Ein ungewöhnlicher Mitbewohner von Darklover ================================================================================ Kapitel 24: 24. Kapitel ----------------------- Glücklicher Weise hielt eine Buslinie bloß einen Block vor dem Pan, sodass sie nicht weit zu Fuß gehen musste. An diesem Abend trug Emily wieder eine Jeans mit einem dunkelroten Shirt, auf dem hinten zwei Engelsflügel angedeutet waren. Es war nicht zu auffällig und nicht zu dezent für die kleine Bar, die bereits so früh am Abend recht voll war. Hierher kamen die Nachtschwärmer, um noch etwas zu essen, bevor sie auf Tour gingen. Etwa gegen elf leerte sich der Laden bis auf die Gäste, die tatsächlich wegen der gemütlichen Atmosphäre und den guten Getränken gekommen waren. Julie war noch nirgendwo zu sehen, also schnappte Emily sich den letzten kleinen Tisch, der in einer Ecke der Bar frei war und bestellte sich einen alkoholfreien Cocktail mit vielen Erdbeeren. Als die Kellnerin ihr das große Glas mit dem Papierschirmchen darin vor die Nase stellte, betrat auch Julie das Lokal. Emily winkte sie zu sich herüber und küsste sie zur Begrüßung auf die Wange. Ihre Freundin hatte sich wieder so sehr aufgetakelt, dass Emily sich in dem engen Shirt mit den Flügeln auf dem Rücken sofort wieder unauffällig vorkam. Das war ihr ganz recht so, denn wie Julie mit ihrem Ausschnitt, der mindestens bis zu ihrem Bauchnabel zu reichen schien und dem anliegenden Glitzerhalsband in pink, würde sie sich nicht in den dunkelsten Tanzschuppen trauen. „Also, was war los.“ Innerlich hatte sich Emily schon zurückgelehnt, was sie nun auch tatsächlich tat. Mit dem Cocktail in der Hand hörte sie Julie zu, die über Luke herzog, der es gewagt hatte, mit seiner Exfreundin zu telefonieren und mit ihr Essen zu gehen. Julie hatte sich sofort entschieden dem einen Riegel vorzuschieben. Wer mit ihr ging, hatte kein anderes Privatleben mehr. Lukes Entscheidung war klar ausgefallen und Julie war seit ungefähr drei Tagen wieder solo. Allerdings nicht mehr lange, so wie sie von ein paar Soccerfans an der Bar angestarrt wurde. Julie hätte nur mit den Fingern schnippen müssen und sie wäre in dieser Nacht nicht allein nach Hause gefahren. Da war sich Emily ziemlich sicher. Immerhin hatte sie das bei manchen Nach-Trennungs-Gesprächen mit ihrer besten Freundin schon erlebt. Sie quatschten die ganze Sache bis ins letzte Detail durch, bestellten sich noch zwei Runden Getränke, bis Julie so angeheitert war, dass sie Emily so laut von Lukes Können oder Nicht-Können im Bett erzählte, dass die Leute am Nebentisch rote Ohren bekamen. Emily konnte nur den Kopf schütteln, obwohl ihr bei den Berichten eher zum Lachen gewesen wäre. Der arme Luke. Wenn er wüsste, wie viel Leute nun über seine Vorlieben in Sachen Sex informiert waren, hätte er sich vermutlich nie wieder in die Öffentlichkeit gewagt. Emily hätte nicht damit gerechnet, aber irgendwann war Julies Redeschwall erschöpft – oder schien zumindest so weit zu erlahmen, dass sie fragte, was es bei Emily Neues gab. „Oh, eigentlich nicht viel.