Die zwei Seiten einer jeden Münze: von Diversity (ein Abschied und ein Wiedersehen) ================================================================================ Kapitel 2: Tell the world I'm coming home! ------------------------------------------ Ran zuckte zusammen, als die Türglocke schrillte. Draußen war es bereits dunkel und sie erwartete niemanden mehr. Doch der Besucher schien hartnäckig zu sein und als es ein zweites und drittes Mal klingelte, erhob sie sich vom Sofa, wischte sich mit einem Ärmel die Tränenspuren von den Wangen und ging zur Tür. Wer konnte das sein? Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es bereits halb 10 war, eigentlich zu spät für mögliche Klienten ihres Vaters. Langsam griff sie zur Klinke der Tür, durch die erst vor wenigen Stunden Conan verschwunden war, und öffnete. Es war schummrig im Treppenhaus, der Besucher hatte kein Licht angemacht und es dauerte einen Moment, ehe sie die Person im Halbdunkel erkannte. Ihre Augen weiteten sich geschockt. "Hallo Ran." Der Klang seiner Stimme löste eine Gänsehaut bei ihr aus, ließ die Tränen, die sich in ihren Augen gebildet hatten, überquellen, und ihre Wangen erneut benetzen. "Shinichi!" Sein Name verließ nicht lauter als ein Flüstern ihre Lippen. "Live und in Farbe!" Der junge Detektiv lächelte. "Darf ich reinkommen?" Ohne den Blick von ihm zu wenden gab Ran den Weg frei und ließ ihn eintreten. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte ihn so furchtbar vermisst und jetzt, wo er wieder vor ihr stand, war sie plötzlich nicht mehr dazu in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Stumm hielt sie den Blick auf ihn gerichtet, während die Tränen immer weiter über ihr Gesicht rannen. Ein leises Schluchzen hatte sich in ihrer Kehle gebildet und ihre Hände hatten unkontrolliert zu zittern begonnen. "Hey, ein bisschen mehr Freude hatte ich eigentlich schon erwartet!", versuchte der Junge zu scherzen, doch Rans Tränen ließen einem Lächeln keinen Raum. Er seufzte. Ohne weiter darüber nachzudenken streckte er die Hände nach seiner Freundin aus und zog den bebenden Körper in seine Arme. Ran gab nach, ließ sich in seine Umarmung fallen und krallte ihre Hände in seinem Hemd fest, ehe noch mehr und mehr Tränen hemmungslos aus ihr herausbrachen. Ohne sie loszulassen führte Shinichi sie langsam in Richtung der Couch, auf die er sich, sie noch immer in den Armen haltend, vorsichtig fallen ließ. Es dauerte eine Weile, bis Rans Schluchzen ein wenig verklang und ihr Körper nicht mehr von Weinkrämpfen geschüttelt wurde. "Wie lange diesmal?" Ihre Stimme klang zerbrechlich in der Dunkelheit, er musste sich anstrengen, ihr leises Flüstern zu verstehen. Ein leichtes Lächeln legte sich auf Shinichis Gesicht während er den Blick seiner Freundin suchte, die ihre Augen jedoch beharrlich geschlossen hielt. "Du wirst es nicht glauben, aber... dieses Mal für immer!" Ran schwieg, ließ seine Worte in sich nachhallen, genoss das Gefühl einer inneren Wärme, die sich langsam in ihrem Körper ausbreitete, sich von ihren Zehen bis in die Fingerspitzen und in ihre Wangen schlich, die sich vor Aufregung röteten. Es gab nichts, was sie in diesem Moment zu sagen hatte, denn alles, was sie wissen musste, hatte er ihr soeben beantwortet. Eine Weile saßen sie stumm da, jeder für sich in Gedanken versunken. Shinichs Blick glitt über den Körper seiner Freundin, die noch immer in seinen Armen lag, den Kopf in seinem Schoß. Noch immer glänzten die Spuren ihrer Tränen auf ihren Wangen, doch sie schienen langsam zu trocknen. Ihr Atem hatte sich ein wenig verlangsamt und ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. 