Die Wahrheit über Wölfe von Idris ([Stiles / Derek]) ================================================================================ Kapitel 2: Käfige aus Luft und Papier ------------------------------------- Warnungen für dieses Kapitel: Minor Character Death (aber nur hinter den Kulissen, und wer unbedingt wissen muss, wer es ist, darf bis ganz nach unten scrollen und sich im Nachwort spoilen), ein bisschen Blut, und Derek ist .... Derek. Ich kann absolut keinerlei Action schreiben, aber ich hab mein Bestes getan? Der Jeep schleudert aus der Fahrbahn. Stiles wird bis zu seinem Lebensende leugnen, dass er das hohe, panische Geräusch von sich gegeben hat, das durch den Wagen hallt, aber jemand schreit. Und es ist nicht Lydia. Er versucht zu bremsen. Reifen quietschen auf dem Asphalt. Lydias Ausruf wird abrupt abgeschnitten, als sie nach vorne gegen das Armaturenbrett geschleudert wird. Der Wagen fliegt ruckartig zur Seite und der plötzliche Richtungswechsel reißt Stiles‘ Hände vom Lenkrad. Er prallt mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe des Fahrersitzes und weiße Flecken explodieren vor seinen Augen. Beinah in Zeitlupe sieht er wie der Wagen zur Seite kippt. Als er erneut blinzelt, schaukelt der Jeep zurück, schwerfällig wie ein Schiff, das auf Wellengang aufschlägt und landet mit einem Ächzen zurück auf allen vier Reifen. Ein Beben geht durch die gesamte Karosserie. Einen schwindelerregenden Moment lang weiß er nicht mehr, wo oben und unten ist. Blut rauscht in seinen Ohren und sekundenlang verblassen alle Farben um ihn herum. Als er wieder zu sich kommt, stehen sie verkehrt herum und quer über der Fahrbahn, halb auf dem Seitenstreifen. „Stiles! Stiles! Oh mein Gott!" Lydia hat eine Hand in seiner Schulter verkrallt und schüttelt ihn. Ihre Hände zittern. Stiles schnappt nach Luft. Seine Lunge fühlt sich an, als sei sie in einer Schrottpresse zusammengedrückt worden, eng und zerknautscht, und es ist ein Kraftakt sie wieder auseinanderzufalten. „Was…?" „Ich weiß nicht!" Reflexartig tastete er nach ihrer Hand und drückt sie. Lydia drückt zurück. „Oh mein Gott…" Vor seinem Auge flackert der Moment auf, als sie nach vorne geschleudert wurde und er fährt ruckartig zusammen. „Bist du okay? Lydia!" „Ja." Sie nickt fahrig. Ihr Haar hat sich aus der Hochsteckfrisur gelöst und fällt ihr wie ein Vorhang ins Gesicht. „Ja. Ich weiß nicht… Stiles, dein Kopf. Du blutest!" Sie macht Anstalten ihre Finger danach auszustrecken, aber in dem Moment prallt etwas an die Außenwand des Jeeps und Stiles fährt zusammen. Lydias Finger verkrallen sich in der Lederjacke. Die Hintertür wird aufgerissen und sie schreien beide gleichzeitig auf. Eine dunkle Gestalt landet mit einem dumpfen Aufprall auf seinem Rücksitz. „Das Pfefferspray!" japst Stiles. „Das Pfefferspray! Schnell, gib mir das…Erica?!" Blonde, verfilzte Locken ergießen sich über seine Polster. Er erkennt ihre Haare und das viel zu freizügige Dekolleté. Ihre Kleider sind zerrissen und überall sind dunkle Flecken, es könnte Erde sein oder oh mein Gott, ist das Blut?! Ihr Atem rasselt und kleine Schauder laufen durch ihren Körper. „Derek…?" haucht sie. Sie streckt die Hand nach ihm aus und hinterlässt blutige Fingerabdrücke auf dem Polster. „Derek…" Ihre Stimme bricht. Sie klingt so verloren und so verängstigend, dass Stiles schon zur Hälfte über den Sitz zu ihr gekrabbelt ist, bevor Lydia ihn wieder zurückzerrt. „Nicht!" befiehlt