“ Sie hatte so schnell geantwortet, dass ihr erst jetzt bewusst wurde, was sie da gesagt hatte. Gerade Julie wollte sie nichts von der Sache mit Adrian erzählen. Ihre Reaktion konnte sie sich gar nicht ausmalen, aber Emily war sich sicher, dass sie nicht positiv ausfallen würde. Sie konnte sich nur noch zu gut daran erinnern, wie ihre Freundin Adrian damals angestarrt hatte… Irgendwann würde sie es ihr erzählen. Aber nicht jetzt, wo alles noch so frisch und zerbrechlich war. Sie wollte sich dieses Freudengefühl, das sie jedes Mal hatte, wenn sie an ihn dachte, nicht von Julie mies machen lassen. Also erzählte sie ihr nur, dass sie mit Richard Schluss gemacht hatte, in der Arbeit alles gut lief und kam gar nicht zu mehr, weil Julie durch irgendetwas neuerlich an Lukes Unverschämtheiten erinnert wurde. Emily hätte beinahe aufgeatmet. Es fühlte sich fast gut an, ihr großes Geheimnis vor dieser Quasselstrippe geheim zu halten. Morgen würde sie endlich Mona anrufen und es ihr erzählen. Bei ihrer großen Schwester waren ihr die Reaktion und ihre Gedanken wichtig. Bei Julie nicht, wie sie wieder einmal ein wenig schockiert feststellte. Emily schlürfte an ihrem Cocktail, der himmlisch nach Sahne und Erdbeeren schmeckte und drehte anschließend das kleine Schirmchen zwischen den Fingern, während sie Julie immer noch so viel Aufmerksamkeit schenkte, wie sie aufbringen konnte. Es war schon relativ spät und Emily konnte das Gähnen, das sich in ihr aufstaute kaum noch unterdrücken. Sie war mehr als dankbar, dass das Pan um eins, also in einer halben Stunde zumachte. Nichts, was Julie sagte, würde Emily davon abhalten, nach Hause zu fahren und ins Bett zu gehen. Sie war schon zu lange auf den Beinen, um noch irgendwo das Tanzbein zu schwingen. Das sagte sie Julie auch, die resignierend aufgab und sich ebenfalls in einen Bus setzte, um nach Hause zu fahren. Als Emily zu Hause ankam, war sie eigentlich viel zu müde, um sich noch zu duschen. Da sie aber in Adrians Bett auf ihn warten wollte, war es gar keine Frage, dass sie sich noch unter den kühlen Wasserstrahl quälte. Nachts musste man ein wenig Geduld aufbringen, bis das Wasser einigermaßen heiß aus der Leitung kam und dazu hatte Emily keine Lust. Sie duschte also nur kurz und trocknete sich leicht bibbernd ab, bevor sie in ein frisch gewaschenes und gebügeltes Nachthemd stieg und in Adrians Zimmer ging. Ohne ihn war es hier sogar noch fremder als sonst. Sie kam sich ein wenig wie ein Eindringling vor. Aber Adrian hatte ihr erlaubt, hier zu sein, daher schob sie das Gefühl zur Seite und legte sich auf seinen großen Futon. Die seidige Bettwäsche war ebenfalls kühl und ließ sie ein wenig schaudern, bis sie sich an Emilys Körperwärme aufgeheizt hatte. Emily rollte sich zusammen und schloss die Augen. Sie wünschte Adrian mit leiser Stimme schon mal eine gute Nacht, obwohl sie sicher war, dass sie aufwachen würde, wenn er sich zu ihr legte. *** Wie zu erwarten war, war Adrian heute ausnahmsweise einmal wirklich nervös, als er wieder die große Bühne betrat, um seine Nummer abzuziehen. Gerade freitags war die Bude immer gerammelt voll, da die Woche für jeden sehr lang gewesen war und unbedingt nach Abwechslung und Entspannung gelechzt wurde. Der einzige Vorteil der großen Hauptbühne war, dass Adrian sich darauf bewegen konnte, wie er wollte, ohne dass man ihn wirklich erreichen konnte. Weswegen er leidenschaftlich wie immer tanzte und die Frauenherzen höher schlagen ließ. Das ein oder andere, würde den Damen sicher auch ins Höschen rutschen, aber das war nun einmal sein Job. Sein Boss bestand wie immer darauf, Adrian in irgendwelchen Lederklamotten zu stecken, die er zum Glück auch schnell wieder ausziehen konnte, da diese Art der Kleidung sehr schnell zu heiß wurde, so schnell und wild wie er zu den Bässen tanzte. Ganz im Gegensatz zu seinen Gewohnheiten sah Adrian sich heute einmal die Zuschauer genauer an. Zwar war es schwierig viel zu erkennen, da es sehr dämmrig war und die Spots auf ihn gerichtet wurden, aber er wollte trotzdem rechtzeitig sehen, ob Patrick ihn heute Nacht tatsächlich besuchen kam. Fast schon