New Generation von KFutagoh89 (Es wird wieder Zeit für ein Duell) ================================================================================ Kapitel 10: Achter Zug Teil 3 / Das große Turnier ------------------------------------------------- Immer noch seinem Zimmergenossen hinterher schauend, bekam Kazuo nicht den nächsten Wahlvorgang mit. Erst als die Namen kund gegeben wurden, schreckte er aus seiner Träumerei auf. „Somit sind die nächsten Duellanten festgelegt. Ich darf Kazuo García und Ethan Carter auf die Duellplattform bitten.“, ertönte es über die Lautsprecher. Verwirrt sah der Angesprochene zur Plattform und schien nicht wirklich zu registrieren, was genau passierte. Ein leichter Kuss auf die Wange ließ den Halbspanier jedoch aus der Starre erwachen. „Viel Glück. Du packst das schon.“ Mit diesen Worten und dem typischen Lächeln auf den Lippen schob Tobi den immer noch etwas verwirrten Grünäugigen in Richtung Duellfeld. Kazuo fing sich und trat vor seinem neuen Gegner. Mit seinem übertriebenen Cowboy-Kostüm erkannte man den Australier sofort. Oder handelte sich bei dieser Art Kleidung tatsächlich um ein Wander- und Trekking Outfit fürs Outback? Doch für Modefragen erschien der Augenblick denkbar ungünstig. Kazuo schnappte sich eins seiner Decks, die an seinem Gürtel befestigt waren. Schnell gemischt landete der Kartenstapel in seine Deckhalterung. Beide sprachen routiniert den klassischen Duellspruch und die Auseinandersetzung konnte beginnen. Jeder zog seine fünf Handkarten und begutachtete sie. Sofort sah man den Schock in dem Gesicht des Halbspaniers. Von allen Decks musste es ausgerechnet dieses eine sein. Wäre er doch nicht die ganze Zeit so durcheinander gewesen. Diesen Schock und Schwebezustand nutze der Gegner und zog seine erste Karte. Er begann die Runde mit einem Lächeln auf den Lippen. „Die neue Regel ist unerwartet gewesen. Doch im Outback muss man auf alles vorbereitet sein. So spiele ich meine Spielfeldzauberkarte „Karate-Dojo“.“ Mit einem Mal verschwand die bekannte Turnierkulisse und machte für ein typisches Karate Dojo Platz. „Doch das war noch nicht alles. Ich beschwöre mein „Martial Arts Beast – Boxing Känguru“ und aktiviere sofort seinen Effekt. Ich kann das vorhandene Spielfeld durch die Spielfeldzauberkarte „Boxring“ ersetzten.“ Sofort tauchte das Monster auf dem Spielfeld auf. Es war ein großes Beuteltier, übersät mit Narben, und gekleidet in einer Boxer-Shorts. Angriffslustig und bereit schlug es die Boxhandschuhe zusammen. Die Umgebung verwandelte sich in einen typischen Boxring. „Der Effekt dieser Karte ist einfach. Jedes „Martial Arts Beast“-Monster bekommt einen ATK-Schub von 500 Punkten und pro Battle-Phase darf nur ein einziges Monster angreifen. Ich lege noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“ Ein Raunen ging durch die Zuschauerreihen. Grund hierfür war nicht nur, dass niemand diese Art von Monster kannte. Die Fähigkeit der Kreatur hatte man bis jetzt bei keinem anderen Monster gesehen. Jedoch schien Kazuo eher mit sich selbst beschäftigt zu sein. Der Desorientierte bekam nicht einmal mit, dass der erste Zug bereits abgeschlossen wurde. Niemand wusste, was gerade passierte. Der Hellbraunhaarige hob mit seinem Zeigefinger den Cowboyhut an und sah mit den schon fast silberartigen Augen seinen Gegner direkt an. Sie passten perfekt zu seinem Kopfhaar. „Kazuo du bist an der Reihe.“, harkte der Kontrahent nochmal nach und es schien die Ohren des Schülers erreicht zu haben. Immer noch halb erstarrt zog er eine Karte und nahm sie zu seinen bisherigen Handkarten hinzu. Er legte ein Monster in verdeckter Verteidigungsposition und zwei weitere, verdeckte Karten. Ohne was zu sagen gab er dann den Zug ab. Ethan zog und begann seine nächste Runde. „ Nicht sehr gesprächig. Dann bin ich jetzt an der Reihe. Ich spiele mein „Martial Arts Beast – Kickboxing Strauß“ und aktiviere seine Fähigkeit, um das Spielfeld in „Käfig“ umzuändern.“ Das Hologram des Laufvogels sah lustig aus. Er trug ebenfalls Shorts und weiße Bänder umwickelten Flügeln, sowie beide Beinen. Ein weiteres Mal wurde für diese Runde das Spielfeld geändert. Der „Boxring“ wich einem Kampffeld, das aus Käfigkämpfen bekannt war. „Diese Spielfeldzauberkarte gibt jeder „Martial Arts Beast“–Karte eine Angriffs- und Verteidigungserhöhung von 300 Punkten. Dazu kommt, dass nun jedes Monster auf dem Feld in der Battle-Phase angreifen muss. Somit fange ich gleich Mal an. Los mein Känguru. Greif die verdeckte Karte an.“ Dies ließ sich die Kreatur nicht zweimal sagen. Mit einem gigantischen Sprung landete er mit dem Boxhandschuh voran auf der verdeckten Monsterkarte. Für kurze Zeit war das Bild eines alten, auf dem Boden knienden Mannes zu erkennen. Er trug eine viel zu großen Männerkimono und hatte die Augen verbunden, während ein großes und rotes Auge über dem Kopf schwebte. Tobi staunte nicht schlecht, als er diese Karte erblickte. Sie kam ihm sehr bekannt vor und bis gerade eben verstand er nicht, warum sich sein Schatz so unglaublich zurückhielt. Doch nun klärte sich für ihn der Sachverhalt auf. Die vernichtete Karte gehörte ohne Zweifel zu dem „zerbrochene Welt“-Deck, welches der Jüngere durch seine Verzweiflung vor nicht allzu langer Zeit verwendete. Jetzt war für den Braunhaarigen alles klar. Er musste schnell handeln. „Kazuo! Mache dir keine Sorgen. Du packst es! Du brauchst keine Angst vor dem Deck zu haben. Du wirst dich nicht verändern!“, rief er dem benebelten Jungen zu, in der Hoffnung ihn damit zu erreichen. Gerade als das zweite Monster die Lebenspunkte des Rothaarigen angreifen wollte erreichten ihn die Worte seines Liebsten. Wie aus einem Schlaf erwacht, stand er das erste Mal gerade auf dem Duellfeld und sah seinem Gegner in die Augen. „Ich aktiviere meine Fallenkarte „Spiegelkraft“.“ Kaum hatte Kazuo auf den Angriff reagiert, baute sich ein großer Spiegel vor ihm auf. Das Glasobjekt reflektierte die Attacke und beförderte die beiden gegnerischen Tiere auf den Friedhof. Ethan traute seinen Augen nicht. „Wie kannst du „Spiegelkraft“ spielen? Man durfte doch keine Karten aus dem ersten Deck nochmal nutzen!“ Kazuo fand endlich zu seiner alten Form zurück und antwortete mit einem Lächeln. „Wer sagt denn, dass ich „Spiegelkraft“ in meinem erst Deck verwendet habe? Nur weil sie stark ist, heißt es nicht gleich, dass sie in jedes Deckkonzept passt.“ Total verwundert über diese Aussage legte der Australier eine weitere Karte verdeckt aufs Feld und beendete seinen Zug. Kazuo suchte während dessen Tobi lächelnd unter den Zuschauern. Als sich ihre Blicke endlich trafen, formte er stumm ein einziges Wort: „Danke“. Anschließend konzentrierte sich der Spieler erneut wieder auf sein Duell. Es stand zu viel auf dem Spiel, als sich wegen gruseligen Karten Gedanken zu machen. „So. Jetzt bin ich am Zug.“ Mit diesen Worten zog er seine Karte. „Als erstes spiele ich „Topf der Gier“.“ Der grüne Krug erschien mit einem kichern auf dem Feld und der Besitzer genehmigte sich zwei weitere Karten. „Zunächst möchte ich mich bedanken, dass du mein Monster „Der blinde Sehende“ zerstört hast. Denn jetzt spiele ich meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt“.“ Kaum lag die Karte in der Disk verschwand der Käfig und ließ die Turnierhalle wieder erscheinen. Allerdings schien sie durch einen lila Schleier trüb und an unterschiedlichen Stellen verzerrt zu sein. „Wenn ich diese Karte spiele und sich ein blinder Seher auf dem Friedhof befindet, darf ich alle drei „blinde Sehenden“ vom Friedhof, der Hand oder meinen Deck aus dem Spiele entfernen, um meine sechs unterschiedlichen „Seelen der zerbrochenen Welt“ von meinem Deck in die Hand nehmen zu dürfen.“ Kaum erläuterte er sein Vorhaben, nahm er schon die drei Karten und entfernte sie aus dem Spiel. Danach kamen sechs Karten direkt aus seinem Deck in seine Hand. Jetzt besaß der Südländer mehr Karten in den Händen, als es erlaubt war. Doch der Zug endete noch nicht. „Nun lege ich drei Karten verdeckt in die Zauberkartenzone. Dazu aktiviere ich die Fähigkeit von „Acedia, gemächliche Seele der zerbrochenen Welt“. Anstatt sie zu beschwören kann ich diese Kreatur, als Besonderheit, als offene Fallenkarte setzen. Dank der Spielfeldzauberkarte wird dadurch auch ihr Effekt aktiviert. Sie kann, obwohl sie als Fallenkarte gelegt wurde, angreifen.“ In diesem Moment tauchte das Monster auf. Ein schwarzer Klumpen, der eine Art Torso und Kopf darstellte. Er lag auf einer aus schwarzen Nebelschwarten bestehenden Liege und grinste mit einem, für den Kopf viel zu großen Mund. Die leuchtend weißen Zähne hoben sich vom restlichen, schwarzen Körper ab. „Dank dem Spielfeld bekommt meine Kreatur zu ihren bisherigen 900 ATK noch einen Kraftschub von 500 Punkten. Da meine Zauberkartenzone nun voll besetzt ist, darf ich „Avaritia, schwarze Seele der zerbrochenen Welt“ speziell beschwören.“ Sofort tauchte das schattenhafte, menschenähnliche Schemen mit seinen 2100 ATK und 200 DEF in der Arena auf. Nur einen geschlossenen Mund erkannte man deutlich in Bauchhöhe. „Da ich ein Monster als Spezialbeschwörung gerufen habe, kommt die Fähigkeit von „Invidia, missgünstige Seele der zerbrochenen Welt“ zum Tragen. Wenn ich ein Monster speziell beschwöre, wird sie automatisch auch Invidia speziell auf meine Feldseite gerufen.“ Sofort erschien das dritte Wesen auf dem Spielfeld. Ein schwebender, dunkler Kopf mit weit aufgerissenen und rot unterlaufenden Augen machte ihr Erscheinungsbild aus. Das Kopfhaar bildete schwarzer Nebel, der hinter dem Monster weiter ging und sich langsam immer mehr verblasste. Dessen Augen waren auf Avaritia fixiert. „Nun beschwöre ich meine Karte „Luxuria, genießende Seele der zerbrochenen Welt“ und opfere für sie meinen Invidia. Anschließend aktiviere ich sofort, dank meiner Spielfeldzauberkarte, ihren besonderen Effekt. Mit ihr werden alle verdeckten Zauber– und Fallenkarten umgedreht und zerstört, falls es sich nicht um Ausrüstungszauberkarten handelt. Wenn keine Ausrüstungskarte in dieser Form aufgedeckt wird, zerstört sich die Karte selbst und jede aufgedeckte Zauberkarte wird sofort auf Luxuria ausgerüstet.“ Eine wunderschöne Frau in einem weißen, lockeren Seidenkleid tauchte auf. Ihr Kopfhaar war hüft lang, blond und flatterte im Wind. Kaum beehrte sie das Geschehen mit ihrer Anwesenheit, hallte ein heißeres Kreischen im Raum. Ihr Haar wurde glanzlos grau, während sich ihre Haut verdunkelte und das Kleid in einen düsteren Nebel überging. In ihren Augen funkelte nur noch die Farbe Rot. Ihr Blick ließ keine Karte aus. Sofort zerplatzten zwei von Ethans Karten, während Kazuo nur eine verlor und darauffolgend drei Ausrüstungskarten aufgedeckt wurden. Bei der Karte des Grünäugigen handelte es sich um „Schmuck der Ausschweifung“. Wie zuvor beschrieben wurden die drei Karten auf Luxuria ausgerüstet. „Diese Ausrüstung gibt der Dame einen Angriffsschub. Man multipliziert die Menge der „zerbrochene Welt“-Monster auf dem Feld mal 200. Dazu kommt noch die Stärkung von meinem Spielfeld um 500 Punkte. Das heißt mein Acedia hat 1400 ATK, Avaritia 2600 ATK und Luxuria hat eine Power [Kraft] von 3800 Punkten. Ich glaube es für dich vorbei, Ethan. Los meine Monster. Angriff!!“ Für einen kurzen Moment entbrannte ein rotes Flackern in den Augen des Schülers. Doch so schnell es auftauchte war es auch wieder verschwunden. Die Lebenspunkte des wehrlosen Kontrahenten wurden mit einem Schlag auf null gebracht. Das Spielfeld machte wieder für die Realität Platz und die Auseinandersetzung war zu Ende. Eine unangenehme Stille breitet sich in der Halle aus. Nicht allein die Tatsache, dass dieses Duell in einem großen Zug beendet wurde, machte die Zuschauer sprachlos. Auch die eingesetzten Kreaturen und Spielkombinationen hatte bis jetzt noch niemand zu Gesicht bekommen. Bis auf die wenigen Opfer vor wenigen Wochen zuvor. Zusätzlich bereitete schon die bloße Anwesenheit dieser Karten einen eisigen Schauer, der den Zuschauer über die Rücken lief. Die Zeit verstrich. Doch keiner reagierte. Ethan schien der Einzige und auch Erste zu sein, der die Stille durchbrach. Mit seinem Zeigefinger hob er seinen Cowboyhut wieder leicht an. „Es war ein gutes Duell. Wie schon in der Natur zählt hier nur das Gesetz des Stärkeren. Ich wünsche dir noch viel Glück für das restliche Turnier.“ Mit einer leichten, freundlichen Handgeste verließ er gelassen die Situation. Dies schien das Eis gebrochen zu haben. Wie bei einem Startschuss explodierte ein tosender Applaus. Schwer atmend kehrte dann auch Kazuo von seinem Platz in den Zuschauerring zurück. Dort ging er zielsicher zu seinem Lebensgefährten und fiel in dessen Arme. Er schnaufte schwer. Besorgt harkte Tobi nach. „Ist bei dir alles in Ordnung?“ Der Angesprochene sah auf, ehe er antwortete. „Geht schon. Ich habe nur nicht erwartet, dass es so anstrengend ist mit Erinnerungen und eigenen Gefühlen konfrontiert zu werden.“ Vorsichtig nahm der Goldäugige den jüngeren fest in den Arm, als er unerwartet in die Seite gekniffen wurde und erschrocken den Rothaarigen los ließ. Ein Lächeln entsprang auf den Lippen des Übeltäters. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Gib einfach dein Bestes. Ich tue dasselbe, egal mit was ich währenddessen konfrontiert werde.“, gab er als kleine Antwort. Mit dem für den Braunhaarigen typischen Lächeln strahlte er seinen Liebsten an. Die bekannte Stimme des Spaniers Alvarez erklang über die Lautsprecher. „Nun ist es wieder soweit. Die nächste Runde wird ausgelost. Möge der Zufall ein weiteres Mal entscheiden.“ Der Zufallsgenerator fing erneut an, die Gesichter der verbliebenen Duellanten in unerkennbarer Schnelligkeit über den Bildschirm zu jagen. Viel schneller, als in den Runden zuvor, hielt dieser an und zeigte die nächsten Duellanten. „Die nächsten Kontrahenten stehen fest! Ich darf Tobi Schäfer und Arene von Zaren auf das Feld bitten.“ Nun war Kazuo mit zuschauen an der Reihe. Ebenso für seinen Partner zu bangen und mit zu fiebern. Der Ältere sah schon mit sicherem und konzentriertem Blick auf die Arena. Der Südländer konnte nur ein einfaches „Viel Glück“ hervorbringen, ehe der Freund zum Duellfeld ging. Beide Duellanten machten sich bereit. Tobis Blick wanderte zu seiner Gegnerin. Sie gehörte zu einen der wenigen Duellanten, die sich die kleine Gruppe in den Vorrunden nicht angesehen hatten. Sie trug einfache und relativ farblose Kleidung. Dazu war ihr violettes Haar zwar lang, wirkte aber strobelig und ungepflegt. Es neigte zur Verfilzung. Ihre Augen erkannte man nicht, da sie von einer dicken Hornbrille verdeckt wurden. Die Brille schien auch ein klein wenig zu groß für den Kopf zu sein. Sie schien unscheinbar zu sein, doch dies war bei Duellen noch nie ein wichtiges Kriterium. Beide Kontrahenten mischten ihre Decks und starteten mit einem gemeinsamen Ausruf: „Duell!“ den dritten Kampf in dieser Runde. Sie zogen ihre fünf Anfangskarten. Schnell genehmigte sich Arene ihre sechste Karte und leitete somit die erste Runde ein. Ausgiebig sah sie über ihr Blatt, bevor sie ihren Zug machte. „Aaalso … Als erstes spiele ich meinen „Plastik Ritter“ im Angriffsmodus.