Evenfall von 4FIVE ([Itachi x Sakura | non-massacre AU | dorks to lovers]) ================================================================================ Kapitel 10: Confessions -----------------------   . .     Shizune und Hana waren alles andere als erfreut, als ihre beiden Teamkameraden am nächsten Morgen ungeduldig am Sammelpunkt standen. Sakura war noch vor Sonnenaufgang von einem Albtraum aus dem Schlaf gerissen worden, weshalb sie früher als geplant aufgebrochen waren. Die beiden anderen Iryōnin merkten ihr verändertes Äußeres sofort, sprachen sie vor Itachi jedoch nicht darauf an. Erst als er auf der Heimreise weit genug vorangelaufen war, um die Route zu sichern, holte Shizuen unerlaubterweise zu ihr auf. Auch sie war zusammen mit Hana auf Kabuto getroffen und hatte Blessuren davongetragen, die sie noch nicht behandelt hatte, um Kraft zu sparen. »Ist alles in Ordnung? Du siehst blass aus. Hat er dir etwas getan?« »Kabuto ist vielleicht ein Scheißkerl, aber wenn er mir etwas angetan hätte, bräuchten wir die Mission nicht als Misserfolg verbuchen«, gab sie matt zurück. Sie hatte das Gefühl, dass Itachi jeden ohne zu zögern töten würde, sollte dieser jemand sich erdreisten, Hand an seine Teamkollegen zu legen.  Shizune senkte ihre Stimme auf ein Minimum. »Ich meinte Itachi-san.« Diese Korrektur verwirrte sie. Wieso sollte Itachi ihr etwas antun? Ja, er hatte ihr etwas angetan, aber nicht absichtlich. Sie zögerte. »Nein?«, antwortete sie langsam. Die Halbwahrheit musste genügen. »Wie kommst du darauf?« Ihre Iryōnin-Kollegin zuckte die Schultern. »Nur so ein Gefühl. Itachi-san hat den Ruf, Konoha gegenüber äußerst loyal zu sein. Ich denke nicht, dass er zögern würde, jemanden aus seinem Team zu opfern, wenn dadurch das Gelingen einer Mission abhinge. Zu viel Verbissenheit ist nicht gut für unsereins. Wir verlieren an Menschlichkeit, wenn wir zu viel Tod sehen.« Sakura biss sich auf die Lippen. Irgendwo in einem Winkel ihres Herzens taten ihr diese Worte leid. Sie unterdrückte den Impuls, Itachi zu verteidigen, was ihr nur gelang, weil sie ahnte, dass er es trotz seiner Entfernung gehört hatte. Zu viel für ihn einzustehen würde verraten, was sie empfand – Respekt, Wertschätzung, auf keinen Fall etwas anderes außer das! – und es war schon schwer genug, sich selbst damit zu belügen. Wenn sich jemand selbst verteidigen konnte, dann Itachi. »Sakura?« »Es ist nichts«, wehrte sie eine Spur zu strikt ab. Sie mochte Shizunes mütterliche Art, manchmal jedoch war sie anstrengend. »Ich bin bloß müde, weil ich nicht schlafen konnte. Sobald ich eine heiße Dusche genommen und gegessen habe, sehe ich wieder wie neu aus. Mach dir bitte keine Sorgen, sonst bekomme ich ein schlechtes Gewissen.« »Wie du willst. Aber wenn du zusammenbrichst, sag' nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!« Darauf wusste sie nichts mehr zu sagen. Sie reisten schweigend weiter gen Süden, angetrieben durch jedermanns Motivation, bald wieder nach Hause zu kommen. Hana maß sich einige Male an, einen schnelleren Weg zu kennen, wurde zu ihrem Leidwesen jedoch selten wahrgenommen und noch seltener nicht ignoriert. Sakura hätte ihr längst den Mund verboten, wenn sie Itachis Autorität besessen hätte. Dieser wiederum legte eine beneidenswerte Ruhe an den Tag. Ihm schien egal zu sein, wie wichtig sie sich und ihn nicht nahm; sein Weg war beschlossen, daran konnte keine Inuzuka der Welt etwas ändern. Dass Sakura sich nach ihren neuesten Erkenntnissen eine Entschuldigung wünschte, verbarg sie hinter einem geklärten Gesichtsausdruck, den sie immer dann aufsetzte, wenn sein Blick sie während den kurzen Pausen streifte. Sie war zwar bloß Chūnin, das bedeutete aber nicht, dass sie dumm war. Itachi mochte ein Genie sein, wenn es um seine Tätigkeit bei der ANBU ging. Was die soziale Welt betraf, befand er sich in etwa auf derselben Stufe wie Sai. Nicht ganz so schlimm, aber dass er sie angestarrt hatte, als er gedacht hatte, sie schlafe, konnte einem gar nicht verborgen bleiben. Diese Tatsache entfachte gemischte Gefühle in ihr, die sie nicht ganz einordnen konnte. Sie bewunderte ihn, was sich aufgrund seines attraktiven Äußeren leicht mit tieferen Empfindungen einer ganz anderen Ebene verwechseln ließ. Dies unter dem Aspekt seiner Unerreichbarkeit gesehen, ikonisierte ihn in ihrer Vorstellung. Ob sie glücklich darüber war, für ihn etwas darzustellen, musste sie noch genauer eruieren. Ebenso stellte sich die Frage, wieso er sich so verhielt. Interpretierte sie zu viel in seine Handlungen? Sah sie Gespenster? Oder hatte er einfach noch nie etwas derart Schwaches gesehen? Sakura wusste, dass sie nicht schwach war; im Gegenteil. Leider allerdings hatte sie vor Itachi noch keine einzige halbwegs passable Leistung vollbracht. Wie war es nochmal dazu gekommen, dass