gegen Ende seiner Tanznummer hin, wo er nur noch den Tanga am Körper trug und mit der Metallstange anbandelte, glaubte er, Patrick in der Menge ausgemacht zu haben. Allerdings verlor er ihn so schnell wieder aus den Augen, dass er versucht war, es als Einbildung abzutun. Schließlich drehte er noch eine Schlussrunde, ehe er hinter dem Vorhang verschwand und Melinda, seine vollbusige Kollegin ihn ablöste. Immerhin wollten die Männer im Club auch unterhalten werden. Weswegen sie sich immer wieder abwechselten. Außerdem gab es auch genug Frauen, die gerne ihrem eigenen Geschlecht beim Tanzen zusahen. Im Umkleideraum zog er sich rasch seine Jeans und sein Shirt über, um sich in den öffentlichen Bereich zu begeben und nach Patrick zu suchen. Er fand den Blauäugigen schließlich in der Nähe der Bar. Sofort bereitete sich ein Lächeln auf Adrians Gesicht aus. Er freute sich wirklich jedes Mal, wenn er den anderen sah. Der Kauf der Fische hatte ihm wirklich nicht nur gute Haustiere eingebracht, sondern auch einen guten Freund. Patrick hatte sich für die Nacht in Schale geworfen. In der Arbeit war heute so allerhand schief gegangen, dass ihm die Gelegenheit ins Shadow zu gehen und Adrian zu treffen sehr gelegen kam. Ein wenig Alkohol würde auch dazu beitragen, dass er den Kunden vergaß, der ihn als Tunte bezeichnet hatte. Gott, wie er diese Leute verabscheute. Da konnte man sich noch so ein dickes Fell zulegen, wenn ein derartiger Kommentar zu unerwartet kam, traf es Patrick eben doch. Deshalb hatte er beschlossen, sich heute ein wenig zu präsentieren. Ob es jemanden außer ihm selbst interessierte, war ihm egal. Aber er fühlte sich verdammt wohl in seiner engen dunklen Jeans und seinem Shirt, das in einem sexy Stil ein wenig abgerissen aussah und so, als hätte man mit weißer Farbe wild darüber getropft. Als er sich in die Schlange vor dem Club einreihte, konnte er bereits die Bässe hören und angedeutet auch die Musik. Ein wenig seltsam kam sich Patrick schon vor, bei dem Gedanken Adrian gleich beim Tanzen zu sehen. Es würde ihn bestimmt nicht kalt lassen in der Weise, dass er den Rothaarigen inzwischen wirklich als guten Freund betrachtete. Es wäre ihm auch bei jedem anderen Freund seltsam vorgekommen, ihn für eine Horde von lüsternen Frauen strippen zu sehen. Was wohl die Neuigkeiten waren? Ob Adrian gegenüber Emily endlich mit der Wahrheit rausgerückt war? Und wenn ja, wie viel der Wahrheit hatte er ihr erzählt? Wie hatte sie reagiert? Patrick sah bestimmt aufgeregt aus, als er schließlich vor dem Türsteher stand, der ihn in den Club winkte, ohne auch nur kurz gezögert zu haben. Drinnen sah Patrick seinen Freund sofort. Diesen Hintern hätte er in jedem Kostüm wieder erkannt. Egal wie schummrig das Licht auch war. Mein Gott, was musste der Kerl auch hetero sein! „Hi. Schön, dass du gekommen bist. Freut mich total.“ Adrian umarmte den anderen kurz, ehe er ihn an der Hand nahm und mit sich durch die Menge zog. „Komm, ich bin heute im VIP-Bereich zuständig, also wirst du wohl oder übel dorthin müssen, wenn du mit mir reden willst.“ Hoffentlich war es für Patrick okay, wenn er Adrian sozusagen hautnah vor sich hatte, während er arbeitete. Aber Adrian war es tausendmal lieber, sein Freund war sozusagen sein ‚Kunde‘ als irgendeine Clique von gerade volljährigen Tussis, die im Geld ihrer Väter schwammen und den Alkohol noch nicht gewöhnt waren. Die waren mit Abstand die schlimmsten und dabei musste Adrian auch immer nett bleiben, egal was sie taten. Manchmal war er schon kurz davor gewesen, die Security zu rufen. Da Adrian es gewohnt war, sich immer wieder einmal durch diese Menge zu kämpfen, kam er schnell voran, bis sie bei einer Tür mit zwei Türstehern davor ankamen, auf der in fetten roten Lettern VIP stand. Adrian legte seinen Arm freundschaftlich um Patrick und lächelte Sean und Paul freundlich an. „Falls der Boss fragen sollte, ich bin heute schon ausgebucht.