Evenfall von 4FIVE ([Itachi x Sakura | non-massacre AU | dorks to lovers]) ================================================================================ Kapitel 3: Leads ---------------- . . Die Oberfläche ihres bislang unberührten Sakes ließ Tsunade die Stirn krausziehen. Ein paar ihrer frisch lackierten Fingernägel tippten nachdenklich auf den Schreibtisch, andere wiederum bohrten sich nicht minder nachdenklich in ihrer Wange, die von ihrer Hand gestützt wurde. Vor ihr lagen die aktuellsten Missionsberichte, die Shizune ihr vorsortiert hingelegt hatte. Sakura war mit Team Sieben auf einer Mission im Süden Hi no Kunis, weswegen sie schmerzlich jemanden vermisste, den sie aus Verärgerung zu Botengängen abkommandieren konnte. Die Reporte waren schriftliche Wiederholungen dessen, was ihre ANBU-Einheiten ihr nach deren Rückkehren mündlich dargebracht hatten. Nun, da sie es schwarz auf weiß sah, erschien es ihr sogar noch deutlicher: noch nie hatte ihre Attentäterabteilung so viel zu tun gehabt, das nichts mit Attentaten zu tun hatte. Paradox. Dabei hätte sie, wenn sie könnte. Tsunade sehnte den Tag herbei, an dem ihre Männer diese hochnäsigen Bastarde von Akatsuki niederstrecken würden. Ihre Protegé hatte einen davon eindrucksvoll zerlegt – im wahrsten Sinn des Wortes – während ihre Geheimwaffe, die durch ihr loses Mundwerk längst nicht mehr so geheim war, an Kakashis Seite einen anderen ins Exil der Lebenden geschickt hatte. Vermutlich. Bei diesen Leuten wusste man nie genau, wer wirklich tot war und wer nur so tat. Tsunade stieß ein Grollen aus, das tief in ihrem Magen wurzelte, wo es entsprungen war. Sie fuhr mit ihrem Fingernagel den Rand des nach wie vor gefüllten Sakebechers entlang. Die Lust am Trinken war ihr nach der Begutachtung der Berichte vergangen. Andererseits konnte man den guten Daiginjo-shu nicht verkommen lassen. Als die Tür aufschwang, leerte sie ihn schnell, bevor die Eintretenden ihr Vorhaltungen machen konnten – »Dein Alkoholismus ist widerwertig, Tsunade-hime«, tadelte Koharu streng. Ihre faltigen Lippen verzogen sich zu einer harten Linie, die in ihrem markanten Gesicht nicht weiter auffiel. Die Goikenban waren ein nerventötendes Duett, wenn man Tsunade fragte. Sarutobi hatte die beiden vor Jahrzehnten um den Finger gewickelt; sein Leben als Hokage war ein Zuckerschlecken gewesen gegen die Steine, die sie ihr heutzutage in den Weg legten. 'Hiruzen-kun hätte das anders gemacht, was Hiruzen-kun gemacht hätte, wäre besser gewesen, Hiruzen-kun, Hiruzen-kun', Hiruzen-kun war aber nicht hier! Dieses Argument galt nur leider nicht vor dem strikten Scheinregiment Utatane Koharus und Mitokado Homuras. Dass Tsunade sich nicht auf der Nase herumtanzen ließ, ärgerte sie am meisten. »Was gibt es Neues?«, wollte Koharu im Befehlston wissen. Homura verschränkte geduldig die Arme. »Wir hörten, alle ANBU-Einheiten seien zurück.« »Ich habe die meisten operativen Teams angepasst und erneut ausgeschickt. »– was immerhin eine auslegbare Antwort auf ihre Frage gewesen war. »Halte mich nicht hin, Tsunade-hime, der Tod schläft nicht, und ich würde Konoha gerne in Sicherheit wissen, ehe er mich holt.« Als ob diese Hexe sich nicht weigern würde, mitzugehen. Und wenn er sie erst einmal hatte, würde er sie gleich wieder zurückbringen. Bloß um Tsunade zu ärgern. Fein. An ihr sollte es nicht scheitern. Über die Ecken der Reporte streichend, gab sie deren Inhalt in der kürzesten Version wieder, die ihr einfiel, auf dass die Goikenban bald wieder verschwunden sein mochten. »Team Yamato-Kakashi kehrte vollzählig ohne nennenswerte Namen in Erfahrung gebracht zu haben zurück, nachdem ein vermeintlich vertrauenswürdiger Informant sie in eine Falle gelockt hatte. Team Uchiha verlor ein Mitglied während eines anderen Hinterhalts, der mit ersterem in keinerlei Verbindung zu stehen scheint. Sie hatten wohl einfach Pech.« Koharu schüttelte tadelnd den Kopf über diese unprofessionelle Wortwahl – verflucht, sie war doch nicht ihre Mutter! Die Gemaßregelte fuhr unbeirrt fort. »Die Einheit unter der Leitung von Komachi und Towa konnte die Spuren von Sanbi bis Kirigakure verfolgen, das allerdings leider wenig Kooperationsbereitschaft zeigte. Das Land ist nach wie vor eine lockere Kohorte, bestehend aus einer Vielzahl nahezu autarker Inseln, die unterschiedliche Kulturen haben. Yūgao schrieb eine Randnotiz in den Bericht, die mir Sorgen bereitet; sie vermutet Konflikte zwischen den einzelnen Inseln. Diese könnten Akatsukis manipulativen Machenschaften in die Hände spielen, solange der amtierende Mizukage keine Einsicht zeigt. Mizu no Kuni ist ein uneinheitliches Mosaik, das in einem Krieg nicht einmal Chancen gegen eine der kleineren Shinobinationen hätte. Akatsuki könnte sich das zu eigen machen, sollte der dortige Yondaime sich nicht um Einigkeit in seinem Land bemühen. Apropos, Gerüchten zufolge soll er der Jinchūriki von Isobu sein. Die Erkenntnisse des restlichen Teams sind irrelevant.« »Sind sie das, ja?