“ Wie angekündigt tauchte ihr Monster auf. Es erinnerte an einen traditionellen Ritter, nur das er vollkommen aus durchsichtigen Plastik bestand. „Jetzt aktiviert sich sein erster Effekt. Wenn sich keine weiteren Monster-, Zauber- und Fallenkarten auf dem Feld befinden, darf ich die restlichen „Plastik Ritter“ aus meinem Deck und meiner Hand beschwören. Dann lege ich noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“ Sofort gesellten sich zum ersten Krieger noch zwei weitere Duplikate dazu. Sie alle besaßen 1200 ATK und 500 DEF. Nun war Tobi an der Reihe. Er betrachtete die Karten kurz und fackelte nicht lange. „Ich aktiviere meine Zauberkarte „Geburt einer Legende“ und kann damit aus meinem Deck meinen „Legendärer Duellant Y“ aufs Feld rufen.“ Das Monster erschien auf seiner Spielfeldseite und ein lautes Raunen ging durch die ganze Halle. Kein geringerer, als einer der bekanntesten Duellanten der Geschichte wurde als Monsterkarte ausgespielt. Zwar variierte die Haarfarbe, doch war ohne Zweifel ein Abbild von Yugi Muto erschienen. Keiner der Zuschauer hatte so eine ehrwürdige Karte gesehen. Doch die stille Gegnerin schien völlig unbeeindruckt zu sein. Eine scharfsinnige Lichtspiegelung erschien auf den Gläsern ihrer Hornbrille, während die Lippen ein Lächeln formten. Es erinnerte stark an eine lauernde Katze. „Ich aktiviere „Reißender Tribut“. Damit sind auch gleich alle Monster vom Feld gefegt.“ Die Fallenkarte deckte sich auf und nahm alle Monster mit sich ins Grab. Etwas verwirrt verfolgte Tobi das Geschehen und konnte nicht anders als sich zu wundern. Diese Aktion hatte seine Gegnerin eigentlich in eine schlechtere Situation als zuvor manövriert. Jedoch unterließ er es mehr in diese Gegebenheit zu interpretieren. „Dann lege ich ein Monster und drei weitere Karten verdeckt. Danach beende ich mein Runde.“ Die ganze Zeit über verschwand das Grinsen nicht von Arenes Lippen. „Soo. Dann bin ich wohl wieder an der Reihe. Ich spiele meine Zauberkarte „Recycle Sammelaktion“. Mit dieser Karte kann ich bis zu drei Karten derselben „Plastik“- Karte von meinem Deck auf den Friedhof werfen.“ Ohne vieles Umschweifen suchte sie auch schon drei Karten aus dem Deck heraus und beförderte diese auf den Friedhof. Das Deck wurde frisch gemischt in den Kartenhalter der Duell-Disk zurückgelegt. „Jetzt kann ich meine Zauberkarte „Recycle Fabrik“ aktivieren.“ Kaum wurde die Karte ausgespielt, erhob sich eine große Fabrik mit einem übertrieben großen Recycling-Symbol auf der Außenmauer aus der Erde. „Diese Karte kann ich erst aktivieren, wenn ich mindestens sechs wiederverwertbare Monster auf dem Friedhof liegen habe. Der Effekt ist leicht erklärt. Statt als Tribut Monster auf dem Spielfeld zu nutzen, kann ich die gewünschte Zahl von meinem Friedhof aus dem Spiel entfernen. Somit beschwöre ich auch sofort meinen „Plastik Recycling-Drachen“!“ Auf dem Boden vor dem Gebäude entstand ein großes, dunkles Loch. Aus ihm wurden die drei „Plastik Ritter“ in die Fabrik gesaugt. Rauch wurde während dem Verarbeitungsprozess erzeugt. Als sie ihre Arbeit abschloss, öffnete sich die Fronttür und befreite einen durchsichtigen, gigantischen Drachen aus Plastik. Er schwang sich in die Lüfte und schlängelte sich um das Fabrikgebäude. „Mein Drache hat es mit seinen 3500 Angriffspunkten mächtig in sich. Los mein Drache. Angriff!“ Der Drache befolgte den Befehl und spukte eine Welle aus geschmolzenem Plastik auf die verdeckte Karte. Kurz bevor ein Aufeinandertreffen möglich war, bildete sich eine unsichtbare Barriere vor der Verteidigung von Tobis Lebenspunkten. Der Goldäugige nutzte die Battle-Phase um seine Fallenkarten einzusetzen. „Ich aktiviere meine Falle „Entkräftungsschild“ und bedanke mich gleich mal für Aufstockung meiner Lebenspunkte.“ Die Anzeige stieg auf 7500. Arene blieb entspannt und setzte eine weitere Karte in ihre Zauberkartenzone ab. Der Zug wechselte. Kaum hatte der Leisp Company Erbe seine Karte gezogen, ging er wiederum zum Angriff über. „Ich flippe erste einmal mein verdecktes Monster und aktiviere somit auch gleich den Effekt von „Doppelgänger einer Legende“. Wenn sich ein „Legendärer Duellant“ auf meinem Friedhof befindet, kann mein Doppelgänger mit diesem den Platz wechseln. Somit heiße ich meinen „Legendären Duellanten Y“ wieder auf dem Spielfeld willkommen!“ Um die undefinierte Doppelgänger-Gestalt entwickelte sich ein Lichtkranz, der immer heller wurde und dann mit einer Lichtexplosion wieder verschwand. Mit dem Unterschied, dass nun anstelle des Doppelgängers die Monsterkopie von Yugi Muto wieder zu sehen war. „Doch das war noch nicht alles. Da mir die Regel der „Legendären Karten“ verbietet mehrere Legendären Duellanten gleichzeitig auf dem Feld zu haben, spiele ich gleich mal meine Spielfeldzauberkarte „Team Duellfeld“.“ Obwohl eine Spielfeldzauberkarte aktiviert wurde, änderte sich an der Umgebung nichts. Alles blieb gleich. „Mein Spielfeld erlaubt mir nun bis zu zwei „Legendäre Duellanten“ auf dem Feld zu besitzen. Dann wollen wir unseren Duellanten nicht lange ohne seinen Teampartner lassen. Ich spiele meinen „Legendären Duellanten K“.“ Das nächste Monster gab sich die Ehre. Kaum erschien es, ging ein weiteres Mal ein Raunen durch die Zuschauerreihen. Jetzt stand ein zweiter, bekannter Duellanten als Duell-Monster auf dem Feld. Das Wesen war eine detailgetreue Kopie von Seto Kaiba. Nur das erneut die Farben der Haare und die der Kleidung nicht mit dem Original übereinstimmten. Mit einer Handbewegung klappte sich die Duell-Disc des neuen „Legendären Duellanten“ aus und zum ersten Mal veränderte sich, seitdem die Spielfeldzauberkarte gespielt wurde, die Arena. „So. Nun wird meine Spielfeldzauberkarte aktiv.“, kaum waren die Worte ausgesprochen verdoppelte sich das Duellfeld auf der Seite des Schülers und die beiden „Legendären Duellanten“ postierten sich direkt vor die neu entstandenen Felder. Die bereits liegenden, verdeckten Zauberkarten verteilten sich auf die neu gebildete Felder. „Wie bei jedem Team Duell sind für jeden Duellanten ein eigenes Feld vorgesehen. Jetzt sollte ich den kleinen Nachteil meiner beiden Monster erklären. Sie können nicht angreifen und sich nicht verteidigen. Jedoch können sie auch nicht zum Ziel eines Angriffs werden, so lange andere Monster auf ihren Spielfeldern sind. So, wollen wir mal dies ausnutzen. Ich aktiviere meine Zauberkarte „Ruf des Ass-Monsters“. Ich muss alle meine bereits liegenden Zauber und Fallenkarten dafür auf den Friedhof legen und meine „Legendären Duellanten“ können ihre Ass-Monster aus meinem Deck herbeirufen. So beschwöre ich „Legendärer Blauäugiger ultimativer Drache“ mit seinen 4500 ATK und 3800 DEF und meinen „Legendärer Dunkler Magier“ mit seinen 2500 Angriffs- und 2100 Verteidigungspunkten.“ Sofort machten sich die Abbilder der bekannten Duellanten bereit und zogen auf ihre besondere Art und Weise eine Karte. In fließender Bewegung legten sie diese auf ihre Duell-Disk. Beide genannten Kreaturen erschienen auf dem Feld. Der dreiköpfige, silberne Drache brüllte laut in den Raum. Aus seinen Mäulern qualmte die Hitze seines Feueratems. Der Zauberer wirbelte aus einem magischen Sternenkreis und landete mit klassischen, verschränkten Armen auf der Erde. Sie erwarteten einen Befehl. Vom Aussehen her entsprachen sie vollkommen ihren Vorbildern. Nur waren sie ein klein wenig blasser, als würde man die Duell-Monster durch einen etwas älteren Fernseher betrachten. Vollkommene Stille schlich sich in die Tribünen ein. Die Zuschauer konnten nicht fasse, was sie gerade sahen. Zwei Wesen, die sie nur aus Büchern, Filmen oder dem Fernseher kannten, standen in der Duellarena. Selbst Arene verlor ihre kühle und abgebrühte Haltung. „So. Als nächstes spiele ich „Mystischer Raum-Taifun“ und zerstöre deine verdeckte Karte.“ Sofort zersprang die Falle, die sich als „Entkräftungsschild“ entpuppte. „So Ultimativer greife ihren Spielzeugdrachen an.“ Ohne viele Umwege wurde die letzte Verteidigung der Lilahaarigen mit 1000 Lebenspunkten Verlust vom Feld gefegt. Sie konnte nichts weiter machen, als dabei zusehen, wie ihr Gegner sie auseinander nahm. „Jetzt mein Magier, ein direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte.“ Der Zauberkünstler erhob eine Hand und führte den Befehl aus. Sofort wurden die Lebenspunkte der Kontrahentin auf 500 runter geschraubt. „So. Jetzt aktiviere ich eine weitere Besonderheit meiner Spielfeldzauberkarte. Ich kann eine Phase einer meiner Duellanten wiederholen und ich setze in der Battle-Phase meinen „Legendären Duellanten K“ erneut ein. Doch wenn ich das tue, werden die Angriffspunkte von jedem Monster mit dem ich angreife, direkt von meinen Lebenspunkten abgezogen. Somit bedanke ich mich nochmals für den Lebenspunkteschub von vorhin. Los mein Drache. Greif ihre Lebenspunkte direkt an.“ Das dreiköpfige Fabelwesen fackelte nicht lange. Ohne Verzögerung wurden drei weiß leuchtende Feuerkugeln auf Arene geschleudert. Dies beendete das Duell augenblicklich. Nach und nach verschwanden die Hologramme. Erst nach wenigen Minuten entfesselte sich der ohrenbetäubende Jubel in der Turnierhalle. Man konnte nicht einmal die Durchsagen von Professor Alvarez aus der Historie heraushören. Doch dies schien beide Duellanten nicht zu interessieren, als sie die Duellplattform verließen. Fernab des ganzen Geschehens konnte man einen Mann dabei beobachten, wie dieser in Gedanken versunken auf die nun leere Plattform blickte. Es war kein anderer als der Leiter des europäischen Spielkonzerns Leips. Egal was ihn dazu brachte, es schien etwas Wichtiges zu sein. Nur zögerlich und vorsichtig sprach seine Sekretärin ihn an. „Herr Leisp? Beunruhigt Sie etwas?“ Sofort war der Konzernchef aus seinen Gedanken gerissen und viel in sein altes Verhaltensmuster zurück. „Nein, nein meine Liebe. Es ist alles OK.“ Als hätte der Moderator auf diesen Satz gewartet, ging das Turnier auch schon weiter. „Nun wollen wir zu unserem letzten Viertelfinalkampf kommen. Ich möchte...“ Auf einmal ertönte ein Rauschen aus den Lautsprechern. Einzig einzelne Wortfetzen unterbrachen das Geräusch. Man konnte sie nicht identifizieren. Irgendwann jedoch war die Stimme von Professor Alvarez wieder zu hören. „Ich entschuldige mich für die kurze Unterbrechung. Doch wie es aussieht, hat ein weiterer Teilnehmer unerwartet aufgegeben und dies sogar vor dem eigentlichen Duell. Deswegen wollen wir gleich zur Nominierung der nächsten Duellkontrahenten weitergehen.“ Ein weiteres Mal erschienen vier quadratische Felder auf dem riesigen Bildschirm. Wie zuvor wechselten die Gesichter so schnell untereinander, dass man sie nicht wirklich erkannte. Doch mit einem Schlag blieben alle gleichzeitig stehen und zeigten das Ergebnis der Auslosung. „Somit möchte ich für den ersten Halbfinalkampf Kazuo García und den „Unbekannten“?!? …“ Wieder ging der Lautsprecher in ein monotones Geräusch über. Doch diesmal konnte man mehr aus dem geführten Gespräch hören. „Was soll das heißen ihr habt keinen Namen? … Er hätte bis jetzt doch schon mindestens zweimal aufgerufen worden müssen? … Wie alle Gegner aufgegeben? Wieso weiß ich davon nichts? … Ihr hättet doch schon längst nachfragen können? … Er weigert sich?! Wollen Sie mich auf den Arm nehmen!“ Bei der ganzen organisatorischen Rückfragerunde konnte Kazuo den Blick nicht von dem Bildschirmfoto abwenden. Die Mimik seines Gegners war mehr als desinteressiert und es schien kein Glanz in den dunklen Augen zu existieren. Der Junge schien schon fast gelangweilt drein zu blicken. Dazu dieses lange, glatte, offene Haar in einem vertrauten, braunen Farbton. Man konnte lediglich die eine Hälfte des Gesichtes erkennen. Der Rest wurde dem Kopfhaar verborgen. Weder aus seinen Anmeldedaten, noch aus dem Passfoto konnte man etwas über diese Person schließen. Doch eine Sache kam dem nachdenkenden Rothaarigen trotzdem komisch vor. Obwohl er diesen Schüler noch nie gesehen hatte, kam sie ihm auf eine eigenartige Weise bekannt vor. Gerade als dem Südländer dieses Gefühl immer unangenehmer in ihm wuchs, ging Professor Alvarez wieder in seine eigentliche Aufgabe über. „Nun möchte ich Kazuo García und seinen Gegner aufs Feld bitten.“ So konnte der Halbfinalist nichts weiter machen, als sich auf den Weg zum Duellfeld zu begeben. Noch einmal sah er zu Tobi hinüber, der die ganze Zeit neben ihm stand. Genau in diesem Moment erkannte der Grünäugige, dass er nicht die ganze Zeit allein das Bild betrachtet hatte. Seine große Liebe tat es ihm gleich. Allerdings lag kein überraschter Blick in seiner Mimik. Es wirkte eher entsetzt. Doch leider konnte sich der Duellant deswegen keine Gedanken machen. Er wurde dringend auf dem Duellfeld erwartet. Gespannt, aber auch ein wenig beunruhigt stand nun der erste Spieler des Halbfinales auf der Duellplattform und wartete auf seinen Gegner. Die Minuten vergingen, doch keiner kam. Selbst beim Publikum begann das Getuschel und Gemunkel. Gerade als Professor Alvarez ein weiteres Mal nach ihm ausrufen wollte, betrat der zweite Kämpfer das Feld. Er lief langsam, da an beiden Armen Krücken den Körper des Jungen stützen. Doch schien es sich nicht um ein gebrochenes Bein zu handeln. Eher unterstützte er seine Gang damit. Das Gerede auf den Tribünen erstickte schlagartig. Man hätte eine Stecknadel fallen hören. Der Gesichtsausdruck des Unbekannten entsprach dem gezeigten Bild auf der Leinwand. Kazuo verfolgte unsicher das Verhalten seines Gegenspielers. Der Schüler trug ein unscheinbares braunes T-Shirt. Darüber lag ein offenes, mintgrünes Hemd. Dazu eine besaß er eine beigefarbene Hose und einfache Turnschuhe. Die Krücken waren pechschwarz. Doch wenn man genaueren hinsah, erkannte man, dass sie eine etwas komische Form hatten. Genau in diesem Moment klappte eine Duell-Disk an der linken Krücke heraus und bewegte sich in eine waagerechte Lage auf Brusthöhe des Duellanten. Darauf reagierte die Disk von Kazuo und beide Decks wurden gemischt. Ohne Zeitverlust landeten auf der Seite des mysteriösen Jungen fünf Karten in einen speziellen Kartenhalter, der sich direkt vor der Disk befand. Kazuo zog seine eigenen Handkarten, als er auch schon von seinem Gegner mit einer monotonen, emotionslosen Stimme und dem Wort „Duell!“ überrumpelt wurde. Eine weitere Karte wanderte in die Halterung des Glatthaarigen. „Ich spiele „Landformen“. Danach lege ich „Krankenhaus“ und füge ein verdecktes Monster und zwei Karten dazu.“ Genau so auf den Punkt gebracht wurde der Zug auf dem Feld durchgeführt. Ein einfaches, aber ziemlich hohes Krankenhaus erschien hinter dem Braunäugigen. Es musste mindestens 15 Stockwerke besitzen. Gefolgt von den drei Karten. Immer noch überrannt zog nun der Ältere seine Karte. Etwas verloren suchte der Südländer nach seinen Gefährten. Dieser jedoch war starr auf den unbekannten Kontrahenten fixiert, was den Grünäugigen nur noch mehr verwirrte. Schnell ließ er seinen Blick über seine Handkarten wandern. Er konnte sich nicht wirklich konzentrieren und der emotionslose Blick seines Gegenübers machte die Situation nicht wirklich besser. „Ähm … Ich spiele meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt“.“ Sofort erschien wieder der lilafarbene Schleier und verzerrte den Blick auf die Umgebung. Doch das Pflegegebäude verweilte unbeeindruckt an Ort und Stelle. Es stand gut sichtbar wie vorher hinter seinem Besitzer. „Wieso ist dein Spielfeld nicht zerstört?“, harkte der Irritierte nach. Der Gefragte sah unbeeindruckt über seine eigene Schulter, bevor er eine gelangweilte Antwort gab. „Krankenhäuser gibt es überall. Ist doch logisch.