“ „Scott… die anderen!“ stammelt Stiles und ein Gefühl von heißkalter Panik breitet sich in ihm aus. Er kann es nicht fassen, dass er nicht früher daran gedacht hat. Was ist er für ein Freund?! „Sie waren alle im Wald unterwegs! Was ist, wenn… die Alphas?“ Mit zitternden Fingern zerrt er sein Handy hervor. ‚Lebenszeichen!!!‘ tippt er ein. ‚Sofort!‘ Er sendet es an Massen-SMS an seine gesamte Kontaktliste, vermutlich sogar an Danny, aber gerade ist ihm alles egal. „Stiles“, sagt Derek sacht. „Sie sind okay.“ „Woher willst du das wissen? Erica ist verletzt, Scott war ganz allein, und Lydia…!“ Er kann beinah spüren wie er anfängt zu hyperventilieren. „Sie hätten jeden von ihnen erwischen können! Wir wissen doch nicht mal wie viele es sind! Sie hätten…“ Derek greift nach seinem Handgelenk. Sein Griff ist lose, aber seine Finger sind warm und sicher. „Stiles, sie sind okay“, sagt er nachdrücklich. „Ich bin ihr Alpha. Ich würde es spüren, okay?“ Oh… Oh? Stiles schluckt und nickt zögernd. „Wirklich?“ Derek nickt. „Auch Scott?“ fragt er leise. Behutsam nimmt Derek Stiles Hand und führt sie direkt zu seiner Brust. Stiles‘ Augen weiten sich überrascht. „Ja“, sagt Derek leise und ernsthaft. „Jetzt ja. Jeden einzelnen von ihnen. Sie sind okay. Ich verspreche es.“ Sein Herz klopft sicher und fest unter Stiles Fingerspitzen. Es dauert einen Augenblick, bis Stiles klar wird, dass Derek ihm gerade die Möglichkeit gegeben hat, zu hören, ob er die Wahrheit sagt. Es zu hören wie ein Wolf. Dereks Herzschlag stolpert nicht; er ist fest und gleichmäßig und sicher unter seinen Fingerspitzen. Stiles schließt die Augen und lauscht. „Danke“, flüstert er. Dereks bloße Haut ist feucht und erhitzt, und zwischen ihnen ist nichts als Luft und Dunkelheit. Sekundenlang ist er so nah, dass Stiles schwindlig wird. Derek neigt den Kopf, eine wortloses Geste der Bestätigung. Trotzdem kann Stiles erst wieder atmen, als die ersten SMS bei ihm eintrudeln. Verlegen löst er die Hand von Dereks Brustkorb. ‚Bin zuhause. Schäumend vor Wut, aber sehr lebendig‘ (Lydia) ‚Nerv nicht, Stilinski‘ (Jackson) ‚Alles okay?‘ (Scott) ‚Erica und ich sind im Güterbahnhof, wieso?‘ (Isaac) ‚Dad und ich stehen zwanzig Meter von dir entfernt? Brauchst du Hilfe…?‘ (Allison) ‚…muss ich diese kryptische Nachricht verstehen?‘ (Danny) ‚Stiles, ich bin im Revier. Wo bist du?‘ (sein Dad) ‚FYI: Alphas scheinen fort zu sein‘ (Allison) ‚Stiles?‘ (Noch mal Scott) Vor Erleichterung werden ihm beinah die Knie weich. ‚O.k.‘ schreibt er zurück, diesmal nur an Scott. Das ist alles. Aber auch wenn er wütend ist, bringt er es nicht übers Herz seinen besten Freund im Ungewissen zu lassen. Er lässt sein Handy zurück in seine Taschen gleiten. „Sie sind okay“, stellt er überflüssig fest. Derek nickt. Stiles beißt sich auf die Unterlippe. „Du… du solltest…“ Derek macht eine Handbewegung in Richtung der Argents. „Ja“, sagt Stiles. Aber seine Füße sind wie fest gewachsen und bewegen sich nicht vom Fleck. Dereks Blick wird weich. „Alles okay?