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Pokémon - A Tribute

Neue Abenteuer in Rubikon
von

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Leben im Nirgendwo

In einem großen, weiten Ozean, irgendwo weit jenseits der Orange Inseln und noch weit südlicher als die Hoenn Region liegt Rubikon, eine kleine abgeschiedene Region irgendwo verschollen im Chaos der Weltkarte. Hier gibt es kaum etwas, was diese Gegend in irgendeiner Weise lukrativ gemacht hätte. Es gibt kaum Städte und die dort beheimatete Pokémonvielfalt gleicht eigentlich der Hoennregion mit der Ausnahme, dass es viel weniger davon gibt. Das und die Abgeschiedenheit dieser Gegend, machen sie zum Paradies für Langweile und ereignislose Tage und dennoch beginnt unsere Geschichte hier. Auf einer kleinen Insel nördlich des Hauptarchipels.

Trinomica Island ist bekannt für... nun eigentlich nichts, denn dort gibt es nichts. Die Insel liegt inmitten eines von starken Strömungen heimgesuchten Meeres, sodass ein direkter Zugang nur aus der Luft erfolgen kann. Und auch dies ist nur in den Monaten Mai bis August möglich, da danach die Stürme viel zu stark sind.

Dementsprechend besteht die Vegetation lediglich aus vereinzelten Honmelbeerenbäumen - Pokémon hat man seit Jahrhunderten nicht gesehen.

Trotz dieser widrigen Umstände leben hier Menschen und auf der Insel herrscht reger Betrieb. Es gibt eine Pokémonarena, die weltweit größte Fabrik für Pokébälle und ein Forschungsinstitut, das sich auf die Erforschung des Klimas im Zusammenhang mit den Pokémon spezialisiert hat.
 

Es war früher Morgen für unsere Protagonistin - 11.23 Uhr - gerade die Zeit, zu der sie normalerweise aus der REM-Phase ihres tiefen Schlafes driftete, um auch noch die letzten Stunden bis zum Nachtmittag zu verschlafen, als plötzlich eine laute Stimme durch ein kleines idyllisches Haus am Rande der Stadt Blackville tönte und - in Anbetracht der Lautstärke - vermutlich auch das andere Ende der Insel Trinomica Island erreichte:

"Sparky! Bist du schon wach?"

Angesprochene, Valentina "Sparky" Sparks, 17 Jahre alt und ihres Zeichens nach leidenschaftlicher Langschläfer, schreckte beinahe im selben Moment aus dem Land der Träume auf und stand mit einem Mal senkrecht im Bett. Dies wäre normalerweise niemals der Fall gewesen, doch der Ruf ihrer Mutter, hatte sie sofort daran erinnert, was heute für ein Tag war.

Panisch fiel ihr Blick auf die Uhr und Valentina stellte erschrocken fest, dass sie ihren 8 Uhr Termin mit Professor Maple um satte 3 Stunden verschlafen hatte.

"Sparky?", rief vom unteren Stockwerk aus die Stimme ihrer Mutter, da diese noch keine Antwort von ihrer Tochter bekommen hatte.

Lediglich ein lautes "Mist!", kam zurück, bevor aus dem Obergeschoss diverse Geräusche tönten, die doch stark an einen Atomkrieg erinnerten.

In Windeseile war Valentina aus dem Bett und in ihre Kleidung geschlüpft - zum Duschen hatte sie gerade keine Zeit - und hatte sich irgendwie ihre Haare zu einem Zopf gebunden.

Ihre Mutter hörte von ihr lediglich ein "Bin weg!", bevor die Tür - gerade mal 2 Minuten, nachdem sie nach ihrer Tochter gerufen hatte - ins Schloss fiel.

Draußen herrschte eine immense Hitze für die - wie auch für diverse andere Wetteranomalien - Trinomica Island bekannt war. Zwar lebte Valentina mit ihrer Mutter und ihrem Bruder am Rande der Stadt, doch herrschte heute auch hier reger Betrieb. Es war Mitte Juni und damit Hauptsaison in Blackville, da sonst die Anreise beinahe unmöglich war. Normalerweise waren sowohl die Stadt als auch der Rest der Insel wie ausgestorben, doch nun tummelten sich überall Trainer aus aller Herren Länder um den hiesigen Arenaleiter herauszufordern, der zudem noch Valentinas Bruder war oder um spezielle Pokébälle im Outlet Store zu kaufen.

Normalerweise würde sich diese an den vielen Fremden und vor allem deren Pokémon erfreuen - die gab es auf der Insel im Nirgendwo nämlich nicht - doch heute hatte sie es eilig, obwohl es fraglich war, ob sich die Raserei beim Betrag ihrer Verspätung überhaupt noch lohnte. Daran dachte sie jedoch nichts.

Generell ging in Valentina nichts vor und ihr Körper lebte nur für das Rennen und die Nervosität, die sie in diesem Moment verspürte. Der Termin war um 8 Uhr und sie war unpünktlich und das konnte nichts Gutes bedeuten, denn Professor Maple war streng - sie trieb sich weiter an.

Valentine fürchtete, dass es nichts bringen könnte und dass ihr erstes Pokémon vielleicht an jemand anders vergeben sein könnte und sie stattdessen - wenn überhaupt - nur ein Raupy abbekommen würde, das einen Ewigstein gefressen hatte.

Inzwischen hatte sie das Plateau erreicht, das zwischen der Stadt und dem Labor von Professor Maple lag und konnte in der Ferne schon das Radioteleskop glitzern sehen. Hier - so stimmten die Meinungen weltweit überein - war der bei Weitem trostloseste Ort, den diese Welt zu bieten hatte. Die vor ihr liegende Ebene bestand nur aus dunkelbrauner Erde und einzelnen zerklüfteten Felsplatten, nur vereinzelt klammerste sich ein verzweifelter Honmelbeerenbaum an ein Stück fruchtbare Erde, ansonsten gab es hier nichts außer einen beißenden Westwind, der Valentina kurz frösteln ließ.

Sie hatte kurz angehalten um durchzuatmen, da sie den letzten Kilometer nur gerannt war und blickte nun entschlossener denn je in Richtung des Labors. Ihre Angst war plötzlich verschwunden und sie war sich sicher, dass sie hier und heute ihr erstes Pokémon bekommen würde, komme was wolle - woher diese Motivation jetzt plötzlich kam, konnte sie selbst nicht so genau erklären, aber das Rennen hatte bestimmt seinen Teil dazu beigetragen.