sie über ihn nachdachte? Sakura versuchte sich ungesehen von ihren Begleitern die Haare zu raufen. Diese Uchihas nervten! Maßlos! Da versuchte sie sich etwas vorzumachen und dann war sie sogar ehrlich genug, um es fast zuzugeben und trotzdem kam sie auf keinen grünen Zweig. Wie unergründlich konnte ein einzelner Mensch sein? Darum führten Shinobi keine Beziehungen. Es war viel zu anstrengend. Diese Regeln, diese Erwartungen, diese Verpflichtungen, dieser ganze andere Müll, bloß für ein paar Stunden Familienleben und Sex. Wunderbar. Nun dachte sie schon an Uchiha Itachi und Sex im selben Atemzug. Das konnte einfach nicht gutgehen … . . Da Shizune ohnehin mit Tsunade über allen möglichen Kram reden musste, den die ehrenwerte Hokage in ihrer Abwesenheit geflissentlich ignoriert hatte, weil niemand hinter ihr war, der ihr in den Hintern treten konnte, übernahm sie die Aufgabe des verbalen Erstberichtes. Das formelle Dokument war die Aufgabe des Captains, der sein Team noch ganze acht Minuten und siebenundzwanzig Sekunden am Tor warten ließ, bis er die Einreiseliste korrekt ausgefüllt hatte – nicht, dass Sakura mitgezählt hätte. Izumo und Kotetsu waren wie immer das beispiellose Mustergleichnis – welch herzzerreißend gemeine Ironie – an mangelnder Organisation. Itachis Unterschrift dauerte exakt zehn Sekunden; bis die chaotischen Chūnin die Liste aus ihrem Chaos endlich gefunden hatten, waren sieben Minuten und zwölf Sekunden verstrichen. Die eine Minute und fünf Sekunden waren für Begrüßungsfloskeln verschwendet worden, während denen Sakura längst nach Hause hätte laufen können. Sie war müde, erschlagen, motivationslos und hungrig. Indem Itachi sich direkt neben sie stellte, fühlte sie sich nun auch noch unwohl. Nicht, dass seine Nähe – oder zumindest das Nicht-entfernt-Sein – zu ihrem Unwohlsein beigetragen hätte, aber es war schwierig, cool zu bleiben –   Moment, ab wann war es das eigentlich geworden? Vor zwei Monaten hätte sie ihn auf der Straße nicht einmal gegrüßt! Inzwischen kannte sie die Facetten seiner Stimme und den Schwung seiner Muskeln und – »Argh, Schluss damit!« Völlig perplex von ihrer eigenen Reaktion räusperte sie sich  und zog ihre Hand aus ihrem Haar, das sie sich gerauft hatte. Heute schon zum zweiten Mal wegen eines gewissen ANBU Captain. Glücklicherweise waren Izumo und Kotetsu mit der Wiederherstellung ihrer Unordnung beschäftigt, während Hana und Shizune sich bereits verabschiedet hatten. Leider war Itachi noch da. Sie war also nicht länger nur unüberlegt, fehlgeleitet und schwach, sondern auch peinlich und bescheuert. Genau so hatte sie sich das vorgestellt. »Was hast du gesagt?«, fragte sie unschuldig, als sei nichts gewesen. Angriff war immer noch die beste Verteidigung gegen irritierte schwarze Augen. »Ich fragte, ob es dir etwas ausmacht, wenn ich dich nach Hause begleite.« Teufel, ja! »Nein. Ich wohne in dieser Richtung.« Sie deutete die breite Hauptstraße entlang, die weiter hinten in eine Gabelung überging. Zusammen schlugen sie den linken Weg ein, den sie in einvernehmenden Schweigen zurücklegten, bis Sakura etwa ab der Hälfte der Strecke das dringende Bedürfnis verspürte, sich zu rechtfertigen. »Ich wohne wahrscheinlich nicht mehr lange bei meinen Eltern. Meine Mutter macht mich wahnsinnig, seit sie selbst nicht mehr als Kunoichi arbeitet. In ein paar Wochen ziehe ich vorübergehend in eine der Mitarbeiterwohnungen für Krankenhausangestellte. Mit einundzwanzig sollte man wirklich nicht mehr bei seinen Eltern leben –« Itachi sah sie an, eine Augenbraue in seinem schönen Gesicht emporgezogen. Sakura brauchte einen Moment, um zu verstehen, in welches Fettnäpfchen getreten war. »I-Ich meine, innerhalb eines Klans ist das natürlich etwas anderes …« Ihre Stimme klang voll verlorener Hoffnung aus. Fahle Versuche von Ausreden hätten alles nur noch schlimmer gemacht.  Sie hatten ihre Haustür sowieso schon erreicht. »Wenn es dir nichts ausmacht, gehe ich nun rein und vergrabe mich unter unserem Gemüsebeet«, seufzte sie und visierte die erste Stufe an. Itachi hatte immer noch kein Wort gesagt. Just in dem Moment, als ihre Hand die Türschnalle ergriff, erhob er seine Stimme. »War dein Angebot, dir mein Mangekyō Sharingan anzusehen, ernstgemeint, Sakura-san?« »Wie?« Sakura blinzelte ungläubig. Darauf hatte er also hinausgewollt? »Ähm, ja. Ich schätze, es hängt mit dieser Trübung zusammen, die auftritt, sobald du es beanspruchst. Mein ärztlicher Rat lautet, es in nächster Zeit lieber nicht einzusetzen. Das normale Sharingan macht keine Probleme?« Er schüttelte den Kopf, wobei sein sauber gebundener Pferdeschwanz von seiner Brust nach hinten fiel. »Nein. Etwas derartiges kam meines Wissens nach in der Familie auch noch nie vor. Allerdings ist das Mangekyō Sharingan nicht sehr verbreitet.