'Oh, sie ist eingeschlafen.' Vorsichtig streckte er die Hand nach ihr aus, strich eine Strähne ihres braunen Haares aus ihrer Stirn, dass sich aus dem Handtuch gelöst hatte und sich über seinen Schoß ergoss. Ja, so hatte es sein sollen. Sie lag in seinem Arm und genau dort gehörte sie hin. Auch wenn er die Zeit als Conan mit ihr durchaus genossen hatte, so hatte er sich doch mehr als einmal an der verkehrten Rollenverteilung gestört, wenn SIE IHN kuschelte und herzte. Noch immer beobachtete er sie, lauschte andächtig ihren leisen Atemzügen und genoss die Zweisamkeit. Ok, eigentlich hatte er noch ein Gespräch mit ihr führen wollen, das er nun nicht mehr länger hinauszögern wollte und das sowieso unausweichlich auf ihn zukam und doch gönnte er ihr den ruhigen Schlaf, den sie nun endlich zu finden schien. Er wusste, dass sie die letzten Nächte vor Conans Abreise nicht viel schlafen hatte können. Stundenlang, bis in die frühen Morgenstunden, hatte er sie weinen hören. Vorsichtig änderte Shinichi ein wenig an seiner Position, versuchte, seinen Arm nach dem Jacket seiner Schuluniform auszustrecken, welches neben ihm auf dem Sofa lag, um es seiner Freundin über die Schultern zu legen. Ran schien dies unterbewusst zu bemerken, denn sie wurde ein wenig unruhig, ihr Schlaf leichter. Ihre Beine zuckten und ein leises Murmeln war in der Dunkelheit zu hören. "Nein Shinichi, geh nicht! Du hast versprochen, du würdest bleiben." Der angesprochene Junge lächelte. Noch einmal machte er seinen Arm lang, griff nach seiner Jacke und deckte das Mädchen auf seinem Schoß damit zu. Nein, er würde ganz sicher nicht gehen. Wenn es sein musste würde er die ganze Nacht in dieser - wenn auch zugegebenermaßen recht unbequemen Haltung - verharren, aber ganz sicher würde er sie nicht noch einmal verlassen. Er schloss die Augen, als sich ihm ein lautloses Gähnen entrang. Die Gespräche konnten nun auch noch bis morgen warten... "Waaas??" Erschrocken schlug das Mädchen sich die Hand vor den Mund, als sie den warnenden Blick ihrer Lehrerin auf sich spürte. Ihre Stimme war wohl lauter gewesen, als sie es beabsichtigt hatte. Überrascht sah sie ihren Freund an, der in der Sitzreihe neben ihr saß. "Du hast wirklich die ganze Nacht sitzend auf unserer Couch verbracht, Shinichi?" Fragend blinzelte sie ihn an. "Ja, ich wollte dich nicht wecken, so selig wie du auf meinem Schoß geschlummert hast. Ich weiß ja, wie schlecht gelaunt du nach dem Aufwachen bist." Der Junge grinste und rieb sich den steifen Nacken. 'Blödsinn... In Wahrheit hab ich es einfach viel zu sehr genossen, endlich wieder in meiner richtigen Gestalt bei dir sein zu können.' "Ist ja gar nicht wahr!" Gespielt beleidigt wandte Ran sich von ihm ab, sah einen kurzen Moment aus dem Fenster, ehe ihr Blick zurück zu ihrem Jugendfreund wanderte, der wiederum konzentriert an die Tafel blickte. 'Ich hab also die ganze Nacht in deinen Armen verbracht?', schoss es ihr durch den Kopf und ein zarter Rotschimmer breitete sich auf ihren Wangen aus. "Fräulein Mori!" Die strenge Stimme ihrer Lehrerin riss sie jäh aus ihren Gedanken. "Ich verstehe ja, dass sie sich freuen, dass unser lieber Shinichi Kudo wieder bei uns ist. Auch ich freue mich, dass er endlich wieder genug Interesse an meinem Unterricht aufzubringen scheint, um daran teilzuhaben. Wenn sie allerdings nach der Stunde damit fortfahren könnten, ihm verliebte Blicke zuzuwerfen und mir nun vielleicht wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil werden lassen könnten?" Ertappt zuckte das braunhaarige Mädchen zusammen, sah noch einmal in Richtung des jungen Detektivs neben sich. Sie erwartete fast, dass er