Corruptio optimi pessima von Noveen (Die Entartung des Besten führt zum Schlimmsten) ================================================================================ Kapitel 14: fliehend -------------------- Der blonde Hopper lag ganz still da. Er wollte nicht riskieren das Bill wach wurde, der ruhig in seinen Armen schlief. Die Aufregung und die Tränen schienen ihren Tribut zu fordern. Sanft strich er dem Schlafenden über den Rücken. Er zwang sich zur äußerlichen Ruhe, doch in ihm herrschte immer noch das pure Chaos. Nach wie vor… Alles in ihm schien irgendwie verrückt zu spielen… Auch wenn er wusste, dass der Schwarzhaarige das Alles getan hatte um ihn nicht zu verlieren. Das Wissen half nichts. Vor allem weil er nicht einschätzen konnte ob das nun positiv oder negativ war. Konnte er das als Durchbruch werten? Hatte Bill das alles überhaupt gewollte? Oder hatte er es wirklich alles nur aus Angst getan… aus Verlustangst. Hatte er sich letztendlich nur dazu gezwungen? Tom wusste es nicht. Und genau das hinderte ihn daran sich über diesen Fortschritt zu freuen. Auch wenn er es wollte… er konnte das nicht! Er war sich sicher das Bill so einiges tun würde um die, die er liebte zu halten. Ihm selbst ging es ja ähnlich. Doch wie weit war der Schwarzhaarige bereit zu gehen? Gedankenverloren blickte der Dreadhead zu der Person herunter, die so viele merkwürdige Gefühle in ihm auslöste. Bill hatte sich dicht an ihn geschmiegt und sein Gesicht halb in seinem großen T – Shirt vergraben. Irgendwie sah er so ungemein zufrieden aus… Wie sollte Tom jemals aufstehen ohne ihn zu wecken? Ganz sacht strich er durch das weiche, schwarze Haar und spürte wieder diese seltsame Zärtlichkeit in sich aufwallen. Was war das nur? Langsam zweifelte er wirklich ein wenig an seinem Verstand. Seufzend versuchte der Blonde an sein Handy, was in den Tiefen seiner Hosentasche ruhte, zu gelangen. Nach drei Anläufen hatte er es in der Hand und tippte mit Links eine kurze SMS an seine Mutter. Er bezweifelte, dass sie die Nachricht vor morgen früh las, aber er wollte nicht das sie sich um ihn sorgte, wenn er nicht im Haus war. Auch wenn es öfter vorgekommen war, dass er bei Bill ab und an gepennt hatte, es war immer geplant gewesen. Dieses Mal hatte er nicht einmal Bescheid gegeben, dass er losging. Er legte das Handy neben sich auf die Matratze und rutschte ein wenig nach unten um bequemer zu liegen. Nachdenklich sah er in das Gesicht des Schlafenden und fragte sich, was er jetzt tun sollte. Doch die Gedanken erübrigten sich, denn schon nach wenigen Minuten driftete auch er in den Halbschlaf. Konfuse Gedanken huschten durch seinen Kopf und verschwanden so plötzlich wie sie gekommen waren, ehe er in einen unruhigen Schlaf fiel. *** Er befand sich am Meer. Er hörte das Rauschen des Windes und roch das Salz. Wie kam er denn hier her? Der weiche, lose Sand unter seinen Füßen gab bei jedem Schritt nach und rann durch seine Zehen… kitzelte ihn. Es war ein angenehmes Gefühl, welches ihm Geborgenheit vermittelte. Er ging weiter auf das Ufer zu und je näher er dem Wasser kam umso härte und kälter wurde der Sand unter ihm. Und dann hörte er das Weinen. Erstaunt wandte er den Kopf herum. War er nicht bis eben noch alleine gewesen? Keine fünf Meter von ihm entfernt saß ein kleiner, schwarzhaariger Junge im Wasser. Die kleinen Wellen, die ab und an ans Ufer schlugen, reichten ihn bis zum Bauch. Sein T – Shirt Saumen bewegte sich sacht im Wasser hin und her. Der Junge weinte herzzerreißend und rief immer wieder etwas hinaus zum Horizont. Er musste etwas näher treten um es zu verstehen. »Es tut mir Leid!