“ Er nickt und schüttelt gleich darauf den Kopf. Er ist so oft beinah gestorben in letzter Zeit. Alle sind so oft beinah gestorben in letzter Zeit. Es ist als ob im Hintergrund eine Uhr läuft, die immer lauter tickt und tickt, und ihn daran erinnert, dass die Zeit knapp wird. Da sind so viele Dinge, der in Ordnung bringen muss. Da ist so vieles was er noch sagen wollte. Und dann ist da Derek. ‚ Ich werde nicht zulassen, dass dir was passiert. ‘ Der Satz schwebt in der Luft zwischen ihnen, warm und weich wie eine Decke, die ihn von Kopf bis Fuß einhüllt. Es sollte nicht so eine Überraschung sein. Immerhin ist es nicht so, als ob Derek ihm nicht schon ein paar Mal das Leben gerettet hat. Er ist zwischen Stiles und seinen mörderischen Onkel gesprungen, er ist zwischen Stiles und einen durchgedrehten Isaac gegangen und hat sich zwischen Stiles und den Kanima gestellt. Und eben gerade hat er sich zwischen Stiles und mordlüsterne Alphas geworfen. Huh. Okay, möglicherweise zeichnet sich da ein gewisser Trend ab, dass Derek sich gerne und viel zwischen Stiles und Gefahren aller Art wirft. Aber es ist noch einmal anders, es so laut ausgesprochen und in Worte gefasst zu hören. Sein Herz klopft träge und rhythmisch wie ein pulsierender Bass, der durch seinen ganzen Körper dröhnt, und plötzlich ist ihm überdeutlich und mit jeder Faser seines Körpers bewusst wie nah Derek ist. Er hat den Blick gesenkt und Stiles die makellose Dreiviertelansicht seines Profils zugewandt. Seine Bartstoppeln und seine Wimpern werfen tragische, schwarze Schatten auf sein Gesicht. Er sieht sehr schön aus und sehr sanft, alle seine Kanten wie weichgezeichnet. Es ist als ob etwas zum Greifen nah ist und Stiles nur die Hände danach ausstrecken müsste. „Du bist…“ Stiles macht eine vage Handbewegung in seine Richtung. Er klappt den Mund ein paar Mal auf und zu „…du bist immer noch halbnackt.“ Das ist nicht das, was er eigentlich sagen wollte. Derek schnaubt. „Das hast du doch schon oft genug gesehen.“ „…zweimal.“ „Führst du eine Statistik darüber?“ „…nein?“ Derek lacht lautlos. Es ist ein sachter Laut, der durch die Dunkelheit zwischen ihnen hin und her vibriert. Ein Lächeln zerrt an Stiles‘ Lippen und er senkt hastig den Blick, damit Derek es nicht sieht. Er denkt an Dereks behutsame Finger auf seinem Gesicht, und den warmen, Ledergeruch seiner Jacke, an Dereks Gesicht im Regen und an seine Hand auf Stiles‘ Brust. Er denkt daran wie Derek manchmal nach ihm greift und gleich wieder loslässt, und an die Art, wie Derek ihn manchmal ansieht und sofort den Blick abwendet. Er denkt an tausend angefangene Sätze und Berührungen in den letzten Tagen, an seltsame Anspielungen von Lydia und an ‚Ich mag nicht, wie er dich ansieht‘ von seinem Vater. Und er hört die Uhr ticken im Hintergrund, weil die Zeit knapp wird. Es zieht in seiner Herzgegend, als ob etwas in seine Brust gegriffen und sein Herz umschlungen hat, und er möchte… er möchte so gerne… Stiles‘ Gehirn setzt kurzfristig aus. Das ist die einzige Erklärung dafür, was er tut. Es ist Adrenalin und Angstschweiß, und ein Anfall von Wahnsinn, der dazu führt, dass er einen Schritt auf Derek zutritt. Sie stehen so dicht voreinander dass er die Hitze seines bloßen Körpers spüren kann, sogar durch den Stoff seiner eigenen Klamotten hindurch. Derek hebt überrascht den Kopf und sekundenlang ist er nah, so nah, dass Stiles sehen kann, wie seine Augen sich überrascht weiten. Stiles rutscht auf dem unebenen Boden aus und stolpert ihm praktisch entgegen. Derek gibt ein leises Geräusch von