Noch einmal tief durchatmen und dann ging es im raschen Marschtempo weiter - ein schiefes Grinsen zierte Valentinas Gesicht, sie war selbstbewusster denn je. Sie hatte Jahre auf diesen Tag gewartet und nun war er endlich gekommen, es konnte gar nichts schief laufen, es durfte nichts schief laufen.

Es geschah nicht oft, dass Trinomica Island Trainer hervorbrachte, doch wenn, war es für diese ziemlich schwierig den Schritt für ihre erste Reise zu tun, da der Mangel an Pokémon wohl das ausschlaggebendste Argument war. Für fast alle auf dieser Insel blieb das Leben mit Pokémon früher ein unerreichbarer Traum und erst als vor 20 Jahren Professor Maple sich auf dieser Insel niedergelassen hatte, gab es einen Lichtblick für die jungen abenteuerlustigen Menschen hier.

Professor Maple reiste einmal alle drei Jahre aufs Festland und fing für alle, die bei ihm die Trainerschule erfolgreich absolviert hatten, ein Pokémon. Die Klassen bestanden meist nur aus maximal fünf Leuten, da die meisten mit dem Leben auf der Insel zufrieden waren - eine Eigenart, die die meisten Anwohner dieser Insel teilten, war ihre enorme Sturheit.

In Valentinas Klasse waren es sagenhaft 8 Schüler gewesen, doch nur sie und ihr Freund Joe hatten es geschafft die enorm schwere Abschlussprüfung zu bestehen, durch die alle angehenden Trainer mussten, bevor sie ein Pokémon bekamen – so war nun mal Professor Mable; doch immerhin setzte er sich danach für die Absolventen ein und reiste einen ganzen Monat und auch länger durch Rubikon, um ein passendes Pokémon auszuwählen.

Für Valentina ging ein Traum in Erfüllung, doch konnte ihre Unpünktlichkeit gegen sie sprechen und sie als unverantwortliche Person darstellen, sodass es sich der Professor doch noch einmal anders überlegt. Damit würde sie nicht nur niemals ein eigenes Pokémon besitzen – man hatte nur eine Chance – sondern auch ihre einzige Gelegenheit verbauen ihren Lebenstraum Pokémonforscherin zu werden verbauen – und vorher wollte sie unbedingt ein Mal an der Pokémonliga teilgenommen haben.

Inzwischen hatte sie die halbe Strecke übers Plateau zurückgelegt, als sie etwas blendete, als würde jemand mit einem spiegelnden Gegenstand das Sonnenlicht direkt auf ihre Gesicht lenken – allerdings war da niemand… und auch kein Spiegel. Suchend schaute sie sich um und nach wie vor fiel ein greller Lichtstrahl auf die Stelle, auf der sie stand.

Valentinas Blick fiel nach oben und sie hielt sich schützend die Hand vor Augen, doch meinte sie an dem wolkenlos blauen Himmel über ihr ein Flugzeug zu sehen – allerdings war ihr nicht ganz klar, wie dieses Ding die Sonne direkt auf ihre Gesicht spiegeln konnte. Sie kniff die Augen zusammen, doch sie konnte nichts erkennen.

Sie skandierte den Himmel. Nichts. Nichts. Ging sie im Kopf durch. Nichts. Fliegendes Pokémon. Nichts. Nichts... MOMENT!

Sie schaute genauer. Es war eindeutig ein unförmiger Schatten am Himmel, nicht weit von dem Flugzeug entfernt, der sie ungemein an die Silhouette eines Pokémons erinnerte – da war nur ein Problem, es gab keine fliegenden Pokémon hier. Es gab generell keine Pokémon.

Der Schatten wurde größer. Erneut strengte sich Valentina an und konnte das Objekt schließlich als Porygon identifizieren, das sich mit rasender Geschwindigkeit direkt auf sie zubewegte.

Sie war so fasziniert von dem fliegenden – oder eher fallenden – Pokémon, dass weder ein eindringliches und panisches „PORY PORY!“, noch der Gedanke, dass sie soeben zur menschlichen Zielscheibe geworden war, ihr Gehirn erreichte. Stattdessen stand sie einfach da und beobachtete, wie sich das blau-rosa Pokémon eindeutig auf sie zubewegte. Es strampelte wie wild und ließ immer wieder seinen Ruf verlauten, doch das Mädchen stand nach wie vor wie hypnotisiert da.

Es kam wie es kommen musste und Porygon fiel Valentina direkt in die Arme – leider nicht ganz so romantisch und schön wie das jetzt klingen mag, denn der Impuls warf sie sofort zu Boden und ließ sie einige Meter nach hinten schlittern.

Als sie endlich zum stehen kamen, brachte Valentina nur ein schmerzerfülltes Stöhnen zustande und blieb vorerst regungslos auf dem Rücken liegen und fürchtete einen Moment um ihre Bewusstsein.

Sie spürte ein Zittern in ihren Armen, richtete sich mühevoll auf und blickte herab auf das, was ihr da gerade in Arme gefallen war.

„Alles okay?“, brachte sie mühevoll heraus und rieb sich den schmerzenden Hinterkopf. Valentina fühlte sich, als hätte sie eben eine Herde Tauros überrannt und blickte argwöhnisch auf das Etwas in ihren Armen.

Dieses löste sich langsam von ihr und blickte sie stattdessen eindringlich an.

Täuschte sich das Mädchen, oder bildeten sich da gerade tatsächlich Tränen in den Augen des Porygons.

„Pory!“, bekam sie nun ihre Antwort und erfreut hüpfte das Wesen von ihrem Schoß, schwebte ein Mal um sie herum, um sie dann plötzlich anzuspringen und zu Boden zu werfen.

„Pory!“, machte es erneut und sprang auf ihr herum. Valentina definierte das Verhalten einfach mal als Dankbarkeit und lächelte es freundlich an.

Dann fiel ihr etwas ein.

„Sag mal, Kleiner“, sie setzte sich in den Schneidersitz, „wie kommt es, dass du einfach so vom Himmel fällst?“

Porygon verstand die Frage und versuchte ihr nun mit seinen beschränkten Mitteln, die aus Schweben, Springen und „Pory Pory“ bestanden, dass es zusammen mit einem Ursaring aus dem Flugzeug gefallen sei und nun auf der Insel gelandet war, allerdings war das Valentinas porygonisch etwas eingerostet, beziehungsweise gar nicht verstanden.

