Last Ride Of The Day von Riandra ================================================================================ Kapitel 1: Unangenehme Bekanntschaft? ------------------------------------- Unangenehme Bekanntschaft? Tuomas war mit seinen Jungs und Anette schon eine kleine Weile in ihrem Bandauto unterwegs. Schon bald würden sie die Pension erreichen, die für die nächsten drei Wochen ihr zu Hause sein würde. Diesen Urlaub hatten sie sich alle redlich verdient, immerhin waren sie auf ihrer letzten Tournee sehr erfolgreich, auch wenn der Keyboarder es ein wenig schade fand, dass die Tournee vorbei war, es hatte ihm einen riesen Spaß gemacht. Tuomas blickte etwas gedankenverloren aus dem Fenster. Sie durchquerten gerade einen recht düsteren Wald, hinter dem, wie er es wusste, die Pension war. Einerseits fand er es jedoch recht gut, dass die Tournee vorbei war, denn es gab da ein Geheimnis, was er den anderen nicht verraten hatte, weil er sich selbst dafür für verrückt hielt. Außerdem wollte er vor allem Anette damit nicht belasten. Jedenfalls wusste er, dass ihm sein Geheimnis schwer zu schaffen machte, so wusste er, dass ihm ein paar Tage Erholung wohl ganz gut tun würde. Aus den Augenwinkeln her bemerkte der Keyboarder, dass sein bester Freund ihn argwöhnisch musterte, doch Tuomas wandte den Blick nun wieder zum Fenster. Er wusste, dass Marco ahnte, etwas war mit ihm nicht in Ordnung, doch er würde noch lange nicht darüber reden. Erneut hing er eine Weile seinen Gedanken nach und schloss leicht seine Augen. Jedoch blieben sie nicht lange geschlossen, denn der Keyboarder bemerkte, wie jemand ein Kissen auf ihn warf. Natürlich hatte es ihn voll erwischt, da er so abgelenkt war. Der Keyboarder öffnete seine Augen wieder und blickte sich leicht verwirrt um, bis er den Übeltäter dafür fand. Natürlich war es niemand anderes, als sein bester Freund. Marco grinste ihn wie immer an, doch Tuomas schnappte sich das Kissen und warf es zurück. „Was sollte das denn?“, fragte er, konnte aber nicht anders und musste leicht darüber grinsen. „Dasselbe könnt ich dich fragen, willst hier so einfach einpennen“, erwiderte Marco, immer noch grinsend und warf das Kissen zurück. Es kam Tuomas Meinung nach unerwartet, deshalb traf es ihn wieder voll. Aus den Augenwinkeln raus bemerkte der Keyboarder, wie Anette, Jukka und Emppu grinsten und über das Geschehene lachten. „Ich hab nicht gepennt, ist doch noch viel zu früh“, konterte er und schmiss das Kissen etwas kräftiger zurück, so dass es Marco erst nicht gelang, es aufzufangen. „Warum hattest du dann die Augen geschlossen?“ „Nur so.“ Während sie sprachen, schmissen sie sich das Kissen immer wieder zu, bis die beiden Männer sich alle Kissen schnappten, die in der Nähe waren und so entstand eine kleine Kissenschlacht. Manchmal waren sie alle halt doch noch wie kleine Kinder, doch das störte den Keyboarder nicht wirklich, im Gegenteil, es freute ihn immer, denn so konnte er auch andere aufmuntern. Er hatte bemerkt, dass nun auch die anderen laut lachen mussten, während Marco und er sich immer noch gegenseitig mit den Kissen bewarfen. „Wie heißt es doch? Kleine Kinder spielen gern“, hörte Tuomas Anette nach einer Weile lachend sagen. „Und große noch viel Lieber“, beendete er ihren Satz grinsend, und warf ihr nun ein Kissen zu, was die Sängerin natürlich problemlos auffing. „Hey!“, meinte sie, doch Anette bekam ihre Rache, denn dadurch, dass der Keyboarder einen Moment abgelenkt war, hatte Marco die Gelegenheit, sich sämtliche Kissen zu schnappen und sie nun alle auf Tuomas zu werfen. „Stopp!“, rief er nun lachend und hörte Marco triumphierend aufjubeln. „Sieg!“, meinte er grinsend und stimmte das Lachen seines besten Freundes mit ein. Marco blickte seinen besten Freund noch eine Weile lang etwas nachdenklich an, der sich nach der Kissenschlacht wieder abgewandt hat. Irgendwas beschäftigte den anderen, das wusste Marco ganz genau und er würde schon noch herausfinden, was es war. Es passte ihm nämlich überhaupt nicht, dass der andere in letzter Zeit oft so abwesend wirkte. Doch immer, wenn er Tuomas darauf ansprach, blockte der andere ab. So fragte sich der Bassist, was den anderen wohl so sehr beschäftigte, denn dieses Verhalten passte eigentlich gar nicht zu ihm, vor allem auch nicht, dass der andere so verdammt schweigsam war. Eine Weile schwiegen sie jedoch alle, bis Marco das Wort erneut an seinen besten Freund richtete. Soweit er wusste, waren die Leiter der Pension ein paar Bekannte von Tuomas. „Du kennst diese Pension also, wo wir hin fahren?“, fragte er ihn. Tuomas blickte daraufhin wieder auf und schaute zu Marco. „Ja, als ich noch kleiner war, waren wir hier sehr oft“, berichtete der Keyboarder. Kam es Marco gerade nur so vor, oder konnte es sein bester Freund gar nicht abwarten, dort anzukommen? Jedenfalls waren sie nun nicht mehr sehr lange unterwegs, bis sie schließlich vor der Pension ankamen. Sie war gut gelegen, das musste der Bassist zugeben. In der Ferne konnten sie einige Berge erkennen und es gab sogar einen See vor der Pension. Es überraschte ihn etwas, als auch sein bester Freund endlich aufblickte und leicht lächeln musste, als eine Frau auf das Auto zukam, die ihm verdammt bekannt vor kam mit ihren langen, schwarzen Haaren. Er blickte kurz zu den anderen, die auch leicht verwirrt zu sein schienen. Tuomas hatte tatsächlich aufgeblickt, als er jene Frau nach so vielen Jahren wieder sah. Das Auto kam nun zum Stehen und er war der erste, der ausstieg. Sie quiekte vor Freude auf, als er nun das Auto verließ, die anderen folgten ihm nur zögernd. „Tuomi, endlich bist du mal wieder da!“, meinte sie freudig und rannte den Keyboarder in den Armen, der sie leicht an sich drückte. „Ria, es ist wirklich viel zu lange her, gut siehst du aus!“, meinte er lächelnd. Er wusste selbst, dass man ihn lange nicht mehr so locker gesehen hatte. Doch er freute sich gerade einfach viel zu sehr, seine beste Freundin von früher endlich mal wieder zu sehen. Er hatte absichtlich nichts von ihr erwähnt oder nicht erzählt, wie sie aussieht, denn er wusste selbst zu gut, wie sehr seine beste Freundin seiner ehemaligen Sängerin ähnelte, doch sie war ganz anders, als jene Frau. „Danke, du auch. Man hört sehr viel von dir“, bemerkte sie lächelnd, woraufhin der Keyboarder nur grinsen musste. „So ist das halt, wenn man berühmt ist.“ Dies konnte er sich nicht verkneifen, doch er wusste, dass die anderen genau wussten, wie er das gemeint hatte. Seine beste Freundin piekste ihm leicht in die Seite. „Angeber!“, meinte sie frech. Doch Tuomas grinste nun und blickte wieder zu den anderen, die ihn mehr als verwirrt musterten. Nun, vielleicht hätte er doch etwas über Ria erzählen sollen. „Hört zu“, meinte er, ehe es noch zu Feindseligkeiten kommen würde. „Das ist Riandra, Ria, sie leitet zusammen mit ihrem Vater diese Pension. Ich war früher sehr oft mit meiner Mutter hier, man könnte sagen, wir sind zusammen groß geworden“, erklärte er. Dann blickte er zu Ria. Tuomas hatte bemerkt, dass sie es versuchte, zu verbergen, doch da er sie lange genug kannte, wusste er, dass sie hell auf begeistert war, seine Band richtig kennen zu lernen, was ihm leicht zum Schmunzeln brachte. Ria blickte nun zu den anderen und verbeugte sich leicht. „Es ist mir eine Ehre, Euch hier willkommen heißen zu dürfen. Ihre Zimmer sind bereits fertig“, meinte sie, und deutete den anderen nun an, ihr zu folgen. Emppu, Anette und Jukka schienen einen Moment zu zögern, folgten ihr dann aber doch. Marco jedoch blieb stehen und hielt Tuomas noch für einen Moment zurück. Er vertraute dieser Ria nicht wirklich. Vielleicht hatte ihn diese Ähnlichkeit zu Tarja geschockt, doch irgendwas stimmte da ganz und gar nicht. „Tuomas“, meinte er. Die anderen blieben zwar auch für einen Moment stehen, doch mit einem Blick gab er ihnen zu verstehen, dass er alleine mit seinem besten Freund reden wollte, deshalb folgten die anderen Drei der Anderen nun. Er wartete, bis die anderen die Pension betreten hatten, dann wandte er sich an Tuomas. „Du hast nie was von ihr erzählt“, meinte er, mit einem gewissen Unterton. Tuomas seufzte, bevor er Marco antwortete. „Und zwar genau deshalb. Ria ist in Ordnung, wie bereits gesagt. Ich kenne sie seit meiner Kindheit, sie ist meine beste Freundin.“ Marco zögerte nur einen kleinen Moment, er wusste zu gut, dass diese Worte einen Streit auslösen konnten, doch er musste ganz einfach sicher gehen. Er machte sich viel zu große Sorgen um seinen besten Freund. „Sie sieht Tarja verdammt ähnlich, sicher weißt du das auch.“ Tuomas Gesicht wirkte für einen Moment wie versteinert und es dauerte einen Moment, bis er sich wieder gefangen hat. „Worauf willst du hinaus?“, fragte er. Marco schien förmlich zu spüren, wie die Temperatur in diesem Moment um sie herum um einige Grade gefallen war, so eisig wurde die Stimme von Tuomas. „Du hast nie ein Wort gesagt. Ich will einfach nur wissen, warum.“ „Jeder hat seine Geheimnisse. Außerdem wollte ich sie aus all dem heraus halten. Sie kann doch nichts dafür, dass sie ihr so ähnelt.“ Marco hatte gemerkt, dass es dem Keyboarder noch immer schwer fiel, über die ehemalige Sängerin zu reden, was ihm zum Seufzen brachte. „Du hattest noch nie Geheimnisse vor mir, vor uns!“, meinte er ernst, während Tuomas sich leicht abwandte. „Rede endlich mit uns!“, fügte Marco hinzu und er merkte kaum, dass er seine Stimme erhob. Dies schien Tuomas jedoch wach zu rütteln. „Es geht dich nichts an, verstanden?“, auch er wurde nun ernster und lauter. „Du bist ein verdammter Sturkopf, weißt du das überhaupt?“, fauchte Marco zurück. Anette war gerade mit Jukka und Emppu in die Pension gegangen, als sie die lauten Stimmen vernahm und fragend zu den anderen beiden blickte. „Sehen wir besser mal nach, ehe sie sich die Köpfe noch einschlagen“, meinte Emppu. So gingen sie also nun wieder raus und sahen, wie sich die beiden in der Wolle hatten. Es überraschte wohl alle drei, denn sie hatten die beiden schon lange nicht mehr so streiten sehen. Jukka und Emppu gingen dazwischen, was Tuomas und Marco nun zum Schweigen brachte. „Genug jetzt“, meinte Jukka in seiner ruhigen, jedoch dieses Mal auch ernsten Art. Auch Emppu blickte die Beiden abwechselnd an. „Wir sind doch hier her gekommen, um uns zu entspannen, nicht wahr? Also solltet ihr euch nicht streiten.“ Tuomas hatte Marco noch funkelnd angesehen, ehe schließlich die anderen Beiden dazwischen kamen. Der Keyboarder brauchte noch einen Moment, bis er sich schließlich beruhigte. Es war verdammt lange her, dass er sich mit Marco gestritten hatte, wobei der andere ja sein bester Freund war. „Tut mir leid“, meinte er nun etwas angespannt noch zu Marco, doch er erwiderte die Entschuldigung. Jukka, Emppu und Anette schienen erleichtert zu sein, und zusammen gingen sie nun wieder zu der Pension, wo Ria noch auf sie wartete. Anscheinend hatte sie sich nicht einmischen wollen, was Tuomas nur gut fand. Er wollte sie immerhin wirklich nicht in die Streitereien rein ziehen. Jedoch blieb der Keyboarder noch einmal einen Moment stehen, als er ein merkwürdiges Gefühl bekam. Er blickte sich kurz um. Wurde er beobachtet? Anette schien gemerkt zu haben, dass etwas nicht in Ordnung war, denn sie blieb nun ebenfalls stehen und blickte ihn leicht besorgt an. „Alles in Ordnung?“, fragte sie leicht besorgt nach, was Tuomas wieder wach gerüttelt hatte. „Jah, natürlich. Wir sollten endlich rein gehen“, meinte er und schloss mit Anette zu den anderen auf. Soo das war das erste Kapi und ich hoffe, es hat euch gefallen. =) Kapitel 2: Erinnerungen an damals --------------------------------- Schlagartig wachte der Keyboarder am dritten Tag nach ihrer Ankunft in seinem Bett auf. Er brauchte einen Moment, bis er die Umgebung um sich herum wirklich wahr nahm und wieder runter kam. Schließlich musste Tuomas kurz seufzen. Er hasste es einfach. Der Grund, weshalb er nicht mehr so gut schlief und deshalb die Idee für den Urlaub bekam. Tuomas hatte gehofft, wenn es auch nur eine kurze Pause war, dass er endlich mal wieder richtig schlafen konnte. Doch dies schien ihm wohl nicht vergönnt, nein, im Gegenteil. Es wurde von Tag zu Tag, nein, wohl eher von Nacht zu Nacht schlimmer. Erneut seufzte der Keyboarder. Er sollte wirklich nicht so trübe Gedanken haben, immerhin machten sie hier Urlaub. So verschwand er nun ins Bad, wo er sich frisch machte und schließlich hinunter in den Frühstücksraum. Er mochte diese Pension hier sehr, die Umgebung war einfach traumhaft, auf der einen Seite Wälder mit einem großen, tiefblauen See und auf der anderen Seite konnte man in einiger Entfernung Berge erkennen. Ein wunderschöner Ort, um zu entspannen eigentlich. Außerdem war die Pension nie wirklich überfüllt und würde es wohl auch dieses Mal nicht sein. Es war nicht in der Saison, immerhin neigte sich der Sommer schon wieder fast dem Ende zu. Er betrat den Frühstücksraum und sah auch schon seine beste Freundin rum wuseln. „Guten Morgen“, begrüßte er und hoffte, dass er dabei nicht so brummig klang. Ria konnte überhaupt nichts für seine Laune. Die andere schien gerade etwas ihren Gedanken nach zu hängen, denn sie schreckte leicht auf, als sie die Stimme des Keyboarders hörte und lächelte leicht verlegen. „Tut mir leid, guten Morgen. Ich war gerade…“ „Etwas in Gedanken, wie früher“, beendete der Keyboarder ihren Satz mit einem Schmunzeln, was Ria zum Lachen brachte, was ihn sehr freute. „Möchtest du einen Kaffee?“, fragte sie schließlich und Tuomas bestätigte ihre Frage mit einem „Sehr gerne.“ Während sie in die Küche davon wuselte und einen Kaffee kochte, war es Tuomas, der einen Moment seinen Gedanken nach hing. Tuomas wusste, dass es für sie alles andere, als leicht war. Marco legte sich furchtbar gerne mit ihr an und er hatte, seit sie bei der Pension angekommen waren, jede Gelegenheit genutzt, um ihn von der anderen fern zu halten. Der Songwriter hatte schon damit gerechnet, dass es Differenzen geben würde, aber er hatte absolut nicht damit gerechnet, dass Marco sie gleich so anfahren würde. Er blickte auf, als Ria die Küche wieder betrat. Dabei hatte sie eine Kanne Kaffee und eine Tasse. Sie setzten sich an einem der Tische und Ria goss gerade in die Tasse jene schwarze Flüssigkeit ein, die der Keyboarder brauchte, um Frühs auf die Beine zu kommen. Er nahm die Tasse dankend an sich und trank einen Schluck. Rias Kaffees waren einfach unglaublich, wobei die andere überhaupt keinen trank, wie er wusste. Einen Moment schwiegen sie beide, bis Ria das Wort ergriff. „Und, was habt ihr heute vor?“, fragte Ria neugierig. Der Keyboarder überlegte kurz. „Anette wollte heute mit uns an den See, das schöne Wetter noch einmal ausnutzen, wie sie meinte“, erklärte er mit einem kleinen Lächeln. Eigentlich war ihm überhaupt nicht nach Schwimmen zu Mute, doch Anette hatte ihn so lange mit ihren großen Augen und flehendem Blick angesehen, bis er zugestimmt hatte. „Das ist eine tolle Idee. Das Wasser um diese Zeit ist immer sehr angenehm, auch wenn der Sommer fast zu Ende ist“, erwiderte sie. Tuomas nickte leicht und erinnerte sich kurz an früher. Sie waren als Kinder oft zu dem See gegangen und immer endete es in einer unentschiedenen Wasserschlacht. Er würde sie wirklich gern fragen, ob sie nicht Lust hatte, sie zu begleiten, doch er hatte keine Ahnung, wie die anderen wohl reagieren würden. Er trank noch einen Schluck Kaffee, dann fiel ihm etwas auf. Nachdem er sich noch einmal in dem Raum umgesehen hatte, blickte er schließlich erneut zu seiner langjährigen besten Freundin. „Wo ist eigentlich dein Vater? Er war doch der Besitzer der Pension, nicht wahr?“, fragte der Keyboarder neugierig, sah dann jedoch, wie Ria nur abwinkte. „Vater ist nur noch in der Stadt und kümmert sich um die Anmeldungen, Bestellungen und so weiter. Um die Gästebetreuung und die Pension kümmere ich mich. Naja mir ist es recht“, fügte sie schulterzuckend hinzu, erntete jedoch nur einen fragenden Blick von Tuomas. „Ich bin nicht gerne unten in der Stadt, du glaubst gar nicht, wie mich die Leute immer angaffen. Als ich letzte Woche mal da war, hat mich doch tatsächlich einer gefragt, ob er ein Autogramm bekommen kann. Als ob Tarja Turunen höchst persönlich durch die Stadt mit Einkaufstüten latschen würde.“ Es tat der Dunkelhaarigen gut, endlich einmal Frust abzulassen, merkte jedoch für einen Moment nicht, wie sehr ihrem besten Freund dieser Name zu schaffen machte. Tatsächlich wirkte der Keyboarder mit einem Schlag abwesend, als er den Namen seiner alten Sängerin hörte. Ria hatte ihn nur beiläufig, vielleicht sogar unbewusst erwähnt und keine bösen Absichten gehabt, das wusste er, aber dennoch versank er ein weiteres Mal tief in Gedanken und dachte an den kurzen Streit, den er gestern mit seinem besten Freund hatte. So lange hatte er versucht, zu schweigen, es einfach zu vergessen, zu verdrängen, doch irgendwie konnte er es nicht. Er konnte Tarja einfach nicht vergessen, wie oft er es auch schon versucht hatte. Wie oft hatte er daran gedacht, mit der Sängerin einfach mal wieder reden zu können. Doch irgendwas hielt ihn davon ab, wieder Kontakt mit der anderen aufzunehmen, die ihm doch noch so viel bedeutete. Er hatte damals seine Gründe, sich gegen Tarja, sich gegen seine Gefühle zu entscheiden. Tuomas hatte es damals doch genauso gut gemerkt, wie die anderen, dass das Band zwischen der Band beinahe zerrissen wäre, wenn der Songwriter nicht endlich gehandelt hätte. Es war damals eine harte Zeit gewesen für sie alle und Tuomas stand sehr oft kurz vor dem Verzweifeln, bis sie schließlich Anette gefunden hatten. Anette passte einfach wunderbar zu ihnen, auf sie konnte man sich verlassen und sie würde alles dafür tun, dass die Band zusammen hielt. Tuomas würde sie für nichts auf der Welt wieder hergeben wollen, auch wenn er manchmal die Zeit mit Tarja vermisste. Ohne es wirklich zu merken, kam ein Seufzer über die Lippen des Keyboarders, was Ria zum Verstummen brachte. Ria hatte tatsächlich in dem Moment aufgehört, sich über die Bewohner der Stadt aufzuregen, als sie das Seufzen ihres besten Freundes vernahm und ihn anblickte. Für einen Moment hatte es sie verwundert, dass sie einen schon fast traurigen Gesichtsausdruck bei ihm erkannte, doch dann wurde es ihr schlagartig wieder bewusst und sie hätte sich selbst ohrfeigen können. Ohne darüber nachzudenken hatte sie den Namen jener Person erwähnt, mit der sie doch so oft verwechselt wurde. Die Dunkelhaarige wusste natürlich nicht, dass Tarja ihrem besten Freund noch so viel bedeutete, aber sie hätte sich zumindest denken können, dass es ihm doch noch schwer fallen musste, über sie zu reden. Wie oft hatte er sie damals angerufen, weil er jemanden zum Reden brauchte, aber niemanden aus der Band damit belästigen wollte? Ria hatte es damals nicht im Geringsten gestört, immerhin war sie schon jahrelang mit dem Keyboarder befreundet. „Tuomi?