Flo & Co von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 1: Der Geisterdieb -------------------------- Der Geisterdieb Wie ein Luftzug flog das Etwas zum Fenster herein. Im Moment konnte man ihn sehen. Allerdings war er nicht aus Fleisch und Blut. Er war nur eine durchsichtige, leuchtende Masse, die sich vom Wind treiben ließ. Man konnte ihn für einen Geist halten. War er vielleicht auch einer? Er war in das Haus eine sehr wohlhabenden Familie eingestiegen. Er kannte sie gut. Letzten Sommer war er bei ihnen zu einer Party eingeladen. Diese war jedoch gähnend langweilig. Das wollte er ihnen jetzt heimzahlen. Er hatte einen Sack mitgenommen und stopfte alles was aussah als hätte es einen Wert hinein. Es war bereits das Fünfte aus in das er ‚eingebrochen‘ war. Als er mit dem geräumigen Wohnzimmer fertig war, ging es mit der Küche weiter. Sofort stach ihm das silberne Besteck in die Augen. Auch das verschwand in seinem Sack. Er kam sich wie der Nikolaus vor. Allerdings ein Nikolaus, der den Kindern die Geschenke wieder wegnimmt. Er nahm sich noch ein paar Porzellantassen und teuerausehende Töpfe. Dann war der Sack voll. Jetzt musste er nur mehr eines tun. Er schlich sich wieder ins Wohnzimmer und begann einen Krach wie auf dem Rummelplatz zu machen. Er warf Tische um, zertrümmerte einen Glaskasten und gab wilde, beschwörende Laute von sich. Im Schlafzimmer ging das Licht an. Ein Mann im Schlafanzug stürmte zu dem Geist. „Na warte, du Einbrecher!“, schrie er und schreckte dann zurück. Sein Herz raste und seine Augen weiteten sich. „Ein.... Gei.... ein Geist! Du bist ein Geist!“ Die Erscheinung grinste ihn hämisch und wissend an. Dann ergriff sie die Flucht. Sie hopste wieder durchs Fenster und war bald in der Dunkelheit der Nacht verschwunden. Der Bestohlene konnte es nicht fassen. Ein Geist hatte ihn ausgeraubt. Aber nicht nur das. Ihm war klar, dass es sich um einen echten Geist handeln musste. Er war in Gestalt eines alten Freundes erschienen, der schon seit langem Tod war. Der ungebetene Zuhörer Flo zog die Rollo soweit hinunter wie es nur ging. Trotzdem schien sie zu klemmen. Ein kleiner Spalt der Glastür, die auf die Terrasse führte blieb frei. Flo setzte sich und umschlug seine Arme um seine Beine. So konnte er sicher und bequem hinausschauen. Nun konnte er besser reagieren. Es war inzwischen Dunkel geworden und Flo hörte wie Türen geschlossen wurden. Er wagte es nicht sich in sein Bett zu legen und zu schlafen. Die Angst das ihm heute noch etwas passierte war zu groß. So hockte Flo einige Minuten vor der Tür und wartete. Kleine dunkle Flecken bildeten sich auf dem Stein der Terrasse. Es wurden immer mehr, bis alles vom Regen unter Wasser stand. Flo ließ den kleinen Spalt nicht aus den Augen. Immer wieder bückte er sich vorsichtig um auch bestimmt nichts zu verpassen. Plötzlich durchdrang ein Schrei die Nacht. Flo zuckte zusammen und dachte er müsse sich schnell in Sicherheit bringen. Nach einigen Sekunden Ruhe erkannte er jedoch das es nur eine Eule sein konnte. Er war besonders unruhig und ängstlich. Er versuchte sich selbst Mut zu machen, doch es misslang. Dann geschah es. Flo hörte Schritte die näher kamen. Er hoffte das er sich irrte, doch die Schritte näherten sich ihm bedrohlich. Flo erschrak fürchterlich als die beiden Schuhe vor ihm auftauchten. Sein Herz fing an rasend zu pochen. Flo warf sich auf den Boden um mehr von der Gestalt zu erkennen. Fehlanzeige. Die Gestalt war bereits zu nahe an die Glastür herangetreten. Sie begann zu klopfen. Es war ein eher leiseres und langsameres Klopfen. Was sollte Flo unternehmen? Fliehen? Aber wohin? Wenn er nicht einmal zu Hause sicher war. Nun begann die Gestalt zu sprechen. Flo stutzte. Er kannte die Stimme. Nachdem er begriffen hatte, packte er sofort das Rolloband und zog so fest er konnte. Nach getaner Arbeit stand seine Mutter vor ihm. Unverzüglich öffnete er die Tür und die Mutter stürmte platschnass herein. „Florian! Konntest du nicht schneller aufschließen? Die Haustür ist zu und ich habe den Schlüssel vergessen. Zum Glück warst du noch nicht im Bett, aber wieso eigentlich?“ Flo presste die Lippen zusammen. Sollte er seiner Mutter von seinem Erlebnis berichten? Niemals! Sie könnte in etwas hineingezogen werden, was Flo nicht wollte. Da seine Mutter jetzt zu Hause war, wagte es der Junge doch die Glastür zu verschließen und schlafen zu gehen. Das hieß er legte sich zwar in sein Bett, doch von Schlaf war keine Rede. Wenn er doch nur so mutig wäre wie sein großer Bruder. Dieser machte gerade eine Ausbildung zum Polizisten. Er war Flos großes Vorbild. Er wüsste was in so einer Situation zu tun ist. Es war Freitag, der 16te. Flo war es allerdings wie der 13te vorgekommen. Alles hatte damit begonnen das Flo seinen Bus verpasste. Er musste laufen und hätte fast die erste Stunde verpasst. Dann bemerkte Florian, dass er in der Aufregung seine Hausaufgaben vergessen hatte. Herr Zöllner, Flos Deutschlehrer brummte ihm sofort eine Strafarbeit auf. Herr Zöllner war jeden Tag schlecht aufgelegt und heute konnte er es an Flo auslassen. Er solle einen Bericht über Vergesslichkeit und Pünktlichkeit schreiben. Es war wahrlich nicht Flos Glückstag. „Keine Panik! Ich werde dir schon helfen. Das Geschreibsel kriegen wir schon hin.“, bot ihm Jan, sein Sitznachbar an. Jan war auch Flos bester Freund. Ohne ihn wäre Flo aufgeschmissen. Er half ihm wenn er mal Probleme mit Hausaufgaben hatte, aber auch wenn ihn andere ärgerten. Jan beugte sich zu Flo und sah ihn erwartungsvoll an. „Na? Was unternehmen wir dieses Wochenende?“, wollte er wissen. „Uns wird schon etwas geeignetes einfallen.“, entschied Flo. „Wir wäre es mal wieder mit Tennis?“, schlug Jan vor. „Können wir machen.“, tat Flo die Sache ab. „Was gibt’s den da zu reden?!“, fuhr sie plötzlich Herr Zöllner an. Blitzschnell ergriffen die beiden Jungen ihre Deutschbücher und taten so als würden sie fleißig lernen. Herr Zöllner kniff die Augen zusammen und beschloss es für dieses Mal zu vergessen. Um Punkt 10 begann in der Hauptschule, in die Flo und Jan gingen die große Pause. Das erste Ziel der beiden, auf dem Schulhof, war der Verkaufsstand. Dort wurden für die Schüler frische Brötchen und andere Leckereien angeboten. Auch die verschiedensten Getränke waren vorhanden. Jan holte sich ein kleines Brötchen, welches er genüßlich hinunterschlang. Er war kein besonders großer Esser. Im Gegenteil zu Flo. Er kaufte gleich 2 belegte Brote und eine große Cola. Das war für ihn eine Art Zuflucht aus dem Schulstress. Hungrig biss er am ersten Brötchen ab. In seiner anderen Hand hielt er gleichzeitig das zweite und die Cola. „Jan, kannst du mir mal helfen?“, fragte Flo noch mit vollem Mund. Dann geschah es. Er drehte sich um und bemerkte nicht das jemand hinter ihm stand. Es kam, wie es kommen musste. Flos Brötchenaustrich zierte den Pullover seines Hintermannes. „Tut mir Leid!“, entschuldigte er sich unverzüglich. Erst als der Betroffene ihn am Kragen packte erkannte Flo, wen das Brötchen getroffen hatte. Vor ihm stand Jochen, mit wütendem Gesicht. Mit seiner Rechten Hand hielt er Flo am Kragen fest, mit der linken versuchte er den Aufstrich von seinem Pulli zu bekommen. „Du willst dich wohl mit mir anlegen!“, fuhr Jochen den unschuldigen Flo an. „Nein!“, erwiderte der. „Es war ein Versehen, tut mir Leid! Ich helfe dir auch deinen Pulli wieder sauberzumachen.“ Jochen schien mit dieser Antwort nicht zufrieden. Dann mischte sich auch Jan ein, der Jochen doch wenig beeindruckte. Jochen dachte schon darüber nach, Flo eine zu verpassen, als er jedoch ein Kichern hinter sich hörte. Hinter ihm standen ein paar Mädchen. „Der spielt wohl den wilden Kerl!“, rief eine. „Jungs...“, erwiderte eine andere. Schnell ließ Jochen Flo los und suchte aufgebracht das Weite. „Ich glaube heute ist einfach nicht mein Tag.“, meinte Flo, Anfang der nächsten Stunde. Er und Jan hatten Sport, worauf sich Jan mehr Freude als Flo. Flo war nicht gerade ein Sport-Freak, oder ein Muskelprotz. „Kein Wunder, wenn heute doch Freitag ist.“ Flo blickte Jan verblüfft an. „Aber heute ist nicht der Dreizehnte!“, erinnerte er seinen Kumpel. Dieser machte eine abfällige Handbewegung. „Nein, aber trotzdem. Wir haben zwei Tage in der Woche frei. Samstag und Sonntag. Da ist es ja wohl logisch, das der Schulstress am Freitag noch einmal seinen Höhepunkt erreicht.“, klärte Jan auf. „Du solltest Professor werden.“, meinte Flo spöttisch. Jan überhörte den Spott einfach und redete weiter. „Vielleicht, aber nur wenn das mit dem Piloten nicht klappt.“ Flo erinnerte sich. Jan hatte ihm erzählt sein Vater wäre Pilot gewesen. Als er starb hatte Jan für sich entschlossen in seine Fußstapfen zu treten. „Und wie siehts bei dir Jobmäßig aus?“ Flo beließ es bei einem Achselzucken und begann damit seinen Spinnt zu öffnen. Darin verstauten die Schüler ihre Turnsachen. Nachdem Flo alles hatte, schloss er die Spinnttür und bekam einen Schreck. Neben ihm stand Marina. Sie ging zwar nicht in Flos Klasse, sondern in die Paralelklasse, jedoch kannte Flo sie sehr gut. „Oh, habe ich dich erschreckt?“, wollte Marina erfahren. „Nein, schon gut.“, lächelte Flo verlegen. Hinter ihm stand Jan, der sich die Hand vor den Mund hielt. Er wollte somit sein Grinsen verbergen. Er wusste was zwischen Flo und Marina vorging. Dann entdeckte er das Marina nicht ihre Turnsachen genommen hatte und ihren Rucksack trug. „Nanu? Sag mal, Marina, hast du gar keinen Sportunterricht?“, fragte er verwundert. Normalerweise hatten Flos und Marinas Klassen Stunden wie Sport oder Werken gemeinsam. So hatte Flo Marina auch besser kennengelernt. „Nein, ich habe noch einen Arzttermin. Der dauert zwar keine ganze Stunde, aber ich treffe mich nachher noch mit Freunden zum Dart spielen. Aber wehe ihr verratet das jetzt einem Lehrer!“, zwinkerte Marina Flo und Jan verschwörerisch zu. Die beiden schüttelten die Köpfe. Dann schnipste Jan mit den Fingern. „Ich habe eine Idee! Wie wäre es wenn Flo nach der Schule zu euch dazu stoßen würde? Er ist ein ausgezeichneter Dart-Spieler.“ Flo riss die Augen auf. Es kam gerade so vor als hätte Jan gesagt, er würde Hausaufgaben lieben. „Aber ich habe keine Ahnu.....“ Jan stieß ihn sanft mit dem Ellbogen an. Marina fand die Idee großartig und nannte Flo die Adresse. Dieser lächelte nur milde und schaffte es nicht einmal sich von ihr zu verabschieden. Als Marina den Raum verlassen hatte, wandte er sich sofort an Jan. „Was sollte der Scheiß? Ich habe keinen Schimmer wie man Dart spielt!“ Jan rollte verächtlich mit den Augen. „Es wird doch wohl kein Problem darstellen einen Pfeil zu werfen, oder? Außerdem habe ich dir gerade die Chance verpasst Marina näher kennenzulernen.“ Flo spürte wie sein Herz anfing zu rasen. „Wer sagt den das ich das überhaupt will?“, protestierte er. „Dein gerötetes Gesicht!“, gab Jan zurück und konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Flo war sauer auf Jan, aber auch etwas dankbar. In der Sportstunde kam heute Völkerball an die Reihe. So konnte sich Flo an Jan rächen. Die Schule endete um Eins und Jan erinnerte Flo, dass er sich beeilen musste, um noch rechtzeitig zu seinem Date zu kommen, wie er es nannte. Das Problem war nur, dass Flo keine Ahnung hatte wohin er musste. Er hatte zwar eine Adresse, doch die befand sich in der Innenstadt und Flo hatte es schwer sich zurecht zu finden. Eulenspiegelstraße 7. Er nahm die Straßenbahn und stieg an der Endstation aus. Jetzt musste er die Richtige Straße finden, was sich nicht als leicht herausstellte. Die Endstation hieß nicht umsonst so. Familienhäuser mit Gärten gab es hier nirgends. Auch Geschäfte und öffentliche Gebäude waren rar. In einiger Entfernung hörte Flo einen Zug, der über die Gleise raste. In ihm kam das unangenehme Gefühl auf, das er hier falsch sein könnte. Er griff in seine Hosentasche und fischte den Zettel mit der Adresse heraus. Flo musste nach dem Eulenspiegelstraße suchen. Er sah sich um und entdeckte sofort das große Schild. Kugelplatz. Flo beschloss, sich in den umliegenden Gassen umzusehen. Bald musste der Junge jedoch feststellen, das es Zeitverschwendung war. Amselgasse, Heustraße, Amadeusweg ... . Die Seitenstraßen sahen sich alle ziemlich ähnlich. Heruntergekommene Gebäude und steinalte Autos. Flo war in der Altstadt gelandet. Wenn er doch bloß einen Stadtplan bei sich hätte. Da das aber nicht der Fall war, war Flos einzige Chance jemanden zu finden, der ihm weiterhelfen konnte. Der Bub sah sich nach allen Seiten um, konnte aber keine Menschenseele ausmachen. Da kam ihm eine Idee. Die meisten Leute stiegen nur an der Endstation aus, da in der Nähe eine Haltestelle für die Bahn war. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende, vernahm er auch schon wieder den nächsten Zug. Er folgte dem Geräusch und war bald am Ziel angelangt. Die Haltestelle war eher klein und zierlich. Unter dem kleinen Häuschen, unter dem die Leute meist warteten befand sich niemand. Sollte Flo warten, bis jemand aus dem nächsten Zug sprang? Allerdings wer würde hier schon aussteigen? Flo war klar das er entweder zu spät ausgestiegen oder überhaupt die falsche Straßenbahn genommen hatte. Flo wartete bis drei Züge an ihm vorbeirauschten, bis er schlussendlich beschloss aufzugeben. Er wollte den Bahnhof gerade verlassen als er Stimmen hörte. Flo spitzte seine Ohren und schloss die Augen. Nach kurzer Zeit war er sich sicher, dass die Stimmen aus dem inneren des Bahnhofsgebäude kommen musste. Erleichtert atmete er auf. Vielleicht konnte er nun doch noch rechtzeitig zu seinem Date kommen. Schnell schüttelte Flo den Kopf und wunderte sich warum er dieses Wort benutzte. Wenn er allerdings nicht schnell handelte, könnte er seinen Termin vergessen. Er lief auf das Gebäude zu, das eher hoch als breit war. Neben der Eingangstür erblickte er eine vergläserte Kabine, die früher zum Kartenkauf benutzt worden sein musste. Flo wollte die Eingangstür öffnen, wurde jedoch enttäuscht. Entweder war sie verschlossen, oder sie klemmte. Wieder vernahm Flo das Gerede aus dem Inneren. Die Leute mussten doch irgendwie hineingekommen sein. Die Möglichkeit, es wären Angestellte der Bahn verwarf Flo schnell. Bei diesem alten Gebäude bestand sicherlich schon Einsturzgefahr. Er umrundete das Haus und hätte sich anschließend ohrfeigen können. Die hintere Wand des Bahnhofgebäudes war schon zum Teil eingestürzt. Die Sicht auf das Innenleben war möglich. Flo hörte die Stimmen jetzt deutlicher. Es mussten die von Männern sein, doch Flo musste näher ran. Er stieg über die Trümmer und befand sich kurz darauf auf einem Schlachtfeld. Sand regnete von der Decke hinunter und einige Balken waren eingestürzt. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Laden abgerissen wird.“, dachte Flo und sah sich weiter um. Die Stimmen schienen aus einem Nebenraum zu kommen. Nur eine brüchige Wand trennte ihn von den Männern. Er wollte zu ihnen gehen, doch dann er hielt inne, als sich unerwartet der Tonfall änderte. „Ich verstehe einfach nicht wo das Problem liegt!“, schrie einer der beiden. Flo schlich sich bis zum Ende der Mauer und unternahm einen Versuch in den anderen Raum zu sehen. Wie erwartet standen sich zwei Männer gegenüber. Der eine stach Flo sofort ins Auge. Es war ein bulliger Kerl, mit kahlrasierten Schädel und einem Sweatshort, das offenbar zu klein war. Noch etwas fiel Flo auf. Auf seiner rechten Schulter hatte er eine Tätowierung. Zwei Schlangen, die sich miteinander verbunden hatten und ein Herz bildeten. Flo glaubte zu erkennen das es sich um Kobras handelte. Er schien wütend zu sein. Das leitete Flo davon ab, da der Unbekannte seine Zigarette aus dem Mund spuckte und fest mit seinem Stiefel zertrat. Der andere Mann war sein genaues Gegenteil. Er schien sehr gepflegt und hatte auch einen vornehmen Anzug an. Flo wusste nicht, was er unternehmen sollte, weswegen er noch wartete. „André! Verstehe doch bitte! Gut, es ist für mich sicher kein Problem die Informationen zu beschaffen, aber meine Kollegen stellen Fragen. Unangenehme Fragen! Ich habe die Akte von Lehmann aus dem Archiv geholt und einer meiner Kollegen hat es gesehen. Es ist...... zugegeben ein merkwürdiger Fall gewesen, deswegen wurde er auch misstrauisch!“, beklagte sich der feinere von beiden. Der Mann, den er André nannte schüttelte nur den Kopf. „Oh mann! Tobias, es wird für dich doch nicht schwierig sein, ihn irgendwie abzuschwatzen!“ Dieser trat verlegen mit den Beinen auf der Stelle. „Nein, ich habe meinem Kollegen erzählt, ich brauche die Informationen privat. Das hat ihn jedoch veranlasst noch mehr Fragen zu stellen. Es wird einfach zu gefährlich für mich!“ André wischte sich mit seiner Hand über die Stirn. Es sah aus als würde er angestrengt nachdenken. „Also gut! Ich bin mir nicht sicher, ob die bisherigen Informationen ausreichen! Whisky will unbedingt an das Ding ran!“ André griff in seine Jackentasche und holte ein Bündel Geldscheine heraus. Tobias nahm sie entgegen und zählte sie. Verwundert blickte er André an. „Das ist zu viel!“ „Ach was! Da ist das nächste mal mit drin.