“ Kazuo konnte sich einfach keinen Reim darauf machen. Weder aus seinem Gegner, noch seiner Art oder dem Deckkonzept von ihm. Langsam wurde ihm alles zu viel. Der Halbjapaner hatte das Gefühl, dass ihm die Luft abgeschnitten wurde, während Tobi noch immer den anderen Braunhaarigen begutachtete und nicht für Kazuo da war. Langsam entstanden dunkle Punkte in seinem Blickfeld. Eine kühle, bestimmende Stimme flüsterte in sein Ohr. „Stell dich nicht so an! Du glaubst doch nicht, dass ich mich von so etwas beeindrucken lasse. Außerdem habe ich dich nicht ohne Grund auserwählt.“ Es handelte sich um Ira, den zornigen König der zerbrochenen Welt, der zu dem Spieler sprach. Mit einem tiefen Atemzug fing sich der Angesprochene wieder. „Seit wann so freundlich? Warst nicht du derjenige, der mir noch vor kurzem diese ganzen Schwarzmalereien in die Ohren geflüstert hatte?“, konterte Kazuo nur schnippisch zurück. „Und wer hat es geschafft, selbst mich danach zu einem Verbündeten zu machen. Den König einer finsteren Welt!?! Überlege einfach mal, wie viel stärker du aus dieser Erfahrung geworden bist. Außerdem hast du keine Zeit dich jetzt überfordert zu fühlen oder willst du wieder die Person verlieren, die dich aus meinen Klauen befreit hat?“ Ein heißeres Lachen ertönte. So unangenehm wie der Duellant dieses Gespräch auch empfand, musste er zugeben, dass seine Hoheit recht hatte. Ein weiteres Mal atmete er tief durch. Es gab nur eine Möglichkeit für ihn. Er musste gewinnen! „Ich spiele meinen „zerbrochenen Imp“. Wenn dieser beschwört wurde und sich „die zerbrochene Welt“ auf dem Spielfeld befindet, kann ich einen sechsseitigen Würfel werfen. Bei eins und zwei darf ich einen weiteren „zerbrochenen Imp“ aus meinem Deck rufen. Für eine drei oder vier wird eine zufällige Karte auf dem Feld zerstört und bei einer fünf und sechs werden alle Monster vom Spielareal gefegt. Also wollen wir das kleine Glücksspiel beginnen!“ Wie angekündigt erschien ein kleiner, pechschwarzer Kobold, der aus dem Nichts einen riesigen Würfel herbeiholte und in die Luft warf. Ohne ein weiteres Mal aufzuspringen blieb das kantige Objekt, der mit roten Augen besetzt war, auf dem Duellfeld stehen und zeigte zwei verwirrte Augäpfel. „Nun beschwöre ich einen weiteren „zerbrochenen Imp“ und wiederhole das ganze Spiel.“ Ein zweiter Kobold zeigte sich und warf seinen überdimensionalen Würfel. Ohne Umwege blieb dieser mit einer Eins stehen. „Alle guten Dinge sind also drei!“ Der dritte Imp machte es seinen beiden Vorgängern gleich, was mit einer weiteren Zwei belohnt wurde. „Einen vierten Imp kann ich leider nicht spielen, aber sie sind mit ihren 1600 ATK und 2000 DEF nicht zu unterschätzen. Los mein erster Kobold, greif sein verdecktes Monster an!“ Dieser stürzte sich ohne zu zögern mit einem gänsehautauslösenden Lachen auf sein Opfer. Die Verteidigung deckte sich auf und ein bandagierter Mann auf einem Krankenhausbett zeigte sich. Er war mit einem Dutzend von unterschiedlichen medizinischen Geräten verbunden. Doch blieb er an seinem Platz, obwohl er mit seinen null Angriffs- und Verteidigungspunkten nicht den Hauch einer Chance besaß und eigentlich unterlegen musste. Etwas verwirrt sah sich Kazuo das Monster an. Genauso wenig, wie das Krankenhaus, kannte er die gespielte Karte nicht. Und dies sollte bei dem Fachmann für seltene und neue Karten etwas heißen. Bevor er eine Frage äußern konnte, meldete sich jedoch der gelassene Krückenträger mit seiner desinteressierten Stimme zu Wort. „Mein „Unheilbarer Kranker“ besitzt die Fähigkeit weder durch Monsterattacken, noch von Zauber- oder Fallenkarten zerstört werden zu können.“ Daraufhin blieb dem Benachteiligten nicht viel mehr übrig, außer zwei Karten verdeckt zu spielen und seine Runde abzugeben. Wieder landete eine Karte in der Halterung des anderen Spielers, bevor der Dunkeläugige seinen eigenen Zug begann. „Ich spiele meine Zauberkarte „Gehirnkontrolle“.“ Sofort wechselte einer der Imps die Spielfeldseite. Der Gegner verlor 800 Lebenspunkte. „Nun kann ich meine Falle aktivieren. „Überraschender Autounfall“. Jeder der beiden Spieler wählt ein Monster auf seiner Seite, der nicht das Wort „Kranker“ im Namen enthält.“ Ohne viel Gelabber wurde der Imp auf der Seite des Jüngeren und einer der beiden anderen Imps von Kazuo in ein Auto gesteckt, die mit Vollgas ineinander krachten. Die Autos verpufften und ließen zwei schwer verletzte Kreaturen zurück. Ihre Körper wurden mit Bandagen umhüllt. „Meine Falle bewirkt, dass ab sofort das Wort „Kranker“ in ihren Namen vorhanden ist. Sie heißen also nun „Kranker zerbrochener Imp“. Jetzt greift der Effekt meines „Krankenhauses“. Alle Monster die in ihrem Namen „Kranker“ tragen, können nur von dem Besitzer der Krankenhaus Spielkarte in der Battle-Phase kontrolliert werden. Somit befehle ich deinen „Kranken zerbrochenen Imp“ den „zerbrochenen Imp“ anzugreifen. Dazu kommt, dass alle Monster mit „Kranker“ im Name einen Schub von 100 ATK und 500 DEF erhalten.“ Sofort drehte sich der verarztete Kobold auf Kazuos Spielfeldseite zum unverletzten Genossen und ließ den eingegipsten Arm auf ihn niedersausen. Das Monster zerplatzte und nahm 100 Lebenspunkte mit sich. „Nun, da in der Kampfphase dein Monster zu mir gezählt wird, greift der „Kranke zerbrochene Imp“ auf meiner Seite noch deine Lebenspunkte direkt an.“ Sofort humpelte der verletzte Kobold auf Kazuo zu und zog ihm weitere 1700 Lebenspunkte ab. „ Ich lege noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug. Da dein „Kranker zerbrochene Imp“ wieder zu dir zurückkehrt, kann ich meine Fallenkarte „Frühzeitige Entlassung“ spielen. Wenn ein Monster mit dem Wort „Kranker“ von meiner Spielfeldseite auf die meines Gegners wechselt, bekomme ich in Höhe dessen Angriffspunkten Lebenspunkte gut geschrieben.“ Kazuo konnte bei dem ganzen Ereignissen nur zusehen. Seine verdeckten Karten waren für so eine Situation nicht geeignet. Egal wie desinteressiert der glatthaarige Unbekannte wirkte. Er spielte unglaublich gut. Der Zug war eine Klasse für sich. Die Zuschauer auf den Tribünen bestätigt dies mit einem einheitlichen Raunen und Durchatmen. Alle schienen vor Faszination und Spannung den Atem anzuhalten. Der Akademie Duellant war in diesem Zug auf 2200 Lebenspunkte gesunken und verlor die Kontrolle über seine eigenen Monster. Während auf der gegenüberliegenden Seite die Lebenspunkte auf 5700 stiegen und ein unbesiegbares Verteidigungsmonster wartete. Wenn er doch wenigstens eine seiner Seelen der „zerbrochenen Welt“-Monster auf der Hand hätte. Dann könnte er versuchen etwas aus dem Hut zu zaubern. Jedoch war dem Verzweifelten die Glücksfee leider nicht hold. Selbst in seiner Draw-Phase, wollte sich keins der besagten Monster zeigen. Doch lächelte der Rotschopf beim Anblick der neuen Karte. Am liebsten hätte der Exodia-Zieher Tobi angelächelt, doch verkniff er sich dieses Vorhaben im letzten Moment. Er konnte es nicht ertragen, ein weiteres Mal den Goldäugigen dabei zu entdecken, wie er denn Unbekannten anstarrte. Jetzt war sowieso höchste Zeit seinen eigenen Zug umzusetzen. „Ich opfere sofort meine beiden Monster um „Forteria, Glücksgöttin der zerbrochenen Welt“ zu spielen.“ Sofort verabschiedeten sich die beiden bandagierten Imps und machten für das neue Wesen Platz. Aus einer schwarz/weißen Kugel erschien die neue Gestalt. Einem langes Gewandt kleidete sie. Die linke Seite ihres Körpers bestand aus Finsternis. Nur das leuchtend rote Auge konnte man klar erkennen. Die lange, glatte Haarpracht war pechschwarz. Ebenso wie der Flügel eines Dämons, der aus ihrem Rücken ragte. Die rechte Seite hingegen stellte das komplette Gegenteil dar. Sie leuchtete so hell, dass man kaum etwas erkannte. Einzig die blauen Augen hoben sich aus dem weißen Licht ab. Das Haar war perlweiß, wie der Engelsflügel der sich aus dem Rücken erstreckte. Auf ihrer hellen Seite befand sich in ihrer Hand eine Waage, während sie in ihrer Linken ein im Licht rot blinzendes Schwert hielt. „Für jedes Monster, welches ich für sie opfere, bekommt sie einen Kraftschub von 1500 und eine Erhöhung ihrer Verteidigungskraft um 500 Punkte. Somit besitzt sie jetzt 3000 ATK und 1000 DEF. Doch ist es noch nicht vorbei. Nun greift ihr Monstereffekt. Mal schauen ob mir die Glücksgöttin wohl gesonnen ist.“ Vor Forteria zeigten sich drei Karten. Ohne auch nur eine davon betrachtet zu haben, wurde eine in zwei Teile gespaltet, während sich die restlichen Karten aufdeckten. Auf einer stand „Monster“ während man auf der anderen „Zauber“ las. Beide Karten legten sich auf die Waage. Als erstes blieb sie im Gleichgewicht, bis auf einmal eine der Waagschalen nach unten schwebte. „Ich glaube das Schicksal hat gewählt. Ich kann mir eine Zauberkarte aussuchen, die zerstört werden soll und ein zufälliges Monster wird auf den Friedhof verfrachtet. Ich wähle die Spielfeldzauberkarte „Krankenhaus“. Denn Rest muss ich in Forterias Hände legen.“ Mit einem gezielten Hieb des rotglühenden Schwertes wurde das riesige Krankenhaus in der Hälfte geteilt. Es brach mit lautem Getöse in sich zusammen. Als die Waffe das zweite Mal geschwungen wurde, richtete sich ihre scharfe Spitze in den Himmel. Es dauerte nicht lange und ein rotglühender Blitz spießte den „Unheilbare Kranke“ auf. Die Karte zerplatzte. „Nun. Da keine Monster mehr stören. Los Forteria, greife ihn direkt an!“ Die Schwingen des gewählten Wesens breiteten sich aus, ehe ihr Schwert einen Energiestrahl auf den Unbekannten schickte. Dieser reagierte sofort mit einer Falle „Ich aktiviere meine permanente Fallenkarte „Erste Hilfe eines Fachmanns“. Jeder Direktschaden, den ich erleide, wird halbiert.“ Daraufhin wurden von dem unbeeindruckten Kontrahenten 1500 Lebenspunkte abgezogen. Kazuo beendete danach seinen Zug, mehr konnte er in dieser Runde nicht ausrichten. Jetzt war der Emotionslose an der Reihe. Sofort sprang eine Karte aus dem Deck an ihren bestimmten Platz. „Danke. Nun da „Krankenhaus“ zerstört wurde, wird sie automatisch mit „alter Indianerfriedhof“ ersetzt.“ Der Haufen Schutt vom ehemaligen Krankenhaus begann sich zu bewegen. Nach und nach stiegen verzerrte Seelen, die stark an Geister erinnerten, in den Himmel und verloren sich dort. „Der Indianerfriedhof übernimmt die alten Fähigkeiten meiner vorherigen Spielfeldzauberkarte und besitzt selbst noch ein paar interessante Tricks. Einen davon will ich gleich mal nutzen. Ich kann ein Monster auf meinem Friedhof, das das Wort „Kranker“ im Namen besitzt, wiederbeleben. Ich nehme meinen „Unheilbarer Kranker“.“ Sofort erschien der Einbandagierte in seinem Krankenhausbett wieder auf dem Spielfeld. „Bevor ich meinen Zug fortführe, möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Es gab einmal einen angesehenen Forscher, der nicht nur intelligent sondern auch besonders sportlich und bedacht auf seine Gesundheit war. Er hat auf alles verzichtet, was ihn in irgendeiner Art und Weiße hätte schädigen könnte. Doch wie das Schicksal es so wollte, wurde er von einer mysteriösen Krankheit befallen. Es ging ihm von Tag zu Tag schlechter. Kein noch zu renommierter Arzt konnte ihm weiter helfen, bis er schließlich ans Bett gefesselt, nur noch von Maschinen am Leben gehalten, vor sich hin vegetierte. Alle Hoffnung schon fast aufgegeben, ließ er sich von einem Schamanen untersuchen. Gegen all seinen Glauben an die Wissenschaft und Unglauben gegenüber Magie und des gleichen. Es dauerte keine ganze Nacht und der Forscher war geheilt. Nein sogar besser. Er war stärker, intelligenter und mächtiger als jemals zuvor. … Warum ich das alles erzähle? Ganz einfach. Ich spiele „Schamanische Wunderheilung“!“ Der ans Bett gefesselte, kranke Mann erhob sich. Nach und nach zerrissen seine Bandagen und zeigten einen durchtrainierten Körper. Schwarzes, langes Haar kam zum Vorschein. Mehr als die einfache Krankenhaushose trug er nicht, während er das Bett anhob und zusammenknüllte wie einfaches Papier. Mit einem Wurf über die Schulter verabschiedete sich das Möbelstück in Richtung Indianerfriedhof. Der ganze Oberkörper übersäten grüne, pulsierende Tattoos, die stark an Totems erinnerten. Die Augen zeigten die gleiche, neongrüne Farbe. „Darf ich vorstellen: „Haron, das medizinische Wunder“! Er kann weder von Fallenkarten, Monsterangriffe oder deren Effekte zerstört werden. Wenn er gerufen wird, ziehe ich fünf Karten. Für jedes Monster darunter gewinnt er 1000 ATK dazu. Für jede Falle 1000 DEF und für jeden Zauber 500 ATK plus DEF. „Schamanische Wunderheilung“ kann nur gespielt werden, wenn sich „alter Indianerfriedhof“ und „Unheilbarer Kranker“ auf dem Feld befinden. „Alter Indianerfriedhof“ wird nur dann aktiv, wenn „Krankenhaus“ von meinem Gegner zerstört wird. Deswegen möchte ich mich nochmal für deine Vorarbeit bedanken. Nun zieh ich meine fünf Karten.“ Sofort wurde die genannte Kartenanzahl aus dem Deck in den die Halterung gespuckt und auf dem Duellfeld öffentlich gezeigt. Kazuo konnte seinen Augen nicht trauen. Fünf Monster wurden aufgedeckt und der Angriffswert stieg auf unglaubliche 5000 Punkte. „Jetzt meine Haron, greif seine Forteria an!“ Ohne Verzögerung blinkten die Bemalungen am Körper des Monsters auf und bündelten in der Hand des Mannes einen Strahl, der die Glücksgöttin mit einem heißeren Schrei zerstörte. Weitere 2000 Lebenspunkte nahm sie ins Grab mit. „Jetzt wird der letzte Effekt von Haron aktiv. Den Kampfschaden, den er anrichtet hat, wird mir als Lebenspunkte gutgeschrieben. Damit beende ich meinen Zug.“ Kazuo konnte es nicht glauben, es war so gut wie vorbei. Er hatte nur noch läppische 200 Lebenspunkte, während der Unbekannte sich auf 6200 Lebenspunkten ausruhen konnte. Zusätzlich beschützte ihn ein fast unbesiegbares und 5000 ATK schweres Monster. Es gab nicht mehr viel Hoffnung für den Halbspanier. Alles würde sich jetzt mit seiner letzten Karte entscheiden. Mit leichten zögern zog er seine Karte. Langsam öffnete er seine Augen. Der Rotschopf hatte gar nicht bemerkt, dass er sie beim ziehen der Karte geschlossen hatte. Als er die Karte sah, verstand er im ersten Moment nicht was er da in der Hand hielt. Es war ein Hoffnungsschimmer! „ Ich spiele meine Zauberkarte „Letzte Hoffnung einer zerbrechenden Welt“ Ich kann sie nur spielen, wenn ich keine Monster auf dem Feld besitze und mindestens 5000 Lebenspunkte weniger, als mein Gegner aufweise. Alle Karten auf dem Spielfeld werden zerstört und meine Lebenspunkte werden auf einen Einzigen gesetzt. Meine Handkarten, sowie Deckkarten bis auf die Letzte werden auf den Friedhof geworfen. Diese wird mir auf die Hand gegeben und falls es sich um ein Monster handelt, wird sie spezielle aufs Feld beschworen. So möge mir das Glück hoffentlich gnädig sein.“ Knacken, das zerbrechen von Glas war zu hören, als der violette Schleier Risse bekam. Irgendwann gab der Schleier nach und zerbarst in tausend Stücke. Er nahm jegliche Karte mit sich. Auch Kazuos Karten aus dem Deck folgten der Zerstörung, die einer Apokalypse glich. Mit einer fließenden Bewegung zog der Verursacher dieses Chaos seine letzte Karte. Alle Hoffnung lag in ihr. Kurz darauf geschaut und ein Lächeln entsprang auf den Lippen des Besitzers. „Ich rufe meinen „Ira, zornigen König der zerbrochenen Welt“!