Labyrinth der Ängste von Ange_de_la_Mort (Sherlock Holmes/Tom Hiddleston, Loki/Tom Hiddleston?) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Dieses Mal seufzte Sherlock und schüttelte sacht den Kopf. „Dann gehen Sie zur Polizei, statt mich mit solchen Trivialitäten zu belästigen.“ Er legte auf, ohne dem Mann Zeit zu lassen, sich eine Antwort auszudenken, mit der er sich und seinen Fall verteidigen konnte. Danach richtete er seine komplette Aufmerksamkeit wieder auf sein Experiment. „Sherlock … " „Was? Ich hab ihm gesagt, er soll nicht langweilig sein!" Und damit setzte er seine Arbeit in aller Stille fort, während John nur die Augen verdrehte und die Finger um das Handy schloss – genau in dem Moment, in dem es wieder klingelte. Da er die Nummer erkannte – wie auch nicht, er hatte sie erst vor zwei Minuten das letzte Mal gesehen – musste John schmunzeln, und er hob die Augenbrauen. Du gibst nicht so einfach auf, wie?, dachte er und drückte noch einmal auf den Lautsprecherknopf. „In zwei Tagen habe ich genau zweihundert Briefe erhalten, die in sehr elaborierter und bildreicher Sprache beschreiben, was mit mir passieren wird und wie ich sterben werde. Beigefügt sind einige ziemlich private Dinge, die niemand – außer mir – wissen kann. Zweihundert Briefe ohne irgendeine Information über den Absender. Keine Briefmarken. Keine Adresse. Nicht einmal meine. Er muss sie persönlich abgegeben haben.“ Er atmete tief durch und sprach weiter: „Und jetzt, Mister Consulting Detective, kommt das Allerbeste: Es gibt keine Anzeichen dafür, dass irgendjemand an meinem Haus vorbei gelaufen ist. Die Briefe tauchen einfach auf. Und die Polizei kann mir nicht helfen. Also, ist das spannend genug für Sie, oder muss ich an mein Testament ein Post-It kleben, das sagt, dass der berühmte Sherlock Holmes einfach nur zu faul war, um sich um so einen einfachen Fall zu kümmern?“ Der Mann klang ruhig und gefasst, beinahe kalt in seinem beißenden Zynismus (oder war das eher Galgenhumor?), und John konnte sehen, wie Sherlocks linker Mundwinkel langsam nach oben wanderte, was nur eine Sache bedeuten konnte … Also griff John nach dem Handy und sagte: „Mr. Hiddleston? Geben Sie uns bitte Ihre Adresse durch. Wir sind in einer Minute bei Ihnen.“ - Westminster war nicht sonderlich weit entfernt. Zehn, höchstens fünfzehn Minuten, wenn sie ein Taxi nahmen. Was sie auch taten. Hauptsächlich, damit Sherlock seinen überaus beschäftigten Geist von unnötigen Ablenkungen fernhalten konnte, um sich komplett auf den Fall zu konzentrieren (sollte er ihn annehmen. Er war sich noch nicht hundertprozentig sicher, aber er entschied sich dafür, seine Zweifel beiseite zu schieben und einen näheren Blick zu riskieren). Und – natürlich – um ihm Zeit zu geben, Tom Hiddleston zu googlen. „Ein Schauspieler“, sagte er und legte die Stirn in Falten. „Ist das schlecht?“ „Ich habe bereits einige Schauspieler getroffen“, meinte Sherlock nachdenklich, tippte mit einer Fingerspitze gegen sein Smartphone. „Ein Haufen von Lügnern und kaputten Menschen. Alle von ihnen. Sie kommen aus unwirtlichen Verhältnissen, hatten Eltern, die sie nicht genug geliebt haben, und kommen nicht mit dem klar, was sie sind, also versuchen sie jemand Anderer zu sein. Lügen liegt ihnen im Blut, in den Genen, und du kannst nie sicher sein, wann sie dir das Blaue vom Himmel herab lügen oder dir etwas erzählen, das sie in ihrer verdrehten Wahrnehmung auch noch für die Wahrheit halten. Ich kann nicht behaupten, dass ich sie sonderlich mag.“ „... na ja, wir können nicht alle deine charmante und ehrliche Persönlichkeit haben.“ „Sehr witzig, John.