sie scharf. „Warte! Du weißt nicht, ob sie…" Stiles stockt, halb zwischen die Sitze gequetscht. Hin und hergerissen blickt er zwischen Lydia und Erica hin und her. Sein Atem hallt laut in der kühlen Nachtluft. Ein rationaler Teil von ihm, weiß dass Lydia recht hat und dass es geradezu lebensmüde ist sich einem Werwolf zu nähern, ohne zu wissen in welchem geistigen Zustand er gerade ist. Aber der andere, der größere Teil von ihm… „Erica…", wispert er. "Erica?" Er streckt die Hand nach ihr aus. Seine Fingerspitzen berühren den zerfetzten Stoff ihre Jacke und sie zuckt zusammen als ob ein Stromschlag durch sie gegangen wäre. Ihr Kopf schnellt nach oben. Ihre Augen sind weit aufgerissen und leuchten gelb. Die Eckzähne sind ausgefahren und sie ist im vollen Beta-Modus. Lydia atmet scharf ein. „Erica…" Stiles vergräbt die Fingerspitzen in ihrer Jacke. Er lässt nicht los. „Erica, ich bin's. Stiles. Es ist okay. Du bist okay." Seine Stimme wackelt und er hofft mitten im Satz, dass sie ihn nicht zum Lügner machen wird. Das gelbe Leuchten verblasst, wie eine Kerze, die erlischt und dann sind ihre Augen wieder braun. „Stiles.“ Es klingt wie eine Feststellung und eine Frage zugleich. Etwas bebt in ihrem Gesicht und sie schaudert. „Schnell, wir müssen…bitte…" Sie schnappt nach Luft und ihre Krallen graben sich in das Sitzpolster. „Wir müssen weg!" Stiles stolpert zurück auf den Fahrersitz. Er hat eine Hand bereits am Schlüssel, bevor sein Gehirn angesprungen ist. Natürlich… natürlich. Wenn irgendetwas in der Lage ist, einen Werwolf so zu zurichten, will nicht hier bleiben, um herauszufinden, was das ist. Lydias Hände fliegen zu ihrer Handtasche, die von dem Aufprall auf den Boden geschleudert wurde. Erica krabbelt über den Sitz und zerrt die Autotür zu. Ihre Finger sind glitschig vom Blut. Der Motor röchelt und gibt keuchende Geräusche von sich. Er springt nicht an. Nein, nein, nein. Nicht jetzt! Nicht hier und jetzt. Stiles Herz stolpert in seiner Brust und er hämmert auf das Lenkrad ein. „Spring an!" flucht er. Erica schreit auf, weniger als eine halbe Sekunde bevor etwas gegen die Beifahrertür prallt. Es ist die einzige Vorwarnung, die Lydia bekommt, bevor das Fenster neben ihr in tausend Stücke zerbricht. Ein Regen aus Glassplittern geht auf sie nieder. Mit einem Aufschrei zerrt Lydia eine kleine, schwarze Dose aus ihrer Handtasche. „Spray, spray, spray!" faucht Stiles, gleichzeitig mit Erica, die „Fahr los, fahr los!" schreit und von hinten gegen seine Sitz trommelt. Es ist eine Hand mit Klauen die durch das Fenster greift, eine Frauenhand. Werwolf. Lydia wartet nicht ab, bis das dazugehörige Gesicht dazu auftaucht, sie streckt das Pfefferspray nach draußen und drückt auf den Auslöser. Ein schrilles Jaulen ertönt und die Hand verschwindet. Reflexartig reißt Erica einen Arm vor ihr Gesicht und krümmt sie sich hinter dem Fahrersitz zusammen. Stiles kann sich nur vorstellen wie viel schlimmer das scharfe Zeug für empfindliche Werwolfsinne sein muss, wenn es ihm schon die Tränen in die Augen treibt. Er wendet den Kopf zur Seite und presst die Augen zusammen, die Hand immer noch auf dem Schlüssel. Bitte, denkt er, bitte. Der Motor gibt es ein gequältes Jaulen von sich, untermalt von einem wütenden Grollen, das von draußen stammt. Was auch immer da draußen ist, sie haben es jetzt richtig wütend gemacht. Stiles drückt das Gaspedal durch bis zum Anschlag und eine endlose Litanei an Bitten und Flüchen rattert durch sein Gehirn wie eine Eisenbahn. BittebittespringanspringanspringanfuckfuckfuckbittemeinDadichkannnichtbittespringanspringanspringan… „Fahr!