Einen letzten Atemzug von Lyrael_White ================================================================================ Kapitel 1: Erdrosselt --------------------- Ich lege meine Hände sanft um deinen Hals. Deine warme Haut brennt angenehm unter meinen kalten Fingern. Dein Brustkorb hebt und senkt sich immer noch gleichmässig im Schlaf. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Sonst ist es still im abgedunkelten Schlafzimmer. Nur ein schwacher Lichtschein, wahrscheinlich eine einsame Strassenlaterne unten vor dem Haus, dringt durch die schweren Vorhänge. Mein Blick gleitet über die Einrichtung. Alles scheint so weit entfernt und unwirklich, nur die Konturen deines Gesichts stechen scharf hervor. Wie lange es wohl dauert, bis du aufwachen wirst. Wirst du überhaupt noch aufwachen, bevor es zu spät ist? Langsam wiege ich den Kopf hin und her. Warte noch etwas, geniesse den Augenblick. Es ist besser als jeder Rausch, wenn diese Finsternis, welche tief in meinem Herzen begraben liegt herauf kriecht, alles verschlingend und mich fast schon zärtlich einhüllt. Vorsichtig verstärke ich den Druck meiner Hände um deinen Hals. Ein leises Keuchen entrinnt deiner Kehle, noch nicht genug um dich zu wecken. Mein Herzschlag beschleunigt sich leicht, Vorfreude glänzt in meinen Augen. Dafür muss ich nicht in einen Spiegel sehen, ich weiss es. Kurz schlucke ich, befeuchte mit der Zunge meine ausgetrockneten Lippen, ehe ich gleichmässig weiter zu drücke. Dein Atem geht schwerer. Draussen fährt ein Auto über die regennasse Strasse, das Geräusch der Reifen zerreisst die angenehme Ruhe grausam, ehe es sich schnell wieder entfernt. Du seufzt leise, wohl weil du langsam aufwachst. Wieder lächele ich und schaue dich an, präge mir deine feinen Lippen, deine gerade, wohlgeformte Nase und deine schön geschwungenen, langen Wimpern ein. Immer weiter verstärke ich den Druck auf deiner Kehle. Es ist schier unmöglich, das du es jetzt nicht bemerkst. Unter mir zucken deine Beine, versuchen das Gewicht, welches auf ihnen ruht herunter zu strampeln. Ich verlagere mein Schwerpunkt, unterbinde weitere Bewegungen. Deine Augenlider flattern und auch dein Herzschlag beschleunigt sich, immer deutlicher kann ich ihn unter meinen Fingern spüren. Er schlägt hart gegen meine Handflächen, fast so als würde er versuchen deine Hals von meinen Händen befreien wollen, will Platz schaffen in dem immer enger werdenden Gefängnis. Inzwischen ist das Lächeln auf meinen Lippen verblasst und nur eine leichte Neugier liegt in meinem Blick. Eine unschuldige, morbide Neugier, wie ein Kind, das einem Käfer an den Beinchen zieht, um zu schauen was passiert. Schlagartig öffnest du die Augen. Dein Blick ist zuerst noch unfokusiert, du weisst nicht wo du bist und was dich geweckt hat. Ein paarmal blinzelst du um deine Sicht zu klären. Langsam erkennst du mich, fragend schaust du mich an, ehe du realisierst, dass es meine Hände sind, welche dir das Atmen erschweren. Entsetzen steht dir ins Gesicht geschrieben, deine Augen weit aufgerissen öffnest du den Mund. Doch ausser einem Rasseln kommt kein Laut aus deiner Kehle. Ich drücke nun mit ganzer Kraft deine Atemzufuhr ab. Die Daumen jeweils über beziehungsweise unter deinem Kehlkopf platziert. Du greifst verzweifelt nach meinen Handgelenken, versuchst den schraubstockartigen Griff zu lösen. Dein Körper bäumt sich auf, versucht mich abzuwerfen, doch du hast nicht mehr wirklich die Kraft dazu. Das Rasseln deines Atems wird immer lauter, dröhnt schon beinahe in diesem stillen Raum. Deine Fingernägel krallen sich in meine Unterarme, der Schmerz ist angenehm, spornt mich an, füttert den Teil in mir, welcher noch weiter diese Grausamkeit auskosten will.   