« Er näherte sich dem Anderen langsam weiter. Dieser hatte inzwischen seine Arme über dem Kopf verschränkt und es schien als würde er sich vor Schmerzen krümmen. »Es tut mir so unglaublich Leid!« Und dann, so als würde das Wasser auf ihn reagieren, wurde der Wellengang heftiger. Immer größere Wellen brachen am Strand und brachten den Schwarzhaarigen arg ins schaukeln… doch dieser blieb in seiner Position sitzen. »Bitte…« Inzwischen war auch er im Wasser angekommen. Plötzlich färbte sich das gesamte Meer rot. Es sah aus wie Blut und war so dickflüssig, dass er seine Zehen durch die Oberfläche nicht mehr sehen konnte. Es machte ihm Angst… Der Himmel färbte sich schwarz und bildete den grausigen Kontrast zu dem Spektakel. Das Weinen und Flehen des anderen Jungen ging in einem furchtbaren Heulen unter, dass von weit entfernt kam. Fast so, als würde der Wind ihn anklagen wollen. Das Meer brauste auf und die Wellen wurde noch einmal höher. Tiefrote Wellen begruben den Jungen unter sich, der sich durch die Gewalt der Gezeiten kaum wehren konnte. Das grausame Bild, brannte sich in sein Gedächtnis ein. Er lief los um den Jungen zu helfen, doch aus irgendeinem Grund bewegte er sich nicht vom Fleck… so als würde er an der Stelle festgehalten werden, an der er stand. Und dann wurde alles von Schwarz verschluckt… *** Er erwachte aus seinem Schlaf durch eine Hand, die ihn über die Wange strich. Murrend drehte er sich auf die andere Seite. Er wollte noch nicht aufstehen… konnte die Ische nicht eine Stunde warten?! Als sich jedoch ein schmaler Körper ohne Busen von hinten an ihn schmiegte, war er mit einem Schlag hellwach. Schnell setzte er sich auf und blickte mit großen Augen Bill an, der immer noch dalag und ihn nicht minder erschrocken anstarrte. »Scheiße…« fluchte Tom, als seine Erinnerungen wieder kamen. »Verdammte scheiße, ey!« Er nahm das Handy, was immer noch neben ihm lag und das Gerät bestätigte seinen Verdacht. Es war zum aus der Haut fahren! Warum war Beate denn nicht hoch gekommen? Sie hatte doch gewusst, dass er hier war! Eine Hand auf seinem Arm lenkte seine Aufmerksamkeit auf Bill, der ihn ängstlich ansah. Wieso sah er ihn plötzlich an wie ein angeschossenes Reh? So verletzlich? Der Hopper kniff die Augen zusammen. Zitterte er? Überfordert ließ er sich zurück in die Kissen fallen und zog den Anderen in seine Arme. »Sorry, wenn ich dich erschreckt habe. Ich hab nur gnadenlos verpennt… und das ist scheiße. Meine Mum wird mich köpfen.« Der Schwarzhaarige wurde ganz weich in seinen Armen und schmuste sein Gesicht in seine Halsbeuge. »Verzeih…« nuschelte er kaum hörbar. »Was? Wieso entschuldigst du dich?« Doch eine Antwort bekam er darauf nicht, stattdessen klammerte Bill sich etwas an das übergroße T – Shirt des Blonden. »Du kannst überhaupt nichts dafür…« sagte Tom und strich durch das weiche Haar des Anderen. »Wenn jemand Schuld ist, dann ja wohl ich. Also… los schau mich schon an…« Es dauerte einen Moment, aber dann trafen sich ihre Augen. Die Unsicherheit die in den haselnussbraunen Seelenspiegeln des Schwarzhaarigen lag, war kaum erträglich. Wieso bezog er auch jeden Mist auf sich?! Schüchtern sah Bill ihn an und schloss die Augen, ehe er seinem Gesicht ein Stück näher kam. Der Hopper verstand die Bitte und schlang seine Arme ein wenig fester um ihn, zog ihn so ein Stück weiter nach oben und legte ihn dann seine Lippen auf. Warum tat er das auch immer ohne nachzudenken? Gab es überhaupt einen Grund? Der Kuss begann zärtlich und fast liebevoll, wurde aber von Tom immer weiter ausgebaut, bis sich die Beiden wegen Luftmangel trennen mussten. »So ich werd mich jetzt gehen. Die Klamotten kleben… ich muss unbedingt duschen.