“ Tobias schüttelte energisch den Kopf. Er nahm zirka die Hälfte des Geldes und wollte es André zurückgeben. Dieser wollte davon nichts wissen. Stattdessen packte er Tobias an der Krawatte und zog ihn näher an sich. „Es ist mir egal ob du Schwierigkeiten bekommst oder nicht! Die Sache ist einfach zu wichtig, verstanden!“ Tobias blieb nichts anderes übrig als schwach zu nicken. Flo verstand zwar nicht worüber die beiden quatschten, aber ihm war klar das sie nicht über die neueste Mode redeten. Die zwei hatten irgendein krummes Ding vor, das stand fest. Flos Herz hatte das ganze Gespräch lang gerast und er konnte an nichts anderes mehr denken als an die Männer. Er befürchtete schon die Männer würden seinen Herzschlag hören. Er musste fort! Wenn die beiden wirklich Verbrecher waren, durften sie Flo nicht sehen! Auf Zehenspitzen ging er den selben Weg zurück, den er gekommen war. Er wollte gerade über die Trümmer nach draußen steigen, als plötzlich wie aus dem Nichts zwei Hände über ihm auftauchten. So schnell wie sie gekommen waren packten sie Flo auch schon. Dieser bekam den Schreck des Jahrhunderts. „Wusste ich doch, das ich etwas gehört habe!“, ertönte die Stimme von André. Flo begann sich zu wehren und wild um sich zu schlagen, doch gegen den Muskelprotz hatte er keine Chance. „He, Tobias! Ich brauch mal deine Hilfe!“, rief er dem anderen zu. Doch dieser kam nicht. „Tobias!“ André wurde langsam ungeduldig. Dann durchbrach ein Schrei die Stille des Ortes. Das war Flos Gelegenheit. Es gelang ihm sich loszureissen und wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Wieder erklang das Schreien, das ohne Zweifel von Tobias stammte. Flo hatte schreckliche Angst. Er schaltete sein Gehirn ab und rannte. Er rannte einfach blindlings los, egal wo er auch ankommen würde. André wollte ihm folgen, doch er hörte Tobias schmerzend stöhnen. Er musste sich entscheiden. Verfolgte er den heimlichen Lauscher oder half er seinem Komplizen? Er entschied sich dafür nach Tobias zu sehen, bereute es jedoch. Dieser war, als André ihn gerufen hatte sofort losgerannt, jedoch dabei gestolpert. „Mein Bein!“, schluchzte Tobias mit schmerzverzerrtem Gesicht. André wurde sauer. „Verdammt! Spinnst du? Wegen so etwas rufst du mich? Da war ein kleiner Junge, der unsere Unterhaltung wahrscheinlich belauscht hat! Wenn wir den nicht bekommen und alles auffliegt killt Whisky uns beide!“, schrie André seinem Komplizen ins Gesicht. Flo dachte nicht darüber nach was momentan mit den beiden Männern passierte. Er rannte immer noch blind in den Straßen herum. Er hatte etwas gehört was er nicht hören sollte und jetzt sahs er in der Patsche. Die Kerle dachten bestimmt Flo hätte alles mitgehört, doch das stimmte nicht. Es war ihm zwar gelungen ein paar Sätze mit zu bekommen, doch worum es überhaupt ging war Flo unklar. Obwohl Flo ohne nachzudenken losgelaufen war fand es sich in der Nähe der Straßenbahn-Endstation wieder. Es war wie ein Segen, als plötzlich die Siebener vor ihm stehenblieb. Flo stürmte sofort hinein warf sich auf den ersten Sitz, den er ergattern konnte. Er schnaufte und seine Lunge brannte. Er wollte nur Weg. Weg von diesem Ort und von den Männern. Eigene Nachforschungen „Krass!“ Das war alles was Jan einfiel, als ihm Flo von seinem Erlebnis berichtete. „Krass? Ich habe die pure Panik bekommen!“, erklärte Flo noch etwas geschockt. „Du musst zu deinem Bruder, er ist doch Polizist, nicht?“ Flo nickte langsam. „Er ist in der Ausbildung.“ „Dann lauf schnell zu ihm und erzähl ihm alles!“, schlug Jan vor. „Und wenn..... er mir nicht glaubt?“, zögerte Flo. „Muss er! Sowas kann sich keiner ausdenken.“ Flo beherzigte Jans Rat und fand sich eine Stunde später im Polizeipräsidium wieder. Jan war ebenfalls mitgekommen und wartete vor dem Eingang. „Was kann ich den für dich tun?“, fragte plötzlich eine Unbekannte Stimme. Neben Flo war ein Beamter aufgetaucht. Er sah sehr freundlich aus und lächelte ihm entgegen. „Ähh...... ich suche meinen Bruder... Niko. Nikolas.“ Der Beamte überlegte einen Moment und meinte dann:„ Ja! Unser Lehrling! Siehst du die Tür, ganz unten am Gang? Dort findest du ihn bestimmt!“ Flo bedankte sich überquerte den langen Gang, bis zur Tür. Er klopfte an und vernahm kurz darauf die Stimme seines Bruders. „Moment! Bin gleich soweit.“ Irgendwie klang sie aber komisch. Als Niko öffnete sah Flo wie er ein Stück Wurstsemmel im Mund hatte. Niko schien sich über den Besuch zu freuen, war aber auch etwas verwundert. Als er Flos Gesichtsausdruck bemerkte, bot er ihm sofort einen Stuhl an. Er legte seine Wurstsemmel auf die Verpackung und begann auf Flo einzureden. „Was führt dich zu mir, Bruderherz? Du siehst aus als hättest du einen Alien gesehen.“ „So etwas ähnliches.“, murmelte Flo. In kurzen Sätzen berichtete er was ihm widerfahren war. Nikos Gesichtszüge änderten sich schlagartig. „Wenn das wirklich war ist, dann... dann bist du in Gefahr. Die Kerle haben bestimmt über ein Verbrechen geredet! Pass auf. Ich hole jetzt einen Kommissar. Kommissar Schäfer. Er wird sich deine Geschichte nochmal anhören und wir unternehmen gemeinsam etwas!“ Flo freute sich wie an seinem Geburtstag. Nicht nur, dass Niko ihm Glauben schenkte, er wollte ihm sogar damit helfen. Sein Bruder rannte aus dem Zimmer und kehrte kurz später mit einem Mann mittleren Alters wieder. Flo musste zu ihm aufsehen und.... Er riss entsetzt die Augen auf. Sein Herz, dass gerade noch ruhig geschlagen hatte, raste nun auf 180. Kommissar Schäfer beugte sich zu ihm. „Na, dann erzähl mal!“ Als Flo sich nicht rührte, begann Niko zu erzählen. Kaum hatte er jedoch angefangen, so unterbrach ihn sein kleiner Bruder. „Nein!“, rief er schnell. „Das.... das war alles nur ein Scherz! Mir... war langweilig und ich wollte einfach nur meinen Bruder sehen! Da habe ich mir diese Geschichte ausgedacht.“ Nikolas und Herr Schäfer musterten ihn eine Weile, bis der Kommissar meinte:„ Niko! Pass besser auf deine Verwandtschaft auf! Ich bin sehr beschäftigt und habe überhaupt keine Zeit für diesen Unsinn!“ Niko entschuldigte sich für seinen kleinen Bruder bedankte sich für die Mühe. Dann drehte er sich um und strafte Flo mit einem bösen Blick. „Weißt du was ich jetzt für einen Ärger kriege?“, fragte er verärgert. Flo schüttelte verzweifelt den Kopf. „Niko! Die Geschichte stimmt. Aber.... dieser Mann! Er war einer der beiden Männer, die ich gesehen habe!“, verteidigte sich der Junge, Niko verzog noch mehr die Miene, was soviel bedeuten sollte, wie das er ihm nicht glaubte. Ohne ein Wort schmiss er seinen kleinen Bruder einfach raus. Dort wurde er von Jan empfangen. „Und wie wars? Bekommst du Polizeischutz?“ Als er Flo ansah vergass er diese Frage schnell wieder. „Sag jetzt bloß nicht, er hat dir nicht geglaubt.“ Stockend antwortete sein Bester Freund und kam auch auf den Kommissar zu sprechen. „Das ist ja ein Hammer!“, klatschte sich Jan mit seiner Hand auf die Stirn. Flo erhöhte seine Lautstärke und schrie Jan richtig an. „Ich weiß das er es war! Es war dieser Tobias!“ „Ich glaube dir ja!“, beruhigte ihn Jan. Dann hielt er inne. „Du kennst seinen Vornamen? Das ist der Beweis das du die Wahrheit sagst! Niko wird dir glauben.“ Flo hob die Augenbrauen. Jan hatte Recht. Schnell machte er kehrt und rannte zurück zu Niko. Der Lauf hatte ein schnelles Ende, als er mit jemanden zusammenstieß. „Tut mir Leid!“, entschuldigte er sich sofort. Dann nahm er erst wahr, mit wem er da zusammengeprallt war. „Du bist doch dieser Flo! Was suchst du noch hier? Verschwinde, oder es hat auch Konsequenzen für deinen Bruder.“ Flo zögerte nicht lange und machte kehrt. „Ob dieser Schäfer etwas mitbekommen hat?“, fragte er außer Atem. „Das kann ich mir eher nicht vorstellen!“, meinte Jan, was Flo aber nicht wirklich besänftigte. „Was tun wir jetzt? Einfach abwarten und hoffen das mich der Kobratyp nicht findet?“ Jan schüttelte energisch den Kopf. „Unsinn! Wir beschatten diesen Schäfer natürlich.“ Flo glaubte sich verhört zu haben. „Was? Warum sollten wir das tun?“ Jan setzte fort. „Ist doch Easy. Schäfer und dieser Kobratyp haben Dreck am Stecken und wir finden heraus welchen!“ Flo knirschte mit den Zähnen. „Jan! Die Sache ist gefährlich. Du kannst nicht einfach Detektiv spielen!“, versuchte Flo seinem Kumpel klar zu machen. „Das habe ich auch nicht vor.“ Flo atmete erleichtert. „WIR werden Detektiv spielen. Um genau zu sein, wir werden richtig ermitteln.“ Flo wollte auf Jan einreden, doch wenn dieser sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war jedes Wort zwecklos. „Dann holen wir am besten gleich eine Lupe.“, meinte Flo trotzig. Jan beachtete diese Bemerkung gar nicht. „Als erstes müssen wir mehr herausbekommen, also werden wir Schäfer beschatten.“ „Und wenn er uns bemerkt sind wir tot.“, fügte Flo hinzu. Jan verrollte die Augen. „Ewiger Schwarzseher. Du musst dich etwas verändern und mich kennt er ohnehin nicht.“ Mit verändern meinte Jan, das Flo von dessen Schwester eine völlig neue Frisur bekam. Sie war Friseurin und Flo machte es kaum etwas aus. Doch als sie die Haare rot färben wollte stieg er aus. Jan sah auf seine Uhr. Das Präsidium schließt gleich, was heißt das auch die Polizisten, Kommissare, Inspektoren und was es noch alles gibt Feierabend haben. Wir gehen Schäfer einfach nach.“ Flo gefiel diese Idee überhaupt nicht, doch er wollte Jan auch nicht allein gehen lassen. So kam es, das beide im Park neben dem Präsidium auf der Lauer lagen. „Da ist Tobias Schäfer!“, warnte Flo. „Ich habe ihn schon gesehen. Wir lassen ihm einen Vorsprung.“ Kaum war Schäfer um die Ecke gebogen konnte die Aktion starten. Nicht nur Flo war unwohl. Jan wusste das ihr Unternehmen nicht ganz ungefährlich war. Doch bereits am nächsten Häuserblock drohte die Verfolgung ein Ende zu haben. „Flo, schau mal!“, verlangte Jan. Schäfer hatte es plötzlich sehr eilig. Anscheinend wollte er zum Gegenüberliegenden Gehsteig. Dort parkten mehrere Taxis und Schäfer winkte einem. „Was jetzt? Wir können doch keinem Taxi nachrennen.“, gab Flo zu bedenken. „Vielleicht doch. Wir sind hier in der Innenstadt. Und da heute Freitag ist, herrscht besonders viel Verkehr. Wenn wir uns sputen können wir ihn einholen.“ Flo wusste bereits auf was das hinauslief. Flo hasste laufen, doch diesmal blieb ihm nichts anderes übrig. Gleichzeitig, als das Seitenstechen für beide Jungen unerträglich wurde hielt auch das Taxi. Schäfer bezahlte und stieg aus. Hinter Schäfer standen mehrere Familienhäuser. Schäfer musste in einem von ihnen wohnen. Gleich würden Flo und Jan es genau wissen. Sie blickten ihm angestrengt nach, bis ihnen die Sicht versperrt wurde. Vollkommen unerwartet schob sich ein Bus zwischen sie und Schäfer. „Mist!“, fluchte Flo. „Wieso hält dieser Bus ausgerechnet vor unseren Augen?“ Jan sah sich um und deutete auf ein Schild, das direkt neben Flo stand. Linie 510. Die Jungen waren direkt vor einer Bushaltestelle stehen geblieben. Der Busfahrer musste also zwangsweise denken, dass sie einsteigen wollten. Jan gab dem Fahrer ein Handzeichen weiterzufahren. Dann trat das ein was geschehen musste. Schäfer war weg. Spurlos verschwunden. „Wir haben ihn verloren!“, schimpfte Jan. „Nicht unbedingt. Der Bus ist doch nur eine halbe Minute stehengeblieben. Schäfer ist ganz langsam gegangen. Er kann nur in einem der zwei Häuser sein, die uns gegenüber liegen.“ Jan gab Flo recht und schlug ihm anerkennend auf die Schulter. „Welches testen wir zuerst?“, wollte Jan wissen. Flo antwortete nicht, sondern lief gleich auf das erste zu. Er tippte auf die Klingel und wartete ab. Jan hatte ihn eingeholt und bat ihn vorsichtig zu sein. Als die Tür geöffnet wurde, bekam Flo die Überraschung seines Lebens verpasst. „Ja?“ Vor ihm war Marina aufgetaucht. Nachdenklich musterte sie ihn. „Die Party ist längst vorbei. Du hast zwar gesagt, das du später kommst, aber das ist ein Witz!“ Flo war noch immer so erstaunt, das er keinen Ton herausbekam. Da musste natürlich wieder Jan ran. „Flo hat sich verirrt und wollte sich nur entschuldigen, nicht wahr?“ Jan stieß Flo leicht mir der Schulter. „Ja..... Genau!“, bestätigte dieser. Marina schien zu überlegen, ob sie den beiden glauben sollte. Dann bat sie die Jungen jedoch einzutreten. Marina und ihre Familie bewohnte ein eher älteres Haus. Die Farbe bröckelte von außen ab und innen waren mehrere alte Schränke und Tische zu sehen. „Marina, kennst du einen Herrn Schäfer?“, stieß Flo plötzlich heraus. Marina wunderte sich kurz. „Herr Schäfer, unser Nachbar? Woher kennt ihr ihn?“ „Er ist Polizist, richtig?“, forschte Flo weiter. Marina nickte kurz. Sie führte die zwei Detektive in das Wohnzimmer und bat sie zu warten. Sie wollte Colas bringen. Jan machte Flo auf etwas aufmerksam. Das Wohnzimmer besaß lediglich drei Wände. Die Vierte bestand aus vielen Schiebetüren aus Glas. Dahinter war ein gut gepflegter Garten zu sehen, und dahinter das Haus von Herrn Schäfer. „So!“, meinte Jan auf einmal. „Ich lasse dich mit Marina alleine und sehe mir das genauer an!“ Bevor Flo noch protestieren konnte, hatte Jan schon die Tür geöffnet und war in den Garten getreten. Langsam pirschte er sich neben zahlreichen Sträuchern zum Gartenzaun. Er war aus alten, morschaussehenden Holzbrettern erbaut worden. Dahinter lag das Grundstück von Tobias Schäfer. Im Gegenzug zu Marinas Heim sah Schäfers Haus eher aus, als wäre es gerade gebaut worden. „Mist!“, fluchte Jan. Von Marinas Grundstück aus konnte er keinen Blick in das innere des Gebäudes werfen. Er sah sich um und entdeckte schließlich etwas was ihm helfen konnte. Am Ende des Zaunes lag ein Brett, dass in der Mitte auseinander gebrochen war. Der Zaun schien schon sehr viele Jahre auf dem Buckel zu haben. Jedenfalls gab es einen Weg zu Schäfers Garten. Jan war klar, dass es gefährlich war, aber er wollte mehr herausfinden! Er zwängte sich durch den schmalen Durchgang und fand sich neben einem Brunnen wieder. Das Haus war keine zehn Schritte entfernt. Geduckt schlich er weiter, bis er nur noch blau sah. Das Haus hatte einen blauen Anstrich, der mit weißen Linien an den Ecken und Enden verseht war. Jan huschte zum Ersten Fenster das er fand. Vorsichtig guckte er hinein und erblickte einen Tisch, umringt von mehreren Stühlen. Das Zimmer sah kreisförmig aus und an die Wand gepresst standen ein Herd, ein Geschirrspüler und ein Kühlschrank. Es war also die Küche. Von Herrn Schäfer war allerdings keine Spur. Jan dachte schon daran den Rückweg einzuschlagen als es geschah. Wie aus dem Nichts packte etwas fest seine Hosenbeine und riss sie nach hinten. Jan verlor das Gleichgewicht. „Wo ist den Jan?“, fragte Marina verblüfft.“ „Der hatte noch einen Termin!“, warf Flo ein. Marina zuckte mit den Schultern und meinte:„Dann müssen wir uns die dritte Cola eben teilen.“ Flo schluckte heftig. „Aber jetzt sag mal! Was habt ihr mit diesem Schäfer zu schaffen?“ Da Flo sonst kein Gesprächsstoff einfiel, begann er von seinen bisherigen Erlebnissen zu erzählen. Als er fertig war, sah er Marinas nachdenkliches Gesicht. Sie überlegte ob sie die Geschichte glauben sollte. Dann klatschte sie jedoch die Hände zusammen. „Dann bist du meinetwegen in dieses Dilemmer geraden! Sorry!“ Verblüfft sprang Flo auf. „Aber nein! Es war doch nicht deine Schuld, das ich mich verirrt hab! Flo stand Marina jetzt genau gegenüber sah ihr in die Augen. Nach einigen Sekunden setzte er sich wieder und versuchte weiterzureden. „Was kannst du mir über Schäfer erzählen?“ Marina überlegte kurz und antwortete dann:„Er ist geschieden und lebt seitdem allein im Nachbarhaus. Mein Vater unterhält sich manchmal beim Rasenmähern mit ihm, aber das war auch schon alles. Achja und er ist Polizist, aber das wisst ihr ja schon.“ Entsetzt starrte Jan in das Gesicht eines Rotweilers. Wütend fletschte er die Zähne und musterte den Eindringlich bedenklich. An seinem Hals war eine Leine befestigt, die zirka 5 Meter lang reichte. Befestigt war sie an einem alten Schubentor, das auch das zu Hause des Hundes zu sein schien. Der Rotweiler setzte sich in Bewegung und fing an Jan zu umkreisen. Der Junge rechnete jeden Augenblick damit zerfleischt zu werden, als plötzlich ein Pfiff ertönte. Von der Seite war nun Schäfer aufgetaucht und steckte seine Finger in den Mund. Er pfiff abermals, bis der Hund reagierte. Artig setzte er sich auf ließ die Zunge heraushängen. Auf einmal war er so artig und verspielt, wie Jan es sich nie hätte vorstellen können. „Was suchst du hier?“, fragte Schäfer nun. Als Jan nicht antwortete, setzte er erneut zu einem Pfiff an. Dieser sollte jedoch eine andere Wirkung haben. „Stop! Ich... ich heiße Jan und bin ein Freund von Marina.“ „Und was suchst du hier?“, forschte Schäfer weiter. Jan wusste nicht was er antworten sollte, bis er wieder die Zähne es Hundes sah. „Ich habe meinen Ball in Ihren Garten geschossen!“ Etwas besseres fiel Jan nicht ein. Schäfer ließ seinen Blick schweifen, konnte aber nichts finden. „Äh... ich habe ihn natürlich bereits zurückgeschossen!