Ich kann nicht sagen wie lange du schon kämpfst, ich erinnere mich nur träge daran, dass ich hin und wieder den Griff gelockert hatte, vielleicht um dir Hoffnung zu geben, welche ich im nächsten Moment wieder zerschmettert habe oder um deine Kampf noch länger geniessen zu können. Möglich das beides der Grund war. Deine Gegenwehr wird immer schwächer, deine verzweifelten Hände liegen nur noch kraftlos auf meinen. Draussen beginnt es langsam zu dämmern. Vögel beginne zu zwitschern und der Verkehr unten auf der Strasse lebt wieder auf. Noch immer starrst du mich an, doch das Entsetzen und die anfänglich Wut haben schon länger der Verzweiflung Platz gemacht. Du röchelst nur noch, die Atemzüge die ich dir gewähre werden unregelmässiger ehe du dein Bewusstsein verlierst. Die Hände die mir vor kurzem noch die Arme zerkratzten erschlaffen und auch deine Beine unter mir verlieren alle Kraft. Noch immer kann ich deinen Herzschlag unter meinen Fingern spüren. Dein Atem setzt vollständig aus und doch lockere ich den Griff dieses Mal nicht. Ein Glücksgefühl durchströmt meinen Körper mit jedem Schlag um den dein Herz kämpft. Hoffnungstragend. Verzweifelt. Und schliesslich resignierend. Das Pochen unter deiner Haut ebbt ab. Wird immer langsamer bis zuletzt nur noch ein einzelner Schlag ungehört verklingt wie ein Schrei. Endlich Stille. Falsch. Von irgendwo dringt ein leises Ticken an mein Ohr. War das auch vorher da gewesen? Ich weiss es nicht, dennoch zähle ich den Takt nach. Mein Herzschlag beruhigt sich, das Glücksgefühl klingt langsam ab. Zweiundfünfzig, dreiundfünfzig, vierundfünfzig. In Gedanken zähle ich weiter, während ich mich entspanne. Immer noch kalte Finger streichen über deinen Hals, fahre die dunklen Male nach, welche mein Tun dort hinterlassen haben. Langsam stehe ich auf, wie in Trance verlasse ich das Schlafzimmer in Richtung Küche. Routiniert fülle ich Wasser und Kaffeepulver in die Maschine und stelle sie an. Es dauert nur einen Augenblick, ehe das Klackern und Zischen den Raum erfüllt. Während der Kaffee durchläuft, begebe ich mich ins Bad. Ein wenig blass, stelle ich fest als ich in den Spiegel schaue, von welchem mir ein ausdrucksloses Gesicht entgegenschaut. Schnell entledige ich mich meiner Kleider und steige unter die Dusche. Das warme Wasser vertreibt die Kälte aus meinen Glieder, wärmt mich zumindest von aussen wieder auf. Durch das Rauschen des Wassers hindurch vernehme ich ein Klingeln. Dein Wecker, den du ja nun nicht mehr ausschalten kannst. Ich drehe das Wasser ab, greife mir ein Handtuch und mache mich auf den Weg in dein Schlafzimmer um den Wecker abzustellen. Im Flur kommt mir das vielversprechende Kaffeearoma entgegen. Kurz darauf verstummt auch dein Wecker, ich habe die Batterien herausgenommen. Bevor ich in die Küche zurück kehre, kleide ich mich in meinem Zimmer an. Wie eigentlich jeden Tag. Aus dem Hängeschrank über der Spüle nehme ich mir eine Tasse, stelle die Maschine ab und giesse mir einen Kaffee ein. Verträumt betrachte ich die dunkle Flüssigkeit in der Kanne, ehe ich alles zurück an seinen Platz stelle und nehme die Tasse.   Wie ich hier her gekommen bin weiss ich nicht, doch nun lehne ich am Türrahmen. Der Kaffee ist inzwischen wohl nur noch lauwarm, denn die Finger, welche die Tasse fest umschlungen halten beginnen wieder kalt zu werden. Verträumt betrachte ich dein schlafendes Gesicht. Mein Kopf ist leer. So angenehm leer. Keine Sorgen, keine unsinnigen Gedankengänge nur tiefe Befriedigung. Ich lächele, den Kopf an das helle Holz gelehnt. Draussen ist es inzwischen hell, doch durch die Vorhänge liegt dein Zimmer in einem angenehmen Zwielicht. Noch einmal, vielleicht auch zum ersten Mal heute, nehme ich einen Schluck vom Kaffee. Der bittere Geschmack breitet sich in meinem Mund aus. Ich kräusle die Lippen und verziehe etwas angewidert das Gesicht. Vielleicht hätte ich doch etwas Zucker hinein tun sollen. Ich kehre in die Küche zurück, stelle die Tasse in die Spüle und klappe das Fenster an. Langsam verzieht sich der Geruch nach Kaffee. Mein Blick fällt auf die Uhr in der Küche, es wird Zeit mich auf den Weg zu machen. Im Flur schlüpfe ich leise in meine Schuhe, werfe mir eine warme Jacke über und verlassen wenige Augenblicke später die Wohnung.   Bist du mir böse, Raphaella?     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)