Painful Sunlights von Lina_Kudo (Schmerzhafte Sonnenstrahlen (Shinichi&Ran)) ================================================================================ Kapitel 3: Hoffnung ------------------- Kapitel 3: HOPE Hoffnung Nasse Regentropfen prasseln unaufhaltsam auf mich herab. Heute regnet es schon den ganzen Tag. Ausgerechnet heute kommt der Regen. Dabei ist heute eigentlich ein schöner Tag. Ironischerweise. Denn ich habe mich dazu entschlossen, an dem heutigen Tag meinem tristen Dasein ein Ende zu setzen. Ich blicke meinem Ende positiv entgegen. Denn im Tod besteht eine Möglichkeit, die ich im Leben niemals finden werde: Die Möglichkeit, wieder an deiner Seite sein zu dürfen. Zwar wirst du sicherlich nicht erfreut sein, du als Moralapostel. Doch das nehme ich in Kauf. Ich nehme absolut alles in Kauf, um dich wiedersehen zu können. Inzwischen bin ich komplett durchnässt, doch das bekomme ich nicht mit. Ich sehe nur den großen Grabstein aus Marmor vor mir. Shinichi Kudo * 04.05.1988 + 26.04.2007 Zwei Wochen sind nun seit deiner Beerdigung vergangen. Seitdem bin ich jeden Tag für einige Stunden vor deinem Grab gesessen. Ich habe alles vorbereitet. Habe mich so gut es geht von meiner Familie und meinen Freunden verabschiedet, ohne dass sie etwas von meinem Vorhaben bemerken. Natürlich schmerzt es, zu wissen, dass ich nun alle hinter mir lasse und ihnen so ein Leid zufüge. Aber sie werden damit zurechtkommen. Irgendwann werden sie die Trauer hinter sich lassen können. Irgendwann werden sie über mich hinwegkommen. Anders als ich. Ich werde dich niemals hinter mir lassen können. Ich sehe keinen anderen Weg. Es geht einfach nicht anders. Das allzu bekannte Brennen in den Augen lässt mich blinzeln. Vereinzelte Tränen verlassen meine Augen, die jedoch sofort von dem Regen weggespült werden. Was für ein befreiendes Gefühl. Mit zitternden Händen umklammere ich die kleine Dose mit den Schlaftabletten, die sich in meiner Manteltasche befindet. Ich werde bei dir sein. Neben dir einschlafen. Für immer. Plötzlich umschlingen mich zwei Arme von hinten. Schockiert reiße ich die Augen auf. Mit einem Schlag durchströmt mich die Wärme. Die Wärme, die ich vergessen geglaubt habe. Die Wärme, die ich für immer verloren geglaubt habe. Mit einem Mal ist sie wieder da. Und dann … »Ran, was machst du nur für Sachen! Lass uns sofort nach Hause gehen; du holst dir sonst noch den Tod!« Das kann nicht sein. Wie ist das möglich? Du liegst gerade friedlich in einem Sarg, direkt unter dem Grabstein vor mir. Mausetot. Du kannst das nicht sein. Das kann nicht deine Stimme sein. Aber warum … Warum merke ich dann das erste Mal seit deiner Todesmeldung, dass mein Herz wieder anfängt zu schlagen? Sanft, aber dennoch bestimmt packen mich die Hände an den Schultern und drehen mich nach hinten. Ich sehe direkt in ein tiefes Saphirblau. Deine Augen. Diese Augen würde ich immer und überall wiedererkennen. Ohne Zweifel. Wie gelähmt bin ich nur noch dazu fähig, dich ungläubig und stumm anzustarren. Du bist von oben bis unten durchnässt; deine dunkelbraunen Haare kleben dir an der Stirn. Es scheint dir jedoch egal zu sein. Deine Augen verraten Sorge, Verzweiflung und auch Hoffnung. Deutlich spüre ich, wie allein dieser Anblick mir in Sekundenbruchteilen meine Seele wieder einhaucht. Durch dieses Bild sauge ich Stück für Stück immer mehr Leben in mich hinein. Schlagartig beginnt mein Verstand zu arbeiten. Wie kann das sein? Wie kannst du nur so lebendig vor mir stehen? »Es musste sein. Es war der einzige Weg, diesen ominösen Fall zu Ende zu bringen. Durch meinen inszenierten Tod hat sich die Organisation sicher gefühlt und wurde nachlässig. Und das war meine Chance gewesen, um erfolgreich zuzuschlagen. Der Fall ist nun endgültig gelöst.« Deine Stimme klingt ruhig und sachlich, während du mir davon berichtest. So wie immer. »Es tut mir sehr leid, dass ich dir und allen anderen wieder solches Leid zufügen musste. Es war niemand eingeweiht. Ich musste es alleine schaffen. Sonst wärt ihr alle auch auf die Schusslinie dieser Gestalten gelandet, und vor allem bei dir konnte ich das nicht zulassen. Außerdem sind auch sie anwesend gewesen auf dieser Beerdigung. Hätte irgendjemand gewusst, dass es nur eine Scheinbeerdigung war, hätten sie das sofort gemerkt. Es tut mir so leid … Verzeih mir bitte. Es wird das letzte Mal gewesen sein, dass du so derart wegen mir leiden musstest.