« murrte Tom und beugte sich noch einmal für einen kurzen Kuss vor. »Wir sehen uns.« Seine Mutter riss ihm nicht den Kopf ab. Sie war im Gegensatz erstaunlich gelassen, warum auch immer! Es war schon einmal anders gewesen, aber das konnte ihm ja eigentlich ziemlich egal sein. Der Rüffel, den er für seine verpassten Stunden bekommen hatte, war kaum der Rede wert. Und auch wenn man etwas anderes glauben konnte, eigentlich war er der letzte, der die Schule schwänzte. Dazu war er einfach viel zu zuverlässig… außerdem sah er keinen Sinn darin. Er ging für sich in die Schule und er bekam auch alle Noten nur für sich. So war es schon immer gewesen. Die nächsten Tage verliefen ruhig und ohne Vorkommnisse. Er ging weiter in die Schule und war inzwischen ziemlich bekannt, was dazu führte das er alle Hände voll zu tun hatte, sich die schon ziemlich lästigen Mädchen vom Hals zu halten. Vor allem in den Pausen wurde es immer schlimmer. Und es nervte ihn…! Auch wenn er niemals damit gerechnet hätte so was zu denken, doch es interessierte ihn nicht! Keines dieser Mädchen zog ihn irgendwie an und das war eine Tatsache die seine Laune immer mehr in den Keller drückte. An den Nachmittagen traf er sich mit Bill. Es hatte sich auch an diesem Verhältnis nichts verändert. Er redete immer noch sehr wenig. Wahrscheinlich war er es nach all den Jahren einfach nicht mehr gewohnt sich jemanden mitzuteilen, aber manchmal sagte er etwas. Und immer wieder lief dem Hopper ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er die klare Stimme seines Freundes hörte. Manchmal verfolgte ihn diese sogar bis in seine Träume. War das krank? Er wusste es nicht. Überhaupt wusste er an sich nicht, was zurzeit mit ihm los war. Etwas was ihn immer wieder aufs Neue schier um den Verstand brachte. Es war alles so unglaublich kompliziert… Dann wurde es Wochenende… Jenny hatte sich für heute Abend zum DVD schauen mit ihm verabredetet. Doch ehe sie kam, hatte er noch ein wenig Zeit. Der Hopper sprang nach dem Spaziergang mit Sam noch einmal unter die Dusche und holte sich dann noch etwas zu trinken aus der Küche. Dann wartete er gemeinsam mit seinem Hund auf seinen Besuch. Um sich ein wenig die Zeit zu vertreiben, nahm er sich seine Gitarre zur Hand und spielte ein paar Melodien. Es tat gut mal wieder Musik zu machen. Die letzten Wochen waren dazu einfach viel zu turbulent gewesen. Jenny kam halb acht. Er hatte gerade ein altes Lied noch einmal in der Melodie umgestellt, als es klingelte. Tom ging im Schnellschritt die Treppe runter und rief im Vorbeigehen noch ein: »Ist für mich!« ins Wohnzimmer. Als er die Tür aufmachte, grinste ihm die Schwarzhaarige schon breit entgegen. »Hallo, Lieblingshopper.« begrüßte sie ihn gut gelaunt. Der Angesprochene verzog das Gesicht. »Hallo…« lächelte er und ließ sich von ihr umarmen. »Wie geht’s? Hast du dir schon was eingeworfen, oder was?« Jenny lachte. »Gut und selbst? Ist doch egal-… du bekommst eh nichts von meinem Stoff.« »Kann nicht klagen…« behauptete er und sah über ihre Schulter. »Willst du eigentlich was Bestimmtes machen? Oder was schleppst du da alles mit?