“, fragte sie vorsichtig und besorgt nach. Jedoch bekam sie keine Antwort, was sie leicht missmutig stimmte. Sie mochte es ganz und gar nicht, wenn ihr bester Freund so eine Laune hatte, auch wenn es dieses Mal eindeutig ihre Schuld war, wie sie gut wusste. „Tuomas!“, meinte sie nun etwas lauter und hoffte, dass er wenigstens darauf reagieren würde. Ria hatte dem Keyboarder stets mit seinem Spitznamen angeredet, nur wenn es mal wirklich um etwas Ernstes ging, hatte sie ihn so genannt und zu ihrem Glück setzte die Wirkung auch sofort ein. „Was ist?“, fragte er doch leicht verwirrt nach. „Tut mir leid, ich wollte nicht…“, fing sie an, brach jedoch ab, weil in diesem Moment die Tür zu dem Frühstückszimmer aufging und Anette rein kam. Bevor Tuomas zu Anette blickte, schenkte er Ria noch ein warmes Lächeln und die Andere wusste, dass dies so viel bedeuten sollte wie: Ist schon in Ordnung. Zwar glaubte Ria nicht ganz daran, doch sie wollte dem anderen die Laune nicht noch mehr vermiesen. So blickte sie nun zu Anette, stand auf und wünschte ihr einen guten Morgen. Sofort eilte sie los, um noch mehr Tassen zu holen, da sie wusste, die anderen würden nun auch bald aufstehen. Tuomas hatte es nun endlich geschafft, sich von seinen trüben Gedanken los zu reißen, die ihn doch manchmal einholten. Er blickte nun zu Anette, die sich ihm nun gegenüber setzte und wünschte ihr einen guten Morgen. Anette wiederum lächelte zwar etwas, jedoch wirkte es irgendwie… gezwungen? „Guten Morgen“, erwiderte dann die Sängerin, was auch noch leicht verschlafen klang. Tuomas blickte sie leicht überrascht an, dies kannte er von der anderen so gut wie gar nicht. „Alles in Ordnung?“, fragte er nach und erntete nun einen fragenden Blick von der anderen. „Ja, warum denn nicht?“, stellte sie als Gegenfrage. Alleine aus Neugier, nicht aus Trotz, wie der Keyboarder bemerkte. „Schon gut“, meinte der Keyboarder. Einen Moment schwiegen die Beiden. Tuomas beobachtete Anette dabei, wie sie etwas Gedankenverloren aus dem Fenster blickte. Beschäftigte sie etwas oder war sie ganz einfach noch erschöpft? Der Keyboarder wusste, dass Anette bei der letzten Tournee alles gegeben hatte, um zu beweisen, was sie konnte. Vielleicht hatte sie sich dabei etwas überanstrengt? Doch immerhin hatte er nun genau mit diesem Urlaub dafür gesorgt, dass sich alle erholen konnten. Oder vielleicht übertrieb Tuomas auch einfach nur und Anette hatte einfach nicht gut geschlafen, wie er selbst? „Es ist schön hier, nicht wahr?“ Tuomas schreckte erneut aus seinen Gedanken, als er die Worte der Sängerin vernahm. Gott er musste sich zusammen reißen. Seit wann grübelte er eigentlich wieder so viel nach? Für einen Moment blickte er die Schwarzhaarige leicht verwirrt an, nickte dann aber, als er ihre Frage verstanden hatte und musste lächeln. „Oh ja und es ist schön ruhig her“, erwiderte er. Anette blickte vom Fenster weg und schaute nun wieder zu dem Keyboarder. „Es ist mal ganz angenehm, das war wirklich eine tolle Idee von dir, hier her zu fahren“, meinte Anette. Nun war endlich wieder Begeisterung in ihrer Stimme zu hören, was den Keyboarder freute. Tuomas lachte etwas und lächelte schließlich leicht. „Ab und an mal zu entspannen ist auch wichtig“, bemerkte er. „Na das sagt ja der richtige“, hörte Tuomas eine Stimme sagen und blickte zur Tür, an der nun Marco und Emppu standen. Letzterer hatte gesprochen und grinste den Keyboarder nun breit an. Tuomas schaute den kleinen Wirbelwind jedoch nur verständnislos an. „Was soll das jetzt heißen?“, fragte er. „Wer von uns bleibt sonst immer die halbe Nacht auf, weil irgendwas mit dem Text nicht stimmt?“, erwiderte Emppu grinsend. Da hatte er Recht, das musste der Songwriter zugeben. Wenn er an neuen Texten arbeitete, vergaß er fast immer die Zeit und würden die anderen nicht darauf achten, wäre er wohl wirklich das ein oder andere Mal länger wach geblieben, als es ihm am Ende gut getan hätte. „Einer von uns muss es ja tun“, erwiderte Tuomas nun ebenfalls grinsend. Er bemerkte, dass Emppu gerade noch etwas erwidern wollte, als Jukka nun ebenfalls das Frühstückszimmer betrat, jedoch noch mit seinem Handy an seinem rechten Ohr, was die anderen zum Schmunzeln brachten. Sie alle wussten, mit wem er telefonierte. „Umarm die Kleinen von mir, ja? Wir sehen uns ja hoffentlich bald. Ich dich auch, Liebling, bis bald.“ Nach diesen letzten Worten legte der Drummer auf und bemerkte nun, dass ihn mehr oder weniger alle grinsend anblickten. „Was denn?“, fragte er und setzte eine Unschuldsmine auf. Er telefonierte fast täglich mit Satu, seiner Frau, und musste sich deshalb immer wieder Sticheleien von den anderen anhören. Nun, immerhin waren die beiden auch das Traumpaar von Nightwish, seit es die Scheidung zwischen Marco und Manki gab. „So früh telefoniert ihr schon?“, konnte sich Emppu nicht verkneifen, zu sagen. Dazu setzte er sein typisches Grinsen wieder auf. „Zum Telefonieren ist es nie früh genug“, konterte Jukka. Immerhin hatten sie drei noch sehr junge Kinder, die zum Teil schon sehr früh aufwachten. „Sie will mit den Kleinen die Woche mal vorbeikommen, das ist doch in Ordnung?“, fragte Jukka in die Runde und niemand schien zu seinem Glück etwas dagegen zu haben. Immerhin hatten sie durch ihre Tournee letztes Jahr nicht sehr viel Zeit gehabt. Nicht, dass Jukka die Zeit mit der Band nicht genossen hätte, im Gegenteil, aber er war nun mal auch ein Vater. Genau in diesem Moment betrat diese Riandra das Zimmer mit einem großen Frühstückstablett. Jukka wusste noch nicht ganz, was er von ihr halten sollte, jedoch hatte er nicht so eine direkte Abneigung wie Marco gegen sie. Er fragte sich nur, wie es sein konnte, dass sie Tarja so verdammt ähnlich aussah, er glaubte nicht an einem Zufall. War sie eine Verwandte? Aber dies hätte Tuomas ihnen doch sicher gesagt. Er glaubte nicht daran, dass der Keyboarder solche Geheimnisse vor ihnen hätte. Nachdem Riandra nun den anderen einen guten Morgen gewünscht hatte, erwiderte sogar Marco es, wenn auch brummig, wie immer. Während sie nun Frühstückten, sprach kaum einer ein Wort und nachdem sie ihr Frühstück beendet hatten, zogen sie sich für einen Moment nochmal in ihre Zimmer zurück, um sich für den See fertig zu machen. Anette war die Erste, die sich fertig umgezogen hatte und ging nun mit ihrer Tasche wieder die Treppe runter. Im Flur angekommen, entdeckte sie diese Ria, die gerade aus dem Frühstückszimmer kam. Anscheinend hatte sie dort gerade alles sauber gemacht. „Oh, schon fertig?“, wurde die Schwarzhaarige höflich von Ria gefragt. Anette nickte daraufhin. „Ja, bei uns ist es genau umgedreht. Du glaubst gar nicht, wie lange die Jungs manchmal brauchen“, berichtete die Schwarzhaarige leicht lächelnd. Ria musste daraufhin lachen. „Also hat Tuomas sich nicht verändert? Früher musste ich auch immer ewig warten, bis der Herr mal fertig war“, meinte sie. Anette bemerkte, wie ihr Gegenüber schmunzeln musste. „Nein, das hat sich bis heute nicht geändert“, bestätigte sie noch einmal. Dann fiel ihr etwas ein und Anette blickte die andere fragend an. „Sind hier eigentlich auch noch andere Gäste?“, fragte sie neugierig nach. Die Pension war gut gelegen, so wunderte es die Sängerin doch, dass hier anscheinend nicht so viel los war. „Wir sind außerhalb der Saison, deshalb habt ihr Glück, ihr seid zurzeit die Einzigen hier“, erklärte sie. Nach genau diesem Satz kamen nun endlich die anderen vier die Treppe hinunter. „Alle fertig?“, fragte Tuomas in die Runde. Emppu, Jukka und Marco nickten, doch Anette wartete noch einen Moment und blickte die Jungs an. Sie hatte da so eine Idee. „Meint ihr nicht auch, wenn sie Lust hat, könnte Riandra uns begleiten?“, schlug sie vor. Irgendwie wollte sie die andere besser kennen lernen, sie war davon überzeugt, dass sie ein gutes Herz hatte, auch wenn Marco gerade so aussah, als ob er sich gewünscht hätte, er hätte sich verhört. Jukka und Emppu schauten für einen Moment lang überrascht, aber Tuomas wirkte begeistert. Ria war ebenfalls darüber überrascht, aber teilweise freute sie sich auch. Also misstrauten ihr nicht alle. „Wenn sie möchte, warum nicht“, meinte Emppu und auch Jukka und Tuomas waren einverstanden. Danach blickten sie alle zu Marco, doch Ria bemerkte, wie Marco zuvor zu Tuomas schaute. Sie schienen sich wortlos zu verständigen, doch Ria durchschaute ihren besten Freund, der mit seinem Blick soviel sagen wollte, wie: Übertreibs nicht. Also ging Ria davon aus, dass Marco ihr immer noch misstraute. Doch sie verkniff sich, etwas zu sagen. Immerhin war sie auch für ihre Gäste verantwortlich und durfte auch nicht unhöflich werden. „Von mir aus“, knurrte Marco nur. Rias Gesicht erhellte sich schlagartig, natürlich freute sie sich darüber, auch Zeit mit ihrem besten Freund zu verbringen. „Wenn ihr mir zwei Minuten gebt, bin ich fertig“, bat sie. „Wenn du dir nicht zu lange Zeit lässt“, meinte Tuomas grinsend. „Na na, Tuomi. Wer musste hier früher immer auf wen warten?“, konterte Ria, woraufhin die Anderen nur lachten, ja, auch Tuomas hatte mit eingestimmt. Nachdem sie sich nun ebenfalls etwas anderes angezogen und ihr Handy gut und sicher verstaut hatte, folgte sie den anderen zu dem See. Sie hatten alle einen sehr vergnüglichen Tag gehabt. Am Ende hatte es jedoch, wie es eben immer war, eine Wasserschlacht gegeben, die Anette und Ria gegen Tuomas gewonnen hatte. Dieser hatte es tatsächlich gewagt, Anette zu packen und sie ins Wasser zu werfen. Der Keyboarder hatte gemerkt, dass Anette mal wieder in Gedanken war, wie so oft in letzter Zeit, was gar nicht zu ihr passte. Deshalb wollte er die andere ablenken und hatte sie einfach geschnappt und ins Wasser geschmissen. Die erste Zeit hatte sich Anette zwar ganz gut gegen Tuomas gewehrt, jedoch war sie ganz froh darüber, dass Ria ihr am Ende mit half und so hatten die beiden gewonnen. „Zwei gegen einen ist ja auch unfair“, meinte Tuomas grinsend, als er zusammen mit den beiden Frauen aus dem Wasser ging. „Du bist immerhin ein Mann und somit müsstest du es locker mit uns beiden aufnehmen können, nicht wahr Anette?“, fragte Ria, welche zur Bestätigung nickte. „Früher war es immer anders herum“, pflichtete Ria Anette bei. Tuomas wusste nicht, wie lange sie noch an dem See gesessen hatten. Sie hatten sich kurzerhand entschlossen, ein Lagerfeuer zu machen und da in der Pension noch alles vorhanden war, saßen sie alle eine Stunde später gemütlich am Lagerfeuer und hingen ihren Gedanken nach, wie auch der Keyboarder. Es war heute wirklich ein schöner Tag gewesen, es war lange her, dass er so viel Spaß hatte. Er lehnte sich leicht zurück, so dass er nun zu Anette sehen konnte. Und er merkte es schon wieder, wie abwesend sie war. Langsam machte er sich wirklich Sorgen um seine Sängerin. Warum nur war sie in letzter Zeit so? Da stimmte doch irgendwas nicht. Er würde später noch einmal mit ihr reden, denn der Keyboarder wusste, so eine schweigende Anette mochte er ganz und gar nicht. Er hing noch eine Weile seinen Gedanken nach, bis er wieder dieses merkwürdige Gefühl hatte. Heute nahm er es noch viel mehr wahr, als wie am Tag ihrer Ankunft und dieses Mal würde er seinem Gefühl nachgehen. Ria hatte zwar gesagt, hier in der Nähe war niemand, dennoch hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden, wie auch schon die Tage zuvor. So stand er nun auf und er bemerkte, dass auch Jukka und Emppu, die sich bis gerade eben unterhalten hatten, nun verwundert zu ihm blickten. „Wo willst du hin?“, fragte Emppu, der leicht verwundert darüber war, dass der Songwriter nun so plötzlich aufstand und etwas zu suchen schien. Tuomas dachte einen Moment nach. Was sollte er jetzt sagen? Er wollte die anderen nicht mit seinem Gefühl beunruhigen, also brauchte er nun eine Ausrede. „Ich bin gleich wieder da, ich muss kurz was erledigen“, meinte er und die anderen scheinen zu verstehen, worauf er hinaus wollte, jedoch schienen sie nicht zu bemerken, dass er nicht ganz die Wahrheit sagte. Jedoch wirkte Ria etwas beunruhigt. „Sei vorsichtig ja? Wie du weißt, kann man sich hier auch schnell verlaufen“, meinte sie, doch Tuomas winkte nur ab. „Ich kenn das Gebiet hier in und auswendig, bis gleich“, wollte er Ria beruhigen und ging auch schon los. Es hatte nicht geklappt, Ria machte sich tatsächlich immer noch Sorgen. „Er wird sich schon nicht verlaufen“, meinte Marco knapp. Ria blickte nun zu dem Bassisten. Wollte er sie wirklich beruhigen? „Mhm…“, meinte sie nur. Nachdem Tuomas nun jedoch nach einer viertel Stunde immer noch nicht da war, begannen die anderen sich ebenfalls Sorgen zu machen. „Ich werde mal nachsehen, wo er ist“, meinte Anette und erhob sich. Ehe einer der anderen etwas sagen konnte, war sie schon davon geeilt. Es war noch nicht ganz dunkel, so konnte sie noch etwas von ihrer Umgebung erkennen. Tuomas war nun seinem Gefühl gefolgt, merkte jedoch nicht, dass es um sich herum bereits dunkler wurde. Auch bekam er nicht mit, wie viel Zeit vergangen war. Er hatte sich lediglich dem Wald genähert, von dem er wusste, er musste dort hin. Er wusste nicht genau, warum er ausgerechnet den Wald aufsuchte, er vertraute auf seinem Gefühl. Der Keyboarder war etwas weiter hinein gegangen und hatte sich eine Weile umgeschaut. Dieses Gefühl, beobachtet zu werden, wurde immer stärker und stärker, bis er schließlich in näherer Umgebung das Knacken einiger Äste vernahm und sich umblickte. Warum war er überhaupt alleine gekommen? Wäre es nicht vielleicht sicherer gewesen, wenn er einen der anderen mitgenommen hätte? Wer wusste, was alles hier hauste in diesem Wald. „Wer ist da?“, fragte er dennoch. Es hätte ja nun eh keinen Sinn, sich zu verstecken. Er blickte sich aufmerksam um, bis schließlich wie aus dem nichts jemand zwischen den Bäumen auf ihm zukam. Der Keyboarder wich einige Schritte zurück, bis ein Baum es verhinderte, dass er weiter gehen konnte. „Keine Angst, ich werde dir nichts tun“, hörte er nun eine sanfte Stimme sagen, die er noch nie zuvor gehört hatte. Er konnte mit Sicherheit sagen, dass es sich um eine Frauenstimme handelte, doch mehr auch nicht. Die Gestalt zwischen den Bäumen kam nun hervor und ging auf den Keyboarder drauf zu und blieb nur wenige Schritte vor ihm stehen. Tuomas klappte leicht der Mund auf, als er die Gestalt einer wunderschönen Frau erblickte. Ihr langes, fast silbern wirkendes Haar hatte sie sich zu einem eleganten Zopf gebunden und ihre dunklen, mandelförmigen Augen strahlten Freude und Wärme aus. Das einzige, was den Songwriter verwunderte war, dass die Frau merkwürdige Kleidung an hatte. Es sah fast aus, wie eine silberne Rüstung, aber irgendwie passte das doch gar nicht. Warum lief man heut zu tage noch so rum? „Wer bist du?“, fragte der Keyboarder. Er wollte misstrauisch klingen, doch irgendwie gelang es ihm nicht. Was war das nur für eine merkwürdige Frau? Er bemerkte, wie sie gerade zu einer Antwort ansetzen wollte, als eine andere Stimme ertönte. Tuomas blickte zu der Richtung, aus der die Stimme kam. „Gott sei Dank, da bist du ja, Tuomas. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht, jag uns nicht nochmal so einen Schrecken ein!“, hörte er nun Anette schimpfen, die nun zwischen den Bäumen der anderen Seite auftauchte. Tuomas jedoch blickte noch einmal zu der Frau und stutzte nun. Sie war verschwunden! Und sein Gefühl, beobachtet zu werden, ebenso. Er blickte verwundert zu der Stelle und fragte sich, wie man denn nur so schnell verschwinden konnte. Anette kam nun zu ihm und blickte ihn leicht besorgt an. „Alles in Ordnung?“, fragte sie ihn, was den Keyboarder aus seinen Gedanken riss. „Ja, n… natürlich“, stotterte der Keyboarder leicht. Er war sich sicher, dass es das beste sein würde, diese Begegnung vorerst zu verheimlichen. Wie so viel in letzter Zeit. Anette jedoch blickte ihn leicht verwirrt an. „Was machst du hier überhaupt?“, fragte sie weiter. Tuomas setzte nun eine leicht verlegene Miene auf. „Irgendwie hab ich mich verlaufen“, meinte er und er schaffte es sogar, dass seine Stimme verlegen klang. Anette starrte den Keyboarder für einen Moment fassungslos an, bis sie schließlich kichern musste. „Ich dachte, du kennst dich hier aus“, meinte sie schmunzelnd. „Ich bin lange nicht mehr hier gewesen“, verteidigte Tuomas sich. „Wir sollten zurückgehen, ehe es dunkel wird. Sonst verlaufen sich die anderen auch noch, wenn sie nach uns Beiden suchen“, meinte die Schwarzhaarige schmunzelnd. „Einverstanden“, meinte Tuomas. So gingen sie nun los, doch Tuomas musste immer zu an die merkwürdige Frau denken. Wer war das? Oder hatte er sie sich vielleicht nur eingebildet? Immerhin war sie verschwunden, nachdem er Anette gesehen und gehört hatte. Die nun wieder schweigsam war, wie vorher. Der Keyboarder seufzte innerlich. Wurde er jetzt schon verrückt? Er versuchte den ganzen Kram beiseite zu schieben und wollte nun die Gelegenheit nutzen, jetzt wo Anette und er alleine unterwegs waren. Sie waren schon wieder in der Nähe der anderen. Es war zwar schon Dunkel, doch sie konnten bereits das Lagerfeuer in der Nähe erkennen. So würden sie sich immerhin wirklich nicht verlaufen können. „Anette?“, fragte er schließlich. „Hm?