sich für sie schämte, dass er peinlich berührt ihrem Blick ausweichen würde, doch er hielt ihm stand, lächelte. "Lass uns nach der Schule ein wenig in den Park gehen." Flüsterte er, ehe er sich daran machte, Notizen in seinem Heft zu fertigen. Erneut färbten sich Rans Wangen leicht rosig. Nun gut, bis zum Ende der Stunde würde sie sich wohl tatsächlich zusammenreißen müssen... Das laute Geräusch der Glocke beendete schließlich den Schultag und die Schüler verließen - einer schneller als der andere - das Gebäude. Auch Ran und Shinichi folgten der Menge hinaus in die Wärme dieses Frühlingstages. "Also gehen wir noch eine Runde?" Fragend sah Ran ihn an. Er nickte. Ohne wirklich bewusst darüber nachzudenken griff er nach ihrer Hand, schloss die Finger um ihre und hielt sie fest, während sie langsam durch den Park schlenderten. Ihre Hand zu halten war noch eine Gewohnheit aus seiner Zeit als Conan und er realisierte erst, dass er wohl gerade in alte Muster verfiel, als sie leise, ein wenig unsicher, seinen Namen hauchte. "Shinichi?" Mit großen Augen sah sie ihn an. "Oh" Überrascht ließ er sie los, wich ihrem leicht irritierten Blick aus. "Entschuldige, ich wollte nicht... Ach, ich weiß auch nicht." Shinichi seufzte. Seine Finger brannten an der Stelle, an der sie ihre berührt hatten. Als Conan ihre Hand zu halten war eine Sache, es als Shinichi zu tun eine andere. Auch als Grundschüler hatte er ihre Berührungen genossen, hatte ihre Wärme gespürt und doch hatte es eine andere Bedeutung gehabt. Jede Umarmung, jede Berührung war auf gewisse Art und Weise unschuldig gewesen. Sie als Shinichi bei sich zu haben nahm dem Ganzen nun etwas von seiner Unbefangenheit. Schweigend liefen sie nebeneinander her. Es war warm draußen, die Frühlingssonne schien mit größter Motivation auf sie hinab und die Vögel zwitscherten vergnügt. Die Kirschbäume standen in voller Blüte und auch andere junge Menschen hatten es sich mit Decken und Picknickkörben auf den saftigen grünen Wiesen gemütlich gemacht. Ran durchdrang zuerst die Stille zwischen ihnen. "Wollen wir uns vielleicht dort drüben in den Schatten des großen Baumes setzen?" Stumm folgte er ihr, ließ sich seufzend in das dichte Gras fallen. Aus dem Augenwinkel beobachtete er Ran, die verträumt die Augen geschlossen hatte und ihre Nase in die Sonne hielt. Erneut entrang sich ein leises Seufzen seiner Kehle. Jetzt war es also so weit... "Wir müssen reden..." Shinichis Stimme war leise. Das junge Mädchen blinzelte, suchte ein wenig erschrocken seinen Blick. "Musst..." Sie schluckte. "Musst du doch wieder gehen?" Die Augen des Jungen weiteten sich erstaunt, ehe er heftig den Kopf schüttelte. "Nein!" Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. "Ich hab dir doch versprochen, dass ich bleibe." "Gut." Erleichtert atmete sie aus. "Was ist es dann?" Shinichi konnte nicht sagen, was genau es war, das ihm die Kehle zuschnürte, ihm das Atmen erschwerte. War es ihr forschender, ängstlicher Blick oder doch mehr seine eigene Angst davor, wie sie reagieren würde, wenn sie jetzt endlich die Wahrheit erfuhr? Er wusste es nicht. Aber er konnte nicht einfach an alte Zeiten mit ihr anknüpfen, vielleicht - so hoffte er - sogar etwas ganz Neues mit ihr beginnen, wenn noch immer so viele unausgesprochene Dinge zwischen ihnen standen. "Shinichi?" Ihre leise, drängende Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. "Versprich mir, dass du mich ausreden lässt, dass du nicht gehst, bevor ich geendet habe, dass du dir alles anhören wirst, was ich zu sagen habe." Seine Stimme klang geradezu flehentlich. "Bitte..." Sie nickte stumm, hielt ihn noch einen Moment mit