Gipfelstürmer von Puppenprinzessin ================================================================================ Kapitel 10: Tobis Geschichte ---------------------------- Der restliche Abend verlief ruhig, ebenso wie der kommende Morgen. Jedes der Mitglieder der Gruppe schien tief in Gedanken versunken über jene Konflikte und Probleme, über die sie sich alle wohl eher weniger unterhalten wollten. Dass sie sich bald auf den Weg machen würden, ihrem ehemaligen Gruppenmitglied Tribut zu zollen, lenkte sie alle weit genug ab, um ihre Gedanken auf weniger persönliche Dinge zu fokussieren. Schweigend saßen sie, bis auf Hidan vollzählig, am Frühstückstisch und gaben ein bizarres Gegenstück zum vorangegangenen Tag ab. Niemand scherzte herum, niemand zog jemand anderen auf und geflirtet wurde erst recht nicht – selbst Konan und Yahiko schwiegen sich an und untermauerten auf diesem Wege, wie trostlos ihr Morgen zu sein schien. Die Gedanken der Blauhaarigen drehten sich bereits um die kommende Exkursion; genügend Vorräte hatte sie bereits früher am Morgen gepackt und zusammen mit der Anweisung, alle anderen sollten sich möglichst aufbruchsbereit zum Frühstück einfinden, glaubte sie daran, eine solide Grundlage für ihr Vorhaben geschaffen zu haben. Wie gut sich ihr aktueller Plan umsetzen lassen würde, würde sie wohl nur durch ein Erproben desselbigen herausfinden. Abgesehen davon… gab es bereits jetzt gewisse Komplikationen. „Ich habe unsere Tour mit den Diensthabenden in der Talstation abgesprochen“, begann sie und brach mit ihren Worten die Stille. „In den letzten fünf Jahren sind einige Veränderungen auf der Piste vollzogen worden und die Route, die wir damals genommen haben, ist nun komplett unpässlich geworden. Eigentlich… gibt es gar keine wirkliche Route mehr, die bis hinunter ins Tal führt und für den Skiverkehr frei zugänglich ist.“ All das stellte sie nun vor ein gravierendes Problem: Ihr Ziel lag ohnehin etwas abseits der damaligen Route, nur würden sie besagte Stelle noch unwahrscheinlicher wiederfinden, wenn sie nicht einmal auf dem ihnen bekannten Weg möglichst nahe herankamen. Dieser Umstand schien auch einigen am Tisch aufzufallen, sodass ihre Mienen unausgesprochene Fragen ausdrückten. Noch immer wurde kein Wort gesprochen, was Konan mit einem Seufzen quittierte. „Man hat uns nach ausgiebiger Absprache eine Route empfohlen, die nur begrenzt befahrbar ist, aber auf möglichst sicherem Wege ins Tal führt. Wir werden ein Stückchen wandern müssen – so oder so, wenn wir die Spalte erreichen wollen – und dann zum befahrbare Ende der alten Piste gelangen. So kommen wir ins Tal und können uns wieder hochfahren lassen.“ Der ganze Trip würde sicherlich mehrere Stunden in Anspruch nehmen, sodass sie nur hoffen konnte, genug Proviant eingepackt zu haben. Die Umstände ihrer Tour waren bereits anfangs nicht sonderlich schön gewesen, nur erschwerten sie sich noch zusätzlich durch die Tatsache, dass sie keinen freien Weg mehr hatten, den sie nutzen konnten. Grübelnd nahm sie einen Schluck Kaffee und sah in die Runde. Eine Sache wäre da noch – und achja, sie hatte noch immer keine Reaktion bekommen. „Wir würden das Ganze auf eigene Gefahr durchziehen – und so ungefährlich wird es nicht. Wenn also jemand aussteigen will…“ Kopfschütteln. Am gesamten Tisch. Wieder seufzte sie, diesmal ein wenig erleichtert. Endlich hatte sie es geschafft, den Jungs etwas abzuringen, das darauf hindeutete, dass sie ihr zugehört hatten. Von den fragenden Gesichtern zuvor einmal abgesehen. „Gut“, befand sie. „Na dann los.