Bump. von YunYang ================================================================================ Kapitel 5: Der Untergrund ------------------------- Je tiefer ich in den Schacht hinein lief, desto finsterer wurde es. Mein schweres Atmen hallte an den Wänden wider. Ich rannte immer weiter, der Boden unter mir war leicht feucht, lag wohl daran, dass die Kanalisation ganz in der Nähe war. Ich legte eine kurze Pause ein. Ich konnte die Schmerzen in meinem Arm einfach nicht länger ignorieren. In gedrosseltem Tempo lief ich schließlich weiter und sah mir meine Umgebung, sofern es möglich war, etwas genauer an. Unter mir befanden sich unfertige Gleise, es war ein Wirrwarr über mehrere hundert Meter. Der Schacht ging ordentlich in die Breite, ich denke, es konnten mindestens vier Bahnen gleichzeitig hier fahren. Wo kann er nur sein?, ich versuchte nachzudenken. Als Unterschlupf kamen nur sehr wenige Bereiche in Frage, Es musste ein Ort sein, an dem es keine Gleise gab, da an diesen regelmäßig weiter gearbeitet wurde. Der obere Teil der Station konnte es jedoch auch nicht sein, dort konnte man viel zu schnell entdeckt werden. Plötzlich fiel mir etwas ein. Die Lagerhallen!, soweit ich wusste wurden dort Güter, Waren aus anderen Städten und Bauteile aufbewahrt. Sich dahin zutritt zu verschaffen war schwer, doch es gab niemanden, der einen dort ohne weiteres finden konnte. Mein Blick schweifte nach rechts. Sie waren schwer zu erkennen, doch es gab ein paar Röhren, an denen man sich auf eine kurze Zwischenebene ziehen konnte. Darüber geb es einen Eingang zu einem Lüftungsschacht. Das könnte hinhau’n., etwas im Dunkeln tappend bahnte ich mir meinen Weg zur östlichen Seite des Schachts. Als ich die Wand erreicht hatte, blickte ich über mich. Die Rohre hingen höher, als ich erwartet hatte. „Mist.”, zischte ich verärgert. Ich musste wohl mit einem Wall Run versuchen, an sie heran zu kommen. Meinem Arm würde das ganz und gar nicht gefallen, das wusste ich jetzt schon. Doch mir blieb nichts anderes übrig. Ich holte Anlauf und sprang gegen die Wand, um mich kurz daraufhin von ihr abzustoßen und die Rohre, dank der durch den Sprung erhaltenen Höhe, zu erreichen. Ich griff erst nur mit dem rechten Arm nach meinem Ziel, doch ich spürte, dass ich nicht genug Kraft in ihm hatte. Also hing ich mich zusätzlich an meinen linken Arm. Der Schmerz beim Durchstrecken war unbeschreiblich. Meine vor Schmerz zusammen gekniffenen Augen öffneten sich langsam und blickten zu der Zwischenebene. Ich zog mich vorsichtig an dem Rand hoch und blieb dort für einen Moment sitzen. Das Pochen meines Arms wurde immer schlimmer. Jack hätte mich jetzt bestimmt schon angeschrien., dachte ich und grinste spöttisch. Ich spürte den Schweiß, der über meine Stirn rannte. Egal, wie geschafft ich war, ich musste durchhalten. Für ihn! Mit einem Ruck stand ich auf. Ich kletterte in den Lüftungsschacht. Er hatte mehrere Abzweigungen, ich entschied mich für die, die nach oben führte. Aus dem Lüftungsschacht kletternd sah ich, dass ich mich wohl in der Datenebene des Zugsystems befinden musste. Sehr gut!, an solchen Orten gab es immer Pläne des Grundrisses der Station. Ich lief die Flur entlang und trat die Tür, die sich an dessen Ende befand, auf. Zum Glück schien niemand in diesem Trakt zu arbeiten, sonst wäre ich wahrscheinlich schon längst aufgeflogen. Vor mir befanden sich verschiedene Räume. Hauptsächlich Büros und Säle. Ich blickte durch die Fensterfronten der Büros, durchkämmte jedes einzeln, bis ich schließlich auf die kleine Karte stieß, die sich im hintersten Büro befand. Laut ihr musste ich mich im Erdgeschoss befinden, der Lagerbereich befand sich ein Stockwerk darüber. Etwas ungünstig. Ich hatte bis jetzt noch keinen Ausgang aus diesem Stockwerk gefunden. Ich blickte zur Bürodecke. Keine Lüftungsschächte. Verdammt., ich verließ den Raum. Ich lief eine Weile umher, rätselnd, bis mir schließlich eine Idee kam. Das Fenster der Säle schien sich ohne Probleme öffnen zu lassen. Mit dem Blick konnte ich sehen, dass der Lüftungsschacht an der Außenwand der Ebene weiter verlief. Mit einem leichten Grinsen im Gesicht