War of the Damned - Zurück in meine Arme von abgemeldet (Spartacus: War of the Damned) ================================================================================ Kapitel 1: Zurück in meine Arme ------------------------------- Er war wieder da. Agron, der totgeglaubte Krieger Agron, war wieder zurück im Lager der Rebellen. Als Crixus’ Tod Spartacus und seine übrigen Generäle erreichte, brach eine Welle der Traurig- und Hoffnungslosigkeit ein. Crixus war in den Augen der meisten Rebellen ein Halbgott. Und nun war der Halbgott und somit ihr Hoffnungsträger tot. Geköpft. Von einem jungen Römer. Nasir glaubte seinen Augen kaum, als Castus ihn ansprach und auf eine mehr tote als lebende Gestalt zeigte. Gestützt von Spartacus wanderte sie durch die Menge der heimkehrenden Rebellen. Der heimkehrenden Väter, Söhne, Liebenden, Frauen und Töchter. Es war sein Agron. Sein Geliebter. Sein Atem, sein Leben. Er dachte Agron wäre tot. Doch man erkannte, dass sein Brustkorb sich hob, dass diese wandelnde Gestalt Leben einatmete. Agron lebte. Die Welt um ihn wurde still. Alles hielt den Atem an. Zu mindestens schien es Nasir so. Blind vor Begierde das Ziel zu erreichen, welches noch so weit von ihm entfernt schien, schlängelte er sich durch die Menschen hindurch, schubste einige zur Seite. Je näher er der Gestalt kam, desto mehr schlug sein Herz, heiße Tränen stiegen in seine Augen. Spartacus hob den Kopf, noch eben vor Sorge gesenkt, denn Agron war bleich. Seine Haut war beinahe weiß. Langsam hob auch Nasir den Blick und blieb vor den beiden mächtigen Kriegern stehen. Der Thraker lächelte leicht und legte den blutigen, doch verbundenen Arm Agrons um Nasirs Nacken. Oh ihr Götter... wie sehr hatten ihn die Römer hergerichtet... Es klebte dunkles und getrocknetes Blut an der Haut seines Liebsten. Gesicht und Brustkorb blau und blutig geschlagen. Zwei riesige Wunden an Schlüsselbein und Hüfte. Gelähmt durch Gefühle oder war es der Schmerz der vergangenen Tage ohne die Liebe des jeweils anderen, sahen sie sich langsam an. Keine Worte, keine Gestik oder Mimik. Nasir hatte Agron noch nie richtig weinen sehen. Doch nun liefen Tränen voller Reue und Schmerz die verunstalteten Wangen hinunter. Stetig, doch sicher fingen sie leise an zu weinen, Nasir besorgt, erleichtert, erfüllt mit Angst und Wiedersehensfreude, sah seinen weinenden starken Krieger an. „Die Götter brachten dich zurück in meine Arme.“ schluchzte er lächelnd und streichelte die Wange Agrons. Er spürte den leichten Bart, der sich schon anfing zu kräuseln. Wie sehr er dieses Gefühl vermisst hatte. Dabei waren es nur ein paar Tage, die sie sich nicht hatten. Und doch fühlten sie sich an wie ein Jahrhundert. Besonders als Nasir die fälschliche Nachricht von Naevia erhielt, dass auch er gefallen war. Zusammen mit Crixus. „Ich war ein Idiot sie jemals zu verlassen. Verzeih mir. Ich bin wieder daheim.“ Kapitel 2: Die Toten und die Sterbenden --------------------------------------- Agrons Körper fühlte sich an wie Blei. Gelähmt durch Schmerzen und überschäumenden Gefühlen. Ächzend ließ er sich ins gemeinsame Zelt tragen und sank mit verzerrtem Gesicht auf die weichen Felle nieder die als Nachtlager dienten. „Kann ich etwas für dich tun?“, flüsterte Nasir und setzte sich auf den schmalen Bettrand. „Wasser, frische Verbände, ein Bad. Ich tu alles für dich. Ich tu alles um es in die Wege zu leiten.