“ Schäfer dachte nach, ob er die Version des Jungen glauben konnte. Schließlich zeigte er auf das Haus von Marina. „Verschwinde! Ich will dich hier nie mehr sehen! Und wenn du nochmals deinen Ball zu mir schiesst wird er Futter für meinen Basti. Und du auch! “ Für Jan war klar das damit der Rotweiler gemeint war. Ohne ein weiteres Wort rannte er schnell wie der Wind zurück zu Flo und Marina. Akte Lehmann Jan wusste nicht worüber er sich mehr ärgern sollte. Über sein Erlebnis mit dem Rotweiler oder das Flo Marina gegenüber alles preisgegeben hatte. „Ich hätte dir gleich sagen können, dass dieser Schäfer einen bissigen Hund hat.“ Als Marina sich umdrehte schnitt Jan eine Grimasse hinter ihrem Rücken. Von Flo bekam er einen strafenden Blick dafür. „Ich finde es toll, dass wir Marina eingeweiht haben. Zu dritt ist doch cooler.“, meinte Flo. Jan war so sauer, dass er aufpassen musste nicht gleich los zu lachen. Die drei beratschlagten noch eine Weile, bis ihnen auffiel das es draußen langsam dunkel wurde. Flo und Jan verabschiedeten sich und machten sich auf den Heimweg. Sie gingen den selben Weg, den sie auch gekommen waren. Dabei nahmen sie jedoch nicht wahr das sie beobachtet wurden. Gegenüber von Schäfers Haus waren mehrere Mietshäuser gebaut worden. Die meisten standen noch leer, was dem Mann, der es sich gerade auf dem Balkon gemütlich gemacht hatte sehr nutzte. Er war ziemlich dick und sein Gesicht erinnerte an einen Ballon. Seine Freunde sagten immer er solle endlich abnehmen, doch er hörte nicht auf sie. Wie gerade im Moment. Er hatte sich mit einem Korb voller Brötchen und einem Kasten Bier eingedeckt. Schon eine ganze Weile beobachtete er das Haus von Herrn Schäfer. Als ihm jedoch aufgefallen war das ein kleiner Junge dessen Grundstück betreten hatte, wurde seine Aufmerksamkeit auch auf das Nachbarhaus gelenkt. Er hatte sich erkundigt und erfahren das eine gewisse Familie Schacher dort wohnte. Die Jungen die in das Haus gegangen waren mussten aber nur zu Besuch sein. Es war mittlerweile so dunkel geworden das sich die Straßenlampen automatisch einschalteten. Der Mann nahm nun ein Handy aus der Hosentasche, zumindest versuchte er es. Im Moment fluchte er über sein Volumen. Er bekam sein Handy einfach nicht raus. Als er es endlich geschafft hatte befürchtete er schon es wäre zu spät. Nein, doch nicht. Die Jungen gingen gerade unter einer Straßenlampe hindurch. Schnell zückte er sein Handy und tippte ein paar Tasten. Dann richtete er es auf das Ziel und knipste. Sein Handy diente auch als Fotoapparat und er konnte es nun an jeden Empfänger schicken, den er wollte. Er öffnete das digitale Adressbuch und wählte den Namen „Whisky“ aus. Kaum war das Foto verschickt, begann er die Nummer anzurufen. Sein Gesprächspartner schien sich Zeit zu lassen. Möglicherweise begutachtete er gerade das gesendete Bild. 30 Sekunden später wurde abgehoben. „Ja? Manfred bist du das? Was soll ich mit dem Bild?“ Der Mann am anderen Ende war sehr aufgebracht. Manfred versuchte zu erklären. „Sir, es ist wegen Schäfer.“, begann er. „Was? Hat er etwa was ausgeplaudert?“ „Nein, aber ein Junge hat bei ihm spioniert. Vielleicht könnte sich André mal ansehen ob es der Junge ist, den wir suchen.“ Am anderen Ende verstummte es. Manfreds Gesprächspartner schien angestrengt zu überlegen. „Also gut. Ich werde André das Foto schicken. Finde du inzwischen heraus wo diese Kinder wohnen!“ „Verstanden.“, sagte Manfred ernst und legte dann auf. Manfred machte sich sofort an die Arbeit und folgte den beiden. Als die zwei jedoch in verschiedene Busse einstiegen, war Manfred verwirrt. Welchem sollte er folgen? Er entschied sich für den, den er auch bei Schäfer gesehen hatte. Zu Manfreds Überraschung stieg er bereits an der nächsten Station aus und steuerte auf ein neueres Mehrfamilienhaus zu. Kaum war er darin verschwunden notierte sich Manfred die Adresse und machte sich auf den Weg, zurück zu Schäfer. „Das ist eine miese Idee!“, beschwerte sich Flo am nächsten Tag. Er, Jan und Marina hatten sich heute nämlich vor der Polizeistation verabredet. Marina hatte einen Einfall gehabt, der den jungen Detektiven weiterhelfen konnte. „Und du bist sicher sie haben Lehmann gesagt?“, fragte Marina anscheinend nochmal. Flo nickte. „Ja, aber wenn das irgend jemand bemerkt, vielleicht mein Bruder oder....“ „Reg dich ab!“, lächelte Marina ihn an. „Das wird ein Kinderspiel.“ Jan musste sein Kichern verbergen. Er wusste das Flo nun weich wie Wachs war. Die Plan sah folgendermaßen aus. Sie wollten in das Archiv der Polizeistation um die Akte von diesem Lehmann „auszuborgen“. Laut Marina war das die einzige Möglichkeit weiter zu kommen. Als die drei die Station betraten hatte Flo fürchterliche Angst Schäfer oder Niko zu begegnen. Das blieb zum Glück aus. „Entschuldigung, wo es denn hier das Archiv?“, fragte Jan einen vorbeikommenden Beamten. „Was wollt ihr den da?“, fragte dieser misstrauisch. Die drei beschlossen bei der Wahrheit zu bleiben – zumindest fast. „Wir sollen ein paar Akten holen.“, erklärte Marina schnell. Der Beamte schien es ihnen zu glauben und beschrieb ihnen den Weg. Dieser führte in den Keller. Sie hatten Glück, das sie unterwegs nicht angesprochen wurden. Flo bemerkte als erster die Tür, hinter der sich eine Bibliothek zu befinden schien. Schnell riss Jan Flo zurück. Neben der Tür war ein Schreibtisch aufgebaut, hinter dem jemand saß. Es war ein eher älterer Mann in grauem Anzug. Allen dreien kam die selbe Idee. Er musste das Archiv verwalten. „Sollen wir nochmal die selbe Ausrede benutzen?“, wollte Flo wissen. Marina schüttelte den Kopf. „Unmöglich, aber ich habe bereits eine andere Idee. Sie verschränkte ihre Arme hinter dem Rücken und ging auf den Verwalter zu. „Hoffentlich geht das gut.“, betete Flo. „Halt, wer bist du und was willst du hier?“, wurde Marina sofort gefragt. „Ich bin wegen des Praktikums da.“ Der Verwalter sah sie verständnislos an. „Praktikum?“, fragte er verwirrt. „Ja, das hinter Ihnen ist doch das Archiv, oder?“ Der Verwalter nickte bedenklich. „Dann bin ich hier ja richtig!“ „Wofür? Und welches Praktikum meinst du?“ Marina schaltete schnell. „Ich bin hier wegen dem Praktikum und Ihr Chef sagte ich solle mir hier alles genau ansehen. Sagen Sie bloß, Sie wissen nichts davon.“ Der Verwalter schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern zugleich. „Nein, aber mir wird ja nie was gesagt. Für die da oben bin ich ja nur gut zum Computertippen.“ „Darf ich mich jetzt umsehen?“ „Nein! Auch wenn der Chef das gesagt hat, das Archiv kann er nicht gemeint haben. Dort haben nur Beamte Zutritt.“ Marina ließ sich nicht unterkriegen. Sie setzte ihren Dackelblick auf und tat so als würde sie jeden Moment zu weinen anfangen. „Ich... ich wollte doch nur besonders fleißig und brav sein.....“ Der Verwalter rang mit sich. „Also gut! Aber sag niemanden was davon!“ Marina freute sich wie ein kleines Kind. Wie das, welches sie gerade gespielt hatte. Kaum war sie mit dem Verwalter im Archiv verschwunden war der Weg für Flo und Jan frei. „Los jetzt!“ Doch Flo rührte sich keinen Millimeter. Jan glaubte zu wissen woher das rührte. „Los, du Wachsfigur, wir müssen weiter!“, „Was für eine Uhr?“ Jan zerrte Flo einfach mit, bis sie im Archiv waren. Kühle, stickige Luft wehte ihnen entgegen. „Hier ist es angenehm!“, meinte Flo. „Ja, aber wir haben keine Zeit. Suchen wir das ‚L‘ !“ Das Archiv war fast so groß eine eine halbe Turnhalle. Aus der Ferne hörten sie Marinas Stimme. Sie sprach besonders laut, um Flo und Jan rechtzeitig warnen zu können. Die beiden untersuchten währenddessen das erste Regal das sie fanden. „E, das L muss weiter links sein.“, erklärte Jan. Vier Regale weiter wurden sie fündig. Zirka in der Mitte fanden sie Lehmann. Besser gesagt zwei. Es befanden sich zwei Akten mit der Aufschrift Lehmann im Schlitz. „Welche ist die richtige?“, wollte Flo wissen. Jan wusste keine Antwort darauf. Dann entschloss er sich jedoch dazu, beide Akten heraus zu ziehen und unter seinem Pullover verschwinden zu lassen. „Das ist Diebstahl!“, warnte ihn Flo so leise wie möglich. Jan war das egal. Er hatte sich völlig in die Sache verbissen und wollte alles herausfinden. Marinas Stimme wurde lauter und die Jungen waren gezwungen zu fliehen. Sie warteten um die Ecke, bis Marina auch wieder herauskam. Der Verwalter setzte sich wieder auf seinen Schreibtisch und wünschte noch einen schönen Tag. „Und habt ihr sie?“, wollte sie sofort wissen. Jan deutete ihr erst nach draußen zu gehen. Dort präsentierte er stolz die Akten. Später trafen sich die drei bei Jan zu Hause, um dort die Akten durch zu sehen. Stehlen Geister? „Bedrohung! Die erste war schon mal eine Pleite.“ Jan öffnete die erste Akte und las unter Straftat Bedrohung. Er öffnete die zweite und las Schwerer Diebstahl. Dann schüttelte er verwirrt den Kopf. „Ich kann mir beim Besten Willen nicht vorstellen, dass eine dieser Akten für Ganoven wichtig sein könnte.“ Flo stimmte ihm zu, doch dann entdeckte er etwas. „Jan, Marina, die zweite Akte ist ziemlich alt. 1961 steht darauf.“ Jan und Marina sahen ihn nur fragend an. Für sie schien das nichts besonderes zu sein. Sofort schnappte sich Flo die Akte und blätterte darin. Jan und Marina wollten ebenfalls ein Blick erhaschen, doch Flo zog die Akte zu sich. Er schien etwas gefunden zu haben. „Und?“, wollte Marina wissen. „Also.“, begann Flo. „Hier steht das es vor zirka 40 Jahren hier in der Nähe einen Dieb gab, der fast in jedes Haus eingestiegen ist. Ein gewisser Harald Lehmann.“ „Das ist wirklich Schwerer Diebstahl.“, hob Jan die Augenbrauen. „Ihr wisst doch wo der Adlerwald ist, oder?“ Jan und Marina nickten. „Ich gehe einmal in der Woche dort vorbei, weil in der Nähe mein Flötenunterricht stattfindet.“, erzählte das Mädchen. „Naja, jedenfalls ist rund um den Wald Lehmann unterwegs gewesen und hat alles geklaut, was nicht Niet – und nagelfest war.“ „Und warum ist das für die Ganoven so wichtig?“ Diese Frage interessierte Jan und Marina nach wie vor. „Hier steht auch, dass die Polizei annahm das es gar nicht Lehmann selbst war, der die Diebstähle beging. Sie glaubten, dass sich jemand für ihn ausgegeben hat, auch wenn einige Lehmann wiedererkannt haben.“ „Und wieso?“ Flo blätterte um und las weiter. Seine Augen weiteten sich. „Lehmann ist bereits ein halbes Jahr vor den Überfällen gestorben!“, berichtete er aufgeregt. „Dann hat wohl sein Geist die Einbrüche begangen.“, meinte Marina eher scherzhaft. Doch dann dachte sie nochmal nach. Sie nahm Flo die Akte ab und las die Absätze selbst durch. Die Leute, die Lehmann gesehen hatten, sagten aus, dass er es wirklich war. Er war jedoch ein halbes Jahr vorher verstorben. Die Obduktion des Polizeiarztes hatte ergeben, dass es Herzversagen war. Marina las weiter. Name: Harald Lehmann Obduktionsergebnis: Herzinfarkt Tod: 19.01.1961 – 23.00 Uhr Unterschrift: Doktor Karl Reiter Es gab noch eine letzte Seite, auf der mehrere Fingerabdrücke abgebildet waren. „Er kann doch nicht wirklich als Geist zurück gekommen sein!“, gab Flo zu bedenken. „Wieso nicht?“, fragte Jan. „Als Geist musste er nicht befürchten ins Gefängnis zu müssen.“ Flo fand diese Begründung mehr als unsinnig. Dennoch bekam er sie nicht aus dem Kopf. „Vielleicht sind diese Typen hinter der Beute von Lehmann oder seinem Geist her!“, fiel Marina nun ein. Flo warf ihr anerkennende Blicke. „Das ist sehr gut möglich! Super Idee!“, lobte er sie. Marina lächelte verlegen. „He, ihr Turteltäubchen, seht was ich gefunden hab!“, versuchte Jan auf etwas aufmerksam zu machen. Für das ‚Turteltäubchen‘ erntete er allerdings nur einen Fußtritt von Flo und einen leichten Schupser von Marina. Doch dann fanden sie den letzten Teil der Akte doch interessanter. Dort war nämlich eine Adresse angeführt, bei der Harald Lehmann gewohnt hatte. „Jetzt wohnt bestimmt niemand mehr dort!“, fiel Flo ein. „Wir könnten uns doch genauer umsehen!“ Marina und Jan hatten nichts dagegen. Vielleicht würde ihnen das weiter helfen. „Eindeutig!“, schrie André. „Er ist es.“ Er zeigte auf den etwas kleineren Jungen auf dem Foto. André hatte sich an einen Tisch gesetzt, auf dem bereits das Bild lag. Ein Mann tauchte hinter ihm auf. In der Hand hielt er eine Tasse Kaffee, der er André überreichte. Ohne sich zu bedanken schlürfte er sie genüsslich. „Das Kind war letztes mal so fertig, dass ich dachte es würde untertauchen oder sonst etwas.“ „Das war nicht Fall!“, erwiderte der Mann und setzte sich neben ihn. „Ich denke du wirst dir noch mehr Mühe geben müssen!“, schärfte er André ein. Dieser nickte und versprach sein Möglichstes zu tun. Pünktlich um 9 Uhr trafen sich Jan und Flo mit Marina. Flo wirkte noch etwas verschlafen. „Mussten wir schon um 9 los? Heute ist Sonntag!“, beschwerte es sich. „Trotzdem, du kannst doch nicht den ganzen Tag verschlafen.“, warf ihm Marina vor. Das wirkte. Flo war hellwach. Drachenallee 28 stand in der Akte. Diese Adresse visierten die drei jetzt an. „Was soll mit den Akten passieren?“, wollte Jan erfahren. Flo schien das nicht zu sorgen. „Wenn wir herausgefunden haben, was hier vorgeht gebe ich sie meinem Bruder. Da wir Informationen über die Gangster liefern, wird uns sicher verziehen.“ „Das hoffe ich....“, meinte Jan kleinlaut. Bald waren sie in der Straße angekommen. Drachenallee stand auf einem grünweißen Schild. Es war eine sehr lange Straße, die dicht an den Wald führte. Bald waren sie bei 20 angekommen. Nicht mehr lange und sie würden das Haus eines Geistes sehen. 26....27....nichts. Es gab kein Haus mit der Nummer 28. „Das.... das verstehe ich nicht!“, beteuerte Flo. Sie sahen sich nochmals um, konnten aber kein weiteres Haus wahrnehmen. Marina kam ein schrecklicher Verdacht. „Vielleicht wurde das Haus ja eingerissen!“ Flo und Jan dachten über Marinas Vermutung nach. Wenn das stimmte, war alles umsonst. „Nein! So leicht lasse ich mich nicht abspeisen!“, antwortete Jan entschlossen. Selbstbewusst steuerte auf das Haus mit der Nummer 27 zu. Er klingelte und im inneren war ein Geräusch zu hören, dass an ein Schlangenzischen erinnerte. Zögernd wurde die Tür ausgeschlossen. Ein Mann trat heraus und musterte sie Kinder. Er sah vom Einen zum Anderen. Dann traf ihn der Schlag. Er torkelte zurück, als hätte er gerade einen Geist gesehen. „Was wollt ihr!“, schrie er ihnen entgegen. Jan, dem das Verhalten des Mannes äußerst seltsam vorkam setzte zur Frage an. „Gibt es hier nicht auch ein Haus mit der Nummer 28?“ Jan erhielt keine Antwort. Der Mann schien etwas unter Schock zu stehen. Erst als Jan die Frage wiederholte antwortete er. „Verschwindet! Lasst diesen Blödsinn und verzieht euch!“, schnauzte er sie an. Danach warf er mit lautem Knall die Tür zu. „Ich glaube , ich habe gerade den unhöflichsten Menschen der Welt kennengelernt.“, ächzte Marina. „Wir werden beobachtet!“, warnte Flo seine Freunde. Tatsächlich. Auf der anderen Straßenseite war eine Sitzbank angebracht auf der ein alter Mann mit Gehstock platzgenommen hatte. Amüsiert sah er den dreien zu. Flo und Jan waren die ersten die bei ihm waren. Bevor sie noch etwas fragen konnte plapperte er schon drauf los. „Das war der Schiller! Mein Lieblingsbekannter. Beachtet ihn gar nicht. Wenn ihr eine Frage habt, fragt mich. Der alte Mann hatte beide Hände am Gehstock, obwohl er noch recht fit aussah. Sein Gesicht war von Falten überseht und seine Haare schienen lang nicht geschnitten worden zu sein. Neben seinem linken Ohr ragte ein kleiner Leberfleck hervor, der von seinen Haaren schon fast verdeckt wurde. Er kniff immer wieder seine Augen zusammen, da er wohl ein Seh – Problem aufwies. „Gibt es hier ein Haus Nr. 28?“, fragte Jan abermals. Der Mann hob seinen linken Arm und zeigte auf den Adlerwald. Die Junior-Detektive verstanden nicht ganz. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkten sie weit im Wald etwas farbiges. Ein Haus. Das war Harald Lehmanns altes Heim. Sie bedankten sich bei dem alten Mann und setzten ihren Weg fort. Kaum waren sie im Wäldchen verschwunden wurden im Haus von Herrn Schiller die Vorhänge zur Seite gerissen. Wutentbrannt sah ein bulliges Gesicht den Kindern nach. „Das ist es also.“, schluckte Flo. Die drei hatten ihr Ziel erreicht und standen vor einem großen Anwesen mitten im Wald. Es war ihnen früher noch nie aufgefallen. Es war eingezäunt und hatte einen riesigen Garten. „Sollen..... wir klingeln?“, fragte Marina vorsichtig. Flo und Jan nickten beide zustimmend. Nur so konnten sie mehr über Lehmann erfahren. Jan spitzte seinen Zeigefinger und drückte gespannt auf die Klingel. Von draußen war kein Ton zu hören. Nach einigen Sekunden versuchte er es nochmals. Die Zeit verstrich. „Vielleicht keiner daheim.“, schlug Marina als Möglichkeit vor. „Natürlich nicht!“, klatschte sich Flo auf die Stirn. Das Haus muss doch schon seit Jahren leer stehen. Seit Harald Lehmann gestorben ist.“ Wenn Flo recht hatte, würden die drei noch ewig warten. Es war Jan, der die Initiative ergriff. Er packte mit beiden Händen das Gittertor und zog sich hoch. „Warte, Jan!“, wollte ihn Flo abhalten. „Das ist unerlaubtes Betreten!