« »Hm… ich wollte eigentlich zusammen mit dir kochen, aber wir sollten uns echt mal ranhalte es gibt viel Gemüse zu putzen.« sagt Jenny grinsend. »Beate hat mal erzählt du hast ein gewisses Talent in der Küche… deswegen dacht ich Abendbrot wär doch ein Hit oder? Hast du schon gegessen?« »Nein.« meinte Tom und zog dann seine Augenbrauen nach oben. »Außerdem besitze ich viele Talente von denen du nichts weißt, Kleines!« Jenny lachte kopfschüttelnd und lief an ihm vorbei. Als sie sich die Jacke und ihre Schuhe ausgezogen hatte, schleppte sie die beiden Tüten, die sie mitgebracht hatte in die Küche und stellte sie auf dem Tisch in der Mitte ab. Sie breitete die Zutaten auf dem Holz aus und legte zwei Sparschäler bereit. Tom packte sich das erste, was aus der Tüte kam, in diesem Fall Tomaten und trug diese zum Spülbecken. Als diese halbwegs sauber waren, drehte er sich zurück zu seiner Freundin. Diese drückte ihn gleich das nächste Gemüse zum Waschen in die Arme. »Soll ich die Paprika gleich schneiden?« »Ja, wäre gut.« »Okay.« Der Hopper spülte auch diese ab und setzte sich dann an den Tisch. Schnell war der Sparschäler gegen ein Messer getauscht. »Ist Paprika eigentlich Gemüse oder Obst?« fragte er das erste was ihn spontan einfiel. Ihm war die Stille nicht gerade angenehm. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Jenny zu sehr in ihm lesen könnte. Es war so, als würde sie ihn mit jedem Blick röntgen. »Gemüse, oder? Wie kommst du darauf, dass es Obst ist?« wunderte sich Jenny. »Na ja, man sagt doch auch, dass eine Tomate eigentlich Obst ist. Und Paprika sind doch auch Nachtschattengewächse wie Tomaten, oder?« »Hm, interessanter Gedanke…« murmelte Jenny ratlos und sah kurz von ihrer Arbeit auf. »Keine Ahnung.« »Ist ja auch eigentlich scheißegal! Hauptsache es schmeckt.« Jenny lachte auf. »Was ist denn nur los mit dir?« »Was soll denn sein?« wich der Blonde aus und sah konzentriert auf sein Schneidbrett. »Du bist ziemlich merkwürdig heute… schon den ganzen Tag, wenn ich es mir genau überlege.« »Das täuscht…« »Ach ja?« »Ja.« »Hm… das ist alles nicht wirklich glaubhaft, wenn du mich nicht ansiehst, Tom.« Er schwieg. »Darf ich raten?« »Wenn es sein muss…« »Es geht um Bill oder? Du weißt nicht was das zwischen euch ist und das verwirrt dich.« »Woher weißt du das denn schon wieder?« hakte er pikiert nach. »Ich bin nicht dumm… außerdem ist es kaum zu übersehen…« fand die Schwarzhaarige und legte ihr Messer weg um die Tatsachen an ihrer Hand abzuzählen. »Du bist ungewohnt schweigsam, du schreibst nur noch mit ihm und bist ständig bei ihm, du interessierst dich nicht mehr für andere Mädchen und du hast dich an diesen Matthias und seinen Affenfreunden gerächt, oder?« Tom biss sich auf die Lippen. War er wirklich so leicht zu durchschauen? Er hatte nicht einmal bemerkt das die Andere, dass alles so mitbekommen hatte. »Du musst dich nicht für irgendetwas rechtfertigen, aber ich will das du weißt, dass du mit mir reden kannst, wenn du das möchtest, okay?« »Danke, Jenny.« lächelte er schief. »Aber es ist wirklich nicht so einfach zu erklären… ich versteh es ja selber nicht mal ganz…« »Hm, versuch es doch mal.