“, machte Anette und blickte den Keyboarder fragend an. „Ist alles in Ordnung? Du wirkst so abwesend in letzter Zeit“, fragte er schließlich. Die Schwarzhaarige schien sich für einen Moment ertappt zu fühlen, was der Keyboarder an ihrem Gesicht erkennen konnte. Jedoch schenkte sie ihm ein warmes Lächeln. „Mach dir keine Sorgen, Tuomas. Es ist alles in Ordnung, lass uns endlich zurück gehen“, meinte sie nur und ging ein Stück voran. Tuomas blieb einen Moment stehen, folgte ihr dann aber doch. Er wollte Anette zu nichts drängen. Bevor sie jedoch bei den anderen waren, hielt er sie noch einmal zurück. „Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du jeder Zeit zu mir kommen, das weißt du doch?“, fragte er. Anette drehte sich langsam zu Tuomas um, und blickte ihn immer noch lächelnd an. „Das weiß ich doch, aber mir geht es gut, wirklich“, meinte sie und ehe Tuomas noch etwas anderes sagen konnte, ging Anette los und sie hatten die anderen wieder erreicht. „Seht mal, wen ich mit gebracht habe. Unser Tuomas hat sich verlaufen“, klärte sie die anderen auf. Emppu blickte den Keyboarder nun an. „Hast du nicht vorhin selbst noch verkündet, dass du die Gegend hier in und auswendig kennst?“, konnte sich der kleine Wirbelwind nicht verkneifen, zu sagen. „Hab nicht dran gedacht, dass ich hier so lange nicht mehr war“, meinte Tuomas. Ria jedoch blickte ihren besten Freund leicht ungläubig an. Sie wusste, dass Tuomas sich hier niemals verlaufen würde. Verheimlichte er etwa was? Sooo das war auch schon das nächste Kapitel und ich hoffe, es hat euch gefallen, auch dass es so lang war. Kritik wie immer gern gesehen. :D *Kekse da lass* Kapitel 3: Ruhe vor dem Sturm? ------------------------------ Tuomas hatte sich leicht an die Wand des Flurs zur Eingangstür gelehnt, während er auf Anette wartete und immer noch leicht fassungslos wirkte, weil er einfach nicht genau wusste, wie es eigentlich zu dieser Situation gekommen war. Sie waren nun weitere vier Tage in der Pension, in der Tuomas gemerkt hatte, dass Anette immer betrübter wirkte und irgendwie gefiel ihm das gar nicht. Er wollte seine Sängerin aufmuntern und ehe er darüber genau nachgedacht hatte, hatte er die Schwarzhaarige einfach gefragt, ob sie nicht Lust auf eine Shoppingtour in der Stadt in der Nähe hätte. Anette war natürlich gleich Feuer und Flamme, wie es Frauen eben immer waren, wenn es ums Shoppen ging. Ihm selbst war zwar nicht wirklich danach, doch als Anette ihn schließlich mit ihren großen und flehenden Augen ansah und fragte, ob das sein Ernst war, konnte Tuomas nicht anders und musste ein Ja von sich geben. Zugegebener Maßen wusste der Keyboarder nicht, warum er diesen Vorschlag gemacht hatte, er wollte einfach nicht, dass Anette weiterhin so unglücklich wirkte, auch wenn sie nicht mit der Sprache heraus rückte, was denn nun los war, was ihn doch verwunderte. So schweigsam kannte er Anette nicht und er hoffte sehr, dass es der Schwarzhaarigen bald wieder besser gehen würde. Er hing noch etwas weiter seinen Gedanken nach, bis der Keyboarder seinen besten Freund sah, der gerade aus dem Frühstücksraum sah. An seiner Miene her hatte Tuomas gemerkt, dass er immer noch nicht gut auf Ria zu sprechen war, was Tuomas sehr schade fand. Seine beste Freundin war eine sehr liebenswerte Person, auch wenn man es vielleicht auf dem ersten Blick nicht sah. Als Marco Tuomas nun bemerkte, grinste er diesen an. Der Streit vor ein paar Tagen war schon längst wieder vergessen. „Na, bereust du deinen Aufmunterungsversuch?“, fragte er. „Nö, wieso sollte ich?“, fragte er. Der Keyboarder gab zwar zu, dass er nicht gerade begeistert war, doch das würde er noch lange nicht ansprechen. „Du weißt, dass Anette dich den ganzen Tag in Beschlag nehmen wird?“ „Danke für die Erinnerung.“ „Immer wieder gerne“, meinte der Bassist mit einem breiten Grinsen, was jedoch nicht lange anhielt, denn nun wurde Tuomas doch leicht fragend von Marco angeschaut. „Warum?“, fragte er und der Schwarzhaarige erwiderte den fragenden Blick seines Freundes nur, denn er wusste wirklich nicht, wonach der Andere fragte. „Was meinst du?“ Marco blickte sich kurz um, anscheinend um sich zu vergewissern, ob sie gerade wirklich alleine waren. „Warum tust du das für Anette? Wir wissen doch alle, dass du nicht gerne shoppen gehst“, fragte er dann. Tuomas wusste, dass es alle überrascht hatte, als Anette gestern beim Abendessen verkündete, sie würde heute mit dem Keyboarder eine Shoppingtour machen, also war die Verwunderung des Bassisten nur zu verständlich. „Ich wollte sie aufmuntern, das ist alles“, meinte der Keyboarder nur. Marco schien ihm nicht ganz zu glauben, seufzte aber schließlich nur. „Du bist unverbesserlich“, meinte er nur. Er blickte kurz nach oben zur Treppe, von der nun Geräusche kommen und er sah, wie Anette gerade zu ihnen herunter kam. Tuomas zog leicht seine Augenbraue bei dem letzten Kommentar seines besten Freundes hoch. Irgendwie war Marco heute merkwürdig drauf, was meinte er nur damit? Doch er kam nicht dazu, zu fragen, denn auch er schaute schließlich zur Treppe, von der Anette gerade kam. Sie trug genau wie er selbst schwarze Sachen, nur hatte sie statt einer Hose einen dreiviertel langen Rock an, wo Tuomas zugeben musste, dass er ihr, mit ihrer schwarzen Bluse sehr gut stand. Der Songwriter hingegen beschränkte sich dabei lediglich auf eine normale Hose, sowie ein ärmelloses T-Shirt. Immerhin war es noch recht warm. „Na, bereit?“, fragte Tuomas die Schwarzhaarige, welche glücklich nickte. Anscheinend hatte der Plan des Songwriters geklappt, Anette schien wenigstens in diesem Moment wirklich wieder glücklicher zu sein. Dennoch machte er sich Sorgen, was in letzter Zeit mit der Anderen los war, aber er würde es schon noch heraus bekommen, vielleicht ja sogar heute. Sie verabschiedeten sich nun erst einmal, stiegen in das Bandauto und fuhren los. Marco blickte seinem besten Freund hinterher, unschlüssig was er von all dem halten sollte. Tuomas hatte sich in letzter Zeit ganz schön verändert, vielleicht noch mehr als Anette. Natürlich hatte auch der Bassist gemerkt, dass die Sängerin ruhiger war, als sonst, aber dafür würde es sicher eine ganz normale Erklärung geben, anders jedoch wie bei Tuomas. Marco wusste, dass den anderen etwas beschäftigte, dies hatte er schon vor längerer Zeit gemerkt, doch was war es nur? Er kam nicht mehr ganz so gut an seinem besten Freund heran, was ihn schon sehr wurmte. Früher war es für ihn kein Problem, herauszufinden, was den anderen beschäftigte, wenn es ihn nicht gut ging. Aber nun wurde der andere regelrecht stur und teilweise auch zornig… besonders wenn er das Thema Tarja ansprach. Zugegeben, sie hatten in den letzten Jahren nicht viel über die ehemalige Sängerin gesprochen, wenn einem von ihnen mal der Name raus rutschte, tat Tuomas meistens so, als hätte er ihn überhört, aber seine Reaktion vor ein paar Tagen hatte den Bassisten schon sehr überrascht. Marco hätte zwar damit gerechnet, dass sein bester Freund an die Decke geht, weil er über die Ähnlichkeit beider Frauen sprach, aber nein, es war mehr die Tatsache, dass er den Namen überhaupt erwähnt hatte. Marco rief es sich noch einmal in Erinnerung, wie Tuomas reagiert hatte. Sein Gesicht wirkte zwar eisig, aber es lag auch irgendwas Merkwürdiges in seinen Augen, ja, er wirkte tatsächlich so, als hätte er angst über das Thema zu reden, warum auch immer. Und dann noch die Tatsache, dass Tuomas sich in diesem Wald verlaufen hatte, vor ein paar Tagen, auch das glaubte er nicht wirklich, wenn man daran dachte, wie oft Tuomas wohl schon hier gewesen sein sollte. Irgendwas stimmte da ganz und gar nicht. Dem Bassisten beschlich ein leicht ungutes Gefühl wenn er daran dachte, so als ob etwas in der Luft liegen würde. Er hoffte jedoch vom ganzen Herzen, dass er sich irren würde. Auf Stress hatte er nun wirklich keine Lust, vor allem da gerade scheinbar alles ruhig war. Dennoch hasste es der Bassist, wenn er so trübe Gedanken hatte, deshalb ging er nun zurück in sein Zimmer und zu seinem Koffer, in dem auch sein Bass verstaut war. Er liebte das Spielen darauf und es half ihm immer, sich gerade von solchen Gedanken abzulenken. Marco schlug nun dem Weg zu dem See ein, wo sie alle ein paar Tage vorher waren. Er mochte es dort sehr gerne und dort würde er in Ruhe auf seinem Bass spielen können. Nach einer Weile fing er auch an, zu der Melodie, die er spielte, zu singen: „Oh, now his love's a memory, a ghost in the fog. He sets the sails one last time saying farewell to the world. Anchor to the water, seabed far below. Grass still in his feet and a smile beneath his brow…” Es war eines ihrer Lieder, dennoch mochte der Bassist gerade dieses Lied sehr gerne, so merkte er auch gar nicht, wie schnell die Zeit verging. Jukka war gerade auf dem Weg zu Riandra, nachdem er heute erst einmal so richtig ausgeschlafen hatte, genau wie Emppu dies wohl vorhatte. Der Drummer war jedoch nicht ganz so ein Langschläfer wie der Gitarrist, aber alleine auch nur, weil er vorhin einen Anruf von seiner Frau bekommen hatte, die heute mit den Kleinen vorbei kommen wollte. Es hatte Jukka überrascht, dass es so kurzfristig war, dennoch freute er sich darüber, sie hatten sich schon eine ganze Weile lang nicht mehr gesehen und er wusste, auch die Kinder würden sich darüber freuen, ihren Vater endlich wieder zu sehen. So suchte der Drummer nun Riandras Zimmer auf, von Tuomas wusste er, wo es lag. Es war gleich neben dem Frühstückszimmer in der ersten Etage. Jukka wollte gerade anklopfen, doch anscheinend hatte die Schwarzhaarige die Tür nicht richtig zu gemacht, denn sie öffnete sich leicht. Eigentlich war dies gar nicht seine Art, einfach so herein zu platzen, doch eine ihm nur zu bekannte Melodie machte den Drummer neugierig, so dass er das Zimmer doch leise betrat und sich doch leicht erstaunt umschaute. Ihr Zimmer war zwar genau so ausgestattet, wie die Zimmer in der oberen Etage, sprich auf der einen Seite ein Bett mit einem Nachtschrank, gegenüber davon ein etwas größerer Schrank wo sie wahrscheinlich ihre Sachen verstaut hatte und daneben jedoch der einzige Unterschied, den dieses Zimmer zu den anderen hatte. Während sie noch einen Tisch mit ein paar Stühlen im Zimmer stehen hatte, besaß Riandra lediglich einen Schreibtisch, auf denen verschiedene Unterlagen zu finden waren, sowie ein kleiner Laptop. Über dem Schreibtisch war ein weiteres kleines Regal, auf dem einige Fotos zu erkennen waren, auf denen meistens Riandra und Tuomas zu sehen waren, anscheinend gerade im Teenageralter. Jukka konnte nicht anders und musste schmunzeln, die beiden würden wirklich ein gutes Paar abgeben. Ob sie mal zusammen waren? Jedenfalls sah es auf den Fotos danach aus, aber andererseits hätte Tuomas ihnen nicht davon erzählt? Der Drummer wurde leicht aus seinen Gedanken gerissen, als er hörte, wie Riandra zu dem Lied, was gerade lief, anfing zu singen: „Once upon a night we'll wake to the carnival of life. The beauty of this ride ahead such an incredible high. It's hard to light a candle, easy to curse the dark instead. This moment the dawn of humanity. The last ride of the day.” Jukka wusste nicht, was ihn mehr überraschen sollte. Die Tatsache, dass Riandra anscheinend ein Fan der Band war oder die Tatsache, dass sie das Lied so gut singen konnte. Damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Wobei, immerhin kannte sie Tuomas und so schien sie auch einiges über die Band zu wissen. Er lauschte noch eine Weile, wie die Andere weiter sang, und er musste zugeben, sie hatte wirklich eine sehr schöne Stimme. Doch dann kam dem Drummer eine Frage in dem Sinn. Warum hatte Tuomas wohl seine beste Freundin früher nie als Sängerin vorgeschlagen, sondern Tarja? Immerhin schienen sie sich länger zu kennen, wie er es aus den Worten des Keyboarders heraus gefunden hatte. Nun, er würde die andere danach fragen nachher. Auch wenn sie sich nicht so lange kannten, in der kurzen Zeit hatte sich eine kleine Freundschaft zwischen Jukka und Riandra entwickelt. Jukka hatte es natürlich auch zu erst überrascht, wie ähnlich Ria der ehemaligen Sängerin war, doch er hatte im Gegensatz zu Marco schon recht bald bemerkt, dass sie von ihrer Art her grundsätzlich unterschiedlich waren. Jukka wartete nun noch ab, bis Riandra das Lied zu Ende gesungen hatte, denn er wollte sie keines Falls erschrecken. Nachdem sie nun das Lied beendet hatte, trat der Drummer noch einige Schritte vor, bis er schließlich ein leises „Hey“, hervor brachte. Unwillkürlich schien Ria doch leicht zusammen zu zucken und drehte sich nun zu dem Drummer um. Ria war tatsächlich ein großer Fan der Band Nightwish, so konnte sie ihn wenigstens immer mal sehen, auch wenn es umgedreht nicht der Fall war. Wie gerne wäre sie nur mal auf ein Konzert von Nightwish gewesen? Doch sie musste sich mit ihrem Vater um die Pension kümmern, da auch mal unerwartet Gäste kommen konnten, war es ihr nicht möglich einfach mal so für ein paar Tage weg zu fahren, was sie manchmal schon nervte. Deshalb verbrachte sie ihre Zeit gerne damit, die Lieder ihres besten Freundes vor sich her zu singen, viele von ihnen konnte sie auswendig, wie auch jenes Lied, zu dem gerade die Melodie spielte. Nachdem das Lied endete, schreckte sie jedoch leicht aus ihren Gedanken, als sie jemand begrüßt hatte und drehte sich um. Beinahe wäre sie vom Stuhl gefallen, als sie Jukka sah, der nur wenige Schritte vor ihr stand. „Jukka!“, rief sie erstaunt aus und bemerkte, dass sie rot wurde. Sie stellte die Lautsprecher ab, und hoffte, dass der Drummer nichts davon gemerkt hatte, welche Lieder sie gerade gehört oder eher gesungen hatte. Doch an dem Grinsen ihres Gegenübers ahnte sie das Schlimmste. „Wie kommst du hier rein?“, fragte die Schwarzhaarige leicht zerstreut. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken, als ich anklopfen wollte, ging die Tür auf“, erwiderte der Drummer. „Nein, schon in Ordnung, hab sie wohl nicht richtig zu gemacht. Was führt dich hier her?“, fragte sie leicht verlegen. „Ich hab da eine Bitte“, fing der Drummer an, nachdem sein Grinsen verschwunden war. „Meine Frau hat vorhin angerufen, sie kommt mit den Kleinen heute noch vorbei. Hätte ich das eher gewusst, hätte ich schon eher gefragt. Wäre es nicht vielleicht möglich, wenn sie ein paar Tage auch hier bleiben könnten?“, fragte er nach. Ria konnte sich nur mit Mühe ein Schmunzeln verkneifen. War das süß! Die Dunkelhaarige dachte kurz nach und nickte schließlich. „Etwas weiter hinten haben wir noch ein Drei-Bett-Zimmer, was im Moment frei ist. Du kannst es nehmen, ich werde meinem Vater später Bescheid sagen“, erklärte sie dann. Jukka war darüber sichtlich erleichtert. Er wollte Satu eine Freude machen, er hatte es zwar den anderen nicht gesagt, weil er sie nicht beunruhigen wollte, aber in letzter Zeit hatte er sich doch das ein oder andere Mal mit Satu gestritten. Er hoffte, dass er das mit dieser kleinen Überraschung wieder gut machen konnte. „Danke“, meinte er und lächelte leicht. Dann blickte er nochmal zu den Fotos, er konnte sich seine nächste Frage einfach nicht verkneifen. „Wart ihr mal zusammen?“, fragte er nach. Ria blickte ihn leicht verständnislos an. „Wen meinst du?“, fragte sie und nachdem Jukka nochmal auf die Bilder deutete, konnte sich die Schwarzhaarige ein kurzes Kichern nicht verkneifen. „Nein, nein, ich denke, DAVON hätte er euch doch was erzählt. Wir waren, oder besser gesagt sind sehr gute Freunde, nicht mehr und nicht weniger, auch wenn es auf manchen Bildern so aussieht“, erklärte sie und nahm eins von ihnen runter, um es Jukka besser zu zeigen. Es zeigte einen doch leicht überraschten Tuomas und eine lächelnde Ria, die sich leicht an Tuomas rechten Arm geklammert hatte. Sie schienen auf dem Foto nicht älter als vierzehn Jahre zu sein. Im Hintergrund konnte er einen Wald erkennen, ob es der Wald vor der Pension war? „Das Foto hab ich am liebsten“, erklärte sie und für einen Moment schien sie in alten Erinnerungen versunken zu sein, was ihr verträumtes Gesicht zeigte. „Ich war mit Tuomas und seiner Mutter hier im Wald spazieren, als hier nichts los war. Wir waren schon ein ganzes Stück weiter vorne, als sie auf einmal nach uns rief. Aus Spaß hab ich mich an Tuomas Arm geklammert, als ich bemerkte, dass sie eine Fotokamera in der Hand hielt. Tuomas hatte es nicht bemerkt und sie so leicht verwundert angesehen, dabei ist das Bild heraus bekommen“, erklärte sie und lachte kurz. „Früher mochte er es gar nicht, wenn er so heimlich fotografiert wurde, er war ganz schön sauer, aber er hat sich auch schnell wieder beruhigt“, fuhr sie fort. Jukka konnte nicht anders und musste schmunzeln. Ja, das passte wirklich zu ihm. „Ich verstehe“, meinte er. Dann schaute er wieder zu Ria. „Ihr kennt euch schon seit ihr Kinder wart, nicht wahr?“, fragte er nach. Ria blickte zu ihm und nickte. „Ja, das hatte er euch auch am ersten Tag hier erzählt, oder?“ Jukka lächelte leicht. „Ja, das hat er. Ich frage nur, weil ich da etwas nicht ganz verstehe. Wenn ihr euch so lange kennt, warum hat er dich damals nicht gefragt, ob du in der Band singen möchtest? Du hast eine wunderschöne Stimme und kannst sehr gut singen.“ So wie es sich anhörte, kannte der Keyboarder Riandra um einiges länger, als Tarja und so musste Tuomas doch auch wissen, was Ria für eine tolle Stimme hatte, wenn sie sang. Sicher wäre ihnen einiges erspart geblieben. Auch er hatte damals gemerkt, dass die Band fast zerfallen war und deshalb war auch er damals mit der Entscheidung von Tuomas einverstanden. Aber andererseits hätten sie auch so niemals Anette kennen gelernt, sie passte einfach wunderbar zu ihnen. Jukka schob nun jedoch seine Gedanken an früher erst einmal beiseite und schaute zu Riandra, die nach seinen Worten leicht errötet war. Für einen Moment schien sie ganz weit weg zu sein. War die Frage vielleicht doch zu persönlich? „Ganz einfach, als ich achtzehn wurde, ist meine Mutter abgehauen und ich konnte meinen Vater nicht auch noch verlassen und Tuomas wusste das“, erklärte sie schulterzuckend. Sie wollte stark wirken, doch Jukka bemerkte, dass es sie mitnahm, denn sie schaffte es nicht, ihn dabei anzusehen. „Tut mir leid“, meinte er, doch sie winkte nur ab. „Kein Ding, wir schaffen das zu zweit. Komm, ich zeig dir mal das Zimmer“, meinte sie. Sie stellte das Foto von Tuomas und ihr selbst wieder hin, ging nochmal zum Schreibtisch und holte einen Schlüssel raus. Danach ging sie zusammen mit Jukka nach oben, um ihn das neue Zimmer zu zeigen. „Nettie, nun warte doch, nicht so schnell!