“ Der Deutsche aus dem Osten des Rheins lachte leise und streichelte über den bekleideten Oberschenkel des jungen Syrers. „Ich würde gerne ein wenig Wasser und frische Verbände haben. Die Wunden treiben mich zum Wahnsinn“ gab er von sich und ließ sich dabei helfen sich aufzurichten. Er saß aufrecht in Nasirs Augenhöhe, konnte die Gefühle aus ihm herauslesen. Besorgt streckte Nasir ihm den Becher Wasser hin, doch Agron rührte seine Hände nicht. „Hier, nimm“ murmelte der Jüngere und sah verwirrt zwischen dem Deutschen und dem klaren Nass hin und her. „Du... Du wolltest doch etwas Wasser haben?“ Agron nickte und ließ seinen Kopf langsam sinken. „Sie haben mich ans Kreuz genagelt. Du musst mir leider beim Trink-“ Doch der Becher wurde beiseite gestellt. Gelähmt von der Neuigkeit, der nun bildlichen Grausamkeit der Römer. „S-Sie haben was...?“ „Ich hatte schwarze Nägel im Fleisch wie frisch erlegtes Rind.“ gab Agron von sich und löste die zerfledderten alten und durchgebluteten Verbände von seinen Händen. Tatsächlich: Das grausame Bild von zerrissenen Fleisch und Knochen ließ Nasirs Atem stocken. „Du brauchst sofort einen Medicus!“ In Nasirs Augen war Panik, Besorgnis und Trauer zu sehen. „Agron, deine Wunden sind grausam! Sie müssen ordentlich verarztet werden!“ Doch der Deutsche schüttelte nur den Kopf. „Morgen. Jetzt bin ich zu müde dafür. Gib mir bitte frische Verbände und ein wenig Wasser. Bitte Nasir.“ Der junge Syrer tat wie ihm gesagt. Er wechselte Agrons zerfledderten Verbände und half ihm dabei, ein wenig Wasser zu trinken. Die Müdigkeit breitete sich nun auch in seinem Körper aus, doch Agron war sicherlich viel erschöpfter als er. „Stört es dich wenn ich jetzt ein wenig schlafe?“ Nasir schien wie aus Träumen gerissen und sah den Deutschen erst verwirrt an. Doch dann nickte er. Schüttelte schließlich den Kopf und sank ihn wieder. Leicht lächelnd streckte Agron seine Hand aus und streichelte die Wange seines Liebhabers. „Gesell’ dich zu mir. Dann kann ich zusammen mit dir ins Reich der Träume wandern“ Dunkle Augen musterten den verwundeten Körper des Deutschen sorgevoll. „Einen Medicus zu rufen wäre jetzt viel besser... aber gut.“ murmelte Nasir und legte sich mit auf die weichen Felle und Pelze. Gähnend verschränkte Agron die Hände hinter seinem Kopf und legte sich hin. „Keine Sorge, ich werde aufwachen und nicht in den Orkus wandern. Dafür bin ich noch viel zu fit.“ – „Es geht mir nicht nur darum, Agron, deine Knochen wurden durch Nägel zerschmettert.“ Immer noch lächelnd sah er Nasir an. „Als ob ein Medicus was daran ändern könnte, dass ich meine Hände nicht mehr spüre, Nasir.“ Dann herrschte Stille. Nasir wusste, dass er nicht gegen Agrons Argumentationsfähigkeiten ankam. Wortlos sah er den Deutschen weiterhin an und registrierte nur halbwegs, dass dieser bereits die Augen geschlossen hatte und dabei war einzuschlafen. Irgendwie wollte das noch nicht ganz in seinen Kopf rein, dass dieser Mann, sein Leben, sein Herz, sein Atem noch lebte. Doch sein Brustkorb hob sich und atmete Leben ein. Agron lebte. Und schlief wieder an seiner Seite und machte Scherze über seine Wunden, verfluchte die Götter wie eh denn je. Heiße Tränen stiegen in Nasirs Augen. Er hatte Angst, dass dies alles nur ein Traum ist und die Götter ihm Agron im passenden Moment wieder wegnahmen. Er hatte Angst einzuschlafen. Und alleine wieder