Make a Memory von Dahlie (Jeder folgt in seinem Leben einer Straße.) ================================================================================ Kapitel 3: Die Straße der Gegenwart. ------------------------------------ Fred Weasley war niemand, der die These vertrat, dass es ihm und vor allem anderen Menschen etwas brachte, sich in Dinge einzumischen, die ihn nichts angingen. Schon als Kind war es ihm ehrlich gesagt, bereits herzlich egal, wenn seine große Schar an Cousins und Cousinnen sich stritten. Sei es um die letzte Zuckerstange am Weihnachtsbaum, oder um das größte Stück Kuchen von Granny. Er hatte nie jemanden Recht oder gar Unrecht gegeben. Ganz anders war da sein bester Freund Albus. Wusste der Geier, um was es ging, eins war sicher – Al mischte immer vorne mit und liebte es laut und polternd seine Meinung kund zu geben. Der Potter wurde nie müde, über alles und jeden zu diskutieren, sich einzumischen aus Teufel komm raus und Leute davon zu überzeugen, dass insbesondere er ganz anderer Ansicht war. In den Augen des rothaarigen Weasleys war dies auch in Ordnung, schließlich hatte Albus nie versucht ihn zu bekehren, sondern akzeptierte die Dinge, wie sie nur Fred hinnahm. Ihre Freundschaft war in mancher Hinsicht wirklich sehr speziell, trotzdem funktionierte sie, wie bei einem Paradebeispiel. Als Kinder konnten sie stundenlang in den umliegenden Feldern spielen, nachts erzählten sie von ihren kühnsten Träumen und selbst Hogwarts konnte ihre Freundschaft nicht brechen, indem sie in zwei verschiedene Häuser kamen. Obwohl sie älter wurden, versöhnten sie sich nach einem Streit immer noch mit Eismäusen und Berti Botts Bohnen. Fred musste sich manchmal zwingen, seinem besten Freund nicht darauf hinzuweisen, dass er eine schlechte Art hatte, mit Hexen umzugehen. Er beobachtete, wie Albus fleißig weiter auf den Gefühlen der Mädchen herumtrampelte, während er selbst ein Liebhaber der alten Werte, wie Treue, Ehrlichkeit und Vertrauen wurde. Nach Hogwarts trennten sich ihre Wege. Al eroberte die Welt und er selbst erkämpfte sich einen begehrten Platz in der englischen Quidditchliga. Als er an einem Donnerstag Nachmittag ins Büro der berühmten Bats gerufen wurde und man ihm mitteilte, dass er einen Fünf-Jahresvertrag bekommen würde, war trotz seiner großen Familie Albus derjenige, dem er es als erstes erzählte und der am Ende mit ihm ein langes, schier unendliches Wochenende durch die Kneipen zog. Beim ersten Spiel, sprang er auf seinem Platz im Stadion auf und ab und nach einem besonders harten Spiel, war es ebenfalls Albus, der die Tür zu seiner Jungessellenbude eintrat und mit einer Tasche an Arznei und anderen Mitteln ins Zimmer platze. Natürlich wusste Fred, dass die Leute über seinen besten Freund redeten. Das taten sie immer. Als Kind war er zu wild, zu unhöflich und ständig aktiv, in Hogwarts eckte er überall an und er hätte keinen Respekt vor dem Wert einer Beziehung. Dann wurde er liederlich genannt, weil er nicht direkt nach der Schule anfing zu arbeiten und sich verantwortungslos in der Weltgeschichte herumtrieb. Fred selbst beschrieb seinen Freund kontinuierlich mit anderen Worten. Albus war offen für Neues, ehrlich und scheute niemals einer Herausforderung. Er war leidenschaftlich, lebensfroh und hatte die seltene Gabe etwas zu entdecken, was er selbst regelmäßig übersah. In jeder missratenen Lage, sah er das Gute an der Situation, fand kleine Dinge, über die man sich freuen sollte, so wie den Herbstwind, der spielerisch die Blätter tanzen ließ, oder eben misslungenen Kuchen von Tante Hermine, wo man nach seinen Worten jedoch die Mühe heraus schmecken konnte. Er war zuverlässig, mitfühlend und jemand der sich viel mehr um andere sorgte, als um sich selbst. Albus war ein Freund, den man die Hand reichte und sie dann nicht mehr los ließ. Besonders lebendig war Fred jene Szene in Erinnerung geblieben, als sein Freund endlich einen Beruf für sich gefunden hatte, indem seine Risikobereitschaft und sein Mut dringend gebraucht wurden. Albus war am Abend mit einer Flasche Met in seine Stube gestolpert, den Kopf kahl, im Gesicht noch Ruß und die Kleidung an mehreren Stellen angebrannt. Das glückliche Grinsen in seinem Gesicht hatte aus Freds Sicht alles zusammen gefasst, was man in tausend Worten nicht sagen konnte. Die guten Eigenschaften überwogen die schlechten um ganze Tonnen und Fred war sich sicher, dass irgendwann auch andere Menschen zu diesem Entschluss kamen. Ophelia Briona Zabini war die Erste. „Freddy, ich habe ein Mädchen getroffen“, begann Albus eines Tages und Fred selbst hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, die Augen zu öffnen. Sie lagen beide auf den Liegen, welche sich auf der Terrasse von James Potter befanden. Rechts hielten sie eine Flasche Butterbier und genossen die warme, fast schon schwüle Nachtluft. Im Inneren des Hauses rockte die Geburtstagsparty unbarmherzig weiter. „Du triffst laufend neue Mädels, nichts Besonderes.“ - „Doch, ich schätze dieses Mal schon.