When paths cross again von Puppenprinzessin ================================================================================ Kapitel 2: Kriegsrat -------------------- „Und er hat den Schnatz! Potter holt einhundertfünfzig Punkte für Gryffindor! Damit steht es zweihundertzehn zu neunzig! Gryffindor gewinnt!“ Jubel brandete um sie herum los, Pressefotographen klickten sich die Seele aus dem Leib, Leute begannen aufs Spielfeld zu stürmen. Dass er den Schnatz tatsächlich in der Hand hielt realisierte Harry erst als er bemerkte, dass der Blondschopf quer über ihm drüber lag. Beide Jungen atmeten schwer, ihr Brustkörbe hoben und senkten sich in dem verzweifelten Wunsch nach Sauerstoff – bis der grüngekleidete Sucher unsanft von Harry herunter gerissen wurde und er in einer rotgoldenen Welle unterging. Hände hoben ihn in die Luft, kaum jemand achtete darauf, dass er tatsächlich eine unsanfte Landung hinter sich hatte und ihm alle Gliedmaßen schmerzten; was vorrangig wichtig war, war Gryffindors Sieg gegen Slytherin. Das erbitterte Hausduell war gewonnen. Nach einer gefühlten Ewigkeit war auch Harry wieder in der Lage, seine Umgebung bewusst wahrzunehmen: Drei der vier Haustürme waren mit jubelnden, singenden und klatschenden Leuten besetzt, während der Slytherinturm sich in Null-komma-nichts geleert hatte, auch alle gegnerischen Spieler waren verschwunden. Die Hände die ihn trugen gehörten seiner Mannschaft, welche ihn erst auf beharrliches Bitten hin herunter ließ und das erste, was ihn erwartete, war ein hitziger Kuss von Ginny. „Du hast es geschafft, Harry!“ Ron war völlig aus dem Häuschen. „Ich wusste es! Es konnte gar nicht anders laufen!“ Bei den nächsten Worten drehte er sich in Richtung des Teams. „Wir haben die Schlangen wieder in ihr Loch befördert!!“ – und Jubel brandete um sie herum hoch. Zu Harrys Rettung bahnte sich eine bis über beide Ohren strahlende Hermine ihren Weg zu ihm; sie hatte es nicht ganz leicht, da nun auch ein Großteil des restlichen Hauses um sie herumgedrängt stand. Lachend fiel sie ihm um den Hals. „Du warst großartig! Ich bin so froh, dass ihr euch nicht habt aus der Ruhe bringen lassen. Verstehe mal einer, was Malfoy und Co hier suchen, ich wette, der Auftritt war geplant!“ Als sie ihn wieder losließ war ihre Mine skeptisch. „Lass uns da später drüber reden.“ Harry blieb nur noch Zeit für ein Nicken, ehe Ron sich gespielt nörgelnd einschaltete. „Weißt du, jetzt sind wir schon zusammen und du bekommst immer noch mehr Aufmerksamkeit. Wird sich das denn nie ändern?“ Der Schwarzhaarige konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als Hermine sich auf dem Absatz umdrehte und Ron ruhig küsste. Es dauerte noch eine geschlagene Stunde, ehe Gryffindors Sucher erlaubt wurde, sich umzuziehen und sich in seinen Gemeinschaftsraum zurückzuziehen, in dem ihn schon ein wohlverdientes (illegales) Butterbier erwartete. Wie nach jedem Sieg hatte man ausgiebig dekoriert und war in Feierlaune wie noch nie – einmal mehr wurde Harry zu ihrem Helden gekrönt. Er selbst setzte sich schon während der Feierlichkeit ausgiebig mit Slytherins Auftritt auseinander; nicht nur mit ihrem spielerischen Geschick, sondern eher mit der Tatsache, dass alte Bekannte aufgetaucht waren. Er verstand nicht, wie es sein konnte, dass die Söhne zweier bekannter Todesser sich erneut in Hogwarts Mauern einfinden durften – nicht, nach allem was passiert war. Zu intensiv zerbrach sich Harry sein Sucherköpfchen; und schreckte auf, als er sich plötzlich erneut Neville gegenüber sitzen sah. „Hm?“ brachte er nur unelegant zustande – er hatte nicht mitbekommen, dass mit ihm geredet wurden. Neville strahlte ihn an. „Das war klasse, Harry! Offensichtlich hat es mit der neuen Aufstellung überhaupt keine Probleme gegeben!