Private Practice 2 von Phoenix_Michie (Re:start) ================================================================================ Kapitel 3: Der erste Abend -------------------------- 3. Kapitel – Der erste Abend „Und, wie ist es, wieder hier zu sein?“ Verlegen lächelnd nahm ich die Tasse Tee von Zero entgegen, während er sich neben mich auf die Verandatreppe setzte. Nachdem die Sonne untergegangen war, war es frisch geworden. „Es ist schön“, antwortete ich bedächtig und pustete ein wenig über den heißen Tee. „Und…es ist, als wäre ich schon lange nicht mehr hier gewesen. Dabei hast du nicht mal etwas in der Wohnung umgeräumt, oder? Eigentlich hat sich nichts verändert.“ Ich warf ihm einen nach Bestätigung suchenden Blick zu, woraufhin er nickte und leicht lächelte. „Dazu hätte ich auch keine Zeit gehabt“, meinte er und nahm einen vorsichtigen Schluck der heißen Flüssigkeit. Ich schreckte auf und sah ihn aus großen Augen an. „Oh stimmt, du hattest ja so viel zu tun im Büro! Habt ihr das eigentlich mittlerweile klären können?“, fragte ich alarmiert nach. Über meine Probleme hatte ich Zeros so gut wie vergessen… Nachsichtig lächelnd nickte er. „Ja, es scheint für uns gut auszugehen. Ich habe meine Arbeit getan, und nun warten wir nur darauf, was das Gericht sagt, aber das kann noch eine Weile dauern“, antwortete er gelassen und blickte in Richtung Meer, wo sich das Mondlicht spiegelte. Recht erleichtert nickte ich. „Das hört sich besser an, als es zuerst aussah.“ Auch Zero nickte, lächelte mich leicht an und widmete sich schweigend seinem Tee, genau wie ich. Immer wieder wanderte mein Blick zum Meer vor uns, während ich das Rauschen der Wellen genoss. Es war so wunderbar ruhig hier. Ich fühlte mich wohl, wohler als in Tokyo, obwohl dort mein Bruder war sowie eine Umgebung, die mir vertraut war. Aber hier schien die Last, die ich mit mir herum schleppte, leichter zu werden. Ich seufzte leise, aber wohlig, nachdem ich den letzten Schluck Tee getrunken hatte, und stellte die Tasse beiseite, während Zero mir einen interessierten, leicht fragenden Blick zuwarf, der sehr vorsichtig wirkte. Beruhigend lächelte ich ihn an. „Nun mach dir nicht gleich wieder Gedanken“, sagte ich und strich ihm mit der Hand sanft über die Schulter. „Mir geht’s gut…besser als in den letzten Wochen“, fügte ich hinzu, während mein Lächeln schief wurde. „Und außerdem war das ein…erleichtertes Seufzen.“ „Erleichtert?“, hakte er skeptisch nach, woraufhin ich eifrig nickte. „Ja, erleichtert. Und…fröhlich.“ „Man kann fröhlich seufzen?“ Schmunzelnd verdrehte ich die Augen, legte kurzerhand einen Arm um ihn und drückte ihn leicht an mich. „Ja, Zero, kann man.“ Erneut seufzte ich. „So hört sich das dann an.“ „…ich höre da keinen Unterschied zu einem traurigen Seufzen raus“, meinte er trocken, weswegen mein Schmunzeln breiter wurde. „Aber mein Gesichtsausdruck dazu dürfte dir wohl verraten, dass ich nicht traurig bin gerade, oder?“ „Ja, jetzt, aber eben hast du anders geguckt“, beharrte er fast schon trotzig wirkend, während er seine Teetasse beiseite stellte und sich etwas an mich kuschelte, was mein Lächeln wärmer werden ließ. „Wirklich, mach dir keine Sorgen“, versicherte er ich ihm leise, woraufhin er den Blick hob und zu mir aufsah. „Um dich immer, Karyu“, erwiderte er milde lächelnd, schaute mir in die Augen, was mich kurz inne halten ließ. Er meinte es ernst; er war einfach ein äußerst fürsorglicher Mensch. Meine Hand erhob sich von seiner Schulter und strich ihm vorsichtig übers Haar. Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich Zeros dunklen Haarschopf berührte, sanft darüber streichelte. „Tut mir leid. Ich wünschte, ich würde dir nicht solche Umstände machen…“, sagte ich schließlich leise, woraufhin er seufzte, und das nicht positiv. „Karyu, nun hör schon auf damit“, erwiderte er, während er mich auffordernd ansah. „Du machst mir keine Umstände. Ich bin froh, dass ich dir helfen kann. Zumindest“, fügte er zögernd hinzu, „hoffe ich, dass ich das kann…“ „Das hast du schon“, sagte ich aufmunternd. „Trotzdessen, dass ich mich nicht bei dir gemeldet habe die letzten Wochen, bist du zu mir gekommen und hast mich…aus meinen trüben Gedanken gerissen…“ Ein warmes Lächeln breitete sich auf Zeros Gesicht aus, dann kuschelte er sich dichter an mich und schlang einen Arm um meine Hüfte. Etwas traurig betrachtete ich seinen Haarschopf. „Es tut mir wirklich leid…“, sagte ich leise. „Ich wollte dir keine Sorgen bereiten…du hast schon ohne mich genug Stress…“ Diesmal seufzte Zero nicht einmal. Er löste sich etwas von mir und sah tadelnd zu mir hoch. „Karyu, hör jetzt auf dich zu entschuldigen!“ Er machte eine kurze Pause. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe. Und jetzt..bin ich einfach nur froh, dass ich dich endlich wieder habe…“ Seine Stimme war leiser geworden, als wäre er unsicher. In der Tat hatte ich große Augen bekommen, erwiderte seinen Blick leicht überrascht. Er war so ehrlich, dass ich ein wenig rot um die Nase wurde. Aber eigentlich ging es mir wie ihm. „Ich hab dich auch sehr vermisst“, wisperte ich, während ich in seine dunklen Augen schaute, welche zu glitzern schienen. Ein hauchzartes Lächeln legte sich auf seine Lippen, stumm erwiderte er meinen Blick, aber ich merkte, wie meine Worte ihn glücklich machten. Und das wiederum machte mich froh. Zeros Arm schlang sich wieder fester um mich, während er noch immer meinen Blick gefangen hielt. Und dann reckte er sich ein Stück zu mir hoch und seine Lippen legten sich unvermittelt auf meine. Mein Herz blieb eine Sekunde lang stehen, vor Schreck und Überraschung hielt ich die Luft an, meine Augen weiteten sich. Bevor ich mich entscheiden konnte, was ich denken oder tun sollte, verschwand der Druck, das Gefühl seiner Lippen auf den meinen schon wieder. Mit klopfendem Herzen sah ich ihn noch immer an, während er seinen Arm zurück zog und beinahe schüchtern den Blick senkte. „Ich werde duschen gehen“, sagte er leise, stand schon auf und nahm seine Teetasse mit hinein. Ich schluckte und sah ihm sprachlos hinterher. Erstmal musste ich mein rasch schlagendes Herz beruhigen. Ich hatte mir das nicht eingebildet, Zero hatte mich wirklich geküsst, aber…aber warum? Und wie konnte er danach einfach nur so weg rennen? Ich sollte noch mal mit ihm reden… Unschlüssig stand ich auf, stieß beinahe vor Nervosität und Verwirrung gleichermaßen, die Tasse neben mir um, doch ich konnte sie noch rechtzeitig auffangen. Langsam ging ich zurück ins Haus, stellte die leere Tasse in der Küche ab, nachdem ich die Schiebetür zur Veranda geschlossen hatte. Ich konnte bereits das Wasser im Bad rauschen hören. Unruhig ging ich in mein Zimmer um mich umzuziehen, dabei überlegte ich weiter, was nur in Zeros Kopf vorgehen mochte. Wahrscheinlich sollte ich einfach nachfragen. Auf meiner Unterlippe knabbernd saß ich auf dem Bett und wusste jetzt schon, dass ich nicht den Mut haben würde. Und Zero würde bestimmt auch nicht drüber reden. Wenn er wollen würde, hätte er das gleich gemacht, anstatt ins Haus zu verschwinden. Leise seufzte ich, als die Tür zum Badezimmer aufging, ein Lichtschein den Flur erhellte. Ich hob den Kopf und stand langsam auf. Wieder schlug mein Herz so schnell. Unsicher ging ich ihm entgegen, während er mich anlächelte. „Du kannst dann rein“, sagte er und klopfte mir aufmunternd wirkend auf die Schulter. „Morgen werde ich den Termin für das Vorstellungsgespräch ausmachen, okay? Grusel dich nicht zu sehr ohne mich. Aber du kennst dich hier ja mittlerweile aus und wirst schon klar kommen, oder?