Sie hatte also keine Ahnung, was der kleine Kerl ihr da gerade erklärte und wie dringlich die Situation war, da sich auch irgendwo das Ursaring befinden konnte, als keine fünf Meter hinter ihr etwas hart und laut auf dem Boden einschlug und die Erde erzittern ließ.

Es folgte ein ohrenbetäubendes Brüllen…

Kampf Debut

Wie ein Donner rollte das Brüllen über das Plateau von Trinomica Island und ließ Valentina zusammenzucken, während Porygon panisch hin und her schwebte und dabei wie verrückt mit seinen Füßchen strampelte.

Das Mädchen traute sich nicht umzudrehen und schluckte nur schwer, als sich hinter ihr etwas regte und seinen riesigen Schatten direkt auf sie warf – Porygon erstarrte vor Schreck.

Wie in Zeitlupe und betend, dass es sich nur um eine Wolke handelte, die den Schatten warf, drehte sich Valentina um und erblickte braunes Fell. Ihre Augen wanderten nach oben… höher… höher… und vor ihr stand tatsächlich ein Ursaring, das nicht gerade glücklich aussah.

Vorsichtig drehte sie den Kopf wieder nach vorne. „Ist das… das, was ich denke?“, fragte sie Porygon und ihre Stimme war ein einziges Zittern.

Ein leises „Mhm, Pory“, kam als Antwort.

Valentinas Kehle wurde trocken und sie war sich sicher, dass sie hier und jetzt sterben würde, wenn sie nicht sofort rannte, auch wenn sie das Ursaring sicher gleich eingeholt hätte, aber wenn sie es zumindest bis zur Arena schaffen könnte, die ebenfalls nicht unweit von hier war, dann könnte ihr Bruder ihr sicher aus der Patsche helfen.

Ihr Gehirn arbeitete im Akkord. Wenn sie einfach Porygon hier lassen würde… das würde ihr Zeit verschaffen… und Porygon war ein Pokémon und konnte kämpfen.

Das Mädchen blickte es abschätzend an, doch es schien zu ahnen, was sie vorhatte, denn es starrte sie finster an. “Okay… vielleicht doch nicht“, ging es Valentina durch den Kopf.

Schließlich blieb ihr nur eine Möglichkeit:

„Schau mal! Lecker Beeren!“, rief sie und deutete auf einen Beerenbaum, der nicht weit weg stand, allerdings genau entgegen ihrer geplanten Laufrichtung lag.

Valentina nahm sich keine Zeit zu schauen, ob ihre „List“ funktionierte, sondern griff sich stattdessen nur das Porygon und rannte los. Das Brüllen hinter ihr zeigt allerdings, dass ihre Strategie nicht ganz aufgegangen war. Das Mädchen trieb sich weiter an, hatte allerdings ein Problem, oder eher zwei.

1. Waren nach dem Dauerlauf von Daheim bis zum Plateau ihre Beine fast am Ende ihrer Kräfte.

2. Wog ein Porygon nun leider knapp 40kg, sodass sie es nach wenigen Schritten wieder absetzen musste und nun an seiner Seite weiterjoggen, weil es nicht gerade schnell war.

Das Brüllen Ursarings war vermutlich überall zu hören und Valentina hörte, wie die schweren, stampfenden Schritt ihr und Porygon immer näher kamen und dabei hatten die beiden nicht einen Bruchteil der Strecke zur Arena zurückgelegt.

Inzwischen hatte sich auch keine einzige Idee, was sie jetzt noch retten könnte und schielte nur verstohlen auf Porygon, das neben ihr her schwebte… Porygon war ein Pokémon… Pokémon konnten kämpfen.

„HALT!“, rief sie und blieb stehen.

Immerhin das schien das Ursaring beeindruckt zu haben, denn die Schritte hinter ihr verhalten und stattdessen kam nur ein ungeduldiges Schnaufen.

Entschlossen drehte sich Valentina um: „Halt. Ich bin doch keine Memme. Wir erledigen das jetzt richtig. Ursaring ich fordere dich zum Kampf!“

Dabei zeigte sie mit dem Finger auf das Bären-Pokémon und kam sich augenblicklich ziemlich bescheuert vor. Das klingt ja wie in einem schlechten Anime, schoss es ihr durch den Kopf.

Doch Ursaring nickte nur zustimmend und brachte sich in Kampfposition.

„Porygon, ich wähle dich!“, rief das Mädchen aus und zeigt auf Ursaring.

„PORY?!“, kam es entsetzt von dem kleinen Wesen und es rührte sich keinen Zentimeter.

„Porygon… Du bist dran!“, wiederholte sie, doch nach wie vor schwebte es regungslos in der Luft – Valentina kam sich ziemlich albern vor, wie das kleine Pokémon sie so geschockt betrachtete.

Ursaring ließ ein ungeduldiges Knurren vernehmen.

„Hör zu, Kleiner“, sie seufzte, „wir sitzen beide im selben Boot und wenn wir nicht schnell einen Ausweg finden geht es uns beiden an den Kragen. Du bist ein Pokémon und ich eine Trainerin – naja fast – und ich weiß, dass wir beide das schaffen können. Du bist ein Porygon und kannst starke Psychoattacken und ich kann die sagen, wie du sie sinnvoll verwendest. Ursaring ist vielleicht stark, aber wir beide, wir sind stärker. Was denkst du Porygon?“

„Pory! Por!“, motiviert sprang das Pokémon vor Valentina und baute sich – soweit es eben für ein Porygon möglich war – vor ihr auf.

Ursaring ließ ein Brüllen hören und der Kampf begann. Zur Sicherheit wich die frisch gebackene Trainerin ein paar Schritte zurück.
 

Sofort stürzte sich Ursaring mit einer wütenden Biss-Attacke auf Porygon, welches im letzten Moment und ziemlich panisch wegschweben konnte. Auffordernd blickte es seine Trainerin an, doch diese war mit der Situation etwas überfordert.

Es war nicht das riesige Ursaring, oder die Tatsache, dass sie ziemlich arm dran waren, wenn sie verlieren würden, sondern eher der Fakt, dass dies Valentinas allererste echte Kampfsituation war – sie hatte Lampenfieber.

„PORY!“, kam es empört und panisch von dem Virtuell-Pokémon und endlich schien sich in Valentina etwas zu regen.

„Ehm ja“, murmelte schließlich, doch dann erhob sie ihre Stimme, „los Porygon! HYPERSTRAHL!“

Motiviert sprang Porygon nach vorne und bündelte seine Energie und es passierte… nichts.