« Tsunade sortierte einen wahllosen Aktenstapel neu, um Koharu nicht ansehen zu müssen, als sie ihr eine unhöfliche Abfuhr erteilte. »Für jemanden, der nicht Hokage ist, schon. Ich habe alles im Griff; allerdings nur, wenn ihr mich weiterarbeiten lasst. Ich rufe euch, sobald sich neue Aspekte ergeben.« »Akatsukis Vorhaben werden immer präziser! Wenn du dich nicht beeilst, wird es zu einem Eklat kommen. Und wenn du dann –« »– tu das, Tsunade-hime«, unterbrach Homura, ehe Koharu zu einem weiteren Schlag ausholen konnte. Er komplimentierte sie mit seinem dargebotenen Arm hinaus. Erst als sie außer Sichtweite waren, ließ Tsunade ihre stramme Haltung, Zeuge ihrer Autorität, fallen. Sie hatte keine Lust mehr. Wirklich nicht. Dabei war der Tag noch lange nicht vorbei. Die hatten ihr gerade noch gefehlt. Grandios. »Euch gibt's seit deiner Berufung wohl nur mehr im Doppelpack«, stöhnte sie, ihre autoritären Sitz erneut einnehmend. Egal wie müde sie jemals sein sollte, vor keinem Uchiha der Welt würde sie weniger ausstrahlen als die absolute Macht. Nur damit konnte man diese Sippschaft in Zaum halten. »Da ich gerade dabei bin; hat man euch nicht beigebracht, dass es unhöflich ist, zu lauschen?« »Wir haben nicht gelauscht«, bestritt Itachi. Er nahm seine Rabenmaske ab, Sasuke tat es ihm gleich. »Wir haben spioniert. Wenn ich mich recht entsinne, war dies Hauptteil der Ausbildung zum ANBU. Ich kann mich kaum noch erinnern, es ist schon einige Zeit her. Außerdem, und das ist mein Hauptargument, ließen Sie uns doch rufen, Hokage-sama.« »Ja, ja«, winkte Tsunade ab, der die Spitze in seinen Worten nicht verborgen blieb. »Wir wissen alle, wie talentiert du bist. Hör auf, mich damit zu nerven. Ich habe heute keinen Kopf mehr für äquivoke Anmaßungen.« »Ich stehe natürlich auf Ihrer Seite, nichtsdestoweniger muss ich Utatane-sama rechtgeben. Wenn wir nicht bald Ergebnisse erzielen, wird unser Spielraum für Reaktionen sehr schnell sehr eng werden.« Tsunade machte eine wegwerfende Handbewegung, die beinahe einen Zettel zu Boden fegte. Itachi fing ihn in einer leichtfüßigen Bewegung auf und legte ihn an seinen angestammten Platz zurück. Sie behielt es sich vor, ihm nicht zu danken. »Weißt du, was das Gute daran ist, Hokage zu sein, Itachi? Ich weiß diese Dinge alle. Jiraiya war vielleicht als erste Wahl für diesen Posten vorgesehen, doch dieser notorische Schwerenöter hat nicht den nötigen Ernst, um diese Aufgabe standesgemäß zu übernehmen. Dieser Tölpel rennt mit dem Kopf durch die Wand, selbst wenn er damit die Befehle der obersten Instanz missachtet.« Sie biss sich auf die rotgeschminkten Lippen. »Ich sollte ihn rauswerfen.« »Ist das der Grund, wieso wir hier sind?«, fragte Sasuke. Ihr war der wissende Blick, den er mit seinem Bruder ausgetauscht hatte, nicht entgangen. Diesen Uchihas konnte man nichts vormachen. So wortklauberisch sie auch waren, so messerscharf war ihr Verstand. Welch Plage. Schlussendlich schob sie ihnen einen der Papierbögen entgegen. »Ja. Jiraiya konnte Akatsukis Spuren bis nach Amegakure zurückverfolgen. Allem Anschein nach befindet sich eine Art Basislager dort, oder zumindest etwas, das einem solchen ähnlich ist. Die Gerüchte von einem Mann namens Pain-sama manifestieren sich in letzter Zeit zu einem regelrechten Schlachtruf und eine Engelfrau soll angeblich an seiner Seite sein. Es sind Informationen, denen wir besser nachgehen. Jiraiya befindet sich in diesem Moment auf dem Weg dorthin.« Itachi hob skeptisch eine Augenbraue. Er hatte sie längst durchschaut. Ganz ohne Sharingan, das ihr so unliebsam war. »Ich habe ein ungutes Gefühl bei dieser Sache. Mein Plan sah vor, ihn zu begleiten, doch Jiraiya, dieser Sturkopf, wollte unbedingt alleine gehen. Als Hokage muss ich mich um die Angelegenheiten hier kümmern. Genau das werde ich tun. Itachi und Sasuke, ihr sollt ihm zusammen mit einem Team nachfolgen. Die Mission lautet, Jiraiya zu unterstützen. Keine Heldenaktionen, keine Aufopferungsversuche, keine Querschläge. Jiraiyas Sicherheit hat oberste Priorität; und wenn ihr ihn vor sich selbst beschützen müsst, habt ihr die Erlaubnis, ihn auszuknocken. Ich werde in diesem sehr wahrscheinlichen Fall alle Konsequenzen tragen.« »Wir sollen Jiraiya-sama beistehen«, resümierte Itachi, »Ohne dabei aktiv sein eigenes Vorhaben zu tangieren?« »So ist es. Von Amegakure no Sato nach Konoha zurück ist es ein weiter Weg. Sollte die Infiltrierung fehlgeschlagen sein, werdet ihr medizinische Erstversorgung brauchen. Für den Ernstfall stelle ich euch einen Iryōnin zur Verfügung. Ihr habt freie Auswahl. Ich empfehle Shin. Er hat Erfahrung mit derartigen Missionen.« Sasuke nahm seinem Bruder das Informationsblatt ab, das er kurz beäugte. »Kuon-san wäre mir lieber. Wir arbeiteten bereits auf zwei früheren Missionen sehr gut miteinander zusammen. Er ist inzwischen Leiter des medizinischen Teams der ANBU, oder irre ich mich?« »Kuon wäre durchaus eine annehmbare Lösung«, stellte Tsunade fest. »Bedauerlicherweise befindet er sich auf einer anderen Mission, die ihn für längere Zeit fernhalten wird. Shin ist ein ausgezeichneter Iryōnin, erfahren und flexibel. Sein Fachgebiet sind Rettungsmissionen, er kann also mit Druck umgehen.