sich und seine Hände wandern beinah reflexartig hoch zu Stiles Armen, um ihn festzuhalten. Und Stiles küsst ihn. Sie sind beinah gleich groß. Stiles ist überraschter davon, als er vielleicht sein sollte. Aber es reicht aus, dass Stiles nur den Kopf das winzigste bisschen anheben muss damit er seine Lippen auf Dereks pressen kann. Die Nachtluft ist dunkel und schwer und Dereks Lippen sind viel weicher als sie aussehen. Sein Griff um Stiles ist warm und sicher. Und für eine glorreiche, phantastische Sekunde lang ist alles perfekt. Und Stiles denkt, das. Das ist es. Die Uhr steht still und das Ticken hört auf. Es ist perfekt… so lange bis Derek ruckartig ihren Kuss unterbricht. Er fährt zurück, so abrupt, als hätte er sich verbrannt. „Nein.“ Es ist nur ein einziges Wort, aber es zerschneidet die Luft zwischen ihnen wie ein abgefeuerter Schuss. Atemlos starrt Stiles ihn an. Seine Lippen prickeln und sein Gehirn funktioniert nicht mehr richtig. „Was…?“ bringt er hervor. „Was machst du…?“ Derek schüttelt den Kopf. Er hat eine Hand ausgebreitet, als versuche er Stiles auf Armeslänge Abstand zu halten. Seine Augen sind weit und er sieht so fassungslos aus, als wäre gerade etwas Unverzeihliches geschehen. „Stiles, du kannst nicht…“ Stiles schluckt. Mit einem Mal fühlt er sich wortlos, atemlos. Nein, denkt er wie betäubt. Nein. Nein, nein. Etwas Kaltes breitet sich in seinem Magen aus. Seine Hände schweben immer noch unbeholfen zwischen ihnen in der Luft und er lässt sie eilig sinken. „Das ist nicht…“ Dereks Kehlkopf hüpft auf und ab, als er schluckt. „Nein“, wiederholt er schließlich. Und Stiles kann spüren, wie sein Herz in einer bodenlosen Talfahrt in seine Magengrube stürzt. Lavaheiße Demütigung schießt durch seinen Körper. Sein ganzer Kopf fühlt sich an, als ob er glüht vor lauter Erniedrigung. Er möchte etwas sagen, irgendetwas, was ihn nicht wie ein völliger Idiot dastehen lässt, aber er findet keine Worte. Oh Gott, denkt er, sprachlos vor Entsetzen. Oh Gott. „Es tut mir leid“, flüstert er. Seine Wangen glühen. Er fühlt sich, als ob er jeden Moment anfängt zu hyperventilieren. „Falls ich…“ Derek klingt so steif und angespannt, als ob ihm jedes Wort Schmerzen bereitet. „Falls ich dir falsche…Signale gesendet habe…“ Stiles schließt die Augen und schüttelt heftig den Kopf. „Oh Gott. Hör auf“, stößt er hervor. Das ist das Schlimmste. Wenn Derek jetzt noch sagt ‚es liegt nicht an dir, es liegt an mir‘ wird er anfangen zu weinen. Er vergräbt die Zähne in seinen Lippen und der plötzlich Schmerz hilft ihm sich zu fokussieren. „Es tut mir leid“, sagt er heiser. „Ich dachte… ich wollte nicht… es war idiotisch… vergiss es. Bitte. Vergiss, dass es passiert ist.“ Gott. Was hat er sich dabei gedacht? Wieso hat er das gemacht? Zum ersten Mal seit sie sich kennen, ist alles gut zwischen ihm und Derek, ohne Drohungen und ohne Beleidigungen und dann geht er hin und macht alles zunichte. Er ist so ein Idiot. Was stimmt nicht mit ihm. Was stimmt mit seinem Kopf nicht. „Es nicht so wie du…“, sagt Derek. „Bitte.“ Stiles fährt sich ruckartig mit den Händen über das Gesicht. Er weicht zurück. Er wünscht sich, dass er durch den Waldboden diffundieren könnte. Oder sich in seine Partikel zersetzen. Einfach verschwinden und in Luft auflösen, bis das Gefühl von bitterheißen Demütigung aufhört in seinen Venen zu pulsieren. „Vergiss es. Es tut mir leid.