“, meinte ein leicht gestresster Tuomas Holopainen, der schon leichte Mühe hatte, mit Anette mit zu halten. Es ging nun fast auf dem Abend zu und der Keyboarder trug nun auf jeder Seite zwei prall gefüllte Einkaufstüten. Er wunderte sich jedes Mal, was für eine schon fast unglaubliche Energie Frauen an den Tag legen konnte, wenns ums Shoppen ging. Anette, die schon ein wenig weiter vorne war, blieb stehen und drehte sich wieder zu dem Keyboarder. „Komm schon, Tuomi, die Geschäfte machen gleich zu und ich wollte unbedingt noch in einen Laden, der dir auch gefallen wird“, meinte sie augenzwinkernd. Tuomas jedoch horchte nach diesem Satz auf. Seit wann nannte sie ihn Tuomi? Langsam verstand er seine Sängerin wirklich nicht mehr, doch wenigstens war sie nicht mehr die schlecht gelaunte Anette, wie vor ein paar Tagen. Sie war heute wieder die glückliche und lebensfrohe Anette, wie er sie kennen gelernt hatte und hoffte auch, das würde so bleiben. „Der mir gefallen wird?“, fragte er und ihm ahnte übles. Er hatte keine Lust gehabt, Geld auszugeben und war nur Anette zu liebe mit gekommen, weil es ja auch sein Vorschlag war. „Komm schon, du solltest dir auch was kaufen!“ Nach diesen Worten ging Anette einige Schritte zu ihm zurück und zog ihn leicht am Arm mit sich. Zehn Minuten später standen sie vor einem weiteren Laden und der Keyboarder staunte nicht schlecht. ´Für echte Metaler´, hieß es auf den Schaufenster. Der Laden schien wirklich dem Geschmack des Keyboarders zu entsprechen, dennoch war er skeptisch. „Würde man uns nicht gerade in so einem Laden erkennen?“, gab er zu bedenken. Immerhin waren sie hier, um Urlaub zu machen und nicht gerade, um aufzufallen. „Och komm schon. Es wird doch eh nicht mehr viel los sein, es ist fast Feierabend.“ Tuomas seufzte innerlich, denn er wusste, er würde die Schwedin nicht davon abbringen können. „Na gut, gehen wir rein“, meinte er. Die Zweifel des Keyboarders waren glücklicher Weise unberechtigt, in diesem Laden war wirklich nichts mehr los und was er hier vorfand, entsprach eindeutig seinen Modegeschmack. Zusammen mit Anette sammelte er sich nun ein neues Outfit zusammen, bestehend aus ein paar schwarzen Schuhen, eine passende schwarze Jeans, ein dunkles T-Shirt mit einem verschnörkelten weißen Muster, sowie einen neuen, ebenfalls schwarzen Mantel. Nachdem er aus der Umkleidekabine mit seinem neuen Outfit heraus gekommen war, schien es Anette für einen Moment die Sprache verschlagen zu haben. „Du siehst umwerfend aus!“, hauchte sie begeistert, worüber Tuomas schmunzeln musste. Er hatte das natürlich schon oft gehört, aber er freute sich irgendwie vor allem, wenn es von Anette kam. Er blickte sich selbst in dem Spiegel an und musste Anette im Stillen Recht geben. Nicht, dass er sich selbst umwerfend fand, ihm gefielen nur die Sachen, die er mit Hilfe von Anette ausgesucht hatte, sehr gut. „Und du meinst, ich kann mich so auf der Straße blicken lassen?“, fragte er nur zur Sicherheit. Immerhin ging es ja auch um seinen Ruf, den er hatte. „Auf jeden Fall!“, bestätigte Anette. Als sie nach weiteren zehn Minuten den Laden verlassen haben, mit einer Einkaufstüte mehr, gingen sie langsam zurück zum Auto, immerhin würden die Geschäfte bald schließen. „Es war ein toller Tag heute!“, meinte Anette begeistert, als sie nun neben Tuomas im Auto saß, der sie zurück fuhr. „Ja, er war wirklich schön“, bestätigte der Keyboarder, auch wenn ihn das Shoppen leicht genervt hatte. Aber immerhin war dies der erste Tag überhaupt, den er komplett alleine mit Anette verbracht hatte, ohne dass die anderen drei dabei waren und irgendwie hatte ihm das wirklich gefallen. Auch ihn hatte es von den trüben Gedanken abgelenkt, die ihn in letzter Zeit immer heimsuchten. Immerhin hatte er nun nicht mehr das Gefühl, beobachtet zu werden, seit er jene Frau in dem Wald getroffen hatte. Der Keyboarder hatte den anderen immer noch nichts von dieser Begegnung erzählt, weil er sich selbst nicht sicher war, ob er sich das nur eingebildet hatte oder nicht. Wenn es wirklich wahr war, um wen handelte es sich bei dieser Frau und was wollte sie von ihm? Er hatte sich in den letzten Tagen tatsächlich mehrmals dabei erwischt, wie er selbst in den Wald ging und hoffte, sie würde ihm nochmal begegnen, doch dies war leider nicht der Fall. Moment, warum leider? Immerhin wusste er nichts von dieser Frau und sie war so schnell wieder verschwunden, vielleicht musste er ja auch davon ausgehen, dass sie gar nicht gesehen werden wollte? Aber warum hatte sie dann zu dem Keyboarder gesagt, sie würde ihm nichts tun? Irgendwie hatte er ein mulmiges Gefühl, wenn er daran dachte, aber andererseits hatte diese Frau auf ihn eine komische Wirkung erzielt. Sie kam ihm… merkwürdig vertraut vor, so als ob er sie schon sein ganzes Leben lang kennen würde, doch dem war ganz sicher nicht so. Er konnte sich nämlich nicht daran erinnern, diese Frau schon einmal gesehen zu haben. Er war gerade tatsächlich am überlegen, ob er Anette etwas darüber erzählen sollte. Tuomas hatte so tatsächlich schon den Mund für eine Frage geöffnet, als er jedoch Anette aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, sah er wieder, dass sie mit ihren Gedanken ganz wo anders war, so dass der Keyboarder leise seufzte. Hatte sein Versuch doch nicht geklappt und hatte sie nur so getan, als sei sie Glücklich? Er zögerte einen Moment, denn er wollte ihr den Tag nicht vermiesen, aber er machte sich so verdammt große Sorgen um die Sängerin. „Anette?“, fragte er dennoch. Sie blickte ihn fragend an. „Ja?“ „Du bist so still, alles in Ordnung?“, fragte er nach. „Ja, natürlich. Heute war doch so ein schöner Tag, also mach dir keine Sorgen, ja?“, meinte sie. Tuomas nickte leicht und konzentrierte sich nun wieder auf dem Straßenverkehr, merkte jedoch, dass Anette mit ihren Gedanken wieder ganz wo anders war. Was beschäftigte die andere nur so? War irgendetwas nicht in Ordnung? Hatte sie irgendwelchen Stress? Zu gerne würde der Keyboarder gerne wissen, was seine Sängerin beschäftigte, dass sie so abwesend wirkte. Doch er wusste genau so gut, je mehr er drauf einreden würde, umso sturer wurde Anette und er wollte ihr den Tag wirklich nicht vermiesen. Sie fuhren gerade in den Wald hinein, hinter der schon bald die Pension zu sehen war, als Anette sich zu Tuomas drehte und ihn eine Weile lang musterte, als würde sie hin und her überlegen. Der Keyboarder tat jedoch so, als würde er sich auf den Straßenverkehr konzentrieren. Vielleicht würde sie ja doch reden, wenn er nicht so sehr darauf beharrte und ihr ihre Zeit ließ. „Tuomas, darf ich dich etwas fragen?“ „Natürlich, jeder Zeit“, erwiderte der Keyboarder. Ob sie nun endlich reden würde? „Hältst du mich eigentlich für egoistisch?“, fragte sie dann plötzlich. Tuomas konnte nicht anders und blickte Anette für einen Moment verwundert und erstaunt zugleich an. „Wie kommst du denn auf diese Frage? Natürlich nicht“, meinte er ernst. Anette schien nach dieser Antwort wirklich erleichtert zu sein, doch Tuomas verstand das nicht. Warum sollte sie jemand für egoistisch halten? Anette war alles andere als egoistisch, sie dachte immer zuerst an die anderen, dann an sich selbst. Hielt sie jemand tatsächlich dafür? „Wer das zu dir gesagt hat, muss bekloppt gewesen sein“, rutschte es Tuomas heraus. Eigentlich hatte er es nicht laut sagen wollen, deshalb blickte er nun wieder nach vorne, merkte jedoch noch, dass Anette ihm ein erleichternd wirkendes Lächeln geschenkt hatte. „Danke“, meinte sie sanft. Tuomas nickte nur leicht verlegen. Nach diesen Worten schwiegen sie für den Rest der Fahrt. Jukka war mit seiner Frau gerade von einem Spaziergang wieder gekommen. Satu war tatsächlich zwei Stunden, nachdem er Ria nach dem Zimmer gefragt hatte, angekommen. Die erste Zeit hatten sie mit den drei Kindern verbracht, bis jedoch Marco vorschlug, sich um die drei Rabauken zu kümmern, so dass die beiden Zeit für sich hatten. Jukka fragte sich im Stillen, ob Marco vielleicht bemerkt hatte, dass es zwischen Satu und ihm noch einiges zu klären gab. Immerhin hatte er ja bei durch die Scheidung Erfahrungen, was diese Sache anging. So war der Drummer ihm doch recht dankbar und sie konnten so auch nochmal in Ruhe über alles reden und klären. Er war mehr als froh, dass wieder alles geklärt war. „Jukka, wir müssen langsam zurück, die Kinder sollten schon längst im Bett sein, wie du weißt“, meinte Satu gerade. Sie hatte sich an ihren Mann gelehnt und blickte zu ihm hoch. Der Drummer hatte seine Arme um Satu gelehnt und drückte sie leicht an sich. Nun war es Zeit für seine Überraschung, die er sich bis zuletzt aufgehoben hatte. „Du Satu, da gibt es noch etwas, was ich dich fragen muss“, begann er und schaute nun zu Satu, die ihn leicht fragend ansah. Er blieb stehen und blickte seine Frau nun leicht lächelnd an. „Was denn?“, fragte sie und blieb nun ebenfalls vor ihm stehen. „In dieser Pension gibt es nicht nur Einzelzimmer, sondern auch Doppel- und Drei-Bett-Zimmer. Wenn du möchtest, kannst du mit den Kindern gerne ein bisschen länger hier bleiben, es würde mich sehr freuen“, schlug er dann lächelnd vor. Vor einigen Tagen hatte er die anderen gefragt und sie hatten auch nichts dagegen. „Oh Jukka, ist das dein ernst?“, fragte Satu und ihre Augen schienen vor Begeisterung zu leuchten. Jukka verzog erstaunt das Gesicht, natürlich nur aus Spaß. „Denkst du im Ernst, ich würde bei so etwas spaßen?“, fragte er. Satu sprang ihrem Mann nun freudig in die Arme. „Jukka, du bist unglaublich!“, hauchte sie und blickte ihn liebevoll an. „Ich liebe dich“, meinte sie sanft. „Ich dich auch“, erwiderte der Drummer ebenfalls sanft. Sie sahen sich einen Moment tief in die Augen der jeweils anderen und kamen sich dann immer näher, bis sich ihre Lippen fast berührten, doch dann… „Also, sogar hier könnt ihr nicht mal zwei Sekunden voneinander los lassen, wie?“ Jukka und Satu zuckten Beide leicht zusammen und entfernten ihre Gesichter voneinander, hielten sich jedoch noch in den Armen. Der Drummer blickte sich leicht missmutig zu dem Übeltäter um, der sie gestört hatte und entdeckte nun Emppu, der bei der Eingangstür der Pension stand. „Man sollte jede Gelegenheit nutzen, oder bist du etwa eifersüchtig?“, konterte Jukka, doch der kleine Wirbelwind ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Och ich doch nicht“, wehrte sich Emppu, nickte jedoch leicht nach vorne. Jukka und Satu blickten nach vorne und sahen, wie Marco mit ihren Kindern wieder kam. Die beiden verstanden sofort und ließen voneinander ab. Marco hatte nie gezeigt, ob ihn die Scheidung mit Manki noch mit nahm oder nicht, deshalb sollten sie sich besser zurück halten. Vor allem wenn man besah, dass Luna und Nikki gerade auf ihre Eltern zu gerannt kamen und sie freudig umarmten. „Na, hattet ihr Spaß?“, fragte Jukka und die Kinder nickten freudig und erzählten, was sie auf den Ausflug mit dem Bassisten alles gesehen hatten. In der Zwischenzeit kam auch Marco bei ihnen an und die kleine Lara, die Marco getragen hatte, da sie noch zu klein war, streckte ihre Arme sofort nach ihrem Vater aus, welcher sie gleich abnahm. Lara war sehr auf ihren Vater fixiert, wie der Drummer wusste. „Alles gut gelaufen?“, fragte Satu gerade noch einmal nach, woraufhin Marco nickte. „Natürlich, bin bestens mit den dreien ausgekommen“, erwiderte der Bassist. „Dann ist ja alles gut gelaufen“, meinte Jukka. Emppu schien sich in diesem Moment leicht suchend umzublicken. „Tuomas und Nettie noch nicht da?“, fragte er in die Runde. „Wie es aussieht, noch nicht“, meinte Jukka. Er hatte die beiden seit heute früh nicht wieder gesehen. „Na so lange sie ihren Spaß haben“, warf Emppu ein. „Anette bestimmt“, erwiderte der Drummer grinsend. Auch ihn hatte es gewundert, dass Tuomas freiwillig mit der anderen shoppen gegangen war. Erstens weil sie wussten, dass Tuomas nicht gerne Shoppen ging und zweitens weil sie wussten, dass Anette unaufhaltsam war, wenn es um dieses Thema ging. Sie hatten sich noch eine Weile weiter unterhalten, bis Riandra aus der Pension auf sie zu kam, und Jukka gefiel ihr leicht überraschter Ausdruck überhaupt nicht. „Ria, alles in Ordnung?“, fragte er nach. Der Drummer hatte sich einfach angewöhnt, die Andere bei ihrem Spitznamen zu nennen. Zu seiner Überraschung jedoch nickte die Angesprochene. Die Anderen schauten nun ebenfalls zu Ria. „Sagt mal, erwartet ihr noch jemanden? Das Auto dort gehört ja ganz sicher nicht zu euch, oder?“, fragte Ria und deutete nach vorne zur Straße, wo gerade ein Auto zur Pension fuhr. Sie warteten nun, bis das Auto zum Stehen kam. Heraus kam ein Mann mit dunklen Haaren, der einen Blumenstrauß bei sich hatte, den die Bandmitglieder von Nightwish natürlich sofort erkannten. „Das ist Johann, Anettes Ehemann“, erklärte Jukka Riandra. Es überraschte sie alle, dass der andere auf einmal hier war, normaler Weise hätte die Sängerin ihnen davon erzählt. Doch Johann kam nun auf sie zu und Riandra ging einige Schritte nach vorne. Immerhin musste sie die Gäste ja auch begrüßen. „Herzlich Willkommen in unserer Pension, was kann ich für Sie tun?“, begrüßte sie den Neuankömmling. Johann nickte Ria jedoch nur flüchtig zu und wandte sich dann zu den Bandmitgliedern. „Wo ist Anette? Ich muss mit ihr reden“, begann er. Die anderen tauschten kurz Blicke miteinander, dann wandte sich Marco an Johann. „Sie ist mit Tuomas in der Stadt“, erklärte er. Marco bemerkte, dass er etwas Falsches gesagt haben musste, denn Johan blickte ihn erstaunt an. „Sie ist WAS?“, fragte er nicht nur erstaunt, sondern auch zornig. Marco musste zugeben, es verbesserte Johanns Laune nicht gerade, als er nun das Bandauto sah, wie es anhielt und was Anette da tat. Satu wandte sich zu Jukka, ihr Gefühl sagte ihr, dass die Kinder nicht unbedingt mit ansehen mussten, was gleich geschehen würde. „Jukka, die Kinder sollten langsam schlafen gehen, meinst du nicht auch?“, meinte sie. Jukka verstand natürlich sofort und verabschiedete sich von den anderen. Er ließ sie zwar gerade eben ungern alleine, aber die anderen Beiden schienen auch einverstanden zu sein. Der Songwriter war nun mit Anette tatsächlich wieder angekommen. Hätte er jedoch gewusst, was gleich passieren würde, hätte er sich noch mehr Zeit gelassen. Er schnappte sich nun alle Einkaufstüten und schloss das Auto ab. „Tuomas, warte noch einen Moment“, meinte sie. Sie beide hatten bis jetzt nicht gemerkt, dass die Anderen vor der Pension standen und sie beobachteten. „Ja?“, fragte Tuomas. Anette zögerte einen Moment, ehe sie weiter sprach. „Dieser Tag war wirklich wunderschön, das müssen wir bald mal wieder wiederholen. Vielen Dank.“ Danach tat Anette etwas, womit der Keyboarder niemals gerechnet hätte. Bevor sie losgingen, hatte die Sängerin sich nach vorne gebeugt und Tuomas einen Kuss auf die Wange gegeben. Er bemerkte, dass sie leicht errötet war, nachdem sie sich von ihm gelöst hatte und er selbst war total verblüfft darüber, aber ein Teil von ihm freute sich auch darüber, was jedoch schnell verschwand. Ein eisiger Schauer lief ihn über den Rücken, als er ein lautes und zorniges „ANETTE!“, hörte, sich zu den anderen drehte und Johann erblickte. Kapitel 4: Erste Anzeichen -------------------------- Nach diesem lauten und zornigen Ausruf blickte der Keyboarder nun leicht geschockt zu den Anderen, die nicht weniger überrascht wirkten. Die ganze Freude, Tuomas noch vor wenigen Minuten empfand, war mit einem Mal verflogen, als er Johan sah, wie er mit schnellen Schritten auf ihn und Anette zukam. Und anscheinend hatte er die Geste von Anette eben komplett falsch verstanden. Instinktiv ging der Keyboarder einige Schritte vor Anette, die immer noch komplett perplex da stand, doch anscheinend wurde dies ebenfalls falsch verstanden. Johans Blick ihm gegenüber wurde noch wütender. „Zur Seite, Holopainen!“, fuhr er den Keyboarder wütend an. „Beruhig dich erst einmal“, begann der Keyboarder, doch dann wollte Johan ihn zur Seite schieben und dies schien Anette aus ihrer Starre zu befreien. Bevor sich die Schwarzhaarige jedoch an Johan wandte, sah sie noch einmal zu Tuomas. „Schon gut“, meinte sie und ging nun wieder vor ihm, nur um Johan besser im Blick zu halten. „Was willst du hier?“, fragte sie nach und klang zur Überraschung des Keyboarders sogar richtig ernst. „Eigentlich wollte ich nochmal mit dir reden, aber wie ich sehe bist du ja sehr schnell über alles hinweg gekommen“, fing der Bassist von Pain an. Anette schienen diese Worte regelrecht wütend zu werden und nun wusste der Keyboarder nicht ganz, ob es richtig war, hier zu bleiben oder ob die Zwei das nicht lieber unter sich ausmachen sollten. Doch in dem Moment, als er sich leise entfernen wollte, schien Anette ihn leicht flehend anzusehen, als ob sie unbedingt wollte, dass er dabei bliebt, doch wäre es nach Johan gegangen, hätte Tuomas sich irgendwo verkriechen sollen. Der Keyboarder kannte sie beide lange genug um dies zu erkennen. Dennoch blieb er Anette zu liebe doch da, irgendwie wollte er sie nicht alleine lassen. „Reden?!“, fing sie an und funkelte Johan zornig an. „Worüber sollen wir Bitte reden, Johan? Ich dachte, wir hätten alles geklärt!“ „Das haben wir, aber ich habe gehofft, dass du in der Zeit wo du alleine bist, nochmal in Ruhe über alles nachdenkst.“ „Wenn du meine Wünsche akzeptieren würdest, hätte ich vielleicht nochmal nachgedacht, aber ich weiß, dass du das niemals tun wirst!“ „Weil du die Mutter deiner Kinder bist, Anette! Du solltest mehr Zeit mit ihnen verbringen, anstatt Urlaub mit der Band zu machen.“ „Lass das aus dem Spiel, das hat hiermit nichts zu tun!“ „Hat es sehr wohl, die Kinder brauchen ihre Mutter!“ „Du weißt, dass ich immer für die Kinder da bin und dass ich den Urlaub sofort abbrechen würde, wenn es ihnen nicht gut geht, außerdem warst du damit einverstanden!