“   Wenig später fanden sie sich vor der Haupthütte ein, jeder mit einem Rucksack auf dem Rücken und bereit, sich auf Ski oder Snowboard zu stellen. Yahiko würde ihren kleinen Trupp anführen, gefolgt von seiner Freundin und den anderen; es war geplant, sich in mäßigem Tempo voran zu bewegen, damit sie die Gefahr ausschlossen, dass einer von ihnen allein auf einen falschen Weg geriet und vielleicht verletzt wurde. Zwar machte all das den Eindruck einer Grundschulexpedition, bei der die Kinder in Zweierreihen und an den Händen nebeneinander her gehen mussten, doch angesichts der Geschehnisse der Vergangenheit war keiner von ihnen bereit, ein Risiko einzugehen. Sie wussten, wie heimtückisch dieser Berg sein konnte. „Wie geht es deinem Auge?“ Sasoris Stimme riss den Blonden aus seinen Gedanken. Er hatte abgelenkt die Musterungen auf der Oberseite seines Snowboards betrachtet und war abgeschweift. Nun hob sich sein Blick, wobei er hoffte, dass sich nichts von der Verwunderung zeigte, die er empfand. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Rotschopf ihn ansprechen würde. Heute… morgen… oder irgendwann. „Geht schon, hm“, gab er gemurmelt zurück und sah auf den Boden. Er fühlte sich unwohl und durch den gesenkten Blick bemerkte er das Hochziehen einer roten Augenbraue nicht. Das Seufzen allerdings nahm er wahr und sah doch etwas widerwillig auf. In den braunen Augen seines Gegenübers war etwas zu sehen, das ihn gewissermaßen an Sorge erinnerte – bis auf die Tatsache, dass er sich fast schon sicher war, dass sein bester Freund (oder was auch immer sie nun waren) so selten wirkliche Sorge zeigte, dass er fürchten musste, sie sich einzubilden. Und wieso sollte er sie nun zur Schau tragen? Deidara hatte noch immer den Eindruck, dass er sauer auf ihn war. Grund genug zu dieser Annahme hatte der mit wenigen Worten verbrachte Abend gegeben und der ebenso wortkarge Morgen. „Deine Wange ist noch nicht ganz abgeschwollen“, wurde nüchtern festgestellt. „Bind dir dein Haar zurück, dann siehst du wenigstens etwas.“ Für einen Moment hielt er den Blickkontakt aufrecht, wusste, dass Sasori Recht hatte und gab schließlich nach, auch wenn es sich ihm nicht wirklich erschloss, wieso er nun zu beschlossen haben schien, mit ihm zu reden und sich auch noch auf diese Weise um ihn zu kümmern. Sicher, er wäre blöd, würde er riskieren, aus der Spur zu geraten, aber… Mit einem leichten Kopfschütteln verscheuchte er den Gedanken, lehnte sein Board an seine Hüfte und löste schließlich sein Deckhaar aus dem inzwischen charakteristischen Zopf, um auch seinen Pony mit einzufassen. Auf diese Weise hatte er wie schon am Vortag beide Augen frei. Der Rotschopf hatte die Handlungen des anderen Künstlers mit einer für ihn untypischen offensichtlichen Aufmerksamkeit verfolgt und ließ nun ein kurzes Nicken sehen, das ihm zeigen würde, dass er seine Entscheidung gut hieß. Kurz darauf trat er in die Bindungen seiner Ski und wartete darauf, dass alle sechs zum Aufbruch bereit waren.   