aufzuwachen. Kapitel 3: Todesangst --------------------- Das kleine Nickerchen wurde unterbrochen. Von Spartacus, dem Thraker. Es sollte, so sagte er, eine Zeremonie stattfinden, wo all die Gefallenen und Sterbenden geehrt werden sollten. Jeder sollte seine Wünsche aussprechen, an die, die dafür geopfert wurden um Freiheit zu erlangen und dadurch ihr Leben ließen. Agron hielt es für eine gute Idee. Auch wenn er Crixus nicht mochte, so sollte auch er seinen stillen Segens- und Dankeswunsch von dem Germanen kriegen. Doch erst mal sollte er wieder menschlich hergerichtet werden. In erhitztem Wasser saß er, umgeben von einem engen Holzfass, welches gerade groß genug für ihn allein war. Konzentriert mit einem Stofflappen in der Hand wusch Nasir den breiten muskulösen Rücken seines Geliebten. Es wurden keine Worte ausgetauscht, nur Agron gab ab und an ein Ächzen oder schmerzvolles Stöhnen von sich, denn Wunden zierten seinen Rücken in Massen. Doch die Stille kratzte an der Laune des lädierten Kriegers. Schließlich erhob er ein Räuspern und begann zu reden. „Ich werde meine Gebete und Hoffnungen Duro widmen. Was ist mit dir?“ Auf eine Antwort konnte er lange warten, denn Nasir putzte die dreckige Haut still weiter und entfernte die Kruste an dicken dunklen Schmutz von Wunde und Haar. „Nasir?“ – „Vergebung. Ich war mit den Gedanken woanders“ murmelte der Syrer leise und wusch den Lappen aus. „Vergebung? Das Wort ist mir neu. Aber gut. Wem wirst du deine Wünsche widmen?“ – „Ich konnte meine Gedanken für diese Zeremonie noch nicht ordnen, Agron. Ich weiß nicht, wem ich sie widme. Vielleicht niemanden.“ Er verhielt sich merkwürdig. Nasir schien tatsächlich mit den Gedanken woanders zu sein. Irgendwo, nur nicht bei Agron und deren kleinem Gespräch. „Nasir, was ist mit dir los?“ – „Hm? Nichts, gar nichts. Mit mir ist alles okay.“ Seufzend drehte sich der Germane zu dem Syrer um und packte ihn am Handgelenk. „Erzähle mir von deinen Gedanken, Liebster. Ich kann sie nicht aus deinen Augen herauslesen.“ Nasirs Blick überraschte ihn. War es Abscheu, Verzweiflung, Angst, Schrecken? Agron kannte sich nicht mit so etwas aus. Das war einfach ein Gebiet für die Frauen und nicht für beinahe unbesiegbare Krieger wie ihn. „Nasir, du... hast du etwa deine Gefühle verloren, weil ich nicht mehr kämpfen kann?“ Erschrocken weitete der Syrer seine Augen und fauchte ihn an. „Spinnst du?! Wie kommst du auf solch absurde Gedanken, Agron? Ich würde dich lieben, mit jeder Wunde, jeder Narbe und jeder Beeinträchtigung!“ – „Dann sag mir verdammt nochmal, was mit dir los ist!“ erwiderte der Germane und erhob sich aus dem warmen Wasser. Nacktheit war ein alltägliches Thema für beide Rebellen und doch konnte Nasir einen Blick nach unten nicht verhindern. Nachdem er sich gefasst hatte sah er Agron an und schluckte seinen Tränen und seine Zweifel hinunter. „Ich habe Angst.“ gab der Syrer mit kleiner, leiser Stimme von sich. „Ich habe einfach nur Angst, verstehst du?“ Die dunklen Augen schimmerten feucht vor bevorstehenden Tränen, die schon kurz darauf ihren Weg auf den sandigen Boden fanden. „Warum hast du Angst...?“ fragte Agron und schüttelte leicht den Kopf. Er verstand nicht. Was war denn los mit Nasir? Langsam aber sicher ließ Agron das Handgelenk des Syrers los und sah ihm langsam in die Augen.   