“ Jan achtete nicht auf Flos Kommentare. Wenn das alte Haus tatsächlich leer stand, würde niemand etwas dagegen haben. Bald hatte Jan das Gitter hinter sich gelassen und versuchte es von innen auf zu bekommen. Doch dies gelang ihm nicht und Flo und Marina mussten ebenfalls klettern. Die drei standen nun in dem wildwuchsigen Garten, in dem das Gras schon fast einen Meter lang war. Bald waren sie vor dem Haus und beratschlagten was nun zu tun war. „Brich die Tür doch einfach auf!“, flötete Flo Jan zu. Das war nicht nötig. Wie von Geisterhand ging die Tür auf. Die Kinder erschraken und machten einen Schritt zurück. „Wieso..... wieso ist die Tür von allein aufgegangen?“, wollte Flo wissen. „Vielleicht ist sie mechanisch.“, antwortete ihm Marina. „Wirklich?“, fragte Flo erstaunt. Dann wurde ihm klar, dass sich Marina über ihn lustig machte. In einem so alten Haus konnte es nichts mechanisches geben. „Rein!“, kommandierte Jan. Es war nicht der Mut der aus ihm sprach, sondern die Neugier. Schnell war er in der Halle verschwunden. Flo und Marina warteten noch etwas. Dann hörten sie einen Schrei. Er stammte ohne Zweifel von Jan. Die beiden stürmten wie von einer Biene gestochen in die Halle. Dort fanden sie nicht nur Jan vor. Neben ihm hatte es eine empörte Frau aufgebaut. Sie war sehr jung und besaß langes blondes Haar. Sie trug eine karierte Bluse und einen bodenlangen Rock. Mit festen Griff hielt sie Jan an der Schulter. „Da haben wir wohl ein paar Einbrecher ertappt!“, sagte sie forsch. „Nein!“, wehrte sich der Junge. „Wir haben geklingelt, aber niemand hat aufgemacht!“, rief ihr Flo entgegen. „Ja, wir dachten hier lebt keiner mehr.“, wollte auch Marina eine Erklärung liefern. Die Frau schüttelte den Kopf. „Falsch gedacht. Ich lebe hier. Mein Name ist Patrizia Lehmann. Zugegeben hier ist es ziemlich staubig und Spinnennetze durchziehen schon einige Zimmer, doch es ist mein zu Hause. Die Kinder horchten auf. „Lehmann? Patrizia Lehmann?“, wunderte sich Marina. „Ja, warum?“, starrte sie die Frau nun an. „Sind sie mit Harald Lehmann verwand?“ Die junge Frau nickte. „Ich bin seine Tochter. Was habt ihr mit ihm zu schaffen?“ Die drei beschlossen bei der Wahrheit zu bleiben. Die Augen der Frau weiteten sich bei jedem Satz. „Ich verstehe. So war das also. Ihr müsst entsetzliches durchgemacht haben. Entschuldigt mein Verhalten.“ Harald Lehmanns Tochter führte die drei in das Wohnzimmer. Es war so groß, dass sogar noch eine Küche hineingepasst hätte. „He, Leute!“, machte Flo die anderen auf etwas aufmerksam. Im Wohnzimmer sah es aus wie nach einem Bombenangriff. Möbeln waren umgestoßen, Vasen zertrümmert und an manchen Stellen war der Teppich aufgerissen. „Welcher Krieg hat den hier stattgefunden?“, wunderte sich Marina. Patrizia schien beunruhigt. „Eigentlich wohne ich woanders. Ich sehe nur manchmal nach dem Haus meines Vaters. In der Zeit, in der ich nicht hier war, wurde eingebrochen.“ Flo zuckte zusammen. „Ob das die selben Typen waren, die ich belauscht habe?“ „Durchaus möglich.“, antwortete Patrizia. Jan fiel es etwas ein. „Hey! Die Kerle haben hier bestimmt etwas gesucht! Vielleicht hat Ihr Vater die Diebesbeute ja in seinem Haus versteckt!“ Flo und Marina horchten auf. Das war durchaus möglich. Aber die Ganoven schienen nicht fündig geworden zu ein. „Vielleicht aber auch nicht.“, meinte Flo zaghaft. „Was haltet ihr von dieser Version? Die Ganoven durchsuchen das Haus und finden nichts. Dieser Tobias, der Polizist ist, soll Informationen über Lehmann besorgen. Die Gauner hoffen so auf das Versteck der Beute zu kommen.“ Alle sahen ihn verblüfft an. Das war das Logischste. „Wartet kurz.“, bat Patrizia. Sie ging in die Küche und brachte die dreien frisches Getränke. „Mit Durst lässt sich bekanntlich schlecht denken.“, scherzte Patrizia. Die Vier legten eine Pause ein, was allen gut tat. Marina wollte gerade aufstehen, als sie auf etwas trat. Ich bückte sich und hob es auf. Es war ein Bild. Der Bilderrahmen war durch ihr Missgeschick gesprungen. Auf dem Bild waren zwei Herren zu sehen. „Wer ist den das?“, fragte Marina verdutzt. Patrizia nahm ihr das Bild aus der Hand und erklärte:„Das sind nur Vater und Onkel Benjamin. Das Foto ist schon alt und hat nichts zu bedeuten.“ Die drei sahen sie verwundert an. „Ist Ihr Onkel wirklich durch einen Herzinfarkt gestorben?“, forschte Jan. Patrizia nickte. „Ja, er hatte immer schon ein schwaches Herz. Und eines Tages....“ „Aber.... wie kann er.... als Toter stehlen?“ Patrizia konnte ihm darauf keine Antwort geben. Die Vier unterhielten sich noch eine Weile, bis es Zeit war zu gehen. Die drei bedankten sich für die Hilfe und machten sich auf den Heimweg. Patrizia hatte ihnen das Tor geöffnet, damit sie nicht wieder klettern mussten. Flo fiel nun aber etwas ein, dass für sie sehr wichtig sein konnte. Vielleicht irrte er sich ja, aber er musste den anderen davon erzählen. Sie waren einige Schritte vom Haus weggegangen als Flo über seinem Kopf ein Rascheln hörte. Erst dachte der Junge es wäre der Wind, bis er dann den echten Grund erkannte. Ober sich erblickte er eine Gestalt, die auf ihn heruntersah. Sie hielt ihre Hände fest um die Äste. Dann ließ sie die Äste los und sprang in die Tiefe. Sie landete genau hinter Flo. Die Gestalt griff in ihre Hosentasche und zog unerwartet ein Messer hervor. Während sie mit der Linken Hand Flo fest umschlungen hielt, schob er mit der Rechten das Messer vor dessen Hals. Die Entführung „Hi...Hilfe!“, rief Flo entsetzt. Jan und Marina waren schon einige Schritte weiter vorne, doch dann hörten sie Flos flehen. Er bewegte seine Augen nach unten und sah das Messer. Er erkannte sofort das es ein Schweizer Armeemesser war, das auch mehrere Zwecke erfüllte. Eine dicke, behaarte Hand hielt das Messer dicht an seinen Hals. Er sah die Hand entlang und erschrak fürchterlich. Er konnte bis zum Oberarm seines Angreifers blicken. „Jan! Marina!“, rief er nach seinen Freunden. „Das.....das ist er! Der Kobratyp!“ „Lass....Lassen sie unseren Freund los!“, verlangte Jan. Sein Mut war nur gespielt. Er hatte schreckliche Angst, dass der Mann durchdrehen und Flo erstechen könnte. „OK! Jetzt hört gut zu, ihr Knirpse!“, verlangte André. Ihr geht jetzt schön nach Hause. Dort werft ihr dann die Akten in den Müll und vergesst was ihr bislang erlebt habt. Andernfalls werdet ihr bei unserer nächsten Begegnung nur noch zu zweit sein!“ Dabei sah André Flo an. André steckte sein Messer wieder ein und ließ von Flo ab. Keuchend stürmte dieser zu seinen Freunden. „Zieht Leine! Und kein Wort zu niemanden!“, schärfte ihnen André noch ein, bevor er das Weite suchte. „Flo, alles in Ordnung?“, fragte Marina besorgt. Es dauerte etwas bis der Junge wieder klar denken konnte. Marina hatte sich zu ihm gehockt und versuchte ihm zu helfen. „Ist euch das auch aufgefallen?“, fragte Jan seine Freunde. „Er hat von den Akten gewusst. Aber er konnte unmöglich wissen, dass wir sie genommen haben! Wir müssen herausfinden wieso er das weiß.“ Flo glaubte sich verhört zu haben. Schnell rappelte er sich auf und stieß Marina einfach von sich weg. Er packte Jan an den Schultern und schnauzte ihn wütend an. „Du! Du und dein Detektiv spielen! Der Gangster hätte mir gerade die Kehle aufgeschlitzt, wegen dir. Das alles war nicht nur deine Idee, sondern du hast seit Anfang an nichts anderes getan als uns alle in Gefahr zu bringen.“ Jan wusste nicht was er darauf antworten sollte. Flo war so aufgebracht, dass er es nicht einmal wagte sich zu verteidigen. Erschöpft sank der Junge wieder zu Boden. „Flo....“, fing Marina an. Dann stoppte sie. Sie zeigte langsam auf den Hals den Jungen. Flo fasste sich an die Stelle und starrte auf seine Hand. Er blutete. Das Messer hatte ihn ein Stück berührt. Flo hatte seine letzten Kräfte verloren und ließ sich auf den harten Waldboden fallen. „Bist du den völlig verrückt?“, schnauzte ihn der Mann an, der sich als Decknamen Whisky ausgesucht hatte ins Telefon. André rauchte gerade eine Zigarette, ließ sie fallen und zertrat sie mit seinen Stiefeln. „Sir, beruhigen sie sich. Sie haben die Kinder nicht gesehen. Die waren fertig! Vorallem der Junge, der mich beobachtet hat. Die verraten bestimmt nichts mehr.“ „Wollen wir es hoffen!“, brüllte Whisky weiter. „Wenn sie nochmal im Haus von Lehmann auftauchen, weißt du was zu tun ist.“ André nickte, obwohl Whisky das natürlich nicht sehen konnte. Dann legte er auf. Whisky strich sich währenddessen mit beiden Händen das Gesicht ab. Er hielt inne. Er war ziemlich verschwitzt. Er beschloss sich waschen zu gehen und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. Dabei kam er aber an seinem Arbeitszimmer vorbei. Er richtete einen kurzen Abstecher ein und setzte sich an einen protzigen Schreibtisch. Er öffnete eine Schublade und fischte ein paar Unterlagen heraus. Das zerknitterte Papier ließ darauf schließen, dass er sie schon oft durchgesehen hatte. Trotzdem tat er es wieder. Er musste sicher gehen, nichts übersehen zu haben. Neben seinem Telefon hatte er auch ein dickeres Buch liegen, das er ebenfalls aufschlug. Ärztliches Fachbegriffe war darauf geschrieben. In seinen Unterlagen gab es einigen Kauderwelsch, den er erst übersetzen musste. „Es dauerte beinahe ein halbe Stunde bis er fertig war. Das er ins Badezimmer wollte, hatte er bereits vergessen. „Dieser alte Fuchs.“, lachte Whisky in sich hinein. „Wie geht es ihm?“, wollte Marina von Flos Mutter wissen. „Schwer zu sagen. Er fühlt sich schon seit gestern nicht gut.“ „Das ist unsere Schuld.“, meinte Jan bedrückt. „Es ist doch nicht eure Schuld, dass er krank ist.“, versuchte Flos Mutter sie zu beruhigen. „Wenn die wüsste.....“, flüsterte Marina Jan zu. „Dürfen wir eintreten?“, fragten sie so freundlich wie nur möglich. Flos Mutter schien nicht recht zu wissen. „Eigentlich hat er gesagt er will niemanden sehen, aber es wird ihm gut tun Freunde um sich zu haben.“ Jan und Marina traten in die eher kleinere Wohnung ein und erblickten sofort Flos Zimmer. Dieser hatte die letzte Nacht kaum geschlafen. Immer wieder war er aufgewacht und hatte sich an das Ereignis mit André erinnert. Auch in seinen Träumen verfolgte er ihn. Flo rannte vor ihm weg, doch André verwandelte sich in eine riesige Kobra und wickelte sich um ihn. Als sie zudrückte wachte Flo auf. An seiner Tür klopfte es. Es konnte nicht sein Mutter sein. Diese würde einfach so hereinkommen. Und der Kobratyp würde die Tür einfach aufbrechen. Dann bleiben nur noch zwei..... . „Bleibt draußen!“, schrie Flo. „Flo..... es tut uns Leid. Bitte lass uns rein.“, flehte Marina. Flo atmete tief ein und stimmte zu. Skeptisch betrachtete er seine Besucher. „Ich weiß, ich hab Scheisse gebaut.“, sagte Jan sofort. „Ich hab mich hinreißen lassen und habe dich in Gefahr gebracht.“ „Schon in Ordnung. Ich vergebe dir wenn dieser André hinter Gittern sitzt.“ Jan wusste nicht recht was Flo ihm sagen wollte. „Heißt das..... du willst weitermachen?“, fragte Jan zögernd. Flo schüttelte energisch den Kopf. „Nein, aber mir ist es eben erst wieder eingefallen.“ Seine Kumpels sahen ihn fragend an. „Also. Als wir bei Patrizia waren. Sie hat gesagt sie lebt nicht in dem Haus.“ Ein gleichzeitiges Nicken. „Sie hat gelogen! Erstens waren die Getränke die sie uns gebracht hat kühl! Das heißt sie muss sie im Kühlschrank gehabt haben. Ein verlassenes Haus hat aber keinen Strom. Sie kann die Getränke auch nicht mitgehabt haben. Der Strom bedeutet das sie im Haus wohnt. Und das mit dem Einbruch ist Schwachsinn. Entweder muss sie die Einbrecher gesehen haben oder sie hat selbst dieses Chaos angerichtet.“ Jan und Marina starrten ihn eine Weile an. Darauf währen sie selbst nie gekommen. „Wir müssen sie sofort unter die Lupe nehmen. Womöglich sucht sie die Beute auf eigene Faust!“, sprach Jan festentschlossen. Er verstummte als er Flos Blick sah. „Wir werden meinen Bruder einschalten!“, forderte er. Jan war damit nicht einverstanden den Fall in die Hände der Polizei zu geben, doch er war es Flo schuldig. Am nächsten Tag am Früchstückstisch. Niko hatte sich drei Marmeladenbrötchen im voraus gestrichen. Heute hatte er viel vor und brauchte die Stärkung. Seine Verwunderung war groß als nicht nur Flo, sondern auch zwei andere sich an den Tisch setzten. „Wer....?“, fragte er verwirrt. „Meine Freunde Jan und Marina.“, antwortete Flo sofort. Niko schien mit der Antwort zufrieden zu sein. Trotzdem entging es ihm nicht das Flo ihm etwas sagen wollte. „Schiess schon los.“ Flo knetete nervös mit seinen Händen. „Es ist wegen dem, was ich gesagt habe.“ „Deine Geschichte? Schon vergessen.“, meinte Niko lässig. „Nein, ist sie nicht.“ Aufgeregt erzählte er von seinen und den Erlebnissen seiner Freunde. Nikos Gesichtsausdruck veränderte sich ständig. Und als Flo auch das mit den Akten erzählte, brauste Niko auf. „Spinnt ihr? Ihr könnt doch keine Akten klauen, das ist Diebstahl. Selbst wenn es um sowas geht.“ „Heißt das, Sie glauben uns?“, wollte Marina erfahren. Niko presste seine Lippen zusammen und dachte angestrengt nach. „Erstens sag Du zu mir. Zweitens weiß ich das noch nicht. Ich werde Kommissar Schäfer zur Rede stellen und dann sehen wir weiter. Und bis dahin, keine Alleintouren mehr!“ Davon hatten die Kids ohnehin genug. Niko fuhr mit dem Motorrad zum Polizeipräsidium. Er musste sich eingestehen, dass er die Erzählungen der Kinder nicht glaubte. Wenn sie aber doch wahr sein sollten, waren sie in Gefahr. Und wenn Schäfer wirklich Dreck am Stecken hatte müsste das an Tageslicht kommen. „Hannes! Weißt du wo Kommissar Schäfer ist?“, fragte er als er im Polizeigebäude angekommen war. „Der hat heute seinen freien Tag.“, antwortete ihm ein Kollege. Niko biss sich auf die Fingernägel. Sofort stürmte er in Schäfers Büro und wühlte in dessen Sachen. Bald hatte er einen Zettel in der Hand, auf der eine Adresse stand. Er prägte sie sich gut ein und wollte schon zur Tür raus als ihm noch etwas einfiel. Schäfer war womöglich gefährlich. Er hatte immer etwas undurchschaubares an sich. Obwohl es verboten war und Niko viel Ärger bekommen würde, riss er eine Schublade in Schäfers Schreibtisch auf und zog seine Dienstwaffe heraus. Er steckte sie in seinen hinteren Hosenteil und marschierte los. „Au! Verdammte Sch....“, schimpfte Manfred. Er hatte gerade eine Salamiwurst aus ihrer Verpackung genommen und wollte mit seinem Messer eine Scheibe abschneiden. Stattdessen hatte es aber seinen Finger erwischt. Doch zum Fluchen hatte er keine Zeit. Fast hätte er den jungen Mann übersehen, der sich widerrechtlich Zugang zu Schäfers Grundstück verschaffte. Er stieg über den Zaun und ging zielstrebig auf die Eingangstür zu. Schnell holte Manfred sein Handy aus der Tasche, doch es entglitt ihm wieder. Als er es endlich in der Hand hielt hatte der Mann schon geklingelt und war eingelassen worden. Schnell wählte er Whiskys Nummer und berichtete ihm. „Was soll ich jetzt tun?“ „Schäfer ist wahrscheinlich -aufgeflogen. Räum ihn und den anderen aus dem Weg. Bring sie vorerst zu mir, bis wir beratschlagen was weiter geschieht.“ „Nikolas, was willst du hier?“, fragte Tobias ihn misstrauisch. „Herr Schäfer! Sie stehen im Verdacht Akten missbraucht zu haben. Bitte kommen Sie ins Präsidium mit.“ Herr Schäfer schluckte. Er hatte geahnt das sein Treiben bald entdeckt würde, doch von Nikolas? Er hatte keine andere Wahl. Er musste auspacken um noch gut davon zu kommen. Dann geschah aber alles anders, als er es sich gedacht hatte. Die Haustür stand noch immer offen und hinter Niko tauchte ein ziemlich dicker Mann auf. Niko hörte ihn nicht, bis es zu spät war. Manfred hielt eine Pistole in der Hand, die er nun mit voller Kraft gegen Nikos Kopf schlug. Bewusstlos sank er zu Boden. Herr Schäfer sah dem Unbekannten skeptisch an. „Los! Fesseln Sie den Mann und dann mitkommen.“, befahl er nun. Herr Schäfer blieb nichts anders übrig als zu folgen. Bald hatte er Niko mit einem Seil vom Dachboden gefesselt und geknebelt. Manfred riss des bewusstlosen Niko hoch und befahl Tobias Schäfer vor die Tür zu gehen. Vor seinem Haus erblickte er einen silbernen Merzedes. Am Steuer saß niemand anderer als André. Dieser würdigte ihm keinen Blick. Mit einem Ruck beförderte Manfred Tobias und Niko auf die Rückbank. Dann begann die Fahrt. Die Falsche Tochter „Der.... der Kobratyp hat ihn! Ich bin mir sicher!“, jammerte Flo. Ihm stiegen die Tränen in die Augen und er machte sich furchtbare Sorgen. „Das muss doch nicht sein!“, versuchte Marina ihm Mut zu machen. Niko hatte sich den ganzen Tag nicht gemeldet. Als Flo bei der Polizei angerufen hatte, meinten die sie wüssten nicht wo er stecke. „Es ist nicht ganz unmöglich das dieser André etwas damit zu tun hat.“, meinte Jan etwas leise. Marina stupste ihn mit dem Ellbogen an. „Ich weiß, aber..... André kennt Schäfer. Und wenn Niko Schäfer zur Rede gestellt hat, dann.....“ „Wir müssen hin!“, rief Flo entschlossen. „Ich habe eine Idee.“, meinte Marina nun. „Ich sehe mich nochmal bei Schäfer um. Ich glaube nämlich nicht das Niko dort ist. Selbst wenn er dort war, muss er nicht mehr da sein. Seht ihr euch nochmal bei Lehmann um, so können wir unsere Aktionen optimieren.