“ Sofort hatte Fred aufrecht gesessen und ihn skeptisch angesehen. Ein Rotschimmer, den er bei Albus noch nie beobachtet hatte, legte sich auf dessen Wangen und er erzählte: „Sie ist so anders als ich, höflich, erzögen, elegant... sie weiß genau welche der vielen Gabeln man wann benutzt, wenn sie im Restaurant Elfenglanz zu Mittag isst und... obwohl wir so verschieden sind, ist jeder Tag, jede Stunde und jeder Augenblick so viel Wert, wie man es mit keinem Gold der Welt bezahlen könnte. Manchmal könnte ich einfach nur neben ihr liegen und ihrem Atem lauschen.“ Im ersten Moment hatte Fred die schnulzigen Worte seines Freundes nicht für bare Münze gehalten, aber je später der Abend wurde und je näher der Morgen rückte, umso mehr wurde ihm bewusst, dass Albus es zum ersten Mal in seinem Leben tatsächlich ernst meinte. Er erzählte von der Unsicherheit, die ihn begleitete, wenn sie bei ihm war, dass er manchmal glaubte, nicht gut genug für sie zu sein und oft mit dem Gedanken gespielte, sie von sich zu stoßen, weil er sie mit keine seiner ruppigen Launen verletzten wollte. Fred staunte und als Albus endete, sprach er: „Und weißt du, was ich am meisten liebe?“ Verwirrt sah der Rotschopf ihn an. Ein undefinierbares Lächeln legte sich auf die Züge des Potters, ganz so, als würde er etwas seltsam Intimes preis geben. „Den Klang ihres Namens.“ - - - An einem Samstag Abend lernte Fred sie kennen. Seine erste Reaktion war: Schock! Denn sie war tatsächlich komplett anders als sein bester Freund. Eine Dame, um es treffend auf den Punkt zu bringen. Doch es war nicht das hübsche Abbild, das sie sympathisch machte und er glaubte, dass dies alleine auch unmöglich der Grund war, weshalb Albus sich in sie verliebt hatte. Was Ophelia Zabini auszeichnete, war ihre Herzlichkeit und ihr wunderbarer Hang zum Humor. Sie lachte viel, verstand es sich anzupassen und dabei trotzdem wie sie selbst zu wirken und schien aus Freds Sicht genau eins mit Albus zu teilen. Nämlich die Fähigkeit das Träumen nicht verlernt zu haben. Natürlich verstand Fred, warum Albus die Beziehung nicht sofort der Öffentlichkeit präsentieren wollte. „Was, wenn ich es wieder in den Sand setzte? Ich bin es gewohnt, dass sie über mich reden, aber ich möchte nicht, dass Ophelia Opfer dieser Krähen und Lästermäuler wird.“ Sicherlich keine Einstellung, die Ophelia teilte, zumal sich die obere Gesellschaft sowieso schon das Maul darüber zerriss, warum eine Dame, wie sie eine war, noch nicht geheiratet hatte. Immerhin war sie eine erstaunlich gute Partie. Immer wieder kam es vor, dass sie sich stritten und Albus am Ende vor seiner Tür saß, wenn er vom Quidditchtraining kam. Fred musste nicht fragen, er konnte sich auch so denken, was passiert war. Albus fragte ebenfalls nicht, denn er wusste, das Fred der jungen Zabini nur zustimmen würde. Trotzdem blieben der schlimme Junge und die Dame zusammen. Als bester Freund lauschte Fred den Erzählungen, die von einem Tanz auf dem Feld unter sternenklaren Himmel begannen, von Vorweihnachtlicher Zeit, in der die Küche unter dem Dach so stark mit Mehl überdeckt war, wie die Außenwelt von Schnee und bis hin zu diesen kleinen Momenten, die Albus besonders liebte. Sie traten meist dann ein, wenn er Ophelia, nach seinen eigenen Worten, beobachten konnte und sie es nicht bemerkte. Dann passiert, was Fred geahnt hatte, beziehungsweise gehofft, denn das Glück und die Freude, die Ophelia seinen besten Freund zum Geschenk machte, war ihm mehr wert, als sein eigenes. Eine kleine Schatulle stand nun zwischen ihnen auf den Küchentisch bei Albus unter dem Dach. Sie starrten beide drauf und niemand sagte etwas. Fred musste blinzeln. Trotz aller Vorbereitung kam es doch sehr plötzlich für ihn und er nahm erst einmal einen großen Schluck Bier. Die Küche schien immer kleiner zu werden und die Luft immer dünner. „Ich möchte Ophelia heiraten“, durchbrach Albus schließlich mit heiserer Stimme die Stille. „Aha“, sprach Fred und Albus sah ihn empört an: „Ich erzähle dir, dass ich mir freiwillig die Ketten anlegen möchte und alles was du dazu zu sagen hast ist 'Aha'? Was für ein Freund bist du eigentlich?“ Peinlich berührt kratze Fred sich am Kopf und gestand, dass er mit solch einem Vorhaben gerechnet hatte: „Immerhin lässt man eine Dame, wie Ophelia nicht einfach gehen.“ - „Genau das ist es, was mir Probleme bereitet. Sie ist eine Dame und dementsprechend sollte ich ihr den Antrag machen.“ Erstaunt musterte Fred ihn und hatte Bedenken. „Du bist nicht der Typ, der es Rosen regnen lässt, oder im Sternglanz Restaurant auf die Knie geht und sich einer Meute Schaulustiger stellt. Vergiss nicht, Ophelia weiß wer du bist und genau deshalb ist sie schließlich deine Freundin. Wenn sie einen Lackaffen hätte haben wollten, dann hätte sie deinen Bruder genommen.“ Die beiden jungen Männer grinsten sich verschwörerisch an. Schließlich seufzte Albus: „Ich möchte, dass es etwas Besonderes wird.“ Die Aussage verstand Fred nur zu gut und er stütze das Kinn auf die Handfläche. Dann lachte er laut auf und Albus sah ihn verstimmt an. „Was ist an dieser Situation bitte so lustig?