The 83rd Hunger Games von Destinys-Angel (Die Tribute von Panem) ================================================================================ Kapitel 8: Das Talent --------------------- Ich kann nicht schlafen, also sitze ich im Wohnraum. Auf der gesamten Etage ist es ruhig. Scheinbar bin nur ich noch auf. Ich habe die Stehlampe angemacht, die neben der Couch steht und sie wirft ein wenig Licht auf mich. Mit angezogenen Knien sitze dich dort und drücke eins von den Couchkissen an meine Brust. Erst jetzt wird mir bewusst, wie einsam ich bin, seit der Ernte. Mir fehlt die Umarmung meiner „Mutter“. Zum ersten Mal denke ich dieses Wort in Bezug auf Liz. Und ja, es stimmt. Sie fehlen mir beide unheimlich doll. Ich war die ganzen Tag zu beschäftigt gewesen, um das zu bemerken, doch jetzt war die Einsamkeit die ich empfinde fast greifbar. Ich wünschte ich wäre zu Hause in meinem eigenen Bett, bei meiner Familie. Zum Glück wird das Training nicht übertragen, sonst würden sie meinen Auftritt sehen und wäre bestimmt sehr enttäuscht von mir. Sie haben immer darauf geachtet, mich zu einem freundlichen Kind zu erziehen, aber das heute war ganz und gar nicht freundlich! Wir hatten nie über Werte und Normen geredet, aber ich weiß, dass sie für die Moores verdammt wichtig sind. Wenn ich mich mal falsch verhalten habe, was in den ersten Jahren ziemlich oft der Fall war, hat Liz mich nur mit diesen traurigen Augen angesehen. Aber sie hat nie mit mir geschimpft. Die Traurigkeit bei ihr zu sehen, war schlimmer als jedes Ausschimpfen. Ich habe diesen Blick von ihr gerade vor mir. Wie sie sich von mir abwendet, um mich nicht tadeln zu müssen. Nichts ist schlimmer als das enttäuschte Abwenden der eigenen Mutter Florian lässt sich neben mich auf die Couch fallen. Ich fühle mich versucht, ihn in den Arm zu nehmen, so schrecklich traurig sieht er aus. Ich nehme das Kissen von der Brust und lege es zurück. „Hey, ich... hab falsch gehandelt vorhin! Es tut mir leid“, sage ich leise zu ihm und hoffe das er mir nicht böse ist. „Schon ok, du hattest ja recht, mit dem was du gesagt hast“, schiebt er sich die Schuld in die Schuhe. „Nein, hatte ich nicht! Weißt du, die meisten hier empfinden nur Hass oder Überlegenheit füreinander. Bei uns ist das anders. Ich weiß nicht ob es möglich ist, in unsere Situation, Freundschaft für jemanden zu empfinden. Aber wenn es so ist, dann bist du mein Freund! Der Einzige“, gebe ich zu, auch wenn ich über solche Themen nicht gerne reden. Besser gesagt, noch nie geredet habe! „Ich denke schon...“ „Was denkst du?“ „Na das mit der Freundschaft. Ich finde es sogar wichtig, hier jemanden zu haben. Ich meine, wie wahrscheinlich ist es, dass wir nach Hause zurückkehren? Es ist unsere letzte Gelegenheit im Leben, für jemand anderen mehr zu sein als nur ein Opfer!“ Damit hatte er Recht. Und das finde ich so traurig, dass ich ein Schniefen unterdrücken muss. „Ich hatte noch nie einen Freund... Hab mich nie für Freundschaften interessiert! Ich war lieber allein, damit ich niemanden verletzte...“ „Wieso? Ich meine das gehört doch zum Leben, oder nicht? Freunde finden, unvergessliche Tage mit ihnen zu verbringen und sie auch mal zu verletzen, egal aus welchem Grund. Das wichtigste ist nur, das man es bereut und um eine zweite Chance bittet!“ Was für ein lieber Junge er war. So rein und zerbrechlich, wie ein rohes Ei. „Bereust du es“, fragt er und das trifft mich völlig unvorbereitet. „Ja“, sage ich ehrlich „Würdest du mir eine zweite Chance geben?“ „Geben die Karrieros mir eine zweite Chance um mich von ihrer Abschussliste runter zu kriegen?“ „Nein...“, ich zerreiße fast innerlich. „Genau, und das ist der Punkt, der uns von ihnen unterscheidet! Ich gebe dir gern eine zweite Chance, aber nur um zu sehen ob es dir auch wirklich leid tut versteht sich!