“ „Neue Aufstellung?“ Harry war so verwirrt, dass er nicht direkt begriff, wovon Neville redete. „Jaah~ Wir funktionieren ganz gut zusammen, aber unsere Treiber brauchen noch eine Menge Training.“ Enthusiastisch wurde ein Kopf geschüttelt. „Nein, nein! Ich meinte doch Slytherins Aufstellung! Weißt du noch? Ich wollte es dir doch schon vor dem Spiel sagen!“ Offenbar war er sehr stolz auf diese Information. Und da fiel es Harry wie Schuppen vor den Augen: Neville hatte sie ja noch vor dem Spiel darauf angesprochen, es gäbe ein Gerücht… „Ist schon gut, wahrscheinlich hätte ich es nicht glauben können.“ Er schwieg eine Weile, bevor ihm etwas einfiel. „Sag mal… Hast du zufällig auch was darüber gehört, wie es kommt, dass Malfoy und Goyle wieder da sind?“ Harry konnte förmlich zusehen, wie Nevilles Grinsen einfror und seine Züge ernüchterten. „Es ist… nur ein Gerücht –„ „Egal, ich will es hören.“ Neville war sichtlich unwohl in seiner Haut. „Na gut.“ Sein Blick schweifte in die Ferne, als er ansetzte. „Du hast ja sicher im Tagespropheten gelesen, dass Malfoys Eltern nach letztem Schuljahr in Askaban gelandet sind… Malfoy Manor wurde angeblich verpfändet und nun… naja, nun hat er erstmal keinen Ort mehr, an dem er leben kann. Alle seine Verwandten sind ja irgendwie… entweder tot, auf der Flucht oder auf Askaban. Er ist zwar volljährig, könnte also alleine wohnen, aber mit der Reputation ist es wahrscheinlich schwer, ohne Schulabschluss Arbeit zu finden…“ Neville bedachte Harry mit einem vorsichtigen Blick, ehe er fortsetzte. „McGonagall hat ihm angeboten, das Jahr zu wiederholen.“ Seinem Gegenüber war der Unterkiefer runtergeklappt. „McGonagall hat… was?“ Das konnte nicht sein Ernst sein! McGonagall war doch unter denjenigen, die Hogwarts gegen Voldemort und seine Armee behauptet hatten! Wie konnte sie nur… In diesem Moment wurden sie von Ron unterbrochen, der sich mit einem Butterbier in der Hand und sich noch immer über ihren Sieg auslassend zwischen sie fläzte. „Och Leute, was schaut ihr so miesepetrig? Wir haben gewonnonnonnonnen…!!“ Offenbar hatte der Rotschopf schon in ein oder zwei Flaschen zu viel geschaut, da diese Theorie sich auch in Hermines Blick wiederspiegelte, die gerade hinter das Sofa trat auf dem Ron und Neville saßen. Im Grunde zeigte ihre Mimik blankes Entsetzen und den Wunsch, ihren Freund irgendwie ins Bett zu verfrachten – gemischt mit einer gewissen Hilflosigkeit. Als sich dann auch noch eine bittende Nuance hinzuschlich, wusste Harry, mit was er es zu tun hatte; das Gute daran war, dass er sich ein wenig ablenken konnte. Noch immer schockiert von der Neuigkeit, die ihm grade zugetragen wurde, folgte er also perplex Hermines unausgesprochener Bitte mit einem schief lächelnden „Wingardium Leviosa hattest du schon im ersten Jahr drauf, wieso lässt du ihn nicht hochschweben?“, legte sich einen von Rons Armen um die Schultern und zog ihn hoch. Neville murmelte er zu: „Bin gleich wieder da, bitte weih‘ Hermine da mit ein.“ Wie sich rausstellte, war Ron im alkoholisierten Zustand noch ein wenig sperriger, als es ein Ganzkörperklammerfluch zur Folge gehabt hätte – Harry hatte das Gefühl, er blieb absichtlich an jeder Ecke hängen. Allerdings könnte das auch daran liegen, dass Ron partout nicht ins Bett wollte, um die Welt noch weiterhin mit „Wir haben sie geschlaaaaaageeeeeen! Die Schlagen sind alle! Malfoy machte BUMM und wir ha’m gewunnnnnn…!