Warum er Angst hatte? Das war der simpelste und einfachste Grund! Nasir hatte Angst, seinen Agron zu verlieren. Sein Herz zu verlieren. Den Atem zum Leben zu verlieren. Seine Seele. „Ich bin mir bewusst, dass du wieder da bist“ begann der Jüngere an zu stottern. „Und doch erbebt mein Herz bei dem Gedanken vor Furcht, dass du, mein allergrößter Schatz, wieder weg genommen wirst. Genommen durch die Hand eines Römer oder die Götter selbst! Verdammt, Agron, ich dachte du wärst tot, ich dachte, ich wäre wieder alleine auf der Welt ohne einen Sinn für meine Freiheit zu kämpfen! Ich bin nicht der Krieger, für den du mich hältst. Ich habe jeden Tag Angst um dich. Jede Minute, mit dem Gedanken, dass du gerade auf dem Schlachtfeld bist, hat mich in den Wahnsinn getrieben! Und tut es immer noch... Ich gab mir die Schuld, dass du fort warst! Das du in die Schlacht gezogen bist um meinem egoistischen Verhalten zu entgehen mit Castus eine Freundschaft anzufangen... Ich gab mir die Schuld an deinem Tod.“   Kapitel 4: Schädliche Gedanken ------------------------------ Angst? Ein Gefühl was Agron aus seinem Gedächtnis vertrieben hatte. Angst verspürte er in diesem Moment, als ein Schwert in Duros Brust steckte. „Aber du selbst... sagtest, du wärst ein Krieger.“ – „Um im allerschlimmsten Fall mit dir gemeinsam zu sterben.“ gab Nasir von sich. Der Syrer war noch jung. Als er und Agron das erste Mal das Nachtlager teilten, war er 18. Im Laufe der Rebellion waren 2 lange Jahre vergangen. 2 lange Jahre die sie mit römischen Blut und leidenschaftlicher Liebe gefüllte hatten. Doch nun kam der kleine Junge wieder hervor, den Spartacus, Agron und Crixus damals aus der Sklaverei befreiten. Heiße Tränen liefen über Nasirs Wangen, seine Lippen zitterten vor Angst und Traurigkeit. „Ich versprach dir, dass mein Platz für immer an deiner Seite ist. Auf der Flucht, auf dem Schlachtfeld sowie im Tode. Und ich werde dieses Versprechen auf Lebenszeit halten.“ Verwirrt sah Agron den Jüngeren an und hob seine Arme leicht an. „Komm zu mir.“ Schluchzend legte Nasir seine Arme um Agrons Hüfte und ließ seinen Tränen den freien Lauf. Der junge Syrer war schon immer empfindlich. Gab es Tage, wo anderen Rebellen Nasir keinen Respekt zollten, weil er ‚Agrons Junge’ war, beschwerte sich Nasir noch am gleichen Abend bei Agron. Jedoch mit der Bitte nicht auszurasten, denn der Syrer brauchte einfach nur jemanden bei dem er düstere Gedanken loswerden konnte. „Es tut mir so Leid, Agron. Vergebung, dass ich nicht der bin, in den du dich verliebt hast...“ Seufzend drückte Agron Nasir einen Kuss auf die Stirn und nahm sein Gesicht in seine Hände. „Woher willst du wissen, in wen ich mich verliebt habe? Ich liebe dich und zwar mit all’ deinen Seiten. Seien sie verletzlich, stark, unverwundbar oder schwach.“ – „Aber Agron, ich weine wie ein Weib.“ – „Ja und?“ – „Ich sehe hässlich aus, wenn ich weine.“ – „Dann küsse ich die Tränen von deinen Wangen und dann bist du noch schöner als vorher.“ Ja. Gegen Agrons Argumentationsfähigkeiten hatte niemand eine Chance. Glücklich japste Nasir nach Luft und legte seine Arme um Agrons Nacken. „Verlass’ mich niemals, Agron. Bitte. Und wenn, dann nimm mich mit. Egal wohin. Denn du bist derjenige der mein Herz trägt.“   Nach dem Bad bekam Agron frische Kleidung. Es tat ehrlich gesagt gut nach langer Zeit wieder eine lockere lange Hose an den Beinen spüren zu können, sowie den zotteligen Mantel aus der Zeit des Vesuvius. „Weißt du jetzt, wem du deine Wünsche widmen sollst, Nasir?