Boulevard of broken dreams von Daisuke_Andou ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Boulevard of broken dreams Pairing: Alles kann, nichts muss! Warnings: Für Zwischendurch mal etwas schwer Verdauliches ^.~ Disclaimer: Hierbei handelt es sich um reine Fiktion. Die Figuren sind zwar vom Aussehen her an die Bandmember angeglichen, was aber nicht heißt, dass dies hier etwas mit ihnen zu tun hat. Ich habe keine Rechte an the GazettE und verdiene hiermit kein Geld. Ich will dem Ruf von real existierenden Personen auch nicht schaden. Widmung: Meiner getreuen Leserschaft ^^ Kommentar: “Light my fire” läuft, wie es soll und wird in 9 Kapiteln abgeschlossen sein (oder auch nicht?). Darum hatte ich etwas Zeit mir um andere Dinge als Aoiha Gedanken zu machen (hint: wie zum Beispiel über eine Aoiha-PWP ^.~). Jedenfalls wollte ich mal etwas ganz anderes schreiben. Ernsthafter, verwirrender, realer? Ich hoffe, dass es mir hiermit gelungen ist und ich hoffe auch, dass ich das alles zu einem (guten) Ende bringen kann. Mich interessiert natürlich eure Meinung und für Vorschläge für die weitere Story bin ich offen. Bisher steht noch nichts fest ^^ Der Titel ist natürlich von Greenday geliehen (weil der Song im Radio lief, als ich mal wieder tagträumte und er perfekt zu der Story passt…) In diesem Sinne viel Spaß beim Lesen! Boulevard of broken dreams Womit habe ich so einen Sohn wie dich verdient? Das waren die Worte, die nach wie vor durch den Kopf des 15-Jährigen schwirrten. Es traf ihn nicht sonderlich, schließlich war heute generell nicht sein Tag. Dennoch tat der Anblick im Spiegel weh. Tief in sich verabscheute er diese braunen Augen, die Makel in seinem Gesicht, sowie die blond gefärbten Haare. Er wollte nicht er selbst sein, besonders nicht nach dem heutigen Tag, an dem ihm bewusst wurde, dass seine Freundin ihn durch einen 18-Jährigen Schönling ersetzt hatte. Natürlich war er nicht nur älter als er, sondern auch Größer, ansehnlicher und kein Babyface. Eben einfach nicht so eine erbärmliche Erscheinung. Takanori stützte sich kraftlos auf dem Waschbecken ab, stierte weiterhin in seine matten Augen. Er wusste nicht, wann sie ihren Glanz verloren hatten. Ein leises Seufzen verließ seine Lippen, an die er nun seine Fingerspitzen führte. Seine Lippe brannte und das Blut, was aus der kleinen Wunde gesickert war, machte bereits Anstalten zu trocknen. Es brannte, mehr aber auch nicht. Vielleicht hatte er es sogar verdient, so behandelt zu werden? In ihm blitzte der Wunsch nach einer Zigarette auf. Wie pathetisch, wenn man bedachte, dass genau das der Grund war, warum sein Vater ausgerastet war. Er sollte nicht rauchen, nicht auf die schiefe Bahn geraten und aufrecht durchs Leben gehen. Takanori hatte in den letzten zwei Jahren jedoch krampfhaft versucht, eben genau dies nicht zu tun. Er wollte rebellieren, anders sein, nicht er selbst sein. Ausbrechen aus all den Zwängen, die ihm die Kehle zuschnürten und wo fand er sich wieder? Hier, in einem mittelständischen Badezimmer mitten in Japans Hauptstadt, schweigend in einen Spiegel starrend und sich selbst hassend. Und dafür verabscheute er sich selbst nur noch mehr. Er wollte sein, wie er war, aber weil er so nicht akzeptiert wurde, hasste er das wiederum umso mehr. Ausbrechen, aber dennoch keine Akzeptanz. Aus seiner Haut wollen, aber dennoch sich nicht frei fühlen. Es war ein Teufelskreis und Takanori fragte sich wirklich, wohin das