Es landete auf wieder auf dem Boden und schaute seine Trainerin mit einem Kopfschütteln an, Ursaring betrachtete das ganze Schauspiel nur etwas verdattert.

Valentina klatschte sich an die Stirn. Sie hatte das beste Ergebnis aller Zeiten in Professor Maples Test zu Pokémon und Attacken gehabt und eben einem Porygon befohlen Hyperstrahl einzusetzen.

„Entschuldigung!“, rief sie ihm zu, „ich meine natürlich, setz Konfusion ein!“

Bei dieser Attacke war sie sich ziemlich sicher, dass Porygon sie schon auf einem niedrigen Level beherrschte, doch egal wie sehr sich das Pokémon anstrengte es gelang ihm nicht die gewünschte Attacke einzusetzen.

„Dann… probier mal Tackle“, inzwischen war ihre Entschlossenheit den Kampf zu gewinnen quasi verschwunden, denn irgendwie schien alles schief zu laufen – immerhin selbst auf Level 1 konnten Porygon schon Tackle, wobei allerdings ein Lv1-Pokémon ihre Chancen auf Sieg nicht gerade erhöhten.

Porygon drehte sich zu Ursaring und fing an wie verrückt hin und her zu schweben.

„PORYYYYYYYYYYYY!“, machte es und klang dabei höchst angestrengt und motiviert, doch aus seiner hin und her Bewegung wurde letztlich nur ein im Kreis Schweben, bis es stehen blieb und ihm so schwindlig war, dass es sich nicht mehr weiter bewegen konnte.

„Echt jetzt?!“, fragte Valentina und war der Verzweiflung nahe. Ursaring hatte inzwischen auch die Geduld verloren, denn es ließ ein erneutes Grollen vernehmen und stürzte sich auf das nun schutzlose Porygon.

Das Mädchen konnte das nicht ansehen, sondern sprintete los und stellte sich schützend vor das kampfunfähige Pokémon. Ursaring hatte sich vor ihr aufgebaut und die Klauen erhoben, sie kniff die Augen zu, rührte sich jedoch nicht von der Stelle und wartete auf den Schlag.

„Laschoking! Aussetzer!“, rief eine Stimme links von ihr.

„Lasch Lascho!“

Weiter geschah nichts und nach einigen Augenblicken traute sich Valentina endlich die Augen zu öffnen, nur wenige Millimeter vor ihrem Gesicht glänzte eine der scharfen Klauen Ursarings und bei diesem Anblick entgleisten ihr ihre Gesichtszüge.

Ein fertiges „Pory“, war hinter ihr zu hören, als das blau-rosa Pokémon langsam wieder zu Bewusstsein kam. Valentina wich einige Schritte zurück und betrachtete vor sich das erstarrte Ursaring, das seltsam bläulich leuchtete.

„Typisch Schwester, der erste Tag im Leben eines Trainers und schon ist die Hölle los“, die spöttische Stimme ihres Bruders näherte sich ihr von der Seite.

„Pah“, versuchte sie möglichst würdevoll zu machen, doch es war unmöglich ihre Erleichterung über sein Erscheinen und ihre vorangegangene Angst zu verbergen. Selbst mit Laschokings Aussetzer fürchtete sie, dass das Ursaring jederzeit zur Pokémonfutter verarbeiten konnte.

„Alles okay?“, eine Hand legte sich auf ihre Schulter und sie wandte sich nun endlich dem anderen zu.

Ihr Bruder hatte wie sie selbst silbernes Haar und blasse Haut. Seine Augen schimmerten in einem hellen gelbgrün und er lächelte ihr aufmunternd zu.

Nikolai war der hiesige Arenaleiter und mit seiner lockeren Art, seinem guten Aussehen und seinen starken Psycho-Pokémon (er war auch der achte Arenaleiter) der beliebteste unter den acht Würdenträgern. Er war 24 und als er damals als Trainer begonnen hatte, war Flegmon sein Starter gewesen, dass inzwischen zu seinem treuen Laschoking geworden war. Er zählte außerdem noch ein Metagross, ein Xatu und Guardevoir zu seinem Team. Mit allen Vieren war Valentina aufgewachsen und verstand sich fast so gut mit ihnen wie ihr Bruder.

Was die wenigsten von ihm wussten: Nach der Meinung seiner kleinen Schwester war er zu alledem auch noch geistesgestört:

Er nahm seine Schwester in den Schwitzkasten und rieb ihr mit der Faust über den Kopf.

„Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich nicht mit so großen Brocken anlegen, Schwesterchen? Immer muss dein Brüderchen auf dich aufpassen. Vielleicht bist du noch gar nicht so weit in dein eigenes Abenteuer zu ziehen?“

Nur mit Mühe konnte sie sich aus seiner Umklammerung befreien und fand nun endlich Zeit und Atem ihm die ungewöhnliche Situation zu erklären.

„Was machst du überhaupt ihr?“, schloss sie ihre Schilderungen ab.

„Ehm. Es ist 12 Uhr? Mittagspause?“, er tockte mit der Faust gegen ihren Kopf.

12 Uhr schon… Valentina schluckte.

„Ach keine Sorge, Val“, ein unbeschwertes Lachen zeigte sich auf dem Gesicht ihres Bruders, „du kriegst schon ein Pokémon, das kämpfen kann.“

„PORY“, empört verpasst ihm das virtuelle Pokémon, das inzwischen wieder einigermaßen bei Kräften war eine Kopfnuss gegen sein Schienbein.

„Au!“, er fluchte und rieb sich die schmerzende Stelle, „jedenfalls würde ich an deiner Stelle jetzt zu Professor Maple gehen und ihm das ganze erzählen, er hat dafür vielleicht eine Hypothese, dann kannst du ihm auch gleich deinen kleinen Freund hier vorstellen, ich wette nämlich, dass du den so schnell nicht mehr loswirst.“

Er deutete mit einem Nicken auf Porygon, das einen Freudentanz um seine neue Freundin vollführte und dabei immer wieder aufgeregt aufsprang. Dies war wohl seine Art für seine Rettung zu danken.

„Und was machen wir… DAMIT?!“, mit einem eindringlichen Blick erinnert Val ihren Bruder daran, dass immer noch ein riesiges Ursaring regungslos in der Gegend rumstand.