ihrem Blick gefangen, ehe er sich losriss und sich zusammennahm. "Es geht um den Fall, der mich die letzten zwei Jahre von hier... von dir... ferngehalten hat..." Der junge Detektiv holte noch einmal tief Luft. "Erinnerst du dich noch daran, dass du des Öfteren Verbindungen zwischen Conan und mir hergestellt hast? Dass du Vermutungen angestellt hast, dass Conan Edogawa und Shinichi Kudo in Wirklichkeit ein und dieselbe Person sind?" Wieder nickte Ran stumm, ließ ihn nicht einen Moment aus den Augen. Sie konnte regelrecht sehen, wie viel Überwindung ihn die nächsten Worte kosteten, doch seine Stimme klang fest, als er schließlich fortfuhr. "Du hattest Recht. All die Zeit über bin ich Conan Edogawa gewesen.“ Rans Pupillen weiteten sich, sie spürte, wie ihr Herzschlag plötzlich schneller ging und eine innere Panik sie erfasste, während ihr Körper äußerlich merklich erstarrte. Was hatte er da eben gesagt? „Ran? RAN?!“ Seine Stimme drang wie durch Watte zu ihr durch. „Aber wie… wie ist das möglich?“ Ihre Stimme klang zerbrechlich und auch ihre Finger, die sie in den dichten Rasen gekrallt hatte, zitterten unkontrolliert. Er seufzte, wandte den Blick von ihr ab und folgte mit den Augen einem Schmetterling, der über die Wiese flatterte, ehe er leise weitersprach. „Du erinnerst dich doch sicher noch an unsere Verabredung im Tropical Land?“ Es klang mehr wie eine Feststellung als wie eine Frage. Kurz suchte er ihren Blick, bevor er wieder in die Ferne sah. „Natürlich tust du das.“ Ein trauriges Lächeln lag auf seinem Gesicht, als er daran dachte, dass immerhin dieses Treffen im Tropical Land der Anfang allen Übels gewesen war, der sie erst in diese verzwickte Lage gebracht und Ran soviel Trauer beschert hatte. Das braunhaarige Mädchen versuchte, zu antworten, doch ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Sie nickte nur. „Dann erinnerst du dich doch auch sicher an die beiden schwarzgekleideten Männer, die mit uns in der Achterbahn saßen. Nun ja, wie soll ich sagen… Ich hatte von Anfang an ein komisches Gefühl, was die beiden anging und bin ihnen schließlich gefolgt. Auch in diesem Fall hat mich meine Spürnase mal wieder nicht enttäuscht und ich hab sie bei einem Deal beobachtet. Doch das Glück war wohl nicht auf meiner Seite und sie haben mich entdeckt…“ Shinichi hielt kurz inne, versuchte, im Gesicht seiner Freundin zu lesen, suchte irgendeine Reaktion. Als er keine fand, atmete er noch einmal tief durch. „Sie haben mich niedergeschlagen und mir eine Pille eingeflöst, die mich eigentlich hätte umbringen sollen, die mich jedoch stattdessen dieser unfreiwilligen Verjüngungskur unterzogen hat.“ Er seufzte. „Als ich dann schließlich wieder zu mir gekommen bin, hat mein erster Weg mich zu Professor Agasa geführt, wo du mich dann ja gefunden hast… Wie es dann weiterging, weißt du ja selbst… Ich hatte gehofft, über die Fälle deines Vaters an die Männer heranzukommen, die zu der Schwarzen Organisation gehören und so auch an ein Gegengift… Und über das Lösen der Fälle ist es mir nebenbei auch noch gelungen, deinem Vater zu nicht gerade bescheidener Bekanntheit zu verhelfen.“ Noch während er gesprochen hatte, hatten sich Rans Augen mit Tränen gefüllt, die schließlich überliefen und ihre Haut entlangrannen, als er nun endete. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen und sie versuchte mit zittrigen Händen, die Tränen von ihren Wangen zu wischen, doch es half nichts – es folgten immer mehr und mehr Tränen. „Aber wie…?