“ Er griff in seine Hosentasche und zog ein fettes Bündel mit Stripdollars heraus, mit denen er vor den Anwesenden vor der Nase herum wedelte. „Ihr wisst, was ihr zu tun habt.“ Beide nickten ihm grinsend zu und öffneten schließlich die Tür. „Keine Störungen, schon verstanden.“ „Danke, Jungs. Ihr seid die Besten!“, verabschiedete sich Adrian von seinen beiden Arbeitskollegen, mit denen er auf sehr gutem Fuß stand und zog Patrick mit sich. Der VIP-Bereich unterschied sich sehr vom Rest des Clubs. Hier gab es offene Séparées, die dennoch genügend Privatsphäre boten, um nicht von den anderen Kundschaften abgelenkt zu werden. Man konnte als Gast sogar seine eigenen Musikwünsche kundtun und hier liefen auch ständig knapp bekleidete Kellnerinnen herum, um für ausreichend Sprit zu sorgen. Die Séparées waren mit einer bequemen Ledercouch in Schwarz ausgestattet, die sich um die drei geschlossenen Seiten, des gemütlichen Raums bog. In der Mitte befand sich ein großer, abgerundeter Tisch der auf Hochglanz poliert worden war, so dass sich sein Körper später darin spiegeln würde, denn das war Adrians Arbeitsplatz. Die Tische waren natürlich nur halb so hoch, wie ein Esstisch, aber er diente natürlich auch einem ganz anderen Zweck. Die Wände hinter der Couch waren mit schwarzem Samt behangen und der offene Bereich mit einem roten Transparentvorhang abgetrennt, der für die Privatsphäre sorgte, aber auch noch genügend Aussicht bot, falls es in einem der Séparées Ärger geben sollte. Adrian zog Patrick in den abgelegendsten Bereich, schob den Vorhang beiseite und ließ ihn durch. „Setz dich schon mal und bestell dir etwas zu Trinken. Ich komme gleich.“ Damit drückte er ihm die Stripdollar in die Hand, die hier ebenfalls als Bezahlung dienen konnten, da sie auch von den Angestellten verwendet wurden. Das Geld, das man nicht ausgeben wollte, konnte man am Ende der Nacht in Bares umtauschen. Für gewöhnlich bezahlten Gäste die Stripper und Stripperinnen nur mit Stripdollars. „Ach, und such dir doch schon mal Musik aus. Hinter dir ist ein Display mit einer Musikauswahl. Immerhin muss ich wenigstens den Anschein von Arbeit wahren.“ Adrian zwinkerte seinem Freund noch ein letztes Mal zu, ehe er sich kurz in die Umkleideräume zurückzog, um sich ein durchsichtiges Nylonshirt anzuziehen, das hauteng anlag und eigentlich nichts verbarg, aber wenigstens das Gefühl von Angezogensein vermittelte. Dazu noch die enge Lederhose von seinem Auftritt von vorhin und die schwarzen Militärstiefel. Adrian würde sich nicht ganz ausziehen müssen, es sei denn Patrick wollte es so. Immerhin war der Gast König. „Ist das dein…“ bevor Patrick den Satz beenden konnte, war Adrian schon aus der kleinen Plüschecke verschwunden und hatte ihn allein gelassen. „Oh Gott…“ Patricks Handflächen wurden feucht und er fühlte sich so unwohl wie schon lange nicht mehr. Er hatte schon vorhin nicht zusehen können, als Adrian noch auf der Hauptbühne des Clubs für so viele Menschen getanzt hatte. Und jetzt sollte er eine Privatvorstellung bekommen?! Ihm wurde heiß und kalt bei dem Gedanken. Auch wenn er schwul war, war er trotzdem ein Kerl, so wie Adrian auch. Er würde wahrscheinlich in albernes Lachen ausbrechen, um seine wahnsinnige Unsicherheit zu verbergen. Allmählich