« »Das ist einerseits gut, andererseits schlecht«, wog sie sorgsam ab. »Da das Sharingan per se nicht betroffen zu sein scheint, könnte es auch einfach eine Anomalie oder temporäre Dysfunktion sein. Ich möchte lieber nicht zu viel versprechen. Ich bin kein Fachmann für Dōjutsus, auch wenn es einige gerne behaupten. Das Auge ist das empfindlichste und weitgehend auch das komplizierteste Sinnesorgan des menschlichen Körpers. Ich brauche sicherlich ein paar Wochen, um mich durch diverse Fachbücher zu wühlen. Eine Diagnose, geschweige denn eine korrekte Diagnose kann ich nicht garantieren.« »Danke für deine Bemühungen.« Sie lachte hohl. »Danke mir lieber nicht zu früh. Optische Fehlfunktionen sind meistens nicht leicht zu kurieren. Vor allem nicht, wenn es um Dōjutsus geht.« »Danke dennoch.« Instinktiv wollte sie nach seiner Hand langen, widerstand dem impulsiven Drang jedoch noch in letzter Sekunde. Wie hätte das ausgesehen? »Mach dir lieber keine allzu großen Sorgen. Vermutlich hast du es einfach überanstrengt. Jeder braucht einmal eine Pause, selbst der beste Captain der ANBU.« Darauf erwiderte er nichts mehr, sondern deutete eine seichte Verbeugung zum Abschied an. Sakura sah ihm an den Türrahmen gelehnt nach, bis er um die nächste Ecke gebogen war. Hatte sie eben versucht, Uchiha Itachi zu trösten? Sie war ein Vollidiot. Heute hatte sie die Peinlichkeit wohl im Stundenabonnement. Weniger interessant war sein Fall deswegen aber noch lange nicht. Wenn sie herausfand, was dahinter steckte, könnte sie sich wohl zurecht eine Dōjutsu-Spezialistin nennen, was sie aus Tsunades Schatten katapultieren würde, die sich seit jeher im Bereich der Histologie und Myologie profiliert hatte. Mit neuem Elan eilte sie die Treppe hinauf, um ihrer Mutter nicht Rede und Antwort stehen zu müssen, weshalb ein Uchiha sie nach Hause gebracht hatte. Im Bad versuchte sie sich einen Schlachtplan zurechtzulegen. Während sie sich die Haare shampoonierte, ging sie mental sämtliche Bücher der Bibliothek durch, die sie bereits kannte. Einige hatten nützliche Querverweise enthalten, die sie damals in dem Irrglauben ignoriert hatte, niemals viel mit Augen zu tun zu haben. Vor einigen Jahren, als sie am Anfang ihrer Lehre gestanden hatte, hatte sie sich nicht vorstellen können, einen anderen Weg einzuschlagen als den, den ihre Meisterin bestritten hatte. Welch eigenartige Richtungen das Leben doch einschlug. Bedingt durch ihre Freundschaft mit Hinata und ihrem Mut, als einzige Ärztin Nejis medizinischem Unwillen Paroli zu bieten, war sie geübt im Umgang mit dem Byakugan. Das Sharingan war ein Ableger davon. Welch Unterschiede konnte es schon machen? Noch immer eifrig ihren Feldzug planend, wischte sie über den angelaufenen Spiegel. Ihr Gesicht wies einige Kratzer auf, die nur bei dem kurzen Intermezzo mit Itachi zustande gekommen sein konnten. Nun fiel ihr auch wieder ein, dass sie ihn gegen einen Baum geschmettert hatte. Sie ihn. Vielleicht empfand er sie nach ihrem Glückstreffer doch nicht als nutzlos? Hatte er es überhaupt jemals gesagt? Dass sie schwach war? Er kritisierte nahezu alles an ihr, das reichte ihr zur Beantwortung dieser verschwenderischen Frage. Apropos, er hatte nicht einmal ein blaues Auge davongetragen, obwohl sie ihn mitten im Gesicht erwischt hatte. Eine gebrochene Nase war das mindeste, das sie erwartet hatte. »ANBU«, murmelte sie widerwillig, »Diese Angeber.« Ohne sich die Mühe zu machen, ihre Haare zu trocken, warf sie sich in einen schwarzen Rock und eine zufällig gewählte Bluse. Für die Bibliothek musste noch nie jemand gut angezogen sein, was es umso angenehmer machte, die intellektuelle Luft zu schnuppern, wo sie sonst nur von Narutos langer Leitung, Sais regelmäßig fehlschlagenden Versuchen, menschlich zu sein, und Kakashis Binsenweisheiten umgeben war. Sicherheitshalber nahm sie den Weg durch ihr Fenster, um weiteren nervenden Fragen ihrer Mutter zu entgehen. Diese hatte während ihres Aufenthalts im Bad mehrmals etwas zu ihr hinaufgerufen. Sakura hatte getan, als höre sie es nicht. Manchmal war es besser, sich taub zu stellen. . . Wieso mussten die Uchihas sich als unbesiegbar darstellen? Fünf Stunden nach Beginn ihrer Recherchen war Sakura so klug wie zuvor. Sie wusste nichts. Das bedeutete, sie wusste alles. Von optischen Zellen und Akkumodation über Oligodendrozyten und Adaption gab es nichts mehr am Wirbeltierauge, das sie überraschen konnte. Sogar Bücher über Facettenaugen und Euglena hatte sie gelesen, bloß um in dem interessierenden Fall keinen Schritt weitergekommen zu sein. Es war frustrierend, auf einem Fachgebiet anzustehen, in dem sie sich für unschlagbar gehalten hatte. Ja, Haruno Sakura war ihres Zeichens größenwahnsinnig geworden,  wenn es um ihre Arbeit als Iryōnin ging. Nachdem man ihr tausendmal gesagt hatte, wie talentiert sie