“ „Ja, bevor ich gerade eben gesehen habe, dass es dir wohl nur um EINE Person aus der Band geht.“ Johans Blicke sprachen mehr als tausend Worte, als er so zornig zu Tuomas schaute. Doch ehe der Keyboarder etwas zu seiner Verteidigung sagen konnte, übernahm Anette wieder das Wort. Sie schien noch wütender zu sein, als sie es vor wenigen Sekunden schon war. „Da haben wir es wieder, wie ich es immer sage!“, rief sie zornig aus. Johan schien Anette leicht verwirrt zu mustern, bis die Schwedin fort fuhr. „Du siehst nur das, was du willst! Wie es wirklich ist, interessiert dich gar nicht!“ „Was gibt es da anderes zu verstehen? Es war doch eindeutig!“ „Weißt du was? Lass es ganz einfach sein, es hat keinen Sinn, mit dir zu diskutieren! Ich weiß, wie es wirklich war, aber wenn der Herr nicht zuhören will, kann ich auch nichts ändern! Aber was anderes habe ich ja auch nicht erwartet, so warst du schon immer!“ „Siehst du? Du streitest es nicht einmal ab!“ „Du bist eh zu stur, um etwas anderes zu glauben. Hauptsache, es geht immer alles nach deinem Willen. Aber du wusstest von Anfang an von meinen Träumen und meinen Zielen und du wolltest mir sogar helfen! Was ist draus geworden? Du willst weder, dass ich auf Tournee gehe noch dass ich einfach mal das mache, was ich für richtig halte!“ „Weil du dabei bist, den falschen Weg einzuschlagen!“ „Und woher willst gerade du das wissen?“ „Weil ich ihn kenne!“, fauchte Johan und blickte nun zu dem Keyboarder. „Wie lange wird sie wohl bleiben? Oder wirst du sie abservieren, sobald sie sich für jemand Anderen interessiert? Wirst du sie aus der Band schmeißen, genau wie Tarja?“ Es war Johan gerade ziemlich egal, dass er bei Tuomas einen wunden Punkt getroffen haben musste, es tat ihm einfach nur gut, seiner Wut freien Lauf zu lassen. „Das war zu viel!“, knurrte Marco und wollte sich nun zu den Streitenden begeben, doch Emppu konnte ihn gerade noch davon abhalten, indem er den Bassisten an der Schulter fest hielt. „Wir sollten uns da nicht einmischen!“, meinte Emppu ernst. Natürlich fiel es dem kleinen Wirbelwind auch schwer, einfach hier stehen zu bleiben und sich alles mit anzuhören, da sie sich nicht gerade leise unterhielten, denn er hatte es nicht geschafft, den Bassisten dazu zu bringen, genau wie Riandra in die Pension zurück zu gehen. Dies war eine Sache zwischen Anette und Johan, doch anscheinend hatte Marco genau so etwas befürchtet. „Du weißt, wie Tuomas auf dieses Thema immer reagiert!“, erwiderte Marco. Der Bassist kannte seinen besten Freund lange genug, er würde sich wieder tagelang in seinem Zimmer verkriechen und niemanden an sich heran lassen, vor allem wenn es ihn so eiskalt erwischt hatte. „Wenn wir uns jetzt einmischen, wird es für Anette nur noch schlimmer!“, gab der Gitarrist zu bedenken. Marco schien eine Weile hin und her zu überlegen und doch konnte er nicht anders, als Emppu Recht zu geben. Als er damals den Stress mit Manki hatte, wollte er auch nicht, dass sich Jemand von den anderen da einmischte, aber trotzdem. Schließlich seufzte Marco, blieb dann aber stehen. „Na gut. Aber noch ein falsches Wort von Johan, und ich garantiere für nichts!“, warnte der Bassist. Emppu nickte daraufhin und hoffte, ehe es so weit kam, hatten sich alle wieder beruhigt. Zu allem Überfluss fing es nun auch an, windig zu werden, zudem zogen sich Wolken am Himmel zusammen, so dass es wenige Sekunden später auch noch anfing, zu regnen. Erst wenig, dann immer mehr. „Auch das noch“, kam es knurrend von Marco. „Es gibt keinen Grund, dass ich Anette je aus der Band nehmen sollte“, erwiderte der Keyboarder auf Johans Anschuldigung. Der Regen, der in der Zwischenzeit aufgekommen ist, störte ihn recht wenig. „Zwischen uns läuft nichts, falls du das denkst.“ Zu seiner eigenen Überraschung klang Tuomas Stimme zwar fest, aber auch eisig. Er wollte Johan nicht zeigen, wie sehr ihm diese Worte zugesetzt hatten. Johan jedoch winkte nur ab. „Ach hör doch auf, und warum warst du dann mit ihr alleine unterwegs?“, fragte der Bassist, jedoch mit einem spöttischen Unterton. „Ganz einfach, weil ich sie aufmuntern wollte!“ „Wer soll dir das glauben? Warum solltest ausgerechnet du Anette aufmuntern wollen?“ „Weil mir der Zusammenhalt wichtig ist! Nicht nur als Band, sondern auch der Zusammenhalt als Freunde!“ Johan lachte kurz kalt auf. „Das hat ja bis jetzt super geklappt!“, spottete er. „Hör auf!“, kam es nun von Anette, die nun zwischen den Beiden gegangen war. Johan funkelte Anette nun an. Er schwieg einen Moment, ehe er wieder fort fuhr. „Du hast dich also eindeutig für ihn entschieden?“, fragte Johan und er klang dabei sogar sehr ruhig. „Glaub was du willst. Aber ich habe mich für die Band entschieden, denn sie helfen mir, meine Träume zu verwirklichen.“ Für einen Moment blickten sich beide in die Augen und schienen sich stumm zu verständigen. „Dann war die Scheidung damals also richtig. Wie gesagt ich hatte gehofft, dass du nochmal über alles nachdenkst, wenn du deine Ruhe hast. Mach du nur deinen Urlaub, ich werde die paar Wochen auf die Kinder aufpassen, dann sieh selbst zu, wie du mit deiner Karriere und deinen Kindern alleine fertig wirst!“ Nach diesen Worten ging Johan wieder zu seinem Auto und öffnete es. Nachdem er den Blumenstrauß, den er eigentlich für Anette mitgebracht hatte, wütend auf dem Boden geschmissen hatte, setzte er sich in das Auto rein, knallte geräuschvoll die Tür zu und fuhr los. Tuomas blickte Johan nur leicht fassungslos hinterher. Mit so einem Ausgang des heutigen Tages hatte er garantiert nicht gerechnet. Es war zwar aufgegangen, dass Anette tatsächlich den Tag über glücklicher wirkte, aber was war nun? Der Keyboarder blickte besorgt zu Anette, die bis jetzt kein Wort mehr gesagt hatte. Langsam ergab das alles einen Sinn, weshalb Anette sich verändert hatte, weshalb sie traurig und betrübt wirkte. Nach dieser Aktion eben wurde ihm klar, dies war bei Weitem nicht die erste Auseinandersetzung, die die Beiden in letzter Zeit hatten. Vor allem hatte ihn Johans Satz geschockt, dass die Scheidung damals richtig war. Damals, und nicht erst vor kurzem. Wie lange trug Anette diese Bürde nun schon mit sich herum? Warum hatte sie sich ihnen nicht anvertraut? Und warum hatte keiner von ihnen schon eher etwas bemerkt? Der Keyboarder blickte nun zu der Sängerin, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Er wollte irgendwas Aufmunterndes sagen, sie wissen lassen, dass sie nicht alleine ist, dass er für sie da ist. Nicht nur er, die anderen alle auch, davon ging der Keyboarder gerade einfach aus. Doch egal wie sehr er auch überlegte, er fand einfach nicht die passenden Worte. Vielleicht lag es auch gerade daran, dass seine Gefühlswelt gerade selbst mal wieder verrückt spielte. Doch der Keyboarder schob seine eigenen Probleme nun erst mal weit beiseite. Immerhin ging es gerade um Anette und nicht um ihn. Er stellte sich nun neben Anette und legte ihr seine Hand auf ihre Schulter. Die Schwarzhaarige jedoch schien gerade ganz weit weg mit ihren Gedanken zu sein, denn sie reagierte nicht darauf. In der Zwischenzeit hatte der Wind zwar abgenommen, aber es regnete noch immer in Strömen, doch das störte Tuomas nicht wirklich, denn das trübe und graue Wetter gab gerade nur seine eigenen Gefühle wider. „Es tut mir leid“, hörte er Anette nach einer Weile sagen. Er blickte leicht verwundert zu ihr. „Was meinst du?“, fragte der Keyboarder nach. „Ich wollte dich da nicht mit hinein ziehen, ich wusste nicht, dass er hier sein würde“, meinte sie dann. „Lass ihn doch sehen, was er sehen will“, startete Tuomas den Versuch, Anette etwas aufzumuntern, anscheinend ohne Erfolg. „Hmh…“, machte die Schwedin nur. Danach drehte sie sich um und kehrte in die Pension zurück und ließ Tuomas ohne ein weiteres Wort im Regen stehen. Marco sah, wie Anette ihnen nun entgegen kam, doch weder er und Emppu sprachen sie auf das gerade eben Geschehene an. Sie Beide wussten, wenn Anette reden wollte, würde sie es von alleine tun. Der Bassist blickte nun leicht besorgt zu seinem besten Freund, der immer noch reglos da stand. Ihm gefiel das nicht und auch wenn er wusste, wie stur der Keyboarder sein konnte, musste er mit ihm sprechen. Es würde ihm nämlich gar nichts bringen, wenn Tuomas sich wieder verkriechen würde, das wollte der Bassist unbedingt vermeiden. So wandte er sich noch einmal zu Emppu, der leicht unschlüssig da stand. „Ich werde mit ihm reden, bevor er sich mal wieder Tage lang in sein Zimmer verkriechen wird“, meinte der Bassist, woraufhin Emppu nickte und sich nach drinnen verzog. Marco ging nun zu dem Keyboarder hin und klopfte ihm mit seiner Hand leicht auf die Schulter. „Hey“, meinte der Bassist. Tuomas schien in für einen Moment leicht verwirrt zu mustern, anscheinend war er gerade in seinen Gedanken vertieft. „Alles in Ordnung?“, wagte Marco einen neuen Versuch. Tuomas schwieg jedoch noch eine ganze Weile, so dass Marco den Keyboarder gerade ein drittes Mal aus dessen Gedanken holen wollte, doch zu seiner Überraschung fing Tuomas von selbst an, zu reden. „Hast du es gewusst?“, fragte er. Marco konnte sich denken, was sein bester Freund meinte und dennoch verwunderte es ihn. Sie alle machten sich wohl gerade Sorgen um die Sängerin, aber Tuomas schien sich die meisten Sorgen zu machen, das war dem Bassisten schon vor einer ganzen Weile aufgefallen. Er hatte bereits auch eine Vermutung, woran das liegen könnte, doch er würde den Keyboarder erst darauf ansprechen, sobald er sich ganz sicher war. So schüttelte Marco nun den Kopf. „Ich glaube, es hat niemand von uns gewusst“, vermutete er dann, woraufhin Tuomas leicht nickte. „Warum hat sie uns nie etwas darüber erzählt?“, fragte er dann. Marco schwieg eine Weile, auch darüber hatte er eine Vermutung, aber diese konnte er wenigstens seinem besten Freund anvertrauen. „Jeder wird mit so einer Situation anders fertig.“ Er wusste es, denn er sprach aus Erfahrung. Nun herrschte wieder Stille und auch der Regen hatte etwas abgenommen. „Wir sollten rein gehen, ich habe keine Lust, mir im Urlaub eine Erkältung einzufangen“, scherzte der Bassist leicht, um die Stimmung etwas erträglicher zu machen. Tuomas grinste daraufhin tatsächlich etwas. „Du hast recht“, gab er zu. Doch gerade, als sie zur Pension gehen wollten, fiel dem Keyboarder noch was ein und blieb nochmal stehen. Marco warf ihm einen fragenden Blick zu. „Wir haben die Einkäufe im Auto vergessen“, erklärte der Keyboarder und eilte zum Auto zurück. Marco folgte seinem besten Freund und es hatte ihm leicht die Sprache verschlagen, als Tuomas sage und schreibe fünf volle Einkaufstüten aus dem Auto holte und es wieder abschloss. „Eigentlich sollte mich das bei Anette nicht mehr wundern“, grummelte er leicht und nahm dem Songwriter zwei Tüten ab, damit Tuomas nicht alles tragen musste. „Es gehört nicht alles Anette, eine davon gehört mir“, gab der Keyboarder angesichts Marcos verdutzter Miene grinsend zu. „Hat sie dich jetzt auch noch angesteckt?“ Das hätte Marco nie im Leben gedacht. „Nein, mach dir da mal keine Sorgen“, wehrte sich Tuomas. Er würde nie verstehen, weshalb Frauen so gerne shoppen gingen. Bevor Tuomas jedoch Anettes Zimmer aufsuchen würde, zog er sich noch einmal in sein eigenes Zimmer zurück, um sich abzutrocknen und sich neue Sachen anzuziehen. Immerhin hatte Marco recht gehabt, er wollte auch nicht unbedingt krank werden. Nachdem er sich nun umgezogen hatte, schnappte er sich die Einkaufstüten und ging zu Anettes Zimmer, welches seinem genau gegenüber lag, und klopfte an. Es dauerte einen Moment, ehe ihm die Tür von Anette aufgemacht wurde. Sie versuchte, nicht zu zeigen, wie sehr sie der Streit mitgenommen hatte. Dies hatte der Keyboarder an der Tatsache gemerkt, dass sie ihn anlächeln wollte, jedoch gelang es ihr nicht ganz. Außerdem sah Tuomas an ihren roten Augen, dass Anette vor wenigen Minuten noch geweint haben musste. Innerlich seufzte er und wünschte sich einmal mehr, dass er der Schwarzhaarigen irgendwie helfen konnte. „Tuomas, was gibt es?“, fragte sie dann. „Die Einkaufstüten, sie waren noch im Auto“, erklärte er und zeigte sein für ihn übliches Grinsen. Anette musterte ihn für einen Moment verwirrt, dann schien es ihr wieder einzufallen. „Oh, die hab ich ganz vergessen, komm rein!“, meinte Anette und lächelte dabei leicht verlegen. Tuomas betrat nun das Zimmer, wo Anette ihm die Tüten abnahm und ihre Tür wieder schloss. Die Schwarzhaarige brauchte nun einige Minuten, um ihre neuen Errungenschaften zu verstauen, die der Keyboarder nutzte, um sich ein wenig in dem Zimmer umzusehen. Viel Neues gab es jedoch nicht, denn es war fast genauso eingerichtet wie sein Zimmer gegenüber, bis sein Blick auf Anettes Bett fiel und sich ihm näherte. Auf dem Bett lag ein Foto, welches drei Personen zeigte. Eine davon war seine Sängerin und die anderen Beiden waren ihre beiden Kinder, der ältere Seth und der jüngere Nemo, welchen Anette auf ihre Arme trug. Sie alle Drei blickten lächelnd nach vorne. Tuomas fiel dabei auf, dass Johan hier schon nicht mehr auf dem Foto war. Oder hatte er die Drei fotografiert? „Ein schönes Foto, nicht wahr?“, fragte Anette, die neben ihm getreten war, was der Keyboarder gar nicht mit bekommen hatte. Tuomas nickte nur leicht, während Anette das Foto in die Hände nahm und sich aufs Bett setzte. Ihr Blick alleine sagte dem Keyboarder, dass er sich auch ruhig setzten konnte und so kam Tuomas der Aufforderung entgegen und nahm neben Anette Platz. Er schwieg einen Moment und beobachtete Anette schweigend dabei, wie sie das Foto musterte. „Du vermisst sie, oder?“, fragte er dann zögernd. Anette brauchte nichts zu sagen, er bemerkte schon, dass er richtig gelegen hatte, als eine einzelne Träne an Anettes Wangen runter lief. „Johan und ich haben uns vor zwei Monaten scheiden lassen. Wir waren noch auf Tournee, das hat mich abgelenkt, aber nun... Er stand mir die meiste Zeit immer nur im Weg. Er war von Anfang an dagegen, dass ich mit euch so lange weg sein würde, er hat meine Wünsche nie akzeptiert. Dennoch habe ich ihn geliebt. Aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass er sich immer weiter gegen meine Wünsche gestellt hat. Wäre es nach ihm gegangen, hätte ich nur noch Mutter sein sollen, ich hätte niemals an meine Wünsche und Träume weiter arbeiten sollen. Wir haben uns immer mehr gestritten, so dass es am Ende keinen anderen Weg gibt. Mit der Scheidung komme ich zurecht, aber wenn ich an die Kinder denke, wünschte ich mir immer, dass sie hier bei mir wären.“ Während Anette dies sagte, wurde ihre Stimme immer brüchiger und sie fing auch an, leise zu schluchzen. In diesem Moment wirkte die sonst so starke Sängerin schwach und verletzlich. Ohne zu zögern legte der Keyboarder seine Arme um die Sängerin und drückte sie leicht an sich. Für einen Moment schien Anette sich leicht zu versteifen, doch dann gab sie doch nach. Tuomas sah, wie Anette ihre Arme um ihn legte und sich an ihn drückte. Kurz danach ließ sie ihren Tränen freien Lauf und der Keyboarder streichelte ihr sanft über dem Rücken und ließ zu, dass sie sich ausweinte. „Wir holen sie irgendwie hier her, das verspreche ich dir“, meinte der Keyboarder ernst. Er hoffte nur, dass er sein Versprechen auch wirklich halten konnte. Jukka und Satu waren gerade auf dem kleinen Balkon, der an ihrem Zimmer angrenzte. Die Kinder schliefen schon lange, jedoch ließen die Eltern die Balkontür leicht geöffnet, so dass sie es mit bekommen würden, wenn eins von ihnen munter werden würde. Der Drummer hatte sich hinter Satu gestellt und sie an sich gedrückt. Satu hatte sich an ihn gekuschelt und genoss die Nähe zu ihrem Mann vollkommen. „Es ist lange her, seit wir Zeit für uns hatten, nicht wahr?“, fragte sie. „Ja, das stimmt. Bist du noch sauer deshalb?“, fragte er nach, doch Satu schüttelte den Kopf. „Ich habe überreagiert, das tut mir leid“, entschuldigte sie sich, Jukkas Gefühl nach mindestens zum hundertsten Mal am heutigen Tag. Doch er hatte Satu schon nach ihrer ersten Entschuldigung vergeben. „Du weißt, dass ich dir schon längst vergeben habe“, erklärte der Drummer sanft. „Hmh…“, kam es von Satu. Wieder schwiegen sie eine Weile, in der Jukka mit bekam, dass Satu noch irgendwas anderes beschäftigte. Er hatte den ganzen Tag schon versucht, mit ihr darüber zu reden, doch hatte sie immer abgeblockt, wenn er wieder damit angefangen hatte, doch dieses Mal würde er nicht klein beigeben. „Satu“, meinte er sanft, aber bestimmt. Satu schien dieser Ton leicht zu wundern, denn sie befreite sich etwas aus der Umarmung ihres Mannes und blickte ihn nun etwas fragend an. „Was denn?“, fragte sie nach. „Du verheimlichst doch etwas vor mir, nicht wahr? Bitte leugne es nicht länger, ich sehe es dir an.“ Jukka wirkte nach diesen Worten ernster, als man es von ihm erwartet hätte, doch er wollte nicht, dass es zwischen ihnen Geheimnisse gab. Satu schwieg eine ganze Weile und schien genau zu überlegen, ob sie sich ihrem Mann anvertrauen sollte oder nicht. Dann jedoch seufzte sie, legte ihre Arme um ihn und drückte sich an ihn. „Es tut mir leid“, meinte sie und blickte ihn an. Den Drummer hatte es überrascht, dass ihre Augen etwas glänzten, als würde sie mit den Tränen kämpfen müssen. „Ich musste dich heute unbedingt sehen, deshalb bin ich heute mit den Kindern hier her gekommen.“ Jukka blickte seine Frau nun etwas verwirrt an. Was meinte sie denn nun damit? „Satu, ist etwas passiert?