“ „Gar nichts“, brach es aus Fred heraus und er hob belehrend den Zeigefinger. „Erinnerst du dich noch daran, als wir sechs waren und im Baumhaus bei Grandpa Weasley Flaschendrehen spielten, weil James meinte, das machen große Kinder?“ Sofort verzog Albus angewidert das Gesicht. „Oh ja, richtig. Ich habe Dominique küssen müssen und sie hat mir fast den Kiefer gebrochen. Ich schwöre, zwei Zähne haben sich durch den Schlag wirklich verschoben!“ „Ja, ja“, Fred nickte eifrig und erinnerte sich gerne an diesen Tag, denn er selbst hatte äußerst viel zu lachen gehabt. „Jedenfalls... hast du nach dem Schlag nicht gesagt, dass du niemals, wirklich niemals heiraten würdest?“ Der Rotschopf konnte förmlich sehen, wie sich die Räder in den Kopf seines besten Freundes drehten. Sein missmutiger Gesichtsausdruck verschwand. Doch während Albus schon gedanklich weiter das Hier und das Hopp plante, fiel Fred noch etwas viel wichtigeres ein. „Übrigens, hast du ihr nun endlich einmal gesagt, dass du sie liebst?“ Ihm schlug Schweigen entgegen, was er als Antwort deuten konnte. Fred stellte die Bierflasche ab und erinnerte sich, dass Albus noch nie ein großer Redner gewesen war, was seine Gefühle anging. „Dann solltest du vielleicht damit anfangen, bevor du sie ins Baumhaus entführst.“ Statt sich in die Enge getrieben zu fühlen, hob Albus lediglich seine Bierflasche. Das Lächeln auf seinen Lippen hatte etwas Undefinierbares und Fred fragte sich, ob er etwas übersehen hatte. „Worte sind nur Worte. Was wichtig ist, ist was du tust.“ - - - Bevor Albus sie fragen konnte, starb er. Es war der schlimmste Tag in Freds Leben. Die Wochen darauf fühlte er sich seltsam taub, so, als wäre etwas mit seinem besten Freund gestorben. Sechs Wochen nach der Beerdigung wusste er, was es war. Das Leben mit all seinen Freuden. Am Grab erlitt Ophelia einen Nervenzusammenbruch, was in der oberen Gesellschaft zu einen Skandal führte. Fred bekam das ganze Drama nur am Rande mit, zu beschäftigt war er mit seinen eigenen Geistern, die ihn heimsuchten. Jeder nahm ihm die Luft zum atmen, der Alltag erdrückte ihn und er zauberte sich regelmäßig in einen traumlosen Schlaf. Wenn er sich nicht zur Arbeit aufraffte, dann schloss er sich in seiner kleinen Eckwohnung im Herzen Londons ein und starrte an die Wand. Bis das Leben in menschlicher Form seine Wohnungstür sprengte. Dominique Weasley riss seine Gardinen auf, putzte seine Wohnung und gab ihm einen schmerzvollen und heftigen Tritt in den Hintern. So energisch wie ein stürmischer Herbstwind ergriff sie seine Hand und zog ihn aus dem tiefen Fall. Langsam tastete er sich zurück und als er glaubte, wieder einen Schritt zurück zu gehen, weil Tante Ginny ihn bat, sich in der Wohnung seines besten Freundes noch einmal umzusehen, für die Annahme, dass er etwas als Andenken haben wollte, bot Dominique ihm Halt. Es war seltsam die Dachwohnung zu betreten und nicht von Albus empfangen zu werden. Fred hielt sich lange dort auf, ging von Zimmer zu Zimmer und bemerkte mit einen Blick in den Küchenschrank, dass die Tasse vom Patenkind seines besten Freundes verschwunden war. Dann streiften seine Augen im Wohnzimmer ein umgedrehtes Bild. Als er es hochhob, zog der Schmerz wieder durch seine Adern. Ophelia und Albus grinsten ihm breit und glücklich entgegen. Seit dem Tod seines Freundes hatte er keinen Kontakt mehr zu der hübschen Zabini gehabt. Es mochten über drei Monate vergangen sein. Dabei erinnerte sich Fred an die kleine Schatulle und ging ins Schlafzimmer. Dort öffnete er den alten Schrank und kramte nach den losen Socken. Albus hatte sich nie darum geschert zwei passende Paare anzuziehen. Punkte oder Streifen, es war ihm immer egal gewesen. In einer Socke mit beweglichen Quaffeln drauf, fand er was er suchte. Die Schatulle fiel in seine Hand und er schluckte hart. Schließlich ließ er sie in die Jackentasche gleiten. Wer wusste, ob er noch Verwendung bekam. Das einzige, was sich Fred zudem noch aussuchte, war das alte Radio in der Küche. Denn es war das Erste, was sich Albus von seinem eigenen Gehalt gekauft hatte und wo er, wenn er es nicht zu den Spielen geschafft hatte, mindestens versuchte, mit dem Ohr dabei zu sein. Dann schloss er die Tür hinter sich und fühlte sich, als würde ein Schatten ihm folgen. Gleichzeitig schien er auch etwas kostbares zurück zulassen. Der Druck auf seinen Schultern wurde schwerer. - - - Die Tage verstrichen. Fred hörte davon, dass Ophelia auf Reise gegangen war und hier und dort einen Bericht schrieb. Sie schien die obere Gesellschaft wieder aufzusuchen und schließlich belauschte er zwei Damen in der Winkelgasse, die darüber tratschten, dass man die junge Zabini mit Kazran Higgs gesichtet hatte. Im ersten Moment wusste Fred nicht, ob er sich freuen sollte, oder Bitterkeit an seinem Herzen nagte, weil Ophelia ein neues Glück gefunden hatte, doch als er am Abend mit Dominique darüber sprach, entschied er sich für Zweites. Es