“ Derek ist ganz still. Stiles weicht immer weiter zurück. Schritt für Schritt. „Wenn wir einfach ignorieren könnten, dass das passiert ist, wäre ich dir sehr dankbar. Es war… dämlich. Ich bin nicht… ich bin nicht unbedingt für meine gute Entscheidungsfähigkeit bekannt.“ „Stiles…“ Derek klingt immer noch so, als ob er darüber reden möchte, und großer Gott, Stiles kann nicht darüber reden. Er kann nicht. „Bye“, stammelt er. Ohne abzuwarten, fährt er herum. Auf wackeligen Knien stakst er durch die Bäume hinüber zu den Argents. Seine Kehle schmerzt und in seinen Augen brennt es heiß. Er spürt Dereks Blick auf seinem Nacken. Auf der Fahrt versucht Chris mit ihm zu reden, aber Stiles bekommt keinen einzigen Ton heraus. Er versucht es, aber sobald er den Mund öffnet, hat er das Gefühl sein Herz presst sich durch seine Kehle nach oben. Ihm wird übel. „Bist du sicher, dass alles okay ist?“ wiederholt Chris forschend. Stiles nickt. Er wendet den Blick ab. Allison sitzt neben ihm auf der Rückbank. Sie wirft ihm Blicke zu, aber sie stellt ihm keine einzige Frage und gibt keinen Kommentar ab, und er ist ihr dankbar dafür. Auf halber Strecke greift sie nach seiner Hand. Ihre Finger schließen sich wortlos um seine, und er drückt zurück so fest er kann. Sie weiß nicht, was passiert ist. Sie kann gar nicht wissen, was passiert ist, aber es hat etwas seltsam Tröstendes an sich, ihre Hand zu halten. Sie sitzen im Dunkeln, ihre Hände ineinander verschlungen, wie Hänsel und Gretel im dunklen Wald und er denkt, dass sie vielleicht von allen am besten weiß wie er sich fühlt. - Im Wohnzimmer brennt Licht, als die Argents ihn vor seinem Haus absetzen. Stiles hat keine Ahnung wie spät es ist. Jedes Zeitgefühl ist verloren gegangen, irgendwo zwischen Adrenalin, Angstschweiß und Demütigung. Alles fühlt sich weit weg an, wie abgepolstert, als ob er in einer Seifenblase über dem Boden schwebt. Vage denkt er, dass das vermutlich ein Schockzustand ist. Sein Vater ist zu Hause. Das ist das zweite, was er registriert. Er springt auf als Stiles durch die Tür stolpert. Stiles bleibt stehen. Sekundenlang starren sie sich wortlos an. Sein Vater trägt immer noch Dienstkleidung, nur den Revolverhalter um seine Hüfte hat er abgeschnallt. Seine Haare sind zerrauft, als ob er sich einmal zu oft mit den Händen hindurch gefahren ist. „Dad“, sagt er leise. Die Tür fällt mit einem leisen Klacken hinter ihm ins Schloss. „Was ist passiert?“ fragt sein Vater sofort und sein Blick zoomt zielsicher auf Stiles‘ misshandelte Kehle. Er schluckt. Sogar das tut weh. „Nichts… ich…“ Sein Vater macht einen Schritt auf ihn zu und Stiles weicht beinah reflexartig zurück. Er weiß selbst nicht wieso. Er ist noch nie vor seinem Vater zurückgewichen. Sein Vater bleibt abrupt stehen. Stiles kann beinah dabei zusehen wie sämtliche Farbe aus seinem Gesicht weicht. „Was ist passiert?“ fragt er heiser. Stiles schüttelt den Kopf. Er ahnt, wie er aussehen muss. Er hat einen Blick im Rückspiegel der Argents auf sein Gesicht erhascht und das hat ihm schon gereicht. Seine Klamotten sind schmutzig und zerrissen und in seinen Haaren klebt Erde. Er hat dunkle Schmutzstreifen im Gesicht und ein Kranz aus dunklen Fingerabdrücken ziert seinen Hals. Er sieht aus, als ob ich jemand misshandelt hätte. Er will nicht einmal wissen, was sein Vater denkt. Und das schlimmste ist, dass all die Dinge, die am meisten wehtun, die Dinge sind, die man nicht einmal sehen kann. „Ich dachte…?