sei, hatte ihr Höhenflug begonnen. Dass Itachi sie an ihre Grenzen brachte, obwohl er keine Ahnung davon hatte und es nicht einmal darauf anlegte, war ein Zeugnis seiner hervorstechendsten Eigenschaft. Frustration. Uchiha Itachi, Captain der ANBU, Bruder ihrer ersten Liebe, Wunderkind und Workaholic, frustrierte sie auf so unsagbar vielen Ebenen, dass sie sich zum dritten Mal heute die Haare raufend auf ihrem Sessel zurückfallen ließ, die Beine von sich streckte und etwas raunte, das sich wie 'verdammte Uchihas' anhörte. Wahrlich, wieso mussten sie sich als unbesiegbar darstellen? Die Schwächen des Byakugans aus dem Meer an Lektüre herauszufiltern, war ein einfacheres Unterfangen als auch nur irgendetwas über das Sharingan in Erfahrung zu bringen. Die Fachliteratur war voll von Anmerkungen, die nirgendwo hinführten. Querverweise hörten auf, wenn man sie verfolgen wollte, Absätze in Schriftrollen waren durchgestrichen, Seiten aus Büchern gerissen, bloß um jede Information zu vernichten, die Itachi vielleicht heilen konnte. »Oh, bitte!« Melodramatisch schlug sie ihren Handrücken auf ihren nach hinten gelehnten Kopf. Sie begann bereits pathetisch zu werden. Itachis Gesundheit war nicht in Gefahr. Zumindest nicht wegen einem Schleier über seinem Mangekyō Sharingan. Oder der Trübung. Verfärbung? Lichtung? Verzerrung? Sie wusste ja nicht einmal, was es war! Hätte sie bloß darauf bestanden, sich seine Augen gleich anzusehen, müsste sie nun nicht mit Nackenschmerzen in einer Bibliothek sitzen, während draußen Regen vom Himmel fiel. Donner folgte auf einen verzweigten Blitz. Das Gewitter war also ganz nahe. Wunderbar, dann verschwendete sie ihre Zeit wenigstens nicht, anstatt mit Naruto zu trainieren. War er überhaupt schon von seiner Mission in Kirigakure zurück? Sakura erschrak bei dem Gedanken, ihren besten Freund ausgeblendet zu haben. Wann immer sie getrennte Missionen gehabt hatten – was nicht oft vorgekommen war – hatten sie sich beieinander zurückgemeldet. Vielleicht hatte ihre Mutter das zu ihr gerufen? Demotiviert stand sie auf und sammelte ihre Litanei an Worten ein. Vorhin hatte sie Izumo und Kotetsu für deren Unordentlichkeit gerügt, nun sah ihr breiter Lesetisch aus, als hätte sie einen Kibakufuda gezündet. Im Normalfall reichte die Platte für drei Personen; sie hatte den gesamten Platz beansprucht. Aufgeschlagene Bücher, halb aufgerollte Schriftrollen, lose Blätter und ein nahezu leerer Notizblock lieferten sich einen erbitterten Kampf um die Oberfläche. »… sollten lieber warten, bis es aufhört. Dieses miese Wetter verdirbt mir die Laune.« Sakura horchte auf. Die Stimme, deren zugehöriger Körper soeben die Bibliothek betreten hatte, kam ihr schreiend bekannt vor. »Wenn es nicht bald aufhört, kommen wir zu spät«, erwiderte die zweite Stimme, die sie ebenfalls kannte. Sorgfältig sortierte sie die ersten Schriftstücke ein, strich ihre Bluse glatt und pirschte sich an die beiden jungen Frauen, die mit dem Rücken zu ihr nahe dem Ausgang standen. »Du trampelst wie ein Nilpferd, Riesenstirn.« Sie schnaubte beleidigt. »Freut mich auch, dich zu sehen, Ino. Tenten. Was macht ihr hier? Tenten ist nicht überraschend, wenn neue Bücher über Waffenballistik auf den Markt kommen, aber kannst du überhaupt lesen, Ino?« »Kannst du über deine hohe Stirn überhaupt etwas sehen?« »Zufälligerweise besitze ich genügend anatomisches Wissen, um dir zu versichern, dass es unmöglich ist, über seine Stirn zu sehen, egal wie hoch sie ist. Oder, in deinem Fall: hohl.« »Könntet ihr auch nur einmal friedlich sein?«, seufzte Tenten. Sie ließ den Blick aus dem Fenster schweifen, vor dem der Himmel längst ergraut war, wobei sie Sakuras Lesetisch streifte. Neugierig trat sie an ihn heran und hob ein willkürlich gewähltes Buch auf. »Dōjutsu? Das menschliche Auge? Noch mehr Dōjutsu und – sieh' an, zur Abwechslung: Dōjutsu! Wieso liest du diesen Kram? Hast du ein Bluterbe entwickelt, von dem wir nichts wissen?« Sakura verdrehte entmutigt die Augen. Ebenso entmutigt nahm sie ihr das Buch aus der Hand und stellte es zurück an seinen angestammten Platz in der Mitte des vierten Regals. »Schön wär's. So ein Ding, mit dem man zum Beispiel Gedanken lesen könnte, wäre eine nette Idee. Wieso kann keiner so eine Technik erfinden? Stattdessen schlage ich mich mit Sharingans herum, deren anatomische Funktionsweise nicht einmal im Ansatz bekannt ist. Habt ihr eine Ahnung, wie deprimierend es ist, Stunden auf seine Erforschung zu verschwenden, aber am Ende nicht einmal zu verstehen, wie es durchblutet wird? Oder: ob überhaupt? Dieser dumme Klan hält jedes Fitzelchen unter Verschluss.« »Aus gutem Grund.« Ino fegte die Papiere beiseite, um sich schwungvoll auf den Tisch zu setzten, wo sie sich auf ihren Arm stützte und sich zu Sakura hinab beugte, die sich stöhnend zurück an ihre Arbeit setzte. »Sie wären nicht so geheimnisvoll, wenn sie ihre Geheimnisse nicht hüten würden.