folgte der Sommer, der Herbst, der Winter, eine Hochzeit und erneut der Frühling. Scorpius Malfoy war als Jäger für die Bats verpflichtet worden und zusammen mit Cary Florrick bildeten sie ein Duo, was in der englischen Liga nicht mehr zu schlagen war. Fred gewöhnte sich an Malfoys Egoismus, so wie er sich mit Florricks Dusseligkeit abgefunden hatte. Es war, als hätte der Alltag ihn wieder. Doch dann traf der Bericht über die Ursachen von Albus' Tod ein. Als Fred ihn las, drehte sich sein Magen zweimal um. Sein bester Freund war auf dem Anwesen der Familie Higgs umgekommen. Der Beauftragte hatte sich an die Fluchbrecherzentrale gewandt, damit er ein altes Familienanwesen von einem Fluch befreien konnte. Die brauen Augen des Weasleys huschten über den Namen des Auftragsgebers. Kazran Therbius Higgs Es war der Ehemann von Ophelia. Sie würde es erfahren und als ihm dies bewusst wurde, beschloss Fred, dass es an der Zeit war sich einzumischen. Jedoch hatte er in so etwas keinerlei Übung. Wie immer führte sein Weg ihn an das Grab seines Freundes. Es war, als würde er erwarten, eine Antwort zu bekommen, doch stattdessen hörte Fred lediglich das Rauschen des Windes und das Rascheln der Blätter. Sein Blick glitt hoch zu der großen Fichte unter der das Grab stand und schloss die Augen. Die einzelne Lilie, die er immer wieder vor dem Grabstein seines Freundes vorgefunden hatte, ignorierte er mittlerweile. Wütend auf das Schicksal und alles, was schuld daran war, dass so viel Unglück über ihn herein gebrochen war, wandte Fred sich an diesem Abend ab. Er schritt durch die anderen Grabreihen, kurz bückte er sich und stellte eine umgefallene Grabkerze wieder auf. Als er seinen Zauberstab zog, um die Kerze wieder anzuzünden, hörte er Schritte, die auf dem Kies knirschten. Verwirrt sah er auf und entdeckte drei Reihen weiter eine hochgewachsene Gestalt. Da die Dunkelheit schon eingesetzt hatte, erkannte er den späten Besucher nicht sofort, aber als jener am Grab seines Freundes stehen blieb, hielt Fred die Luft an. Gebückt schlich er sich näher heran und kam sich prompt schrecklich albern vor. Er blinzelte, als er das Gesicht von Kazran Higgs erkannte. Dieser zog aus seiner dunklen Manteltasche ein Kerzenlicht hervor, was seine Mutter als Sternenfänger bezeichnete. Die Kerze soll Angehörigen dabei helfen einen geliebten Menschen loszulassen. Sein Vater hatte eins für seinen Zwillingsbruder einen Sternenfänger auf einen See hinaustreiben lassen. Higgs zündete ihn mit der Zauberstabspitze an und das Licht warf viele kleine Sterne auf das dunkle Grab, als er es hinstellte. „Es tut mir leid.“ Die raue Stimme des dunkelblonden Mannes bescherte Fred eine Gänsehaut, denn er klang müde, erschöpft und durch und durch ehrlich. Kazran Higgs schwieg eine ganze Weile, dann sprach er: „Meine Frau hasst mich für das, was ich getan habe.“ Seine Stimme war belegt und klang heiser. Fast wirkte sie, als hätte er schon lange nicht mehr laut und deutlich gesprochen. „Es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht wünsche, ich könnte die Zeit zurück drehen und alles ungeschehen machen. Ich gebe zu, ich war eifersüchtig. Ophelia liebte mich nicht, sie war glücklich bevor ich in ihr Leben getreten bin und so hätte es auch weiter verlaufen sollen.“ Er klang nüchtern und emotionslos. „Sie hat alles Recht der Welt auf ihrer Seite mich zu hassen. Und obwohl mir ihre ablehnende Haltung weh tut, kann ich sie nicht gehen lassen. Das konnte ich noch nie.“ Fred hörte ein hilfloses Lachen. „Ich weiß, dies ist der letzte Ort, an dem ich sein sollte und bestimmt sollte ich von dir als letztes Antwort erwarten, aber... ich weiß mir keinen Rat mehr. Sie entgleitet mir. Sie entgleitet mir wieder.“ Stumm setzte Fred sich hin und lauschte den Selbstvorwürfen des jungen Mannes Er erfuhr von den Streit der eskaliert war, davon, dass Ophelia gegangen war, ohne das Kazran Higgs wusste, wo sie sich aufhielt und das er nicht den Mut hatte, nach ihr zu suchen. Fred begriff, dass es ihr, anders als ihm, nicht gelungen war, Albus loszulassen. Die Lilie stammte von ihr und ihre Abwehrhaltung die Kazran anhalten verspürte, sprach für sich. Wieder spürte Fred einen Schatten bei sich und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. Der Wind kam auf und wirbelte altes Laub auf, es war als würde der Herbst tanzen, obwohl es bereits schon Frühling war. - - - An einem Dienstag traf er Ophelia bei einem ausgedehnten Spaziergang am Strand in Spanien. Adrianna Nott hatte ihm dabei geholfen sie zu finden, auch wenn er ihr dabei das Versprechen geben musste, ihre Freundin dazu zu bewegen, die Gegenwart zu sehen. Eine Gegenwart, die eine Zukunft versprach. Als Ophelia ihn am Strand stehen sah, die Hände in den Jeanstaschen vergraben, den Blick starr auf sie gerichtet, schlich sich ein leichtes Lächeln über ihre roten Lippen. Obwohl sie während des Spaziergangs nicht viel sprachen, hatte ihre Anwesenheit etwas tröstliches und Fred hoffte, dass sie ebenfalls so empfand. An einem Donnerstag lud er sie zum Essen ein und sie begannen ein Gespräch über die Quidditchsaison, dabei kehrte rege Lebhaftigkeit zurück und als sie über ihren Nachtisch saßen, fragte er: „Hast du die Tasse von Matts?