“ Flo war zwar einverstanden, doch er wollte mit Marina gehen. Diese lehnte aber ab. Sie war dafür, dass Flo lieber seinen besten Freund begleiten sollte. Gesagt getan. Die drei trennten sich und Flo und Jan bestritten wieder den weiten Weg in die Drachenallee. Das dachte zumindest Flo. Jan bog plötzlich in eine andere Straße ein. „Warte, Jan. Wo willst du hin?“ „Wir müssen vorher noch etwas nachsehen.“, wehrte er schnell ab. Flo wusste nicht was er davon halten sollte, also folgte er Jan einfach. Vor einem großen Hochhaus blieben sie stehen. „Und was wollen wir hier?“, wollte Flo endlich wissen. „Nach Informationen suchen. Das ist das Gebäude der Kronen Zeitung. Ich erkläre es dir. Ein Freund meines Vaters arbeitet dort. Die Geschichte vom Geisterdieb muss doch auch in den Zeitungen standen haben.“ „Und jetzt willst du sie nachlesen.“, setzte Flo fort. Jan nickte. Flo gefiel die Idee eigentlich ganz gut. Als sie jedoch in das Gebäude gehen wollten, hielt sie ein stämmiger Mann zurück. „Hier haben nur Journalisten Zutritt.“ „Wir wollen zu Peter Riedler, wir sind Freunde von ihm.“, sagte Jan sofort. Der Wächter musterte sie und griff dann zu einem Handy. Er führte ein kurzes Gespräch und ließ die Jungen dann hinein. In der Halle wurden sie schon von Herrn Riedler empfangen. „Jan, was für eine Überraschung dich hier zu sehen, was führt dich zu mir?“, begrüßte er ihn überschwenglich. „Hallo, Herr Riedler. Ich und mein Freund Flo wollten Sie um einen Gefallen bitten.“ Herr Riedler hörte gespannt zu. „Also.... wir suchen eine Zeitung, die vor zirka Vierzig Jahren gedruckt worden ist.“, erklärte Jan. Herr Riedler hob die Augenbrauen. „Was? Wieso sucht ihr den sowas?“ Jan gab ihm eine Schnelleinführung von ihren Erlebnissen. Er spannte auch immer wieder das Wort ‚Fall‘ ein. Herr Riedler strich sich aufgeregt übers Gesicht. „Wenn eure Erzählung tatsächlich wahr ist, dann seit ihr da in etwas gefährliches geraten. Ihr solltet lieber zur Polizei gehen.“ Das hielt Flo für keine gute Idee, da die Gauner womöglich Jan in ihrer Gewalt hatten. Herr Riedler war einverstanden den Jungen zu helfen. Er führte sie in sein Büro und holte ihnen Stühle. Dann setzte er sich an seinen Computer und durchsuchte das Archiv. Es dauerte etwa Fünfzehn Minuten bis er den fraglichen Zeitraum fand. „Es gibt zwei Artikel über den Vorfall.“, meinte Herr Riedler schließlich. Er druckte sie aus und gab sie den Jungs. Diese legten die Blätter auf den Boden und begannen gespannt zu lesen. DER GEISTERDIEB Wie Sie bereits vor einigen Tagen in den Nachrichten hören konnten, sind in vielen Häusern, rund um den Adlerwald mehrere Einbrüche betätigt worden. Es wurden Geld, Antiquitäten und andere Wertsachen entwendet. Eine Mitteilung der Polizei ließ dann aber die Bombe platzen. Viele der Bestohlenen haben den Einbrecher gesehen. Alle sagten übereinstimmend aus, er habe geleuchtet und war durchsichtig. Diese Beschreibung trifft exakt auf einen Geist zu. Die Polizei hält diese Geschichte für Unsinn und sucht nach weiteren Hinweisen. Die Bestohlenen haben den Geist als alten Bekannten wieder erkannt. Und zwar als Harald Lehmann. Der 34-Jährige Harald Lehmann war vor einem halben Jahr an Herzversagen gestorben. Da jedoch immer mehr Einbrüche betätigt wurden, ordnete die Polizei eine Exormierung von Lehmanns Leiche an. Es wurde tatsächlich in Toter gefunden und als Lehmann identifiziert. Die Polizei geht nun davon aus, dass sich jemand als Lehmann tarnt. Sobald wir mehr Informationen haben, unterrichten wir Sie selbstverständlich. Armin Kracher Flo und Jan begutachteten den zweiten Zettel. Darauf war jedoch nur ein sehr kurzer Absatz. Ungelöst? Noch immer hat die Polizei keine Spur auf den Verbrecher, der sich als Harald Lehmann ausgibt. Auch die Tochter Lehmanns konnte keine Informationen liefern. Werden die Besitzer des Diebesgutes ihren Besitz je zurück bekommen? Und wird dieser Fall ungelöst in die Akten eingehen? Armin Kracher „Sehr viel mehr wissen wir auch nicht.“, entgegnete Flo. Jan überlegte. „Nunja, wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass es nicht Lehmann gewesen sein kann. Ich schlage vor wir besuchen jetzt erstmal seine Tochter.“ Flo war einverstanden. Sie verabschiedeten sich von Herrn Riedler und setzten ihren Weg zur Drachenallee fort. Dort angekommen bemerkte Flo sofort wieder den alten Mann auf der Bank. „Na ihr? Euch kenne ich doch. Ihr habt mich letztes mal nach dem Weg zu diesem Haus gefragt.“ Flo und Jan nickten. „Habt wohl Ärger mit eurem Vater oder Onkel bekommen, was?“ Die Jungen verstanden nicht recht. „Na, nach euch ist doch dieser komische bullige Mann gekommen. Er hat gefragt wo ihr hinwolltet.“ Flo und Jan erschraken. Es konnte sich nur um André gehandelt haben. Sie verabschiedeten sich von dem Mann und liefen zum Haus. Auch diesmal bemerkten sie nicht, das sie nicht allein waren. Nicht weit entfernt stand ein Mann, der ihnen behutsam nachsah. Dann zog er ein Funkgerät aus der Tasche und drückte ein paar Knöpfe. „Agent 0 an Agent 2! Melden Sie sich!“ „Hier Agent 2, was gibt es?“ Es war zu erkennen das es sich um eine Frauenstimme handelte. „Wie läuft es mit der Durchsuchung?“, fragte Agent 0. „Leider noch immer nichts.“, meinte Agent 2 betrübt. „Egal, die Kinder sind zu Ihnen unterwegs. Schaffen Sie sie beiseite.“, verlangte Agent 0. „Dann setzen Sie sich mit Agent 1 in Verbindung. Ab jetzt wird er Ihnen helfen. Die Zeit drängt. Wir müssen es finden! Whisky ist nicht untätig. Soeben habe ich erfahren das er Schäfer entführt hat. Tun Sie ihr bestes!“ Dann beendete der Mann das Gespräch. „Wieder klingeln?“, fragte Flo seinen Freund. „Beim Letzten mal hat es nicht funktioniert, aber versuch es!“ Kaum hatte Flo geklingelt, wurde auch schon die Haustür aufgerissen. Patrizia stürmte den beiden entgegen. „Ich habe euch schon erwartet!“, rief sie, als hätte sie etwas großartig entdeckt. Flo und Jan sahen einander fragend an. Patrizia bat sie schnell ins Haus zu kommen, was die zwei auch taten. „Sie haben uns letztes mal angelogen!“, sagte ihr Jan direkt ins Gesicht. „Wahrscheinlich wollten Sie die Beute alleine finden.“ Patrizia achtete gar nicht darauf, was Jan sagte. „Ich.... ich habe die Beute meines Vaters gefunden!“, sagte sie aufgeregt. Flo und Jan dachten sie hätten sich gehört. „Ist das Ihr ernst?“ „Wo war sie versteckt?“ „Wieviel ist es?“ „Haben Sie schon die Polizei informiert?“ „Werden Sie jetzt berühmt?“ Die Fragen von Jan und Flo prasselten nur so auf die Frau nieder. „Eines nach dem anderen!“, verlangte Patrizia. „Die Beute war im Keller versteckt. Dort ist sie noch, kommt mit!“ Die Jungen konnten es gar nicht abwarten das viele Diebesgut zu begutachten. Sie waren nun an einer pechschwarzen Tür angelangt. „Sie führt zum Keller.“, erklärte die Frau. Dann öffnete sie sie. Finsternis kam den Jungen entgegen. Alles was sie sahen war reines Schwarz. „Wo ist der Lichtschalter?“, wollte Flo wissen. „Kein Strom, kein Licht.“, meinte Patrizia. Schon das hätte Flo verdächtig vorkommen müssen, vorallem da sie bereits das Gegenteil bewiesen hatten. Auf einem Schrank, neben der Tür lag eine Taschenlampe. Das hätte Flo ebenfalls wundern müssen. Patrizia reichte den Jungen die Lampe. Jan schaltete sie ein und ein Lichtstrahl durchdrang die Dunkelheit. Eine Treppe war zu erkennen. „Also los!“, rief Jan abenteuerlustig. Jan ging zuerst die Treppe hinunter. Stufe für Stufe. Hinter ihm folgte Flo. Patrizia war das Schlusslicht. Kaum hatte Jan die letzte Stufe erreicht hob Patrizia ihre Hände. Sie gab Flo einen Schubs, der sofort nach vorne flog und Jan überrumpelte. Unverzüglich machte Patrizia kehrt und rannte die Treppe wieder hinauf. Sie schloss die Tür und Flo und Jan hörten wie dreimal ein Schlüssel umgedreht wurde. „Geh von mir runter.“, verlangte Jan. Flo hatte immer noch nicht kapiert was passiert war. „Die..... die hat uns eingesperrt!“, rief er lautstark. „Ja, das war eine Falle. Und wir sind hineingetappt!“, ärgerte sich Jan zu Tode. Beide rannten sofort zur Tür und rüttelten daran. Vergebens. Sie war fest verschlossen. Jan warf sich sogar dagegen, verletzte sich aber nur sein Handgelenk. Patrizia atmete inzwischen tief ein. Sie hatte den Auftrag, den sie von Agent 0 bekommen hatte ausgeführt. Die Kinder waren sie für einige Zeit los. Sie raste ins Wohnzimmer wo ihre Handtasche lag. Sie nahm ein Funkgerät heraus und drückte ein paar Tasten. „Hier Agent 2. Die Kinder stellen kein Problem mehr da.“ Patrizia dachte sie würde für diese Tat gelobt werden, doch Agent 0 befahl ihr ihre Arbeit schnell fortzusetzen. Plötzlich hörte Patrizia es abermals klingeln. Sie lief zu einem der Fenster und spähte hinaus. Vor dem Gittertor standen zwei Männer. Einer war dick. Nein, er war fett. Patrizia fand ihn gleich widerlich. Der andere hatte einen ärmellosen Pulli und zerrissene Hosen. Patrizia stieß sofort das Kobra-Tattoo in die Augen. Ihr war klar, was die Männer hier wollten. Sie überlegte fieberhaft, was nun zu tun war. Sollte sie nochmal Agent 0 anfunken? Oder sollte sie, wie bei den Kindern einen Ort zum Einsperren suchen? Wieder klingelte es. Die Zeit verstrich und die Männer wurden immer ungeduldiger. Schließlich entschied sie sich dafür die zwei zu empfangen. Falls die Situation eskalieren sollte, konnte sie auf die Hilfe von Agent 1 hoffen. Sie betete jedenfalls das er ihr helfen würde. Nicht nur Flo und Jan kämpften mit Problemen. Es war spät geworden, als Marina zu Hause ankam. Ihre Mutter wollte sie nicht mehr weggehen lassen. Streng schickte sie ihre Tochter in ihr Zimmer. Das machte Marina jedoch nicht viel aus. Sie war schon öfter heimlich aus ihrem Zimmer geschlichen. Diesmal war es sogar ein Notfall. In ihrem Zimmer befand sich auch ein hoher Schreibtisch mit einem richtigen Bürosessel. Wenn sie sich sicher war, dass niemand sie beobachtete ergriff sei den Stuhl und ließ ihn aus dem Fenster fallen. Ihre Eltern hatten ihr Zimmer im ersten Stock eingerichtet, Absicht, wie Marina ihnen manchmal unterstellte. Wenn Marina nun aus dem Fenster sprang würde sie weich landen. Nachdem sie den Sessel hinuntergelassen hatte, wollte sie springen, dachte aber noch daran eine Taschenlampe mitzunehmen. Draußen dämmerte es bereits. Als sie unten angekommenen war, verstaute sie den Sessel im Gartenhäuschen und schlich wie ein Wiesel zum Nachbargrundstück. Sie hoffte, das Schäfer schon schlief und sie nicht bemerkte. Sie war an ihrem Ziel angekommen, als ihr plötzlich die Haustür auffiel. Sie stand sperrangelweit offen. War Schäfer doch noch wach? Beobachtete er sie gerade? Marina hörte kein Wort. Kein Geräusch, nichts. Es war riskant, doch sie beschloss näher heran zu gehen. Doch schon beim Ersten Schritt stockte sie. Schnell zog sie ihren Fuß zurück. Sie war auf etwas getreten. Da das Licht der Straßenlampen ihr nicht genug war, knipste sie die Taschenlampe an und durchsuchte den Boden. Bald hatte sie die Stelle wiedergefunden. Es sah aus wie ein kleiner, rechteckiger Kasten. Erst als sie es aufhob erkannte sie das es sich um ein Handy handelte. Es sah wie ein älteres Model aus. Auf der Spitze ragte eine kleine Antenne heraus. Aus Versehen drückte Marina eine Taste. Schon leuchtete das Display auf. Es war also eingeschalten. „Ob das Ding Herrn Schäfer gehört?“, fragte sich das Mädchen. Plötzlich hörte sie ein Bellen. Es kam aus der Scheune, hinter dem Haus. Marina schaltete sofort. Es war der Hund von Herrn Schäfer. Er bellte allerdings nur wenn ihm jemand zu nahe kam, oder wenn er Hunger hatte. Marina kam der Gedanke, dass Schäfer entführt worden sein könnte. Wenn das der Fall war, könnte es sich bei dem Handy um den Besitz des Kidnappers handeln. Marina beschloss Flo und Jan sofort mitzuteilen was sie entdeckt hatte. Vielleicht würde sie das Handy auf eine neue Spur bringen. Doch wo waren die beiden? Noch bei Lehmanns Haus? Oder schon zu Hause? Es würde sicher Ärger mit ihren Eltern geben, wenn diese Marina nicht in ihrem Zimmer vorfanden. Trotzdem konnte das Mädchen nicht bis morgen warten. Sie beschloss einen Umweg durch den Adlerwald zu machen. Wenn Flo und Jan dort waren umso besser. „Es hat keinen Sinn!“, erklärte Jan Flo eindringlich. Dieser gab jedoch nicht auf. Er trat und schlug gegen die Tür, als würden die Wände von hinten auf ihn zu kommen. Er hörte erst auf als ihn seine Kräfte verließen. „Flo!“, rief ihn sein Freund. „Hörst du das auch?“ Flo verstand zuerst nicht was Jan meinte. Dann hörte aber auch er die gedämpfte Stimme eines Menschen. „Ha...hallo? Ist dort jemand?“, rief Flo in die Dunkelheit. „Runter!“, kommandierte Jan. Zum Glück hielt er noch die Taschenlampe, die ihm Patrizia überreicht hatte. Die Jungen waren die Treppe wieder hinunter gegangen und vernahmen ein leises Stöhnen. „Hallo?“, rief Flo noch einmal. Jan leuchtete den gesamten Keller ab. „Jan!“, machte ihn Flo auf etwas aufmerksam. In einer Ecke sahen sie einen Menschen liegen. Auf den ersten Blick erkannten sie, dass er gefesselt und geknebelt war. Ein breites Klebeband war über seinen Mund gestreift, so dass er kein Wort sprechen konnte. „Das ist eine Frau! Wir müssen sie losbinden!“, erklärte Flo. Jan war einverstanden. Von ihr würde sicher keine Gefahr ausgehen. „Au!“, beschwerte sich die Frau, als Flo ihr das Klebeband abriss. „Tut, mir Leid!“, sagte er sofort. „Wer seit ihr?“, wollte die Frau sofort wissen. Flo und Jan stellten sich vor und erzählten wie sie von Patrizia in die Falle gelockt worden sind. „Und wer sind Sie?“, musterte Jan die Frau mit Bedenken. Er schätzte sie auf zirka 40 oder noch älter. Die Frau war noch etwas geschafft, trotzdem schaffte sie es zu sprechen. „Ich bin Patrizia, ich wurde ebenfalls gefesselt und hier verstaut.“ Flo und Jan warfen sich fragende Blicke zu. „Die Frau da oben gibt sich als mich aus! Ihr Name ist Rika. Vor einem Monat hat sie als Putzfrau bei mir angefangen. Zuerst hatte ich sie nicht so eingeschätzt. Sie hat ausgesehen wie Papas Liebling, die alles bekommt was sie will. Deshalb auch mein Erstaunen, als sie sich beworben hat. Ich hätte einfach Nein sagen müssen! Vor einer Woche hat sie mich dann im Keller eingesperrt. Was ich nur nicht verstehe..... . Wenn sie mich ausrauben will, warum ist sie jetzt noch hier?“ „Sie will die Beute Ihres Vater!“, platzte Jan sofort heraus. Die echte Patrizia sah ihn fassungslos an. Flo tippte sich an die Stirn. „Wir sind die größten Idioten die herumlaufen!“ Jan verstand nicht was er meinte. „Diese Betrügerin war doch nicht älter als 20. Wenn Harald Lehmann schon vor 40 Jahren gestorben ist, kann sie doch gar nicht seine Tochter sein.“ „Und das fällt dir jetzt ein?!“, fragte Jan leicht sauer. Dann beruhigte er sich wieder. „Naja, ich habe es ja auch nicht gecheckt.“ „Wir....wir müssen hier raus und Hilfe holen.“, stammelte Patrizia. „Die Tür lässt sich aber nicht öffnen.“, erklärte Flo ihr eindringlich. Kaum hatte er den Satz beendet hörte er ein leises Klicken. Die Jungen zuckten zusammen. „Was war das?“, wollte Jan wissen. Zwei weitere Klicks ertönten. „Das war die Kellertür!“, rief Patrizia freudig. Obwohl sie erschöpft war, torkelte sie zur Treppe, hielt sich am Gelände fest und stieg eine Stufe nach der anderen nach oben. „Stop! Das könnte wieder eine Falle sein!“, warnten sie die Jungen. Schließlich holten sie Patrizia ein und schoben sich vor sie. Flo berührte die Tür nur leicht, aber trotzdem schwenkte sie auf. „Rika hat uns rausgelassen! Vielleicht lässt sie uns jetzt endlich gehen!“, sagte Patrizia erleichtert. Flo und Jan waren anderer Meinung. Warum machte sich Rika solche Mühe, wenn sie vorhat ihre Gefangenen gehen zu lassen? Sie beschlossen vorsichtig zu sein und betraten den Raum, der Halle und Keller miteinander verband. „Flo? Jan?“, hörten die zwei eine bekannte Stimme. Marina trat gerade zur Tür herein. „Wer ist das?“, fragte sie zögernd, als sie Frau Lehmann erblickte. „Das ist Patrizia.“, sagte Flo, als wäre es das normalste der Welt. Als er Marinas Verwirrung bemerkte, erzählte er was er und Jan erlebt hatten. „Hast du die Tür aufgeschlossen?“, erkundigte sich. Marina verneinte. „Und hast du diese Rika draußen irgendwo gesehen?“, fragte die echte Patrizia. Marina schüttelte den Kopf. „Nein, aber seht was ich gefunden habe!“ Sofort präsentierte sie ihren Fund. „Ob das Schäfer gehört?“, überlegte Jan laut. Die Frage erübrigte sich als das Handy unerwartet anfing zu klingeln. Alle erschraken. Marina kannte die Melodie. Es war ein „James-Bond Klingelton“. In der Schule war er auch sehr beliebt. „Wir müssen abheben!“, erklärte Jan. „Gut!“ Marina überreichte ihm das Handy und wies auf einen grünen Knopf hin. Jan holte tief Luft, drückte den Knopf und hielt sich das Handy ans Ohr. „Verdammt, Manfred!“, brüllte eine Stimme am anderen Ende. Du solltest doch mit Schäfer und dem anderen zur Basis kommen! Was tust du solange?“ Als Jan nicht antwortete wurde der Anrufer misstrauisch. „Manfred?“ Schnell legte Jan wieder auf. „Was hat er gesagt?“, wollten seine Freunde wissen. Jan erzählte das wohl ein gewisser Manfred Herrn Schäfer und noch jemanden entführt haben musste. Flo hielt sich die Hand vor den Mund. „Niko! Das war bestimmt Niko! Er wollte zu Schäfer und dann haben ihn diese Kerle erwischt.“ „Beruhige dich! Wir wissen doch nichts genaues.