« »Welch rhetorische Glanzleistung«, gab Sakura unbeeindruckt zurück. »Ich sollte alles hinschmeißen, aber dann wäre ich in seiner Meinung ganz unten.« »Ich bitte dich!« Es war Tenten, die sich von hinten über sie beugte. Ihre vom Waffentraining kräftigen Finger auf Sakuras Schultern taten dem verspannten Nacken gut. Mit einer Geste bedeutete sie ihrer Freundin, weiterzumachen. »Genussschwein«, tadelte Tenten lächelnd, setzte ihre Bewegung aber protestlos fort. »Sasuke wird dich nicht weniger mögen, wenn du einmal keine passende Lösung parat hast. Wieso interessiert dich seine Meinung überhaupt? Er selbst könnte nicht einmal einen Fisch heilen.« »Weil es um Itachi-san geht.« Zwei überraschte Augenpaare sahen sie leuchtend an. »Ist nicht wahr!«, riefen die beiden Kunoichis zugleich. Ino setzte fort, sich weiter zu Sakura lehnend. »Ist das nicht süß? Die Heilerin und ihr Patient. Sakura, das ist eine verbotene Liebschaft!« »Das ist nicht verbo – es ist keine Liebschaft!«, wandte sie entschieden ein. »Er hat Probleme mit seinem Mangekyō Sharingan und ich helfe ihm und ich hätte euch das gar nicht sagen sollen!« »Wie kommst du dazu, ihm zu helfen?«, bohrte Ino neugierig. »Hat er dich gefragt?« Sie kam ruckartig näher. »Hast du es angeboten?« Noch näher. »Hat ihn seine Mutter geschickt?« Ihre Nasenspitzen berührten sich fast. Sakura stieß sie abwehrend zurück. »Nein, nein, nein. Es ist mir vor ein paar Tagen auf unserer Mission in Ta no Kuni aufgefallen. Wieso interessiert euch das? Wenn du Interesse an ihm hast, Ino, oder an seinen Augen, geh zu ihm und frage ihn. Du weißt, wo das Uchihaviertel liegt. Falls nicht, die Straße runter rechts. Dieses Tor mit dem großen Fächer.« Die Blondine machte eine wegwerfende Geste. »Itachi-san interessiert mich nicht –« »War er vor drei Wochen nicht noch Itachi-kun?«  »– wer mich interessier bist du, Sakura. Raus mit der Sprache, seit wann bist du in Uchiha verknallt?« »I-i-i-ich bin nicht verknallt in Uchiha! In keinen davon, und schon gar nicht Itachi! Weder kun, noch chi, chama oder ein anderes unpassendes Suffix!« Inos schelmisches Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. Sie roch immer, wenn etwas im Busch war. Wie sie das machte, war ein wohlgehütetes Geheimnis. Fakt war, dass sie eine Fährte gewittert hatte. »Erzähl uns etwas über Itachi-san. Keine Ausflüchte.« Leider kannte Sakura ihre beste Freundin schon lange genug, um zu wissen, dass sie nicht mehr auskam. Schadensbegrenzung hieß die Devise, sonst wüsste bald das gesamte Dorf etwas, das sie selbst noch gar nicht wusste. Es wäre nicht das erste Mal. »Wie du willst. Itachi-san ist … anders. Wie ich bereits mehrfach im Beisein eurer beiden Präsenzen erwähnte, ist er eine beeindruckende Persönlichkeit. Vielleicht sehe ich ihn manchmal länger an als nötig. Vielleicht, Ino, bedeutet: ich mache es nicht mit Absicht.« »Vielleicht bedeutet, du bist verknallt!«, unterbrach sie sie lachend. Erfreut klatschte sie in die Hände. Wie blond konnte ein Mensch sein? Das Schlimmste daran war, dass sie recht hatte – Ernsthaft? Das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut. »Selbst wenn ich in ihn verknallt bin – wenn ist Konjunktiv – wäre es in keiner noch so verdrehten Parallelwelt möglich, dass er diese hypothetischen Gefühle jemals erwidern könnte. Rekapituliere das: er ist reich, gutaussehend, Erbe eines mächtigen Klans, hat ein starkes Kekkei Genkei und selbst wenn nicht, wäre er immer noch einer der stärksten Ninjas dieses Dorfes. Ich hingegen bin eine undisziplinierte, emotionsgesteuerte, unvorsichtige kleine Chūnin ohne Stammbaum und rotleuchtende Augen.« »Nun sei nicht zu hart mit dir selbst«, warf Tenten von hinten ein. Zu Sakuras Leidwesen hatte sie mit der Massage aufgehört. »Pah!«, machte diese schnaubend. »Das waren seine Worte. Ich hätte es mich ja als motiviert und risikofreudig deklariert.« »Optimistin … vergiss solche Aussagen«, riet Ino ihr. Es war der erste gute Rat, den sie in den letzten Wochen gegeben hatte. Es sollte der letzte sein, wie sie sofort bewies. »Eines ist nicht zu übersehen: seit über sieben Wochen macht ihr Missionen zusammen. Das kann kein Zufall sein. Welcher verkehrte Teil in ihm auch immer auf dich angesprungen ist, du hast irgendwie sein Interesse geweckt. Wie du bereits sagtest, er ist ein kaltschnäuziges Alterego auf zwei Beinen –« »Das habe ich niemals gesagt!« Sakuras Protest ging unter. »– aber er ist, wie du richtig erkannt hast, reich, gutaussehend und hoch angesehen. Egal welches paradoxe Fünkchen du entfacht haben magst, es öffnet dir Türen, von denen du vielleicht noch gar nichts wissen konntest. Denke darüber nach, Sakura. Er ist der Erbe eines mächtigen Klans. Er ist Captain bei der ANBU. Wer wäre als Sprungbrett geeigneter als Uchiha Itachi? Deine Gefühle spielen keine Rolle. Seine sind, was zählt. Selbst wenn er nur sexuelles, oder im schlimmsten Fall lediglich berufliches Interesse an dir hat, du solltest dir überlegen, ob du das nicht ausnützen möchtest.