« Sanft legst du deine Hand auf meinen Kopf und drückst mich an deine starke Brust. Geborgenheit ergreift mich; nimmt mich mit. Ein unbeschreibliches Gefühl durchströmt mich. Ich spüre förmlich, wie alles in mir zu neuem Leben erwacht. Doch trotzdem kann ich es nicht so richtig erfassen. Ist das wirklich real? Passiert das wirklich oder bin ich inzwischen schon wahnsinnig geworden? Was ist, wenn ich mir das alles nur einbilde? Vielleicht habe ich ja tatsächlich meinen Verstand verloren? Das wäre auf jeden Fall naheliegender als die Geschichte, die du mir gerade erzählt hast. Sofort kralle ich mich panisch an dich fest. »Sag mir bitte, dass das kein Traum ist!« Was ist, wenn ich jetzt wirklich aufwache und erkennen muss, dass es sich nur um einen Traum gehandelt hat? Wenn dem so ist, dann bin ich mir sicher: Selbst der Tod wird mich nicht von all meinen Qualen erlösen können. Die seelischen Wunden, wenn ich denn überhaupt noch eine Seele habe, werden zu tief sein. Diese Wunden werde ich mit ins Grab nehmen. Diese düstere Vorstellung trifft mich so hart, dass ich abermals in Tränen ausbreche. Ich merke, wie ich wild geschüttelt werde und öffne mit größter Mühe meine Augen. Sehe in dein wunderschönes Gesicht, das mich mit tiefer Verzweiflung anstarrt. »Es ist kein Traum. Ich bin hier. Ich bin hier und gehe auch nie wieder weg!« Es ist viel zu schön, um wahr zu sein. Meine Stimme ist so leise und heiser, dass ich sie selbst kaum verstehen kann. »Bitte lüg mich nicht wieder an. Ich stehe das nicht mehr durch. Nicht einmal mehr im Tod.« Tief getroffen starrst du mich an. Selten hast du so einen Gesichtsausdruck. Normalerweise bist du immer gefasst und nie überrascht. Aber nun steht dir die unerwartete Betroffenheit wie ins Gesicht geschrieben. Es gefällt mir nicht. Dich so traurig und schockiert zu sehen. Bitte lächle doch wieder. Für mich … »Es ist kein Traum. Ich habe dir versprochen, zurückzukommen und dich zurückzuerobern: Hier bin ich. Es tut mir so leid, dass ich dir immer wieder solches Leid zufügen musste. Aber ich bin da. Und ich werde den Rest meines Lebens alles versuchen, um meine Fehler wiedergutzumachen. Bitte gib mir die Chance, dich bis ans Ende unserer Tage glücklich zu machen.« Ich sehe dich an. Der Glanz in meinen Augen ist mittlerweile vollständig zurückgekehrt. Ich sehe plötzlich wieder klar und deutlich. Der Nebel, der die letzten Wochen ständig um mich herum war, ist wie weggeblasen. Ich bringe vor Erstaunen nur zwei Wörter heraus. »K– Kein Traum?« Du lächelst mich an mit deinem wärmsten Lächeln. Ein offenes, liebevolles Lächeln, das deine Augen erreicht. Ich liebe dieses Lächeln. »Kein Traum.« Überwältigt von meinen Gefühlen falle ich dir in die Arme. In mir herrschen gerade Explosionen von Gefühlen. Erleichterung, Glück und Liebe. Ich fühle mich gerade so glücklich, dass ich sofort sterben könnte vor Glück. Du legst schützend sofort deine Arme fest um mich. Was für ein wunderbares Gefühl … Das schönste Gefühl, das es für mich gibt. »Tu das nie wieder. Nie wieder, hast du gehört? Und lass mich nie wieder alleine!« Du siehst mich wieder mit zärtlichen Augen an. Legst vorsichtig deine Finger auf meine Lippen. »Ich bleibe bei dir. Diesmal für immer.« Wenige Augenblicke später spüre ich den süßen Geschmack deiner Lippen auf meinen. Endlich … Manchmal meint es das Leben doch gut mit einem. Vor allem, wenn man es verdient hat. Auch, wenn es viele harte Schicksalsschläge austeilt, sollte man niemals die Hoffnung aufgeben. Irgendwann wird man dafür entschädigt, dass man so viel Leid ertragen musste. Das Glück kommt irgendwann – man muss nur die Geduld aufbringen können, so lange zu warten. Doch es wird sich lohnen. Und man sollte, zu verzeihen. Das Leben ist viel zu wertvoll und kurz, um nachtragend zu sein. Irgendwann wird es zu spät sein, um jemanden zu verzeihen. Alles, was einem dann noch übrig bleibst, ist ewige Reue. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)