„Ach, lass das mal meine Sorge sein“, erwiderte Nikolai cool wie eh und je, „und jetzt beeil dich mal lieber. Drei Stunden Verspätung toleriert Professor Maple vielleicht noch, aber vielleicht gibt sie nach vier Stunden dein Pokémon doch jemand…“

Der Rest seine Worte ging unter, da seine kleine Schwester auf dem Absatz kehrt gemacht und zum Labor losgesprintet war.

Ein panisches „PORY!“, tönte von ihrem neuen Freund, der verzweifelt versuchte ihr hinterherzuschweben.

Ihr Bruder blieb nur grinsend stehen, bevor sich seine Miene schlagartig veränderte, als sein Blick auf das Ursaring fiel. Es durfte nicht hier sein. Es gab in ganz Rubikon keine Ursaring.

Er warf noch einen besorgten Blick auf die Staubwolke, die seine Schwester hinterließ, bevor er einen Pokéball zückte.

Ein neuer Freund

Den Weg zu Professor Maples Labor hatten Valentina und Porygon schnell zurückgelegt und jetzt stand erstere keuchend von den vorangegangen Anstrengungen und immer noch etwas verstört vom Angriff Ursarings vor der Tür und war sich nicht sicher, ob sie wirklich – mit vier Stunden Verspätung – klingeln sollte. Das Mädchen bewegte den Finger in Richtung Knopf, seufzte jedoch dann und ließ ihn wieder sinken.

„Ich kann das nicht“, murrte sie.

„Pory“, kam es aufmunternd von unten und blickte zwischen ihre Füße.

„Pory por pory por por por pory. Por por. Pory pory por… por pory pory pory Porygon!“, versuchte ihr das Pokémon zu erklären und sie musste unwillkürlich lachen, als sich kleine Flämmchen in seinen Augen bildeten, während es seine Kampfrede hielt – zumindest klang es danach, denn Valentina hatte eigentlich keine Ahnung, was das kleine Wesen ihr da gerade sagen wollte.

Trotz allem verfehlte es seinen Effekt nicht; mit einem sanften Lächeln betätigte das Mädchen nämlich nun endlich die Klingel.

Von Innen tönte ohrenbetäubender Lärm: Rascheln, Klacken, ein Gong, das Klirren von Metall und Papier das zerknüllt und weggeworfen wurde. Immerhin, der Professor schien noch da zu sein.

Nach einigen Sekunden wurde alles still und kurz darauf wurde die Tür geöffnet:

Der Professor war ein großer, schlanker Mann Anfang vierzig; das verrieten allerdings nur die Fältchen, die sich beim Lachen um die Augenspitzen und in den Mundwinkeln bildeten, denn ansonsten sah er vielleicht höchstens wie dreißig aus. Sein Haar war von einem verwaschenen braun und er trug es meistens wild durcheinander, sodass ein Rückschluss auf seine Arbeit nicht gerade schwer fiel. Wem das noch nicht genügte, dem sollten der lange weiße Kittel und die schmale, randlose Brille Zeichen genug sein, dass Professor Charles Maple Wissenschaftler war.

Ursprünglich stammte er aus dem Klimainstitut bei Baumhausen City in Hoenn, doch inzwischen erforschte er von Trinomica Island aus das globale Klima im Zusammenhang mit dem Ökosystem der Pokémon.

„Ach, Valentina, du bist’s. Komm doch rein“, sein freundliches Lächeln und seine zuvorkommende Art ließen in keinster Weise vermuten, dass er ihr wegen der Verspätung böse war.

„Guten Tag, Professor“, brachte Angesprochene mühsam gepresst hervor und erwiderte sein Lächeln zwanghaft. Porygon stupste ihr aufmunternd mit der Nase in die Wade.

„Nanu?“, nun fiel auch der Blick des Professors auf das Pokémon, „wen haben wir denn da? Wo kommst du denn her?“

Valentina wollte eben zur Klärung ansetzen, doch jäh unterbrach sie der Professor.

„Ach wo bleiben meine Manieren? Ich habe Tee gemacht, kommt setzt euch!“

Verdattert folgte ihm Valentina in das bestens aufgeräumte Labor. Nicht einmal ein Notizblock oder Skizzen lagen herum – im Grunde wusste nie jemand, woran der Professor eigentlich gerade arbeitete.

Bei Tee und Pokémonfutter – das Porygon fraß circa das Dreifache seiner eigenen Körpermaße, erzählte das Mädchen dem Professor die unglaubliche Geschichte, der Pokémon, die vom Himmel fielen. Während ihrer Erklärung schwieg er weitestgehend und stellt nur selten einige Zwischenfragen. Danach schwieg er lange und schloss dabei die Augen.

Nachdem 5 Minuten vergangen waren, fürchtete Valentina schon er wäre eingeschlafen, doch da öffnete er schlagartig die Augen, sodass das Mädchen kurz erschrak.

„Ist dir sonst nichts an ihm aufgefallen… an Porygon meine ich? Außer, dass es keine Attacken beherrscht?“, fragte Professor Maple.

Erschrocken zuckte das Pokémon, das sich gerade an dem Sack Pokémonfutter bedienen wollte, den man achtlos stehen gelassen hatte, zusammen und fühlte sich, durch das Fallen seines Namens auf frischer Tat ertappt.

Ich schaute mir das Pokémon zum ersten Mal genauer an und ging alles im Kopf durch, was ich von diesem Pokémon wusste. Es war kein Shiny, soviel war sicher. „… Porygon… Virtuell. Region: Kanto und Johto. Gewicht: 40kg… Größe: 0,8m… hm…“, all das rief sie sich in ihrem Kopf, doch bei letzterem blieb sie hängen.

Sie selbst war nicht übermäßig groß und das Pokémon ging ihr gerade bis maximal ans Knie – damit war es nicht einmal einen halben Meter groß.

„Es ist recht klein, findest du nicht?“, sprach der Professor schließlich ihre Gedanken aus. Valentina nickte.

„Aber wieso?“

„Nun, das wüsste ich auch gerne… aber etwas scheint mit diesem Pokémon ganz und gar nicht zu stimmen. Sein plötzliches Erscheinen und das des Ursarings machen mir ebenfalls sorgen, zudem habe ich heute Morgen einige höchst seltsame Phän… jedenfalls würde ich es gerne zur Beobachtung hier lassen. Ich meine… wenn das für dich okay ist, Porygon?“

Ihre beiden Blicke richteten sich nun auf das etwas zu klein geratene Pokémon, welches verängstigt zwischen den beiden hin und her Blickte und sich schließlich mit einem aufgeregten „Porypory!“ unter Valentinas Stuhl versteckte.