“-Rufen zu beschallen. Harry schämte sich eindeutig ein wenig fremd, weshalb er sich letztendlich doch die Ganzkörperklammer gewünscht hätte – aber das konnte er ja nicht tun, schließlich war er ein guter bester Freund, der seinen zeternden Kumpel auch gegen seinen Willen ins Bett verfrachtete, wenn er es nötig hatte. Er konnte ihm ja morgen dafür danken. (Nicht.) Nach einer geschlagenen halben Stunde war er wieder in den sich leerenden Gemeinschaftsraum zurückgekehrt und ließ sich erschöpft neben Neville sinken – Hermine hatte den Sessel für sich beansprucht, auf dessen Lehne nun Ginny saß. Beide Mädchen sahen ihn an, als ob sie grade ein Gespenst gesehen hätten; ein wenig entrückt und um Fassung ringend. Ginny war die erste, die sich zu Wort meldete. „Ich kann nicht glauben, dass sie sie wieder aufgenommen haben. Sie haben geholfen, die Schule in Schutt und Asche zu legen. Sie waren… an Morden beteiligt…“ Genannte Fassungslosigkeit breitete sich nun auch in ihrer Stimme aus, ehe sie ganz abbrach und nur noch den Kopf schüttelte. Es war glasklar, dass sie an ihren verstorbenen Bruder dachte, Tonks, Lupin, alle, die zum Wohle der Menschheit ihr Leben gelassen hatten. Betroffenheit verbreitete sich, diese gemeinsame Erinnerung machte die unergründliche Rückkehr noch um einiges schlimmer. Sachte legte ihr Hermine von hinten eine Hand auf die Schulter. „McGonagall wird sich schon was dabei gedacht haben. Zumindest hoffe ich das.“ Mit einem tiefen Seufzen drehte sie den Kopf und fand einen Scheit im Kaminfeuer, auf den sie ihre Aufmerksamkeit richten konnte; der Zwiespalt zwischen Objektivität und Subjektivität in dem sie steckte, war ihr anzusehen. „Wer in Hogwarts Hilfe sucht, dem wird sie erteilt… Offenbar handelt sie danach. Oder es ist mal wieder anders als wir denken.“ „Was kann da anders sein, Hermine? Malfoy steckte im Krieg mit drin. Welcher Grund rechtfertigt es, dass er auf diese Schule zurückkehren darf? Wieso muss er ausgerechnet nach Hogwarts zurückkommen?“ Harry verstand es nicht und sich zu ereifern machte es nicht besser; er spürte förmlich, wie die Unruhe in ihm wuchs. Das einzige zu Hause mit dem er sich je wirklich verbunden gefühlt hatte, in dem ihn ein Gefühl der Sicherheit umfing, sollte selbst nach all diesen schrecklichen Taten nicht gänzlich von jedem in seinen Augen schädlichen Einfluss befreit sein. Alles in ihm sträubte sich gegen diesen Gedanken und die anderen schienen es zu merken. „Vielleicht wollen sie ihn im Auge behalten?“ schlug Neville vor. „Gerade weil er nicht die rosigste Vergangenheit hat… Hier haben sie ihn noch eher unter Kontrolle als außerhalb des Schlosses.“ Wenn man es genauer betrachtete, klang es logisch. Halbwegs zumindest, was die zweifelnden Minen der anderen zum Ausdruck brachten. „Naja, bedenkt doch mal, wie viele Lehrer hier sind und Leute, die ihn leicht überwältigen könnten. Es kann ja wirklich sein, dass da nur guter Wille dahintersteckt…“ Neville klang selbst nur leidlich überzeugt. Eine Lösung des Rätsels kannten sie alle nicht. Die Freunde schwiegen eine Weile, ließen sich das Gesagte durch den Kopf gehen, während es immer leerer wurde und sich schließlich auch Ginny und Neville in ihre Betten verabschiedeten. Sie hatten beschlossen, ihre Überlegungen an einem anderen Tag fortzusetzen, an dem sie nicht alle müde und erschöpft waren – mal abgesehen vom Status ‚leicht alkoholisiert‘. Als Hermine nun erneut das Wort ergriff, waren sie bis auf ein paar unausgelastete Erstklässler in einer anderen Ecke des Gemeinschaftsraumes allein. Tatsächlich wurde hier das erste wage positive Wort über Draco Malfoy gesagt. „Vielleicht sollten wir dem Ganzen Zeit geben, Harry. Malfoy mag noch die übliche Arroganz an den Tag legen, aber ich glaube immer mehr, dass das nur eine noch härtere Schale ist, als die die er bisher trug.