“, redete Marina auf ihn ein. Dann blitzte es in Flos Kopf. Ihm war eine Idee gekommen. Unerwartet riss er Jan das Handy aus der Hand und begann zu rennen. „Flo! Warte, wo willst du hin?“ Jan versuchte ihm zu folgen, zwecklos. „Was hat er vor?“, fragte Patrizia ängstlich. Jan hatte eine Vermutung, die er allerdings lieber nicht offenbarte. Als das Handy angefangen hatte zu klingeln, war eine Nummer auf dem Display aufgetaucht. Er wusste das es kein Problem war den Besitzer der Nummer ausfindig zu machen. Aber war Flo wirklich so leichtsinnig den Ganoven einfach in die Hände zu laufen? Wenn er recht hatte und sie Niko tatsächlich entführt hatten, war Flo zu allem entschlossen. Flo rannte als wäre der Teufel hinter ihm her. Jan wusste das es nutzlos war ihn jetzt zu verfolgen. „Wir rufen jetzt die Polizei!“, entschied Patrizia. Jan und Marina nickten zustimmend. „Hehe! Hat dich eine Hummel gestochen?“, fragte der Mann, der noch immer auf seinem Platz saß. „Ich habe es sehr eilig. Wissen Sie wo ich hier eine Telefonzelle finde?“, fragte ihn Flo außer Atem. Der alte Mann nickte. „Ich sitze jeden Tag hier, schaue in die Natur und beobachtete die Menschen.“ Dabei blickte er Flo merkwürdig verschwörerisch an. Als er Flos Ungeduld bemerkte, zeigte er auf das Ende der Straße. Zwischen zwei großen Tannen stand ein Apparat. Flo nahm wieder die Beine in die Hand und rannte los. Als er angekommen war entdeckte er das der Apparat nur mit Telefonkarte funktionierte. Aber das war ihm egal. Er war auf etwas anderes aus. Auf dem Pult davor lag ein dickes Telefonbuch. Flo tippte etwas auf dem Handy herum und schlug dann das Buch auf. Es dauerte etwas bis er die Nummer gefunden hatte. Wilhelm Reiter – Kometengasse 16. Flo hatte keine Ahnung wo sich die Kometengasse befand, doch hinten im Telefonbuch fand er auch eine Karte der Stadt vor. Ärger stieg in ihm hoch. Die Kometengasse befand sich am anderen Ende der Stadt. Er dachte daran einen Bus zu nehmen, doch er erinnerte sich an das letzte Mal. Er trat aus der Zelle und sah sich um. Sofort stach ihm das Taxi in die Augen, dass nicht weit entfernt parkte. Flo hoffte sein Geld würde reichen. „Kometengasse 16.“, sagte er als er die hintere Tür öffnete und einstieg. Flo im Alleingang Inzwischen waren zwei Polizisten im Haus von Patrizia Lehmann eingetroffen. Interessiert hörten sie den Ausführungen von Patrizia zu. Als dann aber Jan und Marina von ihren Erlebnissen erzählten verzogen die Beamten die Gesichter. Jan war sofort klar, dass die zwei dachten, er und Marina würden sie etwas zusammenspinnen. Obwohl die beiden auf ihrer Geschichte behaarten, nahmen die Polizisten nur die Daten über Patrizias Putzfrau auf. Marina wollte unbedingt noch von Flos Alleingang erzählen, doch dann ließ sie es doch bleiben. Kaum waren die Polizisten gegangen, sprang Patrizia auf und rannte die Treppe nach oben. Marina blickte Jan an und umgekehrt. „Ihr nach!“, kommandierte der Junge. Patrizias Ziel war der Dachboden. „Was suchen Sie?“, verlangte Marina zu wissen. Patrizia antwortete nicht, sondern zeigte es ihnen. Sie hatte eine kleine Leiter in die Hand genommen, klappte sie auf und stieg auf die höchstmögliche Stufe. Sie streckte ihre Arme nach oben, wo sich ein Balken befand. Erleichtert atmete sie auf. „Es ist noch da!“, seufzte sie glücklich. Jan und Marina wollten eine Antwort. „Wenn ihr recht habt und Rika war hinter dem Schatz meines Vaters her, dann hat sie nach dem hier gesucht.“ Patrizia hielt einen zusammengefalteten Zettel in der Hand, den sie nun ausbreitete. Jan und Marina kamen näher und staunten. Auf den ersten Blick sah es aus wie gewöhnliches Gekritzel. „Das habe ich eine Woche nach dem Tod meines Vater zugeschickt bekommen.“, erklärte Patrizia. „Und..... was ist das genau?“, fragte Marina. „Also.... angeblich soll dieser Plan zur Beute führen.“ Jan und Marina horchten auf. Jan riss Patrizia den Zettel aus der Hand und begutachtete ihn genauer. Es waren Rechtecke und Quadrate zu sehen. Ein Quadrat war besonders markiert. Es hatte eine dicke Umrandung und innen waren kleine Rechtecke mit Strichen zu sehen. Jan erinnerte es an ein kariertes Hemd. „He!“, rief Marina plötzlich. „Das.... das könnten Räume sein! Vielleicht ist es ein Plan des Hauses. Und die markierte Stelle ist der Raum mit der Beute.“ Jan sah Marina bewunderungswürdig an. „Dann müssen wir den Raum finden. Diese kleinen Rechtecke und diese Linien.... klar! Das sind Bücher. Frau Lehmann gibt es hier eine Bibliothek?“ Patrizia nickte. „Ja, gibt es. Doch auf diese Idee bin ich auch schon gekommen. Ich suche diese Beute schon seit Vierzig Jahren und habe noch immer keinen Anhaltspunkt.“ In Jan wurde die Hoffnung immer kleiner. Wenn Patrizia 40 Jahre benötigte, wie lange würden sie dann suchen? „Trotzdem. Ich schlage vor wir sehen uns einmal um. Das kann doch nicht Schaden.“ Patrizia stimmte ihm zu und wollte die beiden zur Bibliothek führen. Nur Marina zögerte noch. Alles in Ordnung?“, fragte Jan. „Naja... es ist wegen Flo. Vielleicht ist er in Gefahr.“ Jan wollte die Sache nicht runterspielen. Was Marina sagte war durchaus möglich. „Flo ist taff! Der packt das schon. Und wenn er wieder kommt überraschen wir ihn mit der Beute von Harald Lehmann!“ Es war stockdunkel als das Taxi hielt. „Wir sind da.“, sagte der Taxifahrer zu Flo. Dieser blickte ihn nur fragend an. „Kometengasse 16. Das ist hier.“ Flo guckte aus dem Fenster, konnte aber weit und breit kein Haus sehen. Alles was er erkannte war ein hohes Maisfeld. „Sie müssen sich irren!“ Der Fahrer schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin hier schon richtig. Die Gasse ist hinter dem Maisfeld. Ein schmaler Waldweg führt zu ihr. Ich kann da aber nicht fahren. Du musst den Rest zu Fuß gehen.“ Flo verstand. Er bezahlte und stieg dann aus. Kaum war das Taxi weggefahren hörte Flo einen Motor. Ein Auto kam näher. Und es bestand kein Zweifel das es vom Feldweg kam, der angeblich zu schmal war. Der kommende Wagen wagte anscheind sein Glück. Flo versteckte sich hinter einigen Maisstangen und beobachte was passierte. Ein silberner Merzedes bog um die Ecke. Flo erkannte sofort wer am Steuer saß. André und zwei weitere Personen. Einer am Beifahrersitz und einer auf der Rückbank. Flo konnte nicht sehen um wen es sich handelte. Er musste seinen Kopf jetzt klar bekommen. Er musste weiter zum Haus. Er hatte Angst entdeckt zu werden, deshalb schlug er sich durch das Maisfeld. Das stellte sich als schwieriger heraus als geplant. Als er es endlich geschafft hatte, schreckte er zurück. Schnell torkelte er zurück. Vor ihm war ein Mann aufgetaucht. Das Haus war innen beleuchtet, so dass Flo ihn gut erkennen konnte. Er stand vor dem Haus und schien zu rauchen. Hatte er Flo bemerkt? Oder war er zu sehr in Gedanken? Flo kniete sich hin und beobachtete den Mann weiter. Er hatte einen roten Vollbart und wuschiges Haar. Flo erinnerte er sofort an einen Piratenkäpten. Endlich warf er seine Zigarette weg und betrat das Haus. Es war schon ziemlich alt. Zirka wie das von Harald Lehmann. Aber was sollte Flo jetzt unternehmen? Sich ins Haus schleichen? Womöglich waren Nikolas und Herr Schäfer darin gefangen. Vielleicht sollte er auch die Polizei rufen. Aber was wenn sie ihm nicht glaubte? Außerdem wäre das viel zu gefährlich für Niko. Dann stach Flo das Fenster in die Augen. Fast versteckt ragte es aus dem Boden. Die Scheibe war bereits zersprungen und von schwarzem Rus bedeckt. Dahinter musste sich der Keller befinden. Auf Zehenspitzen schlich Flo näher heran. Er bückte sich und wischte mit den Händen den Rus weg. Angestrengt spähte er mit seinen Augen in das innere. Moment! War da nicht etwas? Hatte sich da nicht was bewegt? Flo presste sein Gesicht fest ans Glas. Tatsächlich. Am Boden des Kellers taumelten zwei Leute. Auf den ersten Blick sahen sie aus wie Männer. Flo konnte nicht sagen ob einer der beiden Niko war. Doch er musste es herausfinden. Doch wie? Das Fenster war viel zu schmal um durchzukriechen. Musste Flo doch in das Haus hinein? Wenn der Rotbart ihn bemerkte war alles aus. Niemand wusste wo er war. Nicht einmal Jan und Marina. Warum hatte er ihnen nur nichts gesagt? Er wollte sie einfach nicht in Gefahr bringen, doch nun saß er in Schwierigkeiten. Seine einzige Hoffnung war, in den Keller zu kommen, ohne von dem Rotbart bemerkt zu werden. Zur Haustür rein wäre Wahnsinn. Flo schlich sich auf die andere Seite des Hauses. Er sah sich um und hätte jubeln können. Ein Fenster stand weit offen. Jetzt musste er aufpassen das man ihn nicht hörte. Er stützte sich mit den Händen ab und schob sich nach oben. Dann zog er seine Füße nach und hopste nach innen. Er schluckte. War sein Sprung gehört worden? Er wartete einige Sekunden, bis er sich sicher war. Nichts tat sich. Er schien sich in einer Art Vorratsraum zu befinden. Nun musste er nur noch den Abgang zum Keller finden. Als nächstes musste Flo die Tür öffnen. Aber was wenn der Rotbart dahinter war? Flo packte all seinen Mut zusammen und riss die Tür auf. Er erschrak heftig. Vor ihm stand tatsächlich der Rotbart. Wutentbrannt starrte er den Jungen an. „Du nicht!“, schrie er ihn an. „Du wirst meinen Plan nicht durchkreuzen! Das werde ich zu verhindern wissen.“ Er schnellte seinen Arm nach vorne und ergriff Flos Handgelenk. Dieser wehrte sich, doch der Rotbart griff nur noch fester zu. Dann zerrte er ihn mit. „Wo bringen Sie mich hin? Und wer sind Sie überhaupt?“, wollte der Junge wissen. Strafend blickte ihn der Rotbart an. „Du hast eigentlich keine Antwort verdient, aber weil heute der Tag der Tage ist..... . Mein Name ist Whisky. Nunja, das ist zumindest mein Deckname. Und ich bring dich jetzt in den Keller, zu den anderen Gefangenen.“ So ernst die Situation auch war. Flo würde endlich Niko wieder sehen. „Selbst wenn die Beute hier versteckt ist, brauchen wir einen Metall-Detektor.“, meckerte Marina. Aber sie hatte Recht. Die Bibliothek war ungewöhnlich groß. Jan massierte sein Kinn. Das half ihm manchmal beim Nachdenken. „Ich glaube nicht, dass die Beute hinter den Büchern oder sonstwo versteckt ist. Das erinnert mich alles an das Geheimversteck hinter dem Bücherregal. Der Klassiker. Man zieht ein Buch heraus und das Regal schiebt sich zur Seite.“ „Du siehst zu viel Fern.“, lautete Marinas Kommentar. Da war sich Jan aber nicht sicher. Sein Jagdfieber war nun so groß geworden, dass er alles tun wollte, was möglich war. Sofort packte er ein Buch und zog es heraus. Natürlich ohne Erfolg. Das nächste. Wieder nichts. Und das dritte. Diesmal fiel es lediglich auf seinen Fuß. Immer mehr Bücher riss er aus dem Regal. „He, spinnst du? Du kannst nicht alle Bücher auf den Boden werfen!“, beschwerte sich Marina. Jan war schon am Ende der Reihe angekommen, als ihn jemand zurück hielt. „Lass es!“, bat ihn Patrizia. Auf diese Idee bin ich selbst gekommen und habe es auch immer und immer wieder versucht. Ohne Erfolg.“ Jan sank zusammen. Er hatte sich so gefreut endlich das Rätsel zu lösen. Dann machte es plötzlich Klick bei ihm. „Moment mal! Patrizia, wer hat Ihnen den Plan geschickt? Ihr Vater kann es ja nicht gewesen sein. Denn soviel ich weiß können Geister nicht schreiben.“ Patrizia erschrak unerwartet. „Ähhmmm... also.... ich weiß es auch nicht, tut mir Leid.“, stammelte sie. Jan wunderte sich. Er hatte ihr doch eine simple Frage gestellt und keine Mathematik Aufgabe. „Wer von euch hat den Plan?“, fragte Jan nun. Weder Patrizia noch Marina hatten ihn mitgenommen. Jan ärgerte sich und lief zurück auf den Dachboden. Patrizia begann damit die Bücher wieder in das Regal zu stellen. „Das müssen Sie doch nicht!“, sagte Marina und wollte ihr zur Hilfe kommen. Doch Patrizia stieß sie zurück. „Nein, ähhhh das kann ich schon selber!“ Marina stutzte. „He, mir ist etwas aufgefallen!“, rief Jan als er wieder zurück war. „Die Bibliothek ist Quadratisch aufgemalt, aber seht euch den Raum mal genauer an. Der ist doch eher Rechteckig.“ Marina und Patrizia hoben die Augenbrauen. Jans Entdeckung stimmte. Die Bibliothek war rechteckig. „Ist das vielleicht gar nicht die Bibliothek auf dem Plan?“, fragte Marina sichtlich verwirrt. „Doch!“, behaarte Jan. „Aber wer sagt uns, dass es das Haus von Lehmann ist. Er wird doch nicht so dumm sein und die Diebesbeute in seinem eigenen Haus verstecken.“ „Da ist was dran.“, gab ihm Patrizia recht. „Ist ja toll! Dann brauchen wir ja nur alle Häuser in der Stadt durchsuchen!“, jammerte Marina. „Nur die Bibliotheken.“, ergänzte Jan. „Ich traue dir auch zu, dass du das machst!“ Plötzlich bekam Patrizia einen Schreck. „Ich..... ich glaube ich weiß wo er sein könnte.“ Ihre neuen Freunde hörten ihr gespannt zu. „Mein Vater hatte damals.... naja.... einen Feind sozusagen. Er hieß Bernhard Schiller.“ Jan unterbrach sie. „Etwa der Schiller, der sein Haus vor dem Adlerwald hat?“ „Du kennst ihn? Das ist sein Sohn, Johannes Schiller. Ein unfreundlicher Zeitgenosse, aber egal. Herr Schiller und mein Vater stritten sich bei jeder Gelegenheit. Einmal sagte mein Vater, er würde Schiller aus dem Weg räumen.“ Jan und Marina stockten. „Heißt das.... er hat ihn...“ Patrizia schüttelte den Kopf. „Nein, Bernhard Schiller ist vor ein paar Jahren an Krebs gestorben. Aber das ist nicht der Punkt. Vater hat mal davon gesprochen, dass Schiller ein Schuft sei und eigentlich ins Gefängnis gehöre.“ Marina wusste nicht worauf Patrizia hinaus wollte. „Ist doch logo!“, meinte Jan. „Harald Lehmamm hat die Diebesbeute bei dem Schiller versteckt!“ Marina grinste hämisch. „Jetzt glaubst du also auch, dass sein Geist der Dieb war.“ Jan war das peinlich. Er hatte vollkommen vergessen, dass Lehmann bereits tot war. „ Was haltet ihr von dieser Version? Bernhard Schiller ist der Dieb. Er hat sich als Harald Lehmann verkleidet.“ Marina war sich da nicht so sicher. „Was hätte er davon, wenn er sich als Toter maskiert?“ Auch darauf wusste Jan eine Antwort. „Als erstes hasste er Lehmann. Und wer würde schon nach einem Toten suchen.“ Doch Jan hatte selbst auch Zweifel an seiner Theorie. „Johannes Schiller hat ebenfalls eine Bibliothek. Das hab ich gesehen, als er mich einmal verklagt hat. Er meinte ihn würde die laute Musik aus meinem Haus stören. Sie war aber nie laut. Und mein Haus ist weit genug entfernt. Jedenfalls habe ich damals eine Bibliothek bei ihm gesehen. Die Bücher waren alle schon uralt.“ „War das Zimmer Quadratisch?“, fragten die Kids. „Ich weiß nicht, aber es ist möglich.“ „Dann sehen wir uns bei Schiller mal genauer um!“, bestimmte Jan. „Viel Glück! Der verjagt jeden der auf sein Grundstück kommt mit seiner Schrotflinte! Er ist wie sein Vater.“, erklärte Patrizia. Jan machte eine abfällige Handbewegung. „Wenn er hört, dass das Diebesgut von damals vielleicht in seinem Haus ist, wird er uns sogar helfen.“ Das hoffte Jan zumindest. „Können wir vorher noch telefonieren? Ich will sehen, ob Flo zu Hause ist.“, fragte Marina bedrückt. Niemand hatte etwas dagegen. Dem Finder gehörts Immer näher kam die merkwürdige Erscheinung. Sie war durchsichtig und glühte. Ihre Augen waren nur zwei hohle Löcher. Es musste sich um einen Geist handeln. Flo befand sich in seinem Versteck. Rund um ihn befand sich die Beute, die der Geist angesammelt hatte. Der Geist schien verärgert zu sein und musterte Flo. Wo war er da nur reingeraten? Plötzlich sauste der Geist los und durchbohrte Flo. Ein kaltes, hartes Gefühl zog sich durch seine Brust. Der Geist war in ihm verschwunden. Nun tauchte er aus Flos Mund wieder auf. Es schien im Spass zu machen, Flo immer mehr Angst einzujagen. Nun schoss der Geist wie ein Blitz aus Flo und flog über ihn eine Runde. Dann verformte sich eine Hand zu einem Speer, der direkt auf Flo hinunter sauste. Dann erwachte Flo. Es war nur ein Traum. Doch wo war er? Er starrte auf eine schwarze, morsche Mauer. Nun erinnerte er sich. Der Mann, der sich Whisky nannte hatte ihn gepackt und in den Keller transportiert. Dann hatte er ihm ein feuchtes Tuch vor die Nase gehalten. Und dann.... nichts. Danach erinnerte sich Flo nur noch an seinen Traum. Der Keller! Genau! Er war jetzt im Keller. Hier wollte er schon von Anfang an hin. Er wollte sich aufrichten, doch dann bemerkte er das es nicht ging. Seine Hände und Füße waren hinten zusammengebunden. Wie es sich anfühlte mit einem Seil. Er guckte nach allen Seiten, bis er die zwei Gestalten sah. Er robbte zu ihnen und entdeckte das einer der beiden Niko war. Der andere war Herr Schäfer. „Niko? Niko kannst du mich hören?“, fragte der Junge bittend. Doch keine Antwort. War Niko etwa.... . Nein, dann würde er nicht gefesselt sein. Niko musste ebenfalls betäubt worden sein. Als Whisky Flo nach unten brachte, hatte er Stimmen gehört. Whiskys Gefangene waren mittlerweile sicher aufgewacht und er hatte sie wieder betäuben müssen. Wenn Flos Verdacht stimmte, würde er die beiden nicht so leicht wach bekommen. Wenn er doch nur seine Fesseln losbekam. „Niko! Niko!