“ - „Ja“, gestand sie. „Und du das Radio?“ Er hatte mehr als das Radio, aber für den Augenblick schwieg er. An einem Montag trafen sie sich in der Winkelgasse und Fred fragte: „Warst du mal wieder tanzen?“ - „Nein“, Ophelia schüttelte den Kopf und zupfte an ihren Handschuhen herum. Er konnte ihr ansehen, dass sie unglücklich war, sehr unglücklich. „Dann solltest du es tun“, war alles, was er darauf sagte und reichte ihr einen Briefumschlag, indem sich zwei Karten für eine Mottoparty im 'Hüpfenden Kobold' befanden. Als er die Fete selbst mit Dominique verkleidet als Waldmonster aufsuchte, wurde ihm bewusst, dass Ophelia die Karten verfallen gelassen hatte. An einem Mittwoch besuchte er sie zu Hause und sprach offen aus, was er dachte. „Es ist nicht die Schuld deines Ehemannes.“ - „Ich weiß“, antwortete Ophelia und zum ersten Mal wurde Fred richtig wütend. Er befand sich in einer kleinen Stadtwohnung und ballte die Hände zu Fäusten: „Und warum gibst du deinem Mann genau dieses Gefühl, indem du vor ihm davon läufst?“ Ophelia schwieg und Fred musste heftig schlucken. „Es ist nicht richtig und das weißt du auch.“ An einem Freitag ließ Dominique sie in seine Wohnung und er starrte sie überrascht an, als er vom Training der Bats kam. Ophelia saß an seinem wackeligen Küchentisch, mit beiden Händen hielt sie die dampfende Tasse vor sich fest und sie sprach: „Ich weiß, dass ich Kazran unrecht tue, mit der Art und Weise, wie ich mich verhalte, aber ich kann das nicht.“ Sie musste nicht weiter erklären was sie damit meinte. Dominique huschte aus der Küche und ließ sie alleine. Fred setzte sich zu ihr und hörte ihr zu. „Der Tag, an dem Albus aus meinem Leben gerissen wurde, war der Schlimmste, den ich je erlebt habe. Ich habe mich gefühlt, als würde man mir ein Stück von mir selbst nehmen.“ Sie atmete tief durch und sprach: „Als ich erfuhr, dass Kazran an jenem Tag bei ihm war und nur sein Auftrag daran schuld ist, das Albus starb- ich musste jemanden die Schuld geben.“ „Aber Kazran ist der Falsche“, unterbrach Fred. „Er konnte nicht wissen, welche Flüche auf den Anwesen lagen. Albus tat nur seine Arbeit. Es hätte bei jedem anderen Auftrag passieren können.“ Ophelia sah durch die Küche, ihr Blick blieb am Radio hängen und Fred bemerkte an ihren Augen, dass sie einen inneren Kampf mit sich führte. „Ich weiß das alles, aber ich kann nicht anders. Zu viele Fragen gehen mir durch den Kopf.“ Fred musterte sie, seine Küche kam ihm mit einem Mal furchtbar klein vor und die Luft wirkte zum zerreißen gespannt. Zögerlich bat er sie, weiter zu sprechen und Ophelia atmete hörbar ein und aus. Jedes Wort schien ihr schwer zu fallen und Fred begriff, dass er der Erste war, mit dem sie darüber reden konnte, was sie bewegte. In ihrem Umfeld schwieg man den Skandal tot, oder tat, als hätte sie das, was sie mit Albus erlebt hatte, einfach verdrängt. „Ich frage mich immer und immer wieder, was passiert wäre, wenn er noch leben würde. Du weißt, wir haben uns oft darüber gestritten, weil unsere Beziehung mehr einer Affäre glich, als alles andere.“ Sie lächelte matt. „Wenn ich ihn damit konfrontierte, dass er nie über das, was wir hatten, sprechen wollte, bockte er ab. Als ich ihn fragte, ob er mich liebte, wich er aus. Es war nicht wichtig.“ Ophelia umfasste die Tasse noch fester. „Mir wurde erst hinterher klar, wie wenig ich eigentlich von seinen Gedanken wusste. Mittlerweile frage ich mich, ob ich ihn tatsächlich so gut kannte, wie ich geglaubt habe.“ Fred presste die Kiefer aufeinander. Ihr Gesicht war weiß geworden und ganz langsam begriff er, warum sie so viele Schwierigkeiten hatte, Albus loszulassen. Die Ungewissheit, wie er wirklich über sie dachte, was er für sie empfunden hatte, sorgten dafür, dass sie immer wieder nach dem Warum fragte. Fred beugte sich vor und räusperte sich, die folgenden Worte wählte er mit Bedacht. „Wenn ich dir auf diese Fragen Antworten gebe, versprichst du mir dann, dass du mit aller Kraft versuchst Albus loszulassen?“ Ophelia sah ihn mit ihren klaren blauen Augen an. In ihrer Miene war nichts zu lesen. Ein einziges Wort symbolisierte ihren Mut und ihren Willen die Vergangenheit hinter sich zu lassen. “Ja.“ - - - o8.o8.2o28 Ein verlockender Geruch weckte sie. Ophelia rümpfte im Schlaf leicht die Nase, dann zwang sie sich die Augen langsam zu öffnen. Sie spürte die weiche Decke, die nach Lavendel roch und zog sie sich sogleich über die Schulter. Leise Schritte ertönten sie kannte den Klang, er war vertraut wie kein zweiter. Irgendwo knarrte der Holzfußboden und dann raschelte etwas. „Musst du schon los?