« Er zögerte, doch auch das nicht wirklich lange. Vielleicht lag es daran, dass sie ihm eine Wahl ließ oder einfach an seiner Verzweiflung. Doch egal was es letztendlich war, es führte dazu das er Jenny seine ganzen verwirrenden Gefühle und Gedanken offenbarte, während sie beisammen saßen und das Gemüse für ihr Ratatouille schnitten. Es war ihn sehr unangenehm und eigentlich wollte er sich vor der Schwarzhaarigen nicht so entblößen, aber er wusste auch, dass er mit jemanden darüber reden musste um nicht völlig durchzudrehen und alle die sonst kannte fielen nun einmal weg. Doch er mied ihren Augenkontakt. »Und das stört dich das ihr euch küsst?« »Nein, da liegt ja mein Problem! Ich habe keine Ahnung was ich will… ich… ich glaube ich drehe völlig am Rad im Moment.« Einen Moment schwieg Jenny nachdenklich und putze die Zucchini weiter, ehe sie sie in kleine Stücke schnitt. »Ich glaube eher du entwickelst Gefühle für Bill.« Tom biss die Zähne zusammen. Das war eigentlich die Antwort, die er hatte nicht haben wollen. Scheiße…! »Oh Mann, ey...« seufzte er dann leise und schüttelte den Kopf. »Lass uns das Thema wechseln. Das ist mir wirklich unangenehm.« »Okay, aber mach dir mal Gedanken drum…« »Hm…« Eine ganze Weile arbeiteten sie still vor sich hin. Es war jedoch kein unangenehmes Schweigen, eher so, als wäre bereits alles gesagt. Als der größte Teil des Gemüses in kleinen Stücken vorbereitet auf den Tellern lag, setzte Jenny das Wasser für den Reis an. Tom sah sich gezwungen nun auch die Zwiebeln zu schneiden, da sie als einzige noch übrig waren. Dabei tränten ihm die Augen so sehr, dass er das Gefühl hatte, seine Netzhaut würde sich langsam und qualvoll ablösen. »Du siehst echt süß aus, wenn du weinst…!« lachte Jenny erheitert. »Moha… halt doch die Fresse, ey.« »Halt die Zwiebeln unter kaltes Wasser, dann ist es nicht so schlimm.« riet sie dann doch mitleidig. Der Blonde schniefte leicht und tat wie ihm geheißen… Das half tatsächlich ein bisschen. Anschließend ging er ins Bad und wusch sich die Hände sofort mit Seife. Es war einfach ätzend, wenn alles an ihm nach Zwiebeln roch… Er mochte den Geruch an sich nicht! Als er wieder in die Küche kam, war Jenny schon dabei das kochende Essen zu überwachen und zu würzen. In der Zwischenzeit deckte der Hopper den Tisch und bereitete sein TV vor. Eine halbe Stunde später zogen sie, mit ihren Tellern beladen, in Toms Zimmer um. Dort ließen sie den Film starten und aßen gemeinsam zum Abendbrot. Als die Teller geleert waren, stellten sie diese auf den kleinen Tisch vor dem Sofa und Jenny lehnte sich an den Blonden an. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter und sie sahen auf das schwarze Gerät, über das gerade eine Szene im Wald zuckte. Die Schwarzhaarige hatte sich einen Thriller als Filmwunsch mitgebracht. Tom hatte einen Actionfilm gewählt. Doch im Moment konnte er sich nicht wirklich darauf konzentrieren was im Fernsehen zu sehen war… viel zu sehr irritierte ihn die Nähe. Nicht einmal im herkömmlichen Sinne und so wie man vermuten könnte, sondern eher darüber, dass es ihn kalt ließ. Früher war das nie so gewesen… Wobei er früher auch noch keine echte Freundin hatte, also so ganz ohne Beziehung. Und das war es wahrscheinlich auch, schließlich empfand er für Jenny einfach nur Zuneigung. Was könnte es auch anderes sein? Die Schwarzhaarige war schon in der Mitte des ersten Films eingeschlafen. Darüber konnte Tom nur schmunzeln. Kurzfristig entschied er das Ganze in sein Bett zu verlagern, denn langsam schlief ihm der Arm ein, an dem Jenny lehnte und schlief. Also stand er auf und hob sie vorsichtig hoch. Doch auch davon wachte sie nicht auf. Sie nuschelte lediglich etwas im Schlaf und drehte ihren Kopf zurück an seine Schulter. »Verwöhnte