Göttlich verlassen von Anni-chan95 ================================================================================ Kapitel 4: Nur für Helen ------------------------ Kapitel 4 – Nur für Helen Lucas und Orion waren gemeinsam zu den Höhlen am Festland gegangen. Das heißt: Orion lief und Lucas flog. „Du bist sicher, dass du allein gehen möchtest?“, fragte Orion zum gefühlten hundertsten Mal. Der Gedanke, dass sich Lucas ganz allein mit Hades in der Unterwelt treffen wollte, bereitete ihm Sorgen. Er wusste zwar, dass Helen sich auch einige Mal mit ihm getroffen hatte, aber bei ihr war das auch etwas anderes. Außerdem war Orion sicher, dass Hades nicht sehr gut auf Lucas zu sprechen war, weil dieser seinen Platz nicht eingenommen hatte, wie er es versprochen hatte. „Ja, ich bin mir sicher.“, versicherte Lucas ihm. „Öffne das Portal.“ Orions Armreif verwandelte sich in seine Ursprungsform und Eis bildete sich rund um das Portal. Lucas stieg ohne ein weiteres Wort hindurch und fand sich im Asphodeliengrund wieder, wo Hades bereits auf ihn wartete. „Hallo, Sohn.“, begrüßte er ihn freundlich. „Wie geht es dir?“ „Hallo, Vater.“ Was sagte er da? Hades war nicht sein Vater. Aber trotzdem hörten sich diese Worte in Lucas‘ Ohren nicht falsch an. Es fühlte sich sogar so an, als sei es richtig so und sollte so sein. „Es geht mir sehr gut. Helen und ich, wir sind sehr glücklich.“, erklärte er lächelnd, wurde aber sofort wieder ernst. „Hades, ich weiß, ich bin nicht in der Position, Bitten an dich zu richten, aber ich möchte dich trotzdem um einen Gefallen bitten. Nicht für mich, sondern für Helen.“ „Worum geht es?“, fragte Hades geduldig. „Wir, also meine Familie, wir suchen einen Weg, um Helen ihre Welt zurückzubringen, doch niemand von uns ist in der Lage, Zeus, den Helen in Jederland eingesperrt hat, in den Tartaros zu schicken.“, begann Lucas. „Natürlich nicht. Niemand von euch ist ein Weltenschöpfer.“ „Nein, niemand.“, bestätigte der Junge. „Aber du bist einer. Würdest du uns helfen?“ „Was du da von mir verlangst, Sohn?“, seufzte Hades. „Bitte, Hades. Es wäre doch für Helen. Sie vermisst ihre Welt so sehr und wir wollen ihr irgendwie helfen. Ich würde alles für sie tun.“ Eigentlich war es gar nicht Lucas‘ Absicht gewesen, um Hilfe zu betteln, doch, wie er gesagt hatte, würde er alles für Helen tun. „Ich verstehe, inwiefern dich das betrifft und deine Liebe zu Helen ist bemerkenswert. Dennoch kann ich mich nicht gegen meinen kleinen Bruder stellen. Es tut mir sehr leid, aber hierbei kann ich euch nicht helfen.“ Lucas ließ den Kopf hängen. „Oh, ok.“ „Du könntest Morpheus fragen. Helens Wohl liegt ihm am Herzen. Er wird euch sicherlich helfen können.“, schlug Hades vor, als er Lucas‘ enttäuschte Miene sah. „Glaubst du?“ Hades nickte. Sofort begann in Lucas ein neuer Funken Hoffnung aufzuglühen. „Komm, ich führe dich zu dem Albtraumbaum.“, bot Hades an. Lucas nickte und ließ sich von ihm führen. Grade als Lucas die Grenze zwischen den beiden Welten überqueren wollte, hielt Hades ihn noch einmal zurück. „Eins noch: Dein Vorhaben könnte dazu führen, dass du dein Mitgefühl unter Beweis stellst.“ Lucas wusste ganz genau, was dann passieren würde. Er müsste dann Hades in der Unterwelt ablösen und obwohl Hades mehr als alle anderen davon profitieren würde, warnte er ihn trotzdem davor, eine Dummheit zu machen, die dazu führte, dass er Helen schon wieder verlor. „Ich weiß, aber wenn es Helen glücklich macht, ist es mir das wert.“, erwiderte der Junge ohne jede Spur von Angst vor der Zukunft oder Selbstmitleid. Lucas schritt über die Grenze und rief nach Morpheus, der kurz darauf direkt vor ihm erschien. „Hallo, Lucas. Was führt dich in mein bescheidenes Reich?“, grüßte der Gott der Träume Lucas freundlich. „Ich bin hier, um dich um einen Gefallen zu bitten. Es geht um Helen …“ „Um Helen? Was auch immer es ist, ich bin dabei.