alles noch führen sollte. Klar sollte und musste er Entscheidungen treffen, für sich, für sein Leben und später auch für andere, aber im Moment war er einfach nur down. Er fühlte sich allein und das schlimmste war, er hatte noch nicht einmal einen Ort, an den er sich zurückziehen konnte, noch gute Freunde, bei denen er sich über seine scheiß Situation hätte auskotzen können. Mit schwirrendem Kopf schlich er sich zurück in sein Zimmer. Gerade jetzt wollte er unsichtbar sein, von niemanden gehört oder gesehen werden und er schaffte es auch, unbemerkt in sein Zimmer zu gelangen, dort die Vorhänge zuzuziehen und das Sonnenlicht auszusperren. Es passte nicht zu seiner Laune und nicht zu seinem Vorhaben, seine trüben Gedanken durch Schlaf abzutöten. Takanori wollte jetzt nicht denken, nicht nachdenken und sich auch nicht selbst weiter bemitleiden. Aus seiner Haut konnte er eben nicht und er war zu aufgewühlt, um klar denken zu können. Morgen sah alles vielleicht ganz anders aus, vielleicht aber auch nicht. Das vermochte er nicht zu sagen. Sein Selbstwertgefühl jedenfalls war gerade im Keller und der Kloß in seinem Hals schien ihm die Luft zum Atmen zu rauben. Schlaf war das Einzige, was er nun noch anstrebte. Vielleicht konnte er alles vergessen, sich einem schönen Traum hingeben. ~~~ Weiß. Alles um ihn herum war weiß. Weiß wie Nebel, aber warm, verschwommen. Er konnte gar nichts sehen. Woher also wusste er, dass alles so weiß war? Wieso öffnete er nicht einfach seine Augen? Genau, Augen einfach öffnen. Konnte er das überhaupt? Nein. Er hatte zwar ein Bewusstsein, aber sein Körper war… Wo war sein Körper? Hatte er einen? Alles fühlte sich so leicht an. Das war komisch. Aber Moment, da war was. Ein Luftzug. Direkt an seinen Lippen. War das Wind? Ja, Wind! Rauschen. Er hörte etwas rauschen, also würde er auch sehen können, wenn er seine Augen öffnete. Das war doch logisch, oder nicht? Da war es wieder, Wind auf seinen Lippen, auf seiner Wange und Rascheln, Rascheln von Kleidung. Wo war er hier? War er allein? Takanori öffnete seine Augen, blinzelte den Schleier über ihnen weg und blickte ausdruckslos in die dunklen Augen der Person über sich. Erst da merkte er, dass er lag und alles wurde wieder dreidimensional. Dennoch wandte er seinen Blick nicht ab. Diese Augen, kaum zehn Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, waren sonderbar, hatten eine merkwürdige Farbe, fast wie grau, braun, vielleicht auch doch silber. Aber definitiv merkwürdig, schon allein diese Form. Daran war etwas nicht normal. Aber dennoch waren sie fesselnd, auf ihre sonderbare Weise, sodass der Junge seinen Blick nicht abwenden konnte. Und dann blinzelte der andere, was Takanori dazu bewog, es ihm gleich zu tun. Erst da bemerkte er dieses Band, welches quer über das Gesicht des anderen verlief und sein Gesicht halb verdeckte. Was war das denn? Und da war noch ein Band, welches von den Haaren fast gänzlich verdeckt wurde. Der Fremde entfernte sich von ihm, was der blonde Japaner nur in Zeitlupe wahrnahm. Umso schneller setzte er selbst sich auf, starrte sein Gegenüber an. Seine Haare standen stachelig von seinem Kopf ab, während er ihn weiter musterte, diesmal aber aus weiterer Entfernung. „Wer bist du?“, fragte Takanori, wobei seine Stimme ihm fast versagte. Doch der andere starrte ihn nur weiterhin an, ehe er seine Hand zu seinem Hals hob. Seine Finger bewegten sich langsam aber mit einer faszinierenden Eleganz an seiner Kehle entlang, zeichneten einen unsichtbaren waagerechten Strich über die makellose Haut. Keine Antwort. Doch dann schien Takanori zu verstehen. „Du kannst nicht sprechen?