“ Stiles macht eine hilflose Handbewegung. „Musst du nicht arbeiten?“ Er kann nicht… Sein Vater kann nicht hier sein. Das war nicht der Plan. „Ich hab deine SMS gekriegt. Ich hab mir Sorgen gemacht.“ „Es tut mir leid.“ Er bringt es nicht über sich mehr zu sagen, und er spürt wie schon nach diesen wenigen Worten Tränen in seine Augen schießen. Hastig blinzelt er sie weg. Sein Vater schluckt. Stiles sieht wie seine rechte Hand sich zur Faust ballt und wie er sie langsam und bewusst wieder entspannt. „Wer war das?“ sagt er langsam. Es ist eine unverhohlene Drohung gegen jeden, der es gewagt haben könnte Hand an seinen Sohn zu legen. Stiles schließt die Augen. Sein eigener Atem klingt rasselnd in der Stille. Alles was er sagen könnte, wäre eine neue Lüge nach der anderen. Und er kann nicht. Er kann nicht mehr. „Stiles.“ Er hält still und wartet. Er weiß nicht genau auf was. Auf die lange überfällige Strafpredigt. Auf wütendes Schweigen. Oder auf Resignation, weil sein Vater einfach aufgegeben hat. Eins ist schlimmer als das andere. Er denkt an Scotts Worte. Und an Dereks Gesicht. An Lydias Abschiedskuss. An Allisons Hand in seiner. An die Klauen um seinen Hals, die so einfach hätten zudrücken können. Er ist raus. Raus aus allem. Die Uhr tickt und tickt und sie sterben alle immer beinah, und es gibt nichts was er tun kann, und er ist raus. Es ist wie ein Schlag in die Magengrube. Eine Sekunde lang bekommt er keine Luft mehr. Sein Vater atmet aus. „Stiles…“ Stiles zuckt zusammen und öffnet die Augen. Das Wohnzimmer verschwimmt vor seinen Augen. Sein Dad fährt mit der Handfläche über die kratzigen Bartstoppeln an seinem Kinn. Er versucht überall hinzugucken nur nicht auf Stiles Gesicht. „Ich hab deiner Mutter versprochen, dass ich nicht so viel trinke, wenn Dinge schwierig werden“, sagt er leise. Er gibt ein bitteres, kleines Lachen von sich. „Gute Arbeit soweit.“ Stiles‘ Herz strauchelt qualvoll. Einen Moment lang fühlt er sich, als ob die ganze Welt sich vor lauter Schmerz um ihn herum zusammenzieht. „Ich hab Mum versprochen, dass ich dir keine Sorgen mache“, gibt er zurück. Seine Stimme ist belegt und er schluckt heftig. Etwas in Dads Gesicht wird ganz weich und er lässt langsam die Hände sinken. „Offensichtlich haben wir in der Hinsicht beide versagt.“ Er macht einen Schritt auf ihn zu. Er ist noch nicht ganz da, als Stiles ihm schon die letzten Meter entgegen stolpert. „Es tut mir leid“, murmelt er erstickt. „Es tut mir so leid, Dad…“ Sein Vater legt die Arme um ihn und Stiles vergräbt das Gesicht an seinem Hals. Und dann bricht er zu seinem eigenen Entsetzen in Tränen aus. Er versucht es aufzuhalten, immerhin ist er sechzehn und keine sechs mehr, verdammt. Aber es ist wie ein Damm, der bricht. Es ist die Art hässliches Weinen, die sie niemals im Fernsehen zeigen, mit rotfleckigem Gesicht und atemlosen Schluchzern, die sich anfühlen, als ob man daran erstickt. Alles, alles bricht aus ihm hervor. Die namenlose Angst, die in seinem Nacken sitzt, seit