“ Ein schwarzer Koloss mit stechend roten Augen stapfte aus dem Hintergrund des Duellanten heran. Man erkannte die elfenbeinweißen Zähne, die sein Lächeln ausmachten. Die Rüstung der Kreatur schien aus Dunkelheit zu bestehen, die sich um sie schlängelte. „Mein Ira bekommt für jedes „zerbrochene Welt“- Monster auf dem Friedhof eine ATK-Aufwertung von 500 Punkte. Es befinden sich momentan 15 dieser Monster auf meinem Friedhof. Das macht zusammen einen Wert von 7500 ATK. … Es ist vorbei! … Los Ira, greif ihn direkt an!“ Ab diesem Scheidepunkt gab es für den Krückenträger keine Möglichkeit mehr, etwas gegen seine Niederlage unternehmen zu können. Er besaß keine Karte mehr auf dem Feld und so kam es, wie es kommen musste. Kazuo gewann das erste Halbfinalspiel mit einem Lebenspunkt. Nach und nach verschwand das Hologramm des finsteren Herrschers. Die Turnierhalle hüllte sich in geraumer Zeit in tiefes Schweigen. Jeden fesselte das ablaufende Duell. Niemand erahnte dieses Ende. Niemand. Nicht einmal der Gewinner selbst. Der Südländer begriff noch gar nicht, was gerade geschah. Er starrte nur geistesabwesend auf seine eigenen Hände. Plötzlich tauchte eine weitere Hand in seinem Blickfeld auf. Sie gehörte dem unbekannten Kontrahenten. Etwas zögernd ergriff der Rothaarige die freundliche Geste, bevor der Gegner mit seiner typischen, monotonen Stimme mit ihm sprach. Die Sekunde genau schallte ein ohrenbetäubender Applaus und Jubel von den Tribünen. Die ganze Halle erbebte regelrecht. Nur Kazuo konnte die Stimme des mysteriösen Jungen hören. „Es war ein gutes Duell. Ich freue mich schon auf unseren nächsten Kampf. Mein Name ist Nico Leisp. Überbring meinen Bruder liebe Grüße.“ Mit diesen letzten Worten verschwand der Blutsverwandte von Tobi vom Duellfeld und hinterließ einen überraschten, aber einen begreifenden Gewinner zurück. Plötzlich klopfte es an die Tür. André schreckte aus seiner geistigen Abwesenheit hoch. Er hatte mittlerweile jegliches Gefühl für Zeit verloren „WER DA?“, antwortet er verunsichert. Die Tür öffnete sich in Zeitlupe. Eine Gestalt betrat den Raum. Die Augen des Schülers weideten sich. „Wa … Was suchst du denn hier?“ Kazuo, den die Ereignisse noch immer überrumpelt hatten, kehrte zu Tobi zurück. Doch ging mehr seinen Gedanken nach, als auf den Weg zu achten. Erst als er genau neben dem Goldäugigen stand, war ihm aufgefallen wohin es ihn verschlagen hatte. Er musste ein paar Mal blinzeln, bevor die reale Welt ihn wieder vollkommen zurück bekam. Doch mehr als die einfachen Worte: „Ich soll Grüße ausrichten“ konnte er nicht an seinen Partner richten. Dieser wurde gleichzeitig von Professor Alvarez für das letzte Halbfinalspiel ausgerufen. Mit dem typischen Lächeln auf den Lippen entschwand der Gerufene in Richtung Duellfeld. „Wünsch mir Glück. Ich erkläre alles nachher.“ Es dauerte nicht lange, und beide Duellanten stellten sich auf ihre Plätze. Tobi Schäfer auf der einen Seite und Takeo Kaiba auf der anderen. Die Spieler funkelten sich mit ehrgeizigem Blick an. Wobei die kalt wirkende Mimik des Kaiba Sprösslings die Ähnlichkeit zum Vater nochmal verstärkte. Sofort wurden die Decks gemischt und der rituelle Zuruf: „Zeit für ein Duell“ hallte durch den Raum. Beide Seiten zogen ihre fünf Handkarten. Danach zog Tobi seine Sechste und begann somit das Duell. Ein kurzer Blick auf die Karten genügte, damit der Goldäugige seinen ersten Zug planen konnte. „Ich lege zwei Karten und ein Monster verdeckt. Damit beende ich auch gleich meinen Zug.“ Wie auch schon die Duelle zuvor stand der Kontrahent gelassen auf seiner Seite des Duellfeldes. Vollkommen unbeeindruckt und eiskalt verfolgte er die Ausführungen seines Gegners. Schnell und ohne Rücksicht zog er seine nächste Karte und spielte sie sofort aus. „Ich aktiviere meine Zauberkarte „Flug des Drachen“. Mit ihr kann ich ein Drachenmonster mit sieben oder mehr Sternen von meinem Deck auf meine Hand nehmen.“ Schnell war die gewollte Karte gesucht und mit den Handkarten vereint. „Nun spiele ich meine nächste Zauberkarte „Antike Regeln“. Mit ihr ist es möglich ein Normalmonster der Stufe fünf oder höher als Spezialbeschwörung zu rufen. Komm zu mir, mein „Rotäugiger Schwarzer Drache“!“ Nach dem Ruf des jungen Duellanten zeigte sich auch schon die gefürchtete Bestie. Mit heißen Atem und dem schwarzen Schuppenkleid beäugte es mit den rot leuchtenden Augen seine Beute. „Doch war das noch nichts alles. Wenn ich meinen Rotauge als Tribut anbiete kann ich meinen „Rotäugigen Finsteren Drachen“ speziell beschwören. Komm zeig dich mein finsteres Wesen!“ So schnell er kam, verschwand der alte Drache auch schon wieder und machte für eine noch dunklere und mysteriösere Kampfmaschine Platz. Der neue Drache zeigte sich in seiner vollen Pracht. „Zu deinem Glück kann ich diese Runde durch meine „Flug des Drachen“-Karte nicht angreifen. Jedoch bekommt mein Drache für jeden weiteren Drachen auf dem Friedhof 300 ATK Punkte hinzu. Damit hat nun eine Stärke von 2700.“ Mit diesen Worten legte der KC Erbe eine weitere Karte verdeckt und beendete seinen gelungenen Zug. Staunen und Tuscheln wanderten durch die Turnierhalle, als die Runde des Blauäugigen endete. Ein klein wenig überrascht sah Tobi auf die neue Spielkonstellation. Zwar hatte sein Gegenüber ein starkes Monster auf das Feld beschworen, konnte jedoch keinen Angriff deklariert. Somit war seine eigene Spielfeldseite noch unberührt. Genau was er brauchte. „Ich flippe meinen „Legendären Helfer“.“ Der gerufene Helfer erschien. Er erinnerte anhand seiner Aufmachung stark an einen Golfcaddie. Nur trug er keine Golftasche, sondern war mit unterschiedlichsten Duellutensilien unterwegs. „Nun spiele ich meinen „Teppich der Legenden“. Diese Spielfeldzauberkarte kann nur gesetzt werden, wenn ich ein Monster mit „Legendär“ im Namen dafür auf den Friedhof schicke.“ Ohne wenn und aber wurde der Helfer zerstört und in den Friedhof verfrachtet. Genau im selben Moment materialisierte sich hinter dem Besitzer ein gigantischer, eingerollter Teppich. Die Wollmatte gab mit einer minimalen Bewegung ein Bild frei. „Nun kann ich denn Effekt meines „Legendären Helfers“ ausnutzen. Wenn er durch eine Zauberkarte auf den Friedhof gelegt wird, kann ich einen „Legendären Duellant“ aus meinem Deck speziell beschwören. Ich rufe meinen „Legendären Duellanten P“!“ Das besagt Monster zeigte sich und stellte eine andersfarbige Variante vom berühmten Duell-Monsters Erfinder Maximilian Pegasus dar. Die Haare funkelten in einem satten Gold und der Anzug glänzte in einem dunklen Violett. „Jetzt decke ich eine meiner Fallen auf. „Handspiel einer Legende“. Mit ihr kann ich pro Runde eine beliebige Karte in meiner Hand mit einer passenden Karte des Legendären Duellanten austauschen. Dann wollen wir Mal.“ Tobi steckte seine ausgesuchte Karte in das Deck. Dieses spuckte eine zufällige Karte aus und mischte sich danach. „Da ich noch keine Verteidigung habe, glaube ich, dass es wohl mal an der Zeit ist eine zu errichten. Ich decke meine zweite, permanente Falle auf. „Unterstützung einer Legende“. Jetzt kann ich, wenn sich ein „Legendäre Duellant“ und kein Monster auf dem Feld befinden, ein passendes Monster, ohne die Beschwörungsbedingungen zu beachten, normal rufen. Somit spiele ich mein „Legendäres Aufgegeben“ aus.“ Der „Legendäre Duellant P“ zog eine Karte und legte sie auf seine Duell-Disk. Ein berühmtes Monster aus dem Endspiel im Königreich der Duellanten gab sich die Ehre. Das grotesk aussehende Geschöpf machte sich mit seinen 0 ATK und 0 DEF sofort ans Werk und saugte den mächtigen Drachen in sich auf. Somit lag die gegnerische Seite frei von allen Monstern da und „Aufgegeben“ besaß dieselben Werte wie das verschlungene Fabelwesen. „Jedes Mal wenn ich „Unterstützung einer Legende“ aktiviere, muss ich meine Battle-Phase überspringen. Ich spiele noch eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.“ Kazuo sah gespannt dem Duell zu. Tobi schlug sich bis jetzt nicht schlecht. Davon abgesehen, dass sein Deck unglaublich stark war. Sie schien die Stärken von allen bekannten und berühmten Duellanten zu vereinen. Diese Meinung teilte auch der Rest der Zuschauerschaft und verfolgte gespannt das Duellgeschehen. Vor allem spannten sie darauf, wie die neue Situation wohl gekontert werden würde. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, hatte der Drachenduellant dabei zugesehen, wie sein eigens Monster die Seiten wechselt. Er zog in aller Ruhe seine Karte. Ein kleines Schmunzeln erkannte man auf seinen Lippen. „Dann wollen wir diesen Müll einmal entsorgen. Als erstes spiele ich meine „Elegante Wohltäterin“.“ Drei Karten wurden gezogen und zwei beliebige Karten auf den Friedhof verfrachtet. Ein bekanntes Funkeln entstand in den Augen von Takeo. „Jetzt entferne ich einen „Rotäugiger schwarzer Drache“ von meinem Friedhof aus dem Spiel, um „Rotäugiger finsterer Metalldrache“ als Spezialbeschwörung aufzurufen!“ Wieder zeigte sich ein mächtiger Drache auf dem Feld. Diesmal in einer schwarzen, glänzenden Metallrüstung. „Ich aktivere auch sofort seine Fähigkeit und rufe meinen „Rotäugiger schwarzer Drache“ zurück aufs Feld, den ich noch kurz zuvor mit „Eleganter Wohltäterin“ abgeworfen habe.“ Die zweite Bestie zeigte sich ebenfalls. Nun befanden zwei starke Monster auf dem Spielfeld und machten sich für die nächsten Befehle bereit. „So. Jetzt decke ich meine Karte „Schwerer Sturm“ auf. Dann verabschiede dich schon mal von deinen Zauber- und Fallenkarten.“ Als der Tornado seine volle Kraft entfaltete, fiel der Teppich hinter Tobi über die Zauber und Fallen des Braunhaarigen. In einem glänzenden Regen aus Licht löste sich das gewebte Stück auf. Die genauso betroffenen Karten blieben jedoch unversehrt. Der Blauäugige sah verwundert auf. Doch der Ausdruck verweilte nur kurz in seiner Mimik. Er musste keine Fragen stellen, denn sein Herausforderer begann den Effekt zu erklären. „Falls eine oder mehr Karten auf dem Spielfeld durch meinen Kontrahenten zerstört werden würden, kann ich stattdessen meinen Teppich opfern und dieses Unterfangen zu blockieren.“ Dies akzeptierte Takeo ohne weiteren Kommentar und fuhr mit seinem Zug fort. „Ich lege noch eine Karte verdeckt und greife dein „Legendäres Aufgegeben“ mit meinen Metalldrachen an.“ Der Drache stürzte sich in die Schlacht und zerstörte das groteske Wesen mit seiner wutgeladenen Energie. „Da nun kein Schutz mehr vorhanden ist, greife ich deinen Legendären Duellanten mit meinem Rotauge an.“ Sofort zersprang die Kopie von Maximilian Pegasus und nahm 2400 Lebenspunkte mit sich. Danach beendete Takeo auch schon seinen Zug. Kazuo verstand die Welt nicht mehr. In wenigen Momenten wurde das Spielfeld des Geliebten von dessen Monstern befreit und ein gewaltiger Schaden angerichtet. Langsam stieg die Panik in ihm auf. Er wusste, dass der Ältere nicht viel in diesem Duell unternehmen konnte. Bis jetzt hielt der Spieler mit seinem Gegner mit. Trotzdem konnte der Südländer den Zweifel nicht aus seinen Gedanken verbannen. Für ihn war es eine reine Qual nichts unternehmen zu können. Zuschauen schien die einzige Option zu sein. Seine Kraft verließ ihn, er fühlte sich schwach. Er kauerte sich auf den Boden zusammen. Alles war einfach zu viel für ihn. Eine bekannte Stimme sprach ihn an. „Steh auf! Ich weiß nicht was du mit meinen Bruder gemacht hast, aber so selbstsicher und konzentriert habe ich ihn bis jetzt noch nie erlebt.“ Verwundert sah der Angesprochene zur Seite und sah auf. Niemand anders als Nico Leisp stand neben ihn. Sein Auftreten hatte sich kaum verändert. Er sah noch, wie bei ihrem Duell, sehr desinteressiert aus. „Was machst du denn hier?“, brachte der Halbjapaner gerade noch über die Lippen. „Jo!“ war das Einzige, was der Grünäugige als Antwort bekam. „Schau dir das Duell an, dass bist du ihm schuldig.“ Genau diese energische Aufforderung hatte Kazuo aber gebraucht. Verwirrt stand er auf und wendete seinen Blick der Arena zu. Ein einfaches „Danke“ schlich sich über seine Lippen. Der Jüngere entgegnete knapp: „Wofür?“. Noch immer starrte André auf die große Silhouette seines Gegenübers. Angstschweiß zeichnete sich auf seiner Stirn ab. Die Gestalt, die eindeutig ein Mann war, grinste ihn an. Es war eine hinterhältige und bösartige Aura, die hinter dieser Mimik steckte. Bei dem Anblick schluckte der Kleinere hörbar. „So schnell sieht man sich wieder, Burkhard. Ich habe doch gesagt, dass ich meine Revanche einfordern werde. Und wie es der Zufall so will, bekomme ich sie nun.“ Er trat näher. Der Schwarzhaarige versuchte ihm auszuweichen, jedoch fiel André ungeschickt von der Bank. Am Boden liegend sah er auf seinen Feind auf. Alles zitterte an ihm. „Du entkommst mir nicht!“, lachte der Kerl. Seine linke Hand packte den Verängstigten und zerrte ihn aus dem Raum. Verzweifelt versuchte André sich zu befreien. „LASS MICH LOS! … WAS SOLL DAS!?! …“ Doch sein Protest stieß auf taube Ohren. Sie verließen das Gebäude. Noch am Ausgang krallte sich der Grauäugige an die Tür. Doch gegen die Kraft seines Gegners war er einfach zu schwach und machtlos. Bevor aber die Tür zufiel schrie André verzweifelt: „LEON!“ Aufmerksam verfolgte der blondhaarige Student das Kampfgeschehen. Auf einmal durchzuckte ihn etwas. Es schien so, als hätte ihn jemand gerufen. Er schaute sich um. Jedoch konnte er niemanden entdecken. Ihm fiel allerdings auf, dass André nicht mehr bei den anderen Duellanten war. „Der Kleine muss ja ziemlich K.O. sein. Er hat sich solche Mühe gegeben und dennoch verloren.“ Der Blauäugige hatte schon überlegt, ob er seinen Geliebten nicht besser trösten sollte. Aber er verwarf den Gedanken auch schnell wieder, da er der Meinung war, dass André eine kleine Auszeit bestimmt gut tun würde. Die Duelle gingen weiter und Leon sah erneut auf die Szenerie. Tobi sah sich auf seiner Seite um. Takeo zerstörte in seinem ersten Zug weniger als in seinem Letzten. Sein starkes Angriffsmonster „Legendäres Aufgegeben“ und „Legendärer Duellant P“ waren zerstört. Dazu kam ein Verlust von 2800 Lebenspunkten, die man nicht unterschätzen sollte. Jedoch verspürte der Goldäugige noch so viel Selbstsicherheit wie in diesem Moment. Er zog seine Karte, als sich der riesige, verloren geglaubte Teppich wieder hinter ihm entwickelte. „In meiner Standby-Phase, wenn sich keine Monster auf meiner Feldseite befinden und ich „Teppich der Legenden“ in der Vorrunde dank ihres Effekts auf den Friedhof geschickt habe, aktiviert sich eine weitere Fähigkeit dieser Karte. Der Teppich wird wieder auf mein Feld gerufen. Doch der Effekt ist noch nicht vorbei. Jetzt kann ich eine beliebige Anzahl an Karten ziehen und meinen Gegner zeigen. Anschließend werden sie wieder in gleicher Reihenfolge zurück gelegt. Für die ersten fünf Karten wird jeweils ein weiterer Effekt meines Teppichs freigeschalten, für jede nachfolgende Karte kann ich eine Karte deinem Feld zerstören oder eine zufällige Karte von deiner Hand abwerfen lassen. Also ziehe ich mal meine neuen Karten.“ Schnell waren neun Karten gezogen und dem Gegner gezeigt. Jede Karte repräsentierte etwas Einzigartiges. Entweder stand sie für ein berühmtes Monster oder einen berühmten Duellanten. „So jetzt lege ich alle Karten wieder in derselben Reihenfolge zurück auf mein Deck. Danach zerstöre ich erst einmal deine beiden Drachen und anschließend deine verdeckte Karte. Zu guter Letzt musst du noch deine einzige Karte auf den Friedhof werfen.