Bereits zwanzig Minuten waren sie nun unterwegs. Da sie sich tatsächlich in Reih und Glied fortbewegten und auf jeden Acht gaben, um nicht doch noch den ungeahnten Gefahren der eigentlich nicht befahrbaren Route zu erliegen. Die ihnen zur Verfügung stehende Piste auf dem Berg hatten sie hinter sich gelassen und wagten sich nun in unbefestigtes Gebiet vor. Yahiko fuhr wie geplant vor; hinter ihm folgten Konan, Itachi, Sasori, Deidara und Kakuzu – letzterer in genug Abstand, um sicherzugehen, dass Deidara tatsächlich blieb, wo er war. Der Blonde war der Einzige von ihnen, der auf einem Board unterwegs war, und nach dem Sturz am Vortag hatte er beschlossen, ein Auge auf ihn zu haben. Dass er dabei auch hin und wieder einen Blick zurück den Berg hinauf warf, wunderte zumindest ihn selbst nicht mehr. Noch immer hoffte er, dass Hidan vielleicht seine Meinung ändern und sie doch noch begleiten würde… aber auch nach besagten zwanzig Minuten war noch immer nicht von ihm zu sehen, sodass er jene Hoffnung niedertrat und begrub. Weitere fünf Minuten bewegten sie sich weiter den Berg hinab, ehe Yahiko ihnen ein Zeichen zum Anhalten gab. In einiger Entfernung waren mehrere Bäume umgestürzt und machten damit ein Weiterkommen unmöglich. Hier war die Piste, die sie von vor fünf Jahren kannten, nicht mehr befahrbar und sie mussten sich einen anderen Weg suchen. Konan nahm einmal mehr die Organisation an sich, welche nun scheinbar die Karte in ihren Händen erforderte. „Weiter kommen wir hier nicht. Die Bäume im Umkreis wachsen angeblich auch zu dicht, um weiter auf den Brettern zu bleiben, was bedeutet, dass wir abschnallen und eine Runde wandern werden.“ Glücklich war sie über diese Feststellung nicht, da eine Skiausrüstung ebenso leicht war, wie es angenehm war, weitere Strecken in Skistiefeln zurück zu legen. „Weiter unten müssten wir auf die Stelle treffen, an der sie die Piste verlassen haben.“ Die letzten Worte waren es, die sie alle erneut an ihr Ziel erinnern und wohl auch eine gewisse damit verbundene Motivation am Leben erhielten. Ohne diesen Ausflug erfolgreich zu erledigen schien ihr Hiersein von der Vergangenheit überschattet. Sie konnte nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung und nie etwas gewesen, dass vor all den Jahren große Angst und Verstörtheit in ihnen ausgelöst hatte. Die Gruppe verhielt sich wie geheißen und schulterte bald schon ihr Sportgerät, um die Wanderung anzugehen, die vor ihnen lag. „Wir sollten so dicht es geht beieinander bleiben“, war es nun Yahiko, der sie ermahnte. Auf seinem Gesicht war ebenso der Anflug von Sorge zu lesen, wie zuvor auf Sasoris – unterschwellig und eigentlich nicht für die Augen der anderen gedacht. Sie machten sie auf den Weg. Konan bemühte sich, sie auf dem möglichst sichersten Weg an ihr Ziel zu führen, was aufgrund der Umweltbedingungen einige kleinere Umwege zur Folge hatte. Den ersten Teil des Marsches verbrachten sie schweigend, wurde die Stille nur von einem gelegentlichen Ächzen und den Geräuschen von Stoff unterbrochen, wenn Ski die Schulter wechselten, auf der sie getragen wurden. Zumindest bis einer von ihnen ansprach, was sie alle insgeheim beschäftigte. „Sagt mal… Wie genau ist das damals eigentlich passiert? Ich hab einen zu viel getrunken, die Erinnerung ist ziemlich verschwommen.“ Kakuzus Stimme hallte vom Ende der Gruppe durch die Bäume bis zu Yahiko und Konan, welche nur kurz einen Blick wechselten. Sie alle hatten es lange vermieden, die Sache beim Namen zu nennen und nun, da sie sich ernsthaft – und verbal – mit dem Thema zu beschäftigen gedachten, wurde die Stimmung noch ein wenig gedrückter als sie ohnehin bereits war. „Es gibt nicht viel zu erzählen“, war es Sasori, der antwortete. Vielleicht war er mit den Grübeleien über seine eigenen inneren Missstände so wenig weitergekommen, dass er lieber freiwillig das Wort ergriff und seine Aufmerksamkeit somit auf etwas anderes lenkte. „Es war zu viel Alkohol im Spiel und niemand hat eine Wette als das entlarvt, was sie war: Unglaublich dumm.