“ Mit verschleiertem Blick suchte sie den Shinichis, doch er schien plötzlich von irgendetwas abgelenkt. „Shinichi, wie um alles in der Welt…“ Die Schluchzer, die sie schüttelten, ließen es nicht zu, dass sie einen vollständigen Satz formte, doch er schien ihr sowieso nicht richtig zuzuhören. Wie gebannt ruhte sein Blick auf ihrem Haar, in dem sich einige rosarote Kirschblütenblätten des Baumes, unter dem sie Schatten gesucht hatten, verfangen hatten. Wie in Zeitlupe streckte er die Hand danach aus, entfernte vorsichtig einige der Blütenblätter und drehte sie andächtig hin und her. „Sie haben die gleiche Farbe, wie sie sonst deine Wangen haben… Wenn ich dich bloß nicht dauernd zum Weinen bringen würde…“ „Dann sag mir doch endlich, wie das sein kann? Wie hast du die Fälle meines Vaters gelöst? Wie konntest du mich als du selbst anrufen? Und die Male, die du, Shinichi, mir gegenübergestanden hast… Wie kann all das sein?“ Beim Klang ihrer Stimme zuckte der junge Detektiv zusammen. Sie klang nicht wütend, nein. Die unterschwellige Trauer, die er schon viel zu oft hatte hören müssen, ließ ihn zusammenfahren. Ohne ein Wort zu sagen, griff er in seine Hosentasche und zog eine wohlbekannte rote Fliege hervor. „Das hier ist keine normale Fliege. Es handelt sich hierbei um einen Stimmentransposer, den der Professor entwickelt hat, um mir das Leben als Grundschüler ein wenig zu erleichtern. Und auch meine Uhr…“ Noch einmal griff er in seine Tasche und holte eben jene Uhr hervor. „…ist keine normale Uhr. Sie enthält Narkosepfeile, mit Hilfe derer es mir möglich war, Kogoro für eine gewisse Zeit außer Gefecht zu setzen und seine Rolle zu übernehmen. Auch eine Erfindung von Professor Agasa. Und um auch die Frage zu beantworten, wie ich trotz allem hin und wieder als ich selbst zu dir zurückkehren konnte… Ai – sie teilt das gleiche Schicksal wie ich, nur wie sie dazu gekommen ist, ist eine andere Geschichte – war es gelungen, ein temporäres Gegengift zu entwickeln, dass mir zu meinem eigenen Körper verholfen hat. Das Problem war nur, dass mein Körper mit der Zeit Antikörper entwickelt hat und so lange uns nicht sämtliche Bestandteile des Gifts bekannt waren, konnte sie nicht…“ Shinichi brach ab. Ran war aufgesprungen, hatte sich vor im aufgebaut und hielt die Hände in die Hüften gestemmt, während noch immer Tränen über ihr Gesicht rannen. Erschrocken sah er sie an. „Ran?!“ begann er, doch verstummte sofort wieder, als sie ihn unterbrach. „Nein, das kann alles nicht wahr sein. Sag mir, dass das alles nur ein Spaß sein soll…“ Ihre Stimme zitterte, doch sie sprach weiter, noch immer geschüttelt von den Schluchzern, die sich ihrer Kehle entrangen. „Ich kann das einfach nicht glauben. Du KANNST einfach nicht Conan gewesen sein.“ Traurig wandte sie den Blick ab, sah auf das Gras zu ihren Füßen. „Conan und ich… wir haben nackt zusammen gebadet, gemeinsam in einem Bett geschlafen… Du würdest doch nie…“ Energisch schüttelte sie den Kopf, so als wolle sie sich selbst überzeugen. „Ich kann es einfach nicht glauben!!!“ Entsetzt weiteten sich ihre Augen. Shinichi war aufgestanden, stand nicht mehr als einen halben Meter von ihr entfernt. „Was tust du da?!?“ Für einen Moment vergaß sie glatt, zu weinen, während ihr Blick ungläubig seinen Fingern folgte, sie nicht eine Sekunde aus den Augen ließ, als er begann, Knopf für Knopf das Hemd seiner Schuluniform zu öffnen. „Um Himmels Willen, hier sind doch überall Leute, Shinichi!“ „Conans Schussverletzung. Du weißt schon… Einige Tage vor deiner Schulaufführung ist Conan angeschossen worden, zusammen mit den anderen Detektiv Boys in der Höhle auf dem Weg des Drachen. Du bist sofort ins Krankenhaus gekommen, hast mir dein Blut gespendet und mir somit das Leben gerettet.“ Kurz suchte der Junge den Blick seiner Jugendfreundin. „Hier ist die Narbe.