“ Der gewaltige Wandteppich entrollte sich zu seiner vollen Länge und nahm in dieser Bewegung beide Drachenmonster mit sich. Die verdeckte Karte blieb an Ort und Stelle und deckte sich stattdessen auf. Takeo meldete sich zu Wort. „Du Narr. Meine Fallenkarte „Aufzucht eines Drachen“ kann nur gespielt werden, wenn sich keine Monster auf meiner Spielfeldseite befinden. Hinzu kommt, dass sie gegen jeglichen Zerstörungseffekten immun ist, solange sich keine Drachen auf dem Spielfeld befinden.“ Tobi blieb jedoch von der Aussage unbeeindruckt. Sein „Teppich der Legenden“ war vollkommen geöffnet und zeigte eine Schlacht zwischen den bekanntesten Duell-Monsters, die bis jetzt erschienen sind. „Wenn du meinst, dass diese Karte reicht, bitte. Doch ist mein Zug noch lange nicht vorbei. Nun aktiviere ich die Effekte meines Teppichs. Als erstes muss mein Gegner ab sofort mit offenen Handkarten spielen. Der zweite Effekt: Ich kann eine Spielfeldzauberkarte in meinem Deck wählen und der Effekt und Name der Karte wird meinem Teppich hinzugefügt. Ich wähle mein „Team Duellfeld“. Jetzt nutze ich meinen dritten Effekt. Ich kann eine Zauberkarte in meinem Deck wählen und mein Teppich bekommt dieselbe Zauberkraft. Meine Wahl fällt auf „Geburt eines Teams.“ Der Effekt kann nur genutzt werden, wenn „Team Duellfeld“ aktiv ist und sich keine legendären Duellanten auf meinen Feld befinden. Zwei zufällige Duellanten werden aus meinem Deck speziell beschworen. Danach wird mein Deck gemischt.“ Der Teppich leuchtete in einem satten Gold auf, als auch schon zwei legendäre Duellanten aus ihm heraussprangen und sich positionierten. Der Erste war eine exakte Blaupause von Joey Wheeler. Nur in anderen Farben. Die zweite Duellanten-Kopie war schon aus vorangegangenen Duellen bekannt. Ohne Zweifel stand das Abbild von Seto Kaiba auf dem Spielfeld. Die Legendären nahmen ihren Platz auf den geteilten Arena Plätzen ein. „Nun, da beide hier sind, aktiviere ich meine Zauberkarte „Legendärer Topf der Gier“. Für jeden legendären Duellanten auf dem Feld, kann ich zwei Karten ziehen.“ Schnell gelangten vier neue Karten in Tobis Hand. „So. Nun beschwöre ich meinen „Legendären Vorse-Krieger“ Das Hologramm von Seto Kaiba zog eine Karte und spielte sie aus. Der bekannte Krieger, nur nicht so kraftvoll in seiner Farbe, erschien vor seinem Beschwörer. „Nun spiele ich meine „Doppelbeschwörung“. Damit kann ich eine weitere Normalbeschwörung in dieser Runde ausführen. Ich rufe „Legendärer Gerfried, Eisenritter“.“ Nun zog „Legendärer Duellant J“ eine Karte und rief sie in einer einzigen Bewegung. Der eiserne Ritter machte sich nach seinem Erscheinen bereit. „Durch den vierten Effekt meines „Teppich der Legenden“ können keine Legendären Karten durch Fallen- oder Zauberkarten zerstört werden. Die fünfte Fähigkeit schützt sie vor Monstereffekten und sie können auch nicht mehr durch Kampf vernichtet werden. Nun meine Monster, greift ihn direkt an.“ Gleichzeitig gaben die beiden legendären Duellanten den Befehl zum Angriff. Die Monster stürmten nach vorne und verursachten einen 3700 hohen Schaden. „Jetzt bleiben dir nur noch 300 Lebenspunkte und meine Karten sind vor jeglichen Möglichkeiten geschützt. Jetzt muss ich nur noch auf meinen nächsten Zug warten.“ Mit diesen Worten beendete der siegessichere Ältere seine Runde. In der Halle herrschte zunächst Stille. Sie wurde aber durch die Begeisterung der Zuschauer, die ihre Freude über das spannende Duell nicht länger zurückhalten konnten, abgelöst. Der Zug war einfach unglaublich. Jeder wettete darauf, dass Tobi hiermit die Auseinandersetzung entschieden hatte. Kazuo fiel ein Stein vom Herzen. Es war wirklich vorbei. Er selbst hätte, bei so einem gelungenen Zug, nichts mehr in der Hinterhand besessen. Wer erwartete auch so etwas? Selbst auf dem Gesicht von Nico Leisp war ein kleines Schmunzeln für wenige Sekunden zu erkennen, bevor er wieder in seine alte Art zurückkehrte. Der Halbspanier war so unglaublich glücklich. Es war alles vorbei. Das ganze Bangen hatte sich gelohnt. Niemand konnte ihnen jetzt mehr in den Weg kommen. Jedoch ließ eine bekannte Stimme den Jubel und die Frohlockung allerseits schlagartig verstummen. „Wer sagt, dass das Duell zu Ende ist? … Ich bin nun am Zug! … Zu allererst aktiviert sich, noch bevor ich eigentlich ziehe, meine Fallenkarte. Ich kann sie opfern, um einen Drachen in meinen Friedhof wieder zu beleben und ich rufe meinen „Rotäugiger schwarzer Drache“.“ Als sich das bekannte Drachenwesen auf dem Feld zeigte, flippte die letzte, verdeckte Karte auf Tobi's Feldseite. Zugleich erklärte ihr Besitzer dessen Effekt. „Diese Karte kann nur aktiviert werden, wenn mein Gegner eine Spezialbeschwörung tätigt. Ab sofort erhalte ich für jeden „Legendären Duellanten“ auf meinen Feld 500 Lebenspunkte, falls ein Monster speziell beschwört wird. Somit bin ich wieder bei 2200 Lebenspunkten angelangt.“ Der KC Erbe reagierte jedoch nicht auf die Erklärung. Der Braunhaarige schien eher hoch konzentriert zu sein, während er auch schon langsam seine wohl letzte Karte zog. Langsam erschien die Karte direkt über ihn und deckte sich, dank des Effekts von „Der Teppich der Legenden“, langsam auf. In der Halle verstummte jedes Geräusch. Die Zuschauer hielten den Atem an. Die Karte drehte sich immer weiter auf, bis sie sich endlich zeigte. Sämtliche Farbe hatte das Gesicht von Tobi verlassen. Takeo schmunzelte und verfiel schließlich in ein überhebliches Gelächter. Ein Gelächter, wie man es nur von Seto Kaiba Senior kannte. „Gegen mein Talent kann niemand ankommen. Egal wie stark mein Gegner auch sein mag. Ich spiele meine Zauberkarte „Drachenodem des Infernos“ Nun werden die Angriffspunkte meines Drachens von deinen Lebenspunkten abgezogen.“ Ohne einen weiteren Befehl zu erteilen, reagierte der Drache auf die gespielte Karte. Eine gigantische Kugel aus schwarzer und roter Energie bildete sich direkt vor seinem Maul. Mit einem lauten Knall schoss sie an allen Monstern vorbei und traf genau ihr Ziel. Funken sprühten in sämtlichen Himmelsrichtungen. Schlagartig vielen die letzten Lebenspunkte von Tobi auf null. Das Duell war vorbei. Mit einer einzigen Karte wurde das gesamte Duellgeschehen umgedreht. Entsetzen, Fassungslosigkeit, Ungläubigkeit machten sich in der Halle breit. Kein Wort fiel. Selbst als der Sieger gelassen und stolz das Duellfeld verließ. Kazuo nahm die letzte Attacke von Seto Kaibas Sohn kaum mehr wahr. Als er sah, wie der Feuerball sein Ziel sicher traf, konnte der Schüler nur ein lautes Knacken in seinem Inneren vernehmen. Er sah, hörte und fühlte nichts mehr. Nur unglaubliche Dunkelheit umgab ihn. Es war wirklich vorbei. Alles war vorbei. Immer tiefer versank er in sich selbst. Der Moderator nahm das Mikrofon in die Hand und sprach die ersten Worte, nach dem gerade beendeten Duell. Es herrschte noch absolute Stille in der Halle. „Somit stehen die beiden Finalisten in diesem Turnier fest. Es werden Sir [Herr] Takeo Kaiba und Señor [Herr] Kazuo García um den Titel und Hauptpreis kämpfen. Doch davor machen wir eine kleine Pause. Paar Minuten vor dem Beginn des Endspiels werden alle wieder in die Halle gerufen. Ruht euch aus und sammelt Kräfte für das Hauptereignisses des heutigen Tages.“ Mit diesen Worten begannen auch schon die ersten Zuschauer die Turnierhalle zu verlassen. Der Däne zog sein Opfer von der Duellakademie weg. An einem Ort, an dem Waldrand einer Ebene wich, warf er den Jungen erneut auf den staubigen Boden. Man hörte das Rauschen des Windes und der Wellen. Die Inselklippe war nicht weit entfernt. Als André bewusst wurde, wo er sich befand, bekam er noch mehr Angst. „Was willst du von mir“, brachte er nur stotternd heraus. Die Augen des Entführers fixierten ihn. Wieder begann dieser zu grinsen. „Ich werde dich ohne Gnade fertig machen! … Du hast mir den Sieg geraubt und das kostet dich was. Einen Rosenqvist macht man sich nicht zum Feind!“ Die dunkelbraune Farbe in dessen Augen glühte förmlich. Der Harpyien-Duellant kam sich so klein und hilflos vor. Wer hätte ahnen können, dass Erik einen solchen finsteren Charakter haben konnte. Rosenqvist bedeutet Rosenzweig. Und Rosen sind ja bekanntlich nicht nur schön zu sein. Sie haben auch schmerzhafte Dornen. Vorsichtig rappelte sich André auf. Als er stand fuhr Erik fort. „Du wirst Leiden, Burkhard! ... Rache ist die süßeste Medizin!“ „Na schön. Dann rächst du dich eben. Und wie? Willst du ein Duell? … Ich bin bereit!“ Schon klappte die Disk des Grauäugigen aus. Doch es folgte keine Reaktion. Erik blieb grinsend stehen und beäugte ihn. „Was ist?“, harkte der Schüler nach. Der Wind umwehte das Geschehnis. Erst nach einer scheinbaren Ewigkeit antwortet der Gefragte ihm. „Ein Duell? Du bist ja noch Dümmer als ich dachte, Burkhard! … Ich vernichte dich an deiner empfindlichsten Stelle. Nur so macht es doch erst richtigen Spaß!“, kurz darauf lachte der Däne laut auf. Bei dem Klang der Stimme zog sich in André alles zusammen. Auch eine Gänsehaut kombiniert mit einem eiskalten Schauder überzog seinen Körper. „Was meinst du mit meiner „empfindlichsten Stelle“?“ „Das wirst du nun am eigenen Leib erleben.“, entgegnete Erik ihm. Plötzlich breitete sich eine Aura aus. Eine unheilvolle und düstere Aura. Sie umschloss André. Als er sie verspürte erwachte die Panik in ihm. Der Schwarzhaarige fühlte sich wie in einem Käfig. Dieser stahl ihm regelrecht die Kraft. Mit geweideten Augen und entsetzten Blick verfolgte er das Verhalten seines Gegenübers. Der Duellant grinste teuflisch. Die Augen glühten förmlich. Erik schien wie vom Teufel besessen zu sein. „Burkhard, es gibt bei Duellanten den einen, wunden Punkt. Und wenn man den verletzt, dann ist es mit ihm vorbei. … Aber du Grünschnabel bist ja noch nicht so lange hier, um dieses Geheimnis zu kennen. Dein Pech und mein Glück würde ich es nennen.“ Diese Worte ließen in André sämtliche Alarmglocken läuten. Verunsichert setzte er einen Schritt zurück. „SO! NUN IST ES ZEIT MEINEN TREUEN GEFÄHRTEN ZU RUFEN! KOMM UND ZEIGE DICH „BLUTRÜNSTIGER WERWOLF“!“, sprach der Nordeuropäer ungebremst weiter. Sein Duellgeist, ein Wesen der Finsternis, tauchte neben ihm auf. Der mutierte Wolf flechte die Zähne und zeigte seine messerscharfen Krallen. An seinen langen Fangzähnen tropfte bereits Speichelflüssigkeit dem Boden herab. Die rot glühenden Augen rundeten das Bild der Bestie ab. Wie erstarrt beobachtete der Schwarzhaarige mit kreidebleichem Gesicht diese Entwicklung. „DU HAST ANGST! … OH JA! … SPÜRE SIE! ICH WERDE DICH FÜR IMMER AUSLÖSCHEN!“, erwiderte der schokobraunäugige Student auf das Verhalten von André. Er lachte auf. Der Jüngere zuckte erneut zusammen. Einen solchen bösartigen Ton in der Stimme eines Menschen hatte er noch nie erlebt. „WERWOLF! GREIF IHN AN!“, befahl Erik schließlich. Das schwarzgraue Ungeheuer schritt auf den Schüler zu. Wie angewurzelt blieb das Opfer stehen. Die Augen des Werwolfs machten es handlungsunfähig. Verzweifelt schloss André die Augen. Seine Kraft kehrte für den Moment zurück. Reflexartig sprang der 19 Jährige nach rechts, als das riesige Vieh auf ihn zu sprang. Eine Art Japanrolle folgte und der Volleyballer stand wieder auf den Beinen. Jetzt übernahmen der Überlebensinstinkt und die Panik die Oberhand. Eilig preschte der junge Mann los. „AUF IHN!“, schrie der Besitzer des Duellgeistes. Dieser zögerte keine Sekunde. Eine erbarmungslose Verfolgungsjagd begann. Das mörderische Wesen kam immer näher. Unter der größten Kraftaufbietung rannte der Verzweifelte weiter. Plötzlich rutschte André aus. Sein Körper donnerte auf die Erde. Sein Blick richtete sich wieder auf seine Verfolger. „ES IST VORBEI!“, lachte Erik. Der Werwolf war nur noch wenige Meter von dem am Boden Liegenden entfernt. Voller Angst brachte der Halbfranzose nicht einmal einen Schrei heraus. Wie aus heiterem Himmel durchtrennte eine weißblaue Druckwelle, bestehend aus reinem Licht, das Geschehnis zwischen dem Fabelwesen und dem Jungen. Die Kraft, die dahinter steckte, bohrte sich in den harten Felsen. Völlig perplex sah André auf. Sein Blick versteinerte förmlich. Denn die Quelle dieser kraftvollen „Attacke“ war ein Drache. Der weiße Drache mit eiskaltem Blick. „Der Weiße!?! … Wie kommt der den her?“, aber noch ehe André verstehen konnte wie es dazu kam, beantwortete die Stimme aus der Ferne seine Frage. „Lass den Jungen in Ruhe!“ Alle beteiligten sahen sich um. Ein Mann kam auf sie zu. Der leichte Sandsturm, den die Aura des silberweißen Drachen erzeugt hatte, verdeckte ihn etwas. Als der Braunhaarige jedoch vor Erik, dem Werwolf und André stand, erkannte man ihn. Es war Takeo Kaiba. Entsetzt über die alleinige Anwesenheit seines ehemaligen Kontrahenten stockte dem Halbfranzose der Atem. Mit offenem Mund starrte er den KC Erben an. Dieser würdigte ihn keines Blickes. Seine eiskalten, blauen Augen bohrten sich in den Dänen. Takeo sprach weiter. „Dir ist wohl klar, dass Gewalt gegen Schüler dieser Schule mit einem Schulverweis bestraft wird. Und wenn du wirklich glaubst dich an Schwächere zu vergreifen, dann bist du schief gewickelt.“ Diese Stärke in den Worten des Älteren beeindruckte den Schwarzhaarigen. „Wieso setzt er sich für mich ein?“, fragte André sich. Doch die eigenen Gedanken wurden wieder durch das Gelächter von Erik unterbrochen. „Takeo. Meinst du wirklich, dass mich deine Drohungen einschüchtern? … Da bist du schief gewickelt! Der Burkhard gehört mir! Mir allein. Ich will meine Rache an ihm in vollen Zügen genießen. Sobald ich mit ihm fertig bin, wird es keine Spuren geben. Also droht somit auch kein Schulverweis! Und merke dir eins: Niemand hält mich von meinen Plänen ab!“ Weitere Werwölfe versammelten sich um ihren Besitzer. Die Zähne und Krallen warteten regelrecht darauf etwas damit zu zerfleischen. Doch der Angesprochene blieb gelassen. „Wenn du meinst, dass mich deine Hündchen beeindrucken, dann täuscht du dich! Mein Weißer wird dir das Fürchten lehren!“ Dabei erhob der Sprecher den rechten Arm und zeigte auf den Verrückten. Der Drache machte sich zum Angriff bereit. Auf das Kommando ihrer Besitzer stürzten sich die Bestien aufeinander und kämpften. Allein schon ein Lichtfeuerball des Drachen reichte, um mehrere Werwölfe zu vernichten. Doch immer wieder wich einer dieser zahlreichen Gegner aus und überfiel das hell leuchtende Fabelwesen. Der Kampf zwischen Licht und Finsternis hielt sich aber im Gleichgewicht. Etwas abseits davon beobachtete André die Ereignisse. Er war noch immer handlungsunfähig. Der Schüler konnte noch immer nicht fassen, dass sich ausgerechnet der Sohn des großen Seto Kaibas Sorgen um ihn machte. Und so nebenbei beschützte er ihn auch noch vor diesen Werwölfen. War André vielleicht im falschen Film? Aus dem Gerangel löste sich ohne Vorwarnung einer der pechschwarzen Duellgeister. Mit aufgerissenen Maul hechtete dieser auf den wehrlosen Jungen zu. Im Augenwinkel bekam es Takeo mit. „ACHTUNG ANDRÉ!