« »Dürfte ich jemand anderes vorschlagen?«, fragte Itachi. Rhetorisch, versteht sich. »Es gibt jemanden, dessen Fähigkeiten ich mehr wertschätze als Shin-sans.« Sie spitzte die Ohren. »Ach, tatsächlich? Dieser jemand wäre?« »Haruno Sakura.« Tsunade fiel aus allen Wolken. Sakura? »Auf keinen Fall. Sakura ist noch lange nicht so weit. Ich müsste das Team modifizieren, um sie einzupassen –« »Tun Sie das bitte«, bat er beharrlich. »Ich denke, sie wäre gut geeignet für diese Mission.« »Ich weigere mich, dieser Bitte nachzukommen – du brauchst mich nicht so anzusehen! Nein heißt nein, das ist mein letztes Wort.« Itachi löste gemächlich die Verschränkung seiner Arme. »Wenn das so ist …« . . Wohlverdienter Schlaf war in der Regel vor allem eines: wohlverdient. Auf skurrile Art wusste Sakura nach dem Aufwachen, dass sie geträumt hatte. Den Inhalt hatte sie vergessen, aber Sasuke war darin vorgekommen. Gruselig. Sie konnte sich nur mehr daran erinnern, wie er einen dunklen Schleier am Waldrand aufgehoben hatte. Sie sollte sich nicht immer überarbeiten, wenn derartige Szenen dabei herauskamen. Dabei war gestern Abend ein halbwegs routinierter Tag gewesen. Sie hätte Itachis Untersuchung gerne selbst vorgenommen, um ihm zu zeigen, dass sie eine Meisterin ihres Faches war, doch der Notfall, zu dem man sie gerufen hatte, hatte keine Minute Aufschub geduldet. Ein abtrünniger Shinobi hatte sich mit einem Kibakufuda in die Luft gesprengt, um einer Festnahme zu entgehen. Der Explosionszettel war eine Fehlzündung gewesen und die sieben Kunai, die ihn daraufhin getroffen hatten, hatten einige seiner lebenswichtigen Organe verletzt. Vielleicht hatte er Informationen über Akatsuki, vielleicht auch nicht. Sakura hatte ihn für den Fall der Fälle unter den Lebenden behalten müssen. Die wohltuende Mittagssonne machte das Aufstehen zu einer herrlich erfrischenden Angelegenheit. Sie streifte ihre Arbeitskleidung ab, aus der sie sich nach der schweren Operation, die bis in die frühen Morgenstunden gedauert hatte, nicht mehr geschält hatte. Normalerweise mochte sie es nicht, in anderer Kleidung als ihrem Pyjama zu schlafen, doch wer machte sich nach einem langen Arbeitstag die Mühe, auf Kleinigkeiten zu achten? Sie hatte sich lediglich das Blut von der Haut gewaschen. »Dusche«, raunte sie noch schlaftrunken. Einst war Sakura eine Frühaufsteherin gewesen, wach mit dem ersten Sonnenstrahl. Heute schlief sie, wann immer sie Zeit hatte. Dieser Rhythmus war nicht das Gesündeste, das sie ihrem jungen Körper antun konnte, wie ihre Mutter ständig predigte. Als habe sie nicht vor vielen Jahren als Kunoichi im Dienst des Hokage gearbeitet! Sie wusste ganz genau, dass man sich gewisse Dinge nicht aussuchen konnte. »Wo warst du?«, fauchte eine griesgrämige Stimme aus der Küche. Mebuki warf schnaubend einen Lappen über ihre angespannten Schultern, unter denen sie die Arme verschränkt hatte. »Arbeiten.« »So spät noch?« Sakura schnaubte nicht minder laut. »Als Schülerin der Hokage kann man sich eben nicht aussuchen, wann man gebraucht wird! Du wusstest, auf was ich mich einließ, als du mich darin bestärkt hast, in Tsunade-samas Lehre zu gehen. Ich gehe unter die Dusche, Kaa-san«, informierte sie ihre Mutter, an der sie sich vorbeidrängen musste, um den Weg ins Badezimmer beschreiten zu können. Das war einer der Nachteile, den Sakura aus praktischen Gründen über sich ergehen lassen musste, als sie sich dagegen entschieden hatte, auszuziehen. Vorerst. Ihr Sold als Chūnin war mager, die Ausgaben für medizinische Items immens. Sie war immer top ausgerüstet; von Schriftrollen über Tinkturen und Salben bis hin zu nützlichen kleinen Werkzeugen. Das hatte seinen Preis, und der belief sich auf etliche hunderttausend Ryō. Drei B-Rank Missionen mindestens, um die Unkosten überhaupt zu decken. Mit dem kargen Rest war an eine eigens finanzierte Wohnung nicht zu denken. Bequemlichkeit war der zweite Faktor. Sie hatte schon keine Zeit, ihr Zimmer aufzuräumen, wie sollte sie da eine ganze Bleibe instandhalten? Als sie am Flurfenster vorbeiging, das auf die Straßenseite zeigte, verblassten ihre Gedanken, so ungemütlich sie auch waren. Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Wenig neugierig streifte sie ihre Trainingskleidung über und öffnete die Tür. »Wenn du etwas von mir willst, klingle, aber lungere nicht vor meinem Haus herum«, tadelte sie mit verschränkten Armen, die sie gleich wieder löste. Sie war doch nicht ihre Mutter! »Tut mir leid, Sakura-chan.« Naruto kratzte sich entschuldigend am Kopf. »Ich wusste nicht, ob du noch schläfst. Zuerst war ich im Krankenhaus, aber sie sagten, du wärst schon nach Hause gegangen.« Sie trat nach draußen und schloss die Tür hinter sich. Ihre Eltern mussten nicht mitbekommen, was sie alles als Medicnin tat. Es würde ihnen nur Brechreiz bescheren. »Die Notfalloperation war anstrengend. Ich musste vier innere Blutungen stoppen und zwei Drittel des gesamten Chakrasystems rekonstruieren. Wusstest du, dass die dickwandigen Gefäße an einigen sensiblen Stellen eine dünnere Trennschicht zur Stabilisation haben?