Der Professor lachte amüsiert auf.

„Ich sehe, da haben sich neue Freunde gefunden. So etwas möchte ich nur ungern stören.“

Valentina sah es nicht, glaubte allerdings unter dem Stuhl ein erleichtertes Aufseufzen zu vernehmen.

„Meine liebe Valentina“, der Wissenschaftler erhob salbungsvoll die Stimme, „ich gratuliere dir zu deinem ersten Pokémon.“

„Hä was?!“, sie war sichtlich entsetzt, „aber… aber… es kann doch gar nicht kämpfen, mit so einem Pokémon schaff ich es nicht einmal in die erste Stadt.“

„PORY!“, kam es empört von unter dem Stuhl und etwas biss ihr schmerzhaft in die Wade.

„Entschuldige“, murmelte Valentina.

Wieder lachte der Professor.

„Keine Sorge. Ich habe ja schließlich auch noch ein Pokémon für dich, du hast heute also quasi den doppelten Jackpot. Warte einen Augenblick.“

Damit stand er auf und zurück blieb Valentina, ziemlich verwirrt. Glücklich sprang Porygon auf ihren Schoß und ließ sich von seiner neuen Trainerin den Kopf streicheln.

Eine Uhr tickte in einer Ecke des Zimmers und diverse Apparaturen gaben seltsame Zisch- und Blubberlaute von sich. Valentina wusste nicht wieso, aber plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie hier ungern im Dunkeln alleine wäre. Porygon war innerhalb weniger Minuten auf ihrem Schoß eingeschlafen und zuckte nur gelegentlich mit seinen Füßen, die an Bauklötze erinnerten. Valentina lächelte ihren neuen Partner liebevoll an, fragte sich jedoch gleichzeitig, welche Geheimnisse das viel zu kleine Pokémon, das keine Attacken konnte, verbarg. Jetzt schien es allerdings todmüde und unempfänglich für alles in der Umgebung zu sein, denn der Professor kam nun mit lauten Schritten zurück. Vorsichtig legte das Mädchen ihr neues Pokémon auf den Tisch und stand auf.

Lächelnd hielt ihr der Professor einen Pokéball entgegen, es war ein Luxusball, der die Bindung zwischen Trainer und Pokémon schon beim Fangen verbesserte. Er war in edlem Mattschwarz gehalten und mit edlen rot-goldenen Applikationen versehen. Sofort fragte sich Valentina was für ein neuer Partner sie wohl erwartete, ein Raupy würde man wohl kaum in einen Luxusball stecken – oder doch?

„Valentina“, der Professor klang feierlich, „ich präsentiere dir hiermit dein eigentlich erstes Pokémon. Ich bin mir sicher, dass du dich ausgezeichnet darum kümmern wirst!“

Angesprochene wollte sofort nach dem Ball greifen, hielt jedoch inne.

„Ehm… Professor?“

„Ja?“

„… macht es denn gar nichts, dass ich viel zu spät bin?“

Sie schluckte hart.

„Wie?“, ein kurzer Moment der Stille, doch dann fing der Professor an schallend zu lachen. Valentina verstand die Welt nicht mehr.

„Weißt du, ich dachte mir bereits, dass du nicht pünktlich sein wirst. Als ob ich zu seiner unchristlichen Uhrzeit aufstehen würde.“

Er lachte weiter. Das Mädchen kam sich ziemlich veralbert vor.

„Sie sind gemein, Professor“, damit nahm sie den Pokéball und befreite das darin gefangene Wesen.

Der weiße Strahl aus dem Ball verformte sich zu Blitzen, an deren Ende sich langsam die Silhouette eines Pokémons bildete.

„Kindwurm!“, begrüßte das kleine blaue-weiße Pokémon die Umherstehenden. Valentina ließ ein schrilles Kreischen los, dass alle Anwesenden zusammenzuckten und sogar Porygon aus seinem Tiefschlaf erwachte.

„Gott ist das süß!“, stieß sie aus, „woher haben sie das gewusst, Professor, ich meine, ich…“

Während sie den Professor unermüdlich bedrängte, nahmen sich die beiden Pokémon in Augenschein, dazu war Porygon heruntergeschwebt und stand nun Auge in Auge mit Kindwurm. Letzteres streckte dem Virtuell-Pokémon höflichst die Hand entgegen, welches die freundliche Geste lächelnd erwidern wollte, sich jedoch sofort seiner fehlenden Arme bewusst wurde.

Kindwurm, das das Zögern Porygons missdeutete, wollte gerade beleidigt wegtreten, als sein Gegenüber ihm in Ermangelung andere Gliedmaßen seinen Schweif hinstreckte.

Glücklich ergriff das Drachen Pokémon diesen und schüttelte somit das ganze Porygon ordentlich durch, welches danach nur K.O. vor sich hintrudelte.

Valentina hatte inzwischen ihre überschwängliche Freude im Zaun und schüttelte nun auch zur Begrüßung die Pfote ihres neuen Partners, welcher sie abschätzend musterte. Dann rief sie es lächelnd zurück.

Sie bedankte sich recht herzlich beim Professor und entschuldigte sich, da sie heute unbedingt noch packen musste und morgen bereits in aller Frühe abreisen wollte. Darauf nickte der Professor nur verständnisvoll und geleitete sie und Porygon zur Tür.

„Valentina?“, fragte er sie dann und seine Miene wurde ernst und sorgenvoll, „ich möchte, dass du deinen neuen Freund hier genau beobachtest und mich sofort über alles informierst, was diesem Pokémon widerfährt. Hast du verstanden?“

Die Eindringlichkeit seiner Bitte erinnerte mehr an einen Befehl, der keine Widerworte duldete und erschrak die junge Trainerin, doch sie nickte.

„Gut“, damit setzte Professor Maple wieder sein Strahlelächeln auf, „dass du mir gut auf die beiden aufpasst, Porygon!“

„Pory!“, kam es motiviert zur Antwort.

„Also dann…“, Valentina hatte auf einmal einen schrecklichen Kloß im Hals, da es ihr erster Abschied auf so lange Zeit war.

„Kopf hoch“, mit dem Zeigefinger tippte er ihr gegen die Stirn, „ich will dich Ende der Saison in der Pokémonliga gewinnen sehen!“

Angesprochene nickte.

