Twisted Dead von Zeilengestöber ================================================================================ INTERLUDE --------- Sie hatte nun endgültig das Zeitgefühl verloren. Dafür hielt der Schrecken und die einsetzende Lethargie ihren Körper im starren Klammergriff, so dass sie zwischen all den Schatten des Zimmers nur wie ein weiterer aussehen musste. Dennoch und mit jeder weiteren Minute wurde es ihr bewusst, dass sie hier würde nicht ewig bleiben können. Mit blutleeren und aufeinander gepressten Lippen wagte sie einen Blick zu den Überresten des menschlichen Körpers, der ihr Bruder gewesen war. Wie weit entfernt oder als wäre es eine makabere Szene in einem Horror-Streifen, sah sie auf die fleischigen Lappen, die zur Seite geklappt waren, damit man an das weiche Innere gelangte. Dann war da noch der Schädel, oder das was davon übrig war. Das Gesicht hatte der Zombie zu einem undefinierbaren Gebilde verschoben, worin Holly das Gesicht von Jason würde nicht einmal mehr erahnen konnte. Ihr rationaler Verstand gab sich damit zufrieden, konnte sich leichter davon distanzieren. Ihr Herz jedoch, verzweifelte an dem erstickten Schrei, der in ihrer Brust wütete. Langsam wanderte ihr Blick etwas weiter nach rechts, dorthin, wo hinter der Kommode der Zombie saß, der noch immer langsam auf irgendetwas herum kaute. War es einer der Finger? Holly verbot sich den Gedanken weiter zu verfolgen. Dafür erkannte sie, dass die Augen des Untoten bereits halb geschlossen auf einen Punkt vor seinen Füßen starrte. Vielleicht war er auch so träge, wie er ausschaute? Sollte sie es wagen? Leise schöpfte sie Atem und hob vorsichtig einen Fuß. Wie eine träge Maschinerie folgten ihre steifen Gelenke ihren Willen. Vorsichtig setzte sie ihn wieder auf und begann ihr Gewicht zu verlagern. Würde jeder Schritt so lang dauern und von dem Wummern ihres Herzschlag begleitet, sie würde tausend Tode sterben, ehe sie sich aus der Nische zwischen Schrank und Sofa bis hin zur Zimmertür vorgearbeitet hatte. Den Blick stets auf dem Zombie gerichtet, nahm sie den nächsten Schritt in Angriff, wog sich dank des Metallrohres in einem Hauch von Sicherheit und trat im Schneckentempo etwas aus dem tiefsten Schatten heraus. Hunger... Noch immer spürte er ihn in seinen Eingeweiden nagen, dabei hatte er doch eben erst dafür gesorgt, dass sich sein Magen nun zufrieden geben sollte. Aber das tat er nicht. Nichts an seinem Körper tat es. Dennoch spürte er eine schleichende Müdigkeit und hoffte, dass es gut tun würde. Einfach ein wenig das Fleisch wirken lassen. Vielleicht würden dann die schlimmsten Verletzungen nicht noch mehr aufreissen. Er hoffte drauf. Betete schon fast darum! Beinahe völlig abwesend und in purer Ruhe sitzend hörte er selber nur noch sein eigenes Kauen. Hunger... Müdigkeit... Aber war da nicht etwas? Ein Geräusch, bedacht darauf leise zu sein, aber eindeutig da. Langsam drehte er seinen Kopf und suchte den Raum ab. Licht und Schatten spielten ihm das ein oder andere mal einen Streich, aber schließlich sah er etwas, dass er als real einstufte. Da richtete er sich wieder auf, um hinter dem erneut rufenden Futter herzukommen. Egal, wie sehr sich Holly vorgenommen hatte ihren Verstand die Kontrolle behalten zu lassen, nur eine einzige Bewegung des Zombies, ein winziges Aufrichten, genügte, damit ihr Körper in Panik verfiel. Sie dachte nur an eines: Zähne, die Fleisch aus ihrem Leib rissen und das schmatzend hinunter geschlungen wurde. Dann kam bereits der Kick, als das Adrenalin ihren Körper flutete. Holly begann zu rennen. Umklammerte mit ihrer rechten Hand die Stange, während ihr Verstand raste und sie innerhalb eines Sekundenbruchteils wusste, welchen Weg sie nehmen musste, um aus der Wohnung zu kommen. Dass sie noch sieben Stockwerke eines tödlichen Treppenhauses vor sich hatte, schwebte nur als düstere Wolke über ihren Gedanken, die wie ihr Herz zu rasen begannen. Denn im Augenblick hatte sie genügen damit zu tun, nicht zu fallen und damit, mit ihren Ohren heraus zu finden, ob und wie nahe der Infizierte bereits hinter ihr war! Und dieser war nicht weit... Erst als er die schnelle Bewegung sah, bemerkte er, das er sich wirklich nicht vertan hatte. Da war etwas... jemand... Essen! So schnell er konnte hievte er sich auf die Bein, um hinter seiner zweiten Portion herzukommen, wobei er schnell bemerkte, dass seine geschundenen Körperteile ihm bei zu schnellen Bewegungen einen Strich durch die Rechnung machten und er so einige Male beinahe über seine eigenen Füße stolperte. Als er aus der Wohnung kam, musste er lauschen. Seine Ohre klappten immerhin noch gut genug und so wusste er schnell, wohin er musste. Aber das Treppenhaus war lang und er musste aufpassen, um nicht die Stufen hinab zu stürzen. Das war ihm schon ein Mal passiert und seitdem hatte er ja erst all seine Probleme. Vorher hatte sein Körper wenigstens noch einigermaßen funktioniert. Jetzt war er am zerfallen und brauchte dringend mehr Fleisch. Nur so könnte er es noch eine Weile schaffen. Er umklammerte das Geländer und machte sich an den Abstieg. Es dauerte etwas, aber er bekam eine gewisse Routine darin und wurde mit jeder Treppe ein wenig schneller. Dennoch war die Kleine, die er beim hinunter schauen gesehen hatte, flinker. Aber er würde sie finden, auch wenn sie vor ihm aus dem Treppenhaus raus war. Holly hörte nichts. Dafür schepperten ihre eigenen Schritte und ihr eigener Herzschlag zu sehr in den Ohren. Nur zu gern hätte sie sich der Vorstellung hin gegeben, dass der Zombie ihr nicht auf den Fersen war. Doch die Vergangenheit hatte sie diesbezüglich bereits oft eines Besseren belehrt. Gehetzt warf sie einen Blick zwischen die Geländer nach oben, ging sogar so weit, sich dazu zu zwingen für zwei Sekunden stehen zu bleiben. Und da! Ihre vor Angst weit aufgerissenen Augen erhaschten eine Hand, die das Geländer gegriffen hatte und sich vielleicht nur vier Stockwerke weiter oben befand. Weiter! Rief sie sich selbst in Gedanken zu und setzte sich wieder in Bewegung. Dann sah sie endlich die mit Graffiti verschnörkelte Eins. Weiter kam sie hier nicht, da das Treppenhaus mit Möbeln und allem was man habhaft werden konnte verbarrikadiert worden war. Also weiter durch die aus den Angeln gehobene Brandschutztür. Es war nicht mehr als ein langer, für sie endlos wirkender Gang, der trotz des Tageslicht, das teils durch die vernagelten Fenster schien, dunkel und unheilvoll wirkte. Dafür konnte sie es sehen, das buchstäbliche Licht am Ende des Ganges, das durch die offene Tür des Seiteneinganges brach! Sie rannte weiter und wunderte sich nicht einmal darüber, dass die Tür offen stand, wo sie sie hatte doch von innen verriegelt, als sie das Gebäude betreten hatte ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)