stieg ich aus dem Fenster. Man sollte ja eigentlich meinen, dass das Erdgeschoss nicht gerade hoch war, doch wenn sich weitere vier Etagen unter einem befanden, war sie es wohl. Ich atmete tief ein und aus. Statt mich von der Höhe fesseln zu lassen, schmiegte ich mich an die Wand an un lief vorsichtig über den Schacht weiter zu einem kleinen Absatz. Dort waren ein paar Kisten übereinander gestapelt. Ich kletterte sie hinauf und gelangte so zu einem weiteren Lüftungsschacht, den ich erst überquerte und mich später in seine Öffnung hineinzog. Die Lagerhallen lagen westlich des Traktes, ich krabbelte also in den rechten, weiterführenden Schacht und blickte durch eines der kleinen Gitter. Es schien sich niemand in dem sich darunter befindenden Gang aufzuhalten, weswegen ich das Gitter aus dem Schacht herausnahm. Ich sprang hinunter und rollte mich über die rechte Schulter ab. Vor mir befand sich ein Tor. Links daneben ein Schalter. Ich betätigte ihn und wartete darauf, dass das Tor hochgefahren war. Ich befand mich nun am Anfang der Lagerhallen. Und ich betrat sie mit äußerster Vorsicht. Man konnte sich nie sicher sein, ob es nicht doch Wachen gab, die die Güter bewachten. Die Halle war wirklich riesig. Tausende von Container, nebeneinander, übereinander gestapelt. Die Decke reichte mindestens sieben Meter hoch. Einfach drauf los zu laufen und jeden kleinsten Winkel nach Jack abzusuchen würde eine halbe Ewigkeit dauern. Stattdessen dachte ich nach. Wo würde er sich aufhalten? So fit Jack auch sein mochte, er atmete schwer, als er damals vom Dach des Trainingsgeländes zurückgekehrt war, zumal ich mir sicher war, dass er die Höhe verabscheute. Das grenzte den Suchradius etwas ein. Den Rest überließ ich meinem Gespür und der Runner Vision. Südöstlich der Halle waren die Container so nahe bei einander, dass man sich nicht zwischen sie setzten oder sich an ihnen hinauf ziehen konnte. Treppen gab es nur auf Bodenhöhe, und selbst die führten nur in andere, kleine Bereiche ohne große Bewegungsmöglichkeiten. Ich lief etwas vorwärts. Es war zwar nur sehr leise, doch ich war mir sicher, etwas surren gehört zu haben. Ich lief um die vielen Container herum. Das Geräusch kam von den Laufbändern, die im Sekundenrhythmus kleine Pakete von der einen zur anderen Lagerhalle beförderten. Meine Miene heiterte sich schlagartig auf. Kein Zweifel, das musste es sein. Auf der anderen Seite der Fließbänder gab es sicherlich eine Art Zwischenraum. Ohne weiter Zeit zu verschwenden suchte ich die Fließbänder nach einem Schalter ab. Sich einfach so auf eines der Bänder zu setzen, war selbst für mich zu riskant. Ah! Da ist er ja!, dachte ich und betätigte ihn vorsichtig. Das Surren der Bänder wurde leiser, noch leiser, bis sie schließlich stoppten. Dummerweise schien der Schalter eine zeitliche Begrenzung von ein paar Minuten zu haben, weswegen ich mich eilig auf eines der Bänder schwang und in geduckter Haltung auf die andere Seite krabbelte. Es war knapp, doch ein paar Sekunden, bevor sich die Fließbänder wieder in Bewegung gesetzt hatten, hatte ich die andere Seite der Halle erreicht. Der Raum zwischen den Hallen war nur etwa drei Meter groß. Andere Möglichkeiten auf die andere Seite zu kommen außer auf den Fließbändern zu laufen gab es nicht. Wenn ich suchen musste, dann also hier. Ich kniete mich auf den Boden und suchte nach irgendwelchen Anzeichen von Leben. Schuhen oder einer Hose oder so etwas. Nachdem ich fast zehn Minuten auf dem Boden umhergekrabbelt war, war ich am Rande der Verzweiflung. Sollte ich mich etwa doch geirrt haben? Doch gerade, als ich aufstehen wollte, vernahm ich das Zeichen. Das Zeichen, das mir zeigte, dass er hier sein musste. Der Geruch einer Zigarette. Ich folgte meiner Nase, krabbelte unter einem so schmalen Gitter durch, dass ich angst hatte, stecken zu bleiben und erblickte schließlich den separaten, noch kleineren Raum, der sich hinter dem Zwischenraum befand. Und mit ihm Jack, der in eine Decke gewickelt und mit einer Zigarette in der Hand da saß und sie fast fallen gelassen hätte, als er mich gesehen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)