“ Seine Frau zögerte kurz, ehe sie wieder fort fuhr. „Ich habe seit ein paar Tagen ein merkwürdiges Gefühl, was immer stärker wird. Irgendwas sagt mir, dass du schon sehr bald sehr weit weg gehen und nicht mehr zu uns zurückkommen wirst“, öffnete sie sich dann endlich. Jukka schwieg für einen Moment, lächelte seine Frau dann jedoch sanft an. „Warum sollte ich dich und die Kleinen denn verlassen? Dafür gibt es doch keinen Grund, ihr seid mein ein und alles“, erklärte er. Satu schienen diese Worte etwas zu beruhigen, dennoch erkannte er leichte Unsicherheiten bei ihr. Jukka seufzte leicht, blickte seine Frau dann jedoch wieder an. „Ich liebe dich und die Kleinen mehr als alles andere auf der Welt. Ich würde euch niemals im Stich lassen“, fügte er nun ernst hinzu. Wie kam Satu nur auf solche Ideen? Sie hatten ein wenig Stress in letzter Zeit gehabt, das musste der Drummer zugeben, aber wegen so was würde er seine Familie doch niemals verlassen und Satu wusste das eigentlich ganz genau. Seine Frau schwieg einen Moment und musterte ihn, als ob sie sicher gehen wollte, dass er die Wahrheit sagte, bis sie dann schließlich nickte. „Du hast recht, wie Dumm von mir“, gab sie schwach lächelnd hinzu. Sie blickten sich nun eine Zeit lang wortlos in die Augen des jeweils anderen, bis sie sich immer näher kamen und ihre Lippen sich schließlich berührten. Tuomas war noch sehr lange bei Anette, bis sie sich beruhigt hatte und eingeschlafen war. Danach kehrte der Keyboarder in seinem Zimmer zurück. Irgendwie war er doch etwas erschöpft, nun, vielleicht lag das an dem ganzen heutigen Tag. Er brauchte unbedingt Schlaf, doch bevor er seiner Müdigkeit nachgab, blickte er noch einmal hinaus. Der Regen schien sich verzogen zu haben, denn er hörte das Plätschern des Regens nicht mehr. Dennoch musste der Keyboarder seufzen. Irgendwie war der Tag heute doch anstrengend gewesen, auch wenn er schön angefangen hatte. Tuomas legte sich nun in sein Bett und es dauerte nicht lange, bis er tatsächlich einschlief. Nur wenige Sekunden, nachdem der Keyboarder dem Schlaf nachgegeben hatte, schlug dieser wieder die Augen auf und blickte sich leicht verwirrt um. Nun gut, richtig umsehen konnte er sich nicht, denn wo immer er auch hinsah, war Dunkelheit um ihn, als hätte sie ihn eingehüllt. Während er umher lief, bemerkte er jedoch festen Untergrund unter seinen Füßen. Irgendwie beängstigte ihn diese Dunkelheit, die so… unnatürlich wirkte. Irgendwas stimmte hier nicht, so dass der Keyboarder anfing, herum zu laufen, was er sich jedoch hätte sparen können. Überall sah es gleich aus und er fragte sich wirklich, wo er hier gelandet war. Gab es so einen Ort wie diesen hier überhaupt? Und wo war er eigentlich gelandet und war er hier alleine? Diese ganzen Fragen schossen dem Keyboarder gerade durch den Kopf, bis er dachte, ein Geräusch gehört zu haben. „Wer ist da?“, rief er laut. „Tuomas…“ Er zuckte leicht zusammen, als er hörte, wie Jemand nach ihm rief. Er kannte diese Stimme irgendwo her. Sie klang freundlich, als würde sie ihm helfen wollen. „Wo bist du?“, fragte der Songwriter nach. „Folge dem Licht der Dunkelheit“, meinte die Stimme sanft, woraufhin sich Tuomas nur verwirrt umblickte. Dem Licht… der Dunkelheit? Was sollte das nun schon wieder sein? Doch kaum hatte er sich das gefragt, sah er in einiger Entfernung vor sich etwas aufleuchten. War dieses… Leuchten gemeint? Zögernd folgte er diesem Etwas, bis er kurz davor war. Vom nahen sah es aus wie eine kleine, weiß leuchtende Kugel und als er sie berühren wollte, breitete sie sich auf einmal aus, sie umhüllte den Keyboarder wie eine Art Barriere und sie wurde immer größer, bis genau vor ihm eine Frau wie aus dem Nichts erschien. Tuomas hatte sich leicht erschrocken und ging einige Schritte zurück. Er kannte diese Frau! Diese mandelförmigen Augen, die langen, silbernen Haare und dazu diese merkwürdige Rüstung… Es war ganz eindeutig jene Frau, die er vor einigen Tagen im Wald begegnet war. Das Herz des Keyboarders begann wie wild zu schlagen. Ein Teil in ihm hatte gehofft, dass er sich jene Begegnung nur eingebildet hatte aber nun war er sich nicht mehr ganz so sicher. Das Auftauchen jener Frau warf in dem Keyboarder einige neue Fragen auf. Warum erschien sie ihm so plötzlich? Und warum wollte sie sich anscheinend nur ihm und nicht den Anderen zeigen? Was wollte sie von ihm? Genau diese letzte Frage wollte er gerade stellen, als die Frau einen Schritt auf ihn zuging und ihn sanft anlächelte. „Warum hast du Angst vor mir?“, fragte sie. Tuomas blickte sie einen Moment völlig verdutzt an. Konnte sie Gedanken lesen? Sie kicherte kurz, angesichts seiner verdutzten Miene. „Du kannst mir vertrauen, ich will dir nichts Böses“, meinte sie dann. Tuomas zögerte einen Moment. „Wer bist du?“, schoss es dann aus ihm heraus. Die Frau schwieg kurz, lächelte jedoch weiterhin. „Genau dasselbe könnte ich dich fragen.“ „Du weißt, wer ich bin.“ „Bist du dir da sicher?“ „Du kennst meinen Namen, außerdem stehst du mir gerade schon zum zweiten Mal gegenüber!“, bemerkte der Keyboarder. „Es stimmt, ich kenne deinen Namen. Aber reicht das aus? Reicht ein Name wirklich aus, um sagen zu können, wer man wirklich ist?“ „Ich weiß ja nicht mal deinen Namen, also kann ich die Frage nicht beantworten“, konterte der Keyboarder. Sie sprach in Rätseln, das war etwas, was er noch nie leiden konnte. Die Frau blickte Tuomas einen Moment erstaunt an, lachte dann jedoch leicht. „Du bist clever“, meinte sie. „Willst du mir nicht endlich sagen, wer du bist und was du von mir willst?“, fragte Tuomas dann schließlich. Er wusste immer noch nicht, was er von all dem halten sollte. „Wenn wir uns das nächste Mal treffen, werde ich mich dir vorstellen, das verspreche ich dir“, erwiderte sie schließlich. Tuomas wirkte nicht gerade begeistert. „Es wird also ein nächstes Treffen geben? Was soll dann all das hier? Und wo sind wir hier überhaupt?“, fragte er erneut. Die Silberhaarige schien leicht zu schmunzeln. „So viele Fragen und doch kann ich dir nur eine beantworten. Ich bin hier, um dir zu helfen. Dir liegt etwas auf dem Herzen, nicht wahr?“ Tuomas schwieg einen Moment. Es stimmte, sie hatte Recht. Er würde alles dafür geben, dass Anette mit ihren Kindern wieder vereint sein würde. Doch das konnte sie doch nicht wirklich meinen, oder? Die Frau schien jedoch zu ahnen, dass es wirklich etwas gab. „Du musst dich mir nicht öffnen, wichtig ist, dass du selbst daran glaubst.“ Danach streckte sie ihre Hände aus. „Halt sie fest“, forderte sie dann sanft auf. Tuomas zögerte einen Moment, doch etwas in ihm sagte dem Keyboarder, er könne der fremden Frau vertrauen. So streckte er nun ebenfalls seine Hände raus und berührte ihre. Ihre Hände strömten eine angenehme Wärme aus, die sich in seinem ganzen Körper auszubreiten schien. „Schließ deine Augen. Und jetzt denk nochmal ganz fest daran!“, flüsterte sie. Der Keyboarder wusste nicht, warum er ihrer Aufforderungen nachkam, dennoch tat er es. Er schloss die Augen und stellte sich vor, dass Anette ihre Kinder glücklich in die Arme schloss. Er verweilte einen Moment so und genoss diese Wärme, die ihn gerade durchströmte. So etwas Angenehmes hatte er noch nie in seinem Leben gespürt. Nur ganz langsam öffnete er nach einer Weile die Augen. Er wollte die Frau anlächeln, jedoch schaute er sie verwundert an. Sie schien sich aufzulösen. „Die Verbindung bricht ab“, bedauerte sie. „Verbindung?“, fragte er. Die Frau blickte ihn wieder an. „Du wirst es bald verstehen. Ich gebe dir noch einen Rat mit. Mache dir keine falschen Hoffnungen und höre auf die, die dir wichtig sind“, meinte sie ernst. Diese Worte verwirrten den Keyboarder noch mehr, doch noch ehe er nachfragen konnte, war die Silberhaarige verschwunden. Das Licht, was ihn umhüllt hatte, blieb noch da, jedoch wurde es nun immer heller und heller, bis es ihn so sehr blendete, dass er seine Augen schloss. Als Tuomas das nächste Mal seine Augen öffnete, stutzte er. Er lag wieder in seinem Bett! Er richtete sich leicht auf und schaute sich um. Als er aus dem Fenster blickte, bemerkte er, dass es draußen hell war und ein Blick auf dem Wecker sagte ihm, dass es 10 Uhr war. Er konnte nicht anders, als zu seufzen und sein Gesicht in seine Hände zu verbergen. Der Songwriter brauchte einen Moment, um zu begreifen, was ihm da passiert ist. Erst war da diese unnatürliche Dunkelheit, dann das Licht und diese Frau, die wer weiß was von ihm wollte. Und nun lag er hier in seinem Bett. War das am Ende nur ein Traum? Aber es kam ihm so verdammt real vor. Außerdem war diese Frau ihm schon einmal in dem Wald erschienen, also konnte das doch kein Traum gewesen sein, oder? Aber warum lag er denn nun in seinem Bett? Er hatte nicht bemerkt, wie jemand seine Tür öffnete und herein trat. „Das kann doch alles nicht sein, langsam dreh ich wohl durch“, murmelte er leise vor sich hin. „Warum, weil du so lange schläfst?“ Tuomas zuckte leicht zusammen und schaute zur Tür, wo sein bester Freund stand und ihn leicht belustigt musterte. „Marco, was gibt’s?“, fragte der Keyboarder erstaunt nach. „Ich dachte nur, dich wird’s interessieren, dass es Frühstück gibt, wir haben auf dich gewartet“, meinte der Bassist und blickte Tuomas an, der inzwischen seine Hände vom Gesicht getan hatte. „Danke, ich bin gleich soweit“, antwortete Tuomas und stand auf. Jedoch bemerkte er, dass Marco ihn immer noch beobachtete. „Du siehst furchtbar aus“, bemerkte er. „Hab nicht gut geschlafen. Nach nem Kaffee von Ria wird’s mir besser gehen“, meinte er nur. Oh nein, er würde dem Bassisten von dieser merkwürdigen Nacht nichts erzählen. Marco murmelte jedoch als Antwort nur irgendwas in seinem Bart hinein und Tuomas seufzte. „Du kannst sie immer noch nicht leiden, was?“, fragte er nach und Marcos Schweigen war für ihn Antwort genug. „Versuch wenigstens, sie besser kennen zu lernen“, bat Tuomas. Ihm gefiel es nicht, dass sich sein bester Freund und seine beste Freundin nicht gut verstanden. „Ich denk nicht dran“, begann er brummig. „Sie hat irgendwas merkwürdiges an sich, ich vertraue ihr einfach nicht“, gab er dann zu. Tuomas seufzte daraufhin. „Seit wann bist du so stur?“ Marco jedoch grummelte nur und verzog sich dann nach draußen, damit Tuomas sich in Ruhe umziehen konnte. Keine zehn Minuten später ging der Keyboarder frisch umgezogen in den Frühstücksraum, indem es heute Lauter war, als sonst. Dort angekommen, begrüßte er die Anderen. Ja, natürlich war es lauter, als am Vortag, denn immerhin waren nun zusätzlich Jukkas Frau, sowie seine Kinder da. Die Kinder saßen in der Mitte ihrer Eltern, bis auf der jüngsten, die Jukka wieder trug. „Tuomas!“, wurde er begrüßt und ehe er sich versah, kam ein weiterer Junge auf ihn zu. Hätte der Keyboarder seine Gefühle nicht so gut unter Kontrolle gehabt, wäre ihm wohl der Mund aufgeklappt, so sah er den kleinen Jungen nur erstaunt an. Handelte es sich wirklich um Anettes ältesten Sohn, Seth? Oder spielte ihm seine Fantasie nur einen Streich? „Seth? Wie kommst du denn hier her?“, fragte er und der Kleine begann aufgeregt, zu erzählen: „Ich bin heute Nacht aufgewacht und ein merkwürdiges Licht hat mich umhüllt und mich hier her gebracht, bei Nemo war es genau so!“ Nach diesen Worten wurde Tuomas schlecht, dennoch blickte er auf. War das, was ihm heute Nacht passiert war, doch kein Traum? Sein Verdacht schien sich zu bestätigen, als Anette auf ihm zu kam und den kleinen Nemo auf ihren Armen trug. „Tuomas, ist das nicht unglaublich? Ria kam heute früh zu mir ins Zimmer und hat mir gesagt, dass vor der Pension zwei Kinder waren, die zu mir wollten!“, erklärte sie mit leuchtenden Augen. Die ganze Trauer am Vortag schien verschwunden zu sein. Der Keyboarder blickte jedoch zu Ria, die den anderen Kaffee eingoss. Nachdem sie damit fertig war, schaute sie zu Tuomas. „Genau so war es. Seth hat mir dieselbe Geschichte erzählt und allen anderen auch“, meinte sie schmunzelnd. „Ich könnte wetten, Johan hat es nicht länger mit ihnen ausgehalten und hat sie hier her gebracht. Seth sollte das aber nicht sagen und hat sich diese Geschichte ausgedacht. Ist das nicht toll?“, erklärte Anette nun voller Freude, wie man es von ihr gewohnt war. Jedoch schien sie Tuomas dann besorgt zu mustern, da dieser etwas blass geworden ist. „Tuomas, alles in Ordnung?“, fragte sie nach. Tuomas konnte das alles einfach nicht fassen! Seine Gedanken spielten gerade komplett verrückt und sein Herz schlug wieder wie verrückt. Aber vielleicht war das auch wirklich nur ein dummer Zufall und es ist, wie Anette es gesagt hatte? Natürlich, es konnte auch gar nicht anders sein. Was hatte denn schon sein Traum mit den Kindern zu tun? „Ja, es ist alles in Ordnung, ich brauche nur einen starken Kaffee, dann bin ich munter“, meinte der Keyboarder grinsend und setzte sich zu den Anderen, genau in dem Moment, als Rias Handy klingelte. „Oh, Vater, was gibt’s?“, fragte sie. „Neue Gäste? Wen?“ Nachdem Tuomas sich gesetzt hatte, griff er nach seiner Kaffeetasse und wollte gerade einen Schluck trinken, als er sah, dass Ria gerade die Gesichtszüge entglitten. „Vater, bist du wahnsinnig?“, meinte sie auf einmal sehr laut, woraufhin Nemo und Lara anfingen, zu weinen. Sowohl Jukka, als auch Anette versuchten ihre jüngsten zu beruhigen. Ria ging nun zum Fenster und blickte entsetzt raus. „Das fällt dir ja sehr früh ein, hättest du mir nicht schon gestern Bescheid sagen können? Wie, sie haben sich eben erst angemeldet und schon bezahlt? Das kann doch nicht dein ernst sein, du weißt, wer unsere Gäste sind? Das kann niemals gut gehen! Komm mir nicht damit, nein, warte!“ Nach diesen Worten schien Rias Vater das Gespräch beendet zu haben, denn Ria steckte das Handy wütend zurück in ihrer Tasche. „Ria?“, fragte Tuomas vorsichtig nach und beobachtete seine beste Freundin, die nun nach den richtigen Worten zu überlegen schien. Sie blickte die anderen nun an und vor allem zu Jukka und Anette. „Tut mir leid, die Kleinen sollten sich nicht erschrecken“, begann sie und Beide nickten leicht. „Was ist denn los?“, fragte Emppu. „Ihr werdet mich umbringen“, murmelte Ria leise. „Nun sag schon!“, knurrte Marco. Ria atmete noch einmal tief ein und aus. „Es wird zwei neue Gäste geben, sie werden gleich da sein“, erklärte die Schwarzhaarige. „Wen denn?“, fragte Anette neugierig nach. Ria wusste weder, wie lange sie zögerte, noch wie ihr bester Freund darauf reagieren würde. Am liebsten hätte sie ihnen noch die Zeit gegeben, damit sie zusammen packten und von hier verschwinden konnten, ohne eine Begegnung, doch dafür war es nun zu spät. „Sag schon, wer. So schlimm wird es schon nicht sein“, meinte Jukka. Ria dachte sich nur im Stillen, wenn er wüsste. Dann jedoch nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, während sie bereits hörte, wie ein Auto näher kam, da die Fenster offen standen. „Tarja und ihr Mann“, offenbarte sie schließlich. Kapitel 5: Konfrontation mit der Vergangenheit ---------------------------------------------- Konfrontation mit der Vergangenheit Riandra schaute noch immer zu den anderen und sah verschiedene Gefühlsregungen in ihnen. Nachdem Jukka einen Blick mit Satu ausgetauscht hatte, starrte dieser doch leicht fassungslos zu Ria. Marco schien mit seinem Blick fragen zu wollen, ob das ihr Ernst sei und Anette blickte sie ebenso ungläubig an. Emppu schaute sie überrascht an und Tuomas… Um ihren besten Freund machte Ria sich die meisten Sorgen. Er blickte einfach nur starr nach vorne und schien zu einer Steinstatue erstarrt zu sein. Das musste ein sehr großer Schock für sie alle gewesen sein und Ria fragte sich, was ihren Vater nur dazu geritten hatte. Natürlich wusste er durch die Schwarzhaarige ebenso Bescheid, dass es Stress zwischen Nightwish und Tarja gab, eine Begegnung konnte doch unmöglich gut ausgehen, oder? „Es tut mir leid, aber es ist mein ernst“, gab sie zu. „Ich muss sie empfangen gehen, bis dann“, fügte sie leicht besorgt hinzu. Natürlich war sie auch aufgeregt und sie bemerkte leichte Angst in sich aufsteigen. Nun würde sie zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht jener Frau gegenüberstehen, der sie so ähnelte, wobei sie nicht einmal wusste, warum. Und wie die Sängerin wohl reagieren würde, wenn sie die Schwarzhaarige sah? Nun, das würde sie in wenigen Minuten erfahren. Sie verließ nun den Frühstücksraum, bevor sie jedoch die Gäste empfangen ging, eilte sie noch einmal in ihr Zimmer, um den Schlüssel für das Doppelzimmer, was die Beiden gebucht hatten, zu suchen. Nach kurzer Zeit fand sie ihn und eilte zur Tür, um Tarja und Marcelo willkommen zu heißen, auch wenn sie ihrer Meinung nach nicht wirklich willkommen waren. In dem Frühstücksraum herrschte immer noch eisige Stille und Marco blickte doch leicht besorgt zu Tuomas, der wie erstarrt wirkte. Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Wenn er jetzt schon so reagierte, was würde dann passieren, wenn sie in wenigen Minuten ihre ehemalige Sängerin wieder sehen würde? Zudem noch in Begleitung mit Marcelo, da war es doch schon so gut wie vorprogrammiert, dass es Stress geben würde. Dies war nun noch ein Grund mehr, weshalb er so ein ungutes Gefühl bei Riandra hatte, immerhin hatten sie es ihr nun zu verdanken, dass sie sich mit Tarja rum schlagen durften. Doch dieser Gedanke nun erst einmal beiseite, seiner Meinung nach war es erst einmal besser, wenn Tuomas von hier verschwand, damit er sich auf eine Begegnung besser vorbereiten konnte. Kurz blickte er zu den anderen, die seinen besten Freund nun ebenfalls besorgt musterten. Marco hatte glücklicher Weise auch schon eine Ausrede, wie er ihn von hier weg bekam. Er räusperte sich kurz, um seine Stimme wieder zu finden, denn das eben Geschehene hatte ihn schon sprachlos gemacht. Jukka, Satu, Emppu und Anette blickten leicht verwundert zu ihm, doch der Bassist warf ihnen nur einen bedeutungsvollen Blick zu. „Ich glaube, ich habe meine Zigaretten in deinem Zimmer fallen lassen, ich finde sie nicht mehr“, begann der Bassist dann und schaute zu Tuomas, der sich langsam aus seinem Schockzustand zu befreien schien. „Kommst du mit hoch, damit ich sie suchen kann?