“, murrte Ophelia und drehte sich auf die andere Seite. Sie konnte dank der offenen Schlafzimmertür sehen, dass Albus sich in seiner kleinen Küche aufhielt und sich gerade den dunkelroten Umhang des Fluchbrechers über geworfen. Sein Haar stand noch zerzaust ab und er rieb sich ungelenkt den Schlaf aus den Augen. Ophelia sah ihn gerne ohne Brille. Sie wusste, dass er seine Augen niemals verzaubern lassen würde, aber trotzdem fand sie, dass er ohne noch anziehender auf sie wirkte, als mit. Die Brille verlieh ihm etwas Intelligentes. Ohne wirkte er verstärkt maskulin und wenn er breit grinste noch verspielter, als er eigentlich war. „Jemand hat mir vor einer halben Stunde eine Nachricht geschickt“, sprach er leicht verstimmt. „Tut mir leid, ich dachte, ich hätte heute frei.“ Er band sich die Schuhe zu und sie erkannte, dass er sich Mal wieder nicht besonders Mühe mit seiner Erscheinung gab. Ophelia gähnte: „Hast du dir zumindest die Zähne geputzt?“ Kurz darauf wickelte sich das Bettlacken um ihren Körper und sie lachte laut auf. Erst als sie eingerollt war, wie ein Sushiröllchen, erbarmte sich Albus und löste den Zauber. Ihr dagegen tat bereits jeder Muskel weh, dafür war sie nun wach und beobachtete, wie er mit einer Tasse in der Hand aus sie zu geschlendert kam. Sofort erkannte sie die handgemalte Tasse von Matts Lupin. Die magischen Quaffel bewegten sich und ganz so, wie es ein stummes Ritual war, stellte Albus sie auf den Nachtisch ab. Dann setzte er sich auf die Bettkante: „Wirklich, Ophelia, es tut mir leid. Aber es scheint, als sei ein Auftrag reingekommen, der ein bisschen kniffiger ist. Irgend so ein Anwesen mit einem Fluch, vermutlich mitten in der Pampa.“ Sie setzte sich aufrecht hin und strich durch sein dunkles Haar, um es ein wenig zu glätten. Statt auf ihn einzugehen, sprach sie: „Bei Merlin, Al. Würde es dich umbringen eine Bürste zu benutzen?“ Albus lächelte lediglich, hielt ihre Hand fest, hauchte einen Kuss drauf und beugte sich dann zu ihr runter. Ophelia schloss die Augen und genoss es, von ihm geküsst zu werden. Denn jeder einzelne Kuss, ganz egal ob klein, leidenschaftlich, flüchtig oder neckend – er fühlte sich jedes Mal absolut richtig an. Ganz so, als müsste es genau so sein. Als er sich von ihr löste, grinste er breit: „Du solltest dir die Zähne putzen und nicht an mir herum meckern.“ Ophelia schlug mit einem Kissen nach ihm und Albus wich dem flink aus. An der Tür blieb er stehen und seine grünen Augen trafen ihre blauen. „Bis heute Abend. Und denk daran, setzt nicht wieder mein komplettes Bad unter Wasser, wenn du duschen gehst und schließe den Kamin richtig.“ „Ach du kannst mich mal“, versuchte sie die Beleidigte zu spielen, doch Albus machte ihr mit lauten Gelächter einen Strich durch die Rechnung. Kurz nickte er auf die große Kommode links vom Bett. „Deine Sachen sind übrigens da drin, du musst dich nicht mehr an meinen Pullovern vergreifen.“ Dann huschte er in den Flur. Einen Augenblick lang reagierte Ophelia nicht, dann sprang sie hastig aus dem Bett. Ihre Klamotten? Beinahe stieß sie sich den Zeh und riss die untere große Schublade auf. Tatsächlich, Wäsche, Kosmetik, Hausschuhe und sogar eine Handtasche lagen bereit. Wann hatte er...? In dem übergroßen T-Shirts von Eintracht Pfützensee lief sie barfuß in den Flur und sah, wie Albus im Wohnzimmer bereits Feuer im Kamin gemacht hatte. „Was willst du als Gegenleistung, dass du dich aufgerafft hast und Platz gemacht hast?“ Innerlich bebte sie vor Freude und erkannte, wie sich ein Grinsen über Albus Lippen legte, dass sie nur zu gut kannte. „Sex und zwar jede Menge und so schmutzig wie möglich.“ Ophelia konnte nicht anders, sie musste mädchenhaft kichern. Der fordernde Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand, stattdessen machte sich Zärtlichkeit breit. „Ich gehe davon aus, dass du nackt bist, wenn ich wieder komme. Lass dir also nicht einfallen, am Abend nicht wieder hier zu sein.“ Er zwinkerte und sie flötete: „Jawohl Meister.“ Ein letztes Mal lächelte er, bevor er das Flohpulver ins Feuer warf und hinein trat. Ophelia sah ihm nach. „Pass auf dich auf.“ Es war das letzte Mal, dass sie ihn sah. - - - Ophelia starrte stumm auf die kleine Schatulle, die Fred Weasley zwischen ihnen abgestellt hatte. Es dauerte, bis sie sich regen konnte und mit tauben Fingern ergriff sie das kleine Kästchen. Sie musste tief durchatmen, bevor sie es öffnen konnte und auf einen Ring, mit einem blauen Saphir sah. „Er sollte die Farben deiner Augen haben“, sprach Fred, doch ihr war, als würde sie ihn durch einen dichten Nebel hören. Bewegungslos sah sie auf den Ring und als sie den Kopf hob und den ehemals besten Freund des Potters erblickte, wusste sie nicht, ob sie weinen oder lachen sollte. Fred entschied sich fürs erste und lächelte leicht. „Ich habe ihm damals gesagt, dass er dir, bevor er dir einen Antrag macht, sagen soll, dass er dich liebt, aber er...“ - „Er hielt das nicht für wichtig“, setzte sie hinzu und Fred nickte: „Ja, er meinte; Worte sind nur Worte, was Wichtig ist, ist was du tust.“ Nun musste Ophelia tatsächlich lachen und spürte, wie ihr eine Träne über die Wange rollte. Es war, als würde eine tonnenschwere Last von ihren Schultern rutschen. „Das klingt wirklich nach Albus. Typisch würde ich sagen.