« Sakura spürte heiße Röte in ihren Wangen aufsteigen. Hatte Ino ihr eben geraten, Uchiha Itachi zu verführen? »Du musst dich ja nicht sofort entscheiden. Tenten und ich waren gerade auf dem Weg in unsere Stammbar. Hast du noch viel vor oder kommst du mit?« Tiefes Raunen entwich Sakuras Kehle, die vom Schreien noch geschwollen war. Ein paar Gläser Sake konnten vielleicht helfen. Langsam wurde es draußen dunkel, was die Arbeit in der Bibliothek unmöglich erscheinen ließ. Bereits beim Gedanken daran, alleine in der Dunkelheit zu bleiben, machte ihr Angst. Dabei hatte sie nie Angst vor der Nacht gehabt. Der kalte Schauer war längst Gewohnheit. Sie hatte ihn seit ihrem Erlebnis mit Itachis Tsukuyomi alle paar Stunden, was mühsam war, aber erträglich. Irgendwann würde es schon wieder vorbeigehen. Nicht heute Abend. »Von mir aus«, stimmte sie schließlich zu. »Für heute reichen meine Nachforschungen. Vielleicht kommt mir bei ein paar Promille ja ein Geistesblitz.« Sie glaubte nicht daran, die Vorstellung war trotzdem schön. . . »Nächstes Mal bist du dran …«, brummte Naruto missmutig. An der Seite seines ehemaligen-und-nun-doch-irgendwie-wieder-Teamkameraden schlenderte er im prasselnden Regen durch Konohas menschenleere Straßen. Sie hatten sich zwei Stunden lang außerhalb des Dorfes geprügelt, da tat der kalte Novemberregen auf der verschwitzten Haut gut. Man hatte ja nach einer erfolgreich ausgeführten diplomatischen Mission nichts besseres zu tun, als sich mit Uchiha Sasuke um etwas halb zu Tode zu schlagen, das beide längst vergessen hatten. Vielleicht war es um ein Mädchen gegangen, vielleicht aber auch um Ramen. Wer achtete schon auf feine Unterschiede? »Das sagst du jedes Mal.« »Weil ich dir nächstes Mal wirklich den Arsch aufreißen werde, falls du noch einmal das Wort gegen … irgendjemanden erhebst, den ich mag. Oder irgendwas. Teme«, spuckte er missmutig aus. »Nenn' mich nicht Teme, Dobe.« Naruto warf die Arme in die Luft, wo er eine Hand zu einer überspitzt weiblichen Geste abwinkelte. »Nenn' mich nicht Teme, Dobe, Hühnerarsch«, äffte er und brach über seine eigene Imitation in schallendes Gelächter aus. »Ach, wie habe ich diese Zeiten vermisst!« »Kann ich nicht behaupten. Wieso gehst du mir überhaupt nach? Du wohnst dort drüben.« Er zuckte gleichgültig die Schultern. »Zuhause wartet sowieso keiner auf mich. Ino und Tenten gehen heute mit ein paar anderen Leuten aus. Da ich möchte, dass du mitkommst, aber ich weiß, dass du ablehnen wirst, verfolge ich dich auf deinem Heimweg, auf dem ich dich nerven kann, bis du zusagst. Anschließend werde ich an dir kleben, um sicherzustellen, dass du auch wirklich mitkommst. Guter Plan, hm?« »Kami im Himmel, befreit mich von dieser Plage!«, rief Sasuke, den Kopf in den Nacken werfend, wodurch ihm Regentropfen in die Augen fielen. Er wischte sie beiläufig weg; bei diesem schlechten Wetter verspürte er keine sonderliche Lust, Einen heben zu gehen. Der Kater von letztens hing ihm heute noch in Momenten nach, an denen er sich an die schieren Unmengen Sake erinnerte, die er in sich hineingeschüttet hatte. Dass er Sakuras Hintern wohl angefasst hatte, wusste er nur aus Erzählungen. »Welch Glück, dass die Kami nur auf die Religiösen hören. Katana und Ninjutsu sind keine Insignien, weißt du?«, neckte Naruto ihn. Er wusste, dass er längst gewonnen hatte. »Außerdem müssen wir noch unsere erfolgreiche Mission feiern. Wenn du schon religiös wirst, kannst du gleich damit anfangen, Traditionen zu befolgen.« Sasuke zischte abwertend. »Das ist keine Tradition, das war ein Hinterhalt. Dafür wirst du bezahlen. Heute Abend, das schwöre ich bei allen Kami, an die ich nicht glaube.« »Ein Mann, ein Wort. Herausforderung angenommen«, flötete der Chaosninja fröhlich. »Beim Trinken hast du wenigstens nicht den unfairen Vorteil deines Sharingans!« »Dich stecke ich auch ohne Sharingan in die Tasche.« »Wieso benutzt du es dann immer?« »Weil es mir Spaß macht, dich schnell und schmerzvoll zu verhauen.« »Ist das eine Drohung?« »Wohl eher eine Erinnerung! Oder ist dein Spatzenhirn derart überfordert damit, sich zu merken, wie man deinen Namen buchstabiert, dass es die Prügel von vorhin bereits rausgeworfen hat?« Naruto richtete eine Faust auf ihn. »Ich habe mindestens so oft getroffen wie du!« »Aber lasch!« »Ich geb' dir gleich lasch!