“ Sie mussten beide lächeln und schwiegen dann den Rest der Fahrt über. - Die Ehre, das Taxi zu bezahlen, wurde John überlassen (wie immer. Wenn er es nicht besser wüsste, würde John denken, dass Sherlock absolut keine Ahnung davon hatte, dass man in dieser Welt für die kleinen Dinge im Leben – wie Taxis und Essen und eine Internet-Flatrate – bezahlen musste), also tat er genau das mit einem Seufzen und beeilte sich, Sherlock zu folgen, da der sich bereits auf den Weg zu dem Haus gemacht hatte, das die Adresse trug, die Hiddleston ihnen gegeben hatte. John schloss zu ihm auf, als er an der Tür klingelte. „Hübsches Haus“, sagte John und sah sich um. Das war es wirklich. Es ähnelte einem der Häuser die man immer in der Werbung sehen konnte. Du willst ein Haus wie dieses, deutete die Werbung immer an, also lass uns dir einfach eine große Summe Geld leihen, die du niemals zurückzahlen können wirst, und wenn wir dann die Schulden eintreiben wollen, wanderst du nicht nur in den Knast, sondern wir bekommen auch noch dein tolles Haus, um es an den nächsten Idioten weiterzuverkaufen. Oder möchtest du lieber Lotto spielen? Für einen übertriebenen Preis erhältst du die Chance, ein Zehntel von einem so tollen Haus wie diesem hier zu gewinnen. Denk doch an deine Kinder. Es hat sogar einen Garten, in dem die kleinen Burschen spielen können. Hiddlestons Haus hatte auch einen Garten, darauf würde John wetten. „Vielleicht ein wenig … groß für eine Person.“ „Er hat es geerbt.“ Sherlock verschränkte die Arme hinter dem Rücken, wartete ungeduldig darauf, dass sich die Tür endlich öffnete. „... oh. Woher weißt du … ach, vergiss es.“ Es war sinnlos zu fragen, das wusste er selbst. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, wurde die Tür geöffnet. Langsam. John konnte die Hälfte eines Gesichts erkennen, blutunterlaufene blaugraue Augen mit dunklen Ringen darunter. „Äh. Mister Hiddleston? Wir sind die Privatdetektive. Sie haben uns angerufen“, fügte er hinzu, weil er nicht vollkommen sicher war, ob der Mann sich in der mentalen Verfassung befand, sich von selbst daran zu erinnern. Sherlock warf ihm einen seltsamen Blick zu; einen, den er a) als 'Nein, wirklich, John?' identifizierte und b) gekonnt ignorierte. „Dürfen wir reinkommen?“, fragte er stattdessen. „Oh. Ja, natürlich.“ Zitternde Finger arbeiteten an der Kette, die die Tür halb geschlossen hielt, und sobald sie aufschwang, stammelte Hiddleston eine Entschuldigung. „Ich bin dieser Tage nicht ganz ich selbst.“ „Offensichtlich“, sagte Sherlock, als er in den Hausflur stürmte. „Jetzt sagen Sie uns, was passiert ist. Lassen Sie die unnötigen Dinge aus und - “ Er zeigte mit dem Finger auf ihn. „- beeilen Sie sich.“ „Lassen Sie sich Zeit“, sagte John gleichzeitig, als er den flüchtigen Schimmer von Verunsicherung auf Hiddlestons Zügen bemerkte. „Bitte.“ Das Haus war von innen noch viel hübscher, wie John merkte, als sie das Wohnzimmer betraten. Große Fenster umrahmten den Blick auf einen kleinen Garten – Ha!, dachte er. Wusst ich's doch! – ließen dabei genug Sonnenlicht herein, um den Raum hell zu erleuchten. Es gab kaum Möbel, aber die wenigen Möbelstücke waren sorgsam ausgewählt und platziert. Ein Sessel und ein Sofa, beides in einer freundlichen beigen Farbe, eine Landschaftsmalerei hing an einer der Wände. Es stand sogar eine Blumenvase auf dem schmalen Tisch neben der Tür. Und, natürlich, war da noch der auffallende, aber aus dramaturgischen Gründen zuletzt erwähnte Couchtisch in der Mitte des Raumes. Er war ein echter Blickfang. Nicht wegen seiner Schönheit, sondern wegen des enormen Stapels an Briefen darauf. „Sind das … ?“ Hiddleston nickte ernst. „In all ihrer Pracht.“ Zu behaupten, Sherlock würde sich auf die Briefe stürzen wie ein Raubtier auf seine Beute, wäre übertrieben, wenn auch nur ein wenig. Er schnappte sich einen der Umschläge, betrachtete ihn von allen Seiten. „Dieser hier ist ungeöffnet.“ „Das sind die meisten“, gab Hiddleston zu und setzte sich auf das Sofa, schlug ein Bein über das andere. „Nach zehn, zwanzig, fünfzig von denen hab ich es nicht ausgehalten, mir auch nur einen weiteren anzusehen.