“ Das fasste es wohl ziemlich gut zusammen, was zumindest Itachi ein zustimmendes Raunen abrang. Sie waren so dumm gewesen, dass sie auch auf keinen Rat mehr gehört hatten… ebenso wenig wie auf gutes Zureden. Hinter ihm schnaubte der Ältere jedoch. „Sowas in der Art dachte ich mir. Details?“ Ein Seufzen seitens des Rothaarigen folgte. Er war keine Quasseltasche… und dennoch begann er zu erzählen was er wusste.   „Wisst ihr… Wir sind schon eine echt krass coole Bande.“ Hidan hob soeben sein Glas zu einem erneuten Gruße und ignorierte dabei das Augenrollen einiger Anwesender, denen seine Beurteilung nicht ganz so zusagte, wie es ihm recht gewesen wäre. Mit jedem Pinnchen Alkohol schien es ihn ohnehin weniger zu kümmern, was die Anderen sagten – sie hatten ja eh keine Ahnung! Und wenn er sagte, sie waren toll, dann waren sie das. „Tobi findet, Hidan hat Recht! Tobi fühlt sich wohl in der Gruppe!“ Die etwas gequietschten Worte fanden wiederum keinen Anklang bei dem Silberhaarigen, der Tobi nun seinerseits mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte. Er hatte noch nie wirklich verstanden, weshalb sich die Nervensäge überhaupt bei ihnen aufhielt – oder besser: Wer ihm die Erlaubnis dazu gegeben hatte. In Hidans Augen hatten sie alle irgendwas, das sie dazu berechtigte, vor Ort zu sein… außer diesem Spinner, der sich noch viel kindischer gab, als er selbst. Kein Wunder also, dass sich sein musternder Blick bald zu einem weniger amüsierten wandelte. „Schön für dich. Ich weiß bis heute nicht, was du eigentlich hier machst.“ „Hidan!“ Es war Konan, die ihn maßregelte und ihn mit einem vorwurfsvollen Zusammenziehen ihrer Lider bedachte. Sie waren so etwas wie eine Familie, da hatte sich der Kerl gefälligst zu benehmen. Dass er das anders sah, wurde durch die abwinkende Handbewegung klar. Der Silberhaarige hatte offenbar genug Alkohol intus, um seinen Gedanken weiter zu verfolgen und die daraus resultierenden Möglichkeiten ganz besonders toll zu finden. „Was denn? Im Ernst mal. Was macht der Kerl hier? Mehr als rumsitzen und quietschen kann der doch nicht!“ „Ist nicht so, als säßest du hier wegen deines überragenden Intellekts“, wandte Kakuzu ein, wurde aber ignoriert. Seit ihrer Fragerunde hatte er wohl sehr schlechte Karten bei seinem Freund. Kollektives Augenrollen folgte dagegen auf Hidans Worte und es dauerte tatsächlich nicht so lang, bis Tobi einen recht beleidigten Gesichtsausdruck zur Schau trug. „Hidan ist gemein zu Tobi“, stellte er fest. „Das mag Tobi nicht.“ Besagter Silberhaarige schnaubte und wandte sich ihm dann frontal zu. „Juckt mich nicht.“ „Was kann Tobi tun, damit Hidan ihn akzeptiert?“ Gleich mehrere der Anwesenden rochen Lunte und kratzten nun noch ein wenig mehr ihrer alkoholisierten Aufmerksamkeitsspanne zusammen, um eventuell zu verhindern, was gleich kommen würde. Hidan quasi einen Freifahrtschein für Dummheiten auszustellen, war keine gute Idee. Niemals. Selbiger zuckte erstmal mit den Schultern. „Übersteigt meine Vorstellungskraft. Glaube nicht, dass es etwas gibt, das hilft.