« Mit einem Hechtsprung nach vorne warfen sich die beiden aufeinander, sodass ihre Köpfe laut gegeneinander prallten. Sie flogen rittlings in das nasse Gras des Gartens des Uchiha-Haupthauses, von dem sie sich blitzschnell wieder aufrafften, um erneut aufeinander loszugehen. Diesmal wich Sasuke mit einem Ausfallschritt aus, in dem er seinen Ellenbogen in Narutos Wirbelsäule rammte. Dieser ging zu Boden, rollte sich ab, sprang auf, in die Höhe und von oben auf Sasuke zu, der nicht mehr ausweichen konnte. Der Angriff prallte auf die Parade, als Donner über den Himmel rollte, was die Attacke nur noch imposanter machte. Mit einem tänzelnden Schritt rückwärts holte Sasuke seinen Kontrahenten zurück auf die Erde, wo er seine Sharingan aktivierte und ein Katonjutsu formte, das er in dem Moment ausspeien wollte, als eine jähe Stimme den Kampf unterbrach. »In welchen sieben Kreisen aller Höllen habe ich einen begriffsstutzigen Sohn zur Welt gebracht?«, brüllte Mikotos Stimme durch den Regen direkt auf die beiden Jōnin zu. »Wie oft muss ich es noch sagen? Keine. Kämpfe. im. Garten! Ihr ruiniert mir die Gerbera!« »Okāsan, die sind schon tot!«, erwiderte Sasuke mit verschränkten Armen, nachdem er mit  Müh und Not seinen Feuerwirbel hinuntergeschluckt hatte. Das kleine Flämmchen, das aus seinem Mund kam, als er sprach, wurde vom Regen erbarmungslos zu zischendem Rauch niedergekämpft. »Sie schlafen, junger Mann! Wenn du sie mir nicht umbringst, blühen sie nächstes Jahr im Frühling!« »Vielleicht hätte unser Sasuke lieber Gärtner als Ninja werden sollen?« Itachi trat mit einer Teetasse in der Hand hinter seine Mutter, die ihre Arme wütend in die Hüften gestemmt hatte. »Ins Trockene mit euch, alle zwei!«, blaffe Mikoto die jüngeren Shinobi an. Sie selbst stapfte zurück ins Wohnzimmer, in dem Shisui sich über den Streit herzhaft amüsierte. Er schlug lachend auf den Tisch, als Sasuke tropfnass auf die überdachte Veranda stieg, sorgsam darauf bedacht, die Grenze zum Inneren des Hauses nicht zu überschreiten. Seine Mutter würde ihn umbringen, wenn er ihr Dreck ins Wohnzimmer schleppte. »Wir bleiben nicht lange, Oksaa-san«, informierte er sie. Sie hatte sich bereits wieder mit Itachi zu ihrer beider Gast gesetzt. »Wohin wollt ihr so spät noch?« »Wir gehen etwas Trinken. Einige Freunde meinten, sie wären heute in unserer Stammbar.« »Du hast Freunde, Sasuke-chan?« Shisui wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel, wurde aber glücklicherweise von Mikoto unterbrochen, ehe er seinen Cousin weiter ärgern konnte. »Möchtet ihr nicht vorher etwas mit uns essen?« Er wollte bereits verneinen, doch Naruto machte ihm – wie üblich – einen Strich durch die Rechnung. »Gerne, Mikoto-san! Gibt es Eintopf? Bitte sagen Sie, dass es Eintopf gibt! Ich liebe Eintopf!« »Hör auf, dich selbst einzuladen!« Sasuke verpasste seinem Freund eine schallende Kopfnuss, die von Mikoto mit tadelnden Blicken und von Naruto mit einem empörten Aufschrei quittiert wurde. »Deine Mutter hat mich eingeladen! Im Gegensatz zu dir, bin ich wenigstens höflich, du Pfeife!« »Suchst du schon wieder Streit?« »Schluss damit!«, unterbrach Mikoto den aufkommenden Disput. »Benehmt euch, sonst vergrabe ich euch im Garten! Und Shisui-kun, du solltest aufhören zu lachen, sonst setze ich dich daneben ein! Wieso haben die Götter mich bloß mit nur einem einzigen vernünftigen Menschen in dieser Familie gesegnet?« Itachi lächelte sie liebevoll an und setzte seine Teetasse in einer samtenen Bewegung ab. »Damit du siehst, was du an mir hast, Okāsan.« »Wenn du denn mal da bist, was selten genug vorkommt!«, seufzte sie, ehe sie sich wieder den beiden Jōnin zuwandte, die nach wie vor wie begossene Pudel auf der Veranda standen. »Zieht euch etwas Trockenes an, dann gibt es Essen. Sasuke, du zeigst Naruto-kun, wo alles ist.« Mahnend hob sie den Zeigefinger. »Keine Faxen. Und keine Kämpfe!«, rief sie hinterher. »Diese Kinder. Ich frage mich, ob ich nur verdrängt habe, dass du auch so warst.« »Kindisch, unreif und laut?«, resümierte Itachi mit hochgezogenen Augenbrauen. »Wohl kaum. Das hat wenig mit dem Alter zu tun. Shisui ist heute noch so.« »Ich bin nicht laut!«, dementierte dieser mit entschiedener Vehemenz. »Wie schön, dass du wenigstens die anderen Punkte nicht abstreitest.« »Hätte ich denn eine Chance?« Itachi goss seinem Cousin unaufgefordert neuen Tee ein. Natürlich hätte er keine Chance. Andererseits konnte Shisui ein bemerkenswert hartnäckiger Gegner sein, wenn er es darauf anlegte. Man musste ihn nur richtig motivieren. »Habt ihr beiden heute auch etwas vor?«, erkundigte Mikoto sich. »Nein.« Sie legte enttäuscht den Kopf schief. »Das ist sehr schade. Es klingt, als hätten Sasuke und Naruto-kun sehr viel Spaß. Weißt du Itachi, ich mache mir langsam Sorgen. Wenn du nicht auf Missionen bist, sitzt du fast nur hier herum. Wieso gehst du nicht aus, amüsierst dich ein wenig? Als ich in deinem Alter war, hatte ich schon das eine oder andere Gelage mit deinem Vater hinter mir.« »Fugaku-san sturzbesoffen?