“ Die Frage brennte ihn seit vorhin auf der Zunge und Agron wollte endlich eine Antwort von seinem Jüngling wissen. „Ich werde sie in stillen Gedanken meinem kleinen Bruder widmen.“ gab Nasir lächelnd von sich, als auch er sich angemessene Kleidung über den Kopf zog.   Ein Feuer wurde entfacht, Crixus sterblichen Überreste wurden seiner Seele nachgebracht und in den flammenden Orkus geschickt. Jeder rief den Namen seines geliebten oder nahe stehenden Menschen. Waren es Brüder, Geliebte, Schwestern. Doch der Großteil widmete ihn Crixus. Dem Halbgott, dem unbesiegten Gallier. Agrons Sicht war leicht benebelt. Die Erschöpfung hatte ihn wieder übermannt, da es mittlerweile schon tiefe Nacht war. Nach der tränenreichen Zeremonie kehrte jeder in sein mobiles Heim zurück. Es galt die Ruhe vor dem Sturm. Die Ruhe vor der grausamen Wahrheit, die Agron am nächsten Tag erwarten würde.   „Vergebung, ihr habt mein Bedauern, Agron. Doch dem Anschein nach, haben die Nägel der Römer eure Hände untauglich gemacht. Zu mindestens für einen gewissen Zeitraum.“ Der Medicus vernähte die großen Wunden an Schlüsselbein und Hüfte und gab Agron eine große Anzahl an sauberen Verbänden. Täglich wechseln hieß es, und: drauf achten, dass die Verbände ausgiebig gewaschen werden in klarem, nicht abgestandenen Wasser. „Was bedeutet für einen gewissen Zeitraum?“ Der Deutsche hob seinen Blick nachdem er seine eigenen verbundenen Hände eine Weile angestarrt hatte. Nach wie vor bluteten sie leicht und ließen rote Flecken auf dem sandfarbenen Stoff auftauchen. „Nun, unsere Hände sind ein kompliziertes Instrument, Agron. Viele Knochen, Muskeln und Fleisch hängen an ihnen. Aber auch Seile, die unsere Bewegungen kontrollieren und Fäden, die uns fühlen lassen. Dem Anschein nach wurden einige dieser Seile und Fäden durchtrennt. Das ist die Ursache weshalb ihr eure Hände nicht so bewegen könnt, wie ihr es wollt.“ Der Medicus war wirklich ein gut gelehrter Mann, aus dem nahen Osten. Er besaß die gleiche gesunde Färbung der Haut wie Nasir. Agron richtete seinen Blick langsam wieder auf seine Hände. Schon eben musste er versuchen seine Hände zu bewegen, doch gelang es ihm nicht. Und wenn: dann unter starken, beinahe betäubenden Schmerzen, die ihm bis ins Bein zogen. Konzentriert starrte der Deutsche auf sie und versuchte eine Faust zu formen. Doch die Finger krümmten sich nur leicht und fingen an grausam zu ziehen, als Agron sich auch nur ein wenig mehr anspannte. „Diese verfickten Römer. Elenden Fotzen. Sie haben mich nutzlos gemacht.“ zischte Agron. Seine Wut erfüllte seine Seele. Wie sehr würde er es jetzt lieben einem elenden Römer mit einer Klinge die Kehle aufzuschlitzen, ihm die Zunge rauszuschneiden... „So gebt eurem Körper Zeit sich zu erholen, Agron. Ihr seid ein wichtiger Mann für Spartacus. Sobald wird er sicherlich nicht wieder in den Krieg ziehen. Das würde euch nur schaden.“ Schließlich verabschiedete sich der Medicus höflich und ließ Agron in seinem Zelt sitzen. Alleine mit schädlichen Gedanken.   Kapitel 5: Tödliches Stahl -------------------------- „Agron?“ Nasir kehrte nach einer langen Übungsstunde mit den anderen Rebellen zurück. Er musste Agrons Stellung einnehmen, seitdem seine Kampfunfähigkeit festgestellt wurde. Nicht nur als General, sondern auch als Lehrer. Nasir hatte ein unglaubliches Talent mit dem Speer entdeckt und gab sein Wissen an die neuen, jüngeren Rebellen weiter. Besonders die ganz kleinen sahen zu Nasir auf. „Willkommen daheim.