“ Nun schmollte der Schwarzhaarige und sah aus, als würde er ernsthaft darüber nachdenken, was er Hidan noch anbieten konnte. Die Anderen hatten sich kurzzeitig entspannt; wenn selbst ihr Kraftausdruckfanatiker nicht mit einer Idee um die Ecke kam, wähnten sie sich vorläufig vpr etwaigen Dummheiten in Sicherheit. Zumindest, bis Tobi den Mund wieder aufmachte. Scheinbar war es ihm ein Bedürfnis, sich zu beweisen. „Hidan war so stolz darauf, wie schnell er snowboardet! Hidan könnte mit Tobi um die Wette fahren und wenn Tobi eher ankommt, muss Hidan ihn akzeptieren.“ Damit hatte der Schwarzhaarige erneut die Aufmerksamkeit der Runde und erntete auch einige schockierte Mienen. „Das ist keine Gute Idee“, fand Sasori. „Doch, das ist perfekt!“ Auf diese Weise konnte er die kleine Nervensäge endlich loswerden… und er hatte Recht, wenn er sagte, dass er schnell fuhr. Hidan betrachtete sich als Naturtalent auf dem Board. „Jetzt?“ „Jetzt!“ Tobi nickte zufrieden, auch wenn ihm bei genauerem Hinsehen anzusehen war, dass es ihm nicht so ganz wohl ging bei dem Gedanken, nun im Dunkeln und durchaus alkoholisiert einen Berg hinunter zu fahren… Er würde sich mit jemandem messen, der einige Jahre mehr Erfahrung hatte als er und dem es auch sicherlich nicht an Risikobereitschaft fehlte. Dennoch: Das war seine Chance! Es störte den Schwarzhaarigen schon länger, dass er besonders von Hidan nicht für voll genommen wurde. Er hatte in ihrer Gruppe ein neues  Zuhause gefunden und dass er von einigen nicht gewollt oder gar gemocht wurde, war ihm schon länger klar. Allerdings hatten sie ihn in die Planung für diesen Trip miteinbezogen und ihm somit gezeigt, dass er nicht gänzlich Luft war. Nun wollte er sich auch noch vom Letzten die Bestätigung erarbeiten, dass er existierte und tatsächlich irgendwie hierher gehörte. Fast zeitgleich mit dem Silberhaarigen stand er auf und sah sich nach seiner Jacke um. „Jungs, das ist eine verdammt blöde Idee! Wenn ihr das unbedingt durchziehen wollt, macht es morgen!“ Konans Augen hatten sich geweitet und man konnte ihr ansehen, dass sie nicht begeistert war – ebenso wenig wie der Rest  von ihnen. Verspätet glitt ihr Blick zu Kakuzu, von dem sie sich zumindest ansatzweise Hilfe erhoffte. Selbiger hing hinter einem Glas Burbon und betrachtete seinen Freund mit kritisch verzogener Miene. „Ich flick dich nicht zusammen, wenn du dich verletzt.“ Der Kiefer der Blauhaarigen drohte, herunter zu klappen. Das war alles?! Sie wusste, dass sie sich durchsetzen konnte, wenn sie musste, aber… Eigentlich war das der Job ihres Freundes und eigentlich war es an ihm, solche Dummheiten zu verhindern. Abgesehen davon schien es niemand anderen zu kümmern, was sie im Begriff waren, zu tun. Hidan schnaubte auf dem Kommentar des Älteren und schoss ihm einen giftigen Blick zu. „Musst du dich eh bald nicht mehr drum kümmern, wenn du wegziehst.“ Ganz offensichtlich hatte er die Offenbarung des ersten Abends noch nicht ganz verkraftet. „Konan hat Recht. Das ist wirklich eine schlechte Idee.“ Der giftige lila Blick wandte sich Itachi zu, welcher nun das Wort ergriffen hatte. Es war selten, dass er sich in irgendetwas einmischte, meist saß er nur ruhig dabei und gab sich unergründlich, was seine Gedanken anging. Ähnlich ging es eigentlich auch Sasori; selbiger kam nur nicht sehr weit, da Deidara an ihn gelehnt und irgendwann innerhalb der letzten halben Stunde durch das Kraulen in seinem Nacken eingeschlafen war. Der Rotschopf hatte noch weniger das Bedürfnis, sich einzumischen, als der Uchiha. „Ihr seid alle echte Pussies, echt mal. Wenn ihr so weiter rumheult, hat sich dieser Kasper meinen Respekt nur durch seine Eier verdient.