er weiß, dass alle seine Freunde in Gefahr sind. Dass er nachts schweißgebadet aufwacht und das Gefühl hat nicht mehr atmen zu können, weil die eigene Hilflosigkeit ihn wie Blei zu Boden drückt. Sein bester Freund, den er unter keinen Umständen verlieren kann und von dem er sich gleichzeitig so weit entfernt fühlt wie schon lange nicht mehr. Lydia, die so stark ist und gleichzeitig so zerbrechlich und um die er sich die ganze Zeit Sorgen macht. Ericas Blut auf seinem Rücksitz. Dass sie Boyd getötet haben. Dereks Gesicht. Dereks Gesicht nachdem Stiles ihn geküsst hat, wie ein totaler Idiot, und alles kaputt gemacht hat. Nichts davon kann er in Worte fassen. Es ist nur ein haltloses, atemloses Schluchzen. Er bekommt nur halb mit wie sein Vater ihn behutsam hinüber zur Couch führt. Seine Knie knicken ein wie weich gekochte Spagetti, und er sinkt darauf, ohne loszulassen, und zieht seinen Vater mit sich hinunter. „Hey, hey“, sagt sein Dad besorgt. „Ist okay. Ist ja gut.“ Nichts ist gut, nichts ist okay. Aber Stiles möchte es so gerne glauben. Die Hände seines Vaters fahren beruhigend über seinen Rücken. Er murmelt beruhigende Dinge in Stiles Haare, warme, sanfte Sätze, die furchtbare Drohungen beinhalten gegen jeden, der ihm potentiell etwas angetan hat. Zitternd atmet Stiles ein und lehnt den Kopf auf seine Schulter. Er atmet ein und aus und wartete bis sein hämmernder Herzschlag sich wieder beruhigt. Nichts ist so tröstlich und so vertraut, wie der Geruch seines Vaters. Er riecht nach Rasierwasser und Waffenöl und nach den gekringelten Pommes, die er heimlich isst, wenn Stiles nicht dabei ist. Und nach Zuhause. Es bewirkt immer wieder aufs Neue, dass Stiles sich fühlt als wäre er zehn Jahre alt. Als ob er noch klein genug ist, sich an seiner Brust zusammenzurollen und zu wissen, dass sein Dad, der Sheriff, alles, alles reparieren und alles lösen und alles gut machen kann. „Es tut mir so leid“, wiederholt er leise. Es ist das einzige, was er hervorbringt. Sein Vater seufzt und fährt mit seiner Hand über seinen Kopf. „Schon okay. Ich verrate deiner Mutter nichts, wenn du nichts verrätst“, schlägt er vor. Ein ersticktes Lachen drängt sich über Stiles Lippen. „Okay.“ „Tut dir irgendjemand weh?“ fragt sein Vater ernst. „Du weißt, du kannst es mir sagen, wenn es so ist.“ Stiles schüttelt den Kopf. „Es ist nicht so?“ bohrt sein Vater behutsam. „Oder du kannst es mir nicht sagen?“ Stiles zögert. Er möchte seinem Vater so gerne alles sagen. Alles was passiert ist und alles, was vielleicht passieren wird. Aber es sind schon so viele Menschen, an denen ihm etwas liegt, in dieses ganze Schlamassel verwickelt. Seinen Dad auch noch in Gefahr zu bringen ist das Schlimmste, was er sich gerade vorstellen kann. „Ich… ich muss darüber schlafen, okay?“ sagt er leise. „Okay.“ Sein Vater nickt. Er fährt fort mit der Hand über Stiles‘ Rücken zu fahren, und ein Teil von Stiles möchte einfach hier sitzenbleiben und nie wieder aufstehen. „Ich hab mich mit Scott gestritten“, sagt er stattdessen. Sein Vater gibt ein verständnisvolles Geräusch von sich. „Ihr habt es doch noch nie geschafft länger als fünf Minuten sauer aufeinander zu sein.“ „Aber es sind schon mindestens drei Stunden“, schnieft Stiles. „Und es ist grauenhaft.