« »Ähm, nein. Ist ja auch egal!«, wischte er ihre neueste Erkenntnis beiseite. »Ich komme gerade vom Training mit Kiba und wollte eigentlich nur vorbeischauen. Ich brauche einen ordentlichen Kampf, du möchtest deine Schnelligkeit ausbauen – wie wär's? Danach lade ich dich zum Abendessen ein! Sakura-chan?« Unentschlossen trat sie von einem Fuß auf den anderen. »Das kannst du dir doch gar nicht leisten.« Andererseits hatte sie noch nicht geduscht und wenn Naruto von einem Trainingskampf mit Kiba in seiner Kondition beschnitten worden war, hatte sie vielleicht sogar eine reelle Chance, ihn mit einem jener Treffer zu segnen, zu denen er sie seit Monaten provozierte. Einer der Sorte Ich-sprenge-damit-Felsen-und-bringe-Akatsuki-um. »Schön, wieso nicht?« »Klasse!« Zufrieden mit seinen Überredungskünsten ging er voran, die Öse seines Kunais um seinen Finger um ihre eigene Achse wirbelnd. Irgendwann würde sich irgendein Shinobi irgendwie daran verletzen. Sie schlenderten durch die müden Straßen Konohas, in denen die letzten Bewohner ihre Einkäufe träge hinter sich brachten. Bald würden die Verkaufsstände zusperren und die Wege von Kneipenbesuchern bevölkert werden. Mit etwas Glück kam Sakura erst wieder nach Hause, wenn ihre Eltern sich in deren Stammlokal mit den Naras getroffen hatten. Sie mochte ihre Eltern ja, aber manchmal war es schwierig, mit ihnen zusammenzuleben. »Teme hat letztens vor Arroganz nur so gesprüht«, warf Naruto plötzlich ein. Er hatte es aufgegeben, sein Kunai im Kreis zu wirbeln. Stattdessen hielt er die Arme hinter dem in den Himmel gerichteten Kopf verschränkt. »Er war schon immer eingebildet. Jeder Uchiha ist das, Naruto«, meinte sie nonchalant. Es war nichts Neues. »Du musst lernen, darüberzustehen. Sasuke-kun hält sich für etwas Besseres, weil er es in den Augen der Dorfbewohner auch ist. Wir beschweren uns, dass die Uchihas auf uns herabsehen, dabei sind wir es doch, die sie in den Himmel loben. Wenn du ehrlich bist, hat er mit seinem Selbstbild gar nicht mal so weit gefehlt. Er ist immerhin ANBU.« »Ja.« Naruto verzog missmutig den Mund. »Bei ihm steht es allerdings für 'absolut unleidbarer Blödmann Uchiha'. Er ist immer so gezwungen cool, das nervt mich. Dieser Pfau hat sich in Kumogakure doch tatsächlich an die Spitze unserer Verfolgung gesetzt, um den Ruhm alleine einzuheimsen. Es ist seine Schuld, dass wir den Akatsuki verloren, aber das will wieder niemand wahrhaben. Ist ja nicht so, als würde Sasuke es offen zugeben, versagt zu haben.« »Unleidbar ist kein Wort«, korrigierte sie nachgiebig. »Sasuke-kuns Attitüde ist mir recht egal. Die seines Bruders geht mir auf den Keks. Ich will nicht von jedem gottverdammten Uchiha, der sich dazu herablässt, auf dem Boden unserer sterblichen Erde zu wandeln, als nutzlos angesehen werden.« »Ich soll darüberstehen, ja?«, wiederholte Naruto skeptisch. »Was soll's. Sasuke ist nicht mehr unser Teamkamerad. Er entschied sich damals gegen unsere Freundschaft, also kann er sich auch nicht auf unsere Loyalität verlassen.« Sakura lachte hohl. »Tut er nicht. Er ist ein Uchiha. Apropos, wie wäre es, wenn ich dir nach unserem kleinen Kampf eine neue Heiljutsu zeige – hör auf das Gesicht zu verziehen, Naruto! Die sind wirklich nützlich und du müsstest nicht wegen jedem Wehwehchen zu mir kommen.« Er kreuzte entschieden die Arme vor der Brust. »Vergiss es, Sakura-chan! Bei aller Liebe, so einen Schwachsinn fange ich gar nicht erst an! Ich wette, ich müsste meinen Namen vergessen, um mir eines dieser komplizierten Dinger zu merken!« Unwirsch verschränkte sie die Arme, bloß um sie anschließend in die Luft zu werfen. »So komplex ist es auch wieder nicht. Sogar Ino hat es binnen weniger Wochen geschafft.« »Wie auch immer«, versetzte Naruto. Sie waren am Trainingsplatz angelangt, der verwaist in der untergehenden Abendsonne lag. Es war einer von wenigen, die schlussendlich für sie übriggeblieben waren. Einer von fünf, an denen sie nicht Gefahr liefen, Sasuke zu begegnen. Doch die Schlagpfosten, die in der Mitte standen, brachten Erinnerungen auf: Naruto gefesselt an ihm, nachdem er zweimal in ähnliche Fallen getappt war, Sasuke, der ihm das verbotene Essen angeboten hatte. Sakura schlang unwillkürlich der Arme um sich. »Der Wind ist kalt«, flüsterte sie an diesem stillen Abend. Naruto reckte einen Daumen in die Höhe. »Dann sollten wir uns besser aufwärmen! Du fängst an.« Sie wischte die Erinnerungen an vergangene Tage beiseite – Sai war nun in ihrem Team und sie war glücklich darüber – und nahm ihre Grundhaltung ein. Naruto ließ sie immer anfangen, um ihre Strategie zu durchschauen, mit der sie ihn immer ärgerte. Bei Kämpfen mit ihren Trainingspartnern hatte sie selten Schlachtpläne. Es ging nicht ums Gewinnen, sondern darum, stärker zu werden. Er mit seinem unbedingten Ehrgeiz hatte das noch nie verstanden. So hatte sie sich wenigstens den Vorteil des Präventivschlages gesichert. Bei ihm als Gegner konnte dies schon viel ausmachen, denn wenn er es darauf anlegte, konnte er einen Kampf mit einem Schlag beenden. Shino hatte davon vor zwei Jahren ein Lied gesungen, als er nach einem Disput mit einem schlechtgelaunten Naruto in Sakuras Behandlungszimmer gekrochen gekommen war. Ein aberwitziges Bild, aber wirklich unschöne Verletzungen. »Ich bin bereit, wenn du es bist, Sakura-chan!