“ Ich lächelt schwach. „Danke schön“, wimmere ich und fühle mich plötzlich erlöst. „Und jetzt verrate mir deinen Plan!“ „Plan? Was für einen Plan denn?“ „Den Plan, wie ich mich aus der Schussbahn ziehen kann natürlich!“ „Ach so, den Plan... Nun ja, den hab ich nicht...“ „Aber ich“, er grinst mich hämisch an. „Muss ich Angst haben?“ „Nur ein wenig“, wieder lächelt er. „Also hör zu!“ Meine Hände sind schweiznass als ich die Halle betrete.Florian war ein paar Minuten vor mir runter gefahren, um den anderen Tributen zu zeigen, dass wir kein Team mehr sind. Ich werfe ihm einen ängstlichen Blick zu und er funkelt mich bösartig an. Hätte nie gedacht, dass er das so gut kann. Ich habe fast wirklich Angst, wenn da nicht unser Plan wäre. „Hey, 3, das du dich noch hierher traust, nach deinem Auftritt gestern!“ Ja! Einfacher hätte es gar nicht sein können! Es war der Junge aus Distrikt 1, der mich gerade angesprochen hat. Boah, wie ich in hasse! „Wieso? Weil ich einen kleinen Jungen in seine Schranken gewiesen habe?“ „Nein, weil du nur ein niedriger Wurm bist, der uns die Show stiehlt!“ „Wo wir grad bei Würmern sind, denkst du wirklich du wärst besser als ich? Also ich hab gehört, du sollst ja eher eine Enttäuschung in deinem Distrikt sein!“ „Pass auf was du sagst, du kleine Ratte“, warnt er mich und kommt auf mich zu gestapft. Gerade will er mich am Hals packen, da schreitet jemand ein. Kein Friedenswächter, kein Trainer. Es ist Florian und er sieht erschreckend wütend aus. „Hey“, sagt er und schubst mich zur Seite, dass ich auf dem Boden lande. „Ihr Kopf gehört mir, verstanden!“ Seine Augen sind finster, als er den Jungen ansieht. „Oh, das ist wohl jemand auf Rache aus! Denkst du, du wirst das hinkriegen?“ „Da sei dir mal ganz sicher. Und es wird schlimmer sein, als alles was ihr ihr antun könntet. Eine endlose Folter, bis hin zum Tod!“ „Hört sich spaßig an. Schade das ich nicht dabei sei kann“, sagt der Junge aus D1. „Gut, wir überlassen sie dir! Aber wehe, du packst es nicht! Dann kennen wir keine Gnade mehr, mit keinem von euch beiden!“ „Das will ich doch schwer hoffen!“ Der Junge dreht sich zu den anderen Karrieros um. „Denkst du er wird es wirklich machen, Diamond“, fragt sein weiblicher Mittribut zweifelnd. „Er wird, Pearl, glaube mir. Er wird! Diesen Blick von ihm kenne ich nur zu gut!“ Pearl und Diamond heißen also die Karrieros aus Distrikt 1. Er hätte mal lieber auf seine kleine Freundin hören sollen! Zu guter Letzt wirft mir Flo einen vernichtenden Blick zu, dann geht er zu dem Podest, wo Gran unsere nächste Trainingseinheit eröffnet. Sie haben es tatsächlich gefressen! Ich fasse es nicht. Wie kann man nur so blöd sein? Aber es war auch echt gut geschauspielert. Schade das Schauspielerei keine gute Waffe ist, sondern nur für die Verteidigung eingesetzt werden kann! Den Rest des ersten Abschnittes verbringe ich allein. Jun scheint einen Bogen um mich zu machen, seit meiner Aktion gestern und Flo kann ja schlecht mit mir mitlaufen. Also gehe ich zur Tarnung, nur um festzustellen, dass ich überhaupt kein Talent dazu hatte und stattdessen gedankenverloren kleine Schmetterlinge und Blümchen auf meinen Arm male, was den Trainer scheinbar sehr verärgert. Aber er sagt nichts dazu. Ist ja immerhin meine Sache, was ich mit meiner Trainingszeit anfange, so lange ich mich an die Regeln halte. Es klingelt zur Mittagspause und ich verlasse schleichend die Halle. Bin leichtem Bedauern bemerke ich, dass ich die letzte bin und deswegen ganz hinten in der Schlange stehe. Ich muss ewig warten bis ich mein Essen bekomme, nur um dann zu sehen, dass es wieder nur eine Brühe war. Ich seufze und mein Magen knurrt aus Protest. Der einzige frei Platz, war der gegenüber von Jun