“, fragte er nach und der Junge mit den sonderbaren Augen, die, wie Takanori jetzt feststellte, nur so merkwürdig eckig und schmal wirkten, da sie mit schwarzer Farbe in dieser Form umrandet waren, nickte leicht. Trotz allem hielt er ihm schwungvoll seine Hand hin. Zuerst verstand der Junge nicht, was das sollte, ehe er die Hand, die ihm entgegen gestreckt wurde doch ergriff und vorsichtig schüttelte. Seine Hand war weich und warm, die Berührung intensiver als er je eine andere Berührung wahrgenommen hatte. „Ich bin Ruki“, sagte der Blonde, zuckte aber kaum, dass er dies gesagt hatte zusammen. Seine freie Hand wanderte zu seinen Lippen und er starrte irritiert auf seine Hose. „Ich meine, ich bin…“ Takanori blinzelte angestrengt. Wie war sein Name? Es war fast so, als blockierte sein Hirn. Er fand die Information, die er suchte einfach nicht. „…Ruki…“, kam es wieder über seine Lippen und… Moment, was war das? Fast schon panisch entriss Takanori dem anderen seine Hand, führte sie ebenso zu seinem Gesicht. Da war etwas. Eine Kerbe. Direkt in seiner Lippe. Eine andere über seiner Wange. Ein feiner Schnitt, da noch einer und noch einer. Einer zog sich über seinen Nasenrücken, ein anderer verlief über seiner Oberlippe. „Was zum…“, wisperte der blonde Junge, ehe er einen Blick auf seine Hand warf. Schnitte. Überall waren feine Schnitte. Sie taten nicht weh, aber sie waren nicht alt. Mit einer fürchterlichen Vorahnung drehte er seine Handflächen nach oben und da waren sie. Tiefe Schnitte auf seinen Handgelenken. Kein Blut, nur geteilte Haut, die die Sicht auf das blassrosa Fleisch offenbarten. Takanori hatte das Gefühl, sein Magen drehte sich gerade um. Ihm war kotzübel. So schlug er sich die Hand vor seinen Mund, um nicht gleich mit dem Würgen anzufangen. Es kostete ihn ziemlich an Überwindung, seinen Atem zu beruhigen. Kurz rollten seine Augen in den Augenhöhlen, aber er versuchte sich zusammenzureißen und stierte auf die Schnitte auf seinem Handrücken. Dunkelrot, verblasst, fast weiß. Woher kamen diese Schnitte? Hatte er sich das angetan? Hatte er sich verletzt? Überall? Wann hatte er das getan? Mit einem Schlag war die Übelkeit weg, dafür der Schmerz wieder da. Aber nicht der in seiner Brust, seine Haut brannte, spannte. Überall da, wo sich die Schnitte auf seiner Haut erstreckten. Er wurde panisch, riss das Hosenbein seiner Hose nach oben und sah auch da diese Male. Er verstand das nicht. Der Schmerz war erträglich, aber die Ungewissheit nicht. Erfüllt von Angst zog er auch vorsichtig sein schwarzes, viel zu großes Shirt nach oben und sah auf seine Brust. Nur vorsichtig fuhr er über die geschundene Haut. Es war einfach überall. Wurde er jetzt verrückt? Ein Zittern durchfuhr Takanoris Körper. Er war drauf und dran seiner Verzweiflung einfach freien Lauf zu lassen, aber da fiel ihm ein, dass er nicht allein war. Vielleicht wusste er ja, was mit ihm los war? Der fremde Junge verharrte noch immer in der gleichen Position, in der er zum Stehen gekommen war, nachdem er sich von ihm entfernt hatte. Er kniete auf einer Wiese, keinen Meter von ihm entfernt und beobachtete jeden seiner Schritte, jede Bewegung. Takanori konnte sich hier nicht die Blöße geben und einfach anfangen zu weinen. So erzwang er sich ein erbärmliches Lächeln, blickte dann aber nach unten. Leicht schüttelte er seinen Kopf. Was machte er nur hier? Wo war hier überhaupt? „Weißt du denn, wo wir hier sind?