«, gab er ihr den Anfang des Kampfes zu verstehen. Sie festigte ihren Stand. Sie hatte sich bereits vor ihrer Haustür angefangen vorzubereiten, es würde diesmal nicht leicht für ihn werden. Nicht, dass sie es ihm jemals leichtgemacht hatte. Mit einem kräftigen Satz stieß sie sich ab – einen kleinen Krater unter dem Nullpunkt ihrer Ferse hinterlassend – und rannte auf ihn zu. Naruto wusste, wo ihre Schwachstellen lagen, deshalb wich er gemächlich aus. »Fehler Nummer eins!«, stieß sie eine raue Kriegserklärung aus, mit der sie ihre Faust in klassischer Stereotypie in den Boden rammten, der nach Westen hin aufriss, wo Naruto eben von seinem Ausweichsprung gelandet war. Er strauchelte auf einem der Trümmer, hievte sich zur Seite und fand Halt an einem Ast, von dem er sich mit einem erwidernden Schrei zur Antwort auf ihren ersten Zug im Sturzflug auf sie herabstürzte. Mit einem Kagebunshin. Und einem Rasengan. »Oh, Scheiße«, kreischte sie entsetzt über die Schlaggewalt, mit der er auf sie zukam. Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft an einer Möglichkeit, seine Attacke zu blocken, doch was sollte eine Taijutsuspezialistin gegen eine Ninjutsu setzen? Sie hatte sich ihren Fluchtweg durch das Aufsprengen des Bodens selbst vor wenigen Sekunden erst blockiert. Naruto meinte es jedenfalls ernst. Während er auf sie zuraste erfasste sie einen Gesichtsausdruck, der vor Angriffslust und brutalem Spaß nur so glühte. Dann landete ein Vogel auf Sakuras Kopf. Naruto blinzelte, stockte, und verlor die Kontrolle über seine Flugbahn. Als er im Fall zu schlingern begann, sah sie ihre Chance. Mit einem Tritt nach vorne kickte sie sich eine ebene Fläche frei, auf der sie ihren breitbeinigen Stand in den Boden stampfte, hob die Arme und umfasste Narutos Handgelenk hinter seinem Rasengan. Von hier an war es leicht, ihn zu drehen und das Rasengan in den Trümmerboden zu schmettern. Der Vogel blieb auf ihrem Kopf sitzen. »Du Idiot!«, blaffte sie ihn rau an, als er sich eine aufkommende Beule rieb. Mit einer kräftigen Kopfnuss, die ihn einige Zentimeter weit in den Boden rammte, verpasste sie ihm eine zweite. »Wolltest du mich umbringen?!« »Au … mach dich nicht lächerlich, Sakura-chan!«, bestritt er jammernd. »Ich dachte ja nicht, dass ich dich treffen könnte.« »Ich bin nicht Kakashi-sensei, du Einfaltspinsel!« Sie verpasste ihm eine dritte Kopfnuss, die ihn weiter in den Erdboden trieb. »Du hättest mich damit töten können, ist dir das klar? Du weißt, dass ich während des Trainings keine Ninjutsus verwende, sondern mich auf meine physischen Parameter konzentriere! Die wollten wir doch üben!« Mit einem vierten Schlag ließ sie ihrer Wut, die von abflauender Erschrockenheit herrührte, freien Lauf. Dieser Vollidiot sollte wissen, wie viel Angst er ihr damit gemacht hatte. »Hör auf! Das tut weh!« »Soll es ja auch!«, keifte Sakura. Der Vogel hatte sich inzwischen mit einer solchen Gewalt in ihre Haare gekrallt, dass er schmerzhaft daran zog. »Was ist mit diesem Vieh los? Komm her!« Sie langte nach oben, wo sie ihn grob packte, um ihn aus ihrem Scheitel zu befreien. »Ist das nicht Tsunade-obaachans Teil?«, fragte Naruto, sich den Kopf immer noch reibend. Hoffentlich würden die Beulen groß werden. »Das heißt Hokage-sama oder Tsunade-dono oder eine Kreuzung davon. Du bist Jōnin, das solltest du längst wissen!« Sakura besah sich das Tier genauer. Es war schön, sein Gefieder war gepflegt und an seinem Beinchen hing ein Zettel. Sie ließ es frei in die Lüfte, wo es seinen Heimweg antrat. »Du hast recht. Das ist Tsunade-samas Vogel. Er ist an uns beide adressiert.« »Hättest du die Nachricht nicht lesen sollen?« Sie schüttelte grimmig den Kopf und half ihrem Trainingspartner auf die Füße. »Wenn Tsunade-sama einen Vogel anstatt eines Boten schickt, ist sie wegen irgendetwas verstimmt. Ich behalte meine letzten harmonischen Minuten ganz gerne, ehe ich für ihren Griesgram büße. Komm, wir beeilen uns lieber. Ich möchte zu ihrer Missstimmung nicht auch noch ihre Ungeduld auf mich ziehen.« Sofern sie das nicht schon getan hatte. Wenn Tsunade einen Vogel schickte, war man besser schon da, bevor sie die Nachricht fertig geschrieben hatte. Vor allem, wenn er derart unerwartet kam. Sakura kannte ihre Dienstzeiten. Ihrem Wissen nach war sie für die nächsten beiden Tage im Krankenhaus eingeteilt. Das konnte nur eines bedeuten: eine Mission. Ob dies nun erfreulich oder unerfreulich war, wagte sie noch nicht einzuschätzen. Aber sie hatte so ein Gefühl. Und dieses gefiel ihr ganz und gar nicht. . . »Nur damit du es weißt, Sakura, ich war dagegen.