“, unterbrach Morpheus ihn. „OK, also: Helens Welt, Jederland, Helen hat Zeus dort eingesperrt. Jetzt kann sie selbst nicht mehr dorthin und deswegen ist sie immer noch am Boden zerstört. Meine Familie will ihr Jederland zurückholen. Dafür brauchen wir einen Weltenschöpfer, der in der Lage ist, Zeus in den Tartaros zu schicken.“ „In Ordnung. Ich bin dabei.“, erwiderte Morpheus gelassen. „Du hilfst uns? Einfach so?“ „Für Helen.“ Damit konnte Lucas leben. „Wann habt ihr vor, Jederland zurückzuerobern?“, fragte Morpheus. „Schon morgen. Claire, Helens beste Freundin und Andy, die Freundin meines Cousins, werden Helen zu einem Girl’s Day Out entführen, so dass sie nichts mitbekommt. Wir, also ich will nicht, dass sie mit reingezogen wird. Wenn Zeus erführe, dass sie in Jederland ist, er würde sie sofort in den Tartaros schicken.“ „Da hast du völlig Recht. Ich hätte es an eurer Stelle nicht anders gemacht.“, nickte Morpheus. „Nur eines habt ihr nicht bedacht: Nur Unsterbliche können gegen Unsterbliche kämpfen. Helen hat euch fast-unsterblich gemacht. Jedoch nicht vollständig.“ Nein, das hatten sie in der Tat nicht bedacht. Helen hatte gegen Zeus gekämpft und sie war ja unsterblich. „Dann mach du mich unsterblich? Ich werde ohnehin niemals beschließen, zu sterben, weil ich Helen dann allein lassen würde. Es würde also keinerlei Unterschied machen.“, schlug Lucas vor. „Bist du dir sicher, dass du es riskieren möchtest? Wenn du dann gegen Zeus verlierst, wird er dich in den Tartaros verbannen. Auch dann würdest du Helen allein lassen.“, gab Morpheus zu bedenken. „Ich weiß, aber das ist das Risiko, das ich eingehen muss. Wirst du mich unsterblich machen?“, fragte der Junge. Morpheus nickte langsam. „Es ist vollbracht. Geh jetzt nach Hause. Schlaf ein wenig. Und morgen, ruf mich einfach und ich werde da sein.“ Lucas nickte. „Danke für deine Hilfe.“ „Kein Problem.“ Helen hörte ein Klingeln an der Tür. Sie fragte sich, wer zu so einer frühen Stunde zu ihnen wollte, aber bevor sie auf die Idee kam, nachzusehen, drehte sie sich in ihrem Bett um und schlief seelenruhig weiter … bis auf einmal die Tür zu ihrem Zimmer aufgestoßen wurde und mit einem lauten Krach an der Wand abprallte. „Lennie!“, quiekte Claire und rüttelte Helen, so dass diese gar nicht anders konnte, als die Augen zu öffnen und aufzustehen. Dabei ist es doch noch so früh?, dachte Helen. „Morgen, Giggles.“ Sie sah sich in ihrem Zimmer um. „Morgen, Andy. Du bist ja auch da. Was wollt ihr so früh von mir?“, fragte sie. „Früh? Lennie, es ist schon 10 Uhr durch. Wird Zeit, dass du aufstehst, damit wir was unternehmen können.“, meinte Claire. „Was denn unternehmen?“ Helen sah verwirrt zwischen beiden Freundinnen hin und her. „Heute ist verkaufsoffen in Wellesley, also gehen wir shoppen. Nur wir drei.“, sagte Andy. „Eigentlich wollte ich zu Lucas…“, begann Helen. „Du gehst immer zu Lucas und dann seid ihr irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs. Du vernachlässigst uns dabei total. Es wird Zeit, dass wir mal wieder etwas zusammen machen.“, beharrte Claire. Wenn sie es schaffen konnte, Helen ein schlechtes Gewissen zu machen, würde sie auf jeden Fall mitkommen. „In Ordnung. Dann fahren wir nach Wellesley. Aber ich möchte mich vorher trotzdem noch gerne anziehen.“, sagte Helen und scheuchte ihre Freundinnen damit aus ihrem Zimmer. Wenige Minuten später war Helen angezogen und die drei Mädchen machten sich mit Helens neuem Auto auf den Weg in das etwa 3 Stunden entfernte Wellesley. „So, die Mädchen sind jetzt auf der Fähre.“, verkündete Jason, als er Claires SMS las. „Dann können wir ja los.“, meinte Hector. „Können wir nicht. Lucas ist noch nicht wieder zurück.“, merkte Cassandra an. „Noch nicht? Sollte er nicht schon lange wieder da sein?“, fragte Orion. „Das solltest du doch am besten wissen. Du hast ihn dorthin gebracht.“, meinte Jason und steckte sein Handy wieder in seine Hosentasche. In exakt diesem Moment ging die Tür auf und Lucas kam herein. „Wo warst du so lange? Ich dachte schon, Hades würde dich nicht mehr gehen lassen.