Göre…« murmelte er vor sich hin und lächelte. Ob sie öfter durch die Gegend getragen wurde? Jeder andere würde doch aufwachen. Er legte sie auf sein Bett und zog ihr die Hose und die Strümpfe aus… auch davon wurde sie nicht wach. Nicht das er irgendwelche Absichten hatte, er konnte es einfach nicht haben, wenn jemand in Straßenklamotten in seinem Bett lag. Aber auch jetzt, wo sie nur in T – Shirt und Tanga vor ihm lag, rührte sich bei ihm nichts. Seufzend deckte er sie zu und legte noch den anderen Film ein, ehe er sich auszog und mit einer zweiten Decke zu ihr ins Bett legte. Der Hopper schaffte es noch bis kurz vor Ende des zweiten Filmes ehe auch er ins Traumland überging. Geweckt wurde er von einem penetranten Klopfen an seiner Tür. »Was?« fragte er verschlafen. »Du hast Besuch, Tommy…« drang die Stimme seiner Mutter durch die Tür. Wie oft musste er ihr noch sagen, dass sie ihn nicht so nennen sollte?! Nur ganz nebenbei, nahm er das Gewicht auf seiner Brust war und den Arm um seinen Bauch. Sein Hirn war noch viel zu umnebelt um zu schalten. »Hm?« Die Tür ging auf. Er blinzelte gegen das Tageslicht um irgendetwas zu erkennen, doch er war einfach noch zu müde. Wer kam ihn auch schon am Samstag zu dieser unchristlichen Zeit besuchen? Erst ein dumpfer Schlag und das Jaulen von Sam, ließ ihn hochfahren. Und er sah direkt in die aufgerissenen Augen von Bill. In ihnen spiegelte sich so viel Trauer und Verletztheit, die er im ersten Moment gar nicht nachvollziehen konnte. Und dann wirbelte der Schwarzhaarige herum und stürmte davon, Toms Mutter fast über den Haufen rennend, die gar nicht zu verstehen schien, was los war. Und erst da schaltete der Hopper. Ihm wurde schlagartig bewusst was für ein Bild sich Bill gerade geboten hatte. Hektisch sah er nach unten. Jenny hatte sich im Schlaf nach an ihn geschmiegt und ein nacktes Bein über ihn gelegt, ebenso wie ihren Arm. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und ihre Finger waren in den Stoff seines T – Shirts gekrallt. Verdammte…! »Scheiße! Bill… warte, BILL!« brüllte er ohne Rücksicht auf seine Freundin und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Auch wenn sie Beide noch etwas an hatten, für den Anderen musste das doch eindeutig ausgesehen haben. Er hastete zu seiner Tür und wollte dem Schwarzhaarigen hinterher, doch gerade als er zur Zimmertür kam, stolperte er über was hartes, was auf dem Teppich lag. Er konnte sich gerade so noch fangen um nicht der Länge nach hinzuschlagen. Und in dem Moment hörte er die Haustür zufallen. »VERDAMMTER MIST!« Dass Ding was ihn daran gehindert hatte rechtzeitig zur Treppe zu gelangen, stellte sich als Keyboard heraus. Bills Keyboard. In dem Blonden zog sich etwas zusammen. Schnell stellte er das eingepackte Instrument auf das Sofa und suchte seine Sachen zusammen. »Wasen los…« kam es verschlafen vom Bett. »Was schreisten so?« »Bill war hier…« Das war alles was er sagte, aber auch Jenny schien diese Information zu genügen um schlagartig wach zu werden. »Was?!« »Er war hier im Zimmer und hat uns zusammen im Bett gesehen.« Jenny sah ihn kurz an und dann an sich runter. »Scheiße… du hast…-« »Ja.« »Scheiße.« wiederholte sie nur und sah dann auf. »Du musst ihm nach!« »Was denkst du was ich hier grad mache, ey!« fauchte der Hopper und stieg in seine Baggy, ehe er Handy und Schlüssel zusammensuchte. »Dann mach schneller!« »Hetz mich nicht!