“ Fred erwiderte ihr Lachen. „Das war noch nicht alles. Er wollte doch tatsächlich kitschig vor dir auf die Knie sinken und dich mit Rosen bewerfen lassen.“ Es war um Ophelia geschehen. Sie lachte und konnte nicht mehr aufhören. Gleichzeitig liefen ihre Tränen weiter. „Ich will es mir gar nicht vorstellen. Wahrscheinlich hätte er es so stark regnen lassen, dass ich im St. Mungos gelandet wäre.“ - „Bestimmt.“ Und dann begann Fred ihr alles zu erzählen. Davon, dass Albus als Kind niemals heiraten wollte, von dem Klang ihres Namens, davon, dass er sie als zu gut für ihn empfunden hatte und das er Angst vor seiner eigenen Unreife gehabt hatte. An diesem Abend wurde der jungen Zabini bewusst, dass sie mehr über Albus Potter gewusst hatte, als ihr klar gewesen war. „In mancher Hinsicht war er wirklich ein kitschiger Romantiker“, meinte Fred und Ophelia lehnte sich zurück: „Oder ein kompletter Idiot.“ Heftig nickte der Weasley. Schließlich beugte er sich nach vorne: „Hör mal, ich möchte, dass du weißt, dass Albus dich geliebt hat. Und zwar für alles, was du getan hast. Du warst die Erste, die ihn so genommen hat, wie er war und eine Lebendigkeit in ihm geweckt, die ich vorher noch nie gesehen habe.“ Er dachte an die strahlenden Augen und der glücklichen Miene seines besten Freundes. „Aber ich glaube, das Albus nicht gewollt hätte, dass du dich so unglücklich machst. Er hätte sich für dich einen Mann gewünscht, der dich achtet, dich genauso liebt, wie er es getan hat und jemand, der dir eine Zukunft bieten kann. Und all das tut Kazran Higgs, oder?“ Ophelia ließ sich Zeit mit der Antwort, sie sah auf die kleine Schatulle. Der Geruch von Harz stieg in ihr auf, graue Augen sahen sie liebevoll an und eine große Hand nahm die ihre. Kazran war anders als Albus, komplett anders. Er würde ihn nie ersetzen können und doch gab er ihr tatsächlich etwas, sie die ganze Zeit töricht aufs Spiel gesetzt hatte. Halt. Sicherheit. Zuneigung. Dann wusste sie, was sie zu tun hatte. Ophelia stand auf, nahm die Schatulle und reichte sie Fred. „Ich möchte, dass du ihn behältst.“ Erstaunt blickte der Rothaarige sie an und sie sprach: „Albus hätte gewollt, dass er Verwendung bekommt und so wie ich das sehe, würde er doch sicher wunderbar zu deiner blonden Freundin passen.“ Sie wusste nicht, ob sie es sich einbildete, oder er tatsächlich rot wurde. Die junge Frau nickte . „Danke Fred.“ Er antwortete nicht, sein Blick war Antwort genug. Ophelia verließ die Wohnung. Sie verabschiedete sich höflich von Dominique und trat nach draußen in den kühlen Frühlingsabend. Es war bereits schon wieder dunkel und die Straßenlaternen gingen an. Die gesamte Last der letzten Wochen war verschwunden. Sie verspürte weder Groll, noch eine tiefe Traurigkeit. Stattdessen war es, als hätte jemand sie befreit. Albus war eine Erinnerung, ein fester Teil ihrer Vergangenheit. Der Gedanke war neu für sie, aber lange nicht so erdrückend, wie der Gedanke an einem nicht ersetzbaren Verlust. Niemand würde ihr Albus je ersetzten können, aber jemand konnte ihr die Hand reichen und ihr helfen, dass der Verlust sich in etwas Schönes verwandelte. Eine Erinnerung volle Liebe und Glück. Sie würde ihn nicht von heute auf Morgen vergessen können, doch sie konnte dafür sorgen, dass er nicht mehr ihre Gegenwart beherrschte. Ihre Füße trugen sie direkt in das Anwesen, welches Kazran gehörte. Innerlich bebte Ophelia, sie hatte Angst ihm zu begegnen. Gleichzeitig war ihr jedoch auch bewusst, dass sie es wagen musste, wenn sie die Zukunft an seiner Seite zu verbringen gedachte. Und genau dies wollte sie. Kazran war ihr Ehemann. Jener, der sie auf Händen trug, ihr Vertrauen entgegenbrachte und das Wichtigste, sie liebte. Er hatte auch dann den Mut gehabt seine Gefühle zu ihr zu zulassen, als jenes schreckliches Unglück passiert war. Wie quälend mochte es für ihn gewesen sein, nicht zu wissen, was in ihr vorging, sich gleichzeitig solche Vorwürfe zu machen und alles auf eine unsichere Karte zu setzten? Im Anwesen war es ruhig, nur ein paar Lichter brannten und Ophelia zog direkt am Eingang die Stiefel aus und hing ihren Mantel an die Garderobe. Auf leisen Sohlen schlich sie durch das Haus. Das Teezimmer, aber auch das Wohnzimmer waren verlassen. Sein Arbeitszimmer war dunkel, doch sie erkannte, als sie Licht machte, dass er in den letzten Tagen viel gearbeitet hatte. Im Schlafzimmer war es ebenfalls dunkel, als sie näher trat, sah sie, dass er sich bereits zu Bett begeben hatte. Lautlos entkleidete sich, zog ein frisches Nachthemd über und stieg vorsichtig ins Bett. Ophelia lauschte seinem Atem. Dann strich sie zärtlich durch sein Haar. Just in diesem Moment schreckte er hoch und ergriff ihr Handgelenk fest. „Ophelia?