“, flüsterte Flo seinem Bruder immer wieder ins Ohr. Natürlich ohne Ergebnis. Plötzlich hörte er Schritte. Whisky steuerte auf den Keller zu. Sicherlich wollte er überprüfen ob Flo noch schlief. Da dieser keine Lust hatte, nochmal betäubt zu werden, robbte er an seine alte Stelle zurück und stellte sich schlafend. Whisky öffnete die Tür zum Keller und schaltete das Licht ein. Er sah einen friedlich schlummerten Flo. Danach schlug er die Tür wieder zu. „Er hat vergessen das Licht abzuschalten.“, ging es Flo durch den Kopf. Das war die Gelegenheit sich den Kellerraum genauer anzuschauen. Viel entdeckte er aber nicht. An einigen Stellen waren die Ziegeln bereits herausgebrochen und von der Decke rieselte es Staub. Flo erblickte auch alte Geräte wie ein Rasenmäher oder ein Fahrrad. Neben dem Fahrrad stand eine Werkzeugkiste. Flo kam ein Gedanke. Vielleicht würde er in ihm etwas finden, was ihm von den Fesseln befreite. Es war anstrengend wie eine Raupe den Boden zu überqueren. Als es ihm endlich gelungen war, musste er den Werkzeugkasten mit seinem Mund öffnen. Flo spuckte angewidert. Auf dem Ding hatte sich jede Menge Staub angesammelt. Er begutachtete die Gegenstände. Eine Zange, ein Hammer, mehrere Nägeln, ein Stanleymesser und Schraubenzieher. Stopp! Ein Stanleymesser? Das könnte die Lösung auf Flos Problem sein. Er musste eine Rolle machen um sich umzudrehen. Verkehrt tastete er dann das Innere ab. Bald hatte er das Messer in der Hand versuchte das Seil um sein Handgelenk zu durchschneiden. „Ahh! Mist!“, schrie der Junge so leise wie er nur konnte. Die Spitze der Klinge hatte sich in seine Hand gebohrt. Aber er hatte jetzt keine Zeit zum Heulen. Ohne Pause machte er weiter, bis er es endlich geschafft hatte. Nun waren seine Hände frei und er konnte auch die Fesseln an seinen Füßen entfernen. Er hoppelte zu Niko und rüttelte ihn. Keine Regung. Irgendwie musste Flo seinen großen Bruder doch wach bekommen. Nun fiel sein Blick wieder auf das Fahrrad. Dort hing nämlich eine Wasserflasche, wie sie Fahrradfahrer oft bei sich hatten. Er riss sie von der Halterung und schüttelte sie. Zum Glück. Es befand sich noch Wasser darin. Langsam tröpfelte er es über Nikos Kopf. Er zwinkerte! „F....Flo?“, sagte er schwach. „Niko! Hier, drink das.“, meinte er und ließ Niko die Flasche austrinken. Danach befreite Flo ihn von den Fesseln. Verschlafen und verwirrt blickte er auf. „Was ist passiert?“, wollte er unbedingt wissen. „Was passiert ist? Dein kleiner Freund sorgt für eine Menge Ärger.“ Flo schreckte auf. Ohne das er es bemerkt hatte, war die Tür aufgegangen und Whisky war eingetreten. Nun zog er eine Pistole aus seiner Jackentasche. „Wenn ihr nicht schlummern könnt, muss ich wohl anders dafür sorgen das ihr still seit!“, fuhr er sie an. „Nein, nicht. Nehmen Sie die Waffe weg, Sie Irrer!“, schrie ihm Niko entgegen. Woher er die plötzliche Kraft hernahm war ihm ein Rätsel. Whisky entsicherte nun seine Waffe und richtete sie auf Niko. Langsam schritt er die Treppe hinunter und streichelte mit seinem Finger immer wieder den Abzug. „Ich bin jetzt im Haus.“, sprach eine aufgeregte Frau in ein Telefon. „Habe verstanden, Agent 2. Sind Sie sich auch wirklich sicher, dass die Beute dort ist?“ „Jaja, kein Zweifel. Ich habe diesem einen Mädchen nämlich eine Wanze verpasst. Schon beim Ersten Besuch der Kinder. Mir war klar, dass sie etwas wissen mussten. Deswegen.“ „Ausgezeichnet! Ich hätte zwar nie gedacht, dass sich die Beute dort befindet, aber im Nachhinein wundert es mich nicht. Haben Sie eine Ahnung wo im Haus sie sein könnte?“, fragte Agent 0. „Nein, aber im Gegensatz zu Ihnen kenne ich mich im Haus nicht so gut aus. Was halten Sie davon, wenn ich die Kinder beobachte? Sie müssen bald hier sein.“ „Einverstanden, aber Vorsicht! Wir sind einfach zu nahe dran. Ich will jetzt keine Fehler! Was tut Agent 1?“ Agent 2 antwortete wieder. „Es kann gar nichts passieren! Die Kinder sind keine Gefahr. Agent 1 kümmert sich um den Helfer von Whisky. Wenn wir die Beute haben, schalten wir den Boss auch aus und niemand kann uns mehr etwas anhaben.“ Agent 2 klang sehr überzeugend. „Also, gut. Ich werde dann selbst zu Ihnen beiden stoßen. Bis dann.“, verkündete Agent 0 und beendete das Gespräch. „Er scheint nicht zu Hause zu sein.“, unterrichtete Patrizia Jan und Marina. Jan schnipste mit den Fingern. „Perfekt, dann hat er schon Recht nichts dagegen, wenn wir uns mal umsehen.“ „Wenn er davon nichts weiß, sicher nicht.“, antwortete ihm Marina mit abfälligem Blick. „Die Tür war sogar offen.“, setzte Patrizia fort. „Dann brauchen wir nur noch einen Pfeil, der uns zur Beute führt. Aber ich glaube wir sollten unser Glück nicht herausfordern.“, scherzte Jan. Schließlich betraten sie das Innere des Hauses. Auf den ersten Blick sah es aus wie ganz normales eingerichtetes Haus. „Eine Männerwirtschaft.“, meinte Marina als sie die Unordnung bemerkte. „Die Bibliothek!“, rief Patrizia und wies auf das Zimmer am Ende des Ganges hin. Eine dicke Holztür baute sich vor den dreien auf, welche aber ebenfalls nicht versperrt war. „Irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl.“, meinte Marina plötzlich. Jan verdrehte die Augen. „Wenn du Angst hast, kannst du ja nach Hause gehen. Wir verständigen dich, wenn wir was gefunden haben.“ Das ließ sich Marina nicht gefallen. Sie wollte Jan ein Schimpfwort entgegen werfen, als sie jedoch Patrizia reden hörte. „Quadratisch.“ Jan und Marina verstanden sofort. Sie hatten die Bibliothek betreten und sahen sofort das der Raum Quadratisch war. An drei Wänden waren Bücherregale befestigt, in denen sich die verschiedensten Werke und Autoren befanden. In der Mitte stand ein großer Lesetisch und zwei Sesseln. Jan studierte den Plan. Vor der Bibliothek war ein langes Rechteck. Das musste der Vorraum von Herrn Schiller sein. Sie waren ohne Zweifel richtig. „Und wo beginnen wir zu suchen?“, wollte Jan wissen. „Zieh doch wieder alle Bücher raus!“, riet ihm Marina spöttisch. Jan hörte gar nicht auf sie. Er erinnerte sich an einen Krimi, indem es um geheime Verstecke ging. Zuerst klopfte er den Boden ab, ob sich darunter ein Hohlraum befand. Doch er hatte kein Glück. Vielleicht gab es diesmal tatsächlich einen Raum hinter den Regalen. Dazu musste Jan nicht einmal Bücher rausziehen. Er lief aus dem Haus und sah sich die rechte Seite genauer an. Mit triumphierendem Grinsen kehrte er zurück. „Was entdeckt?“, fragte Patrizia aufgeregt. „Und ob! Die Außenwand ist breiter als dieses Zimmer.“, erklärte er. Als er bemerkte das weder Patrizia noch Marina reagierten fuhr er fort. „Sowas kommt oft in Krimis vor. Es muss sich noch ein kleiner Raum zwischen der Bibliothek und der Außenmauer befinden.“ „Heißt das, du willst doch wieder Bücher rausziehen?“ Diesmal meinte es Marina ernst. Jan überlegte und schritt dann zu dem Regal, dass nicht an die Außenmauer grenzte. Er untersuchte das Holz, konnte aber nichts finden. Dann zog er eines der Bücher heraus. Er stutzte. Ein zweites fiel auf den Boden. „Marina, Patrizia, schaut mal!“ Die beiden kamen näher und sahen was Jan meinte. Im Regal befanden sich zwei Reihen Bücher. Die zweite wurde von der ersten verdeckt. „Was ist daran so ungewöhnlich?“, fragte Marina fordernd. Jan wusste es nicht, doch ihm war klar das er etwas gefunden hatte. Er wollte eines der Bücher aus der zweiten Reihe hervorholen, doch das gelang nicht. „Ich bekomme das Buch nicht heraus!“, beschwerte er sich. Marina und Patrizia wollten ihm helfen, hatten aber auch kein Glück. „Das steckt fest.“, erklärte Patrizia. Jan zog nun seinen Mittelfinger ein und klopfte auf den Einband. „Das.... das Buch ist aus Holz! Außerdem scheint es an der Wand festgeklebt zu sein.“, kombinierte Jan. „Ein falsches Buch also.“, überlegte Marina. „Versuch es mal hinein zu schieben.“, schlug sie vor. Jan probierte es, doch der Erfolg blieb aus. Dann aber kam ihm die Idee, die zur Lösung führen könnte. Er klopfte nochmal gegen das Buch und bemerkte das es innen hohl war. Wie wild begann er alle normalen Bücher rauszureissen. „Er fängt schon wieder an!“, beschwerte sich Marina. „Ja, helft mir.“, gab er protzig zurück. Mit Bedenken halfen ihm das Mädchen und die Frau. „Und jetzt?“, fragte Marina als sie fertig waren. „Die Bücher in der zweiten Reihe sind nicht nur falsch, sondern auch hohl. Das heißt sie wiegen fast überhaupt nichts.“ In Marina und Patrizia funkte es. Patrizia nahm sofort das Ende des Regals in die Hand versuchte es zur Seite zu schieben. Nichts. Marina versuchte es von der anderen Seite, hatte doch wieder Pech. „Du hast dich geirrt!“, warf Marina Jan vor. Dieser schüttelte den Kopf. „Wenn man das Regal einfach zur Seite schieben könnte, wären die hohlen Bücher unnötig.“ Er bückte sich und untersuchte den Boden. „Aha!“, sagte er und ergriff das Unterste Fach. „Das Holz ist zersplittert. Das Regal muss also auf und ab bewegt worden sein. Helft mir es hoch zu schieben.“ Marina und Frau Lehmann knieten sich hin und packten mit an, Tatsächlich schafften sie es das Regal nach oben zu schieben. „Ich habe mir sowas gleich gedacht. Der Raum dahinter geht bis in den Dachboden, was mir schon bei der Außenmauer aufgefallen ist.“, erklärte Jan als das Regal auf halber Höhe war. „Du hast Recht!“, fiel ihm Patrizia in die Arme, als tatsächlich ein Raum sichtbar wurde. Jan löste sich von der Umklammerung. Das Rätsel stand kurz vor der Lösung. Vor den dreien hatte sich eine dunkle Kammer aufgetan. In Jans Fingerspitzen juckte es bereits. „Die Beute muss hier drin sein.“, rief Marina überschwenglich. Jan hatte an sowas gedacht und vorsichtshalber die Taschenlampe mitgenommen. Langsam leuchtete er den Raum ab. „Hier wurde eindeutig gebohrt!“, stellte er fest. Als Marina ihn fragte wie er darauf kam, zeigte er ihr die Wände. „Die Wände waren einmal ziemlich breit. Jemand hat ein riesiges Loch gebohrt, dass darauf ein Raum enstanden ist.“ „Dann kann es ja nur Herr Schiller gewesen sein.“, sprach Marina ihren Verdacht aus. „Wenn jemand anders das Loch gebohrt hätte, wäre es ihm sicher aufgefallen. Oder glaubst du Bernhard Schiller kommt eines Morgens aus seinem Schlafzimmer in die Bibliothek, sieht jemanden bohren und sagt: Lassen Sie sich nicht stören.“ Jan gab ihr Recht. Der Verdacht lastete auf Johannes Schillers Vater. Patrizia wurde ziemlich ungeduldig. „Aber wo ist die Beute?“ „Die hab ich fast vergessen!“, gab Jan kleinlaut zu. Er leuchtete nochmal alles ab, entdeckte jedoch nichts. In dem engen Raum gab es keinen einzigen Gegenstand. Er strahlte nach oben, sah aber nur Mauer. Er dachte nochmal angestrengt nach. Die Mauer vor ihnen bröckelte bereits. Die Seitenwände sahen normal und gut erhalten aus. Als er sich umdrehte stutzte er. Er bat Marina und Patrizia ihm zu helfen das Regal wieder herunter zu ziehen. Ohne Fragen halfen sie ihm. „Marina, Frau Lehmann, das ist doch merkwürdig, oder?“ Die beiden sahen sofort was der Junge meinte. Das Regal hatte keine Rückseite. „Normalerweise hat so ein Regal doch eine hölzerne Rückseite, aber ich sehe nur die hölzernen Bücher.“ Marina hielt das nicht für wichtig. „Mit einer Rückwand, wäre das Regal sicher zu schwer gewesen um es hinaufschieben zu können.“ Trotzdem beschlich Jan ein merkwürdiges Gefühl. Ein Klicken sorgte dafür das er aus seinen Gedanken gerissen wurde. „Rika!“, hörte er Frau Lehmann schreien. Jan sah in Richtung Ausgang. Dort stand die falsche Frau Lehmann und hielt eine Pistole in der Hand. „Sie...Sie...“ Patrizia fand keine Worte. „Sie haben uns im Keller eingesperrt!“, warf Jan ihr vor. „Ja und es wundert mich wie ihr wieder rausgekommen seit. Wo ist die Beute?“ „Nicht hier.“, sagte Marina trocken. Rika überzeugte sich selbst. Dann begann sie zu fluchen. Sie nahm ein Funkgerät aus der Tasche und drückte ein paar Tasten. „Agent 0, es ist wichtig!“ Jemand antwortete ihr. „Was gibt es, Rika? Haben Sie die Beute?“ Rika redete drum herum. „Also....die Kinder.... sie haben einen geheimen Raum gefunden. Aber die Beute scheint nicht dort zu sein... . Aber vielleicht ist sie auch nur gut versteckt!“, versuchte Rika die Situation zu retten. Agent 0 ließ sich Zeit mit dem Antworten. „Ich bin auf dem Weg. Kümmern Sie sich um die Kinder und sehen Sie ob sie Anhaltspunkte finden.“ Rika bestätigte und legte auf. „So, zuerst werde ich mich um euch kümmern!“, sagte sie forsch. Jan beeindruckte das wenig. „Und was, wenn wir Ihnen sagen wo die Beute versteckt ist?“ Rika sah ihn prüfend an. Marina und Frau Lehmann wussten nicht ob Jan nur blöffte oder wirklich eine Spur hatte. „Wo ist sie?“, schnauzte ihn Rika an. „Versprechen Sie uns gehen zu lassen?“, fragte er abermals. „Ich verspreche euch keine Kugel in den Kopf zu jagen.“, schrie sie stinksauer. Jan blieb ruhig. Marina bewunderte ihn für seinen Mut. „Bitte Junge! Sag ihr was sie wissen will!“, bettelte Patrizia. „Ja, hör auf die Alte!“, riet ihm Rika. Jan holte Luft und fing an zu reden. „Ok, ich sage es Ihnen. Aber nehmen Sie zuerst die Pistole weg.“ Rika folgte. Dann zeigte Jan auf die Rückseite des Regals. „Ist Ihnen bereits aufgefallen, dass das Regal keinen Rücken hat?“ Rika nickte. „Sehen Sie sich bitte die falschen Bücher vorne und hinten an. Rika tat was Jan ihr auftrug, konnte aber nichts feststellen. „Worauf willst du hinaus?“, fragte ungeduldig. „Wenn du mich nur hinhalten willst dann....“ Jan sprach einfach weiter. „Es sind drei. Drei Reihen Bücher. Die erste Reihe bestand aus echten und die anderen sind aus Holz.“ Marina und Patrizia hörten Jans Ausführungen zu und verstanden sofort. Auch Rika, wie es aussah. Sie überprüfte etwas und stimmte Jan zu. Jedes der falschen Bücher existierte zweimal. Zwei gleiche Exemplare waren hintereinander gestellt, so das es aussah als würde das selbe wie außen auch innen stehen. Wenn man das Regal von der Seite betrachtete merkte man jedoch den Unterschied. „Wahrscheinlich befindet sich ein Hohlraum zwischen den Büchern.“, war Jans Vermutung. Rika musste unbedingt sicher gehen. Wenn der Junge recht hatte, war sie und ihre Kollegen bald steinreich. Die inneren Bücher ließen sich tatsächlich problemlos herausziehen. „Besteck!“, rief Rika erstaunt. Hinter dem ersten Buch waren jede Menge silberne Gabeln, Messer und Löffeln. Rika zog weitere Bücher heraus und entdeckte noch drei Lampen und Porzellantassen. Dann kam das dicke Ende. Rika jubelte als sie altes Geld und mehrere alte Münzen in den Händen hielt. Sie nahm eine Hand voll und warf sie über ihren Kopf. Diese alten Münzen waren ein Vermögen wert. Sie war im Besitz der Beute, wofür sie dem Jungen nur danken konnte. „So und jetzt....“ Sie erschrak fürchterlich. Die Kinder und Frau Lehmann waren verschwunden. Rika hätte sich eine Ohrfeige geben können. Sie war so vertieft gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte wie ihre Gefangenen abgehauen waren. Sie würden bestimmt die Polizei verständigen, was das Ende für sie wäre. Sie ballte die Fäuste und brach in Verzweiflung aus. Dann ertönte ein Schuss. Die glücklichen Finder Jan hatte Marina und Patrizia hinter seinem Rücken gedeutet vorsichtig abzuhauen. Das Mädchen und die Frau verstanden und konnten unentdeckt entkommen. Jan hinterher. Sie wollten gerade durch die Tür entkommen, als sich ein bulliger Kerl vor ihnen aufbaute. In der Hand hielt er eine Pistole und schoss in die Luft. Die Decke hatte ein Loch. „Der Kobramann!“, stotterte Marina. Fast! Fast wären sie entkommen und hätten die Gauner hinter sich gelassen. Doch nun hatte die Flucht ein Ende. Hinter sich hörten sie die völlig verstörte Rika. „He, Rikaschatz, sieh mal was mir ins Netz gegangen ist.“, rief André ihr zu. Rika strahlte übers ganze Gesicht. „André, ich habe die Beute.“ André schnitt ein Gesicht, als hätte er gerade eine Million gewonnen. „Baby, das ist großartig!“ Dann deutete er den Kindern und Frau Lehmann wieder in die Bibliothek zurück zu gehen. Widerwillig folgten sie. „Ach du Heilige Sch....“, staunte André als er den Fund sah. „Rika-Baby hol schnell einen Sack! Wir müssen das Zeugs verstauen und abhauen. Agent 0 diese Null ist bereits auf dem Weg hierher.“ Rika zögerte. „Du willst einfach so weg? Heißt das du willst den Boss betrügen?“, erkundigte sie sich. André grinste nur. „Welchen Boss? Whisky oder die Null? Whisky ist mir egal und die andere Niete brauchen wir nicht. Dann müssten wir die Beute schließlich durch drei teilen.“ Rika nickte. „Was ist mit Trittmaier?“ André fing an zu lachen. „Manfred? Den Fettsack habe ich eingesperrt, rate mal wo. In einer Sauna! Da kann er endlich mal ein paar Pfunde verlieren. Den sind wir los.“, beruhigte André sie. Bald hatten die beiden alles in einem großen Jutesack gepackt. „Bleiben noch die Kinder. Was machen wir mit ihnen?“, wollte Rika wissen. Nun hatte auch Jan seinen Mut verloren. Sein Plan zu fliehen war zwar geklappt, doch das würde kein zweites mal funktionieren. Und schon gar nicht bei André. „He, wo ist den der dritte von euch?“, brüllte sie André an. Nun hatte Marina die rettende Idee. „Der....der ist zu Hause. Sie haben ihm letztes mal solche Angst eingejagt!“, warf ihm sie ihm gespielt vor. André schien ihr die Antwort abzukaufen. Marina hoffte das Flo sie befreien konnte. Ihr fiel ein, dass es möglich wäre, dass Flo bereits in den Händen der Gauner war. Da André aber nichts wusste, war die Chance groß, gerettet zu werden. „Rein mit euch!