kam es ihm so vor, als wäre es ein Fehler gewesen, hier her zu kommen. Und hier arbeitete Adrian jedes Wochenende? Patrick lief es eiskalt den Rücken hinunter, wenn er daran dachte, er müsste auf einem dieser blank polierten Tische stehen und sich vor den Augen gleich mehrerer Menschen ausziehen. Er hoffte bloß, dass man davon ausgehen konnte, dass die Tänzer nicht völlig unbekleidet auftreten mussten. Nun war Patrick kein bisschen spießig, aber gegen reine Fleischbeschau hatte er etwas. Vor allem, wenn es sich dabei um einen Freund von ihm handelte. Er bestellte sich bei der nur ansatzweise bekleideten Kellnerin einen Mai Tai und lehnte sich zurück, um auf Adrian zu warten. Vielleicht stellte er sich das auch alles schlimmer vor, als es im Endeffekt war. Immerhin wollte Adrian mit ihm reden. Das würde er tanzend bestimmt nicht wirklich hinbekommen. Patrick hoffte wohl das erste Mal in seinem Leben darauf, vertrauen zu können, dass kein Männerhirn Multitasking sonderlich gut beherrschte. In seiner Nervosität legte er die Dollars, die Adrian ihm in die Hand gedrückt hatte auf dem Polster neben sich ab und sah die Musikauswahl auf dem kleine Display durch. Die meisten Titel sagten ihm nicht viel, also entschied er sich für irgendeinen und drückte auf play. Das Lied erklang nicht annähernd so laut wie in dem Bereich, in dem das normale Publikum zugelassen war, was Patrick ein wenig beruhigte. Auf dem Weg zurück musste sich Adrian an einer Gruppe von ebenjenen Jugendlichen vorbei drängen, denen er heute zum Glück entkommen war. Obwohl es in diesem Fall Männer waren, die sich ausgerechnet in dem Séparée gegenüber von seinem niederließen und zu grölen anfingen, als Jessica – die chinesische Verführung – bei ihnen erschien und sich ohne Umschweife auf den Tisch begab. Sie lächelte Adrian freundlich zu, ehe sie ihre Arbeitsmine aufsetzte. Der Lärm der Truppe wurde gedämpft, als er wieder bei Patrick ankam, mit einem kurzen Blick nach hinten, sah er aber noch ganz genau die Szenerie. „Du glaubst wirklich nicht, wie dankbar ich dir bin.“, flüsterte Adrian Patrick zu, nachdem er sich von dem Anblick losgerissen hatte. „Mhm.“ Mehr als ein zustimmendes Brummen brachte Patrick nicht zustande. Sein Körper wollte sich noch nicht ganz entspannen, auch wenn sein Geist rasend versuchte, ihm einzureden, dass sich Adrian bestimmt nicht vor ihm entkleiden und zu diesem Song auf dem Tisch räkeln würde. „Was sind die Neuigkeiten?“, platze er vor lauter Nervosität völlig zusammenhangslos heraus und sah Adrian ein wenig unsicher an. Nach dem der Vorhang hinter ihm zugefallen war, sah er Patrick an, der wohl im Augenblick den Wunsch verspürte, in irgendein Loch kriechen zu können. Oje. Adrian hatte daran gar nicht mehr so wirklich gedacht. Patrick war nun wirklich nicht der Typ, der ständig in solchen Clubs abhing. „Tut mir echt leid, dass ich dich hierher geschleppt habe. Aber ich wusste nicht, wann ich sonst einmal mit dir alleine in aller Ruhe reden könnte. Die Wochenenden sind bei mir immer ziemlich stressig. Außerdem ersparst du mir einen Abend grabschender Hände.“ Adrian wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während er dabei zu lächeln versuchte, ehe er auf den Tisch zu ging und sich mit den Händen daran abstützte. „Keine Sorge, ich werde mich nicht vor dir ausziehen.