„Vielen Dank, Professor“, sie hatte eine kleine Träne im Augenwinkel, die von außen jedoch leicht zu übersehen war.

„Eine gute Reise euch allen und viel Glück“, rief Professor Maple der frisch gebackenen Trainerin noch zu, als sie ihm bereits den Rücken gekehrt und ein Stück aufs Plateau gegangen war.

Zur Antwort erhob sie nur die Hand zum Gruß.

Danach schloss der Wissenschaftler seine Tür und kramte eines seiner Notizbücher heraus.

Reisepläne

Während des Rückwegs befürchtete Valentina entweder gegrillt oder mit einem lauten „Plöpp“ zu einem riesigen Stück Popcorn und dann von Porygon gefressen zu werden, da die Mittagsonne nun gnadenlos die beiden neuen Partner brutzelte. Es verwirrte sie etwas, erinnerte die Temperatur doch mehr an einen August im Rekordsommer, doch allzu viele Gedanken verschwendete sie dann doch nicht an die immense Hitze, die dafür sorgte, dass kaum eine Menschenseele hier draußen war.

Umso erleichterter war die junge Trainerin auch, als sie in den Schatten ihres Hauses trat und den Schlüssel herumdrehte – von Innen wehte ihr der Geruch von rohem Teig, Erdbeeren und Schlagsahne in die Nase.

„Mum, ich bin zuhause“, rief sie ins Haus.

„Ich bin in der Küche, Schatz“, kam die Antwort in fröhlichem Singsang aus genanntem Raum.

Valentina blickte kurz nach unten; Porygon wirkte verunsichert, doch nachdem seine Trainerin im aufmunternd zugenickt hatte, ging es fröhlich motiviert neben ihr her in die Küche.

Dort erwartete sie ein zutiefst verstörendes Bild:

Ihre Mutter, die fröhlich summend Teig anrührte, Joe, ihr bester Freund, der am Küchentisch saß und wie ein Sklave eine riesige Schüssel Erdbeeren zu kleinen Schnitzen verarbeitete und die Krönung in Form eines Maschock, das eine rosa (!) Schürze trug und mit seinen starken Armen gerade die Sahne steif schlug.

„Ehhh… hi“, brachte die eben Eingetroffene in Ermangelung eines passenden Ausdrucks hervor.

„Ach Schatz, du bist ja schon zurück. Erzähl wie ist es gelaufen? Ist das dein Pokémon? Wie geht es…?“, ein Schwall von Fragen überschwemmte Valentina, die gleichermaßen von ihrer Mutter als auch von Joe gestellt wurden. Seufzend schnappte sich das Mädchen ein Messer, setzte sich zu ihrem Freund, um ihm mit den Erdbeeren zu helfen und begann nun die Geschichte ihres neuen Partners ein drittes Mal zum Besten zu geben, wobei sie sich Mühe geben musste, sich nicht von der verstörenden Erscheinung Maschocks aus dem Konzept bringen zu lassen.

Dieses war im Übrigen das Pokémon von Celia, Valentinas Mutter, die zudem noch ein Lucario besaß. Sie stammt Ursprünglich aus Anemonia City und ist die Tochter des dortigen Apothekers. Dort hat sie schon früh im Dojo beim Arenaleiter Hartwig zu trainieren begonnen und ist nicht nur eine starke Kampf-Pokémon Trainerin, sondern auch eine Meisterin der Kampfkünste. Inzwischen sind ihr nur noch Lucario und Maschock geblieben, doch lässt sich ihre damalige Stärke auch in ihren Wutanfällen und aggressiven Putzorgien erkennen.

Joe selbst hat vor Valentina auf ihrer Reise zu begleiten. Da er selbst im Vergleich zu ihr nicht mit Pokémon aufgewachsen ist, fehlt ihm in dieser Hinsicht eindeutig die nötige Erfahrung, die er braucht, um seinen Traum, die Pension seiner Großeltern zu übernehmen und auszubauen, zu erfüllen.

Nachdem Valentina die Geschichte in aller Ausführlichkeit erzählt und alle Fragen beantwortet hatte, hatten ihre Mutter auch schon den Tortenboden in den Ofen geschoben und sich zu den anderen beiden an den Tisch gesetzt. Inzwischen war auch Kindwurm dazu gestoßen, welches sich mit einem freundlichen Händedruck bei allen – sogar bei Maschock, vor dem Porygon sich ängstlich zwischen Valentinas Beinen versteckte – vorstellte.

„Besser erzogen als du, das muss man sagen“, kommentierte Joe die Runde. Valentina streckte ihm böse die Zunge raus.

Die Anwesenden verfielen in Schweigen, jeder auf die Schüssel Erdbeeren konzentriert, die sie noch schneiden mussten, als dem jungen Mädchen plötzlich etwas einfiel.

„Was hast du eigentlich bekommen?“, fragte sie an ihren Freund gewandt, der gerade dabei war eine überreife Stellt aus einer der Erdbeeren zu schneiden.

„Ich?“, er wirkte seltsam überrumpelt, doch dann lächelte er und zückte einen Pokéball. Ein gleißender Lichtstrahl erhellte kurz den Raum und vor ihnen stand:

„Knacklion! Knack! Lio!“, machte der erdbraune Ameisenlöwe.

„Ach wie cool“, kommentierte Valentina und war schon ganz Feuer und Flamme, als sie sich überlegte, dass dieser kleine Pokémon eines Tages zu einem starken Libelldra werden würde. „Da staunst du was?“, kam es stolz von Joe, „aber es ist mein Partner und wird mit mir durch die Welt reisen. Nicht war Knacklion?“

Er setzte an ihm den Kopf zu tätscheln, doch das Pokémon war verstört in Anbetracht der vielen fremden Gestalten um es herum, sodass es die liebevolle Geste als Drohgebärde interpretierte und nach seinem Trainer schnappte.

Dieser zog erschrocken die Hand zurück und blickte nun mit trauriger Miene auf das Pokémon, das zitternd im Raum stand. Seine Enttäuschung merkte man ihm deutlich an.

„Ihr macht ihm ja Angst, wenn ihr es alle so finster anschaut“, beklagte sich Valentina und streckte dem Knacklion vorsichtig die Hand hin, „na komm her, wir tun dir nichts.“

Das braune Pokémon schnupperte zögernd an der ihm dargebotenen Hand, bevor es sich ein Stück annäherte und sich sogar streicheln ließ.