und ich frage mich, warum niemand bei ihr sitzen möchte. Sie ist doch eigentlich ganz nett! Als sie meinen Blick auffängt, winkt sie mich mit einem Finger zu sich. Oder hatte sie den Platz vielleicht extra für mich freigehalten? Na bestimmt! Und jetzt denke bitte einmal realistisch Pat, seit gestern ist jeder, der dir zu nahe kommt praktisch Karriero-Futter! Ich setzte mich auf den Stuhl ohne hoch zu sehen und fange an, so schnell wie möglich, meine Brühe zu löffeln, welche verdammt heiß ist und ich mir bei jedem Schluck die Zunge und den Rachen verbrenne. Ich verziehe keine Miene und esse einfach weiter. „Es ist unglaublich“, sagt Jun auf einmal, „wie du die ganze Zeit versuchst, die Coole zu spielen!“ Sie schüttelt den Kopf, als wenn ich ein naives Kind wäre. Zornig sehe ich zu ihr hoch. Seh sie nur an und hab Angst, davor etwas zu sagen. Angst davor, dass es so endet wie mit Flo. Ich lege den Löffel zur Seite und starre ich weiterhin direkt in die Augen, nur um zu sehen, wie sie jetzt reagiert. Doch sie starrt nur zurück und es wird ein Duell zwischen uns beiden. Wer gibt als erstes auf? Ich schätze ca. 3 Minuten halte ich durch, was mir aber viel länger vorkommt. Dann wende ich den Blick auf mein Essen. „Du musst nicht so tun, als ob dir das alles hier nichts ausmacht! Sonst bist du nicht anders als die“, sie deutet mit dem Kopf leicht in die Richtung der Karriero-Gruppe. „Was ist dein Problem“, frage ich und es hört sich verachtend an und das wollte ich eigentlich nicht. „Mein Problem ist, dass ich einen Verbündeten brauch und ich außer die niemanden haben möchte!“ „Wieso nicht?“ „Ich weiß nicht... Du scheinst einfach anders zu sein!“ „Cooler?“, frage ich und muss etwas grinsen. „Verarscht du mich grade? Nein, ich meine ja schon irgendwie. Aber das ist es nicht...“ „Was ist es dann?“ „Das sage ich dir, wenn ich es weiß ok!“ „Und wann wird das sein?“ „Das weiß ich auch nicht!“ „Kommt nicht in Frage! Ich will keinen Verbündeten! Nicht dich, nicht meinen Mittribut, oder sonst irgendwen! Ich will alleine sein und fertig, verstanden?“ „Ok, aber dann wirst du es bereuen!“ Soll das eine Drohung sein? Will sie mich jetzt auch umbringen? Ich sehe ich noch ein letztes mal prüfend ins Gesicht. Nein, es war keine Drohung. Es war der gute gemeinte Ratschlag einer Freundin. Doch ich bleibe bei meinem Entschluss. Wieder zurück in der Halle gehen sofort alle anderen zu ihrem ausgewählten Stationen. Und ich steh wieder allein da. Einer Station liegen nur zwei Turnmatten nebeneinander. Daneben steht eine Frau Mitte 30, mit kurz geschorenen, dunklen Haaren. „Für was ist das gut“, frage ich sie und deute auf die Matten. „Wonach sieht's denn aus“, fragt die Trainerin zurück und ich weiß nicht ob das schon zum Training gehört oder einfach nur unhöflich war. „Es soll Stürze abfangen“, vermute ich. „Kann man so sagen! An dieser Station wird Bodenturnen trainiert.“ „So mit Salti und Überschlägen?“ Bodenturnen. Ich verkneife mir ein Lachen. Was soll ich damit bitte in der Arena? Soll ich jemanden zu Tode turnen, oder was? „So sieht's aus! Willst du es versuchen?“ „Ich weiß nicht ob ich so gut darin bin.“ „Das war nicht die Frage!“ „Also gut“, sage ich und gebe mich geschlagen, „Was soll ich machen?“ „Eine einfache Rolle vorwärts wäre für den Anfang nicht schlecht!“ Eine Rolle vorwärts? Soll das ein Scherz sein? Ich erinnere mich an frühere Jahre im Waisenhaus. Wenn uns langweilig war, haben wir in den langen, breiten Fluren ständig irgendwelche Turnübungen gemacht. Aber das ist Ewigkeiten her! Ich hocke mich auf eine der Matten und setzte die Handflächen auf. Dann lass ich mich ganz langsam nach vorne rollen und stehe am Ende mit zusammengestellten Beinen wieder kerzengrade auf. „Ist doch nicht schlecht“, lobt die Trainerin „und jetzt rückwärts!