“ Wirklich. Vielleicht war seine krass coole Bande auch wirklich einfach nur ein Haufen Schlappschwänze. Er zog sich soeben seine Jacke über und schritt zur Tür, als er von der Freundin ihres Leaders am Arm zurückgehalten wurde. „Tu das nicht, Hidan. Es ist verflucht gefährlich und wir haben keine Möglichkeit, euch zu finden, solltet ihr von der Piste abkommen.“ Dringlichkeit lag in den Bernsteinaugen. „Wenn ihr unbedingt prüfen muss, wer die stärkeren Nerven hat, dann tut es morgen.“ Bereits jetzt hatte sie sich selbst geschworen, ihn in Stücke zu reißen, sollte ihnen wirklich etwas zustoßen. Grinsend schüttelte ihr Gegenüber den Kopf. „Wird schon schief gehen, Konan, mach dir nichts ins Hemd! Komm, Tobi!“ Damit war er aus der Tür.   „Hidan ist irgendwann wieder aufgetaucht – ohne Tobi. Er hat uns stolz erklärt, wie er eher am Fuß des Berges angekommen ist und dann direkt die erste Gondel hoch genommen hat. Wir haben gewartet…“ Sasori zuckte die Schultern, was den Druck seiner Ski für einen Moment sehr unangenehm werden ließ. „Ihr kennt den Rest.“ Der Schwarzhaarige war auch nach einer Stunde nicht aufgetaucht und mehrere Anrufe bei der Talstation hatten bestätigt, dass niemand mehr unten angekommen war. Sie wurden gescholten dafür, dass sie sich in ein solch gefährliches Unterfangen verwickelt hatten und wenig später wurde ein Suchtrupp losgeschickt. Sie fanden Spuren von Snowboards im relativ frischen Schnee ein Stück den Hang hinunter und schließlich auch die Stelle, an der sich zwei Fahrer scheinbar getrennt hatten. Die Spur, die nicht direkt in Richtung Tal lief, führte etwas tiefer zwischen die angrenzenden Bäume und endete schließlich an einem Hang, der beinahe senkrecht abfiel. Es stellte sich heraus, dass der Berg auf dem sie sich befanden mehrere Gebiete aufwies, die durch tiefe Spalten im Fels gekennzeichnet waren. In jeder Broschüre und an jedem Lift war ein Hinweis zu finden, sich nicht von den gekennzeichneten Sportstrecken wegzubewegen. Tobi war zum Verhängnis geworden, dass er eine jener Spalten nicht gesehen hatte und gestürzt war. Es war ein Schock für sie alle gewesen und tatsächlich hatte es wohl am meisten Hidan mitgenommen, welcher sich seine Emotionen möglichst nicht hatte anmerken lassen. Er war den Rest ihres Aufenthalts über sehr, sehr still für seine Verhältnisse. Dass er die Ereignisse noch immer nicht überwunden hatte – und sich vielleicht sogar selbst die Schuld für Tobis Tod gab – konnte man vermutlich gut an seinem aktuellen Verhalten ablesen. Dass Hidan jedoch nicht der Einzige war, der sich für die Vorkommnisse verantwortlich fühlte, zeigte der Umstand, dass sie nun alle gemeinsam auf dem Weg zu besagter Felsspalte waren, um ihm zu gedenken. Er mochte nie komplett akzeptiert worden sein, hatte sich bei ihnen aber doch wohl und zugehörig gefühlt – und sie alle hatten weder ihm noch dem Silberhaarigen ihre wahnwitzige Idee ausreden können, was dazu führte, dass sie sich alle ebenfalls schuldig fühlten. „Es ist nicht mehr weit“, verkündete Konan schließlich und sah ihre Worte bewahrheitet, als Yahiko wenig später durch zwei Bäume hindurch trat und den Blick freigab auf etwas, das scheinbar eine Lichtung war. Mit dem Unterschied, dass sich in ihrer Mitte ein mehrere Meter breite und sicherlich duzende Meter lange Spalte auftat. Die Bäume wuchsen nicht direkt bis an den Felsrand, sodass ihnen etwas Platz blieb, ihre Ausrüstung abzulegen und sich in sicherer Entfernung zum Abgrund zu postieren. Einige Herzschläge lang sahen sie sich nur wortlos jenen Abgrund