“, fragte Takanori also nach und krallte seine Hände in seine Hose. Er brauchte Halt, um sich nicht dieser Verzweiflung hinzugeben. Die Antwort des anderen stellte lediglich ein Nicken dar. Schön. Das half ihm aber nicht weiter. Er sah sich um. Wiese, grün, Hügel, blassgrün, Himmel, blau, Wolken, weiß, Sonne, gelb. Es war wie in einem Bilderbuch. Er saß mit diesem anderen Jungen auf einer grünen Wiese mit Gänseblümchen und das ergab überhaupt keinen Sinn. Noch dazu machten ihm die Schnitte Sorgen. Und wie sollte er denn hier wegkommen? „Na, hast du auch schon Bekanntschaft mit unserer schweigenden Schönheit gemacht? Gib dir keine Mühe, er redet nicht!“, kam eine Stimme wie aus dem Nichts. Als Takanori sich herumdrehte, stand ein groß gewachsener Schönling mit süffisantem Grinsen auf den vollen Lippen hinter ihm. Unsicher, ob dieser zweite Unbekannte nun Freund oder Feind war, stand der Blonde auf. Instinktiv wollte er einen Schritt weiter nach vorn auf den Schwarzhaarigen zutreten, da aber wurde er wie von einer unsichtbaren Wand zurückgestoßen und ein feiner kunterbunter Schimmer war auf Augenhöhe im Nichts zu erkennen. „Na, nicht zu weit gehen. Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich!“, erklärte der Schönling mit den entsprechenden grazilen Bewegungen seiner Arme. Das alles schüchterte Takanori nur noch mehr ein. Es ergab mal wieder keinen Sinn. Aber der Schwarzhaarige mit den krass langen Haaren, die ihm weit bis über den Rücken reichten, schien keine Bedrohung darzustellen. Das war doch schon mal was. „Wer bist du?“ Ob er wohl diesmal eine Antwort auf seine Frage bekam? „Aoi.“ Nur ein gehauchtes Wort. Takanori allerdings verzog seinen Mund. „Und wie weiter?“ Das alles ergab doch keinen Sinn. „Nur Aoi… blau… wie der Himmel… oder das Meer…“ Das klang ja regelrecht schon philosophisch. Das konnte keiner Logik folgen. Das alles hier war so surreal. „Ich träume, hab ich recht?“ Das war die einzige logische Erklärung für das alles. Wobei er sich gerade ernsthaft fragte, welcher Logik Träume folgten. Warum sprach der Junge dann nicht? Es gab doch keinen Grund zu schweigen. „Wenn du es einen Traum nennen willst, ich werde der letzte sein, der dich aufhält“, sagte Aoi und setzte sich in Bewegung. Es machte den Anschein, als würde er schweben, aber er berührte den Boden, trotzdem war da etwas um ihn herum? Takanori konnte das nicht so ganz erkennen. Das war… auch merkwürdig! Dieser Aoi erinnerte ihn total an das weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland, auch wenn er nicht wusste, woher diese Assoziation schon wieder kam. „Du bist neu hier, nicht wahr, Ruki?“ Schon wieder dieser komische Name. Dennoch nickte er. „Eh… hn… ja, ich denke schon“, murmelte er und wieder fiel sein Blick auf seinen Handrücken und die Narben. Das musste doch abschreckend wirken. Aber dieser Aoi redete vollkommen normal mit ihm, auch wenn er diese Narben im Gesicht zu haben schien. Sich selbst gesehen hatte er ja noch nicht. „Dann… willkommen in unserer Welt.