« Wie ermutigend diese Worte doch waren, nachdem Sakura gehört hatte, dass sie zusammen mit Sasuke – und Uchiha Itachi – nach Amegakure reisen musste, um Jiraiya zu unterstützen, der vermutlich irgendwann auf seiner Mission mit Akatsuki in Berührung kommen würde. Richtiggehend erbaulich, dass ihre Meisterin ihr nicht einmal zutraute, diesen A-Rank Auftrag lebendig zu überstehen. »Du wurdest speziell dafür angefordert und dieser hinterlistige Uchiha hatte durchweg überzeugende Argumente.« »Angefordert?«, wiederholte sie ungläubig. Wieso sollte Sasuke sie dabeihaben wollen? Er belächelte ihre Fähigkeiten wo er nur konnte mit einer schreienden Herabwürdigung, die sie ihm am liebsten um die Ohren schlagen würde – Moment. »Welcher Uchiha?« Wieso musste es auch so viele davon geben? »Itachi.« Natürlich. Wer besäße sonst die Dreistigkeit, die vielbeschäftigte Schülerin der Hokage zu verlangen, bloß um seine eingebildete Stellung unter Beweis zu stellen? Sakura wollte sich geschmeichelt fühlen, doch etwas in ihr sagte ihr, dass er sie nicht ihrer Fähigkeiten halber dabeihaben wollte. Dazu hatte sie in Kumogakure viel zu sehr versagt. Wenigstens hatte sie nun eine Möglichkeit, diesen schlechten Eindruck wettzumachen. Es nagte nach wie vor an ihr, jahrelange Anstrengungen, bei ihren männlichen Kollegen akzeptiert zu werden, derart zunichte gemacht zu haben. Tsunade hatte Naruto indes eine präventive Standpauke gehalten, um ihn davon abzuhalten, den Märtyrer zu spielen. Ihm die Wichtigkeit der Zurückhaltung hinsichtlich dieser speziellen Mission einzubläuen war schwierig, doch sie schickte ihn zufrieden zum Packen, nachdem sie sie als ausgeführt befand. »Du bleibst noch einen Augenblick, Sakura«, hielt sie ihre Schülerin zurück, die sich unbeobachtet an ihn heften wollte. Noch mehr Subtraktionen ihres Selbstwertgefühls konnte sie für heute nicht brauchen. »Falls Sie mir sagen möchten, wie ungeeignet ich doch für diese Mission bin, Tsunade-sama, hätten Sie besser daran getan, mich gar nicht erst einzute –« Tsunade hob ihre Hand. »Stopp. Niemand befindet dich für ungeeignet. Ich hatte eine andere Zusammenstellung fähiger Jōnin im Kopf, die ich überwerfen musste, als Itachi darauf bestand, dich in seinem Team zu haben. Das hat nichts damit zu tun, dass ich dich für schwach halte, Sakura. Du bist intelligent, flexibel und vorausschauend. Mach es nicht zunichte, indem du dich zu sehr auf Sasukes subtile Provokationen einlässt. Ich kenne Narutos und deine Gefühle ihm gegenüber, darum halte ich persönlich es für besser, euch nicht zusammen loszuschicken. Emotionale Differenzen können in geladenen Situationen leicht eskalieren. Aber ich kenne deine Stärken, die gepaart mit Narutos Fähigkeiten an einen beeindruckenden Grenzwert stoßen. Ich gehe dieses Risiko einer temporären Vereinigung des alten Team Sieben in dem Wissen ein, dass du einen kühlen Kopf bewahren kannst, wenn es darauf ankommt. Sasuke hat Team Sieben verlassen, aber er ist nicht der Feind. Vergiss das nicht.« »Ich bedanke mich für Ihr Vertrauen –« Sie verbeugte sich knapp. »– aber bin ich tatsächlich stark genug dafür? Es geht um Akatsuki, die –« Tsunade ließ ihre Hand ehrfurchtgebietend auf den Tisch niedersausen. »Jetzt hör zu, junges Fräulein, du kennst meine Meinung und wenn du darauf aus bist, dass ich dir Honig ums Maul schmiere, indem ich dir beteuere, wie toll du doch bist, werde ich mir überlegen, dich mitzuschicken, Itachis Bitte hin oder her! Mitgehen und Mundhalten oder Hierbleiben. Und Mundhalten.« Sakura machte sich nicht die Mühe einer Antwort. Sie verbeugte sich ein zweites Mal, ehe sie eilig das Büro ihrer Lehrmeisterin verließ. Tsuande würde schon wissen, wen sie wohin schickte. Und wenn sie ehrlich war, war eine Mission mit dem berühmten ANBU Captain Uchiha Itachi nicht das Schlechteste, das ihr passieren konnte. Man sagte, er war genial. Eine Geistesgröße perfekt harmonierender Strategien gepaart mit der Rigorosität eines Feldwebels. Kein Vergleich zu Kakashis laxen Erziehungsmethoden. Und wenn sie noch ehrlicher war, war Naruto vermutlich bereits fertig gepackt auf dem Weg zum Treffpunkt. Unter keinen Umständen wollte sie gegen ein notorisches Chaos verlieren. Ihre eiligen Schritte führten sie rücksichtslos über die Dächer Konohas, durch das zum Lüften geöffnete Schlafzimmerfenster ihrer Eltern, über den Flur direkt zu ihrem Kleiderkasten, in dessen unterstem Fach stets mehrere gepackte Rucksäcke und Beuteltaschen auf ihren Einsatz warteten. »Sakura, wo willst du hin?«, hielt ihre Mutter sie bei der Haustür zurück. »Auf eine Mission«, erwiderte sie knapp. Naruto musste immer aus allem einen Wettstreit machen – selbst mit unfairen Voraussetzungen – diesen hier wollte sie nicht verlieren. »Kaa-san, ich muss los.« »Kommst du zum Abendessen?«, rief Mebuki ihr hinterher. Ihre Tochter drehte sich im Laufen um und winkte ihr. »Erst zu dem in ein paar Tagen. Mach's gut, Kaa-san, ich hab' dich lieb!« »Pass auf dich auf, ja?