“ Ganz im Gegensatz zu Sherlock, offensichtlich. Er öffnete einen Brief, und dann noch einen, las die wenigen Zeilen immer und immer wieder. John konnte sehen, wie er die Stirn in Falten legte, und griff selbst nach einem dieser vermaledeiten Dinger, um seine bizarre und morbide Neugierde zu befriedigen, die seinen Geist mit ihren kraftvollen Klauen gepackt hatte. Er entfaltete das marmorierte Papier und betrachtete die verschnörkelte Handschrift. Ich werde meine Finger um deine Kehle legen und jedes bisschen Leben aus dir heraus pressen. John schauderte, legte das Papier beiseite. Einen Moment lang zögerte er, griff dann doch nach einem anderen Briefumschlag. Und nach noch einem. Und noch einem. Bald wirst du mir gehören. Ich stelle mir schon vor, wie du für immer die Augen schließt. Vielleicht bin ich genau hinter dir. Kannst du fühlen, wie mein Atem deinen Nacken streift? John schauderte einmal mehr und schluckte hörbar, lugte über seine Schulter, wobei er halb erwartete, dass jemand zu ihm herunter blickte, ihm ein breites, unheimliches Grinsen schenkte, bei dem er alle Zähne zeigte. Da war nichts hinter ihm. Natürlich nicht. Er schüttelte den Kopf über sich selbst und teilte einen mitfühlenden Blick mit Hiddleston. Ganz ehrlich, bei solchen Dingen war es absolut einfach, absolut paranoid zu werden. „Lächerlich.“ Es sei denn, man war Sherlock Holmes mit seinem nicht vorhanden Taktgefühl und Selbsterhaltungstrieb. Hiddleston schien davon ebenfalls verstört zu sein, denn er hob die Brauen und neigte den Kopf zur Seite. „Wie bitte?“ „Diese Drohungen sind lächerlich und nun wirklich nicht ernst zu nehmen. Sagen Sie mir bitte nicht, dass das der Grund ist, aus dem Sie den Rest Ihres Hauses meiden, inklusive Ihrem Schlafzimmer.“ Hiddlestons Augen weiteten sich und er lehnte sich nach vorn, betrachtete Sherlock mit einem Ausdruck von Verwirrung, die sich in seinen Augen spiegelte. „Woher wissen Sie das?“ Ein Hauch von Amüsement huschte über Sherlocks Züge und sein linker Mundwinkel zuckte, so wie er es immer tat, wenn ihn jemand darum bat – wissentlich oder nicht –, doch bitte anzugeben. „Ist das nicht offensichtlich?“, fragte er und John verdrehte die Augen, denn 'Jetzt geht’s los'. Ganz egal, wie sehr er Sherlock mochte, und ganz egal, wie beeindruckend seine Intelligenz und sein Wissen doch waren, musste er das jedes Mal machen? Wenn man bedachte, dass es sich um Sherlock Holmes handelte, dachte John, dann ja, er musste angeben. Sonst würde er eines Tages platzen. „Unter dem Sofa liegt eine Decke, was bedeutet, dass Sie nicht wollten, dass wir sie sehen, was wiederum bedeutet, dass die Decke nicht in diesen Raum gehört. Ich kann immer noch schwache Abdrücke einer rauen Textur auf Ihrem Gesicht erkennen -“ Hiddleston blinzelte und rief sich über die Wange. „- die zufälligerweise mit der Textur des Sofas übereinstimmen. Außerdem tragen Sie Ihre Kleidung den dritten Tag hintereinander – erkennbar an dem verblassten Teefleck auf Ihrem rechten Ärmel –, und da ein Kleiderschrank sich normalerweise im Schlafzimmer befinden, nehme ich an, dass Sie seit Samstag nicht einen Fuß dort hinein gesetzt haben. Ich würde jetzt fragen, ob ich richtig liege, aber wir beide wissen, dass ich das tue. Die wichtigere Frage ist“, sagte er und drückte seine Fingerspitzen aneinander, stützte das Kinn darauf, „vor was fürchten Sie sich so sehr, dass Sie den ersten Stock und Ihr Schlafzimmer meiden?“ Erstaunen spiegelte sich einige Momente auf Hiddlestons Gesicht, dann senkte er den Blick und atmete durch, leckte über seine spröden Lippen, suchte offensichtlich nach einem passenden Anfang für seine Geschichte. Sherlock starrte ihn ungeduldig an, während John versuchte, die unbehagliche Stille zu vertreiben, indem er die Briefe in die dazugehörigen Umschläge steckte. Schließlich nickte Hiddleston und sah auf. „Es war so … “ Wieder und wieder ertappte er sich dabei, wie er auf die geschriebenen Worte starrte, wie er sie mit den Lippen formte, sie auf seiner Zunge schmeckte. Sie schmeckten wie Tod und Verderben