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Er würde es wirklich nicht tun, aber sein Job war nun einmal, den Abend auf diesem Tisch zu verbringen, oder bei besonders gut zahlenden Kunden sogar auf dessen Schoß. Letzteres würde heute sicherlich nicht geschehen. Da Adrian nicht wusste, wann sein Boss die übliche Runde drehen würde, kroch er schließlich doch auf den Tisch, blieb aber lediglich knieend vor Patrick sitzen und versuchte den anderen davon abzulenken, in dem er ihm die Neuigkeiten erzählte. „Stell dir vor, an dem Abend, als wir dich nach dem Karaoke nach Hause gebracht haben, waren Emily und ich so voll, dass wir irgendwie in der Küche am Boden gelandet sind. Genau dort hat sie mich auch auf den Mund geküsst.“ Adrian ließ seine Botschaft wirken, während er nur leicht mit seinem Körper der Musik folgte, aber alles andere als aufreizend. Viel mehr glich es einfach einem hin und her wippen seines ganzen Torsos. „Nun ja, ich schätze, es war einfach nur so eine Art: Danke-für-den-schönen-Abend-Kuss.“ Adrian senkte den Kopf und sah sich selbst in die Augen, als er die Tischplatte betrachtete. Nicht nur Patrick kam sich dabei komisch vor, aber anders ging es nun einmal nicht, außerdem waren seine vorherrschenden Gedanken ohnehin Emily gewidmet. Hoffentlich kam sie gut nach Hause. „Leider war ich so besoffen, dass ich ganz vergessen hatte, dass ich für sie ja immer noch schwul war. Ich hab sie also zurückgeküsst und das nicht gerade leicht.“ Nun konnte er deutlich spüren, wie seine Wangen zu glühen begannen, als er an den Vorfall dachte. Damals hatte er wirklich noch große Angst gehabt, er hätte nun alles versaut, dank Emily war da nun nur noch pures Glück. Was sich auch in seinem Lächeln äußerte, als er wieder hoch blickte. „Emily und ich konnten uns einigen, dieses Thema am nächsten Tag zu besprechen. Das war die erste Nacht, dass sie bei mir im Bett geschlafen hat. Natürlich habe ich davon wenig mitbekommen. Ich war einfach zu betrunken.“ Adrian seufzte, als er schließlich auf das danach folgende Gespräch zusteuerte. Sein Herz klopfte wieder heftig, als er daran dachte und um sich etwas davon abzulenken, drehte er sich so herum, dass Patrick nur noch seinen Rücken sehen konnte, ehe er sich flüssig mit dem Oberkörper bewegte, als wäre er eine Schlange. Während er den Kopf leicht nach hinten kippen ließ, sprach er weiter. „Ich hab ihr alles gesagt. Wirklich alles.“, gestand er mit leicht zitternder Stimme, die gerade noch die Musik übertönen konnte. „Ich dachte schon, das wäre das Ende, aber anstatt mich nun abzuweisen, hat sie mich in den Arm genommen. Aber nicht nur das.“ Adrian warf einen kurzen Blick zu der Meute auf der anderen Seite hinüber. Inzwischen war Jessica bis auf ihren Slip und dem Strumpfbändchen vollkommen nackt, was den Typen sehr zu gefallen schien. Bis auf einen. Ein Blondschopf mit wachsamen grauen Augen, starrte lediglich ins Leere. Er saß ganz am Rande der Menge und schien nicht gerade glücklich auszusehen. Vermutlich hatten ihn seine Freunde nur mit geschleppt, während diese Szene ganz und gar nicht nach seinem Geschmack war. Wäre nicht das erste Mal. „Ich bin mir zwar nicht hundertprozentig sicher, wie Emily das sieht. Aber von meiner Sicht aus, sind wir beide jetzt zusammen.“ Jetzt war Patrick wieder ganz Kumpel mit mehr als einem Ohr für das, was Adrian ihm da gerade erzählt hatte. Er lehnte sich sogar mit den Unterarmen auf den kleinen Tisch, um nicht über die Musik hinweg rufen zu müssen. Wahrscheinlich diente das ungewollt der Tarnung, weil es durch den halb durchsichtigen Vorhang so aussah, als würde Patrick sich Adrian nähern, um ihm ein paar der Dollars zuzustecken oder ihn zu berühren. Aber er behielt seine Hände bei sich. Eigentlich hatte er schon völlig vergessen, dass sie – oder zumindest Adrian – hier eine Show abziehen mussten. „Sie hat dich geküsst? Oh Mann, dass sie so betrunken war… Entschuldige.