“ Der Deutsche saß an einem Kessel und rührte mit einem hölzernen Löffel in ihm rum. Er war kein Weib, er war ein mächtiger Germane. Doch seine Unbeweglichkeit schränkte ihn ein und als er von Nasirs neuen, doch schweren Bürde erfuhr, machte er es sich zur Aufgabe für ihn wenigstens ein warmes Mahl vorzubereiten, damit sein Krieger sich wieder stärken konnte. „Was gibt es heute?“ – „Die Vorräte sind knapp. Heute kann ich nur mit einer Hirsesuppe dienen. Doch haben wir noch genug Kräuter und Gewürze, damit du sie an deinen Geschmack anpassen kannst.“ Mit einem breiten Lächeln und indem er Agrons Lippen sanft küsste bedankte Nasir sich bei ihm. „Ich weiß, du fühlst dich nicht wohl in deiner passiven Rolle. Aber ich schätze deine Bereitschaft sehr, sei dir dessen gewiss, Liebster.“ – „Ich tu alles für dich, Nasir. Und ich bin froh, dass du es so sehr schätzt.“ Tatsächlich konnte Agron seit je her kein Schwert mehr fest in die Hand nehmen. Allerdings übte er jeden Tag, um die Beweglichkeit der Finger zu bewahren und auf zu trainieren. Die Fortschritte zeigten sich in kleinen, aber herausragenden Dingen, die Agron am Herd zauberte oder zum Beispiel, dass er sich selbst schon verbinden konnte. Der Germane fühlte sich wie ein kleines hilfloses Kind, aber dagegen konnte er kaum was tun.  Nachdem sie gemeinsam den Brei eingenommen hatten, beschloss Nasir sich ein wenig schlafen zu legen. Er wäre nun gesättigt und ein wenig Ruhe bevor die nächsten Rebellen trainiert werden müssten, würde ihm sehr gut tun. Agron beschloss die rare Zeit, die er mit Nasir die letzten Tage nur verbringen durfte, nun auszunutzen. Gemeinsam legten sie sich auf die weichen Fellen und schliefen schon kurz darauf ein.   Wochen später lauschte Agron einem Gespräch zwischen Spartacus und Gannicus. Sie redeten von Plänen und Strategien, wohin die eine und wohin die andere Gruppe hin sollte. „Ich hoffe ihr bezieht mich mit ein!“ begann Agron plötzlich und strotze nur so vor Selbstbewusstsein wieder Teil der Rebellion zu werden. „Beweise, dass du fähig bist mit in die Schlacht zu ziehen“ Gannicus schien nicht davon überzeugt zu sein, dass Agron jemals wieder an der Seite des Rebellionsführers stehen würde. „Hier, nimm das Schwert, Agron.“ Der Thraker reichte ihm den Griff seines Schwertes. Agron schluckte schwer und nickte. Wenn er jetzt versagen würde... Er hatte doch so viel trainiert und seine Beweglichkeit wieder einigermaßen hergestellt! Langsam legte der Germane seine bandagierte Hand um den Griff, verkrampfte leicht, als er seine Finger enger um ihn legen wollte. Doch anstatt, dass die Finger auf ihn gehorchten, fingen sie an zu zittern und wehzutun, wie damals, als der Medicus die grausame Diagnose feststellte. Das Schwert plumpste zu Boden und landete in dem grobkörnigen Sand unter ihnen. „Verdammt...,“ zischte Agron und biss sich auf die Unterlippe. „Sie haben mir wirklich alles genommen.“ – „Bereite dich vor für die Reise in die Berge. Und weih’ Nasir ein.“ befahl Spartacus dem Germanen. Treu ergeben nickte Agron, schluckte schwer und drehte sich um. Betäubt von der Tatsache nie wieder tödlichen Stahl in den Händen zu halten, wandelte er zurück zum gemeinsamen Zelt von ihm und Nasir.   „Agron! Schau!“ Strahlend kam Nasir mit einem Schild auf ihn zu. Der Germane saß betroffen und niedergeschlagen auf seinem Bett, hob jedoch den Kopf und sah Nasir an. „Nasir, ich...“ doch der Anblick des Schildes, verschmolzen mit Schwert und haltenden Leder ließ ihn stocken. „Was ist das?“ Stolz berichtete der Syrer, dass er sich vor längerer Zeit mit einem Schmied hier im Lager angefreundet hatte. Um Agron eine Chance zum Kämpfen zu geben hatte der junge Syrer die Idee Schwert und Schild zu kombinieren und mit Leder und Fellen an Agrons Arm zu befestigen. „Du hast es schmieden lassen?“ Überrascht richtete sich der Germane auf und Nasir fing an die ledernen Gurte an seinem Unterarm zu befestigen. „Es bietet der ausreichend Schutz um die Angriffe der Römer abzuwehren, aber auch die nötige Klinge, wenn es Zeit ist römisches Fleisch zu zerschneiden.“ Agron betrachtete das Werk. Nasir hatte tatsächlich an alles gedacht. Die Gurte und die kleine Tasche in der sich die verletzte Hand des Germanen befand, waren gepolstert und weich. Es gäbe also keine Chance für das Leder sich in seine Haut zu schneiden. Betäubt von dem Glück, den Römern  nun doch wieder das Garaus zu machen, ging Agron einige Schritte an seinem Partner vorbei. „Der Mut auf das Schlachtfeld zurück zu kehren erfüllt mein Herz...“ flüsterte er und streichelte mit der freien Hand über das leicht angerostete Metall des Schildes. Scharf geschliffen glänzte die daran befestigte Klinge und dürstete nach römischen Blut. „Den Befehl missachtend in die Berge zu flüchten, wird mein Platz im Krieg an der Seite Spartacus sein.“ Nasirs Blick zerriss ihm beinahe das Herz. Angst ersetzte den eben glücklichen Schimmer in seinen Augen und ließ seine Lippen zittern. „So wie mein Platz für immer an deiner Seite ist.“ Man hörte die Furcht vor dem großen Kampf, der eher einem Massensuizid glich als einer glorreichen Schlacht. Denn Ziel der Rebellen war es nicht zu gewinnen, sondern so viele Römer wie nur möglich nieder zu schlachten und der Gruppe, die gen Berge ziehen wird, Zeit zum flüchten zu geben. Eine Chance zum leben zu geben. Agron verbat den heißen Tränen in seinen Augen zu flüchten, verzog stattdessen seine eigenen Lippen und entließ einen dankbaren, doch unendlich traurigen Schluchzer aus seiner Kehle. Er liebte ihn so sehr. Seinen Nasir. Sein Herz, sein Atem, seine Seele. Gemeinsam würden sie Seite an Seite kämpfen. Gemeinsam würden sie in den Orkus wandern. Für immer würden sie zusammen bleiben. „Ich liebe dich.“ murmelte Nasir beinahe lautlos und umarmte seinen stolzen, neu geborenen Krieger. Verzweifelt drückte Agron einen liebevollen Kuss auf Nasirs schwarze Haare. „Für immer werde ich an deiner Seite sein.“ antwortete Agron auf das Liebesbekenntnis. „In diesem oder im nächsten Leben.“ Liebend schlang er seine Arme um Nasirs schmalen Körper, das Schild beschützend davor. Epilog: Zukunft --------------- Es fühlte sich an, als wären Wochen vergangen. Wochen, nach der Schlacht, war das Resultat deutlich sichtbar. Abertausende von Rebellen waren durch römische Waffen gefallen. Naevia, erstochen, Gannicus, gekreuzigt auf der Via Appia, der Straße nach Rom. Auch Saxa, Lugo... sie alle folgten dem glorreichen Gallier. Schluchzend beugte sich Agron über Spartacus leblosen Körper. „Tausende Helden wird es noch geben. Doch du wirst für immer in den Herzen der Menschen bleiben. Als Bote der Freiheit.