« Als würde diese Floskel etwas an den Differenzen zwischen ihnen ändern. Sakura jedenfalls gab sich mit diesem gesellschaftlich praktizierten Ritus zufrieden. Sie war kein Mensch, der gerne Kontroversen beschwor, schon gar nicht mit Menschen, die ihr am Herzen lagen. Haruno Mebuki mochte ihre eigene Definition von Liebe haben, aber sie gab sie ihrer Tochter auf eine Weise, die diese sehr wohl zu würdigen wusste. Sie war ein herzensguter Mensch, der dies nur einfach sehr gut verstecken konnte. Ihre Sorge um ihre Tochter äußerte sich in gemeinem Drill. Sakura konnte ihr deswegen keine Vorwürfe machen. Ihre Mutter war in einer Shinobifamilie aufgewachsen, in der eiserne Disziplin zur Tagesordnung gehörten. Letzten Endes war sie dadurch Jōnin geworden, bevor sie nach einer missglückten Mission ihren Rang aufgeben hatte müssen. Nichtsdestoweniger waren ihre Erwartungen in ihre Tochter gerechtfertigt. Oder so ähnlich. Sakura hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie ihre elterlichen Dyaden im Vergleich zu denen anderer wohl aussahen. Sie wollte es auch nicht, denn Naruto, dieser Nerventöter, war soeben aus einer Seitengasse auf die Hauptstraße gebogen, die sie als ihre Abkürzung erwählt hatte. Er provozierte ein Wettrennen, das sie um keinen Preis verlieren wollte. Obwohl sie der unumstößlichen Ansicht war, dass sein deplatzierter Ehrgeiz unangemessen kindisch war, war sie sich ihrem eigenen Ansporn ebenso bewusst. Lee hatte einmal gesagt, wahre Shinobi trainierten immer. Sie sah Narutos Rücken vier Meter vor sich. Noch. . . Sasuke warf gelangweilt einen Kunai in die Luft, um ihn in angeberischer Leichtigkeit fangen zu können. Er wiederholte diese schnöde Prozedur drei Mal, bis es aufgrund mangelnder Zuseher langweilig wurde. Nicht, dass Uchiha Sasuke den unabdingbaren Drang verspürte, sich vor anderen Menschen zu profilieren. Noch weniger war er auf anerkennenden Beifall aus, dem man ihm in einem Shinobidorf mit gewissen Standards für eine derartig lasche Darbietung keineswegs gezollt hatte. Ihm war schlichtweg langweilig, weil er fertig war. Und sein Team immer noch nicht da. Außer Itachi. Sie hatten zusammen ihre Sachen gepackt, um eine dreiviertel Stunde nach Tsunades Order am Sammelpunkt zu stehen. Von ihren verbleibenden temporären Kameraden war keine Spur zu sehen. »Wieso musstest du unbedingt Sakura mitnehmen? Du kennst sie nicht einmal!« »Vielleicht kenne ich sie nicht«, stimmte Itachi einschränkend zu. Er stand kerzengerade vor seinem Bruder, der mit verschränkten Armen am Westtor lehnte, »Aber ich weiß, wer sie ist. Hokage-sama würde niemals zulassen, dass ihrem wertvollen Schützling etwas zustößt. Zu dritt gegen eine unbekannte Anzahl Akatsuki anzutreten ist ein Risiko, das ich ungern eingehen möchte, zieht man die Möglichkeit von Jiraiya-samas Kampfunfähigkeit in Betracht.« »Ja«, versetzte Sasuke trocken, »Darum hat sie Naruto mitgeschickt. Wirklich eine reizende Alternative.« »So reizend, wie mich deine Meinung hierzu interessiert, Sasuke.« Er schnippte ihm gegen die Schläfe – eine Angewohnheit, die er erst entwickelt hatte, seitdem sie im selben ANBU-Team waren – und trat einen Schritt zurück. »Hör' auf zu meckern. Das ist kein Freizeitausflug, sondern eine A-Rank Mission, die ich nur ungern aufgrund eurer persönlichen Disparitäten scheitern sehen möchte. Du weißt, was mit Untergebenen geschieht, die sich meinen Befehlen wiedersetzten. Solltest du die Zusammenstellung des Teams nicht gutheißen, bist du angehalten, hierzubleiben. Ich werde mir dein Gezeter nicht den ganzen Weg über anhören.« Sasuke behielt sich vor, nicht zu antworten, was Itachi nicht sonderlich störte. Er kannte seinen Bruder besser als jeder andere, und wie bei jedem Uchiha war das Fehlen von Widerworten ein klares Zeichen für stumme Einsicht, die man niemals laut zugeben würde. Es war lange her, seit Sasuke endlich verstanden hatte, dass die meisten Einwende sinnlos waren. Der Klan verlangte Gehorsamkeit seines strengen Regiments, das er mehr als alle anderen auf seinen Schultern spürte, weil er bloß der kleine Bruder des Wunderkindes war. Itachi bezeichnete sich selbst nicht gerne als Wunderkind. Er mochte es nicht, seine Bemühungen abgezogen zu bekommen. Talent hatte er, fürwahr, aber erst durch jahrelanges Training, eisenharte Konsequenz, Verzicht und Schweiß war er zu dem geworden, was er war. Er hatte es für seine Familie getan, für Konoha, um mit all seiner Kraft für sie einstehen zu können. Deshalb war er nicht stolz auf die Leistungen, die er für alle Augen mühelos erbrachte; Sasuke hatte darunter zu leiden, weil Itachi diesen willkürlichen Maßstab viel zu hoch gesetzt hatte. »Sag mal, Aniki, meinte Otōsan seine Ankündigung letztens wirklich ernst?« Itachi rekapitulierte für sich das letzte gemeinsame Abendessen. Er schwieg einige Minuten, ehe er sich einer Antwort sicher war. »Ich bin mir nicht sicher. Er würde den Klan nicht in ein aussichtsloses Scharmützel führen, bloß weil unsere Cousine unter der Aufsicht Kumogakures verletzt wurde. Wir wurden alle irgendwann einmal schwer verwundet. Selbst wenn, würde Tsunade-sama ihre Einwilligung niemals geben. Wir haben hier ein schönes Leben aufgebaut, wieso sollte er riskieren, selbiges zu verlieren, indem er seine Familie unerlaubterweise aus dem Dorf führt, um Kumogakure anzugreifen? Du weißt, wie empfindlich er in Asuka-chans Fall ist. Lass ihn einfach reden.