an, ehe sich die Blauhaarige schließlich aus ihrer Starre löste und in ihrem Rucksack nach dem kramte, was sie schon vor Monaten einzupacken geplant hatte: Kerzen. Sie beförderte genug der kleinen Windlichter zutage, um jedem von ihnen eins in die Hand zu drücken. Jedes Glas war von einer anderen Farbe, welche jedoch allesamt eine gewisse Wärme ausstrahlten und von sanften Schnörkeln durchzogen waren. Sie hatten definitiv einen femininen Touch, aber Konan hatte sie ausgewählt, weil sie der Meinung war, dieser Ort könnte etwas Farbenfrohes vertragen, wenn er schon zu einem solch tristen Anlass aufgesucht wurde. „Ich habe nur ein Feuerzeug“, stellte sie etwas verspätet fest und war augenblicklich unzufrieden damit, dass sie scheinbar nicht an alles gedacht hatte. Mit einem leisen Seufzen stellte sie sich die Frage, wie sie die Situation nun am besten lösten und ging schließlich dazu über, jene Frage zu stellen, die sie nur als passend ansah. „Möchte jemand von euch etwas sagen?“ In wenig Abstand neben ihr tastete Deidaras Hand fast automatisch nach Sasoris. Diese gedrückte Stimmung setzte ihm deutlich zu und ein wenig Halt wäre er definitiv nicht abgeneigt. Stumm schüttelte er kurz den Kopf, fiel es ihm sehr schwer, momentan auch nur seine Gedanken kohärent zu formulieren. Was ihn nur noch weiter aus dem Konzept brachte, war nun einerseits der Rotschopf neben ihm, der ihm recht barsch seine Hand entzog und somit nun auch seine zweite um das Windlicht legte… sowie andererseits Kakuzu, der mit einem leisen Räuspern nach vorn trat und sich ein Stückchen näher an der Spalte niederkniete, um sein Glas nieder zu setzen. Wortlos reichte Konan ihm das Feuerzeug. „Ich sollte mich in erster Linie entschuldigen“, begann er leise. „Dafür, dass Hidan der Idiot ist, der er ist, und dafür, dass er genau deswegen jetzt nicht hier ist. Es… tut mir leid, dass ich ihn nicht davon abhalten konnte, an jenem Abend aufzubrechen und nicht einmal versucht habe, dich aufzuhalten. Vermutlich warst du der Vernünftigere von euch beiden.“ Er zündete seine Kerze an, stellte das Feuerzeug in den weichen Schnee und trat zurück, um sich gegen einen Baum zu lehnen und die Arme zu verschränken. Seine Miene war unleserlich, aber er machte den Eindruck, als wären seine Worte nötig gewesen. Konan war in erster Linie überrascht, dass sich aus ihrer immer schweigsamen Truppe doch noch jemand aufgerafft hatte, ihrer Bitte nachzukommen. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie etwas tat – allerdings schien der Dunkelhaarige einen Stein ins Rollen gebracht zu haben, war es nun Deidara, der vortrat. Der Blonde sah aus, als hätte er auf eine Zitrone gebissen, ließ sich aber ansonsten möglichst wenig anmerken, als er sich wie Kakuzu zuvor niederkniete und die Kerze in seinem Glas anzündete, ehe er es neben das bereits vorhandene stellte. Es dauerte einige Momente, ehe Worte über seine Lippen kamen. „Du… warst eine echte Nervensäge, weißt du das?“ Kurz zuckten seine Mundwinkel, was aber vermutlich niemand mitbekam, kniete er doch mit dem Rücken zu ihnen. „Aber egal, wie viel du genervt hast… irgendwie fehlt was ohne dich, hm.