“, rief er noch. Doch es war zu spät. Der Gerufene konnte sich nicht schnell genug bewegen. Doch bevor der Werwolf ihm einen Schlag mit seiner Pranke versetzen konnte, tauchte das schneeweiße Einhorn auf. Alles passierte in einem Augenaufschlag. Andrés Duellgeist stieß seinen Besitzer zur Seite. Er entfernte sich dadurch aus der Schusslinie. Aber damit nicht genug. Er rutschte ungebremst weiter. Über die Kante der Inselklippe. Mit letzter Kraft klammerte er sich an einen hervorstehenden Felsen. Sein Körper verharrte in der Luft. In der Zwischenzeit packte das Ungetüm das Einhorn im Flug und biss ungehindert in dessen Kehle. Es schrie vor Schmerz auf. Jedoch schrie nicht nur der Duellgeist. Ein markerschütternder Schrei entglitt auch aus André. Die blutrünstige Bestie vergrub immer wieder seine Zähne in den Körper des anderen Duellgeistes. Schließlich sackte das Wesen zu Boden. Es rührte sich nicht mehr. Seine Konturen verblassten rapid. Andrés Herz schmerzte. Einen solchen Schmerz hatte er noch nie erlebt. Es wurde ihm schwarz vor Augen. Ihn verließ die Kraft. Ebenso verlor er den Halt. Er bekam nicht mehr mit, wie sein Körper in Richtung Ozean hinab fiel. Beim Auftreffen auf die Wasseroberfläche entstand eine gewaltige Fontäne. Die Wassermassen umschlossen den Körper des Jungen und rissen ihn noch tiefer hinab. Er war nach kurzer Zeit nicht mehr zu sehen. Die Augen von Takeo weideten sich. „ANDRÉ!“, schrie er. Erik lachte auf. Seine Wolfsmeute hatte sein Werk vollendet. Der pferdeähnliche Duellgeist war tot. André im Nirwana des Meeres entschwunden. Eriks Rachegelüste wurden befriedigt. Triumphierend ließ er die Werwölfe zurück in ihre Karten kehren. Mit einem teuflischen Gelächter verließ er das Schlachtfeld und überließ André seinem unvermeidbaren Schicksal. Der andere Student konnte darauf nicht reagieren. Er rannte zur Klippe und blickte auf die Stelle, an der der Jüngere in das dunkle, kalte und tiefe Wasser entschwand. In der Halle spielte sich ein anderes Drama ab. Absolute Schwärze umgab Kazuo. Er wusste nicht wo er sich befand. Der Junge konnte sich nicht erinnern, wie lange er schon hier war. Nichts bekam er mehr mit. Er fiel in unendliche Dunkelheit. Weiße Wolken bildeten sich vor seinen Mund oder waren es Luftblasen? Der Rothaarige erkannte den Unterschied nicht mehr. Die Realität wurde verschwommen. Nur eins wusste er klar. Es war vorbei alles war vorbei. Einfach nur vorbei. Schwerelos. Einfach ohne jegliches Gefühl für die Schwerkraft schwebte André in dem flüssigen Element. Alles um ihn herum war schwarz. Finster, wie die Dunkelheit bei sternloser Nacht. Was passierte mit ihm? Immer tiefer zog die See ihn hinab. Doch der Halbfranzose besaß keine Kraft dagegen anzukämpfen. Zu schwer war er verletzt. Der Aufprall aufs Wasser hatte ihm einige Knochen gebrochen. Doch der Verletzte spürte nichts. Der Schmerz war betäubt. Der Junge glich einem leblosen Blatt. Ein Blatt, welches vom Winde davon getragen wurde. Mit trübem Blick sah André sein Leben an sich vorbei ziehen. Alles. Wirklich alles raste im schnellen Zeitraffer und entschwand aus der Erinnerung. Sein Körper verlangte nach Sauerstoff. Luftblasenwolken entstiegen aus Andrés Mund. Neue Luft konnte einfach nicht aufgenommen werden. Der Mangel an dem lebenswichtigen Gas zeigte nach und nach seine Wirkung. Der Grauäugige verlor endgültig das Bewusstsein. Es gab keinen Weg mehr zurück. An der Wasseroberfläche und teilweise um den Jungen schwammen dessen Karten. Das Deck löste sich wie das Leben in dem Menschen auf. Der Bewusstlose sank immer tiefer. Immer tiefer in die Finsternis. In die Finsternis des Vergessens. Am Rand der steilen Klippe stand Takeo Kaiba und blickte an die Stelle, an der André diese Welt verlassen hatte. Fassungslos konnte der Braunhaarige nur da stehen und zuschauen. Er sah dennoch zur Seite. Der Saphirblauäugige sah den Leichnam des Fabelwesens, das eins der Duellgeist von André war. Takeos Blick verweilte eine Weile auf ihm, als ihm auf einmal etwas auffiel. Ohne einen ersichtlichen Grund leuchtete das Stirnhorn des Tieres. Es leuchtete in Gold. Wie die Morgenröte im Herbst. Dies verwunderte den Duellanten sehr. Im Wasser tat sich plötzlich etwas. Vier Karten, die rings um André verstreut im Meer schwammen, erleuchteten. Jede in einer anderen Farbe. Dieses blaue, grüne, rote und silberweiße Licht breitete sich von der Karte ausgehend im gesamten Bereich aus. Es umschloss den Schwarzhaarigen völlig. Dann materialisierte sich aus dem blauen Lichtspektakel ein Wesen. Nur die schemenhafte Gestalt verriet, dass es ein Einhorn war. Das Einhorn des Wassers. Es näherte sich seinem Besitzer. Es schwamm um ihn, so dass sein stromlinienförmiger Körper eine Art Auffangnetz bildete. Es verhinderte, dass der Junge noch tiefer sank. Der Blick des Tieres, welches an einem Hippokampos der griechischen Mythologie erinnerte, ruhte auf den Bewusstlosen. Dann ergriff der Duellgeist mittels seiner Schnauze den Hemdkragen des Menschen und zog ihn mit sich. Es ging aufwärts. Hinauf an die Wasseroberfläche. Die drei anderen, glimmenden Karten folgten ihnen. Das blaue Einhorn tauchte auf. André im Schlepptau. Doch wie sollte es nun weiter gehen? Takeo bekam die Ereignisse mit und verfolgte sie aufmerksam. Das Licht der grünen Karte sendete einen Stahl in den Himmel. Aus ihm stieß ein riesiges Wesen herab. Es war das Einhorn des Himmels. Es entstanden kleine Wellen, als der Pegasus in der Luft vor dem Wassereinhorn anhielt und dabei mit den Flügel schlug. Vorsichtig übergab der eine Duellgeist dem anderen den schlummernden Jungen. Das zweite Fabelwesen erhob sich in die Lüfte. Sein Pfad führte es zurück ans Festland. Das Einhorn mit dem blitzförmigen Horn landete am Waldrand. Auf einer Wiese legte es André sanft ab. Die Karten hatten es verfolgt. Aus der Ferne sah der KC Jüngling zu. Nun zeigte sich Einhorn des Feuers. Seine Flammen verströmten eine spürbare Hitze. Zuerst betrachtete es André. Die Flammen flackerten gleichmäßig. Doch dann senkte das Tier sein Haupt. Das Stirnhorn berührte das Herz des Jungen. Ohne Vorwarnung entbrannte eine Stichflamme. Takeo erschrak. Ein gewaltiges Flammenmeer umhüllte den Jungen und das Fabelwesen. Die Hitze des Feuers schmerzte die Augen des Zuschauers. Er erhob zum Schutz seinen Arm. Nur durch einen kleinen Schlitz, den seine Lider zum Schutz des Augapfels ließen, konnte der Beobachter noch etwas sehen. Das Einhorn wieherte. Der Klang der Stimme hallte durch die stille Gegend. Ein kleiner Funken schimmerte in der Sicht des Halbspaniers. Er war nur schwach, trotzdem hatte der Junge das Gefühl daran zu erblinden. So lange hatte er in der Dunkelheit verbracht. Oder waren es nur wenige Sekunden? Etwas schlug. Was war das für ein Gefühl? Nur langsam wurde es schneller. Ein rhythmisches Schlagen. Sein Herz schlug. So bekannt das Gefühl auch war, so unglaublich fremd kam es ihm in diesem Moment vor. Doch nicht nur sein eigenes Herz schlug. Ein anderes schlug mit ihm. Ein wichtiges Herz. Kazuo griff nach den Funken und hielt ihn an seine Brust. Eine wohltuende Hitze entstieg aus ihm. Eine Hitze, die alles in seiner Umgebung zum Brennen brachte. So lag er in einem Meer aus Flammen. Sein Haar schien ein Teil davon zu sein. Alles kam wieder zurück. Jedoch etwas kristallisierte sich heraus. Überwältigend übernahm ihn dieses Gefühl. Wut, ausnahmslose Wut stieg in ihn auf. Er hatte etwas zu erledigen. Mit aller Kraft kämpfte er sich nach oben. Den Ausweg finden. Seine Aufgabe erfüllen. Nach wenigen Minuten erloschen die Flammen auf der Wiese. Auch das Einhorn des Feuers löste sich auf. Jeder der Feuer und dessen Auswirkungen kennt, würde nun glauben, dass André nun mehr Holzkohle als alles andere war. Dies meinte auch Takeo. Beunruhigt sah er zu dem am Boden Ruhenden. Andrés Antlitz blieb unversehrt. Es kam noch besser. Die blasse Haut besaß wieder eine rosige Farbe. Auch die nasse Kleidung war trocken. Dabei fiel dem Braunhaarigen ebenfalls auf, dass dessen Brustkorb sich hob und senkte. Das Leben kehrte in den Jüngeren zurück. Zum Schluss bildeten mehrere winzige, silberne Sterne einen weiteren Duellgeist. In dem Spiel aus Licht kam die zierliche Gestalt des Einhorn-Fohlens zum Vorschein. Das kleine Tier saß neben André und betrachtete ihn. Sein Blick konnte sich nicht von ihm lösen. Nach einer Weile, die wie eine halbe Ewigkeit schien, kullerten die ersten Tränen aus den Augen des Babys. Das Jungtier weinte. Weinte um André. Allein schon der Anblick dieser Szene konnte dem Zuschauer das Herz aus dem Leib reißen. Das kleine Einhorn legte seinen Kopf mit dem Horn auf die Brust des Halbfranzosen. Es schloss die Augen, während die Tränen, die eine silberne bis eisblaue Farbe besaßen, sich auf dem Hemd des Schülers verteilten. Sie verteilte sich immer weiter. Als sei die Flüssigkeit lebendig. Sie bedeckte den Menschen völlig. Kurz nach dem dies geschah, begann die Masse zu leuchten. Sie strahlte wie das Mondlicht in der Nacht. Gleichzeitig, Takeo bemerkte es nur zufällig, löste sich der Körper des toten Einhorns endgültig auf. Feine Goldpartikel entstiegen in die Luft und wurden vom Wind davon geweht. Dieser führte sie zu André und dem Fohlen. Wie Glühwürmchen umschwirrten sie den kleinen Duellgeist. Das Fohlen erhob sich. Sein Stirnhorn erglühte. Alles erhellte sich. Das Licht blendete den Blauäugigen. Er kniff die Augen zu. Ein Wiehern erfüllte die Umgebung. Die Intensität des Lichts nahm ab. Der Zuschauer konnte wieder etwas sehen. Er traute seinem Auge nicht. In einer glühenden Aura stand André. Er lehnte sich mit geschlossenen Augenlidern neben dem neuen Duellgeist. Auf seiner Stirn leuchtete in silberblauen Licht ein Abzeichen. Das Zeichen erinnerte in seiner Form an einen Stern, den die meisten Einhörner an ihrer Hornwurzel besaßen. Auch der Duellgeist, das ausgewachsene Einhorn-Fohlen, wurde von derselben Aura umhüllt. Sein Kopf ruhte in den Händen des Besitzers. Doch besaß das Fabelwesen keine Ähnlichkeit mehr mit dem Jungtier. Sein Kopf, Hals und kompletter Rücken waren Haselnuss- bis rotbraun. Feine weiße Linien durchzogen den Hals und Kopf. Ein Zebramuster entstand. Die Beine, der Bauch und der lange Pferdeschweif waren ebenfalls weiß. In seinem Aussehen erinnerte das Tier an das lenkst ausgestorbene Quagga. Anstelle einer Stehmähne hing langes Haar seitlich herab. Es harmonierte in der Form und seiner Farbe mit dem restlichen Körper. Das spiralförmige Horn war nicht zu lang. Es leuchtete golden. So standen sie da. Duellgeist und Duellant. Fabelwesen und Mensch. Einfach Freunde. Ein neues Band ist entstanden. Das Alte mit dem Einhorn ist durch dessen Tod zerrissen. Dies hätte, so wusste Erik, unweigerlich auch Andrés Lebensende bedeutet. Denn ein Duellant geht mit seinem Duellgeist eine ganz besondere Partnerschaft ein. Was dem Menschen oder Duellgeist geschah, beeinflusste dessen Partner auf dieselbe Weise. Allerdings kannte selbst der Däne nicht alle Geheimnisse, die dieses Bündnis ausmachte. Eines davon bewirkte, dass André im Gegensatz zu seinem Einhorn am Leben blieb. Es war dennoch ein kleines Wunder. Die Aura verblasste langsam. Der Schwarzhaarige öffnete seine Augen. Sie wirkten noch etwas getrübt. Für einen Moment sah er gedankenverloren sein Gegenüber an. Auch der Kaiba Sprössling begutachtete ihn. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Auch André begann zu lächeln. Doch plötzlich durchfuhr den Schüler die körperliche Niedergeschlagenheit. Sein Stirnstern hörte auf zu leuchten. Der Körper des erneut Bewusstlosen kippte nach vorne. Von dort wurde er von Takeo abgefangen. Der Ältere reagierte ohne zu zögern. Er hob den Kleineren auf die Arme und trug ihn zur Akademie zurück. Auf seinen Weg dorthin beäugte der Erbe des Kaiba Imperiums den Getragenen ein letztes Mal. Trotz dieses Schwächeanfalls lag weiterhin ein glückliches Grinsen auf den Lippen des Schlummernden. Alles wirkte so friedlich und unbeschwert wie bei einem Säugling. Dieser Anblick rührte den sonst so hart gesottenen Geschäftsführersohn. Ebenfalls zufrieden führte ihn sein Weg direkt zur Krankenstation der Schule. Der Bewusstlose bekam nicht viel mit. Sein Kopf, seine sonst so klaren Gedanken waren wie von Nebel umhüllt. Einzig die Wärme eines menschlichen Körpers spürte der Junge an seiner eigenen Haut. Sanft umspielte ein zarter, kaum wahrnehmbarer Duft seine Nase. Ein Parfum. Eine Männernote steckte darin. Diese Feinheit schreckte den Schwarzhaarigen jedoch nicht ab. André fühlte sich sofort geborgen. Sein Körper ließ sich völlig in die starken Arme seines Trägers fallen. Zuvor, als der Schüler für einen kurzen Moment durch seine getrübten Augen sehen konnte, vernahm dieser die Mannesgestalt. Blaue Augen stachen aus dem markanten Gesicht hervor. Alles. Wirklich alles ließ den Kleineren glauben, dass sein Geliebter, Leon Norman, nun bei ihm war. Zufrieden schlummerte André. Unternahm keine Anstalt aufzuwachen. Sein „Retter“ brachte den Angeschlagenen in den Krankenbereich der Akademie. Selbstbewusst und stolz wie eh und je betrat dieser den Wartebereich. Eine Schwester, die an einer Art Rezeption stand, blickte auf. Mit geweideten Augen kam sie den beiden Duellanten entgegen. „Mr. [Herr] Kaiba, wen tragen Sie auf den Armen? … Was ist passiert? …“, begann sie zu fragen. Der Angesprochene sah sie an. Dann lächelte er. „Machen Sie sich keine Sorge, Schwester. Dieser Junge ist André Burkhard. Ich bekam mit, wie er über Schwindelgefühle klagte und dann bewusstlos wurde. Anschließend trug ich ihn sofort hier her. Ist Dr. Makoto da?“ Auf die Gegenfrage folgte ein schnelles nicken. Die Stationsdame eilte an eine Tür und betrat nach vorherigen anklopfen den Raum. Nur halblaut hörte man: „Doktor, es ist ein Patient gerade eingeliefert worden.“ Das knarren eines verrückten Stuhls ertönte. Der Akademiearzt verließ sein Büro und sah sich sofort André an. „Herr Burkhard. Schon wieder. Mr. [Herr] Kaiba, was ist genau passiert?“, befragte nun der Arzt den älteren Schüler, während er mit seiner linken Fingern den Puls des Getragenen prüfte. „Der Schüler Burkhard hat einen Schwächeanfall gehabt. Vorsichtshalber habe ich ihn hier her gebracht.“ Als dies Dr. Makoto hörte, runzelte dieser die Stirn. „Ein Schwächeanfall sagen Sie?“, harkte er nochmals nach. Der Saphirblauäugige nickte. Mit einem Blick, der mehr als tausend Worte sagte, zeigte der Grauhaarige auf eine offen stehende Tür. „Bringen Sie den Schüler dort hinein. Ein wenig Schlaf und Ruhe hilft ihm am besten.“ Wie Takeo befohlen wurde, beförderte er André in den gewünschten Raum. Er legte ihn auf ein großes Bett ab. Sein Kopf bettete sich in das gut gepolsterte Kissen. Der Japaner deckte den Schlafenden noch zu, bis sich auch Dr. Makoto im Raum befand. „Wenn Sie wollen, können Sie bei ihm bleiben. Falls etwas sein sollte, bin ich in der Nähe. Mein Büro ist gerade die Tür gegenüber.“ Mit diesen letzten Worten verließ der Arzt die Zwei erneut. Kurz hielt der ältere Herr am Türrahmen inne. Ohne sich umzudrehen wendete er sich an Takeo. „Sie haben ein gutes Herz. Ein genauso gutes wie ihr Vater.“ Ohne eine weitere Reaktion darauf schloss sich die Tür des Raumes. Der Sohn des KC Besitzers nahm sich einen freistehenden Stuhl und setzte sich ans Kopfende des Bettes. Sein Rücken lehnte dabei an Stuhllehne und Wand an. Die Arme verschränkten sich. Diese gelassene Gestik vereinnahmte ihn. Nur sein Blick ruhte ab und zu auf dem Gesicht des jungen Europäers. Ein Schmunzeln umspielte die Lippen des Beobachters. Der letzte Satz umkreiste seine Gedanken. „Ein gutes Herz. … Oh ja, das verdanke ich nur meinem Vater. Danke … Joey.“ Doch blieb ihn nicht viel Zeit hier zu bleiben. Eine Durchsage des Turniermoderators wurde durch die Sprechanlage geleitet. „Mögen sich alle wieder in der Turnierhalle einfinden. Das Final-Duell steht kurz bevor.