“ schreit Lydia. Sie hält das Pfefferspray wie eine Waffe vor sich und klammert sich mit der freien Hand an seinem Sitz fest. Der Jeep macht einen ruckartigen Satz nach vorne. Die Reifen schlingern, aber der Motor läuft und sie fahren, oh Gott sei Dank, sie fahren. Seine Hände fliegen zur Kupplung und es rattert bedenklich als der Gang einspringt. Das Gaspedal vibriert unter seiner Schuhsohle, als er bis zum Anschlag nach unten drückt. Die Straße rast unter ihnen entlang. Ein schwarzer Schatten ist in seinem Rückspiegel. Sie schlingern. Stiles weiß nicht, ob er zittert oder ob es der gesamte Wagen ist, der bebt. Der Motor spuckt und er ist ziemlich sicher, dass irgendetwas kaputt gegangen ist, als Erica in sie hineingerasselt ist. Nur ein bisschen, denkt er, nur noch ein bisschen durchhalten. Seine Augen tränen und die Fahrbahn schwimmt bedenklich auf und ab. Bäume rauschen rechts und links an ihnen vorbei. Aber der schwarze Schatten hinter ihnen wird kleiner und verschwindet schließlich. Der Jeep hält nicht mal mehr eine Meile durch, bevor er anfängt zu ruckeln. Er holpert und der Motor spuckt, bevor er mit einem letzten Röcheln ausgeht. Sie schliddern noch ein paar Meter weiter über den Asphalt, bevor dünne Fäden Qualm aus der Motorhaube steigen. Lydia ist die erste, die es ausspricht. „Scheiße." „Scheiße", echot Stiles. Er sinkt zurück in seinem Sitz und schließt die Augen. Nur für eine Sekunde. Ihm ist schlecht und er ist nicht sicher, ob das von dem Adrenalin kommt, dass durch seine Adern pulsiert oder weil alles verschwommen und unscharf vor ihm auf und ab schaukelt. Ein Monster ist hinter ihnen her. Und Erica Reyes verblutet gerade auf seinem Rücksitz. „Erica…" Sie wimmert. Er ist ein leiser, herzzerbrechender Laut und es bringt ihn dazu die Augen wieder zu öffnen. Sie hat sich so klein zusammengerollt, dass er nichts als blonde, zerzauste Haare und schwarzes Leder im Rückspiegel erkennen kann. „Was ist passiert?" fragt er hilflos. „Wer war das? Und was ist mit Boyd?" Ihre Antwort ist so leise, dass er sie kaum versteht. „Boyd ist tot." Oh Gott. Stiles atmet heftig ein. Etwas in ihm zerbricht, von dem er nicht einmal wusste, dass es da war. „Die Alphas?" Er muss nicht einmal ihre leise Bestätigung hören, um zu wissen, dass er Recht hat. Sie haben Boyd getötet. Blut rauscht in seinen Ohren. Sie haben einen Teenager getötet. Jemand, der in Biologie zwei Reihen vor ihm saß und in der Kantine über das selbe matschige ‚Hackfleisch Surprise‘ gejammert hat wie Stiles. „Wie bist du…? Wie hast du uns gefunden? Wieso…?" „Du riechst nach ihm." flüstert sie. „Ich dachte, er… Du riechst wie … Pack." Nach ihm? Es dauert einen Augenblick bis er die Teile ihrer zerbrochenen Sätze zusammensetzt und sogar dann versteht er es nicht. Nach Derek? Wieso sollte… Unwillkürlich verkrallt Stiles seine Hand in der Lederjacke. Natürlich. Natürlich. Wütend über seine eigene Begriffsstutzigkeit beißt er die Zähne zusammen. Die Lederjacke muss praktisch imprägniert sein mit Eau de Derek. Er zieht sie ja niemals aus. Vermutlich ist sie für Werwölfe wie ein Leuchtsignal in der Dunkelheit, über Meilen hinweg zu erkennen mit dem Geruch nach ‚Hale‘, ‚Alpha‘, ‚Werwolf‘. ‚Pack‘. „Stiles", sagt Lydia. „Wir müssen hier weg." Stiles nickt und fährt sich über das Gesicht. Das vertraute enge Gefühl, das eine Panikattacke ankündigt, beginnt in seinem Brustkorb aufsteigen. Es ist als ob ihm jemand die Kehle zuschnürt. Aber er kann jetzt keine Panikattacke haben. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht mitten auf einer einsamen Landstraße im Nirgendwo, mit einem Alpha weniger als Meile hinter ihnen und einem blutenden Werwolf auf dem Rücksitz. Sie können nicht aussteigen und meilenweit durch den Wald laufen. Das wäre reiner Selbstmord. Sie brauchen Hilfe. Sie brauchen ein funktionierendes Auto. Und am besten eine Tonne Eisenhut oder Eberesche. Sie brauchen… Verdammte Scheiße. Sie brauchen Derek. Mit zitternden Händen fischt er sein Handy aus der Hosentasche. Lydia wirft ihm einen Blick zu. „Wen rufst du an? Scott?" Er schüttelt den Kopf und beißt die Zähne zusammen, um die Wogen an Übelkeit zu unterdrücken, die ihn dabei überrollen. „Scott hat kein Auto." Und Scott ist kein Alpha, ergänzt er in Gedanken. Wenn das Monstervieh hier wieder auftaucht, hat Scott keine Chance. Genauso wenig wie Jackson oder Isaac. Nein. Sie brauchen Derek. Seine Hände sind schweißnass und das dämliche Touchpad flutscht unter seinen Fingern hin und her. Fluchend scrollt er durch seine Kontakte, bis er bei G wie #Grummelwolf angelangt ist. Bitte geh dran, denkt er, bitte geh dran. „Was?" Dereks Stimme klingt gereizt und ungeduldig, und trotzdem hat sich Stiles noch nie so gefreut, seinen säuerlichen Tonfall zu hören. Er lacht und verschluckt sich beinah daran. „Derek…“ Seine Stimme bricht bei der zweiten Silbe. „Derek, ich…“ „Was ist passiert?“ Dereks Stimme verändert sich schlagartig. „Stiles? Was ist los?“ Stiles atmet tief durch und bohrt seine Handballen auf die Augen. Reiß dich zusammen, Junge. „Stiles!“ grollt Derek, offensichtlich nicht glücklich damit, wie lange er zum Antworten braucht. Und dann: „Dein Herzschlag…“ „Wir wurden von einem Alpha angefallen!“, sagt Stiles schnell und denkt: Mein Herzschlag?! Ernsthaft? Er kann sich schon denken, dass sein Herz flattert und stolpert wie ein Hasenherz und er braucht keinen Werwolf, der ihm rein reibt, dass er Angst hat. „Wir haben… Erica ist hier“, stammelt er. „Jemand ist hinter ihr her. Wir haben sie abgehängt, aber ich weiß nicht wie lange. Wir sind mitten im Wald und mein Auto ist im Eimer und … wieschnellkannstduhiersein?“ Denn das ist im Endeffekt die einzige Frage, auf die es ankommt. „Bist du verletzt? Stiles!" „Nein, ich…" „Wo seid ihr?" „Auf der Landstraße“, stammelt Stiles. „Mitten im Wald. Wir waren auf dem Weg zu Lydia." „Bleibt wo ihr seid!" befiehlt Derek scharf. „Verriegelt die Türen." „Verriegelt die Türen?" Stiles lacht wackelig. „Junge, sie hat mein Fenster zertrümmert, als ob es aus Zuckerwatte wäre. Ich glaube die Türen zu verriegeln wird uns auch nicht helfen.“ Sekundenlang ist es still am anderen Ende der Leitung. Er weiß, dass Derek weiß, dass eine Autotür einen Werwolf nicht aufhalten wird, und schon gar keinen Alpha. Sie sitzen wie Ratten in der Falle, in einem Käfig aus Luft und Papier. Sie können die Türen verriegeln und sie können die Daumen drücken und hoffen, und es wird alles nichts nützen, wenn Derek nicht rechtzeitig hier ist. Ein Motor springt an und Stiles kann beinah die Vibration des Camaro spüren, als das mächtige schwarze Auto einen Satz nach vorne macht. Es ist ein vertrautes, beinah tröstliches Geräusch. „Ich bin sofort da." Er klingt