“ Aoi wandelte um den anderen Jungen mit den abstehenden Haaren herum, der mittlerweile ebenfalls aufgestanden war, ihn nun mit seinen Augen folgte. Und da merkte Takanori, was an Aoi so sonderbar war. Er war umgeben von einer Seifenblase. Daher das immer wiederkehrende bunte Schimmern in der Luft. Takanori blinzelte. In seinem Kopf häuften sich nur noch mehr Fragen. Fragen über Fragen und immer mehr Ungereimtheiten. Aber das war schließlich nur ein Traum. Trotzdem, die Blase hätte platzen müssen, spätestens, als er sie berührt hatte. Aber das war sie nicht. „Ich nenne ihn „Chinmoku“. Weil er nicht redet. Chinmoku – Stille. Genau wie die dritte Ebene der Hölle“, erklärte Aoi und wieder schlich sich dieses breite Grinsen auf seine Lippen, während „Chinmoku“ seine Augen verdrehte und schnaubte, was man sogar hören konnte. „Er… scheint nicht besonders glücklich mit diesem Namen zu sein“, stellte Takanori fest. „Ist mir egal. Er redet ja nicht mit mir. Und das seit Wochen.“ „Ihr… eh… kennt euch schon… länger?“ Moment mal? Das war komisch. In seinen Träumen hatte er nie irgendwelche Beziehungsgeflechte aufgebaut, geschweige denn, dass er sich über Ungereimtheiten den Kopf zerbrochen hatte. Und diese Jungen kannten sich, trafen sich, waren ihm aber total fremd? Wo war da denn ein Sinn? „Hn… ja, wenn man das so nennen will. Viele kommen und gehen. Kommen ab und an vorbei, einige sind einmalig hier, finden nie wieder zu uns. Aber manche kommen auch immer wieder, Nacht für Nacht. Chinmoku gehört dazu.“ Nun begann dieser schwarzhaarige Junge auch noch in Rätseln zu sprechen. Nicht nur, dass er aussah wie aus einer Rockband entsprungen, mit den dementsprechenden Klamotten und der hammermäßigen Ausstrahlung, nein, er schien auch hier den totalen Durchblick zu haben. Chinmoku hingegen hüllte sich in Schweigen und beobachtete, beobachtete ihn, was Takanori aber nicht beunruhigte. In seinem Blick lag etwas Vertrautes, etwas Warmes. Aber da war eben doch noch so eine Ungereimtheit? „Du… sagtest… Nacht?“, fiel Takanori auf, der sich nun einmal um sich selbst gedreht hatte, da Aoi weiter über die Wiese wandelte, wiederum den Anschein machte, als würde er schweben. Aber hier war definitiv Tag. Die Sonne schien nachts nicht. Aoi blickte Ruki an, lächelte und nickte ihm bestätigend zu. „Nacht… Es ist… Na~~~ ha~~~ch~~~t….“ Die Stimme in seinem Kopf verzog sich immer mehr und schlagartig öffnete Takanori seine Augen. Sein Herz raste in seiner Brust und sein Atem ging stoßweise. Irgendwas hatte ihn gerade geweckt. Noch total durch den Wind setzte er sich in seinem Bett auf und hörte das Bellen des Nachbarshundes, dessen Zwinger genau unter seinem Fenster lag. Das musste es gewesen sein. Das hatte ihn geweckt. Takanori schluckte schwer und schwang seine Beine aus dem Bett. Sein Kopf schwirrte etwas und sein Puls klopfte spürbar an seiner Schläfe, beruhigte sich aber bereits wieder. Er konnte in seinem Zimmer kaum etwas erkennen. Der Blick auf seinem Funkwecker verriet ihm, dass es bereits 2.30Uhr nachts war. Er hatte länger geschlafen, als erwartet. Und dann noch so merkwürdig geträumt. …nur geträumt. Doch fast, um sicher zu gehen, dass alles wirklich nur ein Traum gewesen war, starrte er auf seine Hand, checkte seine Handgelenke, tastete sie ab, da er wenig sehen konnte und zog auch sein Shirt hoch. Nichts. Keine Schnitte, keine spannende Haut, alles wieder okay. Das war so merkwürdig. So verdammt merkwürdig. Da das unbehagliche Gefühl einfach nicht weg ging, schaltete Takanori das Licht in seinem Zimmer an. Gleich viel besser. So wirkte die Dunkelheit nicht so bedrohlich auf ihn. Trotzdem fragte er sich, wer diese beiden Menschen aus seinem Traum