Die Nacht ist mein Käfig... von Mireille_01 (Einen Vampir zu lieben, ist Selbstzerstörung...) ================================================================================ Kapitel 16: Hexen und Vampire ----------------------------- Lucine starrte trübsinnig auf die nebeligen Straßen der kleinen Stadt, wo sie Halt gemacht hatten. Ihre Schwester Rue war bei ihr und ihr Blick war nicht minder traurig und verwirrt. Es fühlte sich alles furchtbar falsch an. Wie waren sie nur in dieses Schlamassel geraten? "Hey Süße - wir sollten uns umziehen. In den Klamotten fallen wir nur auf." murmelte Rue und strich über ihr hübsches Ballkleid, dass vom Regen nass und dreckig geworden war. Lucine sah unbeteiligt an sich herab und nickte. Auf dem schimmligen Sofa in dem noch schimmligeren Motelzimmer, wo sie sich versteckt hielten, lagen Plastiksäcke mit billigen Klamotten aus einem Secondhandladen in der kleinen Stadt. Mit trübsinnigen Augen zogen sie sich um und Rue schnalzte missbilligend mit der Zunge: "Furchtbarer Geschmack!" Das brachte Lucine zum Lächeln. Rue grinste und schnitt eine lustige Entengrimasse. Sie bildete mit ihren Lippen einen Schnabel und sah Lucine mit schielenden Augen an. Erheitert konnte ihre Schwester nicht anders. Laut lachend gab sie ihr einen Klaps auf die Schulter und schmunzelte vor sich hin. So konnte sie sogar die hässliche Jeans mit dem unförmigen Schnitt ertragen und zog noch den einfachen schwarzen Pullover drüber. "Wir sind zurück!" ertönte Chandra und gemeinsam mit Gustav, Georg und Raven betrat sie das Zimmer. In ihren Händen hielten sie und Raven braune Papiertüten von einem kleinen Night-Supermarkt. "Essen!" Rues Augen strahlten auf und kurz darauf biss sie in ein belegtes Brötchen. Chandra reichte Lucine ein Stück Brot und eine Cola. Dankbar nahm sie es an. Lucines Augen blickten Gustav an: "Wo sind die Zwillinge?" "Auskundschaften!" kam die knappe Antwort. Die Vierlinge hielten im gleichen Moment inne und starrten Gustav an. Georg grinste: "Übt ihr das, oder könnt ihr das einfach?" Sie ignorierten ihn und Rue fragte: "Was wird jetzt geschehen?" Die Cousins schwiegen. "Gute Nachrichten - wir haben Tickets für die Überfahrt!" Tom und Bill kamen herein. Bill schüttelte sich den Schnee aus den Haaren und Tom zog sich die schwarze schäbige Lederjacke aus. Gelangweilt warf er sie auf das schimmlige Sofa. "Welche Überfahr?" fragte Chandra mit kaltem Blick. "Eine Überfahrt nach London. Direkte Schiffsroute." sagte Tom und sein Blick verschränkte sich mit ihren. Chandras kalte Körpersprache änderte sich ein wenig und ihr Blick wurde ein wenig offener. Ihre Schultern entspannten sich und sie sah Lucine an. "Vater ist in London!" Lucines Augen hielten sich fest mit ihren verankert und ihre Gedanke strömten sich zu. "Sie werden uns nicht zu ihm lassen..." kam es von Raven, die ohne eine Regung weiter ihr Brötchen aß. Auch Rue schaltete sich ein, während sie eine Weste anzog: "Seit wann gehorchen wir anderen?" "Wir werden ihn finden." schloss Lucine. "Wann geht das Schiff?" fragte sie und sah Tom an. Bill kam zu ihr und stellte sich neben sie. Lucine ignorierte ihn. "In etwa einer halben Stunde. Wir bleiben solange es geht hier und gehen anschließend so schnell es "unaufällig" geht zum Schiff. Noch habe ich keine Präsenz gespürt. Aber das wird sich bald ändern." sagte Tom und seine Augen blickten dabei immer noch fest Chandra an. Diese erwiderte erst jetzt den Blick und sie atmete tief ein und seufzend aus. "Wir sind müde, Jungs. Wir können nicht ewig wachbleiben. Wir laufen seit