“ Es ist einfach alles verkehrt, wenn er und Scott böse aufeinander sind. Als ob die ganze Welt auseinander gebrochen ist und falsch zusammengesetzt wurde. Sein Vater tut ihm den Gefallen und lacht ihn nicht aus, weil ihre gegenseitige Co-Abhängigkeit langsam albern und ein bisschen ungesund wird. Stattdessen sagt er mitfühlende Dinge und versichert ihm, dass Scott ihm sowieso alles und jederzeit vergeben wird, sobald sie einmal miteinander geredet haben. Nur, dass sie nicht miteinander reden werden. Zumindest hat sich das so angehört. Menschen auf der einen Seite und Werwölfe auf der anderen, getrennt durch metaphorischen Maschendrahtzaun. Bis die Alphas wieder weg sind. Stiles will am liebsten gar nicht darüber nachdenken. „Willst du mir vielleicht auch noch verraten, was es mit dir und Derek Hale auf sich hat?“ fragt sein Vater, ohne die beruhigende Handbewegung zu unterbrechen. Stiles zuckt zusammen, sobald sein Name fällt. „Nutzt du gerade meinen Augenblick der Schwäche aus, um mir Informationen zu entlocken?“fragt er. Ein Schulterzucken ist seine Antwort. „Ich bin Polizist. Und Vater. Das ist praktisch meine Jobbeschreibung.“ „Dad! “ „Weißt du, ich bin vielleicht alt, aber ich bin nicht blind. Mir ist die Lederjacke in deinem Zimmer aufgefallen. Die Lederjacke, die er die ganze Zeit getragen hat, und die du jetzt trägst.“ Die Lederjacke. Oh Gott. Stiles schluckt. Er wird sie nie wieder ansehen können, ohne dass es ihm den Magen umdreht. Er muss sie Derek so schnell wie möglich zurückgeben. Oder schicken. Per Post. Per Post ist gut. „Nein“, murmelt er. „Du musst dir keine Sorgen machen. Da ist rein gar nichts mit mir und Derek. Da wird auch nie etwas sein. Niemals.“ Seine Stimme bricht bei den letzten Worten. Einen Augenblick lang ist sein Dad ganz still. Stiles kann beinah hören, wie es in seinem Kopf arbeitet. „Oh Gott“, sagt er schließlich. Er klingt entsetzt und resigniert zugleich, als hätte er es die ganze Zeit geahnt, aber nicht wahr haben wollen. „Stiles.“ „Tut mir leid“, flüstert Stiles. Er schnieft und fährt sich über das nasse Gesicht, ohne den Kopf von der Schulter seines Dads zu nehmen. „Du hättest ihn doch sowieso erschossen, wenn er Interesse an mir gehabt hätte.“ „Allerdings“, gibt sein Dad unumwunden zu. „Dann kannst du froh sein.“ Er wischt sich über die Augen und wünscht sich, er würde etwas weniger erbärmlich klingen. „Nichts könnte entfernter von der Wahrheit sein.“ „Ich könnte ihn trotzdem erschießen“, knurrt sein Dad, und Stiles muss gegen seinen Willen lachen. Nur sein Vater bringt es fertig gleichzeitig wütend auf jemanden zu sein, weil er potentiell Interesse an Stiles haben könnte, und weil er keins hat. „Bist du nicht wütend auf mich…?“ fragt er zögernd. „Ich meine… er ist ein Junge… und so…“ „Ich bin wahnsinnig wütend auf dich“, erwidert sein Dad. „Wegen einer langen Liste an Sachen, die ich dir gerne bei Gelegenheit vorlesen werde. In chronologischer Reihenfolge.“ Er seufzt. „Aber… nicht deswegen.“ „Okay.“ Beruhigt atmet Stiles aus und schließt die Augen. Nachwort: Okay, ihr dürft mich hassen. Aber hey, wenigstens habe ich Stiles und seinen Dad wieder versöhnt. (Ich habe ja auch ein Herz.) Und im nächsten Kapitel fängt endlich richtig Handlung an - yay? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)