waren. Wie von selbst trugen ihn seine Füße zu seinem Schreibtisch und er ließ sich auf seinen leise knarrenden Drehstuhl nieder, in dem er schon so viele Stunden verbracht hatte. Es kam ab und an vor, dass er von unbekannten Menschen träumte. Diese bekamen dann aber keine Namen, selten Gesichter. Manchmal träumte er auch von Menschen, die er kannte, aber selbst die hatten dann keine Details. Keine Augenfarben, keine markanten Merkmale. Da vertraute er meist seinem Bewusstsein im Traum, dass es den Menschen eine Identität zuordnen konnte. Aber diese beiden Jungen waren anders, faszinierend. Sie hatten Charakter, Namen, teilweise zumindest. Vor allem ließen ihn diese Augen einfach nicht los. Takanori versuchte sich an so viele Einzelheiten seines Traumes zu klammern, wie es ihm nur möglich war. Doch je mehr Zeit verstrich, desto mehr schien ihm zu entgleiten. So griff er sich seinen Zeichenblock und klappte eine leere Seite auf. Seine Bleistifte in verschiedenen Stärken lagen ebenso auf seinem Schreibtisch in greifbarer Nähe. Also notierte er sich ein paar Stichwörter: Ruki – Aoi – Chinmoku – Schnittwunden. Vielleicht sollte er einfach mal mit Traumdeutung anfangen? Nein, das war totaler Quatsch! Was für ihn aber nicht Quatsch war, waren diese fesselnden Augen, die er nun begann, auf sein weißes Blatt Papier zu malen. Umrisse, deutlichere Konturen, Details, schließlich Farbe. Gerade jetzt war er froh, seine Gedanken visuell so gut in Bildern festhalten zu können. Viele sagten zwar, er könne gut Zeichnen, aber er selbst hatte das nie als einen Segen angesehen, bis zu dem heutigen Tag. Takanori zeichnete wie besessen. Er brachte die Augen zu Papier, die ihn so faszinierten, zeichnete den Jungen mit Namen „Chinmoku“, einmal nur sein Gesicht und die abstehenden hellblonden Haare, dann, wie er dastand, als Aoi um ihn herumlief. Selbst an seine Kleidung konnte er sich erinnern. Boots, schwarze Jeanshose, Nietengürtel, schwarzes Tanktop mit weißer Schrift und eine weiße Lederjacke darüber. Und dann nicht zu vergessen dieses merkwürdige Band mit dem Tapetenmuster über der Nase und ein weiteres Band unter den Haaren, allerdings schwarz. Als sich Takanori sein Bild so betrachtete, erinnerte ihn der Anblick fast schon an einen Ninja und er musste über seine eigenen Gedanken schmunzeln. Die letzte Karikatur stellte Aoi dar. Der großgewachsene Junge mit den langen, pechschwarzen Haaren und dem breiten Grinsen und der Ruhe, die er ausstrahlte. Er schien in seinem Traum allwissend zu sein. Dennoch kannte er weder Aoi noch Chinmoku. Nie gesehen. Dennoch ließen Takanori diese beiden nicht los. Komische Gestalten, vertraut, aber dennoch fremd. In seinen Gedanken versunken starrte Takanori Löcher in die Luft. Unter anderen Umständen hätte er jetzt wohl eine Zigarette geraucht und seine Nerven damit beruhigt, aber am vergangenen Tag hatte ja jemand mal wieder was gegen ihn gehabt und sein Leben zum Großteil versaut. Da kam solch eine Ablenkung fast schon gelegen, auch wenn es sinnlos war, sich mit seinen merkwürdigen Fantasien so intensiv zu befassen. Als er auf die Uhr sah, stellte er fest, dass es bereits fünf Uhr morgens war, und es definitiv Zeit wäre, zu schlafen. So löste er sich von seinen Traumgestalten und schüttelte seinen Kopf, um wieder etwas klarer zu werden. Er war doch echt blöd. Das war alles nur ein beschissener Traum, nichts weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)