« Shisuis Augen begannen euphorisch zu leuchten. »Erzähl uns mehr, Mikoto-san, das klingt lustig!« »Lieber nicht«, versetzte sie. »Manche Dinge bleiben lieber privat. Ich würde es nicht gutheißen, wenn du es allzu oft übertreibst, Itachi, aber ein wenig Spaß hat noch keinen umgebracht.« »Pah«, machte Shisui lachend. »Bei seinem Temperament schläft er nach dem vierten Glas Sake ein. Oder er randaliert und steckt etwas in Brand. Das wäre eine amüsante Abwechslung.« »Die Brandstiftung muss nicht unbedingt sein, wenn es sich vermeiden lässt«, schlug Mikoto beschwichtigend vor, »Aber Shisui-kun hat mit seinem Prinzip schon recht. Du solltest ausgehen, ehe du die Pflichten des Klans übernimmst. Irgendwann bereust du, deine Jugend mit Ernsthaftigkeit verschwendet zu haben, aber dann kannst du nicht mehr zurück.« Shisui nickte begeistert. »Das predige ich ihm seit Jahren! Wir sollten uns an Sasuke-chan und Naruto-kun hängen. Diese blonde Kunoichi zählt doch auch zu ihrem Freundeskreis. Sie war echt heiß!« »Inoichi-sans Tochter?«, erkundigte sie sich weiter. »Ein sehr nettes Mädchen. Du solltest dich mit Ino-san unterhalten, Itachi, ehe Shisui-kun sie dir wegschnappt.« Itachi stieß ein tiefes, frustriertes Brummen aus. »Werde ich heute überhaupt noch gefragt?« Manchmal war Familie anstrengend. Manchmal, ja wahrlich, manchmal konnte er die Leute verstehen, denen sein Klan auf die Nerven ging. »Nein«, bestimmte sein Cousin. »Wenn du Ino-chan willst, bekomme ich für heute Sakura-sensei! Diese Ärztinnen in ihren Kitteln –« Er schauderte wohlig. »– ein Traum! – was ist?« Er stockte, als Itachis warnender Blick ihn traf. Theoretisch hätte dieser nichts mehr sagen müssen, um die Mahnung zu entfalten. Praktisch ging er auf Nummer sicher. »Lass Sakura-san aus dem Spiel. Jedes Körperteil, das du an sie legst, werde ich brechen. Shisui. Jedes.« Shisui wich ein Stück zurück, ehe er wissend die Augen zu Schlitzen verengte. »Ach? So läuft das jetzt? Seit wann hast du denn Hormone?« »Jeder Mensch hat Hormone, Shisui. Sie sind wichtige Botenstoffe in unserem Körper.« Seine Augen wurden noch enger. »Das hat dir wohl eine Ärztin beigebracht. Zufällig … Sa-ku-ra-cha-n~?« »Ob du es glaubst oder nicht, diese bahnbrechend grundlegende Erkenntnis entspringt alleine meinem eigenen Gehirn. Für den Fall, dass du damit rein auf Sakura-san anspielst, muss ich meine Warnung wohl nicht wiederholen. Sie ist keines deiner Spielzeuge, sondern eine ehrenwerte Kunoichi.« Das gab Shisui den Rest. Er brach lachend über dem Tisch zusammen, eine Hand auf den Bauch gelegt, die andere schlug unaufhörlich auf den Tisch, bis Mikoto ihn ihrem Tisch zuliebe zur Ordnung rief. »Sag bloß …« Ein Lachanfall durchbrach seinen Satz. »Sag bloß … du … du willst …« Ein neuer Lachanfall. »… das ist einfach zu komisch! Ich muss es nicht einmal aussprechen und es ist komisch! O Himmel, mein Bauch!« Nach Luft ringend zog er sich an Itachis steifer Schulter in eine aufrechte Position, in der das Gelächter endlich in seichtes Kichern verebbte. »Hätte ich es vor diesem Lachanfall gesagt, wäre es sicherlich komischer gewesen, aber ich möchte dir diese wahnsinnig wunderbare Frage nicht vorenthalten, Itachi. Darum sag mir, wenn Sakura-sensei eine ehrenwerte Kunoichi ist, hast du dann die Absicht, sie zu …« Der dritte Lachschwall war weniger intensiv, aber nicht minder luftraubend. »… zu entehren?« »Dein unangebracht obszöner Humor treibt mich wie immer in haltloses Gelächter«, entgegnete Itachi matt. Er hatte nicht vor, sich in irgendeiner Weise zu verteidigen. Wieso auch? Shisui würde sich alles drehen, wie er es haben wollte. »Sakura-san ist eine bemerkenswerte Kunoichi, der ich durchaus zutraue, irgendwann in die medizinische Einheit der ANBU aufzusteigen.« »Ja«, stieß Shisui sarkastisch aus, »So hat es sich angehört. Wie herrlich, das muss ich Sasuke-chan erzählen! Sie war doch seine Teamkameradin! Das wird lustig!« Er sprang auf und kam exakt dreieinhalb Schritte weit, ehe er sich auf eine Tatamimatte gepinnt in einem schmerzvollen Hebel wiederfand. Seine Wange und Nase pressten gegen den Boden, Mikotos entsetzter Aufschrei direkt hinter ihm. Auf ihm Itachi, der ihn weiter nach unten drückte. »Basierend auf der Tatsache, dass ich nicht einmal ansatzweise behauptet habe, etwas von Sakura-san zu wollen, das über ihre beruflichen Fähigkeiten hinausgeht, würde ich mir, wenn ich du wäre, sehr genau überlegen, wem ich was über wen erzähle.« »Schon schut«, nuschelte Shisui, dem das Sprechen durch die Tatamimatte schwer fiel. Er stand sich seine Handgelenke reibend auf, nachdem Itachi ihn großzügig losgelassen hatte, bevor Sasuke und Naruto das Wohnzimmer betraten. »Wir gehen trotzdem mit«, entschied er. Itachi hatte nichts dagegen.     . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)