wie ein Versprechen. Stiles hofft wirklich, dass es eins ist. Es möchte gerne noch seinen High School Abschluss erleben. Und vielleicht sogar seinen Uni-Abschluss wenn das nicht zu viel verlangt ist. Er lässt das Telefon sinken. „Hast du noch Pfefferspray?" fragt er Lydia. Sie schüttelt die kleine schwarze Sprühflasche und schüttelt den Kopf. „Nicht mehr genug. Das reicht nicht mal mehr für den Sommerschlussverkauf." Er wirft ihr einen Seitenblick zu. „Manchmal machst du mir Angst, Lyds. So viel Angst." - Sie haben sich auf den Rücksitz zurückgezogen. Nicht weil es irgendwie sicherer wäre, aber auf dem Beifahrersitz ist überall Glas, und Stiles konnte Erica nicht so alleine dahinten liegen lassen. Nicht wenn sie so derangiert und mitgenommen aussieht und schreckliche Flashbacks in ihm auslöst über diese Nacht, die er in Dereks schrecklichem Güterbahnhof verbracht hat, mit ihrem zuckenden Körper in seinen Armen. Er kniet auf dem blutbeschmierten Polster, Ericas Kopf auf seinem Schoß, als das Geräusch eines sich nähernden Autos lauter wird. „Wer ist das?" haucht Lydia. „Ist das Derek?" Sie kniet Rücken an Rücken hinter ihm, die Dose mit Pfefferspray abwehrbereit in der Hand. Auch ohne ein Werwolf zu sein, kann Stiles praktisch ihr Herz spüren, das wild gegen seine Rippen hämmert. „Ja." Er nimmt seine Hand von Ericas Stirn. Ihre Wimpern flattern und sie gibt ein leises unwilliges Geräusch von sich. „Ist okay", flüstert er leise. „Es ist alles okay." Sie hat schwarze Ränder aus zerlaufener Wimperntusche unter den Augen, die sie hohl und ausgezehrt aussehen lassen, und sie hat sich in seinem Schoß vergraben wie ein verängstigtes Kind. Da ist so viel Blut, dass ihm ganz übel wird, und ihre beschleunigten Superheilungskräfte tun einen Scheiß für sie im Moment. Metall knirscht als jemand ruckartig die Tür zu seinem Rücksitz aufreißt. Erica wimmert und Stiles verdreht die Augen. Er hätte Derek vielleicht sagen sollen, dass seine überdramatisierten Auftritte hier und jetzt nicht passend sind. „Bitte traumatisier deine Betas nicht mehr als nötig. Sie hat schon genug…“ Eine Hand schießt nach vorne über Erica hinweg und vergräbt sich in Stiles T-Shirt. Überrascht blinzelt er. „Hey, was…? Nicht erwürgen, ja? Was hab ich dir getan?" „Stiles!" „Was zum Teufel, man?" Sekundenlang flackern Dereks Augen über sein Gesicht, als versucht er sich davon zu überzeugen, dass Stiles in einem Stück geblieben ist. Dann vergraben sich seine Finger fester in dem dünnen Stoff. „Du trägst meine Jacke!" „…ernsthaft?" faucht Stiles. Sein Herz gibt einen schmerzhaften Ruck von sich. „Darum geht es gerade? Ich hab deine Jacke…? Du… du kannst deine blöde Jacke gleich wieder haben!“ „Du hättest sie niemals nehmen dürfen!“ „Du hast mich nicht davon abgehalten!“ „Das ist nicht…! Ich war…“ Derek stockt und fährt mit einem Knurren die Zähne aus, als wäre das ein adäquater Ersatz für einen vollständigen Satz. „Könnten wir das irgendwann anders klären?“ faucht Lydia von hinten. Stiles nickt nachdrücklich, ohne den Blick von Dereks Gesicht abzuwenden. „Lass mich los! Meine Nacht war komplett beschissen, und ich bin echt nicht in Stimmung, und ich hab nichts getan!“ Derek grollt, als ob er dieser Aussage schon aus Prinzip nicht zustimmt, aber Erica unterbricht ihren Moment. „Derek…“ Sie hustet. Es klingt feucht und schmerzhaft, als ob mindestens eine ihrer Rippen hinüber ist. Stiles legt eine beruhigende Hand auf ihre Schulter. „Wir haben keine Zeit dafür! Sie braucht Hilfe!