“ Sofort war Patrick aufgefallen, dass sich das ziemlich gemein anhörte und er legte kurz seine Hand auf Adrians Schulter, bloß um sie sofort wieder wegzuziehen. Hier kam er sich in dem abgetrennten Séparée noch ausgelieferter vor, als normalerweise in aller Öffentlichkeit. „Das meinte ich nicht so, wie’s geklungen hat. Aber ich hätte ihr nie zugetraut, dass sie dich einfach küsst. Muss seltsam gewesen sein. Oder hattest du etwa damit gerechnet?“ Wenn ja, musste Adrian wesentlich bessere Antennen haben, als Patrick. Ihm war nicht aufgefallen, dass Emily sich ihrem damals noch bloßem Mitbewohner ein paar Zeichen gab. Ok, sie hatte ihn ein paar Mal berührt, aber das hatte doch recht harmlos ausgesehen. Und dann hatte sie auch noch sofort mit Adrian in einem Bett geschlafen. Na ja, so wie sich das anhörte nur geschlafen, aber trotzdem. „Nein, da geht’s dir wohl gleich wie mir. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass sie mich küsst. Kein Wunder, dass ich wie ein hungriges Tier über ihren Mund hergefallen bin. Sie hat mich damit vollkommen überrumpelt.“, gestand Adrian schließlich. „Tut mir leid, wenn ich zu neugierig bin.“ Er stoppte kurz und warf Adrian einen schelmischen Blick zu. „Vielleicht liegt es an der Umgebung, aber was genau soll denn Aber nicht nur das eigentlich heißen? Warst du etwa unanständig, mein Freund?“ Eigentlich erwartete er nicht wirklich eine Antwort, aber es war ihm danach – wohl auch Dank des Mai Tais, der ihm langsam zu Kopf stieg – Adrian noch etwas erröten zu lassen. Immerhin hatte sein Freund ihm einen ganz schönen Schreck eingejagt mit all dem hier. Da Patrick die Unterhaltung gut von dem abzulenken schien, was Adrian hier tat, wagte er es, ein bisschen intensiver zu tanzen, wobei er dabei vermied, Patrick speziell damit anzusprechen. Es war eher so, als würde er sich für sich selbst bewegen. Als der andere allerdings fragte, ob Adrian unanständig gewesen sei, stockte er doch einen Moment komplett, was ihn aus dem Rhythmus brachte, ehe er sich wieder fing. „Da wir hier ja unter uns sind, kann ich es dir wohl verraten.“ Womit Patrick natürlich wieder erreicht hatte, das Adrians Gesicht zu glühen begann und nicht nur das. Ein leichtes Prickeln fuhr durch seinen Körper, als Adrian sich an letzten Abend erinnerte. Wobei seine Augen einen ganz verträumten Ausdruck bekamen. „Wir haben nicht miteinander geschlafen, falls du das denkst. Aber beschweren kann ich mich auch nicht. Garantiert nicht.“ Adrian drehte sich auf den Bauch, um Patrick ansehen zu können. „Ich glaube, bevor ich hier noch weiter erzähle, könntest du sicher noch einen Drink vertragen.“ Er grinste seinen Freund spitzbübisch an, ehe er sich wieder auf die Knie begab, um einen neun Tanz mit seinem Körper anzufangen. Dabei schweifte sein Blick eher zufällig wieder zu Jessicas Runde hinüber. Seine Augen trafen sich einen Moment lang mit denen des Blonden, der, kaum dass er sich ertappt fühlte, wieder zu Boden starrte. „Jetzt müssen wir aber auch jemanden für dich finden. Typen wie du, dürfen einfach nicht auf dem Markt bleiben.“ Adrian kroch etwas näher, um den anderen ins Ohr zu flüstern. „Übrigens, von Mann zu Mann. Du siehst heute wirklich zum Anbeißen aus.