“ Ich nickte und rang mir ein Lächeln ab. Die Stimmung war etwas merkwürdig. War sie gedrückt? Ich konnte es nicht genau sagen. Vielleicht war es aber auch nur meine eigene Nervosität, die die Situation unangenehm erschienen ließ. Vielleicht…hatte ich zu viel in den Kuss hinein interpretiert, den er mir gegeben hatte. Wahrscheinlich war es das. „Mach dir nicht so viele Gedanken“, fügte er hinzu und wandte sich in Richtung Wohnzimmer. „Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Ich nickte stumm und rang mir ein Lächeln ab. „Danke, ich wünsch dir auch eine gute Nacht. Schlaf schön.“ Lächelnd wandte Zero sich ab und durchquerte das Wohnzimmer um in das Schlafzimmer zu gehen. Innerlich seufzend setzte ich mich auch in Bewegung und ging ins Bad, wollte noch duschen. Irgendwie niedergeschlagen stellte ich mich unter die warmen Wasserstrahlen. Bisher hatte ich mich immer mit Zero verstanden, nie hatte etwas zwischen uns gestanden. Aber jetzt hatte sich etwas verändert, so kam es mir zumindest vor. Zero hatte mich geküsst, und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Warum? Was war das gewesen…? Und nun ballte sich alles, Zweifel, Nervosität, Unwissen, Angst… Meine Sorge war jetzt nicht mehr nur die Arbeitslosigkeit, sondern nun war da irgendwie sogar ein Problem mit Zero. Auch wenn es vielleicht nur für mich bestand, und er gar keins sah… Obwohl..wäre Zero dann weg gerannt? Ich blickte in den Spiegel, und meine Augen starrten verloren wirkend zurück. Ja, so fühlte ich mich gerade, verloren. Und noch schlechter. Seufzend zog ich mir meine Schlafsachen an und schluckte, versuchte die Traurigkeit wegzublinzeln. Vorhin war ich noch so frohen Mutes gewesen, und nun war die Stimmung ins Gegenteil geschlagen. Einfach nur noch ins Kissen heulen, das stand jetzt für mich an. Während ich das Badezimmer verließ, ließ ich die ein oder andere Träne laufen, versuchte schon gar nicht mehr dagegen anzukämpfen. Ich schlich den Flur entlang und wollte schon die Tür zu meinem Zimmer aufstoßen, als ich aus der Stille und der Dunkelheit des Hauses leise Schritte hörte. Verwirrt hielt ich inne und sah ins Wohnzimmer, wo aus den Schatten Zero hervor tapste. Ich blinzelte ihn an. „Ich dachte, du schläfst schon“, sagte ich leise, lächelte schief, während mein Herz einfach so schon wieder einen Sprung machte. „Ich wollte mir noch etwas zu trinken holen“, erwiderte er freundlich, runzelte dann jedoch leicht die Stirn. „Weinst du?“ Automatisch schüttelte ich den Kopf, während sich mein Herz ertappt zusammen zog. Es gab Dinge, die musste er einfach nicht wissen, er sollte sich keine Gedanken machen. Zudem war es mir einfach unangenehm. Zero kam jedoch einen Schritt näher. „Warum weinst du?