“ Nachdenklich machte sie einige Momente Pause. Sie wusste, wie schwach sich das anhören musste. „Er lief an mir vorbei, nachdem das Spiel abgepfiffen war. Da war rein gar nichts in seinem Gesicht, das mich an den Draco Malfoy erinnert hat, den wir kennen.“ Sie würde ja sagen, es sah sehr nach Leid aus, was sie in seinen Zügen gelesen hatte, war sich aber nicht sicher, wie glaubhaft diese Äußerung aus ihrem Munde klingen würde. Immerhin waren sie jahrelang Erzfeinde und nie gut aufeinander zu sprechen gewesen – sie konnte diese Beobachtung ja kaum mit sich selbst vereinbaren. Hermine rieb sich einmal energisch mit den Händen übers Gesicht, ehe sich aufstand und Harry umarmte. „Ich sollte ins Bett gehen, die Übermüdung tut mir nicht gut…“. Harry registrierte die Worte seiner besten Freundin, speicherte sie ab, um sich in naher Zukunft mit ihnen zu beschäftigen. Er wusste, dass sie den Sachverhalt lediglich von allen Seiten betrachten wollte, er konnte, wollte aber kein positives Haar an jenem Slytherin lassen, um des es hier ging. Zu lange hatte er das Bild von ihm mit negativen Attributen gespickt, als dass er plötzlich anfangen könnte, auch nur ein kleines positives Lämpchen auf ihn zu richten. Das leise „Schlaf gut“, das noch vom Turmaufgang zu ihm rüberhallte nahm Harry so tief in Gedanken nicht mehr wahr. Was ihn beschäftigte, war vielmehr der Blonde, der ihn heute so völlig aus der Fassung gebracht hatte – und das mit seiner bloßen Anwesenheit. Im wollte es einfach nicht in den Kopf, was alles hatte schief gehen müssen, um sie alle in diese Situation zu bringen. Jahrelang hatten sie sich bekämpft, anfänglich hatte es sich alles noch in kleinen Hexereien abgezeichnet, bis es schließlich bitterböser Ernst geworden war; allerspätestens bei Dumbledores Tod war klar, dass ihr Leben nicht mehr von kindlichen Scherzen bestimmt wurde und der nächste Fluch den sie sich an den Hals jagten womöglich ein tödlicher wäre. Das alles war ein eher schleichender Prozess gewesen, zumindest hatte es Harry eine Weile so wahrgenommen – bis dann in Schüben die Realität über sie hereingebrochen war. Oft fragte er sich, wie sie zu denen geworden sind, die sie heute waren – hätte sein eigenes Schicksal anders aussehen können? Wohl kaum, rief er sich ins Gedächtnis. Ja, die Prophezeiung hätte auch auf jemand anders zutreffen können; aber es hatte nunmal ihn erwischt und er sah sein Schicksal ab diesem Punkt als determiniert an. Er hatte sich längst damit abgefunden, für diese eine Sache zu leben. Bei Ron und Hermine war es das Band, das ihre Freundschaft geknüpft hatte, welches dafür verantwortlich gemacht werden konnte, dass ihr Leben auf diese Weise verlaufen war. Sie hatten immer zu ihm gehalten, egal wie oft er sie aus der Gefahrenzone bringen wollte, hatten nicht aufgegeben, sondern ihn unterstützt und immer hinter ihm gestanden. Die unendliche Dankbarkeit die er empfand war mit Worten nicht einmal annähernd auszudrücken. Was übrig blieb, war der Fakt, dass er nicht nachvollziehen konnte, warum Draco Malfoy so geworden war, wie er nunmal war. Harry konnte sich nicht ausmalen, wie seine Kindheit gewesen war, was ihn beeinflusst hatte und wie es in ihm aussah. War das der Grund für seine strikte Abwehrhaltung? Er wusste es nicht, konnte es auch nicht mehr greifen, allerdings war er mit ebendiesen Gedankenwindungen beschäftigt, als er spätnachts vor dem Kaminfeuer einnickte. ________________________________________________ ____________________C0MMENT____________________ Ihr Lieben, danke für's Lesen, ich hoffe, es hat euch gefallen. Kleine Vorwarnung: Ich kann noch nicht abschätzen, wann das nächste Kapitel kommt, ich bin erstmal in der Klausurphase. Bleibt mir aber trotzdem erhalten, bitte! ;D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)