“ Seine raue Stimme ließ sie leicht schlucken. „Entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Statt etwas zu sagen, lehnte er sich zurück und zog sie an sich. Sie konnte das Klopfen seines Herzens hören und spürte, wie seine Finger durch ihr dichtes Haar strichen. „Willkommen zu Hause“, flüsterte Kazran und Ophelia schloss die Augen. Dann begann sie zu erzählen. Zum ersten Mal in ihrer Ehe war sie so ehrlich zu ihm, wie er es verdiente. Es wurde eine lange Nacht. Kazran unterbrach sie nicht und lauschte ihren Ausführungen. „Ich möchte Albus nicht ersetzten“, sprach er schließlich und sie hob leicht den Kopf: „Das kannst du auch nicht, aber Albus wird auch nie wie du sein.“ „Was soll das heißen?“, abwartend sah er sie an und Ophelias Lippen verzogen sich zu einem offenen Lächeln: „Das soll heißen, dass ich dich auf eine andere Art liebe. Anders als Albus. Du bist mein Ehemann, er war meine erste große Liebe, aber du bist die Zukunft und in ihr gedenke ich zu leben. Zusammen, mit dir, wenn du das noch magst.“ „Eine törichte Frage“, antwortete Kazran knapp und lehnte sich zurück. Ophelia spürte, dass er ihre Finger miteinander verhakte und in diesem Augenblick schlich sich ein Gefühl in ihr auf, dass sie kannte. Dieses Gefühl, wenn etwas genau so sein sollte. So und nicht anders. Sie bemerkte nicht, dass sich ein Schatten löste, hinaus in der Dunkelheit verschwand. Fast so, als habe er über sie gewacht. - - - o8.o1.2o26 Es war glatt und fürchterlich kalt. Unwillkürlich zog Ophelia den roten Mantel enger an sich und rieb ihre Handflächen aneinander. Leichte Schneeflocken segelten zur Erde, die Winkelgasse war stark belebt, viele tauschten Weihnachtsgeschenke um und Händler präsentierten neue Ware. Sie selbst war nur auf dem Weg zum magischen Reisebüro und wollte einen Bericht über Ferien in Norwegen zur Winterzeit abgeben. Ophelia ärgerte sich darüber, dass sie mit Mrs Singer nicht alles per Eulenpost klären konnte, sondern die alte Schreckschraube sie unbedingt in Büro sehen wollte und – natürlich – hatte sie keinen Kamin, sodass sie ab den Tropfenden Kessel laufen musste. Überall schoben sich die Leute entlang und sie war von Minute zu Minute schlechter gelaunt. Allen voran, weil sie ihre eigene Nase nicht mehr spürte. Und dann geschah es. Sie rutschte aus, hielt sich irgendwo fest und riss jemanden mit sich. Der Sturz tat ihren Hintern weh, doch noch größer war der Schreck. Einen Augenblick blieb sie regungslos sitzen. „Haben Sie sich weh getan?“, äußerte sich eine Stimme höflich und jemand reichte ihr die Hand. Ophelia wollte diese gerade annehmen, als sie erstarrte und hastig auf sah. Die Hand des jungen Mannes war mit Blasen übersät, er hatte leichte Verbrennungen und an den Fingernägeln offene Wunden. So schnell sie konnte rappelte sie sich alleine wieder auf und er bemerkte, weshalb sie so schockiert war. „Oh, tut mir leid. Kein schöner Anblick, dass habe ich vergessen.“ Dann lachte er und nun wusste sie, woher er ihr so bekannt vorkam. Natürlich kannte sie Albus Potter, aber sie hatte ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen, geschweige denn mit ihm gesprochen. „Manchmal, wenn ich nicht aufpasse, dann na ja, Sie sehen ja.“ Er bückte sich und hob etwas auf, das wie eine Salbendose aussah. Wahrscheinlich hatte sie ihm diese mehr oder weniger aus der Hand geschlagen. Umständlich versuchte er sie zu öffnen und Ophelia fragte keck, als sie sich den Mantel abklopfte: „Haben Sie es schon einmal mit Magie versucht?“ - „Natürlich“, höhnte er, seine Mundwinkel zuckten. „Das wäre mir als Zauberer im Traum nicht eingefallen.“ Dann rollte er mit den Augen: „Man muss sie so öffnen.“ Ophelia zog ihre Handschuhe aus und hielt die offene Hand hin. Albus Potter reichte sie ihr und wenige Sekunden später strahlte er sie erleichtert an. „Danke...?“ Als er sie abwartend ansah, begriff sie, dass er auf ihren Namen wartete und sie sprach: „Miss Zabini.“ - „Sind Sie nicht etwas jung um immer auf das Miss zu verweisen?“, er grinste dreist. „Da es von uns Potters fünf gibt, hilft es Albus zu mir zu sagen.“ Ophelia lachte amüsiert: „Ach wirklich?“ Er ließ sich nicht verunsichern und während er sich die Hände vorsichtig eincremte erzählte er: „Zabinis sind mir sieben bekannt, wenn man ihre zänkische Tante mitzählt.“ - „Sie ist nicht zänkisch“, erwiderte sie prompt und setzte hinzu: „Eher unausstehlich.“ Albus Potter grinste breit und sie sprach: „Ich bin Ophelia.“ Dann sah sie auf die Uhr und bemerkte, dass sie sich beeilen sollte. „Entschuldigen Sie, aber ich habe es leider eilig. Meine Chefin wartet.“ Sie lächelte. „Auf wiedersehen und passen Sie auf ihre Hände besser auf.“ Gerade als sie ein paar Schritte gehetzt war, hörte sie: „Ophelia.“ Sofort blieb sie stehen und drehte sich um. Sie erkannte die Gestalt von Albus Potter noch gut, obwohl er drohte von den anderen Menschen verschluckt zu werden. Fragend sah sie ihn an. „Ja?“ Sein Gesichtsausdruck ließ die Röte auf ihren Wangen hoch kriechen und zum erste mal bemerkte sie die funkelnden grünen Augen und das äußerst sympathische Lächeln. In ihrem Magen flatterte etwas und sie spürte trotz der Kälte eine angenehme Wärme. „Ophelia ist ein hübscher Name.“ E N D E Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)