« »Das sagst du so einfach, du bist ja der Erbe.« Sasuke löste die Verschränkung seiner Arme, um sich vom Rahmen des Tores abzustoßen. »Als ich damals von Orochimaru angegriffen wurde, hat er keinen solchen Aufstand gemacht.« »Hättest du das gewollt?«, fragte Itachi, wohlweißlich, dass es nicht so war. »Otōsan wäre zu Sarutobi-sama gegangen und hätte ihm die Hölle heiß gemacht, wäre dieser Orochimaru nicht unterlegen. Sasuke, versuche nicht, irgendwelche Kritikpunkte aufzuwerfen, die du nicht halten kannst.« »Könntest du aufhören, mich wie ein kleines Kind zurechtzuweisen? Schlimm genug, dass wir mit meinen alten Teamkameraden unterwegs sein müssen; wenn sie merken, wie du ständig auf mir herumhackst, werden sie mich gar nicht mehr ernst nehmen.« Itachi lächelte mitleidig. »Armer kleiner Bruder. Wieso interessiert dich die Meinung von Leuten, mit denen du nahezu nichts mehr zu tun hast? Darf ich dich daran erinnern, dass du es warst, der freiwillig Kakashi-senpais Team verließ?« »Tut sie nicht, mach dich nicht lächerlich! Und mich schon gar nicht.« Sasuke beantwortete die Frage mit einem Schnauben. Itachi wusste, dass er nur eine halbe Wahrheit ausgesprochen hatte. Er gab nicht gerne zu, nicht vorausschauend genug gedacht zu haben, doch in diesem Sonderfall hatte er sich von seinem Genius täuschen lassen. Das Argument, das Sasuke vorbrachte, war dasselbe wie jenes, mit dem Tsunade seine Aspekte versucht hatte abzuschmettern. Er hatte nicht bedacht, dass persönliche Präferenzen oder deren Gegenteil sich auf die Mission auswirken könnten, weil er es gewohnt war, mit einem hörigen Team zusammenzuarbeiten. Gerüchten nach zu urteilen waren Haruno Sakura und Uzumaki Naruto nicht unbedingt seine Definition von bedingungslosem Gehorsam, geschweige denn irgendjemand anderes Definition. Der Jinchūriki hatte den Ruf, seinen Vorgesetzten schon aus Prinzip auf der Nase herumzutanzen. Aber er wäre nicht Uchiha Itachi gewesen, wenn er nicht bereits einen Plan erstellt hätte, mit dem sie diese Mission, die langsam drängte – wo waren die beiden? – auf akzeptable Art durchführen konnten. Vorausgesetzt jeder hörte auf diesen Plan. »Und es geht los …«, murmelte Sasuke, womit er ihn zurück in eine Realität holte, in der er seinen Plan erst erläutern musste. Was auch immer Sasuke damit meinte, Itachi war schnell klar, wieso er derart kooperationskarg auf seinen Vorschlag, Sakura ins Team zu holen, reagiert hatte. Sie und ihr Kamerad kamen in einem lockeren Sprinttempo die Hauptstraße entlanggelaufen und blieben vor den beiden stehen. »Hallo, Teme«, grüßte Naruto mit fehlender Begeisterung. »Hn.« »Wie eloquent du heute wieder bist«, stichelte Sakura von der Seite. Sie deutete eine respektvolle Verbeugung in die Richtung ihres Captains an. »Wie lange werden wir nach Amegakure brauchen?«, fragte sie, ehe Naruto und Sasuke in Streit verfallen konnten. »Wenn wir schnell sind, drei Tagesreisen«, antwortete Itachi, der diese Intention gerne unterstützte. »Jiraiya-sama hat etwa einen Tag Vorsprung. Da er als Spion agiert, rechne ich nicht damit, dass er sofort in einen Kampf verwickelt wird, also haben wir einen kleinen Spielraum. Dennoch sollten wir uns beeilen. Die Mission ist klar, Sasuke, Naruto.« Die beiden beendeten ihren Böse-Starren-Wettbewerb und wandten sich ihm aufmerksam zu. Wenigstens so weit hatten sie den Ernst der Lage verstanden. Es ging hier nicht um irgendjemanden. »Wir werden uns in Jiraiya-samas Ermittlungen nicht einmischen. Solange er unsere Hilfe nicht braucht, halten wir uns im Hintergrund, vorzugsweise außerhalb der Stadtmauern. Im Fall einer Eskalation schreiten wir schnell und präzise ein: Sasuke und ich halten die Angreifer in Schach, während Sakura-san etwaige Verletzungen kuriert. Uzumaki, du wirst ihr Deckung geben, sodass sie sich gänzlich auf die Heilung konzentrieren kann. Sobald wir eine Möglichkeit dazu finden, werden wir fliehen. Ist diese Aufteilung für jeden in Ordnung?« … wenn nicht, gebt euch dennoch damit zufrieden. Naruto und Sasuke bestätigten ihre Zustimmung, Sakura haderte mit sich. In der ersten Minute eines Auftrages Einwände gegen die Entscheidungen des Captains, der, nebenbei bemerkt, ranghöher, älter sowie erfahrener war, zu erheben, war keine Unannehmlichkeit, die sie gerne über sich bringen wollte. Sie war nicht einverstanden mit ihrer Position hinter Defensive und Offensive, wo sie keine Chance hatte, sich selbst und allen anderen zu beweisen, dass sie nicht schwach war. Vor allem vor Sasuke war es etwas, das ihr nicht leichtfiel. Aber Itachi war der Anführer. Und sie hatte keine Lust, Verantwortung für ihr mögliches Versagen zu tragen. »Ja.« Dann liefen sie los. . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)