und er erschauderte, biss sich auf die Unterlippe. War er bereit, unterzugehen? Natürlich nicht. Wie sollte er? Wer hatte das geschrieben? Und warum? Hatte er jemanden ernsthaft verärgert, etwas Schlimmes getan, jemanden auf eine Art und Weise verletzt, von der er nichts bemerkt hatte? Irgendwo in dem Teil seines Gehirn, der nicht starr vor Angst war, hörte er, wie der Teekessel um Aufmerksamkeit rief. Mit langsamen, unsicheren Schritten ging er zurück ins Haus und verzog das Gesicht. Irgendwie hatte er gar keine Lust mehr auf Tee. Er blieb lange Zeit am Küchentisch sitzen, die Teetasse noch in der Hand, auch wenn ihr Inhalt längst kalt geworden war. Noch immer starrte er den Brief an als wäre er ein bizarres und widerliches Insekt. Ein Scherz, sagte er sich selbst. Nicht mehr. Ein taktloser Witz. Das musste es sein. Und Tom hatte sich nur so erschreckt, weil ihm sein Albtraum noch im Gedächtnis geblieben war. Das klang gut, klang plausibel, klang – oh Gott, bitte lass es so sein.Er nickte sich selbst zu, richtete einen letzten vernichtenden Blick auf den Umschlag und den Brief und zerriss schließlich beides. Und als das Papier sich in zwei, in vier, in tausend Stücke teilte, spürte Tom, wie ihm die Last der Welt von den Schultern genommen wurde. Er warf die Schnipsel in seinen Mülleimer und stand auf, ließ die Tasse in der Spüle stehen. Alles, was er brauchte, sagte Tom sich, als er die Treppenstufen zu seinem Schlafzimmer hinaufstieg, als er das Fenster öffnete, um die kalte, klare Luft hereinzulassen, war noch ein wenig Schlaf. Und der Schlaf kam. Nicht in erhoffter Menge, aber wann hatte er schon jemals genügend geschlafen? Er lächelte über sich selbst und rieb sich den Nacken, öffnete die Augen und … sah, dass das Fenster geschlossen worden war. Er legte die Stirn in Falten. Hatte er es nicht offen gelassen? Sofort schreckte er hoch und eilte zum Fenster. Dort lag ein Brief auf dem Fensterbrett. Nein, dachte er, als er ihn aufhob und öffnete. Nein, nein, nein. „Du solltest das Fenster nicht offen lassen, Thomas. Ich möchte nicht, dass du eine Erkältung bekommst, deswegen habe ich es geschlossen. Sei in Zukunft ein wenig achtsamer, ja?“ „Der Typ“, sagte John, als Hiddleston den Mund schloss, „ist nicht nur fünfzig, sondern eine Million Stufen von durchgedreht.“ „Beeindruckend ausgedrückt, John“, sagte Sherlock, wobei er die Anspielung ganz offensichtlich nicht verstanden hatte, und tippte mit einem Fingernagel gegen seine Wange. „Ich sollte mir das Obergeschoss genauer ansehen.“ „Tun Sie, was immer Sie für nötig halten“, sagte Hiddleston und zuckte mit den Schultern, „aber ich komme nicht mit. Nichts und niemand kriegt mich da jemals wieder hoch.“ „Sehr gut. Dann stehen Sie mir nicht im Weg, wenn ich die feine Wissenschaft der Daktyloskopie anwende.“ Hiddleston blinzelte. „Sie machen was in meinem Schlafzimmer?“ „Fingerabdrücke nehmen. Also wirklich, bei Ihrem Hintergrund hatte ich erwartet, Sie besäßen ein größeres Allgemeinwissen.“ Sherlock stand auf und bahnte sich seinen Weg zu der Treppe, während John und Hiddleston einen Blick tauschten und John auf telepathische Art und Weise zu vermitteln versuchte, dass, ja, Sherlock immer so war, und ja, daran musste man sich gewöhnen, und oh ja, er würde den Fall im Handumdrehen gelöst haben. „Da fällt mir ein“, begann Sherlock und betrachtete die beiden. „Wenn Ihr Stalker dazu in der Lage ist, in Ihr Schlafzimmer einzudringen, während Sie schlafen, was zum Teufel bringt Sie dann auf den abstrusen Gedanken, im Wohnzimmer seien Sie sicher?“ Und damit verschwand er außer Sichtweite und ließ einen überaus beschämten und entsetzten Tom Hiddleston vollkommen alleine. „Ich werde nie wieder einschlafen können“, flüsterte er und sank starr vor Schock zurück ins Kissen; und John konnte nicht mehr tun als sanft die Hand auf seine Schulter zu legen. Hosted by Animexx e.V. 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