“ Mit einem breiten Grinsen lehnte er sich zurück und tanzte weiter, wobei er nun immer mal wieder wie zufällig seinen Blick ganz leicht in Richtung Blondie schweifen ließ. Da der andere es nicht bemerkte, hatte Adrian die Möglichkeit, dessen Gesichtsausdruck zu interpretieren. Neugier lag in dem Blick des anderen, während dieser ihn und Patrick beobachtete. Aber auch etwas Gequältes. Was definitiv der Männerrunde zuzuschreiben war, in dessen Umgebung er sich nicht wirklich wohl zu fühlen schien. Patrick war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war, noch einen Mai Tai zu trinken. Der Erste saß ihm jetzt schon in den Knochen. Aber die Kellnerinnen hier schienen so getrimmt zu sein, dass sie sogar aufs geflüsterte Stichwort reagierten. Ohne von Adrian überhaupt Notiz zu nehmen, nahm sie Patricks Bestellung mit einem Lächeln entgegen und stellte keine fünf Minuten später ein Bitterlemon vor ihm ab. Der Alkohol in seinem Blut würde für die heutige Nacht sicher ausreichen. Außerdem fühlte er sich von Adrians Kompliment sehr geschmeichelt. Da sein Freund sich auch sehr gut anzog, solange er hier nicht den Anheizer fürs Publikum spielte, war ihm seine Meinung durchaus etwas wert. Nach einem kurzen Nippen an seinem Getränk sah Patrick Adrian verständnislos in die blauen Augen. „Ach, ich weiß nicht. Ich hab im Moment das Gefühl beziehungstechnisch wird sich in nächster Zukunft nichts bei mir tun. Ich hab im Moment keine Lust darauf, mich anzustrengen und mich zum Affen zu machen, bloß damit mich mal jemand mit nach Hause nimmt.“ Das war gerade verdammt ehrlich gewesen. „Kann ich verstehen, aber sag mir trotzdem, ob dir der Blonde da drüben gefällt. Der scheint nämlich ein reges Interesse an unserer kleinen Runde zu haben.“ Patricks Augenbrauen arbeiteten sich vor Erstaunen über sich selbst nach oben und er sah einen Moment lang gar nirgendwo hin. Bis Adrian ihn auf den Blonden am Tisch gegenüber aufmerksam machte. Er sah nicht schlecht aus, war vielleicht ein wenig älter als Patrick und Adrian, aber hatte ganz offensichtlich auf jeden Fall keinen Spaß an dem Strip der asiatischen Tänzerin. „Der ist ganz süß. Könnte vermutlich auch in meinem Team spielen.“ Da war sich Patrick sogar ziemlich sicher. Oder der Andere war hetero und hatte sich gerade von seiner Freundin getrennt oder etwas Ähnliches, das ihn so von nacktem Fleisch ablenken konnte. „Aber ich weiß nicht…“ Was war bloß aus dem Patrick geworden, der diesem Rothaarigen mit dem Knackarsch im Zoogeschäft seine Nummer zugeschoben hatte. Patrick hatte es sich eine ganze Weile nicht eingestehen wollen, aber dieser Abend im El Muerte und der Dämpfer, den ihm Adrian ungewollt verpasst hatte, saß tiefer, als man vermutet hätte. „Ach komm schon, Patrick. Du siehst heute wirklich heiß aus, das musst du unbedingt ausnützen. Vor allem glaube ich nämlich auch, dass er in deinem Team spielt. Glaub mir, ich arbeite schon lange genug hier, um die Menschen relativ gut einschätzen zu können.“ Und der Typ an dem anderen Tisch schien noch nicht einmal sagen zu können, welche Haarfarbe Jessica hatte, so selten hatte er sie angesehen. Wenn er also nicht gerade zu ihnen herüber sah, fand er auch noch den Drink in seiner Hand interessanter als die Stripperin. Wenn das mal kein deutliches Zeichen war! „Gib dir einen Ruck. Die Stripdollar gehören dir. Lade ihn doch einfach zu einer Runde ein. Dann muss er sich dort drüben nicht mit diesen Jüngelchen abgeben. Zur Not bin ich auch noch da, aber bis dahin, kennen wir zwei uns einfach nicht.“ Adrian zwinkerte Patrick verschwörerisch zu, während er weiter tanzte. Natürlich wollte er seinen Freund nicht unter Druck setzen, wenn diesem wirklich nicht danach war. Aber bestimmt hätte ein kleines Zeichen genügt und Blondie hätte die Kids stehen gelassen, um hier herüber zu den richtigen Männern zu kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)