« »Alter, Bill ist verliebt in dich… hast du das immer noch nicht begriffen!?? Du musst ihm nach und das erklären sonst…-« sie brach ab und biss sich auf die Lippen. Tom, der sich gerade sein Shirt wechselte, hielt in der Bewegung inne. Auch wenn ihm der Gedanke nicht neu war… es war etwas anderes so etwas von der Schwarzhaarigen zu hören. Natürlich hatte er sich schon denken können, dass Bill in ihn verliebt war und irgendwie fand er ihn ja auch anziehend… Aber darüber wie der Satz endete wollte er nicht nachdenken. »Ich schreib dir.« Damit stürzte er aus dem Zimmer und an seiner irritierten Mutter, sowie seinem verschrecktem Hund vorbei ohne sie zu beachten. In Windeseile zog er seine Schuhe an und rannte auf die Straße, wo er erst einmal ahnungslos stehen blieb. Park… flüsterte ihm sein Gefühl zu. Und ohne zu überlegen lief er los und zog sich die Kapuze über seine offenen Dreads. Tom war noch nie sonderlich Konditioniert was Sportsachen anbelangte, so kam es das er schon nach wenigen Metern völlig aus der Puste war. Doch er rannte weiter… Angetrieben von seiner Angst. Als er im Park ankam, war er in ein lockeres Joggen verfallen und schon von Weitem konnte er den Schwarzhaarigen sehen, der zusammengekauert auf der ersten Bank saß. »Bill!« Der Angesprochene sah auf. Als er näher kam, sah er die Gefühle auf dem Gesicht des Stummen tanzen… sie waren nicht in Worte zu kleiden, doch sie waren schwarz… tiefschwarz. Ohne darauf zu warten, dass er ankam, sprang Bill von neuem auf und flüchtete. »BILL… bleib stehen!« keuchte er. Aber dieser dachte gar nicht daran. »BILL!« Immer schneller wurde der Flüchtige und zwang den Hopper dazu auch sein Tempo wieder anzuziehen. Seine Lungen brannten bereits durch die ungewohnte Sporteinheit, doch das war ihm gleich. Er setzte dem Anderen nach obwohl er mit seinem Baggyjeans klar im Nachteil war. Er durfte ihn nicht aus den Augen verlieren! Als sie aus dem Park hinaus rannten und der Schwarzhaarige um die Ecke bog, wurde Tom schlagartig klar wohin die Reise ging. Das war nicht sein Ernst oder? Das würde er nie machen! Doch würde er anscheinend schon, musste er eingestehen, als Bill in das kleine Schwimmbad hineinlief. Die Drehtür schwang hinter ihm. Wieso war das Ding eigentlich zum Samstag auf?! Das Wissen das der Andere schon alleine wegen seines Traumas nicht schwimmen konnte, ließ den Blonden noch einmal schneller werden. Die Kapuze flog ihm von Kopf und es schwindelte ihn. Auch er rannte durch die gläserne Drehtür, die durch seinen Schwung beinah aus dem Mechanismus gehoben wurde. Er hatte Schwierigkeiten den Eingang zu finden und geriet gefährlich ins Straucheln. Die kleine Vorhalle hatte er im nu überwunden und so betrat er das zweite Mal aus unerfreulichen Gründen das Hallenbad. Dieses war fast menschenleer… Nur Bill war hier. Ihm schiene erst bewusst zu werden wo genau er sich befand, als er die Wasserbecken sah, zwischen denen er stand. Gehetzt blickte er sich um. »Bill…« keuchte Tom noch einmal entkräftet und kam auch zum Stehen. Was für ein Fehler es war ihn noch einmal anzusprechen, begriff der Dreadhead erst Sekunden später, doch das war es für die Reue schon zu spät. Bill drehte sich um und setzte erneut zur Flucht an, als er auf einer Wasserlache ausrutschte. Er knickte um und fiel mit einem gellenden Schrei seitlich in eines der Becken. Mit einem lauten Platschen schloss sich die Wasserdecke über ihn und einige Sekunden war nichts weiter zu sehen als Wasser und Luftblasen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)