“, fragte er dann nach. Anders hätte er Tuomas hier nicht weg bekommen, denn Marco war sich darüber im Klaren, dass Tuomas das Zimmer nicht alleine aus dem Grund verlassen würde, weil Tarja wohl gleich hier herein kommen würde. Dafür war sein bester Freund zu stolz. Tuomas war vor Schreck wie gelähmt, als er diesen letzten Satz von seiner besten Freundin gehört hatte. Tarja und Marcelo waren auf dem Weg hier her, vermutlich waren sie schon kurz vor der Pension. Sein Herz begann von neuem wie wild zu schlagen. Warum? Warum begegnete er ihr nach all den Jahren wieder und dann so… plötzlich? Auch wenn er es sich so oft vorgestellt hatte, hätte er sich nie zu träumen gewagt, dass er Tarja eines Tages wieder sehen würde. Was würde geschehen? War sie immer noch wütend auf damals, dass er sie aus der Band geschmissen hatte? Würde sie eine Szene machen? Oder würde sie ihn einfach ignorieren und ihn wie Luft behandeln? Warum war sie überhaupt ausgerechnet hier? Warum hatte Ria denn nur zu gelassen, dass sie hier her kam, wobei sie doch wusste, was damals geschehen ist? Natürlich hatte Tuomas seine beste Freundin in allem eingeweiht, in seinem Gefühlschaos und in seiner Unsicherheit. Oder hat Ria gerade deshalb dafür gesorgt, dass Tarja hier her gekommen ist? Damit er wieder an damals erinnert wird? Aber nein, was dachte er da nur für einen Blödsinn! Immerhin war sie seine beste Freundin und sie klang genau so überrascht und verwirrt, wie er und die anderen ausgesehen haben mussten. Das konnte alles doch nichts anderes als ein dummer Zufall sein. Tarja wollte vielleicht auch nur wie er und seine Band einfach entspannen und hat nur aus Zufall die gleiche Pension ausgesucht, in der sie waren. Aber war es wirklich nur Zufall? Immerhin war in den letzten Tagen einiges merkwürdiges passiert, aber was hätte Tarja denn mit all dem zu tun haben sollen? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn! Marcos Räuspern hatte ihn aus seinen Gedankengängen befreit und nachdem der Bassist zu sprechen angefangen hatte, kam Tuomas langsam wieder in die Realität zurück. Was faselte Marco da? Er sollte seine Zigaretten in Tuomas Zimmer vergessen haben? Doch dann wurde es ihm klar. Ria würde Tarja und Marcelo genau wie sie am ersten Tag herum führen und so auch den Frühstücksraum zeigen. Tuomas wusste nicht, ob er so bereit war, Tarja nach all den Jahren so plötzlich wieder zu sehen, was sein bester Freund wohl durchschaut hatte, deshalb wollte er ihn hier heraus holen. Dafür war der Keyboarder seinem besten Freund unendlich dankbar. „Ja, natürlich“, erwiderte Tuomas und stand zur selben Zeit wie Marco auf. Er fand es irgendwie merkwürdig, dass seine Stimme trotz allem gefasst wirkte. Tuomas ging nun mit Marco zur Tür. Aus den Augenwinkeln her konnte der Keyboarder noch beobachten, wie sich Jukka, Emppu und Anette Blicke zu warfen, doch das war ihm im Moment egal. Nun trat er zusammen mit Marco aus dem Frühstücksraum heraus, wo es ihn jedoch schon wieder eiskalt erwischt hatte. Riandra war in der Zwischenzeit hinaus gegangen. Tarja und Marcelo verließen gerade das geparkte Auto und Letzterer schloss es noch ab. Die Schwarzhaarige musste sich stark zusammen reißen, denn kaum hatte sie Beide von nahem gesehen, fing auf einmal an, ihr Herz wie wild zu schlagen und sie bekam ein merkwürdiges Gefühl, was sie nicht wirklich einordnen konnte. Jedoch ließ sie sich davon nichts anmerken und lächelte die Neuankömmlinge nun an, was ihr dieses Mal sehr schwer viel. „Herzlich willkommen in unserer Pension, ich hoffe die Zeit hier wird Ihnen gefallen. Meinen Vater haben Sie ja bereits kennen gelernt. Mein Name ist Riandra, ich kümmere mich um die Gäste der Pension“, stellte sie sich vor. Das Ehepaar schien Riandra für einen Moment zu mustern. Die Schwarzhaarige konnte es ihnen nicht verübeln. Immerhin traf man nicht jeden Tag auf eine Person, die der eigene Zwilling sein könnte. „Es ist uns Beiden eine Freude, Sie kennen zu lernen. Wir haben bereits einiges von Ihnen von ihrem Vater gehört und ich muss Ihnen recht geben, Sie ähneln meiner Frau wirklich sehr.“ Innerlich verfluchte Riandra ihren Vater gerade. Warum musste er auch immer über so was reden? „Es ist wirklich erstaunlich. Viele Fans versuchen, mich äußerlich zu imitieren, aber niemanden ist es bisher so gut gelungen, wie Ihnen“, meinte Tarja freundlich. „Dieses Kompliment ehrt mich sehr, dennoch muss ich Ihnen beichten, dass ich noch nie etwas dafür getan habe“, gab sie dann zu. „Ach wirklich nicht? Dann haben Sie ja großes Glück gehabt. Nun denn, auf eine angenehme Zeit“, meinte die Sängerin und hielt Riandra ihre rechte Hand zur Begrüßung hin. Die Schwarzhaarige wusste nicht recht, was sie davon halten sollte, dennoch erwiderte sie die freundliche Geste. Doch in diesem Moment, als sie die Hand der Anderen berührt hatte, geschah etwas sehr merkwürdiges. Für einen Moment veränderte sich die Gegend um sie herum komplett. Sie stand nun kurz vor einem riesigen… Ja, es musste eindeutig ein Schloss gewesen sein! Die vielen dunklen Türme, unzählig viele Fenster, ein riesiges dunkles Eingangstor! Und genau vor dem Eingang sah sie jene Personen, die sie eben begrüßt hatte. Tatsächlich standen dort Arm in Arm Tarja und ihr Mann und sie schienen sehr, sehr glücklich zu sein. Bruchstückhaft bekam die Schwarzhaarige mit, worüber sie gesprochen hatten. „Endlich haben wir wieder unsere Ruhe“, kam es von Tarja. „Ja, dieses Jahr war die schrecklichste Zeit überhaupt.“ Danach gingen sie in das Schloss hinein und die Szene verschwand genau so schnell wie sie gekommen war. Ria blinzelte ein paar Mal, bis sie realisierte, dass sie nun wieder hier vor der Pension war. Was zum Teufel war denn das? Hatte sie jetzt schon Tagträume? Das hatte sie doch noch nie. Aber was hatte das zu bedeuten? Warum sah sie Tarja und Marcelo vor einem Schloss? Was sollte sie nur davon halten? Dann fragte sie sich, ob Tarja wohl auch so etwas… gesehen oder geträumt hatte. Sie schaute auf und blickte Tarja an. Diese musterte Ria jedoch nur aufmerksam. „Gibt es ein Problem?“, fragte sie höflich, aber auch neugierig. Irgendwas sagte der Schwarzhaarigen, dass sie von dem eben Geschehenen lieber nichts sagen sollte. „Nein, entschuldigen Sie bitte“, fing Ria an und löste langsam den Händedruck. „Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen die Pension jetzt gerne von drinnen“, schlug sie vor, ging voran und öffnete die Tür. Sie wartete, bis das Ehepaar eingetreten war, danach schloss sie die Tür. Sie hoffte inständig, dass die anderen aus dem Frühstücksraum inzwischen raus waren. Immerhin musste es für Tuomas ein großer Schock sein. „Ihr Vater hat erwähnt, dass es noch andere Gäste gibt. Um wen handelt es sich denn?“ Marcelo hatte sie das gefragt. Sie zeigte dies zwar nicht, aber die direkte Frage hatte sie schon verwundert, vor allem wenn man mal davon ausging, dass ihr Vater es auch hätte erklären können. Sie waren gerade kurz vor dem Frühstücksraum und Ria überlegte gerade, wie sie es den Beiden am besten beibringen konnte, als jene Tür aufging und ihr bester Freund und Marco heraus kamen. Am liebsten hätte sie ihre Hand an ihren Kopf geklatscht, verkniff es sich jedoch in letzter Sekunde. Warum mussten sie auch ausgerechnet jetzt raus kommen? Dem Keyboarder setzte für einen Moment das Herz aus, als er Tarja sah. Nach all den Jahren sah er sie also tatsächlich wieder. Er konnte es einfach nicht fassen, sie hatte sich kein Stück verändert. Sie sah immer noch so unglaublich aus, wie früher, diese… gewisse Ausstrahlung besaß sie immer noch. Der Keyboarder konnte gar nicht anders, als sie für einen Moment sprachlos anzusehen und er wusste wirklich nicht, wie er seine Sprache wieder finden sollte, bis es jedoch Tarja selbst war, die die unangenehme Stille durchbrach. Sie hatte sowohl Marco, als auch ihn erst überrascht angesehen, dann stahl sich jedoch ein Lächeln über ihre Lippen. „Na sieh mal einer an, was das für ein Zufall ist, mein Liebling. Wenn das nicht Tuomas und Marco sind. Da nehme ich doch mal an, die anderen sind auch hier?“, fragte sie, während sie sich an ihren Mann kuschelte, der sie mit einem Arm an sich drückte. So war Tuomas gezwungen, auch zu Marcelo zu blicken und es wunderte den Keyboarder nicht, dass Marcelos Gesichtsausdruck blanken Hass gegenüber Tuomas zeigte. Immerhin war es damals so etwas wie ein offenes Geheimnis gewesen, dass er sich in Tarja verliebt hatte und er hätte wirklich alles dafür getan, damit er ihr Herz gewann. Doch es sollte nicht so sein und seit jenem Tag, als Tarja ihren zukünftigen Mann vorgestellt hatte, wurde er auf den anderen eifersüchtig. Immer wenn er sie beide so nahe gesehen hatte, spürte er einen Stich in seinem Herzen. Dennoch wunderte es dem Keyboarder, dass es ihm auch dieses Mal so erging. Tuomas gab zu, er vermisste oftmals die Zeiten mit Tarja, aber warum spürte er jetzt wieder diesen Stich? Hatte er etwa immer noch Gefühle für sie? Er konnte es nicht genau sagen. Jedoch hatte er sich in den letzten Jahren immer zu einreden wollen, dass er sie nicht mehr liebte, dass er ihr nichts mehr bedeutete. Doch immer wenn einer der anderen auf die ehemalige Sängerin zu sprechen kam, bemerkte er, dass es ihm immer noch schwer fiel, sie zu vergessen. Deshalb wollte er kein Wort mehr über sie hören, deshalb reagierte er immer so gereizt, wenn es um die schwarzhaarige Schönheit ging. Tuomas blickte nun leicht zu Marco, der einen Schritt vor gegangen war. Auch Tuomas hatte es gehört, wie der Bassist hörbar die Luft einzog, als sie auf einmal vor den beiden standen. Dies war nicht sein Plan gewesen, das wusste Tuomas. „Ja sind sie. Aber ich gehe nicht davon aus, dass sie etwas mit euch beiden zu tun haben wollen“, meinte der Bassist nun und schaute die beiden ernst und mit verschränkten Armen an. „Marco, immer noch so direkt und nett wie früher. Wie geht es denn Manki und deinen Kleinen? Ich habe gehört, zwischen euch läuft es nicht so gut?“, fragte Tarja und der Bassist konnte regelrecht spüren, dass sie es genoss, einen wunden Punkt bei ihm getroffen zu haben. Er spürte Wut in sich aufkommen, dieses…. Er verkniff sich eine Beleidigung. Sie hatte sich keinen Deut verändert. Immer noch so arrogant und hinterhältig wie früher. Marco war oft mit ihr aneinander geraten und wäre Tuomas nie in letzter Sekunde dazwischen gegangen, hätte es oft böse enden können. Dennoch schaffte er es, seine ganze Wut zu unterdrücken, als Vater konnte er so etwas natürlich sehr gut. So blickte er Tarja leicht schief grinsend an. „Nun, wenn du schon so gut informiert bist, wüsste ich nicht, warum ich gerade dir irgendetwas darüber erzählen sollte. Mal abgesehen davon, dass es dich nichts angeht“, erklärte Marco ruhig. Tuomas zuliebe hielt er sich noch zurück. „Entschuldigen Sie bitte. Aber möchten Sie beide sich nicht gerne weiter umsehen?“, mischte sich Riandra plötzlich ein. Marco blickte leicht erstaunt zu ihr, konnte es sich dann jedoch denken und war doch leicht überrascht. Sie wollte anscheinend tatsächlich dafür sorgen, dass Tuomas von hier verschwinden konnte. Hatte er sich in der Schwarzhaarigen vielleicht doch geirrt? Doch so schnell würde er seine Meinung nicht ändern, er würde erst einmal abwarten. „Natürlich, sehr gerne. Ich nehme an, es wird kein Problem geben, wenn wir uns diesen Raum hier ansehen wollen?“, fragte Tarja nach. Marco wünschte sich inständig, dass Riandra sagen würde, es wäre ein Problem. Tarja hatte nämlich auf den Raum gezeigt, wo sie gerade heraus gekommen waren und dort befanden sich noch die anderen. Jedoch wusste der Bassist, dass sie es nicht ablehnen konnte. Immerhin war sie für die Gäste zuständig. „Nein, natürlich ist es kein Problem“, meinte sie und während Tarja und Marcelo näher zu dem Frühstücksraum gingen, warf die Schwarzhaarige ihm und Tuomas einen Blick zu, der man so deuten konnte, als würde es ihr leid tun. Marco blickte leicht zu Tuomas und bemerkte erstaunt, dass er den Blick von Ria abwandte. Mit so etwas hätte er nicht gerechnet und nach Riandras erstauntem Gesicht zu urteilen, sie auch nicht. Marcelo schien dies noch mit bekommen zu haben, denn er wandte sich nun an die Schwarzhaarige. „Nehmen Sie es ihm nicht übel. Wissen Sie, es scheint ihm langsam zu dämmern, dass er meiner Frau damals Unrecht getan hat. Doch einerseits müssen wir uns wohl oder übel dennoch bei ihm bedanken“, fing Marcelo nun an und blickte grinsend zu Tuomas. „Nicht allen euren Fans schien es damals gefallen zu haben, was du meiner Frau unterstellt hast. Sie haben zu meiner Frau gehalten und glaubten einem Lügner, wie du es warst, kein Wort. Und seit Tarja nicht mehr bei euch ist, hat sie noch viel mehr Fans als vorher“, meinte er grinsend. Das war zu viel für Marco. Sie hatten viele negative Kritik bekommen, aber wenn er eines nicht leiden konnte, dann war es, dass sein bester Freund als ein Lügner bezeichnet wird und dann noch von Marcelo. „Nimm das sofort zurück. Tuomas ist kein Lügner!“, rief er lauter als er selbst wollte und ging einen Schritt auf den anderen drauf zu. Der Argentinier grinste Marco jedoch nur an. „Sieh an. Ihr akzeptiert also immer noch keine Kritik“, stellte er fest. „Kritik schon, aber keine Lügen!“, konterte Marco. „Da gibt es bei euch doch keinen Unterschied. Aber es ist eine Tatsache. Die Fans haben euch nicht geglaubt und viele von ihnen sind nun auf Tarjas Seite. Ich bin mal gespannt, wann eure neue Sängerin das bemerkt und sich von euch trennt!“, giftete Marcelo zurück. Nun hatte er einen Punkt getroffen, den Tuomas wieder zurück in die Realität versetzt hatte. Natürlich hatte es ihn schwer getroffen, als Lügner bezeichnet zu werden, aber er wusste, genau wie Jukka, Emppu und Marco, dass er die Wahrheit geschrieben hatte. Jedoch konnte er das noch einstecken, aber als es um Anette ging, verstand er keinen Spaß. Warum behaupten nur alle ständig, dass er sie raus schmeißen würde oder dass sie gehen würde? „Du hast doch keine Ahnung!“, fauchte der Keyboarder mehr oder weniger auch zu seiner eigenen Überraschung. Tuomas bemerkte nicht, wie ihn nun alle erstaunt anblickten, damit hätte wohl niemand gerechnet. Marcelo jedoch hatte sich schnell wieder gefasst und grinste Tuomas nur an. „Sieh mal einer an, wer seine Sprache wieder gefunden hat. Aber es ist bereits, wie ich sagte. Anette, so hieß sie doch? Jedenfalls wird auch sie bald bemerken, wie hinterlistig du bist und wird…“ Weiter kam der Argentinier nicht, denn sowohl Marco, als auch Tuomas waren vor gestürzt und wollten ihm eine verpassen, wenn nicht genau in diesem Moment Jukka und Emppu an der Tür erschienen wären. „Sowas hab ich befürchtet“, hörte der Keyboarder Emppu sagen und im nächsten Moment wurde er von Emppu und Marco von Jukka aufgehalten. „Reißt euch zusammen“, kam es von Jukka. „Aus dem Weg!“, brüllte Marco den Drummer an. Er hasste es, wenn jemand seine Freunde so beleidigte, vor allem wenn es sich dabei um Marcelo handelte. Der Argentinier war ein Stück zur Seite gegangen und schaute sich die Szene nur belustigt an. „Oh man, was seit ihr doch für ein zerstrittener Haufen, wenn eure Fans das wüssten“, witzelte er. „Mein Lieber, du hättest dich aber auch etwas zurück halten können.“ Nach diesen Satz war es schlagartig still im Flur und mehr oder weniger alle blickten entgeistert zu Tarja, die gerade eben gesprochen hatte. Riandra blickte die Sängerin verwirrt an. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Marcelo wirkte jedoch so, als hätte er tatsächlich einen Schlag ins Gesicht bekommen. „Marcelo, ich bitte dich. Wir sind doch hier, um Urlaub zu machen, oder? Wir sollten diese Zeit doch lieber genießen, anstatt uns mit alten Bekannten zu zoffen, meinst du nicht auch?“ Marcelo schien mit sich selbst zu kämpfen, bis er schließlich doch nickte und Tarja ihn zu Frieden anblickte. Der Argentinier wirkte jedoch alles andere als begeistert, sagte aber nichts weiter sondern wandte sich zu Riandra. „Riandra, würden Sie uns weiter herum führen?“, fragte er, jedoch ohne dabei höflich zu klingen, zudem ignorierte er die anderen vier gerade komplett. Warum sollte er auch höflich sein, seine Laune war alles andere als gut gerade. Jukka hatte Tarja und ihrem Mann auch mehr als verwirrt hinterher gesehen. Seit wann hatte sie sich gegen Marcelo gestellt? Er schaute zu den anderen, die nicht weniger überrascht wirkten, als der Drummer selbst. „Wir sollten wieder rein gehen, meint ihr nicht auch? Sonst machen Anette und meine Frau sich noch Sorgen“, schlug der Drummer vor und das wollte er garantiert nicht. Von Marco und Emppu kam ein Nicken, Tuomas schien jedoch mit seinen Gedanken ganz wo anders zu sein, bis er sich wortlos umdrehte und aus der Pension ging. Emppu schien ihm hinterher zu wollen, doch Marco hielt ihn auf. „Lass ihn, er muss das erst einmal verdauen“, bemerkte Marco, woraufhin der Wirbelwind nickte. „Was hat euch so gereizt?“, fragte er nach, nachdem er sich vergewissert hatte, dass Tarja und Marcelo sie nicht mehr hören konnten. Marco antwortete jedoch nicht gleich, sondern er gab ihnen zu verstehen, dass sie rein gehen sollten. Drinnen angekommen, setzte sich der Drummer wieder neben seine Frau. Satu wirkte ebenso wie Anette erleichtert, als sie Marco unverletzt sahen. Nachdem sie Marcos lauten Ausruf gehört hatten, hatten sie alle damit gerechnet, dass es gleich eine Prügelei geben wird, deshalb sind er und Emppu eingeschritten. „Sie fangen wieder an, ihn zu reizen“, knurrte Marco dann. „Also haben sie sich kein bisschen verändert?“, vermutete Jukka und der Bassist bestätigte dies mit einem Nicken. „Wieder?“, fragte Anette nach, die bis jetzt geschwiegen hatte. Immerhin wusste sie nicht viel von der Vorgeschichte der Band. Sie sprach so offen, da sowohl Jukkas älteste Kinder, als auch Seth sich in eine Ecke verkrochen hatten und zusammen spielten. „Ja. Damals war es genauso. Wir hatten alle unsere Auseinandersetzungen mit Tarja, aber vor allem Marcelo hat Tuomas zu jeder Zeit gereizt, wo es nur ging“, berichtete Emppu der Schwarzhaarigen. Es war zwar selten, aber auch der kleine Wirbelwind ist mit den beiden das ein oder andere Mal aneinander geraten. „Wir haben erst vermutet, dass es nur war, weil Tuomas immer noch versucht hat, an Tarja heran zu kommen, nachdem sie uns Marcelo vorgestellt hat, aber ich sag euch, da ist noch mehr dahinter. Das war nicht normal“, fuhr Marco weiter fort und sowohl Emppu als auch der Drummer nickten. Sie waren alle froh, als Tuomas den Vorschlag machte, Tarja aus der Band zu werfen. Jukka sah, wie Anette ihren Nemo leicht an sich gedrückt hatte, der mit einen kleinen Stoffball spielte. Es musste für sie auch eine ganz ungewohnte Situation sein, soweit der Drummer wusste, hatte sie bisher jeden Kontakt oder jede Begegnung mit der anderen vermieden. „Aber warum? Was hatten sie davon?