“ Mit einem letzten, liebevollen Blick auf den Schlafenden verschwand Takeo auch schon aus dem Krankenzimmer. Eine bekannte Mimik bildete sich auf dem Gesicht des Jungen. Es gab noch etwas zu erledigen. Panik stieg in Tobi auf. Die ganze Pause über hatte er versucht seine große Liebe wieder aus ihre Trance zu holen. Nichts hatte geholfen. Kein rütteln, zerren oder schreien. Er hatte sogar versucht Hilfe in den Karten des Halbspaniers zu suchen. Nichts half. Kazuo stand einfach nur da. Selbst bei Nico konnte man in den Augen Sorgen erkennen. Die Unterbrechung war schneller vorbei gegangen als gehofft. Der Goldäugige bemerkt nicht einmal, dass die ganze Halle wieder bis unter das Dach gefüllt war. Seine Aufmerksamkeit richtete sich allein auf Kazuo. Ein weiteres Mal erklang die Stimme von Prof. Alvarez. „So. Nun ist es soweit. Der Zeitpunkt auf den alle gewartet haben ist erreicht. Nun beginnt das Finale!!“ Jubelschreie schalten durch die Turnierhalle. „Ich möchte die beiden Finalisten auf die Duellfläche bitten. Sir [Herr] Takeo Kaiba und Señor [Herr] Kazuo García.“ Die Begeisterung riss nicht ab und verstärkten sich auch nochmal, als der KC Erbe die Bildfläche betrat. Tobi sah zwischen Duellfeld und Kazuo hin und her. Auf einmal passierte etwas, was der Verzweifelte in seinem ganzen Leben noch nie erlebt hatte. Der Rothaarige schien förmlich zu glühen. Selbst die Haare begannen sich zu bewegen. Die Augen loderten auf und mit einem Mal machte er sich auf den Weg. Sprachlos konnte der Goldäugige nur dabei zusehen, was gerade abspielte. Sicher platzierte sich Kazuo auf seinen Platz innerhalb der Arena. So ein Gefühl verspürte er zum ersten Mal. Eine unbändige Wut herrschte in ihm. Mit jeder Sekunde, die er seinen Gegner ansah, wuchs sie noch weiter an. Alles um ihn herum schien in Flammen zu stehen. Selbst die Zuschauer konnten ihr staunen nicht verbergen. Der Schüler schien aus reinem Feuer zu bestehen. Die Haare machten ihrer Farbe alle Ehre und bewegten sich dazu. Wie das Züngeln eines Lagerfeuers. Die smaragdgrünen Augen leuchteten noch stärker als sonst. Sie brannten sich in alles, was sie erblickten. Selbst seine Duell-Disk schien zu brennen oder war es durch ihre Bemalung eine Illusion? Nur bestimmte Personen in der Halle bekamen eine Gänsehaut. Ein Schauer durchfuhr ihren Körper. Zu ihnen gehörte Tobi. Diese Form erinnerte einfach viel zu stark an die Zeit, als Kazuo den Blick für die Welt verlor. Jedoch schien er noch immer derselbe zu sein. Die Decks wurden gemischt und die ersten Karten befanden sich auf der Hand. Eine laute Stimme erklang. Sie stammte von Kazuo. Jedes gesprochenes Wort ergoss sich wie geschmolzenes Metall über die Zuhörer. „Ich fange an. DUELL!!“ Ohne Takeo eine Möglichkeit zu geben, sich auf die Situation einzustellen, zog der Rothaarige schon seine sechste Karte. Sie leuchtete in seiner Hand. Die Szenerie wirkte völlig Surreal und wie aus einem Traum. Jedoch blieb der Blauäugige unbeeindruckt. „Ich spiele meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt“.“ Der bekannte, lilafarbene Schleier umgab das Duellfeld. „Doch bleibt die Karte nicht lange auf dem Spielfeld. Ich aktiviere meine Zauberkarte „Zorn des Königs der zerbrochenen Welt“. Damit schicke ich mein Spielfeld auf den Friedhof, um meine magische Karte „Die brennende Welt“ aus meinen Deck zu spielen.“ Die verzerrte, sehr unwirkliche Umgebung machte einer neuen Szenerie Platz. An sich schien sich nichts zu ändern. Doch nach und nach entfachten sich überall Flammen. Das Feuer herrschte überall. Das Hologramm konnte zwar keinen verletzten, jedoch spürte man eine steigende Hitze in der Arena. Die Temperatur kletterte stetig nach oben. „Dank dieser Karte werden alle meine „zerbrochene Welt“-Monster nun zu „brennende Welt“-Monster. Was dies genau heißt, kann ich dir gleich zeigen. Ich beschwöre zwei „Avaritia, schwarze Seele der brennenden Welt“ speziell.“ Das gerufene Monster materialisierte sich auf das Spielfeld. Zuerst schien die Kreatur wie immer auszusehen. Doch plötzlich entzündete sich eine Stichflamme und das Monster ging förmlich in Flammen auf. Jeder noch so kleine Schatten verschwand und wurde durch lodernde Flammen ersetzt. Zwei brennende Gestalten, deren Maul sich in Bauchhöhe befand, bewachten die Lebenspunkte des Jüngeren. „Jedes meiner „brennenden Welt“-Monster bekommt eine ATK-Aufrüstung von 500 Punkten. Außerdem werden ihre Effekte leicht geändert. So konnte ich zum Beispiel „Aravitia“ als Spezialbeschwörung rufen, da keinerlei Zauber- oder Fallenkarten in meiner entsprechenden Zone lag. Jetzt aber lege ich noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“ Keiner der Duellbeobachter konnte diese hitzige Atmosphäre in der Halle richtig begreifen. Doch der Besitzer, besser gesagt der Herrscher dieser seltsamen Welt schien nicht nur in der Fata Morgana im Feuer zu stehen. Er brannte und kochte innerlich vor Wut. Kazuo hatte nur ein Ziel. Dieses war seinen Kontrahenten zu vernichten. Eiseskälte umgab Takeo. Der junge Mann schien gegen die ausstrahlende Hitze immun zu sein. Mit einer ehrgeizigen und entschlossenen Mimik im Gesicht begann er seinen Zug. „Als Erstes aktiviere ich meine Zauberkarte „Antike Regeln“ und beschwöre meinen „Rotäugiger schwarzer Drache“.“ Der gerufene, schwarze Feuerspucker schwebte in die Arena. Zeitgleich tauchte ein brennender Kopf auf Kazuos Seite auf. „Wenn du ein Monster, wie in diesem Fall, speziell beschwörst, wird automatisch meine „Invidia, missgünstige Seele der brennenden Welt“ aus meiner Hand gerufen. Seine Werte liegen bei 1400 ATK und 0 DEF.“ Dies ließ der KC Erbe ohne ein Wort passieren und machte mit seinen Zug weiter. „Nun biete ich meinen Drachen als Tribut an, um meinen „Rotäugiger finsterer Drache“ speziell auf mein Feld zu beschwören.“ Wie schon in dem Duell zuvor verschwand der die kleinere Bestie, um den Weg für die noch mächtigere Kreatur zu bereiten. „Nun entferne ich mein Rotaugen vom Friedhof aus dem Spiel, um zusätzlich meinen „Rotäugiger finsterer Metalldrache“ aufs Spielfeld hinzuzufügen.“ Der dritte Drache erschien mit seinem metallenen Schuppenkleid. In einem Zug setzte der Drachenduellant seine besten Kämpfer ein. Doch eine Reaktion von Kazuo blieb aus. Eher schienen die Flammen, die sich um ihn herum befanden, noch höher als zuvor zu züngeln. „Nun greife ich mit meinem Metalldrachen zur Vorspeise deine Aravitia an. Meinen finsteres Rotauge folgt und nimmt sich als Nachschlag deine Invidia.“ Die Fabelwesen gehorchten und griffen an. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Falle des Rothaarigen aktiviert. Die Attacken verliefen ungehindert und zogen auch insgesamt 700 Lebenspunkte ab. Die eigentlichen Zielobjekte blieben allerdings unberührt. Konzentriert platzierte Takeo eine weitere Karte verdeckt aufs Feld und beendete diesen Zug. Weiterhin sah Leon von der Tribüne dem Turniergeschehen zu. Die Spannung stieg stetig an. Schon sehr bald sollte sich zeigen, wer als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen sollte. Immer wieder schaute sich der Student um. Unruhe beherrschte seine Gedanken. „Wo ist André bloß? … Braucht er wirklich so lange, bis er seinen Frust über die Niederlage überwunden hat?“, fragte er sich. Im Sitzen wanderte sein Blick auf die Treppenaufgänge der Tribünen. Doch kein Halbfranzose zeigte sich. Die Minuten, die wenigen Stunden bis der Gewinner feststand, zogen sich für ihn wie Kaugummi dahin. Die smaragdgrünen Augen des Gegenübers funkelten beim Betrachten der neu gezogenen Karte. Die Zuschauer sahen jedoch, dass sich etwas auf dem Spielfeld veränderte. Beide Drachen begannen zu hecheln. „Nun aktiviert sich der Effekt meiner „brennenden Welt“. Alle Monster, außer „brennende Welt“- und Pyro-Wesen, werden in jeder Standby-Phase 500 ATK Punkte abgenommen. Nun zu meiner Fallenkarte „Zweischneidiger Vertrag“. Ab sofort können meine Kreaturen nicht mehr durch Kampf zerstört werden. Jedoch zählt dies auch für deine Echsen. Jetzt spiele ich noch meine „Acedia, gemächliche Seele der brennenden Welt“ aus. Wenn sie aktiviert wird, wechselt die Karte von meinem Feld auf das Feld meines Gegners. Trotzdem gehört es noch mir. Solange der Zauber meines Spielfelds wirkt, kann mit Acedia normal angreifen. Ihre Stärke beläuft sich derzeit auf 1400 ATK.“ Ein flammender Klumpen auf einer Liege, bestehend aus Lava, tauchte auf. Sie stellte einen Torso mit Kopf da. In ihrem Gesicht zeigte sich, viel breiter als der eigentliche Kopf, ein gigantisches Grinsen. „Nun meine beiden Aravitias. Greift seinen „Rotäugiger finsterer Drache“ an.“ Ohne Verzögerung stürzten sich die Diener mit ihren Mäulern auf das dunkelgeschuppte Monster und nahmen 1400 Lebenspunkte mit sich. Die Flammen, die beim Zusammenprall entstanden, streiften Takeo und hinterließen leichte Brandstellen an dessen Kleidung. Doch scheinbar besaß der Gegner Nerven aus Stahl. Man bemerkte keine emotionale Regung. Der Südländer legte noch eine Karte verdeckt und beendete seinen Zug. Der Braunhaarige zog seine Karte und sah sich seine Ausgangssituation genau an. Ein weiteres Mal verloren seine Drachen 500 ATK und schrumpften somit auf 1400 und 1800 Punkte. „Ich aktiviere meine Karte „Schild und Schwert“. Mit ihr werden die Angriffs- und Verteidigungswerte getauscht. Somit erhalten meine Geschöpfe wieder 2000 und 2400 ATK. Als nächstes spiele ich meinen „Rotäugiger Lindwurm“. Der Effekt meiner Zauberkarte betrifft ihn nicht, somit er 1800 ATK und 1600 DEF besitzt. Jetzt entfesseln meine Drachen ihren Zorn. Ihr Opfer wird Invidia sein. Es ist für dich zu Ende!“ Alle drei Feuerspucker bündelten ihren Angriff und beschossen den brennenden Kopf mit ihrem Feuerball. Eine riesige Rauchwolke entstand. Es dauerte, bis sich der Rauch legte und eine Falle auf der gegnerischen Seite präsentierte. „Schutz von einer anderen Welt“. Die Lebenspunkte des Besitzers sanken auf 200. Doch dieses Spektakel wirkte lächerlich zu dem was darauf folgte. Der Halbjapaner schritt aus dem Rauch seinem Angreifer entgegen. Seine flammenden Haare wehten wie die das restliche Feuer nach hinten. In den glühenden Augen mischten sich die Farben Grün und Rot miteinander. Das Gesicht wurde durch Wut verzerrt. Selbst ein furchtloser Drache hätte bei so einem Anblick das Weite gesucht. Seine Stimme klang noch durchdringender. Jedes Wort fühlte sich auf der Haut wie eine riesige Flut aus Lava, die die eigene Seele verbrannte, an. „Meine Falle halbiert, für die ganze Runde, jeden erlittenen Schaden.“ Nun zeigte sich der Moment, wo auch der stolzeste Duellant an seine Grenzen ankam. Es schien, dass die Fassade des Takeo Kaibas bröckelte. Selbst für ihn geriet die Situation aus der Kontrolle. Mit Schweißperlen auf der Stirn, die ab und an seitlich herabliefen, legte er eine weitere, verdeckte Karte und beendete damit auch schon seinen Zug. Tobi verfolgte alles nur sprachlos. So hatte er den Geliebten noch nie gesehen. Es war nochmals ein absolutes Gegenteil zu seiner letzten Verwandlung. Ohne Zweifel wollte er gerade nicht mit dem KC Erben tauschen. Jedoch wusste der Goldäugige nicht, was er tun konnte. Mehr als die Zuschauerrolle blieb ihm nicht übrig. Seinen Bruder gesellte sich zu dem Älteren. „Jetzt ist es soweit.“ Ein erwartungsvolles Glitzern schimmerte durch die dunklen Haare. Überrascht wendete sich Tobi an ihn. „Was meinst du?“ Eine Antwort bekam er nicht. Kazuo war am Zug. So wütend fühlte er sich bis jetzt noch nie in seinem Leben. Es fühlte sich an, als würde der Schüler durch die Wut in jeden Moment in Flammen aufgehen. Schnell zog er seine Karte und staunte. Die neue Karte kannte der Spieler nicht. Doch wie ein kleines Wunder besänftigte das gemalte Bild auf der Spielkarte den Zornigen. Zu sehen war ein glücklicher Vater, der seinen kleinen Sohn auf dem Arm hielt. Der kleine Bub ähnelte Kazuo verblüffend. Das Lächeln des Erwachsenen erwärmte das erhärtete Herz. Diesen Gesichtsausdruck kannte der Halbspanier nur zu genau. Genau das gleiche, zauberhafte Lächeln schenkte ihm Tobi immer, wenn sie sich ansahen. Die Wut ebbte ab. An ihrer Stelle trat Ehrgeiz. Zwar umgab den Duellant noch immer die lodernde Aura. Sein Gesicht entspannte sich aber zusehend. Selbst die Stimme kehrte in ihre alte Form zurück. „Ich spiele nun meine Zauberkarte: „Band der Liebe“. Sie ersetzt meine Spielfeldzauberkarte, übernimmt aber ihre Effekte und hat noch ein Paar extra Eigenschaften.“ Das von Flammen eingenommene Spielfeld erlosch und machte den Raum für eine angenehme, von Blumen übersäte Wiese frei. Vogelgezwitscher lag in der Luft. Jedes einzelne Monster auf der Seite von Kazuo veränderte sein Aussehen. Sie wurden zu Kreaturen aus Licht. Die Wesen leuchteten jeweils anderen Farben. Aus dem Rücken entwickelten sich majestätische Engelsflügel. Nun wusste Tobi endlich, was Nico meinte. Begreifen konnte er es dennoch nicht. Es handelte sich eindeutig um die Karte, die er vor kurzem selbst produziert hatte und von seiner Mutter per Post zugesandt bekam. Auf eine Antwort wartete er aber bis heute. So gab es eigentlich nur unbeantwortete Fragen. „Wie?“, brachte der Goldäugige zögerlich über die Lippen. Endlich erwiderte Nico ihm: „Du glaubst doch nicht, dass unsere Mutter den Ruf nach Hilfe ignoriert. Dazu gab es vorhin mehr als genug Möglichkeiten, um diese Karte in sein Deck zu schmuggeln. Eigentlich habe ich es noch erklären wollen. Aber so hat es ja auch wunderbar funktioniert.“ Tobi fehlten die Worte. Er war einfach überaus glücklich und konnte es nicht mehr abwarten, diese Karte in Aktion zu erleben. „Für jedes Wesen, das einen anderen Namen besitzt, entsteht auf meiner Seite ein neues Engelsgeschöpf. Für jedes, unterschiedliche Geschöpf bekommt meine Karte „Band der Liebe“ eine andere Fähigkeit. Mit dem ersten Effekt kann ich mir deine Karten in der Zauber- und Fallenkartenzone ansehen und eine davon vernichten.“ Beide Karten deckten sich auf. „Entkräftungsschild“ und „Aufzucht eines Drachen“. „Entkräftungsschild“ zerplatzte sofort, während sich die zweite Karte wieder in ihre Ausgangslage zurück versetzte. „Nun zum zweiten Effekt. Ich kann ein Monster von dir wählen und zerstören. Ich wähle deinen „Rotäugiger finsterer Metalldrache“.“ Wie angekündigt verschwand der genannte Schuppenträger augenblicklich zum Friedhof. „Fähigkeit Nummer drei lässt mich ein Monster auf meinem oder deinen Friedhof speziell auf meine Seite beschwören. Ich wähle den gerade zerstörten „Rotäugiger finsterer Metalldrache“.“ Die Kreatur erhob sich aus dem Erdboden und verwandelte sich in den gleichen Moment in ein Wesen aus Licht, samt Engelsflügeln. „Nun kommen wir zum letzten Effekt. Ich kann mir für jede, unterschiedliche Engelskreatur 500 Lebenspunkte gutschreiben lassen. Das wären dann nochmal 2000 Lebenspunkte für mich. Ich greife nun mit allen meinen Helfern deinen „Rotäugiger finsterer Drache“ an. … Das Duell ist vorbei!