“ Nasir war an seiner Seite. Leise flüsterte Agrons Geliebter Worte auf Syrisch, streichelte über die Wange des verbluteten Helden. „Ich danke dir für mein Leben...“   Von weitem war bereits das Geschrei der römischen Soldaten Pompeis zu hören. Alarmiert hob der Germane den Kopf und sah den Syrer, als auch die Frauen um ihn herum an. „Kommt. Wir müssen in begraben.“ Gemeinsam gruben sie ein nicht allzu tiefes Loch. Der steinige, harte Boden ließ nicht mehr zu. „Du verdienst eigentlich ein eigenes Denkmal, Spartacus.“ murrte der Germane, als er und Nasir die Leiche des Helden in den Graben hievten. Keuchend, doch mit gemeinsamer Kraft, schoben sie Steine und Dreck an ihren alten Platz. Üblich war es in Germanien einen Stein mit eingemeißelten Worten auf die Stätte niederzulegen. Doch dazu hatte Agron weder das Werkzeug noch das passende Material. „Agron, wir müssen gehen.“ – „Einen Moment noch.“ Seufzend griff der ehemalige Rebell nach dem von Nasir geschmiedeten Schild. „Mögest du den Göttern herrlich den Arsch versohlen und ein Schwert in den Hintern fisten.“ grinsend küsste er das blutige angerostete Metall und lehnte es gegen die aufeinander gelegten Steine. „Und grüß Sura, Varro und Mira von mir.“ Ein leiser Seufzer. Schwer schluckend schob Agron kurz die Unterlippe hervor und schrak schließlich auf, als Nasir nach seiner Hand griff. Sie schmerzte immer noch. „Komm, lass uns gehen, Liebster. Die Berge warten auf uns.“ Leicht lächelnd nickte Agron und folgte seinem Syrer. Liebevoll grinste er als drei Kinder zu ihnen gelaufen kamen mit Übungsschwertern in der Hand. „Ich mach dich tot, Römer!“ – „Niemals!“ Nasir kicherte leise. „Jetzt ist endlich Zeit für eine gemeinsame Zukunft.“ gab er von sich und streichelte Agrons Hand. „Ja.“ Dagegen konnte der Germane nichts sagen. Wo Nasir recht hatte, hatte er recht.   „Vater!“ Aufgeregt mit einem hölzernen Schwert in der Hand lief ein Junge mit hellbraunen Haaren und fast schwarzen Augen in die Arme Agrons. Nach langer Zeit des Handelns und Reisen war er endlich wieder heimgekehrt. „Willkommen daheim!“ – „Vielen Dank, Taru.“ Rau war seine Stimme, einige Haare schimmerten Grau in der unbarmherzigen Sonne. „Wo ist dein آب (abb/Papa)?“ erkundigte er sich und zog den dunkelgrauen Esel hinter sich her. „Der ist im Haus und kocht. Vater, es war so langweilig ohne dich!“ beschwerte sich Taru und hüpfte um Agron herum. „Wollte Nasi-, ich meine آب etwa nicht mit dir trainieren?“ Taru schüttelte den Kopf. Er meinte immer wieder, er habe sein kämpferisches Dasein abgestreift, als du mit ihm in den Sonnenschein gegangen bist.“ Der Germane lachte leise. „Ich werde gleich mal mit ihm meckern.“ – „Genau!“ stimmte Taru mit ein und lief zusammen mit Agron in das flachgebaute Fachwerkhaus. „Ich bin wieder daheim.“ Ohne ein Wort kam der kleinere Mann auf Agron zu und legte seine Arme um dessen Nacken. Ein liebevoller Kuss auf die Lippen und ein glücklicher, treuer Blick mit dunkelbraunen Augen ließen Agron breit lächeln. Auch Nasir war mit der Zeit anders geworden. Ruhiger, gelassener, liebevoller. Die schwarzen langen Haare, waren noch länger als vorher, doch zierten grau-weiße Strähnen die Pracht. Glücklich erwiderte Agron die Umarmung und schmiegte sein Gesicht in Nasirs Halsbeuge.  „Willkommen daheim, mein starker Krieger.“  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)