“, fragte er, ließ sich nicht beirren. Ich senkte den Kopf und schluckte, wollte schon wiedersprechen, aber seine Finger strichen über meine feuchten Wangen, so dass er sich nun wirklich sicher sein konnte, dass ich weinte, auch wenn ich es leugnen wollte. Meine Lippen zitterten leicht, als ich den Mund öffnete um zu antworten, aber ich schien mir zu viel Zeit zu lassen, denn unvermittelt hörte ich seine Stimme. „Es tut mir leid“, sagte er plötzlich und lächelte entschuldigend, senkte kurz den Blick. „Das mit dem Kuss. Ich wollte dir nicht zu nahe treten…“ „Nein“, erwiderte ich sofort, wenn auch mit leiser Stimme. „Das ist es doch gar nicht…“ Er hielt inne und blinzelte, während er die Hand wieder von meiner Wange nahm, darauf wartend, dass ich es ihm erklärte. „Es ist nur…na ja, du bist einfach…gegangen und…ich weiß nicht…du kannst nicht einfach gehen“, murmelte ich zögerlich und spürte, wie ich rot wurde, weswegen ich seinem Blick lieber auswich und den meinen senkte. „Warum hast du das gemacht?“, fragte ich kaum hörbar. „Warum hast du mich geküsst…?“ Ich konnte hören, wie Zero die Luft anhielt, sie dann nur langsam wieder entließ. „Das…“ Ein verlegenes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Du…hast mich so angesehen…und ich fand es einfach liebenswert, wie du gesagt hast, dass du mich auch vermisst hast…“ Beinahe schüchtern und entschuldigend zugleich wirkend hob er die Schultern. „Ich bin auch nur ein schwuler Mann, mich darf da mal der Drang überkommen, dir einen Kuss zu geben.“ Das wieder. Ein mildes Lächeln legte sich auf meine Lippen. „Verstehe“, erwiderte ich mit noch immer geröteten Wangen. „Ich bin einfach gegangen, weil ich dachte, dass dir das nicht so gepasst hat und…da wollte ich dich lieber alleine lassen. Tut mir leid, ich wollte dir keinen Kummer machen.“, erklärte er leicht lächelnd, während er mir eine Strähne aus der Stirn strich. Auch auf meine Lippen legte sich ein leichtes Lächeln. „Ist schon in Ordnung, dann weiß ich jetzt Bescheid“, erwiderte ich und wusste nicht so ganz, was ich nun machen oder sagen sollte. Aber das nahm Zero mir ab; er umarmte mich plötzlich und drückte mich kurz, aber liebevoll an sich. „Ich hoffe, du kannst jetzt beruhigt und ohne Tränen ins Bett gehen“, sagte er leise und tätschelte mir den Kopf, woraufhin ich leicht nickte. „Bestimmt. Gute Nacht.“ Lächelnd winkte er mir und ging in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen, während ich langsam in mein Gästezimmer trottete und mich hinlegte. Was für ein komischer Tag. Aber ich war froh, dass sich die Sache mit Zero schnell wieder geklärt hatte. Ein schiefes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Eigentlich hätte ich auf seine Erklärung, dass er eben auch nur ein schwuler Mann sei, etwas erwidern müssen. Aber ich war noch so durch den Wind gewesen, dass ich daran gar nicht gedacht hatte. Was war es genau für ein Gefühl gewesen, dass ihn zu dem Kuss veranlasst hatte? Wenn mir Aya unvermittelt einen Kuss gegeben hatte, dann war es aus Liebe geschehen. Oder ich hatte etwas gesagt oder getan, was sie süß und liebenswert gefunden hatte. War es also das gewesen? Als ich sagte, dass ich Zero auch vermisst hatte, hatte er das so süß gefunden, dass er mir einen Kuss gab? Ich strich mir ratlos durchs Haar. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, ihm einen Kuss zu geben, und wenn er noch so süße Dinge sagte. Ich konnte so was einfach nicht, schließlich waren wir Freunde. Aber gut, er war schwul, da war das vielleicht normal. Ich drehte mich auf die Seite und kuschelte mich in die Decke ein, schloss die Augen und spürte schon die weichen Lippen wieder auf meinen. Wie es wohl gewesen wäre, wenn ich den Kuss erwidert hätte…? --- tbc~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)