“ Verblüfft streckte Ran die Hand aus, berührte vorsichtig Shinichis Bauch, der bis auf eine kleine helle Linie makellos war und sich herrlich fest unter ihren Fingerspitzen anfühlte. Eine leichte Gänsehaut breitete sich an der Stelle aus, an der ihre Hand seine Haut berührte und der junge Detektiv wandte peinlich berührt den Blick ab, ehe er sich räusperte und sein Hemd hastig wieder zuknöpfte. „Glaubst du mir jetzt?“ Ran nickte und zum wiederholten Male spürte sie, wie sich ihre Augen langsam aber sicher mit Tränen füllten. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Warum hast du mir nichts gesagt?“ Es dauerte einen Moment, bevor sie weitersprechen konnte. „Du hast gesehen, wie schlecht es mir geht… Conan hat doch… Nein, DU hast doch gewusst, wie sehr du mir gefehlt hast. Außerdem habe ich Conan doch gesagt, dass… dass… dass ich dich liebe!“ Mittlerweile war ihr Flüstern zum Schreien angeschwollen, doch noch immer war es kein Ärger, der in ihrer Stimme mitschwang, sondern pure Verzweiflung, als sie weitersprach. „Und wenn du mir jetzt plötzlich von alledem erzählen kannst, gehe ich davon aus, dass du es geschafft hast, diese ‚Schwarze Organisation’ hinter Gitter zu bringen. Warum also hast du mir nicht schon früher die Wahrheit gesagt, bevor du, nein Conan, sich verabschiedet hat???“ Doch sie wartete nicht auf eine Erklärung. Ran wandte sich ab und wollte davonlaufen, konnte es nicht mehr ertragen. Doch Shinichi war schneller. Hastig griff er nach ihrem Arm und hielt sie fest, drehte sie zu sich herum und zog sie in seine Arme. Mit einer Hand griff er nach ihrem Kinn, hob ihr Gesicht so an, dass sie ihm in die Augen sehen musste. „Es tut mir leid. Ich möchte mich für alles entschuldigen, was ich dir jemals angetan habe und auch, dass ich dir nicht noch als Conan die Wahrheit gesagt habe, sobald die Schwarze Organisation besiegt war.“ Einen kurzen Moment schloss Shinichi die Augen, ehe er ihren Blick mit seinem gefangen hielt. „Ich konnte es nicht... beziehungsweise nein, ich wollte es nicht. Ich wollte es nicht, weil keiner außer mir, nicht einmal Conan, das Recht hat, dir das zu sagen, was noch gesagt werden muss, wenn wir nun endlich bei der Wahrheit sind. Ich wollte es dir in meinem richtigen Körper sagen, mit meiner richtigen Stimme. Ich wollte dir dabei in die Augen sehen und dich in meinen Armen halten, so wie jetzt.“ „Shinichi…“, setzte Ran an, doch Angesprochener unterbrach sie, indem er zärtlich einen Finger auf ihre Lippen legte. „Nein, lass mich ausreden. Ich will nicht länger warten, es dir zu sagen… Ran, ich liebe dich! Ich habe dich als Conan geliebt, so wie ich dich schon lange vorher geliebt habe und wie ich dich noch immer liebe und lieben werde. Bitte verzeih mir!“ Ohne auf eine Antwort zu warten nahm der Oberschüler seinen Mut zusammen, beugte sich vor und verschloss sanft die Lippen seiner Freundin mit seinen eigenen. Ran, die gerade hatte ansetzen wollen, etwas zu sagen, gab es sofort auf und schmiegte sich noch tiefer in seine Umarmung, während sie hingebungsvoll seinen Kuss erwiderte. Was auch immer Shinichi getan hatte – dass er sie belogen, ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte – war mit einem mal wie fortgeweht, die Gedanken an den Schmerz, den sie in den vergangenen zwei Jahren ohne ihn hatte ertragen müssen, wurden von der leichten Frühlingsbriese hinfortgeweht, die übermütig die Haare des jungen Mädchens zerzauste, dass nun endlich ihr Glück gefunden hatte. Sie hielt es in den Armen und alles, was zählte, war, dass er JETZT da war… jetzt und für immer! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)