“, schrie André nun. Als die drei nicht spurteten zeigte er auf den geheimen Raum. Jan und Marina kam ein schlimmer Gedanke. André wollte sie einsperren und verschimmeln lassen. Selbst wenn sie noch auf Flo zählen konnten, er würde sie hier nie finden. André streckte ihnen seine Pistole vor die Nase, so das sie gar keine andere Wahl hatten. Ihre größte Sorge war, dass sie im Hohlraum keine Luft bekamen. Aber selbst das wäre André wahrscheinlich egal. Er war sehr gerissen und gefährlich. Ein Entkommen war ausgeschlossen. „Wir müssen das Regal hinunterschieben.“, erklärte ihm Rika. „Das habe ich bereits gemerkt!“, schnauzte er sie an. „Aber in dem Raum ist noch Platz. Für vier Personen um genau zu sein.“ Rika zuckte zusammen. André bedrohte nun auch sie mit der Waffe. „Aber....aber André, das verstehe ich nicht. Du liebst mich doch und ich dich!“ André fing an schallend zu lachen. „Bei ein paar Millionen hört die Liebe eben auf und jetzt rein da!“, kommandierte er. Rika blieb nichts anderes übrig, als sich zu Frau Lehmann und den Kindern zu gesellen. „André, bitte überleg es dir doch nochmal.“ André antwortete nicht mehr, sondern begann das Regal hinunter zu ziehen. „Du verdammter....“, fluchte sie. Als das Regal wieder unten war saßen Jan, Marina und die Frauen im Dunkeln. Draußen schob André nun den großen Lesetisch vor das Regal und schützte ihn schräg dagegen. So fest von der anderen Seiten auch gezogen wurde, das Regal würde nicht nachgeben. „Das ist doch ein Alptraum!“, schimpfte Jan. Marina hatte bereits Tränen in den Augen. Würden sie hier für immer festsitzen? Draußen hörten sie wie André den Sack nahm und fortging. Die Vier dachten sie würden nun eine lange Zeit warten müssen, bis wieder etwas geschah, doch das täuschte. Schüsse durchbohrten die Stille. „Da....da schiesst jemand!“, stieß Patrizia hervor. In Jan und Marina breitete sich Unruhe aus. Sie hatten keine Ahnung was da vor sich ging. Die Schüsse hatten aufgehört. Dafür war jedoch zu hören wie Stühle fielen und Fenster zersprangen. Dann.... nichts. Es war wieder Ruhe eingekehrt. Marina spitzte ihre Ohren und konzentrierte sich. „Es....es kommt jemand!“ Nun hörten es auch die anderen. Schnelle Schritte näherten sich der Bibliothek. „Wir müssen uns bemerkbar machen!“, erklärte Jan mit neuer Hoffnung. Der Unbekannte war nun im Zimmer. Jan, Marina und Patrizia klopften auf die Holzbücher. Nur Rika nicht. Sie hatte einen Verdacht um wen es sich handeln könnte. „Entfernen Sie bitte den Tisch!“, schrie Jan so laut er nur konnte. Es wirkte. Der Unbekannte schob den Tisch zur Seite und Jan und Marina machten sich daran das Regal nach oben zu schieben. Frische, klare Luft stieg ihnen in ihre Nasen. „Endlich!“, seufzte Patrizia. Jan sah zu ihrem Retter. „Herr Schiller!“, brachte er überrascht heraus. „Wieso so überrascht? Das ist doch mein Haus oder?“, antwortete er mit merkwürdig verstellter Stimme. Jan nickte. „Das war vielleicht ein Ding, das der alte Lehmann seine eigene Beute im Haus meines Vaters versteckt hat, aber eigentlich kann mir das nur recht sein.“ Jan stutzte. Woher wusste der Mann was hier vorging? Rika fing plötzlich unerwartet an zu lachen. „Sie sind gerade im richtigen Moment gekommen, Boss! André wollte mit der Beute abhauen.“ Die Kinder und Patrizia erstarrten. Boss? Herr Schiller war der Boss der Ganoven? „André ist keine Gefahr mehr. Den habe ich abgeknallt.“, erklärte Herr Schiller kalt. Marina schluckte. Erst jetzt sah sie den Revolver, der in Johannes Schillers Gürtel steckte. „Wollen Sie... uns etwa auch...?“, stotterte Frau Lehmann. „Ich weiß noch nicht.“, antwortete der Mann. „Ich würde das tun! Lass sie am besten zusammen mit André verschwinden!“, redete Rika ihm zu. Doch dieser lachte nur und richtete seinen Revolver auf Rika. Diese erschrak fürchterlich. „Du und André seit doch ein Paar. Du hättest mich genauso hintergangen. Zum Glück hat André aber schon vorgesorgt.“ Rika hatte sich bereits gefreut aus der Situation heraus zu kommen, doch nun sah es wieder nicht rosig für sie aus. Jan bemerkte als erstes was hinter Herrn Schiller geschah. Eine Hand hatte nach einem Briefbeschwerer gegriffen, welcher auf einem Kasten neben der Tür lag. Es war ein großer Rosenquarz, ein rosernes Mineral. Jemand schlich sich von hinten an Johannes Schiller heran. Jan musste ihm helfen. „Jetzt verstehe ich auch wieso Sie bei unserer ersten Begegnung so erschrocken sind! Diese Rika und der Kobratyp arbeiten für Sie. Wahrscheinlich hat er Ihnen von uns erzählt.“ Jan versuchte Herrn Schiller in ein Gespräch zu vertiefen. Zum Glück stieg dieser darauf ein. Marina, Patrizia und Rika versuchten nicht in die Richtung zu sehen, aus der ihr möglicher Retter kam. „Der Kobratyp, wie du ihn nennst, also André Hoffer hat mir ein Bild von euch gezeigt. Deswegen bin ich so erschrocken, als ihr plötzlich bei mir aufgetaucht seit. Ich dachte ihr hättet mich durchschaut. Deswegen habe ich André aufgetragen, er solle euch einen Schreck einjagen. Aber genug jetzt. Ich muss euch leider alle von hier fortbringen. Keine Angst, ich töte euch nicht, aber ihr seit mir ein Dorn im Auge!“ Kaum hatte Herr Schiller zu Ende gesprochen war der Moment gekommen. Herr Schiller hatte nichts davon mitbekommen, dass sich jemand hinter ihn geschlichen hatte. Derjenige schlug mit voller Wucht zu. Der Rosenquarz traf Schillers Kopf, der sofort zusammensank. „Ich werde alle meine Feinde vernichten!“ Der Mann war bereit abzufeuern, niemand konnte ihn stoppen. Whisky schien enorm sauer zu sein. Nicht nur das sich seine Handlanger nicht wie vereinbart meldeten, jetzt hatte er auch noch Flo und den anderen an der Backe. „Erschießen Sie mich von mir aus, aber doch nicht den Jungen!“, rief ihm Niko zu. Flo glaubte sich verhört zu haben. Sein Bruder würde sich für ihn opfern. „Tut mir Leid, aber dieser ‚Junge‘ ist schlimmer als die gesamte Polizei zusammen.“ Whisky war bereit abzudrücken, als ihm seine Pistole unerwartet aus der Hand geschlagen wurde. Sie landete direkt unter dem Kellerfenster. Der Angreifer war niemand anderer als Tobias Schäfer. Von dem Geschrei aufgewacht, stürmte er auf Whisky los und entwaffnete ihn. Whisky wollte sofort losrennen und sich die Pistole wiederholen, doch Niko hielt plötzlich eine eigene Pistole in der Hand. Er grinste und meinte:„Was sind Sie den für ein Krimineller? Sie haben mich nicht einmal nach Waffen überprüft!“ Whisky stand der Schweiß im Gesicht. Er wusste: Sein Spiel war aus. „Und wer?“, fragte Flo bereits zum Dritten Mal. Jan machte es unnötig spannend. Die Freunde, Niko und Frau Lehmann hatten sich bei Flo zu Hause versammelt. Stürmisch waren sich die drei in die Arme gefallen. Es gab auch jede Menge zu erzählen. Flo platzte sofort heraus, dass er und Niko den Gangsterboss namens Whisky gestellt hatten. Doch Jan winkte ab. Er war sich sicher, dass seine Erlebnisse viel aufregende und spannender waren. „Also wer!“, fragte Flo ungeduldig. „Es war der alte Mann, der immer auf der Bank, vor dem Adlerwald sitzt. Er sitzt immer dort, was unser Glück war. Als er die Schüsse hörte, ist er sofort rein und hat Herrn Schiller K.O. geschlagen.“ „Da seit ihr ja mit heiler Haut davon gekommen. Ich beneide euch nur, dass ihr die Beute gefunden habt.“, gab Flo kleinlaut zu. Niko legte ihm eine Hand auf die Schulter. Dafür haben wir diesen Whisky zur Strecke gebracht. Und einen Teil des Finderlohns bekommst du trotzdem.“ Die Kinder horchten auf. „Finderlohn?“, fragten sie gleichzeitig. Niko nickte. „Ja, die Sachen, die ihr gefunden habt, werden auf zirka 3 Millionen geschätzt. Ihr bekommt 1 % Finderlohn.“ Flo und Jan waren ziemliche Nieten im Kopfrechnen, also half Marina aus. „1 % von 3 Millionen sind 30.000 Euro!“ Flo und Jan sahen dumm aus der Wäsche. „Das beutetet jeder von uns bekommt 10.000 Euro.“, errechnete Flo. „Da sind wir ja mit Taschengeld eingedeckt.“, lächelte Jan. „Sollten wir Frau Lehmann nicht auch einbeziehen?“, wollte Marina wissen. „OK, 7.500 für jeden.“, schlug Jan vor. Doch Patrizia schüttelte den Kopf. Nicht nötig. Dank euch ist die Erinnerung an meinen Vater wieder neu aufgeflammt, das reicht mir. Außerdem danke ich euch, dass ich bei eurem Abenteuer mitmachen durfte. Auch wenn es sehr gefährlich war.“ Die Kinder verstanden nicht ganz, was Patrizia meinte. Also sprang Niko ein. „Die Diebstähle hat nicht Bernhard Schiller sondern Harald Lehmann begangen.“, erklärte er. „Aber, der ist doch Tod! Oder?“ Flo war sich nicht sicher. Niko schüttelte den Kopf. „Nein, jetzt kommt der dicke Fisch. Mittlerweile kann es gut sein, dass er verstorben ist. Jedenfalls war er es damals nicht. Er hatte damals einen Freund bei der Gerichtsmedizin. Einen gewissen Karl Reiter. Zusammen mit ihm fasste Lehmann einen Plan. Karl Reiter gab ihm ein Mittel, mit dem er für zwei Tage schlief. Dann fälschte er das Obduktionsergebnis und alle Welt hielt Harald Lehmann für Tod.“ Flo, Jan und Marina kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Niko fuhr fort. „ Wie gesagt, alle hielten ihn für Tod. Deswegen dachten auch alle ein Geist stünde ihnen gegenüber, als sie Harald Lehmann sahen, wie er ihr Haus ausräumte. Alle hatten einstimmig ausgesagt, er habe geleuchtet. Dieses Zeug hatte er ebenfalls von Karl Reiter. Es war eine Farbe, die im Dunkeln leuchtet. Sowas ähnliches, wie es heutzutage auch auf T-Shirts gibt.“ „Die von damals mussten ziemlich doof gewesen sein, wenn sie ihn nur deswegen für einen Geist hielten.“, war Jan Meinung. „Pssss!“, zischte ihm Flo zu. Er wollte weiter hören was sein Bruder zu sagen hatte. „Wir haben die Farbe in Lehmanns Haus gefunden. Außerdem war sie auf manchen Sachen der Beute. Ihr fragt euch jetzt sicher warum das Diebesgut bei Herrn Schiller versteckt war!“ Gemeinsames Nicken. Niko holte Luft und fuhr fort. „Das ist jetzt ganz witzig. Harald Lehmann und Bernhard Schiller hassten sich wie die Best. Aber das wisst ihr bestimmt schon. Jedenfalls ist das, was ihr gefunden habt nicht die ganze Beute.“ Flo und seine Freunde waren froh, dass sie wenigstens einen Großteil gefunden hatten. „Lehmann hatte alles im Detail geplant. Ein Jahr zuvor war Bernhard Schiller im Urlaub in Spanien. In dieser Zeit hat Lehmann sich für Schiller ausgegeben und eine Baufirma beauftragt den geheimen Raum zu installieren. Durch den Trick mit den doppelten Büchern würde Schiller von selbst nicht darauf kommen, das sich dahinter ein Zimmer befand. Lehmann wollte es so aussehen lassen, als ob Schiller der Dieb wäre. Einerseits beging er die Einbrüche um Schiller ins Gefängnis zu bringen und andererseits um sich selbst abzusetzen. Wahrscheinlich ist er ins Ausland verschwunden. Aber vorher hat er sich noch etwas einfallen lassen. Reiter war auch Gesichtschirurg und veränderte Lehmanns Aussehen. Das war aber noch nicht alles. Er verpasste einem Toden das Gesicht von Lehmann. Als die Polizei sich vergewissern wollte, fanden sie seine Leiche, obwohl er es gar nicht war. Wieso er der Polizei keinen Hinweis auf Schiller gegeben hat wissen wir nicht.“ Niko legte eine Pause ein. Er brachte sich und seinen Gästen eine Flasche Mineralwasser und schenkte ihnen ein. „Jetzt, vierzig Jahre später ist alles ans Licht gekommen. Vor einem halben Jahr ist Karl Reiter bei einem Unfall gestorben. Seine Sachen wurden seinem Sohn Wilhelm Reiter übergeben.“ „Stop!“, unterbrach ihn sein kleiner Bruder. „Diesen Namen kenne ich! Und zwar im Zusammenhang mit der Kometengasse, wo sich Whisky befand.“ Niko gab ihm Recht. „Ja, Wilhelm Reiter ist der Verbrecherboss mit dem Decknamen Whisky. Er hat die Unterlagen seines Vaters studiert und ist darauf gekommen, dass dieser Harald Lehmann geholfen haben musste, dessen Tod zu inszenieren. Er besorgte sich Informationen und fand heraus, dass Harald Lehmann der Dieb war. Er war von da an bessesen die Beute zu finden. Also angagierte er André und seine Freundin Rika. André hatte einen Freund bei der Polizei. Tobias Schäfer. Zu dieser Stelle möchte ich sagen, dass es mir Leid tut, dass ich euch nicht geglaubt habe.“ Flo und Jan winkten ab. Ihnen war Nikolas Erzählung wichtiger. „Ich wollte Schäfer dann zur Rede stellen, jedoch André Hoffer und Manfred Trittmaier – ein weiterer Komplize von Reiter – haben mich und Schäfer dann leider entführt und mich zu Whisky gebracht. Ohne meinen kleinen Bruder wäre ich da wohl nie mehr rausgekommen.“, meinte Niko und strich Flo über die Haare. „Whisky hat Rika beauftragt als Putzfrau bei Frau Lehmann anzufangen. Als Rika aber nichts fand, verhörte sie Frau Lehmann. Als auch das nichts brachte, gab sie sich für Harald Lehmanns Tochter aus, um besser und freier suchen zu können. Als ihr sie besucht habt, hat sie dir, Marina, eine Wanze verpasst. Also ein Abhörgerät.“ Diese nickte. Zum Glück hatte die Polizei es schon entfernt. Es steckte zwischen ihren Haaren. Ihr fiel nun auch wieder ein, wieso die falsche Frau Lehmann so besorgt war, als sie das Bild mit Lehmann und dem anderen Mann gefunden hatte. Rika sagte es wäre ihr Onkel, doch es war Karl Reiter. Niko setzte fort. „Jetzt kommt das Verwirrende. Wilhelm Reiter war nicht der einzige Boss von André und Rika. Als Johannes Schiller herausbekam, wer die falsche Frau Lehmann war, überredete er sie und ihren Freund André für sich zu arbeiten. Die beiden spielten von da an ein doppeltes Spiel und arbeiteten für Whisky und Schiller. Damit ihr Vorhaben nicht entdeckt werden konnte, gab sich Schiller den Decknamen Agent 0. André bekam Agent 1 und Rika Agent 2. Als ihr, Jan und Marina in Schillers Haus suchtet, hat euch Rika beobachtet. André hat inzwischen seinen Komplizen Manfred ‚entsorgt‘. Dieser wusste nichts von den Machenschaften, seiner Mitarbeiter. André hat ihn in eine Sauna gesteckt. Man hat ihn zum Glück noch rechtzeitig gefunden. Schiller hat André nie ganz vertraut. Als er zu seinem Haus kam und André mit der Beute abhauen sah, schoss er auf ihn. André wurde sofort am Bein getroffen, konnte sich aber noch wehren. Als beide keine Patronen mehr hatten, kämpften sie mit den Fäusten. Schiller gewann wegen Andrés Verletzung. Ihr hattet Glück, dass dieser alte Mann in der Nähe war. Reiter, Schiller und ihre Handlanger werden erstmal für eine ganze Zeit hinter Gittern verschwinden.“ Ihr habt das Rätsel um den Geisterdieb gelöst, schloss Niko seinen Bericht. „Nicht ganz!“, unterbrach ihn Jan. „Die ganze Beute wurde noch nicht gefunden. Der Fall ist noch nicht ganz abgeschlossen.“ „Du bekommst auch nie genug!“, lachte Flo. „Aber das nächste mal, wenn dich die Abenteuerlust packt, bin ich krank!“ Jan verzog das Gesicht. „So ein Abenteuer werden wir sicher nicht nochmal erleben. Aber der Spannung halber sollten wir doch noch nach dem Rest der Beute suchen.“ „Vielleicht wissen wir bereits wo sie sich befindet....“, sprach Marina leise. Dabei sah sie Frau Lehmann verschwörerisch an. Sie hatte ihr im Vertrauen erzählt, dass ihr Vater ihr einen Teil gelassen hatte, damit sie leben konnte. Marina musste versprechen niemanden davon zu erzählen. „Mädchen....“, seufzte Jan. Dann überreichte Niko den jungen Helden noch Karten für ein Rock-Konzert. „Die hat unser Präsidium gespendet.“, meinte er. Jan grinste und sagte:„Zu schade, dass ich da schon zum Zahnarzt muss. Flo und Marina müssen wohl oder übel allein hingehen.“ Diesmal nahm Flo es seinem Kumpel gar nicht übel. Dann fiel ihm aber noch etwas ein. „Ich muss noch was erledigen!“, sagte er schnell und rannte aus dem Haus. Seine Freunde, sein Bruder und Frau Lehmann blieben allein zurück. Sein Ziel war die Drachenallee. Allerdings steuerte er weder auf Schillers noch auf Lehmanns Haus zu. Sein Ziel war die Bank, vor dem Adlerwald. Wie jeden Tag, saß auch heute wieder der alte Mann an seinem Platz. „Danke, dass Sie meine Freunde gerettet haben!“, platzte Flo heraus. Der Mann lächelte ihn an. „Ich habe alles in der Zeitung gelesen, ihr seit Helden. Ich war sowieso froh, diesem Schiller eins über die Rübe zu ziehen. Er ist wie sein Vater war.“, meinte er. „Der Autor, Herr Riedler hat einen riesigen Artikel über uns geschrieben.“ Flo setzte sich neben ihn und leistete ihm Gesellschaft. „Ein lustiges Muttermal haben Sie da. Ich glaube ich habe es schonmal auf einem Bild gesehen.“, sagte Flo nun. Der alte Mann strich sich übers Gesicht. „Ja, das ist ein Zeichen für die Ewigkeit. Ich habe es schon seit der Geburt.“, antwortet er. „Sie haben mal gesagt, Sie haben hier alles in Sicht.“, redete Flo weiter. Der Mann nickte. „Ja, ich sehe hier auf meiner Bank vieles, was andere nicht sehen.“ „Haben Sie uns auch aus dem Keller von Lehmanns Haus geholfen?“, führte Flo sein Verhör fort. Der alte Mann konnte nur nicken. „Wenn ihr mich wieder einmal braucht, bin ich euer Mann. Aber lassen wir die Sache erst einmal auf sich beruhen. Es ist schon spät. Du solltest wieder zu deinen Freunden gehen.“, riet er ihm. „Das werde ich tun.“, lächelte Flo, stand auf und machte sich auf den Heimweg. Der alte Mann jedoch blieb noch eine Weile auf seiner Bank, vor dem Wald sitzen und beobachtete das, was viele andere nicht sahen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)