“ Ein weiterer Moment und ein tiefes Seufzen vergingen, ehe er wieder aufstand. Wäre Tobi noch da, wäre dieser ganze Trip bereits vermutlich anders gelaufen; ob gut anders oder schlecht anders würden sie nun wohl nicht mehr herausfinden. Deidara trat an seine Stelle neben Sasori zurück und warf ihm einen kurzen Blick zu, der nicht erwidert wurde. Stattdessen waren es der Rotschopf und Itachi, die fast gleichzeitig einen Schritt nach vorn setzten, sich kurz ansahen, dann aber beschlossen, einfach gleichzeitig zu gehen. Zusammen knieten sie im Schnee, zündeten ihre Kerzen an und sprachen die Worte, die es zu hören galt, nur in ihrem Geiste aus. Sie hatten beide nicht viel zu sagen, wussten aber, dass sie engagierter hätten eingreifen können und sollen. Dennoch löste es einen gewissen Widerstand aus, ihre Gedanken vor allen anderen offen zu legen. Als Sasori seinen Platz einnahm, verschränkte er seine Finger von ganz allein mit denen des Blonden. Er hatte begriffen, dass es in diesem Moment nicht um sie ging, sondern um etwas anderes, jemand anderen, der momentan einfach wichtiger war. Sie konnten sich später um ihr persönliches Desaster kümmern und sich an dieser Stelle erst einmal gegenseitig den Halt und die Sicherheit geben, die sie brauchten. Die ohnehin schon drückende Stimmung wurde erstickender, je länger sie so dastanden. Als Yahiko sich schließlich von Konan löste und sein eigenes Windlicht niederstellte, standen bereits unvergossenne Tränen in ihren Augen. „Danke dafür, dass du bei uns warst, uns ausgehalten und scheinbar niemals deinen Frohmut verloren hast. Dass es nicht einfach gewesen ist, wird mir erst jetzt wirklich klar – und trotz all der Missstände hast du nicht aufgegeben, an unserer Seite sein zu wollen.“ Eine weitere Kerze wurde angezündet und als er aufstand hielt er der Blauhaarigen das Feuerzeug entgegen. Mit einem hörbaren Schlucken nahm sie es und begab sich mit langsamen Schritten hinüber zu der Stelle, an der bereits alle anderen vor ihr Tobi gedacht hatten. Tief atmete sie aus und ließ sich schließlich nieder, zündete die Kerze an und umschloss das Windlicht mit beiden Händen, während sie nach den passenden Worten suchte. „Was geschehen ist, tut mir leid. Nicht nur… dieser Abend, sondern alle Tage zuvor. Wir waren eine Familie für dich und haben es wohl bis heute nicht wirklich erkannt. Hätten wir eher realisiert, was vor sich ging, hätte all das vielleicht nicht sein müssen.“ Etwas hektisch zog sie Luft in ihre Lungen, hielt aber jedes andere verräterische Geräusch zurück. „Es ist sicherlich ein schwacher Trost, aber zumindest sind wir jetzt hier – für dich.“ Konan wusste, dass es sicherlich noch ein Duzend Dinge gab, die sie hätte sagen können und die alle in etwa gleich bedeutungslos waren, angesichts der Tatsache, dass sie den, für den sie bestimmt waren, wohl niemals mehr erreichen würden. Sie wünschte sich, dass sie viel eher begriffen hätte, wie wichtig sie einander wohl alle einmal gewesen waren. Vielleicht – und sie betrachtete den Gedanken durchaus als selbstsüchtig – schweißte sie nun dieser Ausflug an die Unglücksstelle erneut zusammen und erinnerte sie an das, was wirklich wichtig war. Ein letztes Mal war ihr Ausatmen zittrig, ehe sie das Windlicht in den Schnee zu den anderen stellte. Nun spiegelten sich bunte Lichtflecken auf dem sonst so tristen Weiß; das Farbenspiel erinnerte sie an den Schwarzhaarigen, den sie betrauerten. Auch seine Laune war meist so bunt gewesen, so fröhlich, dass man schier von ihrer Intensität überwältigt wurde. Bevor sie aufstand wischte sie sich einmal über die Wangen, sodass keine Spuren der vereinzelten Tränen mehr zu sehen waren. „Was haltet ihr davon, wenn wir hier rasten und ihm noch ein wenig Gesellschaft leisten?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)