“ zischt er. Derek fährt die Krallen ein und lässt seine Hand sinken. Er nickt. Sein Kehlkopf bewegt sich, als er schluckt. Sekundenlang sieht er sehr jung aus, jung und überfordert, wie damals im Güterbahnhof, als Erica nicht mehr aufgehört hat zu krampfen. Langsam atmet er aus. „Deaton“, sagt er knapp und wenigstens das klingt nach einer sinnvollen Entscheidung. Er greift nach Erica und hebt sie hoch als ob sie weniger wiegt als eine Wattekugel. Ihr Kopf fällt leblos gegen seine Brust und ihre Haare ergießen sich wie ein heller Wasserfall über seine Schulter. Stiles kann gar nicht hinsehen. „Aussteigen", befiehlt Derek. „Wir nehmen meinen Wagen." Stiles stolpert so hastig aus dem Auto, dass er beinah kopfüber auf den Asphalt purzelt. „Was? Augenblick mal! Was ist mit dem Jeep?" Derek wirft ihm über die Schulter einen Blick zu. „Es gibt gerade nichts was ich für dein Auto tun kann. Außer ihm einen Gnadenschuss zu verpassen.“ Stiles schnappt nach Luft. „Jetzt hör mal zu, du …!" „Stiles!" zischt Lydia und packt seinen Arm. „Prioritäten!" Sie zerrt ihn mit sich und er lässt es geschehen, weil er sich nicht gegen sie wehren will. Nicht jetzt. Nicht wenn sie übersät ist mit winzigen blutenden Kratzern und ihre Fingernägel halbmondförmige Abdrücke auf seinem Arm hinterlassen, weil sie sich so fest an ihn klammert, damit er nicht merkt wie sie stolpert. Er wirft einen letzten traurigen Blick zurück auf die Trümmer seines Jeeps. Er steht ein bisschen abseits der Fahrbahn auf dem Seitenstreifen und sieht sehr verloren aus. Vielleicht kann Stiles bis morgen einen Abschleppwagen organisieren. Und sich überlegen, ob er sich diesmal wirklich prostituieren muss, um das Geld für die Reparatur zusammenzukratzen. Falls eine Reparatur überhaupt noch irgendwas retten kann. Der Gedanke versetzt ihm einen Stich. Erst als er auf Dereks edle Polstersitze sinkt, merkt er, dass er immer noch die verdammte Lederjacke anhat. Nachwort: Surprise!Erica! Nein, seriously ich ignoriere das komplette Erica-canon von Staffel 3 weil NO WAY. Dafür musste ich Boyd opfern, was mir wahnsinnig leid tut, aber einer musste dran glauben. óò Sorry Boyd! Sonstiges: Ich finde einige der Werwolf-Fähigkeiten und Pack-Dynamiken werden in der Serie selbst zu wenig exploriert, was ich schade finde. Deswegen werde ich das hier ganz viel tun (Überraschung, das ist auch der Grund für den Titel dieser FF XD). Zu diesem Kapitel: In 2x05 erwähnt Erica bei Scott, dass sie Allison "überall an ihm" riechen kann. Also sind Werwölfe offenbar in der Lage a.) Menschen am Geruch zu erkennen und zu unterscheiden und b.) diese Gerüche auch auf Gegenständen oder anderen Menschen wahrzunehmen. Ich nehme jetzt mal an, dass diese Fähigkeiten bei einem Alpha oder einem geborenen Werwolf stärker ausgeprägt sind als bei einem Beta oder einem frisch gebissenen Wolf. Außerdem nehme ich mal an, (weil das evolutionär sinnvoll wäre), dass Betas darauf getrimmt sind ihren Alpha über große Entfernungen zu riechen und generell dass Packmitglieder sich gegenseitig schneller zuordnen können als Außenstehende. (Das ist übrigens bei echten Wölfen und generell bei allen Herdentieren auch so. Wenn sich also eure Katze oder euer Hund an euch reibt, dann verteilt er/sie seinen Geruch auf euch um euch als Mitglied seines Rudels zu kennzeichnen. True facts.) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)