“, fragte die Sängerin nach. „Das wüssten wir auch gerne. Jedenfalls finde ich sollten wir die beiden im Auge behalten. Irgendwas sagt mir, dass sie nicht zufällig hier sind“, bemerkte Marco und der Bassist wusste, dass er sich auf seine Gefühle verlassen konnte. In der Zwischenzeit war es nun Nachmittag und Riandra war froh, dass sie nun endlich Zeit hatte. Seit der katastrophalen Konfrontation heute Vormittag war sie nicht dazu gekommen, noch einmal mit ihrem besten Freund zu reden. Der Schwarzhaarigen hatte es gar nicht gefallen, dass Tuomas sie nicht angesehen hatte und irgendwie hatte es Ria im Gefühl, dass er wohl sauer auf sie sein würde und darüber musste sie unbedingt mit ihm reden. Natürlich hatte sie wegen all dem ein schlechtes Gewissen, aber immerhin hatte ihr Vater das organisiert und sie wusste, es half nichts, ihm irgendetwas einreden zu wollen. Wäre sie an der Stelle ihres Vaters gewesen, hätte sie auf das zusätzliche Geld verzichtet, denn Freundschaft ist wichtiger als Geld. Zu erst war sie vor dem Zimmer des Keyboarders, nachdem sie aber ein paar mal vergebens geklopft hatte, würde sie draußen nach ihm suchen. Ria konnte sich schon denken, wo ihr bester Freund sein würde und zwar unten beim See, dorthin zog er sich immer zurück, wenn er mal alleine sein wollte. Und tatsächlich, nachdem sie den kurzen Weg hinter sich gelassen hatte, sah sie auch schon Tuomas vor dem Wasser im Gras sitzen. Da es heute wieder so heiß war und die Sonne auf sie herab schien, ohne dass eine Wolke am Himmel war, war das Gras sehr schnell getrocknet, so dass die Sachen nicht nass werden würden. Vorsichtig ging sie nun näher zu ihrem besten Freund, da sie sich gut vorstellen konnte, wie seine Laune war. Dennoch stellte die Schwarzhaarige sich ihm, denn sie wollte nicht, dass Tuomas sauer auf sie war. „Tuomi?“, fing sie an, doch wie sie erwartet hatte, kam von dem anderen keine Reaktion. Sie grummelte leicht und ging vor ihm. „Tuomas!“, meinte sie ernst, doch er drehte nur den Kopf weg, was die Schwarzhaarige sehr verletzt hatte. Sie hasste es selbst, dass sie nun so sprechen würde, doch ihr blieb keine andere Wahl. Sie wusste, nur so würde Tuomas wieder mit ihr reden. „Seit Tarja hier ist, siehst du mich nicht mehr an. Bisher habe ich geglaubt, ich bin nicht wie sie und ich habe auch die anderen ignoriert, die genau das behauptet haben. Als ich sie heute zum ersten Mal wirklich gesehen habe, hatte ich den Eindruck ich würde in einen Spiegel sehen. Doch das war mir egal, so lange ich nicht wirklich so bin wie sie. Aber seit sie hier ist, siehst du mich nicht mehr an. Denkst du auf einmal, ich bin doch wie sie? Bist du sauer, weil sie und ihr Mann auch hier sind? Hör mir zu, ich hab damit nicht das Geringste zu tun! Ich weiß nicht, warum sie hier sind oder wie sie das heraus gefunden haben, oder ob all das nur ein dummer Zufall war. Du bist mein bester Freund, denkst du da wirklich, ich will dir schaden?“, fragte sie dann. Tuomas blickte nach diesen Worten tatsächlich auf, doch er hatte einen undefinierten Gesichtsausdruck. Was würde er jetzt sagen? „Das ist es nicht“, fing er an und stand auf. Jedoch blickte er sie immer noch nicht wirklich an. „Was ist es dann?“, fragte sie. Wieder herrschte Schweigen. Tuomas wollte gerade an ihr vorbei gehen, doch die Schwarzhaarige hielt ihn am Arm fest. „Warum läufst du auf einmal weg? So kenne ich dich gar nicht“, meinte sie. Der Keyboarder wollte sie gerade ansehen, schien es sich aber nochmal anders zu überlegen und blickte weg. Dann wurde es der Schwarzhaarigen klar. „Du bist immer noch in sie verliebt, nicht wahr? Und weil ich ihr so ähnlich sehe und du ihr so plötzlich wieder begegnet bist, kannst du mich nicht mehr ansehen?“, fragte sie nach. Tuomas hatte sie für einen Moment entgeistert angesehen, doch dann wich sie leicht zurück. Sein Blick wurde nun wütend. „Das geht dich nichts an!“, knurrte er plötzlich und Ria verschlug es leicht die Sprache und nahm etwas abstand. Doch sie würde nicht klein beigeben. „Warum bist du auf einmal so wütend?“ „Hat dich nicht zu interessieren.“ „Ich dachte, wir sind Freunde.“ „Das hat damit nichts zu tun.“ „Hat es sehr wohl!“ „Lass mich in Ruhe!“ „Erst wenn du mir sagst, was mit dir los ist!“ „Es geht dich nichts an, wie oft noch?“, meinte er wütend, schob Ria beiseite und verzog sich zurück in die Pension. Die Schwarzhaarige war geschockt über das eben Geschehene. So hatte sie Tuomas noch nie erlebt. Warum hatte er sich auf einmal so verändert? Ria gab nach und setzte sich auf das Gras. Was war mit ihrem besten Freund los? Er hatte sie noch nie so behandelt. Ihr liefen Tränen über das Gesicht, doch dagegen unternahm sie nichts. Riandra hatte sich gerade zum ersten Mal in ihrem Leben mit Tuomas gestritten, dabei bedeutete er ihr so viel. War sie vielleicht doch zu weit gegangen? Aber die Reaktion des Keyboarders hatte sie doch auch verletzt. Sie war so in ihren Gedanken vertieft, dass sie nicht bemerkt hatte, dass Jemand auf sie zu gekommen war. „Hey“, hörte sie nun und schreckte leicht auf. Sie stand auf, drehte sich einmal um und entdeckte Emppu. „Emppu!“, sagte sie erstaunt und versuchte sich unbemerkt die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Sie mochte es nicht, wenn man sie so sah. „Wenn so etwas passiert sind Tränen schon in Ordnung“, erklärte er ruhig. Die Schwarzhaarige wirkte leicht verlegen. Also hatte Emppu alles mit bekommen? Sie fragte noch einmal nach und er bestätigte das mit einem Nicken. „Es ließ sich nicht vermeiden, aber ich glaube auch im Umkreis von einem Kilometer hätte man euch beide gehört, so wie ihr geschrien habt“, scherzte der kleine Wirbelwind, woraufhin Ria leicht schmunzelte. Er schaffte es doch auch in jeder Situation, seine Scherze zu machen. „Habe ich übertrieben?“, fragte sie dann nach. Emppu schwieg einen Moment, ehe er antwortete. „Möchtest du mich begleiten? Ich wollte in den Wald gehen und Gitarre spielen und über Zuhörer freue ich mich immer“, meinte er augenzwinkernd. Ria bemerkte, dass ihr Gesicht plötzlich heiß wurde. Wurde sie etwa tatsächlich rot? Nun gut, man wurde immerhin nicht täglich von dem Gitarristen der Lieblingsband gebeten, ihn zu begleiten. „Danke für die Einladung, sehr gerne“, meinte sie dann doch leicht verlegen und folgte Emppu schließlich. Erst jetzt hatte sie gemerkt, dass er seine Gitarre dabei hatte. Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander her, bis Emppu wieder das Wort ergriff. „Ich glaube von uns hätte sich höchstens Marco getraut, so direkt zu sein, aber ich glaube nicht, dass du übertrieben hast. Du machst dir nur Sorgen um ihn, wie wir alle“, meinte er dann. Die Schwarzhaarige seufzte, ehe sie weiter fort fuhr. „Bitte glaub mir. Ich hatte keine Ahnung, dass sie kommen würden. Ich weiß nicht, was meinen Vater dazu geritten hat. Er wusste genau so gut wie ich, dass ihr eigentlich verstritten seid.“ „Du scheinst ja wirklich gut über uns Bescheid zu wissen, aber ich glaube dir, dass du es nicht wusstest. Man hat es dir angesehen.“ Ria errötete nach diesen Worten erneut etwas, was Emppu zum Schmunzeln brachte. „Naja… Ich kenne Tuomas wie gesagt seid wir Kinder waren und er hat mir sehr viel von euch erzählt.“ „Umso erstaunlicher finde ich es, dass er uns nie was über dich erzählt hat.“ „Es liegt an meiner Ähnlichkeit zu Tarja. Ich glaube, dass er Angst davor hatte, ihr würdet das in den falschen Hals bekommen“, erklärte sie dann. „Da kannst du Recht haben. Aber hätte er uns eher etwas darüber erzählt, hätten wir uns auch drauf einstellen können. Wir waren alle ganz schön überrascht, als wir dich das erste Mal gesehen haben“, gab er schmunzelnd zu. „Das habe ich gemerkt. Marco scheint mich immer noch zu hassen“, meinte Ria dann plötzlich. Wieder schwieg Emppu kurz. Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Nimm es ihm bitte nicht übel. Vor allem Marco ist mit Tarja in der Vergangenheit oft aneinander geraten und deshalb fällt es ihm so schwer, dir zu vertrauen. Aber glaub mir, noch ein paar Tage, dann ist auch er davon überzeugt, dass du nicht wie Tarja bist.“ Ria blieb für einen Moment stehen und blickte den Gitarristen erstaunt an, woraufhin Emppu auch stehen blieb. „Das hat noch nie jemand zu mir gesagt!“, meinte sie erstaunt, freute sich aber wahnsinnig darüber. Auch Emppu schien sich darüber zu freuen, dass sie nun glücklicher war. „Weil sich sonst niemand die Zeit nimmt, dich besser kennen zu lernen, wie wir“, meinte er mit seinem typischen Grinsen und Ria nickte leicht. „Da hast du wohl recht“, gab Ria zu. Den Rest des Weges schwiegen sie beide, bis sie auf eine kleine Lichtung angekommen sind, die Ria natürlich kannte. „Oh, du hast die Lichtung hier also auch gefunden? Hier hat man immer seine Ruhe, ich mag diesen Ort hier“, begann die Schwarzhaarige zu erzählen. „Ja, zwei Tage, nachdem wir hier angekommen sind, hier ist es wirklich schön“, meinte der Kleine Wirbelwind und setzte sich nun ins Gras und deutete Ria an, sich neben ihn zu setzen. Erst spielte der Gitarrist willkürlich ein paar Melodien, bis er die Melodie von einem ihrer eigenen Lieder anspielte, nämlich Last Ride Of The Day. Er mochte dieses Lied sehr. Er spielte eine ganze Weile und weder er noch Ria bemerkten, dass es um sie herum Dunkel wurde. Schwer atmend lief Tuomas einen dunklen Pfad entlang, damit er von seinen Verfolgern fliehen konnte. Er konnte schon gar nicht mehr, doch eine Pause würde er nicht machen können, sonst würden seine Verfolger ihn einholen und er wusste, sie durften ihn nicht bekommen. Fieberhaft suchte er nach einem Versteck, was jedoch sehr schwer sein würde. Immerhin war es mitten am Tag und die Sonne strahlte über die weite Grasebene, über der er rannte. Wie lange er schon unterwegs war, wusste er auch nicht, denn das Landschaftsbild hatte sich auch schon lange nicht mehr verändert. Er lief so lange weiter, bis er vor einem Abgrund stand. Schwer atmend blieb er stehen. war’s! Wie sollte er da nur rüber kommen? Der Abgrund war gute zweihundert Meter tief und gut fünfzehn Meter lang. Da hinüber zu springen würde er doch nie im Leben schaffen! Doch dann erschienen wie aus dem Nichts zwei Brücken. Eine in der Nähe und eine etwas weiter weg und er stockte leicht. Hinter der Brücke weiter weg sah er seine Freunde stehen ja, sie schienen sogar nach ihm zu rufen. Er wich einige Schritte zurück als der Keyboarder sah, wer bei dieser Brücke auf ihn wartete. Es war Tarja, er würde sie über all wieder erkennen. Auch sie rief nach ihm, bei ihr würde er in Sicherheit sein, er könne ihr vertrauen. Aber die Brücke selbst sah unglaublich morsch aus, die aufgetaucht war. „Schnell“, meinte Tarja auf einmal. Tuomas blickte hinter sich und sah bereits die Schatten seiner Verfolger. Ohne auf die Rufe seiner Freunde zu achten, rannte Tuomas über die Brücke, an deren Ende Tarja auf ihn warten würde, doch kurz bevor er sie erreicht hatte, löste sie sich unter seinen Füßen auf und er fiel in den tiefen Abgrund… Tuomas schreckte hoch und stellte leicht verwirrt fest, dass er in seinem Bett lag. Dann fiel es ihm ein. Nach dem Streit mit seiner besten Freundin hatte er sich in sein Zimmer verschlossen, sich auf sein Bett gelegt und seinen Gedanken nach gehangen. Dabei musste er wohl eingeschlafen sein. Der Keyboarder bemerkte, dass sein Herz immer noch wie verrückt schlug, aber es war kein Wunder. Dieser Traum suchte ihn schon eine ganze Weile heim, was er den anderen aber bisher verschwiegen hatte, aus dem einfachen Grund weil ihn dieser Traum angst machte. Tuomas wusste nicht ganz, was er zu bedeuten hatte. Vor wen lief er weg? Und warum träumte er davon, dass er sich zwischen Tarja und seine Freunde, seine Band entscheiden muss? Immerhin hatte er doch schon vor Jahren eine Entscheidung getroffen, denn die Band war ihm doch wichtiger als alles andere. Er verstand es einfach nicht, doch der Traum musste irgendeine Bedeutung haben, denn er suchte ihn schon seit Wochen heim.Der Keyboarder seufzte leise und stand auf. Er konnte nun eh so schnell nicht einschlafen, so würde er draußen noch eine kleine Runde spazieren gehen, um auf andere Gedanken zu kommen. So verließ er nun die Pension und ging in den Wald hinein. Tuomas war froh, dass ihm unterwegs niemand begegnet war, denn er hatte heute keine Lust, noch groß mit irgendjemanden reden zu wollen, nicht nachdem er Ria so angefahren hatte. Er hatte deswegen schon ein schlechtes Gewissen, denn er wollte nicht wahr haben, dass seine beste Freundin eigentlich doch Recht hatte. Morgen würde er sich auf jeden Fall bei ihr für sein Verhalten entschuldigen. Tuomas war nun schon etwas tiefer in dem Wald, bis er auf einmal laute Stimmen vernahm, die er jedoch nicht einordnen konnte. Er zögerte einen Moment. Sein Verstand sagte ihm, er solle lieber zurück gehen und nicht nachsehen, doch sein Gefühl sagte ihm, er sollte nachsehen gehen. Er überlegte einen Moment hin und her, bis er sich dann doch dafür entschieden hat, seinen Gefühl zu folgen. Die Stimmen wurden immer lauter. Irgendjemand schien sich mal wieder zu streiten. Er wollte schon fast wieder zurück gehen, denn er hatte nicht wirklich Lust auf einen weiteren Streit, als er dann doch die Stimmen erkannte und es nicht glauben konnte! Von seiner Neugier gepackt ging er nun ein Stück weiter und im hellen Mondschein sah er dann, dass er sich nicht verhört hatte und er konnte es wirklich nicht glauben! Ihm klappte sogar leicht der Mund auf und er blieb zwischen den Bäumen stehen. Er sah dort tatsächlich Tarja und ihren Mann stehen und hörte, wie sie sich lauthals stritten! „Hast du sie noch alle? Wie redest du mit mir?“, fauchte Tarja ihren Mann an. „Ich will nur wissen, was in dich gefahren ist! Seit wann nimmst du sie… nimmst du Holopainen in Schutz? Hast du vergessen, was er dir angetan hat? Oder hast du etwa doch Gefühle für ihn?“, die letzten drei Worte spie der Argentinier regelrecht aus, während Tuomas regelrecht das Herz für einen kurzen Moment stehen blieb. Hatte Marcelo wirklich Recht? „Vielleicht ist es ja tatsächlich so? Vielleicht wollte ich dich nur ausnutzen, um ihn eins auszuwischen?“ „Wie konnte ich nur auf dich herein fallen, wo mich doch alle gewarnt haben?“ „Gewarnt, wovor?“ „Vor deinen falschen Spielen! Wie konnte ich nur so dumm sein und nicht auf die anderen hören?“ Tuomas sah, wie die Schwarzhaarige einen Schritt auf Marcelo drauf zugegangen war. „Wenn du mich wirklich für so ein hinterhältiges Miststück hältst, dann geh doch! Ich brauch dich nicht ich komm alleine klar!“ „Wenn du es unbedingt willst. Verkriech dich doch wieder zu deinem geliebten Holopainen. Vielleicht wird er dich ja sogar wieder in seiner Band aufnehmen! Leb wohl!“, spottete der Argentinier und ließ Tarja nun links liegen. Zu allem Überfluss wählte Marcelo auch noch genau den Weg, wo Tuomas stand und noch ehe der Keyboarder in Deckung gehen konnte, stand er dem anderen auch schon gegenüber. Erneut wurde Tuomas mit blankem Hass gemustert. „Sieh mal einer an, wer uns hier belauscht hat. Meinen Glückwunsch, Holopainen, sie gehört dir“, spie er aus und er konnte es sich nicht verkneifen, Tuomas noch einmal heftig anzurempeln, ehe er in den Wald verschwand. „Tuomas!“, hörte er es nun und bemerkte erstaunt, wie Tarja tatsächlich auf ihm zukam. Es überraschte ihn, dass die Augen der anderen glänzten und dann erst wurde ihm bewusst, worüber die beiden gerade gestritten hatten. Es war tatsächlich wegen ihm. Es entstand eine peinliche Stille zwischen ihnen. „Willst… du ihm nicht nach?“, fragte Tuomas vorsichtig. Er wollte sich noch keine falschen Hoffnungen machen. Danach geschah jedoch etwas Unglaubliches. Etwas, was sich der Keyboarder so lange gewünscht, es jedoch nie zu träumen gewagt hätte, dass dies je passieren träumte. „Dieser Idiot ist es nicht wert, dass man ihm hinterher läuft!“, meinte sie mit erstickter Stimme. Dann warf sie sich aus heiterem Himmel in die Arme des Keyboarders. Tuomas war so verwirrt darüber, dass er in dem ersten Moment einfach nur perplex da stand und nicht wusste, was er tun sollte. Erst, als er hörte, dass die Sängerin anfing zu schluchzen, handelte er instinktiv und legte seine Arme um die andere. „Es tut mir leid, ich hätte dir von Anfang an glauben sollen.“ Tuomas wusste nicht, was er davon halten sollte, als Tarja diesen Satz sagte. Es kam ihm vor, als würde er noch träumen. Ria hatte Emppu noch lange beim Spielen zugehört, bis es sie leicht fröstelte, was Emppu sehr wohl mit bekommen hatte. Langsam wurden die Nächte eben doch kühler. Er hörte auf zu spielen und sah rüber zu Ria. „Wir sollten langsam zurück gehen, sonst holen wir uns vielleicht noch eine Erkältung“, meinte der Gitarrist. Die Schwarzhaarige nickte leicht und so gingen sie beide zurück zu der Pension. Kurz davor angekommen bemerkte Ria gleich, dass irgendwas nicht stimmte. Die Tür zur Pension stand offen und sie sah schon von weitem, wie Jukka, Marco und Anette davor standen und anscheinend unterhielten sie sich mit Jemanden. Ria schaute zu Emppu und sie bemerkte, dass ihm wohl ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen. Sie beschleunigten ihre Schritte und waren nun bei den anderen. „Was ist denn hier los?“, fragte Emppu und schaute zu den anderen drei Bandmitglieder, während Riandra die Person musterte, die dazu gekommen war. Durch das Licht der Pension erkannte sie, dass es sich um eine Frau handelte, die so etwas wie eine silberne Rüstung trug. Ihr silbernes, langes Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden und sie schien auf die anderen drei einzureden. „Diese Frau behauptet irgendwas von wegen, sie würde Tuomas kennen und sie will ihn treffen“, erklärte Marco. Die Frau drehte sich um und schaute zu Ria. Eine Weile lang schien sie die Schwarzhaarige zu mustern, ehe sie anfing, zu sprechen. „Ihr seid die Pensionsleiterin, nicht wahr? Ich habe eine große Bitte an Euch. Ich muss zu Tuomas, es ist sehr wichtig. Womöglich befindet er sich bereits in großer Gefahr und ich muss ihn warnen“, berichtete sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)