“ Auch das war kein Problem für mich, wieder gelang es mir zu elegant, wie die Vorwärtsrolle. Auch wenn mir das niemand zu trauen würde, aber ich hatte immer Spaß an solchen Übungen, hatte sie aber ganz vergessen. Es folgte eine Flugrolle. Bei dieser Rolle hocke ich mich nicht vorher hin, sonder nehme leicht Anlauf, springe mit beiden Beinen ab, überschlagen mich in der Luft, roll mich über die Matte und stehe wieder grade auf. Das mach ich noch einmal, über einen rechteckigen Kasten, der ungefähr 30 cm hoch war, als Hindernis. Als nächstes kam ein Handstand mit abrollen, bei dem ich mich gar nicht so doof anstellte und ein Radschlag. Es waren zwar keine leichten Übungen, aber irgendwie schaffte ich sie gerade so. „Super“, sagt die Trainerin begeistert. „Und zuletzt möchte ich einen Salto von dir sehen!“ „Einen Salto? So einen richtigen so mit Kopf voran und ohne sich ab zu stützen“, frage ich entsetzt. Das Selbstbewusstsein, dass ich mir eben angeeignet hatte, verpuffte in der Luft und ich kam mir auf einmal wie ein kleines Kind vor, das Angst vor einem großen Hund hatte. „Es ist ganz einfach, wenn man weiß wie. Du darfst nur keine Angst davor haben.“ „Entschuldigen Sie mal, ich werde mit dem Kopf voraus einen Überschlag machen und Sie sagen mir ich solle keine Angst davor haben“, frage ich nervös. Ich höre aufmerksam zu, als mir erklärt wird, wie man einen Salto hinbekommt und habe schwitzige Hände, als ich es ausprobieren soll. Mit leicht wackeligen Knien stehe ich auf der Matte und hoffe, das ein Genickbruch nicht allzu sehr wehtut. Ob es einen Ersatz für mich geben wird, wenn ich jetzt einen Unfall habe? Bestimmt nicht, dafür ist das alles schon viel zu weit fortgeschritten. Ich atme noch einmal tief durch und nehme meinen ganzen Mut zusammen Dann nehme ich leichten Anlauf und springe mit beiden Beinen ab, dachte ich. Ich springe nur mit einem Bein ab und lande unsanft auf dem Bauch. „Das passiert allen am Anfang“, versucht die Trainerin mich auf zu bauen. Klappt aber nicht. Aus lauter Frust will ich es gleich nochmal probieren. Dieses mal springe ich wirklich mit beiden Beinen ab, überschlage mich, sehe den Boden bedrohlich nahe kommen und sitz plötzlich auf meinem Hintern. Nicht gerade elegant, aber geschafft! „Los, noch einmal, dann schaffst du es!“ Da wo eben noch Angst war, herrschte jetzt Verbissenheit. Ich wollte es schaffen. Ich wollte einen perfekten Salto machen! Ein letztes mal trete ich auf die Matte, nehme Anlauf und schaffe es. Ich überschlage mich in der Luft und lande in der Hocke auf meinen Beinen, dann brauch ich nur noch den Schwung umzusetzen und stehe grade auf. Ein perfekter Salto! „Nicht schlecht“, sagt sie bewundernd und mir war gar nicht bewusst gewesen, dass sie hinter mir stand. Jun sieht mich anerkennend an. „Wenn das kein nützliches Talent ist, dann weiß ich auch nicht!“ „Es ist Turnen. Keine Waffe! Es ist nicht nützlich!“ „Das würde ich nicht behaupten. Stell dir vor du musst schnell vor irgendwas fliehen? Diese Sprünge, Überschläge und Rollen können nützlich sein um schnellst möglich Hindernisse zu überwinden, um die ein anderer Tribute hätte rumlaufen müssen.“ „Ich kann man nicht vorstellen, das ich die einzige bin, die einen Salto beherrscht“, sage und nehme ihr die Luft aus den Segeln. „Doch“, sagt meine Trainerin, „Du bist die einzige! Zumindest bis jetzt, und bei mir sind schon fast alle durch!“ Ich gucke wieder Jun an. „Aber du kannst doch bestimmt...“, noch ehe ich meinen Satz zu Ende bringe, schüttelt sie schon den Kopf. „Einen Salto? Glaube mir, davon kann ich nur Träumen!“ Wieder kehrt das Hochgefühl zurück. Ich bin das einzige Tribut, das einen Salto kann! Mein Talent! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)