„Na siehst du“, sie lächelte ermunternd, „wir tun die alle nichts.“

Auch Porygon und Kindwurm nähernten sich nun dem Fremden und nahmen es sofort in Beschlag, sodass die junge Trainerin sich wieder den anderen Menschen zuwandte. Joe schien angesäuert.

„Ach mach dir nichts draus“, Celia tätschelte ihm die Schulter, „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“

Zur Antwort seufzte der junge Trainer nur, denn er malte sich schon tiefschwarze Zukunftsvisionen aus und sah seinen Traum an seiner eigenen Unfähigkeit, mit Pokémon umzugehen, zerbrechen.

Für einen kurzen Moment breitete sich eine bedrückte Stille im Raum aus, die jäh von der Stimme der Mutter unterbrochen wurde:

„Zeit für die Geschenke“, kam es in euphorischem Singsang von ihr und Maschock knallte einen ganzen Sack vor Valentina auf den Tisch. Das erinnerte sie an das eine Jahr in ihrer Kindheit, als Maschock als Weihnachtsmann verkleidet durchs Fenster geklettert war, weil es nicht durch den Karmin gepasst hatte und sie sich dabei einen Glassplitter eingefangen hatte, was unweigerlich dazu geführt hatte, dass sie Weihnachten im Krankenhaus verbringen durften.

In Anbetracht des sich vor ihr befindenden Haufens an kleinen weißen Päckchen mit roten Schleifchen fühlte sie die Verlegenheit in sich aufsteigen, auch wenn sie wusste, dass ihre finanzielle Lage nicht gerade schlecht war.

Während Valentina sich mit etwas schlechtem Gewissen über die Geschenke hermachte und dabei gelegentlich auch einige Kommentare von Joe abbekam, bemerkte keiner, wie sich im selben Raum eine kleine Tür öffnete und kurz darauf wieder geschlossen wurde…

Neben einigen Klamotten, die locker für die nächsten Jahrhunderte reichten und noch dazu für jede Apokalypse und kleine Wetteranomalie das passende Outfit enthielten, bekamen sowohl Valentina als auch Joe noch eine Art seltsame Uhr geschenkt…

„Mum… Was ist das?“, fragte das Mädchen und betrachtete verwundert eine schicke Armbanduhr mit geschätzten tausend Knöpfchen und Rädchen.

„Das ist ein mobiler Kleiderschrank, meine Lieben“, in den Augen der Mutter loderte eine ungeahnte Leidenschaft, „das ist der letzte Schrei aus dem Trainerbedarf und ermöglicht euch bis zu tausend verschiedene Kleidungsstücke bequem und Platzsparend mitzunehmen.“

Sie klang wie in einem schlechten Dauerwerbespot.

„Nicht nur das, bereits getragene Wäsche wird in einen separaten Ordner verlegt und kann über jeden teleportfähigen PC direkt abgerufen werden. Ist das nicht toll, Schatz? Ich kann also weiterhin deine Wäsche waschen und du musst nicht ständig mit den schäbigen alten Kleidern rumlaufen.“

Sie war so euphorisch, dass Valentina ihr nicht die Laune verderben wollte, indem sie Sinn und Nutzen des Geräts anzweifelte.

Sie bekam außerdem noch 5 Pokébälle, ein Etui für Orden, eine Umhängetasche und einen nagelneuen PokéCom, mit dem sie sich – theoretisch – jederzeit zuhause melden konnte und zusätzlich – im Falle, dass letzteres ausfiel – eine Karte.

Valentina breitete das Faltblatt auf dem Tisch aus.

„So und jetzt erzählt mir mal, wie ihr Reisen wollt“, sprach die Mutter.

„Ähhh“, Joe schien etwas überfordert, er selbst hatte sich darum noch keine Gedanken gemacht und gehofft, dass sich eher Valentina darum gekümmert hätte, da diese auch die Abreise mit ihrem Bruder organisiert hatte.

Das junge Mädchen setzte gerade dazu an ihre Reisepläne zu erläutern, dass ein etwas gedämpftes aber durchaus panisches „Porypory!“, gefolgt von einem Klopfen den Raum durchdrang.

Alle Anwesenden inklusive der Pokémon – Porygon fehlte – blickten sich verwirrt rum, doch es war Kindwurm, dass nach einem erneuten Hilfeschrei des Virtuell-Pokémons, dessen Aufenthaltsort ausmachen konnte.

Es deutete auf den Backofen und tatsächlich durch das milchige Glas konnte man recht deutlich die Umrisse des Pokémons erkennen.

Valentina handelte schnell, öffnete die Tür und heraus sprang ein frisch gebackenes Krümelmonster. Porygon war über und über mit halb gebackenen Teigstücken bedeckt und verteilte diese nun auch auf dem ganzen Boden, allerdings viel war nicht mehr von dem Kuchen übrig.

Alle Anwesenden lachten lauthals im Angesicht des Kuchenmonsters, welches schon beleidigt wegtappen wollte, es allerdings wegen des im Türrahmen lehnenden Maschocks bevorzugte, sich unter dem Tisch zu verkriechen und dort die restlichen Krümel abzuschütteln.

Nachdem sich alle beruhigt hatten, kehrten sie zu ihrem ursprünglichen Gesprächsthema zurück:

„Also“, erklärte Valentina, die die Strecke geistig schon mindestens 10 Mal gegangen war, „Nikolai setzt uns hier unten im Südwesten in der Nähe von Yellowtown ab, dort werden wird unsere erste Etappe sein. Danach gehen wir nach Norden nach Redville, danach westlich nach Blue Bay direkt ans Meer. Dort dann mit dem Boot rüber nach Silver Stone, von dort hoch nach Goldentop. Ab dann wieder zu Fuß Richtung Südosten nach Rubyvillage, Sapphirefield bis an die Südküste nach Emeraldhaven. Dann geht’s weiter nordöstlich an die Ostküste nach Pearlham. Ab da bewegen wir uns wieder an der Nordküste entlang nach Wesen und damit nach Diamondbury und Platinum Beach auf Great Island. Dann kommen wir rauf nach Hause und wenn ich dann Nikolai besiegt habe geht’s direkt übers Meer um White Plateau.“

Sie musste Luft holen, denn sie hatte ohne Pause geplappert, sodass die anderen sie nur fassungslos anschauen konnten.

„Also gut“, das Lächeln von ihrer Mutter war auf einmal wehmütig, „meine Tochter geht auf ihre eigene Reise. Wer hätte gedacht, dass das so schnell gehen würde?“



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