zwei Tagen ohne Schlaf durch die Gegend. Wir müssen uns irgendwann erholen!" sagte Raven und Rue hatte sich erschöpft gegen ihre Beine gelehnt. Lucines Augen starrten ins Leere und irgendwann blendete sie die Gespräche aus. Sie spürte Bills Präsenz hinter sich und hörte ihn plötzlich sanft in ihrem Kopf. "Schlaf auf dem Schiff ... du bist müde." Sie widersprach nicht und nickte nur kurz. Sie spürte seine wohltuende Nähe in ihrem völlig chaotischen Kopf, wo sich ein Gedanke mit dem anderen stritt. "Komm mit." Ohne nachzudenken folgte sie ihm aus dem schimmligen Zimmer. Chandra blickte ihr kurz nach und ihre Schultern zogen sich angespannt nach oben. Sie gingen zur leeren Rezeption in die winzige Eingangshalle des Motels. Lucine spürte eine tiefe Müdigkeit und Traurigkeit in sich aufsteigen. Einen kurzen Moment schloss sie die Augen und ließ ihren Kummer nach außen. Eine einsame Träne rannte über ihre Wange. Wärme und Sanftheit umschlossen sie, als Bill sie in seine Arme zog und langsam mit starken Händen sie festhielt. Er legte seinen Kopf auf ihre Haare und Lucine legte ihre Hände zart auf seine Brust. Ein tiefer Seufzer löste sich aus ihrem Mund und schließlich rannten zahlreiche Tränen über ihre Wangen und versickerten sicher und aufgefangen in Bills dickem Pullover. Er hielt sie so lange, dass sie nicht mehr wusste, wie lange sie schon hier standen und sich nur hielten. "Ihr habt euren Clan verraten!" sagte Lucine und sie musste nicht laut sprechen, damit er sie hörte. Bills Atem streifte ihre Haare: "Ja." "Welche Auswirkungen hat das?" fragte die junge Hexe und vergrub sich noch tiefer in seinen Armen. Bill starrte lange vor sich hin und schließlich hörte sie seine Stimme in ihrem Kopf. "Lord Victor ist ein jahrhunderte alter Vampir. Er lebte schon zu Zeiten als der Krieg ausbrach. Er wird diesen Verrat teuer bezahlen lassen. Er wird uns jagen. Mich und meine Brüder erwartet der Tod so sicher wie euch, wenn er euch findet." "Was wird mit uns geschehen? Warum fürchtet er uns?" "Er fürchtet was ihr machen könnt. Wenn oder falls eure Kräfte erwachen, werdet ihr stärker sein, als irgendein Sohn oder Tochter Samaels." "Es muss einen Grund für diesen Krieg geben. Wir wuchsen mit dem Wissen auf dass Hexen die Todfeinde der Vampire sind und umgekehrt. Woher kommt dieses Wissen? "Das alles hat mit dem Tag des vergossenen Blutes zu tun." "... als eine Hexe einen Vampirprinzen tötete..." "Du kennst die Geschichte?" "Jede Hexe kennt sie. Sie wird uns erzählt, damit wir die Vampire jagen. Aber ich glaube, dass sie nicht wahr ist, so wie die Hexen sie sich erzählen." Sie hörten Schritte und sie lösten sich voneinander. Lucine wischte sich die Tränen ab und sah Bill an: "Was wirst du tun, wenn es gilt eine Entscheidung zu treffen?" Bills Blick war intensiv. Sie spürte eine unglaubliche Energiewelle und auch eine Portion Wut. "Du zweifelst immer noch?" seine Zähne glänzten auf. Lucine starrte nur schweigsam zurück. "Wir müssen los!" ertönte eine scharfe Stimme. Ihre Blicke glitten zur Treppe. Chandra, Rue und Ravens Energie ließen die Luft elektrisch werden. Ihre Augen starrten Bill wütend an. Doch dieser ignorierte sie. Er betrachtete nur Lucine und seine Stimme in ihrem Kopf war eiskalt. "Ich werde nie dein Vertrauen haben... Lucines Stimme war nicht weniger kalt. "Vertrauen und Begehren sind zwei grundverschiedene Dinge, Vampir." Ihre Schwestern nahmen sie an die Hand und die Vampire sahen sie an. "Wir haben keine Zeit für Machtspiele, los zum Schiff!" knurrte Tom und zog den Kragen seiner Lederjacke