Kaltherzig von P-Chi ================================================================================ Kapitel 16: the return ---------------------- Ich wusste nicht wieso, aber Tristans Kette, die ich mir als Glücksbringer um den Hals gelegt hatte, fühlte sich schwerer an als gewöhnlich. Unter dem kalten Metall juckte es, als hätte man mir die Haut versengt, aber solange die Wölfe nicht zurückkehrten, wagte ich es nicht, das Collier wieder abzulegen. Anfangs war ich noch nervös vor dem Höhlenausgang umher gestreunt und musste dem kribbelnden Drang widerstehen ihnen zu folgen, ehe eine kleine Gruppe von Frauen, die ihre Männer ebenfalls verabschiedet hatten, damit anfing überdeutlich über mich zu tuscheln und mir andauernd verstohlene Blicke zu zuwerfen. Weil mir das nach einer Weile zu unangenehm wurde, streifte ich ruhelos durch die Höhle und verzog mich letztendlich Schutz suchend in den Waffensaal, wo ich auch Oleen, Wayne und Evelyn wiederfand. Es war das erste Mal seit einer Weile, dass ich alle drei auf einem Fleck zu sehen bekam. „Mylady!“ Oleen sprang sofort auf, als sie mich bemerkte, während Wayne nur ein müdes Nicken für mich übrig hatte und Evelyn mich zur Gänze ignorierte, als hätte ich die Präsenz eines Staubpartikels. „Wie geht es mit dem Training voran?“, fragte ich, um mich von meiner düsteren Vorahnung abzulenken. „Es geht voran. Aber außer Rin, lernen alle viel zu langsam.“ In Oleens Stimme schwang keinerlei Begeisterung mit, wurde aber hitziger, als sie fortfuhr: „Es wundert mich, dass sie nicht bereits tot sind. Doch macht Euch keine Gedanken, Mylady! Ich werde dafür Sorge tragen, dass die Jungwölfe ordentlich ausgebildet werden, damit Ihr nicht beschämt sein müsst!“ Ich lächelte leicht. Wenigstens gab es eine Person, auf die ich mich voll und ganz verlassen konnte. „Natürlich, ich baue auf deine Fähigkeiten, Oleen.“ Mein Blick wanderte mit unverhohlenem Misstrauen zu der kleinen Teufelin, die, mit grimmigem Gesicht und einem vollkommen verdreckten Kleid, neben Wayne saß und aussah, als würde sie gleich aufspringen und losschreien. „Und was ist mit dir, kleine Göre, womit hast du deine Zeit verbracht?“ „Das geht Euch gar nichts an!“, knirschte sie mit zusammengebissenen Zähnen und kratzte an einer verheilenden Bisswunde an ihrem linken Oberarm. „Sie hat sich ein paar Kindern genähert, woraufhin zwei der Mütter ausgerastet sind“, erklärte Oleen mit einem Schnauben. „Sie haben sie übel zugerichtet. Ein Wunder, dass ihr kleiner, fragiler Körper noch ganz ist.“ „Halt den Mund, Weibsstück!“, kreischte Evelyn in ihrer schrillen Stimme. Scheinbar hatte die Messerwerferin einen empfindlichen Punkt getroffen. „Was wisst Ihr schon! Ihr habt keine Ahnung, was ich gemacht habe, also mischt Euch nicht ein!“ „So?“, fragte ich kalt und zog eine Augenbraue in die Höhe, wie ich es mir von Logan abgeschaut hatte. „Was hat denn das ach so ehrwürdige Schoßhündchen meiner Schwester so getrieben, dass sie sich erlaubt, derart die Stimme gegen mich zu erheben?“ Sie grinste gehässig, als wüsste sie ein kleines, schmutziges Geheimnis, dass sie mir nur zu gerne ins Gesicht schleudern würde, es aber nicht tat, weil sie wusste, dass es meine Neugierde anstachelte und mich automatisch wütend machte, wenn sie schwieg. Ich ballte die Hand zur Faust, bereit, wenn nötig, das Geheimnis mit Gewalt aus ihr heraus zu prügeln, doch in diesem Moment ruckte Waynes Kopf hoch, als hätte er etwas gehört. Im nächsten Moment, vernahm auch ich die verzweifelten Klageschreie und wir sprangen allesamt auf, um zu erfahren, was diesen Aufruhr verursachte. Mein Herzschlag nahm an Schnelligkeit zu und pochte mir Schmerzhaft gegen die Rippen. Waren die Jäger wieder da? Hatten sie es geschafft die Vampire auszuräuchern? Aufgeregt lief ich zum Höhlenausgang und konnte es kaum erwarten, Logan und Tristan wiederzusehen, auch wenn ich sie erst vor wenigen Stunden verabschiedet hatte. Ich drängelte mich durch das dichte Werwolfpack, welches wie erstarrt auf der Stelle stand und mit blanken, erschütterten oder wütenden Augen nach vorne starrte. Das erste was ich sah war Logan, woraufhin ich einen tiefen Seufzer der Erleichterung ausstieß. Er sah katastrophal aus, was nach einer Schlacht kaum zu verwundern war, doch der leere Ausdruck in seinem Gesicht verwirrte mich. Das nächste, was mir auffiel, war das Schwert, welches ich beinahe sofort als das meines Vaters erkannte und ich war verblüfft, es in Logans Besitz zu sehen, ehe ich erkannte worin die silberne Klinge steckte. Tristan. Sein Brustkorb war von dem Schwert aufgespießt; in Logans Armen war sein zerschmetterter Kopf nach hinten gefallen, so dass man die klaffende Wunde in seiner Kehle sah, die eindeutig Leonores Handschrift trug. Mir wurde schlagartig kalt ums Herz. Nein. Nein, das konnte einfach nicht sein. Das hätte nicht passieren dürfen! Wir hatten es doch perfekt geplant! Wie konnte Tristan nur ... Tristan ... Mein Kopf war wie leer gefegt, als würde mein Verstand mich davor schützen, mich weiter in diese selbstzerstörerischen Gedanken hinein zu steigern. Wie benommen stolperte ich auf den Leichnam zu, doch bevor ich das Schwert aus ihm herausziehen konnte, machte Logan einen Schritt zurück, gefolgt von Natalia und Rodrigo, die mir den Weg versperrten. „Verräterin!“, zischte Natalia, der Tränen die verstaubten Wangen runter rollten. Ich öffnete den Mund, um zu fragen, was zur Hölle das sollte, als ich einen schrecklichen Schmerz in meinem Brustkorb spürte, der mich erstarren ließ. Ich blickte an mir hinab und sah, wie sich eine Klinge von hinten durch mich hindurch gebohrt hatte. Ich spuckte Blut und spürte, wie sich das Gift von krankem Blut in mir verbreitete und meine Haut zu einem Geflecht aus blauen Linien werden ließ. „Du hättest deine Schwachpunkte nicht so sorglos ausplaudern sollen“, flüsterte Kaiden mit Grabesstimme dicht an meinem Ohr, der hinter mir stand und das andere Ende des Schwertes umklammert hielt. Die Verachtung und der Abscheu in seinen Worten war unüberhörbar. „Was––?“, keuchte ich und blickte von meiner blutigen Hand, die versuchte die Blutung zu stoppen, zu Logan, der es anscheinend nicht einmal mehr ertrug, mir in die Augen zu sehen. Ich war wie gelähmt, vor Schmerz und vor Schock. Was wurde hier gespielt? Warum wurde ich plötzlich als Feind betrachtet? Warum war Tristan tot? Mir wurde schwarz vor Augen. Was würde nun mit mir geschehen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)