Farbkleckse von Lydra (und ein Gemälde aus 100-Stories) ================================================================================ 21. Willkommen zurück! ---------------------- Es war Samstagabend und sie wusste immer noch nicht was sie am Montag machen wollte. Ihre alte Schulfreundin Fidelle war wieder aus Frankreich zurückgekehrt und wollte nun hier in ihrer Stadt studieren. Doch Francesca wusste nicht so recht, ob das eine so gute Idee war. Das alles hatte sich ergeben, als vor einigen Wochen plötzlich Fidelle anrief und sie ihr alles erzählte: Die Miete sei zu teuer geworden und sie und ihre Mutter wollten nun in eine kleinere Wohnung ziehen. Wichtig war nur, dass diese weit weg von Frankreich war. Fidelle meinte sie habe es satt in Frankreich zu leben. Sie wollte was anderes: und deshalb zog es sie in ihrer Geburtsstadt. Francesca, die die einzige war, die nach der Schule in der Stadt geblieben war, war damit Fidelles einzige Bezugsperson. Und nun kam sie mit der Bitte sich mal wieder zu treffen, Kaffee trinken und über alte Zeiten reden – sie waren doch damals so eng befreundet, meinte Fidelle. ‚Alte Zeiten?!’, dachte Francesca und setzte sich hin. ‚Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, dass wir so gut befreundet waren…’ Nachdenklich schaute sie auf die gegenüberliegende Wand. Ihr Blick wanderte von der Kommode auf die Vase und dann auf das Bild ihrer Mutter. Es zeigte sie noch als sie ganz jung war; ein schwarz-weiß Foto. Ihre Mutter war das kleine Mädchen in der rechten Ecke mir den langen schwarzen Haaren. Im Hintergrund sah man das schöne Haus in dem sie gelebt hatte und das Meer. Ach wie schön es doch dort war… bei ihrer Oma und ihren Verwandten. Doch sie schweifte ab. Viel wichtiger war es nun zu entscheiden was sie mit Fidelle unternehmen wollte. Nach langem hin und her entschied sie sich für Kaffee und dann noch ein wenig herumlaufen. Das war die einfachste und eleganteste Alternative. So konnte Francesca sie auch ein wenig durch die Stadt führen. Überzeugt von dieser Idee, schrieb sie Fidelle eine E-mail, legte sie sich schlafen und wartete auf den Montag. Sie wartete nun schon seit einer halben Stunde im Café. Doch Fidelle kam nicht. Typisch – auf sie konnte man sich noch nie verlassen. Doch in dem Moment als Francesca aufstehen wollte kam sie zur Tür herein, schwer atmend blickte sie sich suchend um und setzte sich schließlich neben Francesca. „Ciao, Franca. Wie geht’s? Tut mir leid wegen der Verspätung!“, keuchte sie und legte ihre Sachen ab. Sie wartete gar nicht auf Francescas Antwort: „Man, ich hatte ganz vergessen wie ein ist in einer Großstadt zu leben. Überall Menschen und so viele Bahnhöfe! Ich hatte doch glatt vergessen wie ich mich mit den Zügen zu recht finden kann!“ Eine kurze Pause – sie zog ihre Jacke aus – dann redete sie einfach weiter, wie ein Wasserfall. „Ich bin auch noch in die andere Richtung gefahren und dann bin ich an einer Station ausgestiegen wo glaube ich drei oder vier Züge gleichzeitig fahren. Ich hab mindestens fünf Minuten gebracht um den Richtigen zu finden um dann zurückzufahren!“ Francesca, die die ganze Zeit nichts gesagt hatte, lege ihre Hand auf die von Fidelle und sagte ganz ruhig: „Wollen wir nicht etwas bestellen?“ Abrupt hörte Fidelle auf zu erzählen und wurde rot. Sie nickte und blieb still, während Francesca für sie beide auf Italienisch bestellte. „Was hast du jetzt bestellt?“, fragte Fidelle als der Kellner weg war. „Den beste Cappuccino in der ganzen Stadt!“, meinte Francesca und zwinkerte dem Barkeeper zu. Fidelle lächelte. „Freunde von dir?“ „Naja, der Besitzer ist der Cousin von meinem Vater und der Barkeeper ist sein Sohn Paolo.“ Fidelle lächelte diesen an, doch drehte er sich weg und machte die Gläser weiter sauber. „Bemüh dich nicht, er hat schon seit fünf oder sechs Jahren eine feste Freundin, sie sind sogar schon verlobt und überlegen zu heiraten.“, grinste Francesca, als sie Fidelles enttäuschten Blick sah. „Das hättest du mir ruhig vorher sagen können, Franca!“, murmelte sie. Ein paar Minuten lang sagte keiner etwas. Es war eine eher unangenehme Stille, weshalb Francesca dann sagte: „Und an welcher Uni bist du jetzt?“ „Ich geh an die FU. Wo bist du eigentlich?“ „Ach das wird dir nichts sagen, Design und Grafik… was studierst du eigentlich?“ „Lass uns doch bitte über was anderes reden. Wie sieht’s bei dir so aus? Wohnst du in einer WG? Und was ist mit deinem Freund? Wie geht’s den anderen aus der Klasse?“ Francesca lachte herzhaft. „Wow, viele Fragen! Also: mein Freund hat mich verlassen, ich wohn allein mit meiner Katze und was die anderen betrifft, weiß ich nichts genaues… Grace ist jetzt in Dänemark, Jennie ist glaube ich in Kiel oder so. Marcel ist im Süden – Italien oder Griechenland ich weiß es nicht mehr.“ „Und was ist mit Bergmann?“ „Du meinst Kurt? Der ist irgendwo hin. Keine Ahnung…“ „Ach so…“, Fidelle seufzte. Francesca hatte schon immer die wage Vermutung gehabt, dass Fidelle auf Kurt stand, sagte aber nichts. Als die Cappuccinos kamen tranken sie etwas. Es schien ganz so als würde sich mit dem heißen Getränk nicht nur ihr Körper erwärmen. Das Gespräch wurde ausgelassener und sie lachten viel. Auf dem Weg zu U-Bahn fragte Francesca dann schließlich: „Sag mal Del; was studierst du nun?“ Sie wurde rot. „Zahnmedizin.“ Francesca lachte los. Sie lachte so sehr, dass sie sich nicht mehr einkriegte. Fidelle hatte damals in der Schule einen Jungen gehänselt, weil dieser Kieferorthopäde werden wollte. Als Francesca mit dem lachen aufhörte, schaute sie Fidelle an und meinte: „Tja, Del, so was nennt man wohl Ironie des Schicksal.“ Fidelle ging gar nicht weiter auf Francesca ein und ging weiter. Als sie schließlich am Bahnhof ankamen verabschiedeten sie sich und verabredeten sich gleich für die nächste Woche. Bevor Francesca in den anderen Zug stieg, sagte Fidelle noch: „Das mit der Ironie des Schicksals: du hast recht. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, nicht wahr?“ Franca antworte darauf nur: „Willkommen zurück!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)