“ Der Befehl war erteilt. Die Verbündeten versammelten im Zentrum der Arena ihre gemeinsame Kraft und entluden diese in einen gigantischen Lichtpfeil. Dieser schoss auf den letzten Feuerspucker des Älteren zu. Mit seinen 900 ATK besaß er keine Chance gegen diese Übermacht. Die Lebenspunkte des Drachenduellanten vielen auf null. Das Duell endete. Langsam lösten sich die Hologramme auf. Ein ohrenbetäubender Jubel, eine Explosion der Emotionen entlud sich. Die Zuschauer feierten das gelungene und spannende Duell. Ebenso war die Freude groß, da ein Neuling aus dem ersten Jahrgang ihrer Akademie das große Turnier für sich gewinnen konnte. Und dies auch noch gegen den schwersten Gegner, den die Duellanten-Szene zu bieten hatte. Nämlich Takeo Kaiba, Sohn des legendären Spielers und Geschäftsführers Seto Kaiba. Nun konnte sich das Publikum einfach nicht mehr zu halten. Alles feierte. Alle feierten den Sieg von Kazuo. Still schweigend und ohne eine Reaktion oder gar ein Kommentar zu diesem Endergebnis, verließ Takeo die Turnierhalle. Sein Ziel war nur ihm bekannt. Auf der Krankenstation herrschte Stille. Unverändert hatte der Einhorn-Duellant seine grauen Augen geschlossen. Stillschweigend kehrte der besiegte Kaiba Sprössling zum Krankenzimmer des Jüngeren zurück. Mit einem Seufzen, das eher an ein Grummeln erinnerte, stellte er sich an das Fenster. Der Wind wehte durch das Blätterdach der Bäume. Einzelne Blätter tanzten sogar in der Luft. Der Herbst erreichte seinen Höhepunkt. Nachdenklich verfolgte Takeo das bunte Treiben der Natur. Doch dies hielt ihn nicht auf, ab und an den schlafenden Menschen eines Blickes zu würdigen. Bei dem Anblick des Kleineren lächelte der Blauäugige. „Es ist schon seltsam. …“, begann es in seinen Gedanken. „Die Art und Weise, wie dieser André sich duelliert, erinnert mich an meinen Vater. … Der Kleine hat dasselbe Charisma wie Joey.“ Ein warmes und angenehmes Gefühl breitete sich in den Nachdenkenden aus. Erneut schmunzelte Takeo. „So muss sich mein Vater Seto gefühlt haben. Damals, als er das erste Mal auf Joey Wheeler getroffen ist. … Was Zuneigung, Liebe und die Zeit doch alles bewirken können.“, beendete der Student den kurzen Exkurs seiner Vergangenheit. Das groß angelegte Turnier war nun vorbei. Als der unumstrittene Sieger konnte der Name „Kazuo García“ genannt werden. Wie die restlichen Zuschauer erhob sich auch Leon und klatschte lautstark. Der Applaus riss einige Minuten nicht ab. Mit seinen bläulichen Augen verfolgte Leon, wie Kazuo auf dem Duellfeld den Pokal entgegennahm. Der Pokal war eine klassische Siegertrophäe, dessen Deckel eine Art Kühlerfigur in Form einer goldenen Duell-Monsterkarte verzierte. Seitlich bildeten Federkiele mit den Henkeln und dem Schulsymbol auf der Frontseite ein einzigartiges Design. Sichtlich gerührt von dieser Ehre und dem Glücksgefühl des Sieges glänzten die Augen des Preisträgers. Doch hatte dieser Sieg auch einen unangenehmen Beigeschmack. Professor Alvarez ergriff nach dem Abklingen des Applauses das Mikrofon. „Meine Damen und Herren, wie sie klar feststellen können, ist Señor [Herr] García unser diesjähriger Turniersieger. Neben diesen schicken Pokal erhält der Gewinner einen besonderen Preis. Dieser wird uns nun der Leiter der Leips Company, Herr Leips, mitteilen. Ich bitte Sie ans Mikrofon.“ Der Aufgerufene erhob sich von seinem Platz. Der ältere Herr trat an den Platz des Moderators und nahm das Mikrofon in die Hand. „Sehr geehrte Anwesende. Kollegen, Lehrer, Schüler und Duellanten. Mit Freude darf ich nun den geheimen Preis ankündigen. Wir, das Turnierkomitee, hatten lange darüber beraten. Wir sind zu dieser Übereinkunft gekommen: Dem Sieger steht ein einziger Wunsch frei. Ein Wunsch, der sich sofort erfüllt. Die Kosten werden vom Komitee getragen.“ Der Sprecher drehte sich zu Kazuo um. Man erkannte es nur vom nahen. Die Augen des Älteren sprachen eindeutige Worte. „Kazuo García, was ist dein Wunsch, der dir als Sieger in diesem packenden Turnier nun zusteht. Treffe deine Wahl weise. Du hast nur einen einzigen Wunsch frei.“ Als Kazuo dies hörte, wusste er genau, was er wollte. Tobi sollte für immer an seiner Seite bleiben. Doch wie stellte der Sieger diese Situation am intelligentesten an? Er grübelte und überlegte für einen geraumen Zeitraum. Viele Ideen bekam er. Keine davon schien aber dafür gut genug zu sein. Ein Geistesblitz traf ihn. Der Südländer erinnerte sich noch an den Brief, denn Johannes Leips mit der Tennisball-Bazooka an Tobi geschickt hatte. Genau eine Zeile aus diesem Schreiben kam ihm in den Sinn. „... Als Erbe unseres Familienbetriebes musst du alles Wichtige, was es braucht eine Firma zu leiten, beherrschen ...“ Schnell nahm der Schüler das Mikrofon in die Hand. „Ich wünsche mir, ab sofort der zukünftige Erbe des Leisp Unternehmens zu werden.“ Schlagartig wurde es in der Halle still. Man hat viele Wünsche erwartet. Aber diese Antwort des Duellanten schockierte die Zuhörer. Man merkte, die Anwesenden versuchten Worte für diese Situation zu finden. Zwei der vier Sponsoren sprangen sogar auf, um ihrem Widerspruch Ausdruck zu verleihen. Denn dieser Wunsch war, um es in einem Wort zusammen zu fassen: LÄCHERLICH! Jedoch sorgte Herr Leips für eine weitere Überraschung. Ein warmes, freundliches Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und ein anerkennendes Nicken folgte. „Dann heiße ich dich in meiner Familie herzlich willkommen. Ich bin mir sicher, dass du die Leisp Company zum größten Global-Player [größten Unternehmen] machen wirst.“ Wer jetzt nicht schon in Ohnmacht gefallen war, schien es spätestens bei diesen Worten nun getan zu haben. Niemand rechnete mit so einem Turnierende. Es herrschte Fassungslosigkeit, Ungläubigkeit und Skepsis, aber auch Neid unter den Anwesenden. Nach und nach leerte sich die Halle. Alle Freunde versammelten sich um den Gewinner. Selbst Nico Leisp fand sich darunter. Fleißig wurden Glückwünsche ausgetauscht. Sie schienen kein Ende zu finden. Irgendwann jedoch schaffte es die Gruppe, sich von alle dem loszureißen. Ihnen fiel auch plötzlich das Fehlen einer bestimmten Person auf. Wo war bloß André? Die Gruppe wollte gerade loslaufen, als Leon kurz stehen blieb. Er bemerkte, wie Sir [Herr] Seto Kaiba Senior die Tribüne verließ. Eine junge Frau in einem Bürodress gesellte sich zu ihm. „Sagen Sie Mrs. [Frau] Ryo, wo ist mein Sohn?“, fragte er die Dame. In seiner Stimme herrschte die altbekannte Eiseskälte. Doch selbstbewusst antwortete die Angestellte. „Master Kaiba befindet sich momentan im Krankenzimmer der Duellakademie.“ Die blauen Augen ihres Vorgesetzten beäugten sie misstrauisch. „Was hat der im Krankenzimmer zu tun?“, harkte er im barschen Ton nach. Das Fräulein räusperte sich kurz. „Master Kaiba hat einen angeschlagenen Schüler ins Krankenzimmer gebracht. Dies haben mir die Wachleute mitgeteilt. Es handelt sich um den Jungen, gegen den ihr Sohn in der zweiten Duellrunde gewonnen hatte.“ Seto Kaiba erhob eine braune Augenbraue. Dann begann der ältere Herr zu grinsen. „Dieser gutherzige Narr. Mrs. [Frau] Ryo, sorgen Sie dafür, dass Takeo pünktlich zum Abflug an den Helikopter Landeplatz erscheint.“ Mit diesen Worten wendete sich der Geschäftsmagnat von der Frau ab und verließ in Begleitung von Sicherheitskräften die Halle. Die Dame verbeugte sich mit den Worten: „Sehr wohl, Mr. [Herr] Kaiba“. In diesem Moment wurde es Leon schlecht. Er hatte alles mitgehört. Jedes einzige Wort verstanden. „OH nein! Was ist schon wieder mit André?“ Im Eiltempo bewegte er sich in Richtung Krankenstation. Auf seinen Weg umschwirrte ihn ebenso die Frage: „Was hat dieser Kaiba Schnösel bei ihm zu suchen?“ Die ganze Gruppe hatte die Konversation und das anschließende davon Rennen des Älteren mitbekommen. Schnell folgten sie ihm. Jeder besaß andere Sorgen. Kazuo konnte es einfach nicht fassen, dass nach allem Trubel, wieder ein neues Problem auftauchte. Verdienten sie denn nicht eine Sekunde Ruhe? Langsam erwachte André aus seinem komaähnlichen Zustand. Er öffnete die Augen zu einem winzigen Spalt. In seinem getrübten Blick erkannte er wieder die blauen Augen. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Mit schwacher Stimme begann der Schüler seinen Besucher anzusprechen. „Schön, dass du da bist. … Bitte, halte meine Hand.“ Der rechte Arm erhob sich. Die Gestik wurde von seinem Gegenüber verstanden. Dieser ergriff die feingliedrige Hand und umschloss sie mit seiner eigenen. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in André aus. Es war einfach unvorstellbar schön. Sein Sitznachbar rückte etwas näher, um zwei, drei Haarfasern, die im Gesicht des Jungen lagen, zu beseitigen. Diese Nähe verstärke das Glücksgefühl des Grauäugigen umso mehr. Mit der Kraft, die er besaß, erhob sich der Liegende. Dabei lächelte er. „Du bist so lieb. … Du bist mein Ein und Alles. … Ich liebe dich.“, redete der Volleyballer kurz, bis seine andere Hand den Kopf des Anderen zu sich zog. Beide schlossen die Augen. Ihre zarten, leicht feuchten Lippen vereinigten sich. Jeder konnte den Atem des jeweils anderen Mannes auf der Haut spüren. Die Zeit, die wie ein Zahnrad funktionierte, stockte langsam in ihrer Bewegung. Für einen kurzen Moment blieb sie stehen. Plötzlich flog die Tür des Krankenzimmers auf. Jemand großes stand in der Tür. Er schnaufte außer Atem. Dann ertönte die Worte: „ANDRÉ! WAS MACHST DU DA!?!“ Wie vom Blitz getroffen riss der Angesprochene die Augen auf. Die Stimme gehörte nämlich nur einer einzigen Person. Und diese Person war nicht die gleiche, die der Jüngere gerade liebevoll küsste. Der Geschockte stieß den Liebkosten von sich und starrte dann auf seinen Partner. Schweiß lief, Angst und Panik stiegen in ihm auf. Völlig von der Rolle brachte der Ertappte kein Wort aus seinem Munde. Gelassen erhob sich Takeo vom dem Stuhl, auf dem er vor wenigen Sekunden noch saß. In wenigen Schritten erreichte der Firmenerbe den Ausgang. Bevor er die Szenerie verließ, stoppte Takeo an der Seite von Leon. Ihre Blicke trafen sich nicht. „Der Kleine kann gut küssen. Ich werde dich mal mit ihm allein lassen.“, gab der Saphirblauäugige kurz von sich. Dann verschwand er aus der näheren Umgebung. Der angesprochene Student ballte die rechte Faust. In einer fließenden Bewegung knallte die Tür hinter ihm zu, während sein Weg zu dem Erwischten führte. Wer jetzt in das eisblaue Augenpaar sehen konnte, dem wurde bewusst, was nun André blühte. Kurz bevor die Tür zugeknallte, schafften es Kazuo und Tobi rechtzeitig in das Zimmer zu schlüpfen. Beide verstanden nicht, was gerade passierte. Wie fest gefroren betrachteten sie den sitzenden Einhorn-Duellant. Jeder wusste, dass sie jetzt etwas unternehmen mussten. Doch wollte ihr Körper einfach nicht auf ihre Ambition hören. Noch immer saß André senkrecht in dem Krankenbett. Wie eine zu Stein erstarrte Skulptur. Leon kam immer näher. Seine sonst so sanften Augen glühten förmlich vor Wut. Wenige Zentimeter vor seinem Geliebten blieb er stehen. Fixierte ihn mit seinem ernsten und unverkennbaren Blick. Die Fäuste geballt. Einige Minuten schwiegen sie nur. Als der Kleinere von beiden schluckte, begann der Student zu reden. „Wie es scheint, bist du wohlauf. Hat dir die kleine Sonderbehandlung gefallen?“. Der Sarkasmus in seinen Worten war nicht zu überhören. Dem Halbfranzosen wurde bei dieser Frage schlecht. Mit zitternder Stimme erwiderte er: „Was für eine Sonderbehandlung? … Falls du von dem Kuss mit diesem Typ spricht, es ist nicht so wie es aussieht.“ Kaum hatte André zu Ende gesprochen, begann Leon zu grinsen. „So. So. Es ist also alles anders.“ Er wendete sich von dem Gesprächspartner ab und schaute sich im Raum um. Sein Blick fiel auf eine blaumarmorierte Vase, die auf einer Art Nachtischchen stand. Völlig besorgt, durch das recht ruhige Verhalten seines Gefährten beunruhigt, stotterte der Grauäugige weiter. „Leon. … Ich weiß gerade nicht wie es dazu kommen konnte. … Bevor ich hierher gelandet bin, ist etwas passiert. Aber meine Erinnerung ist wie weggeblasen. Ich kann mich nur an eins erinnern: Ein Mann mit blauen Augen hat mich hier her getragen. Ich dachte du sei’s. … Bitte sage doch etwas. Ich liebe dich doch!“ Plötzlich gab es einen lauten Knall. In einem Bruchteil einer Sekunde hatte der Zuhörer die Vase vom Stellplatz geschmissen. Sie zersprang in unendlich viele Einzelteile. Erschrocken stockte dem Sprecher der Atem. Leon drehte sich kurz zu ihm. „Du sprichst von Liebe. … Gerade du! … Derjenige, der einem wildfremden Mann sagt: Ich liebe dich! … Und das alles vor meinen eigenen Augen.“ Die Tür öffnete sich. Die Stationsschwester trat ein. „Was ist das für ein Lärm? Was ist passiert.“ Ein schneller Blick reichte aber aus, um ihre Frage selbst zu beantworten. Der 25 Jährige löste sich von dem kreidebleichen Gesicht, welches der Harpyien-Duellant besaß. „Keine Ahnung Schwester. Der Wind muss wohl die Vase umgeweht haben.“, antwortete Leon. „Entschuldigen Sie.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Ohne Vorankündigung zeigte sich eine rote Line an seinem Unterarm. Der Verletzte verschwand. Zurück blieben eine ratlose Krankenschwester und ein am Boden zerstörter André. „Ich hole Kehrschaufel und Besen. Ich bin gleich wieder da.“, sprach die Pflegerin kurz den Patienten an, bevor sie auch aus dem Raum entschwand. Als die Tür sich schloss, gab es für den Schwarzhaarigen kein Halten mehr. Sein Kopf fiel in die Hände. Die Hände stützten sich auf die angezogenen Beine ab. Träne für Träne floss aus seinen Augen. Er weinte. Jammerte. Und schrie schließlich: „KOMM ZURÜCK!“ Beide Freunde standen immer noch fassungslos im gleichen Raum. Kazuo hielt die Trophäe in der Hand. Niemand wusste genau, was er unternehmen sollte. Der Rothaarige ging schließlich zum weinenden André. Fix legte er den Pokal ab und umarmte seinen Freund und Zimmerkameraden. „Das wird sich schon wieder klären. Keine Angst.“ Zur selben Zeit stürmte Tobi aus dem Zimmer und versuchte den wütenden Studenten einzuholen. Er wusste genau, was alles wegen einem blöden Missverständnis passieren konnte. Jetzt musste er schnell handeln, bevor es zu spät schien. Wut. Überall in seinem Körper wütete der Zorn. Er ließ ihn nicht mehr los. „Wie kann er es wagen mir ins Gesicht zu lügen. Wieso hat er mich vor meinen Augen so verletzt?!“, dachte sich Leon dabei. Endlich erreichte er sein Ziel. Der Mann schloss die Tür auf und betrat sein Apartment. Etwas knarrte. „Hey Leon, bist du da?“, fragte eine Stimme. Schließlich erschien der Besitzer der Stimme. Es war Sascha. Lässig lehnte er sich an die Wohnzimmerwand an, während sein Zimmergenosse sich seiner Schuhe und dem Oberteil entledigte. „Wie war dein Tag? … Was haltest du von diesem Turnierabschluss?“ Auf die Fragen reagierte der Angesprochene überhaupt nicht. Mit einem Murren schnappte er sich sein Boxerband für die Hände und umwickelte sie mit ihnen. Dann forderte er den, im Raum hängenden Sandsack heraus. Rechts, links, von unten nach oben. Der verärgerte Mensch verarbeitete das arme Trainingsgerät regelrecht zu Hackfleisch. Sascha, der sich das Ganze eine Zeit lang nur ansah, bemerkte in einer kurzen Atempause die Wunde an Leons Arm. Sofort holte er einen Verbandskasten. „Jetzt hol mal Luft und lass mich deinen Arm verbinden!“, redete der Freund auf den Älteren mit ruhiger Stimme ein. Der Verletzte schnaufte und reichte anschließend den Arm. Vorsicht zog Sascha einen kleinen Splitter aus dem Unterarm. Danach desinfizierte und verband er den blutenden Einschnitt. Beide schwiegen. Als die Wundversorgung erfolgreich abgeschlossen war, bot Sascha Leon ein warmes Bad an. Der Blondschopf willigte ein und in wenigen Momenten fand er sich in der dampfenden Flüssigkeit wieder. Er schloss die Augen. „Wieso? … Wieso tut mir André sowas an?“, fragte sich Leon immer wieder. Doch eine Antwort war auf weiteres nicht in Sicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)