“, scherzte Hector und lachte, doch als er Lucas bestürztes Gesicht sah, hörte er sofort auf. Über so was macht man keine Scherze, ermahnte er sich. Lucas zwang sich dazu, Hectors Bemerkung positiv aufzunehmen. Immerhin wusste er, dass sein Cousin nur einen Witz machte. Trotzdem konnte er nicht anders, als daran zu denken, dass seine Zeit auf der Erde fast abgelaufen war. Wenn sie das jetzt durchzogen, würde Lucas schon bald – vielleicht sogar schon heute – in die Unterwelt gehen und dort bleiben müssen. Er sollte es seiner Familie sagen, aber er befürchtete, dass sie ihm dann nicht mehr helfen würden, also ließ er es dann doch bleiben. „Ich habe noch mit Morpheus gesprochen. Hades sagte, er stellt sich nicht gegen seinen kleinen Bruder, aber Morpheus wird uns helfen. Es ist also alles in Ordnung.“, erklärte der Junge. „Gut, dann können wir endlich los, denn je eher wir aufbrechen, desto eher sind wir wieder da.“, sagte Orion. „Seh ich auch so.“, meinte Cassandra und stand aus ihrem Sessel auf. „Nein, Kitty, du bleibst hier.“, bestimmte Orion. „Wieso? Ich will auch helfen.“, beschwerte sich Cassandra. „Orion hat Recht. Das ist viel zu gefährlich für dich, Cass. Bleib du hier und falls Helen und die Mädchen zurückkommen und wir noch nicht wieder da sind, erfinde einfach irgendwas, wo wir sind.“, wies Lucas sie an. Widerwillig nickte sie schließlich. Wenig später hatten die Jungs die Höhlen erreicht. Inzwischen waren alle vier mit Schwertern ausgestattet, als würden sie gleich gemeinsam in die Schlacht ziehen. „Gebt mir eure Hände.“, verlangte Orion und nachdem alle ihre Hände ineinander gelegt hatten, brachte Orion sie auch sofort nach Jederland. Aber es war wirklich nicht mehr auch nur im Geringsten so, wie sie es das letzte Mal verlassen hatte. Die Wildblumenwiese existierte nicht mehr. Stattdessen befand sich an dieser Stelle ein stinkender Sumpf. Jedestadt war komplett zerstört. Überall waren nur noch Ruinen von den bunt zusammengewürfelten Gebäuden. Und die Berge im Nordwesten waren zu brodelnden Vulkanen geworden, die jeden Moment drohten, auszubrechen. „Wow, Zeus hat seine Wut wohl an Jederland selbst ausgelassen.“, sagte Jason, der seine Stimme zuerst wiedergefunden hatte. „Das hat er und Helen konnte jede Veränderung genau spüren. Kein Wunder, dass es sie so mitgenommen hat.“, meinte Lucas. Auf einmal begann der Boden zu wackeln. Alle Augen wanderten zu Orion. „Ich bin das nicht.“, verteidigte sich dieser. Das Erdbeben ebbte erst dann ab, als es wirklich alle umgeworfen hatte. Die Jungs hatten nicht einmal Zeit, um sich wieder aufzurichten, da erschien auch schon Zeus auf der Bildfläche. „Dachte ich mir doch, dass jemand diese Welt betreten hatte. Unglücklicherweise ist es nicht Helen.“, murmelte er schon beinahe enttäuscht. Hector war der erste, der wieder auf den Beinen war und er wollte sich natürlich sofort auf Zeus stürzen. Jason hielt ihn jedoch davon ab. „Lass das, Hec. Du kannst nicht gegen Zeus kämpfen. Wir bekommen Probleme mit Andy, wenn du dich noch mal umbringen lässt…“ „Das ist das Schöne am unsterblich sein.“, konterte Hector. „Man kann nicht sterben.“ „Wenn Andy mit dir fertig ist, weil du dich in Gefahr begeben hast, wirst du sterben wollen. Also lass es lieber.“ Hector sah ein, dass sein kleiner Bruder recht hatte und trat zurück. Gleichzeitig stellte sich Lucas Zeus gegenüber. „Ich fordere dich zu einem Duell heraus.“, rief er Zeus zu. „Ach, wirklich?“ Zeus schien nicht sonderlich überzeugt von Lucas‘ Entschluss. „Luke, tu das nicht.“, wisperte Jason. „Du kannst nicht gegen ihn kämpfen, weil du teils noch sterblich bist.“, rief Hector. „Bin ich nicht, Hector. Und ich werde kämpfen.“, sagte Lucas ruhig. „Du bist nicht stark genug.“, beharrte Orion. „Hör auf deine Freunde. Du kannst nicht gegen mich gewinnen.“, sagte Zeus siegessicher. „Doch, das kann ich. Wähle deine Waffe.“ Lucas zog sein Schwert und starrte seinen Gegner entschlossen an. Er würde kämpfen. Dass er vielleicht nicht stark genug war, war ihm dabei durchaus bewusst. Man tut eben die verrücktesten Dinge, wenn man verliebt ist, dachte Lucas. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)