hoch als er bei den Hexen vorbei ging. Die anderen folgten ihm. Schiff "Constantia" Reiseroute London - Dublin" Die Schwestern hatten eine Kabine und die Brüder und Cousins. Sie lagen zwar nebeneinander, doch die Schwestern waren überglücklich einmal für sich zu sein. "Sie haben hoffentlich einen Plan." sagte Rue und wickelte sich in ihre Bettdecke ein. Die Fahrt würde nur knappe fünf Stunden dauern, doch das Schiff vergab nur Schlafkojen. "Was auch immer sie wollen, wir müssen Papa finden. Wir müssen ihn vor den Vampire beschützen." sagte Raven. Sie starrte aus dem winzigen Bullauge auf die unruhige See. Chandra lehnte sich gegen die Rückwand ihres Bettes: "Wir müssen aufpassen - sie werden versuchen uns weiterhin zu verführen und an sie zu binden. Vertrauen ist nicht möglich." Lucine starrte nachdenklich vor sich hin: "Erinnert ihr euch an die Geschichte, die uns Mama erzählt hat. Vom Tag des vergossenen Blutes?" Überrascht sahen sie ihre Schwestern an: "Klar, die Geschichte kennt jede Hexe." kam es von Rue. Raven hob eine Augenbraue: "Vor vielen hunderten Jahren herrschte Einigkeit zwischen Vampiren und Hexen. Man respektierte sich und pflegte freundschaftliche Kontakte. Harmonie." "Die Hexen wurden von Chandra regiert, die oberste Hexe des Dracoclans. Unserem Clan." setzte Chandra hinzu. "Chandra war jung und freundlich, doch auch sehr mächtig. Sie pflegte freundschaftliche Band zu den obersten Vampirlords. Darunter auch Lord Akim. Dem Sohn des damaligen Vampiroberhauptes. Dem mächtigsten Vampirs." sagte Raven. "Doch der Vampirprinz wollte mehr als Freundschaft. Er zwang Chandra mit Hilfe seiner Kräfte zu einer gemeinsamen Nacht." erzählte Chandra weiter. Lucine starrte noch immer vor sich hin: "Als Chandra am nächsten Morgen neben Akim aufwachte, litt sie unglaubliche Schmerzen und fassungslos erkannte sie, was ihr Freund getan hatte. In ihrem Zorn und ihrer Wut entlud sie ihre ganze Macht. Sie tötete somit nicht nur den Prinzen, sondern auch sich selbst." Die Vierlinge schwiegen. "Seit diesem Tag schworen sich die Hexen aller Welts gegen die Vampire zu kämpfen. Sie auszurotten bis auf den letzten Vampir." beendete Rue die Geschichte. "Warum fragst du Lu?" fragte Chandra und sah ihre Schwester an. Lucine schwieg doch schließlich antwortet sie: "Ich glaube, dass diese Geschichte nicht der Wahrheit entspricht." Sie sah auf. "Worüber habt ihr geredet - du und Lucine?" fragte Tom. Bill lag mit geschlossenen Augen auf seinem Bett und sagte: "Sie trauen uns kein Stück." "Wundert es dich? Hexen werden dazu erzogen Vampire zu hassen und zu töten. Wieso sollten sie uns trauen?" fragte Gustav mit sanftem Lächeln. Georg hob unbeeindruckt den Kopf: "Weil Billilein sich in Lucine verliebt hat." Tom stand auf und setzte sich neben seinen Zwilingsbruder: "Bill, das hat keine Zukunft. Hexen und Vampire werden einander nie wieder lieben können. Du vergisst Großonkel Akim." Die Vampire starrten vor sich hin. "Chandra Draco tötete ihn vor über hunderten von Jahren. Sie zerbrach an ihrem Hass, weil Akim sie so sehr liebte, dass er sich an ihr vergriff." sagte Georg. Bill erwiderte: "Ich glaube, dass diese Geschichte nicht wahr ist. Solch ein Hass muss einen anderen Ursprung haben. Es gibt Berichte, dass Chandra und Akim einander liebten. Ich glaube, dass diese Geschichte mehr bereit hält, als was wir glauben." Die Cousins und Brüder sahen sich an: "Wie meinst du das?" Bill öffnete die Augen und sagte: "Der Krieg ist auf einer Lügengeschichte aufgebaut." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)